Titel:
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, glücksspielrechtliche Erlaubnis zum Betrieb einer Wettvermittlungsstelle, Befristung bis zum 31. Dezember 2022, Mindestabstandsregelung, Unions- und Verfassungsrechtskonformität
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
GlüStV 2021 § 9 Abs. 4 Satz 2
AGGlüStV Art. 7 Abs. 2 Nr. 4
AGGlüStV Art. 15 Abs. 2
AGGlüStV Art. 16 Abs. 2
Schlagworte:
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, glücksspielrechtliche Erlaubnis zum Betrieb einer Wettvermittlungsstelle, Befristung bis zum 31. Dezember 2022, Mindestabstandsregelung, Unions- und Verfassungsrechtskonformität
Fundstelle:
BeckRS 2023, 9895
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
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Die Antragstellerin (Sportwettvermittler) begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Befristung einer ihr erteilten Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten.
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Die Antragstellerin ist Vertragspartnerin des Sportwettveranstaltungsunternehmens T. (Sportwettveranstalter) und vermittelt Sportwetten u.a. am Standort K. in … an diesen Sportwettveranstalter. Die streitgegenständliche Wettvermittlungsstelle wurde mit Bescheid des Antragsgegners vom 14. Januar 2019 (formal) geduldet.
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Mit Schreiben vom 2. November 2020 beantragte der Sportwettveranstalter T. für die Antragstellerin die Erteilung einer Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten in der Wettvermittlungsstelle K. in …
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Mit Schreiben vom 20. August 2021 wurde die Antragstellerin zu einer beabsichtigten Befristung der Erlaubnis bis zum 31. Dezember 2022 angehört, woraufhin sowohl der Sportwettveranstalter T. als auch die Antragstellerin Stellung nehmen ließen. In den Stellungnahmen vom 19. November 2021 respektive 22. November 2021 wurde u.a. ausgeführt, dass ein formeller Bestandsschutz, eine ermessensfehlerhafte Festlegung der Frist, eine gebotene Ausnahme von der Abstandsregelung des Art. 7 Abs. 2 Nr. 4 AGGlüStV respektive dessen Unions- und Verfassungswidrigkeit der beabsichtigten Befristung der Vermittlungserlaubnis entgegenstehe.
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Mit Bescheid vom 4. November 2022 erteilte der Antragsgegner der Antragstellerin die Erlaubnis, in der Wettvermittlungsstelle K., Sportwetten an den Sportwettveranstalter T. zu vermitteln (Ziffer 1), wobei die Erlaubnis widerruflich erteilt wurde (Ziffer 2). Die Erlaubnis gelte bis zum 31. Dezember 2022. Sie erlösche mit Beendigung des Wettvermittlungsvertrags oder mit dem Verlust der Konzession des Veranstalters (Ziffer 3). In Ziffer 4 des Bescheids wurden verschiedene Nebenbestimmungen sowie in Ziffer 5 des Bescheids deren sofortige Vollziehung angeordnet. Ferner enthielt der Bescheid eine Kostenentscheidung sowie eine Gebührenfestsetzung (Ziffern 6 und 7).
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Zur Begründung der Befristung der Erlaubnis wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass jede Vermittlung öffentlicher Glücksspiele gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2021 der Erlaubnis bedürfe. Eine Erlaubnis sei nach § 9 Abs. 4 Satz 2 GlüStV 2021 widerruflich zu erteilen und zu befristen. Vorliegend stehe der Erlaubniserteilung ein Versagungsgrund i.S.v. Art. 7 Abs. 2 Nr. 4 AGGlüStV entgegen. Innerhalb des 250-Meter-Radius um die Wettvermittlungsstelle befinde sich eine Wohngruppe des Ev. Kinder- und Jugendhilfezentrums * H. (J-Straße, *). Eine Ausnahme von der Mindestabstandsregelung werde bei pflichtgemäßer Ermessensausübung nicht erteilt. Die Regelungen seien verfassungs- und unionsrechtmäßig. Aufgrund der Übergangsregelung des Art. 15 Abs. 2 i.V.m. Art. 16 Abs. 2 AGGlüStV habe die Erlaubnis befristet bis zum 31. Dezember 2022 erteilt werden können.
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Hiergegen ließ die Antragstellerin am 17. November 2022 zum Verwaltungsgericht Augsburg Klage erheben (Au 8 K 22.2196). Eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren ist noch nicht ergangen.
