Inhalt

VGH München, Beschluss v. 16.01.2023 – 1 CS 22.2399
Titel:

Erfolgloser Eilantrag des benachbarten Wohnungseigentümers - Wohn- und Geschäftshaus im Altstadtbereich

Normenketten:
BauGB § 34 Abs. 2
BauNVO § 15 Abs. 1
WEG § 1 Abs. 2, § 13 Abs. 1
BayDSchG Art. 6 Abs. 2
Leitsätze:
1. Grundsätzlich kann der einzelne Wohnungseigentümer (§ 1 Abs. 2 WEG) baurechtliche Nachbarrechte aus eigenem Recht nach § 13 Abs. 1 Hs. 2 WEG geltend machen, wenn eine konkrete Beeinträchtigung seines Sondereigentums im Raum steht. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ebenso wie bei der Geltendmachung eines allgemeinen Gebietserhaltungsanspruchs betrifft auch die Beeinträchtigung eines Denkmal-Ensembles ausschließlich das gesamte Grundstück und damit die Wohnungseigentümergemeinschaft als solche. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
3. Mit der baurechtlichen Nachbarklage kann nicht geltend gemacht werden, dass eine für ein Bauvorhaben in einem förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet erteilte Baugenehmigung nicht im Einklang mit dem Sanierungskonzept der Gemeinde steht. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bauplanungsrechtliches Gebot der Rücksichtnahme, Erdrückende bzw. abriegelnde Wirkung (verneint), Drittschutz im Denkmalrecht (verneint), Nachbar, Wohnungseigentümer, Denkmaleigentümer, Sondereigentum, Ensembleschutz, Sanierungssatzung
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 28.10.2022 – M 1 SN 22.368
Fundstellen:
LSK 2023, 963
BeckRS 2023, 963
NZM 2023, 292

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Der Streitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren - in Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses - und das Beschwerdeverfahren auf jeweils 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 28. Januar 2021 für den Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses mit fünf Wohneinheiten, einem Büro sowie einer Tiefgarage mit Autoaufzug auf dem Grundstück FlNr. 118, Gemarkung E.
2
Die Antragstellerin ist Miteigentümerin der Grundstücke FlNr. 120 und 121, Gemarkung E. Für das Grundstück FlNr. 121 ist ihr die Nutzung des Grundstücks einschließlich des sich darauf befindlichen Wohnhauses als Sondereigentum zugewiesen. Östlich daran schließt das Vorhabengrundstück der Beigeladenen an. Die Grundstücke befinden sich im denkmalgeschützten Altstadtbereich der Antragsgegnerin und liegen im Geltungsbereich der Sanierungssatzung „Altstadtsanierung“. Das Bestandsgebäude auf dem Vorhabengrundstücke wurde zwischenzeitlich nach Erteilung der Abbruchgenehmigung abgebrochen.
3
Die Antragstellerin erhob gegen die Baugenehmigung Klage und stellte einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag mit Beschluss vom 28. Oktober 2022 abgelehnt. Die Baugenehmigung verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Sie verstoße nicht gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme und verletze die Antragstellerin nicht in drittschützenden Vorschriften des Denkmalschutzes. Der Sanierungssatzung komme keine drittschützende Wirkung zu, zudem seien diese Vorschriften nicht Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens.
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Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Ziel, die Vollziehung des angefochtenen Bescheids auszusetzen, weiter. Die Antragsgegnerin sowie die Beigeladenen beantragen die Zurückweisung der Beschwerde.
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Ergänzend wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
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Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
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Die dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigen keine Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Nachbarklage der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren voraussichtlich erfolglos bleiben wird, so dass das Interesse an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegenüber dem Vollzugsinteresse der Beigeladenen nachrangig ist.
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1. Die angegriffene Baugenehmigung verstößt im Hinblick auf die Dimensionierung des Vorhabens nicht gegen drittschützende Vorschriften.
9
Soweit die Antragstellerin geltend macht, dass das geplante Vorhaben sich nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht in die Umgebung einfüge, da es die Orientierungswerte gemäß § 17 BauNVO überschreite, vermittelt das Maß der baulichen Nutzung im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB - unabhängig davon, dass im Beschwerdevorbringen nicht ausreichend dargelegt wird, dass der Rahmen der Eigenart der näheren Umgebung nicht eingehalten ist - grundsätzlich keinen Drittschutz (vgl. BVerwG, B.v. 23.6.1995 - 4 B 52.95 - BauR 1995, 823). Im Übrigen sind die Obergrenzen des § 17 BauNVO im Rahmen des § 34 BauGB nicht maßgeblich, da es allein auf die tatsächlichen Verhältnisse ankommt (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2015 - 9 CS 14.2441 - juris Rn. 26).
