Inhalt

VGH München, Beschluss v. 19.01.2023 – 19 C 22.2486
Titel:

kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bei fehlender Wiederholungsgefahr

Normenkette:
AufenthG § 60a Abs. 2 S. 1, § 60b
Leitsatz:
Bei einem unterlassenen Verwaltungsakt ist von einer Wiederholungsgefahr auszugehen, wenn eine hinreichend bestimmte Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut der Erlass eines (gleichartigen) Verwaltungsakts unterlassen wird. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Fortsetzungsfeststellungsklage nach Erteilung der begehrten Duldung, Wiederholungsgefahr, Rehabilitationsinteresse, Prozesskostenhilfe, Fortsetzungsfeststellungsinteresse
Vorinstanz:
VG Bayreuth, Beschluss vom 15.11.2022 – B 6 K 22.841
Fundstelle:
BeckRS 2023, 984

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1
Die zulässige Beschwerde der am ... 1995 geborenen, am 2. März 2018 in das Bundesgebiet eingereisten, im Asyl- und im Asylfolgeverfahren erfolglosen, seit dem 18. Mai 2020 eine Duldung mit dem Zusatz „für Personen mit ungeklärter Identität“ gem. § 60b AufenthG (zunächst bis zum 12.4.2022) besitzenden, seit Juli 2019 mehrfach zur Vorsprache beim Generalkonsulat der Bundesrepublik N. in F. am M. und zur Beantragung eines Reisepasses aufgeforderten, am 25. März 2021 ihre Geburtsurkunde vorlegenden und am 24. März 2022 bei der nigerianischen Botschaft einen Reisepass beantragenden Klägerin zu 1 und ihrer am ... 2018 im Bundesgebiet geborenen, im Asylverfahren ebenfalls erfolglosen und im Anschluss in die Duldung der Klägerin zu 1 aufgenommenen Tochter, der Klägerin zu 2, jeweils nigerianische Staatsangehörige, hat keinen Erfolg.
2
Das Verwaltungsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Klage auf Erteilung von Duldungen gem. § 60a Abs. 2 AufenthG zu Recht versagt (§ 166 VwGO, §§ 114, 121 Abs. 1 ZPO).
3
Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 ZPO ist einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Aussicht auf Erfolg liegt stets dann vor, wenn eine gewisse, nicht notwendig überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Erfolg der beabsichtigten Rechtsverfolgung spricht. Bei der dabei vom Gericht anzustellenden vorläufigen Prüfung dürfen im Hinblick auf die Rechtsschutzgleichheit von Bemittelten und Unbemittelten keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Es genügt, wenn sich die Erfolgsaussichten bei summarischer Prüfung als offen darstellen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 166 Rn. 8 m.w.N.).
4
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt, weil die Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht habe. Die Klage werde sich sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag aller Wahrscheinlichkeit nach als unzulässig erweisen. Der Klageantrag auf Erteilung einer Duldung gem. § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG sei nach der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen summarischen Prüfung mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig, da der Beklagte den Klägerinnen bereits am 14. September 2022 Duldungen gem. § 60a AufenthG mit einer Gültigkeit bis 7. Dezember 2022 erteilt habe. Auch der Hilfsantrag sei nach der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen summarischen Prüfung unzulässig, weil die besondere Zulässigkeitsvoraussetzung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses nicht vorliege. Es liege keine konkrete Wiederholungsgefahr vor. Zwar seien den Klägerinnen über einen Zeitraum von ca. fünf Monaten keine Duldungsbescheinigungen ausgestellt worden. Es sei jedoch nicht ersichtlich, dass sich dieser Sachverhalt konkret wiederholen werde. Denn die Rückstellung der Verfügung und der Ausstellung der Duldungsbescheinigung sei allein aus dem Grund erfolgt, dass die Ausländerbehörde auf die Vorlage der Abstammungsurkunde der Klägerin zu 1 gewartet habe, um zu entscheiden, ob eine Duldung gem. § 60a AufenthG mit oder ohne Zusatz gem. § 60b AufenthG auszustellen sei. Dies habe die Ausländerbehörde dem Klägerbevollmächtigten auch mitgeteilt. Da die Abstammungsurkunde am 7. September 2022 vorgelegt worden sei, werde sich die Situation, dass die Behörde entscheiden muss, ob sie eine Duldung mit oder ohne Zusatz nach § 60b AufenthG erteilt, nicht wiederholen. Insofern hätten sich auch die maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände verändert. Für das Bejahen der konkreten Wiederholungsgefahr komme es im Übrigen einzig auf den konkreten Einzelfall an; sie lasse sich nicht damit begründen, dass die Ausländerbehörde „immer wieder die Verlängerung von Duldungen, nicht nur bei den Klägerinnen nicht zeitgerecht erfüllt und hinauszögert“, wie der Klägerbevollmächtigte vortrage. Darüber hinaus sei auch kein Rehabilitationsinteresse der Klägerinnen erkennbar. Ungeachtet der Tatsache, dass der Klägerbevollmächtigte nicht vortrage, inwiefern die Nichtausstellung einer Duldung die Klägerinnen stigmatisiert (habe) und diese Stigmatisierung Öffentlichkeitsbezug aufweise, seien die Klägerinnen derzeit im Besitz von Duldungen gem. § 60a AufenthG mit einer Gültigkeit von 13. April 2022 bis 7. Dezember 2022. Damit liege bereits keine andauernde diskriminierende Wirkung vor.