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Mit Bescheid vom 12. Dezember 2022 änderte der Antragsgegner die Ziffer 5 des Erlaubnisbescheids vom 4. November 2022 und ordnete die sofortige Vollziehung der unter Ziffern 3 und 4 genannten Nebenbestimmungen an (Ziffer 1). Ferner enthielt der Bescheid eine Kostenentscheidung (Ziffer 2).
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO entfalle die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse von der Behörde besonders angeordnet werde. Ein besonderes öffentliches Interesse liege hier vor. Es sei nicht ausgeschlossen, dass trotz der Befristungspflicht nach § 9 Abs. 4 Satz 2 GlüStV 2021 eine isolierte Anfechtungsklage gegen die Befristung der Erlaubnis zumindest als nicht evident unzulässig erachtet werde und somit aufschiebende Wirkung entfalte. Eine solche anfechtungsklagebedingt, temporär zumindest scheinbar weiter „wirkende“ Erlaubnis würde erst nach § 80b Abs. 1 Satz 1 VwGO enden. Insofern werde der Antragsgegner tätig, um den Spiel- und Jugendschutz zu wahren. Der Fortbetrieb der Wettvermittlungsstelle sei nach dem 31. Dezember 2022 aufgrund der vorliegenden Konfliktsituation nicht mehr mit der Regelung des Art. 7 Abs. 2 Nr. 4 AGGlüStV vereinbar. Der Mindestabstand zu sensiblen Einrichtungen stelle eine effektive Maßnahme zum Schutz vulnerabler Gruppen dar. Dieser Schutz sei in den Zielen des GlüStV 2021 festgelegt. Die im Ermessen stehende Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit sei geeignet, erforderlich und angemessen. Das überwiegend wirtschaftliche Interesse des Sportwettvermittlers, von der Befristung bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens zumindest scheinbar nicht betroffen zu sein, trete hinter dem öffentlichen Interesse einer rechtmäßigen Sportwettvermittlung zurück. Zudem sei die ergänzende Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit notwendig, um die Voraussetzungen zu schaffen, dass illegales Glücksspiel rechtssicher unterbunden werden könne.
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Am 23. Dezember 2022 ließ die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren beantragen,
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die aufschiebende Wirkung der Klage der Klägerin / Antragstellerin vom 17. November 2022 (Au 8 K 22.2196) gegen Ziffer 3 Satz 1 der Entscheidung des Beklagten / Antragsgegners vom 4. November 2022 wiederherzustellen,
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vorsorglich es dem Antragsgegner vorläufig während der Dauer dieses Eilverfahrens zu untersagen, den angefochtenen Bescheid zu vollziehen, insbesondere Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der nachträglich angeordnete Sofortvollzug unzureichend begründet sei. Die pauschale Begründung werde den Anforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht gerecht. Die Begründung lasse gerade nicht erkennen, dass sich die anordnende Behörde besonderer Umstände des Einzelfalls überhaupt bewusst gewesen sei, die allenfalls eine Anordnung des Sofortvollzugs rechtfertigen könnten. Vielmehr habe sie eine allgemeine, grundsätzlich für alle gleichlaufenden glücksspielrechtlichen Verfahren verwendbare Begründung im Erscheinungsbild eines Textbausteins gewählt. Der Antragsgegner habe sich pauschal darauf bezogen, die Regelungen des Glücksspielgesetzes dienten dem Jugend- und Spielerschutz und damit dem Schutz der Gesundheit. Zudem fehle es an einer Abwägung, die dem grundrechtlich geschützten Interesse der Antragstellerin an einer weiteren Berufstätigkeit an dem Standort gerecht werde. Selbst wenn man aufgrund der örtlichen Situation überhaupt einen Verstoß gegen die Mindestabstandsvorschriften sehen würde bzw. keine Abweichungsmöglichkeit annehmen wollte, was aber naheliege, bestehe jedenfalls offensichtlich keine konkrete Gefährdung, die von der Wettvermittlungsstelle vorliegend ausgehe. Aus dem glücksspielrechtlichen Normgefüge könne nicht entnommen werden, dass jedwede Maßnahme von Glücksspielaufsichtsbehörden gleichsam sofort