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Das Beschwerdevorbringen zeigt einen Verstoß gegen das hier allein maßgebliche bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme nicht auf. Dabei kommt es im Einzelfall wesentlich auf die Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zumutbar ist (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 4 C 1.04 - DVBl 2005, 702). Im Hinblick auf eine möglicherweise erdrückende Wirkung liegt eine Verletzung des nachbarschützenden Gebots der Rücksichtnahme vor, wenn eine bauliche Anlage wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem es diesem förmlich „die Luft nimmt“, wenn für den Nachbarn das Gefühl des „Eingemauertseins“ entsteht oder wenn die Größe des „erdrückenden“ Gebäudes auf Grund der Besonderheiten des Einzelfalls - und gegebenenfalls trotz Wahrung der erforderlichen Abstandflächen - derartig übermächtig ist, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem „herrschenden“ Gebäude dominierte Fläche ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrgenommen wird (vgl. BVerwG, U.v. 13.3.1981 - 4 C 1.78 - DVBl 1981, 928: elf- bzw. zwölfgeschossiges Gebäude in naher Entfernung zu zweieinhalb geschossigem Wohnhaus; U.v. 23.5.1986 - 4 C 34.85 - DVBl. 1986, 1271: grenznahe 11,5 m hohe und 13,31 m lange, wie eine „riesenhafte metallische Mauer“ wirkende Siloanlage bei einem sieben Meter breiten Nachbargrundstück; BayVGH, B.v. 5.9.2016 - 15 CS 16.1536 - juris Rn. 30).
11
Ein solche Wirkung besitzt das Vorhaben der Beigeladenen nicht. Die Antragstellerin ist zwar der Ansicht, von dem an der Grundstücksgrenze errichteten Vorhaben gehe aufgrund der deutlich höheren Firsthöhen eine erdrückende Wirkung aus. Der [im westlichen Grundstückbereich] zurückversetzte dreigeschossige Gebäudeteil weise eine Firsthöhe auf, die doppelt so hoch sei wie die ihres Gebäudes. Es entstehe ein erheblich höherer Baukörper, der nicht der gewachsenen kleinteiligen Hinterbebauung entspreche und zu einer erheblichen Verschattung ihres Grundstücks führe.
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Dieses Vorbringen greift jedoch nicht durch. Die Höhe des geplanten Vorhabens hält sich vielmehr in dem Rahmen, den die übrige Umgebungsbebauung bereits aufweist. Zu Recht verweist das Verwaltungsgericht auf den Umstand, dass eine verdichtete innerstädtische Bebauung insbesondere im unbeplanten Gebiet mit vorherrschender geschlossener Bebauung einen anderen Rahmen vorgibt als eine vorhandene lockere Bauweise. Das Vorhaben weist eine abgestufte Bebauung auf, die sich im Hinblick auf den Höhenverlauf an die Bestandsbebauung anpasst. Die Bebauung ist ausgehend von der östlichen Grundstücksgrenze der Antragstellerin gestaffelt und weist Firsthöhen zwischen 9,33 m unmittelbar an der Grundstücksgrenze und 12,30 m im westlichen Grundstücksbereich und zu der R.-Gasse, in dem eine 3-geschossige Bebauung vorgesehen ist, auf. Die Firsthöhen liegen damit deutlich unter der Firsthöhe des östlich an das Vorhabengrundstück angrenzenden Gebäudes von rd. 14,74 m. Für das an der Grundstücksgrenze geplante - ebenso wie das Gebäude der Antragstellerin zweigeschossige - Vorhaben ist anerkannt, dass eine geschlossene Bauweise nicht voraussetzt, dass die Grenzbauten die gleiche Höhe aufweisen, auch wenn dies aus optischen Gründen ideal erscheinen mag. Eine Nachbarrechtsverletzung ergibt sich daher nicht daraus, dass das Gebäude der Antragstellerin eine Dachgestaltung mit niedriger Dachneigung und keine Wohnnutzung im Dachgeschoss aufweist. Die vorliegende Höhendifferenz von rd. 3,30 m führt nicht zu einem besonderen Missverhältnis; die Höhe des geplanten Gebäudes ist für die Antragstellerin nicht unzumutbar. Daher entsteht bei Verwirklichung des Bauvorhabens auf dem Grundstück der Antragstellerin keine „erdrückende“ Wirkung.
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Soweit der Beschwerdevortrag dahingehend zu verstehen ist, dass er sich auf eine Berücksichtigung der bislang vorgefundenen Linien des mitprägenden Bestandsgebäudes bezieht, ist darauf hinzuweisen, dass festgesetzte oder auch faktische Baulinien grundsätzlich keinen Nachbarschutz vermitteln. Dies gilt insbesondere für vordere und rückwärtige Baulinien. Dass dies im vorliegenden Fall ausnahmsweise anders sein soll, hat die Antragstellerin nicht substantiiert dargelegt. Im Übrigen nimmt die Bebauung auf dem Vorhabengrundstück die Linie der rückwärtigen Bebauung auf dem Grundstück FlNr. 113 auf. Auch die westlich gelegenen Grundstücke der Antragstellerin sind im hinteren Grundstücksbereich massiv bebaut.