5
Zur Begründung der Beschwerde lassen die Klägerinnen unter Verweis auf den letzten Schriftsatz vom 2. November 2022 an das Verwaltungsgericht vortragen, es sei nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Klägerinnen hinnehmen müssten, dass der Beklagte über fünf Monate keine Duldung ausstelle. Allein die Tatsache, dass hier auf die Vorlage einer Abstammungsurkunde der Klägerin zu 1 gewartet werden solle, sei wohl nicht ausreichend. Des Weiteren betreffe dies lediglich die Klägerin zu 1 und nicht etwa die Klägerin zu 2. Es sei rechtlich äußerst bedenklich, dass sich der Beklagte gesetzeswidrig verhalten könne, ohne in irgendeiner Weise die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu berücksichtigen, ohne dass dies rechtliche Folgen auslöse. Das Bundesverwaltungsgericht habe immer wieder entschieden, dass die Ausländerbehörden verpflichtet seien, entweder ausreisepflichtige Personen abzuschieben oder diesen eine Duldung auszustellen. Dem sei der Beklagte augenscheinlich über fünf Monate nicht nachgekommen und er begründe dies damit, dass angeblich zur Entscheidung in der Angelegenheit eine Abstammungsurkunde vorgelegt werden müsse, die lediglich die Klägerin zu 1 betreffe. Auch nach Vorlage dieser Abstammungsurkunde könne eine Abschiebung nicht erfolgen, sodass es in keiner Weise gerechtfertigt gewesen sei, fünf Monate lang keine Duldung zu erteilen. Allein aufgrund der Tatsache, dass der Beklagte auch weiterhin entsprechende Antragsformulare ausgebe, damit für Duldungen Anträge zu stellen und diese auszufüllen seien, zeige, dass er sich auch weiterhin nicht an die gefestigte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts, dass Ausländerbehörden auch ohne Anträge verpflichtet seien, Duldungen zu erteilen, wenn nicht sofort abgeschoben werden könne, halte. Damit liege auch weiterhin eine potenzielle Wiederholungsgefahr des Beklagten bezüglich der Erteilung von Duldungen vor, sodass damit die besonderen Zulassungsvoraussetzungen der Fortsetzungsfeststellungsklage gegeben seien.
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Aus dem Beschwerdevorbringen der Klägerinnen lässt sich eine hinreichende Erfolgsaussicht der am 5. September 2022 erhobenen Klage nicht ableiten.
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1. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Unzulässigkeit des Hauptantrags hat die Klägerseite bereits nicht angegriffen. Sie begegnen auch keinen durchgreifenden Bedenken.
8
Maßgeblich für die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussichten ist der Zeitpunkt der Bewilligungs- oder Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags (vgl. BVerfG, B.v 22.8.2018 - 2 BvR 2647 - juris Rn. 11, 18 zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des Abstellens auf diesen Zeitpunkt). Die Entscheidungsreife tritt regelmäßig nach Vorlage der vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen sowie nach einer Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme ein (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO; BVerwG, B.v. 12.9.2007 - 10 C 39.07 u.a. - juris Rn. 1).
9
Vorliegend ist Entscheidungsreife jedenfalls nicht vor dem Eingang der im (mittlerweile mit Beschluss vom 6.10.2022 nach Abgabe übereinstimmender Erledigungserklärungen eingestellten) einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorgelegten Stellungnahme des Beklagten zum Prozesskostenhilfeantrag vom 5. September 2022 eingetreten (also am 16.9.2022).