vollziehbar sein müsste. Es gelte kein reduzierter Maßstab für den Begründungsaufwand. Die nachträgliche Anordnung des Sofortvollzugs sei auch deshalb rechtsfehlerhaft, weil vor deren Erlass keine nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG bzw. rechtsstaatlich erforderliche Anhörung durchgeführt worden sei. Darüber hinaus sei die streitgegenständliche Befristung der Erlaubnis bis zum 31. Dezember 2022 aber auch rechtswidrig. Dem Eilantrag sei deshalb stattzugeben. Das Verwaltungsgericht habe bisher in Eilverfahren gegen Untersagungsverfügungen keine durchgreifenden Bedenken im Hinblick auf die Unionsrechtskonformität und Verfassungsmäßigkeit der Abstandsregelung des Art. 7 Abs. 2 Nr. 4 AGGlüStV gesehen. Die mindestabstandslose Regelung für Spielhallen in Bayern und die Anwendung von Mindestabständen sowie der viel zu kurze Bestandsschutz für bestehende Wettvermittlungsstellen, die ebenfalls bereits durch ein faktisches Erlaubnisverfahren gegangen seien, sei weder unter verfassungsrechtlichen Gleichheitsgesichtspunkten (Art. 3 Abs. 1 GG) noch unter unionsrechtlichen Kohärenzgesichtspunkten gerechtfertigt. Die unionsrechtlich gebotene Kohärenzprüfung hinsichtlich des Vergleichs mit der bayerischen Spielhallenregulierung habe das Verwaltungsgericht nicht (ausreichend) vorgenommen. Denn es bestünden gerade keine sachlichen Gründe, die Spielhallen zeitlich derart uferlos zu gestatten, die Wettvermittlungsstellen im Bestand aber bis zum 31. Dezember 2022 zu beschränken: In den unterschiedlichen Gefährdungspotentialen beider Typen von Spielstätten, in der unterschiedlichen Verfügbarkeit der Spielmöglichkeiten oder in der Aufmachung der Betriebe könne kein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung liegen. Ein solcher könne auch nicht darin liegen, dass die Spielhallen anderweitig strenger reguliert wären und deshalb auf einen Mindestabstand verzichtet werden könnte. Schließlich falle die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotene Interessenabwägung zu Gunsten der Antragstellerin aus.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Hauptantrag sowie die hilfsweise gestellten Anträge abzulehnen.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Antrag zumindest unbegründet sei. Die sofortige Vollziehung sei formell rechtmäßig angeordnet worden. Die Antragstellerin habe vor Erlass des Änderungsbescheids nicht angehört werden müssen. Die Maßgaben des § 80 Abs. 3 VwGO seien erfüllt. Die schriftliche Begründung lasse in nachvollziehbarer Weise die Erwägungen erkennen, die zur Anordnung der sofortigen Vollziehung geführt hätten. Dies sei auch bezogen auf die konkreten Umstände im vorliegenden Einzelfall geschehen. Es handele sich nicht um lediglich formelhafte Wendungen. Die in der Hauptsache erhobene isolierte Anfechtungsklage gegen die Befristung sei offensichtlich unzulässig. Im Bereich des Glücksspielrechts sei wegen § 9 Abs. 4 Satz 2 GlüStV 2021 offensichtlich, dass ohne die Befristung ein rechtswidriger Rest-Verwaltungsakt übrigbliebe. Die isolierte Anfechtungsklage gegen die Befristung wäre zudem offensichtlich unbegründet. Eine Befristung vormals formal geduldeter Wettvermittlungsstellen aufgrund von Art. 15 Abs. 2 i.V.m. Art. 16 Abs. 2 AGGlüStV bis zum 31. Dezember 2022 sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die Abstandsregelungen des Art. 7 Abs. 2 Nr. 4 AGGlüStV würden keinen unions- oder verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen. Auch eine reine Interessensabwägung fiele zu Ungunsten der Antragstellerin aus.
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Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie die vorliegende Behördenakte Bezug genommen. Die Verfahrensakte des Hauptsacheverfahrens Au 8 K 22.2196 wurde beigezogen.
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Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz bleibt ohne Erfolg. Keine eigenständige Bedeutung kommt daneben dem vorsorglichen Antrag auf Erlass eines sogenannten „Hängebeschlusses“ (mehr) zu.