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Weiter ist nichts dafür erkennbar, dass die mit dem Vorhaben einhergehende Verschattungswirkung zulasten der westlich gelegenen Grundstücke der Antragstellerin über das hinausgeht, was in bebauten Ortslagen üblich ist. Das Gebäude der Antragstellerin ist bereits selbst an die Grenze gebaut und enthält keine Fenster in östlicher Richtung, weshalb durch das Vorhaben keine weitere Beeinträchtigung eintritt. Der höhere Baukörper auf dem Vorhabengrundstück ist von dem Gebäude der Antragstellerin rd. 6 m entfernt. Aufgrund der Lage des geplanten Vorhabens östlich des Grundstücks der Antragstellerin ist die befürchtete erhebliche Verschattung nicht nachvollziehbar.
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Eine Ortseinsicht war nicht erforderlich, da sich nach den vorliegenden Unterlagen, insbesondere den Fotos und Lageplänen, die gerügte erdrückende Wirkung des Vorhabens bereits hinreichend verlässlich beurteilen lässt.
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Soweit die Antragstellerin ausführt, dass der Lüftungsschacht der Tiefgarage ausweislich des in der Akte vorgelegten Plans BGF UG 1:200 direkt an der Grenze zu ihrer Terrasse errichtet werden solle und zu erheblichen Lärmemissionen führe, übersieht sie, dass es sich dabei nicht um einen genehmigten Plan handelt. Der genehmigte Plan sieht vielmehr einen Standort für den Lüftungsschacht in rd. 5 m Entfernung von der Grundstücksgrenze vor. Angesichts der geringen Stellplatzanzahl in der Tiefgarage für Fahrzeuge, die zudem hauptsächlich für die Bewohner der Wohngebäude vorgesehen sind, sowie der Entfernung des Gebäudes der Antragstellerin von dem Aufzug für die Tiefgarage ist die geltend gemachte zu erwartende Belastung durch Lärmemissionen nicht nachvollziehbar.
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2. Das Beschwerdevorbringen zeigt auch nicht auf, dass die Antragstellerin das geplante Vorhaben aus denkmalschutzrechtlichen Gründen abwehren könnte.
18
Unabhängig von der Frage, ob bzw. in welchem Umfang sich das dem bayerischen Denkmalschutzgesetz zugunsten des Denkmaleigentümers zu entnehmende Abwehrrecht gegen eine Baumaßnahme im Fall einer daraus resultierenden erheblichen Beeinträchtigung eines Baudenkmals auf den Ensembleschutz übertragen lässt (vgl. BayVGH, B.v. 16.5.2022 - 9 ZB 22.322 - juris Rn. 16), bestehen bereits erhebliche Zweifel daran, dass die Antragstellerin sich als Sondereigentümerin auf einen Ensembleschutz berufen kann. Grundsätzlich kann der einzelne Wohnungseigentümer (§ 1 Abs. 2 WEG) baurechtliche Nachbarrechte aus eigenem Recht nach § 13 Abs. 1 Halbs. 2 WEG geltend machen, wenn eine konkrete Beeinträchtigung seines Sondereigentums im Raum steht (vgl. BVerwG, B.v. 20.8.1992 - 4 B 92.92 - juris Rn. 5 f.; BayVGH, B.v. 1.3.2018 - 1 CS 17.2539 - juris Rn. 3). Es ist bereits fraglich, ob die Beeinträchtigung eines Ensembles eine Beeinträchtigung des Sondereigentums darstellen kann oder ob dies ausschließlich die Wohnungseigentümergemeinschaft als solche betrifft (vgl. BayVGH, B.v. 27.7.2017 - 1 CS 17.918 - juris Rn. 3). Ebenso wie bei der Geltendmachung eines sogenannten allgemeinen Gebietserhaltungsanspruchs betrifft auch die geltend gemachte Beeinträchtigung des Ensembles durch das geplante Vorhaben ausschließlich das gesamte Grundstück und damit die Wohnungseigentümergemeinschaft als solche. Im Übrigen dürfte der Ensembleschutz nach der Beschreibung des Ensembles (E-1-77-177-1) das von der Antragstellerin geltend gemachte überlieferte Erscheinungsbild der Gartenhinterhöfe nicht umfassen.