10
Da den Klägerinnen am 14. September 2022 rückwirkend zum 13. April 2022 (zunächst) bis zum 7. Dezember 2022 (mittlerweile verlängert bis zum 6.3.2023) eine Duldung gem. § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG erteilt wurde (nachdem die von der n. Botschaft verlangte Abstammungsurkunde der Klägerin zu 1 auch dem Beklagten elektronisch übermittelt worden war), ist die Klage (jedenfalls) zum frühestmöglichen Zeitpunkt der Entscheidungsreife mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
11
2. Die verwaltungsgerichtliche Auffassung, bezüglich des Hilfsantrags („es wird festgestellt, dass das Verhalten des Beklagten durch die Nichtausstellung der Duldungen zum Zeitpunkt der Klageerhebung rechtswidrig war und die Klägerinnen in ihren Rechten verletzte“) liege keine konkrete Wiederholungsgefahr vor, ist nicht zu beanstanden.
12
Eine Wiederholungsgefahr kann (im Falle der Versagungsgegenklage) nur angenommen werden, wenn eine hinreichend bestimmte Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (BVerwG, B.v. 16.10.1989 - 7 B 108/89 - NVwZ 1990, 360 m. w. N.). Ist dagegen ungewiss, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse eintreten wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsaktes, kann das Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht aus einer Wiederholungsgefahr hergeleitet werden (BVerwG, U. v. 12.10.2006 - 4 C 12/04 - juris Rn. 8 m.w.N.). Entsprechend ist - wie hier - bei einem unterlassenen Verwaltungsakt (vgl. zur Verwaltungsaktseigenschaft einer Duldungsverfügung z.B. BVerwG, B.v. 16.10.1980 - 1 B 809/80 - juris Rn. 3) von einer Wiederholungsgefahr auszugehen, wenn eine hinreichend bestimmte Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut der Erlass eines (gleichartigen) Verwaltungsakts unterlassen wird. Von im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen in der Zukunft ist vorliegend jedoch nicht auszugehen.
13
Der Beklagte hat die Duldungen erst im September 2022 (dann allerdings ohne den Zusatz nach § 60b AufenthG und sogar - zugunsten der Klägerinnen - rückwirkend zum 13.4.2022 <also unmittelbar anschließend an die abgelaufene und mit dem Zusatz nach § 60b AufenthG versehene Duldung>) erteilt, weil er zunächst geklärt hat, ob die Klägerin zu 1 die von der nigerianischen Botschaft auferlegte (und vom Beklagten als zumutbare Handlungen zur Erfüllung der besonderen Passbeschaffungspflicht i.S.d. § 60b Abs. 1 Satz 1 AufenthG angesehene) Pflicht zur Vorlage einer Abstammungsurkunde der Klägerin zu 1 bei der nigerianischen Botschaft vor Aushändigung der Reisepässe (somit war die Vorlage auch für die Duldung der Klägerin zu 2 von Belang) erfüllt. Dass in Zukunft im Rahmen der Beantragung der Reisepässe für die Klägerinnen (und die weitere am ....2022 geborene Tochter der Klägerin zu 1) die Vorlage einer Abstammungsurkunde von der Klägerin zu 1 von Seiten der nigerianischen Botschaft verlangt wird, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Daher ist schon aus diesem Grund ungewiss, dass in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse eintreten wie vorliegend vor Erteilung der Duldung im September 2022.