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Der Antrag der Antragstellerin nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung ihrer erhobenen Klage wiederherzustellen, ist bereits unzulässig (dazu unter 1.). Selbst wenn man den Antrag als zulässig erachten wollte, bliebe er ohne Erfolg. Denn die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell rechtmäßig (dazu unter 2.) und die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 VwGO durch das Verwaltungsgericht vorzunehmende eigenständige Abwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin und dem öffentlichen Vollzugsinteresse fällt zu Lasten der Antragstellerin aus. Die Befristung in Ziffer 3 des Bescheids vom 4. November 2022 erweist sich aller Voraussicht nach als rechtmäßig und verletzt damit die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (dazu unter 3.). Gründe, gleichwohl im Interesse der Antragstellerin die aufschiebende Wirkung ihrer erhobenen Klage anzuordnen, sind nicht ersichtlich. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens (dazu unter 4.).
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In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 VwGO niedergelegten Kriterien zu treffen. Es hat zu prüfen, ob das Vollzugsinteresse so gewichtig ist, dass der Verwaltungsakt sofort vollzogen werden darf, oder ob das gegenläufige Interesse der Antragstellerin an der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage (bzw. ihres Widerspruchs) überwiegt. Wesentliches Element im Rahmen der insoweit gebotenen Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Suspensivinteressen ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. Erweist sich der Rechtsbehelf als offensichtlich Erfolg versprechend, so wird das Interesse der Antragstellerin an einer Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage stärker zu gewichten sein, als das gegenläufige Interesse des Antragsgegners. Umgekehrt wird eine Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage grundsätzlich nicht in Frage kommen, wenn sich der Rechtsbehelf als offensichtlich aussichtslos darstellt. Sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs nicht eindeutig zu beurteilen, sondern nur tendenziell abschätzbar, so darf dies bei der Gewichtung der widerstreitenden Interessen – dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin einerseits sowie dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners andererseits – nicht außer Acht gelassen werden. Lassen sich nach summarischer Überprüfung noch keine Aussagen über die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs machen, ist also der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt (vgl. zum Ganzen BVerfG, B.v. 24.2.2009 – 1 BvR 165/09 – NVwZ 2009, 581; BVerwG, B.v. 11.11.2020 – 7 VR 5.20 u.a. – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 17.9.1987 – 26 CS 87.01144 – BayVBl. 1988, 369; Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 52 ff. und Rn. 65 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, 28. Auflage 2022, § 80 Rn. 80 ff. und Rn. 120 ff.; Schoch/Schneider, VwGO, Stand: 42. EL Februar 2022, § 80 Rn. 326 ff.).
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Soweit die Behörde die sofortige Vollziehung ausdrücklich gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat, d.h. die aufschiebende Wirkung der Klage nicht bereits kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, hat das Gericht zunächst zu prüfen, ob sich bereits die Anordnung der sofortigen Vollziehung als formell rechtswidrig erweist, insbesondere ob sich die behördliche Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung als im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO als nicht ausreichend erweist; ist dies der Fall, hat das Gericht ohne weitere Sachprüfung die Vollziehungsanordnung aufzuheben (vgl. Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 54 ff., 98).
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1. Der Antrag der Antragstellerin gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage isoliert hinsichtlich der im Bescheid vom 4. November 2022 angeordneten Befristung wiederherzustellen, ist bereits unzulässig.