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Dem Beschwerdevortrag fehlt es jedenfalls an der substantiierten Darlegung, dass die Antragstellerin von einer (denkmalschutzrechtlichen) Beeinträchtigung in Bezug auf das von ihr bewohnte Gebäude betroffen ist. Der pauschale Verweis der Antragstellerin auf ihren Schriftsatz vom 19. Oktober 2022 im erstinstanzlichen Verfahren reicht nicht aus. Im Übrigen ergibt sich aus dem Vortrag zur Sanierung des Altbestands auf dem Grundstück FlNr. 121 durch den Voreigentümer bereits nicht, ob es sich bei den geltend gemachten Investitionen um Vorgaben des Denkmalschutzes oder der Sanierungssatzung aus dem Jahr 1989 handelt.
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Es kann daher dahinstehen, ob die Antragstellerin Kenntnis von der Erteilung der Abbruchgenehmigung gehabt hat und ob ihr die Stellung eines Eilantrags mit dem Ziel eines Baustopps mit (tatsächlichen) Beginn der Abbrucharbeiten nicht möglich gewesen sein soll. Dass sie von den Arbeiten keine Kenntnis hatte, liegt angesichts der Lage ihres Gebäudes unmittelbar anschließend an das Vorhabengrundstück fern.
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Davon abgesehen lässt das Beschwerdevorbringen unberücksichtigt, dass die angefochtene Baugenehmigung die Fassadengestaltung der Nord- und Südfassade sowie die Ausführung der Dachflächenfenster zur Straße hin beauflagt hat (Nr. 2.11).
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3. Soweit die Antragstellerin mögliche Beeinträchtigungen des Dachsims, der Regenrinne und des Gesims an ihrem Gebäude rügt, fehlt es der Beschwerdebegründung bereits an einer hinreichenden Darlegung. Die Behauptung einer „lediglich spekulativen Auseinandersetzung durch das Verwaltungsgericht“ genügt nicht. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Baugenehmigung, die nach Art. 68 Abs. 5 BayBO unbeschadet der Rechte Dritter ergeht, rechtswidrig sein soll und dadurch Rechte der Antragstellerin verletzt sein könnten. Bei der Frage, ob durch die Errichtung des geplanten Baukörpers das ebenfalls an der Grundstücksgrenze errichtete Gebäude der Antragstellerin beeinträchtigt wird, handelt es sich um eine zivilrechtliche Angelegenheit, die auf die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung keinen Einfluss hat.
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4. Die Vorschriften der Sanierungssatzung sind nicht Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens, sondern in einem eigenen Verfahren zu prüfen. Bau- und Sanierungsgenehmigung sind zwei selbständige, nebeneinander stehende Genehmigungen. Seit dem EAG Bau 2004 ist lediglich mit § 145 Abs. 1 Satz 2 BauGB bestimmt worden, dass die Sanierungsgenehmigung durch die Baugenehmigungsbehörde erteilt wird, wenn neben der Sanierungsgenehmigung auch eine baurechtliche Genehmigung oder Zustimmung erforderlich ist (vgl. Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2022, § 145 Rn. 6). Mit der baurechtlichen Nachbarklage kann nicht geltend gemacht werden, dass eine für ein Bauvorhaben in einem förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet erteilte Baugenehmigung nicht im Einklang mit dem Sanierungskonzept der Gemeinde steht (vgl. BVerwG, B.v. 7.5.1997 - 4 B 73.97 - BauR 1997, 810 m.w.N.).
24
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO aufzuerlegen, weil die Beigeladenen einen Antrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt haben.
25
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1‚ § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. 1.1.3, 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, die Abänderungsbefugnis hinsichtlich des Streitwerts für das erstinstanzliche Verfahren auf § 63 Abs. 3 GKG. Der Senat nimmt die gleichzeitig erhobene „Streitwertbeschwerde“, für die die Antragstellerin selbst kein Rechtsschutzbedürfnis geltend machen könnte, zum Anlass, die Festsetzung nach § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen zu ändern. Der Streitwertkatalog sieht in Nr. 9.7.1 bei der Klage eines Nachbarn gegen eine Baugenehmigung für die Streitwertfestsetzung einen Rahmen von 7.500 bis 15.000 Euro vor, soweit nicht ein höherer Schaden feststellbar ist. Innerhalb dieses Rahmens ist der Streitwert nach dem Maß der geltend gemachten Beeinträchtigungen, die der Kläger abwehren will, und den Rechtsgütern, die geschützt werden sollen, nach Ermessen festzusetzen (vgl. BVerwG, B.v. 26.9.1994 - 4 B 188.94 - juris Rn. 5). Angesichts des geltend gemachten Interesses der Antragstellerin, die eine Wertminderung ihres Eigentums von mindestens 15.000 Euro vorträgt sowie der (nicht bestrittenen) vorläufigen Festsetzung des Streitwerts im Hauptsacheverfahren auf 15.000 Euro ist eine Streitwertfestsetzung in Höhe von 7.500 Euro angemessen.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).