14
Hinzu kommt, dass für die dem Beklagten von den Klägerinnen unterstellte Verweigerungshaltung, überhaupt den Klägerinnen Duldungen zu erteilen, vorliegend keinerlei Anhaltspunkte bestehen. Der Beklagte hat die Erteilung von Duldungen seit der - soweit ersichtlich - erstmals per E-Mail am 10. April 2022 geäußerten Bitte des von den Klägerinnen zur Einholung von Auskünften bei Behörden und Stellung von Anträgen bevollmächtigten Integrationsbeauftragten der Gemeinde N., die Duldungen zu verlängern (auch wenn materiell-rechtlich kein Antrag auf Erteilung einer Duldung erforderlich ist, stellt bei einer gerichtlichen Geltendmachung eines Verpflichtungsbegehrens - wie hier - ein vorheriger Antrag bei der Behörde eine Sachurteilsvoraussetzung dar, vgl. BVerwG, B.v. 6.5.1993 - 1 B 201/92 - juris Rn. 7; U.v. 14.12.1978 - 5 C 1/78 - juris Rn. 34), zu keinem Zeitpunkt abgelehnt. Eine Verweigerung ergibt sich auch nicht aus dem Schreiben des Beklagten vom 10. Mai 2022. Darin wird gegenüber den bevollmächtigten Rechtsanwälten der Klägerinnen ausgeführt, zur Prüfung, ob der Klägerin zu 1 weiterhin eine Duldung gem. § 60b AufenthG zu erteilen sei, werde um Mitteilung gebeten, ob sich die Klägerin zu 1 bereits um die Beschaffung des von der nigerianischen Botschaft (in einem handschriftlichen Vermerk auf der Bestätigung der nigerianischen Botschaft vom 24.3.2022 über die Reisepassbeantragung) verlangten und vor der Ausgabe der beantragten Reisepässe der Klägerinnen zu übermittelnden Dokuments („Local Government Certificate of Origin“) bemüht habe. Aus diesem Schreiben wird unzweifelhaft offenbar, dass der Beklagte die Absicht hatte, den Klägerinnen weiterhin Duldungen zu erteilen. Welchen Grund die Nachfrage im Schreiben vom 10. Mai 2022 hatte, musste sich den bevollmächtigten Rechtsanwälten der Klägerinnen im Hinblick auf die zuvor der Klägerin zu 1 erteilte Duldung nach § 60b Abs. 1 Satz 1 AufenthG (in die auch die Klägerin zu 2 aufgenommen worden ist) ebenso aufdrängen wie der Umstand, dass die Nachfrage der ausschließlichen Verbesserung des Status der Klägerinnen diente (durch Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG ohne den Zusatz nach § 60b AufenthG). Die Klägerseite ließ mit Schriftsatz vom 30. Mai 2022 als Antwort auf die Anfrage der Beklagten mitteilen, die Klägerin zu 1 sei an einen in Nigeria lebenden Bruder herangetreten, damit dieser für sie das sogenannte „Local Government Certificate of Origin“ in Nigeria beschaffe (inwiefern diese Aussage mit den Ausführungen des bevollmächtigten Integrationsbeauftragten in dessen E-Mail vom 7.9.2022 an die nigerianische Botschaft, wonach diesem am 27. Juni 2022 bei seiner telefonischen Anfrage in der nigerianischen Botschaft mitgeteilt worden sei, dass die beantragten Reisepässe noch nicht fertig seien, die Klägerin zu 1 bei einer telefonischen Anfrage „vor wenigen Wochen“ die Auskunft erhalten habe, dass das „Local Government Certificate of Origin“ noch nicht vorliege, und die Klägerin zu 1 sich „daraufhin“ bemüht habe, dieses aus Nigeria zu beschaffen, in Einklang zu bringen ist, kann letztlich offen bleiben), und man werde unverzüglich mitteilen, sobald in dieser Angelegenheit weitere Informationen oder Unterlagen vorlägen (mit Schriftsatz vom 2.6.2022 wurde lediglich die bereits vom Integrationsbeauftragten vorgelegte Bescheinigung der nigerianischen Botschaft vom 24.3.2022 übersandt). Insbesondere aufgrund der letzten Aussage (man werde sich unverzüglich melden, sobald weitere Informationen und Unterlagen vorlägen) hat die Beklagte den Eindruck gewinnen können, dass der Klägerseite der Hintergrund der Nachfrage im Schreiben vom 10. Mai 2022 bekannt ist. Trotzdem wäre es wünschenswert und durchaus angebracht gewesen, auch den bevollmächtigten Integrationsbeauftragten insoweit in Kenntnis zu setzen (zumal er mit E-Mails vom 26.6.2022, 4.7.2022 und 31.8.2022 um die Übersendung von Duldungen gebeten hat; eine entsprechende Antwort ist der Behördenakte nicht zu entnehmen) und nicht darauf zu vertrauen, dass die bevollmächtigten Rechtsanwälte der Klägerinnen den Inhalt des an sie übermittelten Schreibens vom 10. Mai 2022 an den bevollmächtigten Integrationsbeauftragten weitergeben und (bei Bedarf) erläutern.
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3. Die verwaltungsgerichtliche Auffassung, es sei kein Rehabilitationsinteresse der Klägerinnen erkennbar, hat die Klägerseite schon nicht substantiiert angegriffen. Durch die rückwirkende Erteilung einer Duldung gem. § 60a AufenthG sogar ohne den Zusatz nach § 60b AufenthG erscheint ein Rehabilitationsinteresse mangels entgegenstehender Anhaltspunkte fernliegend. Im Übrigen schließt sich der Senat den überzeugenden Ausführungen im angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an.
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4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 2 VwGO. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 166 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO). Einer Streitwertfestsetzung bedurfte es im Hinblick auf § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum GKG nicht.
17
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§§ 152 Abs. 1, 158 Abs. 1 VwGO).