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Der Antrag ist nicht statthaft, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Eine isolierte Anfechtung der streitgegenständlichen Befristung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis ist unzulässig, weil eine isolierte Aufhebung der Befristung offenkundig von vornherein ausscheidet.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können Nebenbestimmungen zwar isoliert angefochten werden (vgl. etwa BVerwG, U.v. 22.11.2000 – 11 C 2.00 – BVerwGE 112, 221 m.w.N.). Dies gilt auch für (wie hier) mit einem begünstigenden Verwaltungsakt erlassene belastende Nebenbestimmungen wie z.B. Befristungen. Ob eine solche Klage zur isolierten Aufhebung der Nebenbestimmung führen kann, hängt hierbei davon ab, ob der begünstigende Verwaltungsakt ohne die Nebenbestimmung sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann. Dies ist eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des Anfechtungsbegehrens, sofern nicht eine isolierte Aufhebbarkeit offenkundig von vornherein ausscheidet (vgl. BVerwG, a.a.O.; vgl. dazu auch VGH BW, B.v. 11.8.2022 – 6 S 790/22 – juris Rn. 16). Letzteres ist der Fall, wenn die fragliche Bestimmung den Regelungsgehalt des Hauptverwaltungsakts definiert (vgl. BVerwG, B.v. 31.1.2019 – 8 B 10.18 – juris Rn. 5). Bei einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach §§ 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. 21a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2021, Art. 2 und 7 AGGlüStV zum Betrieb einer Wettvermittlungsstelle, die schon nach ihrer gesetzlichen Konzeption ausdrücklich eine Befristung vorsieht (vgl. § 9 Abs. 4 Satz 2 GlüStV 2021), ist eine Befristung integraler Bestandteil des Hauptverwaltungsakts. Ließe man die isolierte Anfechtung der befristeten Erlaubnis zu, ist offensichtlich, dass bei ihrer Aufhebung eine glücksspielrechtliche Erlaubnis entstehen würde, die rechtmäßig nicht bestehen bleiben kann. Eine unbefristete glücksspielrechtliche Erlaubnis stünde dazu in eklatantem, nicht hinnehmbarem Widerspruch (vgl. bereits VGH BW, B.v. 11.8.2022 – 6 S 790/22 – juris Rn. 16; a.A. VG München, U.v. 1.12.2022 – M 27 K 22.5829 – juris, das die Zulässigkeit einer isolierten Anfechtbarkeit zwar bejaht (a.a.O. Rn. 13), gleichwohl im Rahmen der Begründetheit aber festhält (a.a.O. Rn. 18), dass eine Erlaubnis nach § 9 Abs. 4 Satz 2 GlüStV 2021 „in jedem Fall“ zu befristen sei; die Frage der isolierten Anfechtbarkeit offenlassend etwa BayVGH, B.v. 1.6.2021 – 23 ZB 20.532 – juris Rn. 11).
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2. Selbst wenn man den Antrag als zulässig erachten wollte, bliebe er ohne Erfolg. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell rechtmäßig, insbesondere sind die sich aus § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ergebenden Begründungserfordernisse gewahrt. An die Begründung sind keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen. Es reicht jede schriftliche Begründung, welche zu erkennen gibt, dass die anordnende Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet. Die Begründung muss kenntlich machen, dass sich die Behörde bewusst ist, von einem rechtlichen Ausnahmefall Gebrauch zu machen. Es müssen die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe angegeben werden, welche die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt aus § 80 Abs. 1 VwGO auszuschließen. Bei immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen kann sich die Behörde darauf beschränken, die insoweit typische Interessenlage zur Rechtfertigung der Anordnung aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass nach ihrer Auffassung diese Interessenlage auch im konkreten Fall vorliegt. Auf die inhaltliche Richtigkeit oder Tragfähigkeit der Begründung kommt es für die Frage ihrer formellen Rechtmäßigkeit nicht an (vgl. Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 54 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, § 80 Rn. 84 ff. je m.w.N.).
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Die vorliegende Begründung genügt den Anforderungen nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Angesichts der Gefahren des Glücksspiels besteht ein überragendes Interesse der Allgemeinheit daran, diese Risiken möglichst gering zu halten bzw. eine effektive Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht und u.a. die Gewährleistung von Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 GlüStV 2021) zu bewerkstelligen. Auf diese typische Interessenlage (vgl. Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 55) hat auch im konkreten Fall in nicht zu beanstandender Weise der Antragsgegner abgestellt und zusätzlich angeführt, dass die nachträgliche Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Befristungsregelung notwendig sei, um die Voraussetzungen zu schaffen, dass nach Auslaufen der Befristung illegales Glückspiel rechtssicher unterbunden werden könne. Der Antragsgegner hat der Sache nach die widerstreitenden Interessen erkannt und seiner konkreten Abwägung und Prüfung im Lichte der besonderen Gefährdungslage im Rahmen des Glückspielrechts, auch unter Berücksichtigung der Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 1 GlüStV 2021, zugrunde gelegt. Er hat auch zu erkennen gegeben, weswegen er eine Anordnung des Sofortvollzugs für geboten erachtet. Ob diese Aspekte das besondere Vollzugsinteresse nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO tragen, ist für die Frage der formellen Rechtmäßigkeit des Sofortvollzugs unerheblich.
