Titel:
Wiedergestattung Tierhaltung, Hunde und Heimtiere, Materielle Beweislast, Wegfall der negativen Prognose, Animal Hoarding, Individueller Lernprozess, Indizien, Zweifel an charakterlicher Eignung
Normenkette:
TierSchG § 16a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2
Schlagworte:
Wiedergestattung Tierhaltung, Hunde und Heimtiere, Materielle Beweislast, Wegfall der negativen Prognose, Animal Hoarding, Individueller Lernprozess, Indizien, Zweifel an charakterlicher Eignung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 9434
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Verpflichtung des Beklagten zur Wiedergestattung der ihr durch bestandskräftigen Bescheid untersagten Haltung und Betreuung von Hunden und Heimtieren.
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Nachdem das Landratsamt bereits in der Vergangenheit die Hundehaltung der Klägerin beanstandet hatte, wurde diese auf Grund eines Hinweises über unhygienische Haltungsbedingungen am 13. Dezember 2018 überprüft. Die Veterinärdirektorin des Landratsamts machte hierbei folgende Feststellungen: Beim Betreten des Treppenhauses seien die Behördenvertreter mit stechendem und beißendem Geruch nach Urin, Kot und Müll konfrontiert worden. Das Treppenhaus sei vermüllt und mit Kot und Urin der Hunde verunreinigt gewesen. Beim Betreten der Wohnung im 1. OG habe man Berge von Müll und Abfall gefunden. Der Fußboden sei mit Urin und Kothaufen beschmutzt gewesen. Im geöffneten Schlafzimmer hätten sich Hunde im Bett befunden, welches mit Kot und Urin der Hunde beschmutzt gewesen sei. In den Müllbergen seien Mäuse gesichtet worden. Das Badezimmer, das Wohnzimmer und auch die Wohnung im Erdgeschoss seien vermüllt gewesen. Bei den Hunden habe man verklebtes, verfilztes Fell und Ballenveränderungen festgestellt. Der Keller sei massiv vermüllt gewesen und man habe drei Kaninchen im hochgradig verkoteten Käfig vorgefunden.
3
Die Tierärztin Dr. med. B. stellte am 18. Dezember 2018 Folgendes fest: Die Hunde hätten sich in einem offensichtlich schon seit längerem andauernden mangelhaften Allgemeinzustand, katastrophalen Pflegezustand und stark reduziertem Ernährungszustand befunden. Das Fell von 14 Hunden einer langhaarigen Rasse sei verfilzt, mit Urin durchtränkt und mit Kot beschmutzt gewesen. Das verklebte Fell habe bei einigen Tieren sogar den Anus und den Harnröhrenausgang verlegt. Den Tieren seien über einen längeren Zeitraum körperliches Leid und starke Schmerzen zugefügt worden. Die Pfoten der Hunde und das Fell seien mit Urin bzw. Kot beschmutzt, die Krallen einiger Hunde seien überlang gewesen. Einige Hunde hätten an Ohrenentzündungen sowie an massivem Zahnsteinbefall gelitten. Einige Hunde seien in unterschiedlicher Stärke abgemagert gewesen. Die Kaninchen hätten überlange Krallen gehabt, der Ernährungszustand sei reduziert bis abgemagert gewesen. Das schwarze Kaninchen hätte beidseitige Konjunktivitis aufgewiesen, beim weißen Kaninchen habe der Verdacht auf Parasitenbefall bestanden.
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Mit Bescheid des Landratsamts … vom 19. Dezember 2018, mit dem der Klägerin sofort vollziehbar 18 Hunde und 3 Kaninchen fortgenommen und auf ihre Kosten anderweitig untergebracht wurden, wurde auch ein Haltungs- und Betreuungsverbot von Hunden und Heimtieren angeordnet. Nach erfolglosem Eilrechtsschutzverfahren nahm die Klägerin ihre Klage gegen diesen Bescheid mit Schriftsatz vom 27. März 2020 zurück. Der Bescheid wurde damit bestandskräftig.
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Mit Schreiben von 28. September 2020 beantragte die Klägerin die Wiedergestattung der Haltung von zwei Hunden. Nach mehrfachem Krankenhausaufenthalt sei bewiesen worden, dass es ihrer Psyche guttue, ein Tier zu halten.