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Entgegen dem Einwand der Antragstellerin bedurfte es auch keiner Anhörung gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG (analog) bzw. aus rechtstaatlichen Gründen. Das Rechtsstaatsprinzip kann vor dem Hintergrund des Gebots rechtlichen Gehörs eine Anhörung erforderlich machen, wenn die Vollziehbarkeitsanordnung aus Sicht des Betroffenen im jeweiligen Einzelfall einer behördlichen Überraschungsentscheidung gleichkommt (vgl. hierzu Schoch/Schneider, VwGO, § 80 Rn. 258 ff. m.w.N.). Vorliegend verhält es sich (trotz nachträglicher Anordnung des Sofortvollzugs) aber nicht so, wenn und weil die Antragstellerin nach den Umständen des Einzelfalls zur beabsichtigten Befristung der Erlaubnis bis zum 31. Dezember 2022 angehört wurde und auch vor Ablauf der Befristung, zumal bei dem zwischenzeitlich anhängig gemachten Klageverfahren, mit der Möglichkeit einer Sofortvollzugsanordnung rechnen musste. Selbst wenn man dies anders sehen wollte, wäre ein etwaiger Verfahrensmangel jedenfalls geheilt, weil die Antragstellerin im gerichtlichen (Eil-)Verfahren ausreichend die Gelegenheit hatte, ihre tatsächlichen und rechtlichen Einwendungen vorzubringen (vgl. zu dem Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG zu entnehmenden Rechtsgedanken etwa BayVGH, B.v. 30.4.1997 – 27 ZS 97.984 – NVwZ-RR 1998, 358, 359; vgl. auch Kopp/Schenke, § 80 Rn. 82; kritisch Schoch/Schneider, VwGO, § 80 Rn. 261).
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Auch nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG (analog) war vorliegend eine Anhörung der Antragstellerin vor Anordnung des Sofortvollzugs nicht geboten. Nach ganz herrschender Meinung (vgl. Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 53 m.w.N.) ist Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG auf eine Anordnung des Sofortvollzugs nicht entsprechend anwendbar; eine direkte Anwendung scheitert schon daran, dass die Anordnung kein Verwaltungsakt ist (vgl. etwa Kopp/Schenke, VwGO, § 80 Rn. 82 m.w.N.). Aus der Bezeichnung als „Bescheid“ im Rahmen der Anordnung des Sofortvollzugs (samt Kostenentscheidung) ergibt sich bei summarischer Prüfung nichts Anderes, weil ungeachtet der äußeren Form ein etwaiger Verfahrensmangel jedenfalls geheilt wäre (vgl. entsprechend oben Rn. 27).
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3. Selbst wenn man den Antrag der Antragstellerin nach § 80 Abs. 5 VwGO als zulässig erachten wollte, bliebe der Antrag in der Sache ohne Erfolg. Denn die gebotene, aber auch ausreichende summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergäbe, dass auch unter Beachtung sowohl nationalen, insbesondere Verfassungsrechts, als auch Unionsrechts, insbesondere der Marktfreiheiten, die angeordnete Befristung bis zum 31. Dezember 2022 aller Voraussicht nach rechtmäßig ist und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es wird entsprechend Bezug auf die detaillierte Begründung im Bescheid vom 4. November 2022 genommen sowie lediglich ergänzend ausgeführt (§§ 122 Abs. 2, 117 Abs. 5 (analog) VwGO):
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Zur Überzeugung des Gerichts hat das Verwaltungsgericht München in seinem Urteil vom 1. Dezember 2022 (M 27 K 22.5829) zu einem mit dem vorliegenden Verfahren vergleichbaren Sachverhalt zutreffend herausgearbeitet, dass die Abstandsregelung des Art. 7 Abs. 2 Nr. 4 AGGlüStV intertemporal anwendbar ist. Aus der Gesetzesbegründung zum AGGlüStV ergibt sich, dass diejenigen Betreiber einer Wettvermittlungsstelle, die sich freiwillig einem Duldungsverfahren unterworfen haben und deren Wettvermittlungsstelle weiterhin einen zuverlässigen Betreiber aufweist, in ihren Investitionen, welche sie im Vertrauen auf den Bestand des formalen Duldungsbescheides getätigt haben, in begrenztem Maße schutzwürdig sind bzw. waren und „daher für eine Übergangszeit von den Regelungen zu Mindestabständen befreit werden“ soll(t) en (vgl. LT-Drs. 18/14870, S. 17). Daraus ergibt sich, dass nach Ablauf der „Übergangszeit“ – also nach dem 31. Dezember 2022 – auch für Bestandsbetriebe die Abstandsvorgabe zur Anwendung kommen soll, sodass bei Nichteinhaltung der Abstände nach dem 31. Dezember 2022 regelmäßig ein Versagungsgrund vorliegt. Insoweit greifen auch die Einwände zum formellen Bestandsschutz nicht durch, weil der Gesetzgeber die diesbezügliche Problematik erkannt und sich angesichts des nur begrenzten Vertrauens in bereits getätigte Investitionen für einen Ausgleich mittels eines Übergangszeitraums im Rahmen seiner legislativen Einschätzungsprärogative in rechtlich nicht zu beanstandender Weise entschieden hat. Außerdem existiert kein Rechtssatz, der Vertrauensschutz dergestalt vermittelt, dass eine Betriebsstätte nicht zukünftigen Beschränkungen unterworfen werden dürfte (zum Ganzen VG München, U.v. 1.12.2022 – M 27 K 22.5829 – juris Rn. 15; vgl. auch bereits zu Fragen des nur begrenzt schutzwürdigen Vertrauens i.R.v. Art. 15 Abs. 2 AGGlüStV: VG Augsburg, B.v. 4.7.2022 – Au 8 S 22.765 – juris Rn. 93 ff. m.w.N.).
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Die Abstandsregelung des Art. 7 Abs. 2 Nr. 4 AGGlüStV verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht. Diesbezüglich nimmt die Kammer zunächst auf ihre bisherige Rechtsprechung (VG Augsburg, B.v. 4.7.2022 – Au 8 S 22.765 – juris; B.v. 14.9.2022 – Au 8 S 22.1659 – juris; B.v. 26.9.2022 – Au 8 S 22.1578 – juris) Bezug, die sich ausführlich mit der Verfassungs- und Unionsrechtskonformität der Abstandsregelung auseinandersetzt und von den übrigen bayerischen Verwaltungsgerichten geteilt wird (vgl. VG München, U.v. 21.7.2022 – M 27 K 22.1195 – juris Rn. 23; U.v. 21.7.2022 – M 27 K 22.1646 – juris Rn. 21; U.v. 1.12.2022 – M 27 K 22.5829 – juris Rn. 16; VG Regensburg, B.v. 15.11.2022 – RN 5 S 22.1333 – juris Rn. 62 ff.). Aus dem Klage- und Antragsvorbringen der Antragstellerin ergeben sich keine Umstände, die eine hiervon abweichende Bewertung rechtfertigen könnten. Soweit die Antragstellerin vorbringt, dass die unterschiedlichen Regelungen zwischen Wettvermittlungsstellen und Spielhallen im Bestand im Hinblick auf die Mindestabstände zu Einrichtungen für Kinder und Jugendliche sowie Suchtberatungs- und Suchtbehandlungsstätten weder aus Gleichheitsgesichtspunkten (Art. 3 Abs. 1 GG) noch aus Kohärenzgesichtspunkten (Art. 56 AEUV) gerechtfertigt seien, ergeben sich für die Kammer bei summarischer Prüfung weder Zweifel an der Verfassungs- noch an der Unionrechtskonformität des Art. 7 Abs. 2 Nr. 4 AGGlüStV. Bei der Prüfung des Gleichbehandlungsgrundsatzes – sei dieser im Einzelnen entweder grundgesetzlich oder unionsrechtlich abgeleitet – ist lediglich das Vorliegen eines sachlichen Grundes für die unterschiedliche Handhabung zu fordern, da die Unterscheidungsmerkmale nicht personen-, sondern sachverhaltsbezogen sind (vgl. hierzu etwa BeckOK-GG, 53. Edition, Stand: 15. November 2022, Art. 3 GG Rn. 30 ff.; Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 57 Rn. 75 ff. je m.w.N.). Dieser sachliche Grund ist in der besonderen Empfänglichkeit von Kindern und Jugendlichen (sowie analog von Betroffenen von Suchtberatungs- und Suchtbehandlungsstellen) gerade für Sportwetten begründet (vgl. auch bereits VG Augsburg, B.v. 4.7.2022 – Au 8 S 22.765 – juris Rn. 81 ff.; VG München, U.v. 1.12.2022 – M 27 K 22.5829 – juris Rn. 16; VG Regensburg, B.v. 15.11.2022 – RN 5 S 22.1333 – juris Rn. 63 ff.). Insoweit steht dem Gesetzgeber, der die unterschiedliche Handhabung von Abständen im Gesetzgebungsverfahren durchaus thematisiert hatte (vgl. LT-Drs. 18/16499, Plenarprotokoll vom 16. Juni 2021, S. 6), eine der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle weitestgehend entzogene Einschätzungsprärogative zu. Hiergegen gibt es rechtlich, zumal bei summarischer Prüfung, nichts zu erinnern, insbesondere obliegt es im vorliegenden Verfahren nicht der Kammer, zu beurteilen, ob Abstandsgebote auch für Spielhallen oder Betriebe, in welchen Geldspielgeräte aufgestellt sind, ebenfalls zweckmäßig gewesen wären (vgl. zur rechtlichen Unbedenklichkeit von Abstandsgeboten für Spielhallen nach § 2 Abs. 1 Satz 4 Spielhallengesetz Berlin: BVerfG, B.v. 7.3.2017 – 1 BvR 1314/12 u.a. – BVerfGE 145, 20 – juris Rn. 96 ff., 136 f., 141 f., 152). Dasselbe gilt für die Frage der Geeignetheit der Abstandsvorgabe zur Erreichung des Jugend- und Spielerschutzes bzw. der Bekämpfung von Spielsucht als wesentliches Ziel des GlüStV 2021 vor dem Hintergrund, dass auch in den Medien für Sportwetten geworben wird (vgl. VG Leipzig, B.v. 31.1.2022 – 5 L 23/22 – juris Rn. 65), zumal eine offensichtliche Ungeeignetheit für die Kammer vorliegend nicht ersichtlich ist und dem Gesetzgeber auch insoweit eine legislative Einschätzungsprärogative zukommt (zum Ganzen VG München, U.v. 1.12.2022 – M 27 K 22.5829 – juris Rn. 16 m.w.N.).
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Die Wohngruppe des Ev. Kinder- und Jugendhilfezentrums * H. (J-Straße, *) ist auch als Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe, die sich an Kinder im Alter von mindestens sechs Jahren richtet, im Sinne des Art. 7 Abs. 2 Nr. 4 AGGlüStV zu qualifizieren. Wortlaut und Systematik zu den sozialrechtlichen Regelungen stützen dies (vgl. näher VG Augsburg, B.v. 4.7.2022 – Au 8 S 22.765 – juris Rn. 56 m.w.N.).
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Im Hinblick darauf, dass der Antragsgegner nach dem 31. Dezember 2022 die Erlaubnis für den Betrieb der streitgegenständlichen Wettvermittlungsstelle wegen Nichteinhaltung des Abstandsgebots ohnehin hätte versagen müssen (Art. 7 Abs. 2 Nr. 4 AGGlüStV), weil die Wettvermittlungsstelle am Standort K. in * den gesetzlichen Abstand zur o.g. Einrichtung nach Aktenlage unterschreitet, war es auch nicht ermessensfehlerhaft, die Erlaubnis von vornherein bis zu dem längst möglichen Zeitpunkt, nach dem der Betrieb nicht mehr erlaubnisfähig gewesen wäre, zu befristen, zumal die Erlaubnis nach § 9 Abs. 4 Satz 2 GlüStV 2021 in jedem Fall zu befristen ist. Gerichtlich überprüfbare Ermessensfehler nach § 114 Satz 1 VwGO sind, zumal bei summarischer Prüfung, nicht ersichtlich. Insbesondere ein Ermessensausfall liegt angesichts der umfangreichen Ausführungen im Bescheid vom 4. November 2022 u.a. zur Frage eines atypischen Falls, der äußeren Gestaltung der Betriebsstätte oder etwa zur Anpassung von Öffnungszeiten nicht vor (zum Ganzen VG München, U.v. 1.12.2022 – M 27 K 22.5829 – juris Rn. 18).
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4. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Im Gegensatz zum Hauptsacheverfahren hat die Antragstellerin im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren keinen (hilfsweisen) Verpflichtungsantrag gestellt. Das Begehren der anwaltlich vertretenen Antragstellerin beschränkt sich im vorliegenden Verfahren auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer erhobenen isolierten Anfechtungsklage. Eine über solch ein explizit formuliertes Antragsbegehren hinausgehende Auslegung ist dem Gericht verwehrt, §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO.
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Dessen ungeachtet bliebe ein Antrag nach § 123 VwGO nach den vorstehenden Ausführungen, auf welche entsprechend Bezug genommen wird, ohne Erfolg, weil sich die Befristung voraussichtlich als rechtmäßig erweist und die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch – gerichtet auf eine Verpflichtung des Antragsgegners, eine (über den 31. Dezember 2022 hinausreichende) „anderweitige“ Befristungsentscheidung zu treffen – glaubhaft zu machen vermag.
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5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffern 1.5 und 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. auch VG München, U.v. 1.12.2022 – M 27 K 22.5829 – juris).