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Das Landratsamt … (im Folgenden: Landratsamt) wies die Klägerin mit Schreiben vom 2. November 2020 darauf hin, dass für die Wiedergestattung ein Nachweis erforderlich sei, dass der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen gegen tierschutzrechtliche Vorschriften zwischenzeitlich weggefallen sei und dass ein bloßer Sachvortrag insofern nicht ausreiche, sondern vielmehr belastbare Unterlagen (z.B. ein psychologisches Gutachten) vorzulegen seien, aus denen sich zweifelsfrei ergebe, dass bei der Klägerin inzwischen ein Lernprozess stattgefunden habe und eine „Läuterung“ in ihrem Verhalten gegenüber potentiell zu haltenden oder zu betreuenden Tieren eingetreten sei. Außerdem bat das Landratsamt die Klägerin, unter Beifügung entsprechender Nachweise darzulegen, wie sie künftig die angemessene Ernährung und Pflege des Tieres sicherstellen wolle. Da sie erst im Juli gegenüber dem Landratsamt erklärt habe, pro Monat nicht mehr als 20 EUR zur freien Verfügung zu haben, erscheine es derzeit neben der fraglichen persönlichen Eignung zweifelhaft, ob sie in Zukunft in der Lage sein würde, die regelmäßigen Kosten für Futter und die tierärztliche Vorsorge bzw. Behandlung eines Tieres zu tragen. Deshalb könne der Antrag, solange keine entsprechenden Nachweise vorgelegt würden, nicht weiterbearbeitet werden. Hinzu komme, dass eine Wiedergestattung der Tierhaltung erst dann erfolgen könne, wenn die dafür vorgesehenen Räumlichkeiten vor Ort kontrolliert und amtstierärztlich abgenommen worden seien.
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Die Klägerbevollmächtigte entgegnete mit Schreiben vom 2. Dezember 2020, die Klägerin sei körperlich und geistig gesund und müsse sich für eine Hundehaltung nicht psychologisch begutachten lassen. Dies stelle eine reine Schikanehandlung dar und werde nicht hingenommen. Die Klägerin könne selbstverständlich für die Ernährung und Pflege von einem oder zwei Tieren aufkommen, da sie ein Erbe besitze, von dem sie lebe und von dem sie auch zwei Tiere ernähren könne. Sie erhalte monatlich von der Staatsoberkasse 304 EUR als sog. Lastenzuschlag. Weiterhin erhalte sie ca. 73 EUR Rente. Den Rest ihrer Bedürfnisse decke sie über Ersparnisse aus der Erbschaft. Die Klägerin sei auch bereit, dass jemand die Räumlichkeiten besichtigt. Ein Termin könne über die Klägerbevollmächtigte vereinbart werden.
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Die Klägerin wurde mit Schreiben des Landratsamts vom 16. Dezember 2020 zur beabsichtigten Ablehnung der Wiedergestattung der Tierhaltung angehört, wobei ihr eine Frist zur Äußerung bis zum 20. Januar 2021 eingeräumt wurde. Das Landratsamt wies darauf hin, dass die Klägerin die materielle Beweislast dafür trage, dass sich die Basis für die Prognose, die im Dezember 2018 zu dem gegenüber der Klägerin ausgesprochenen Tierhaltungs- und Betreuungsverbot geführt habe, zwischenzeitlich verändert habe. Da die Klägerin der ihr im aktuellen Antragsverfahren obliegenden Mitwirkungspflicht trotz behördlicher Erinnerung nicht nachgekommen sei, sei es nicht möglich, das Anliegen abschließend sachlich zu prüfen. Zudem werde das Schreiben vom 2. Dezember 2020 so ausgelegt, dass das Landratsamt mit der Vorlage antragsbegründender Unterlagen nicht mehr rechnen könne, weshalb beabsichtigt werde, den Antrag der Klägerin abzulehnen.
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Mit Schreiben vom 5. Januar 2021 stellte die Klägerbevollmächtigte für die Klägerin erneut den Antrag, die Haltung von maximal zwei Hunden gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 2 TierSchG wieder zu gestatten. Die Klägerin habe sich in dem Verfahren Az. B 1 S 19.64 im Hinblick auf begangene Verstöße einsichtig gezeigt und habe die dort angeordneten Auflagen akzeptiert. Außerdem habe sie eingesehen, dass sie die Anzahl an Hunden im Hinblick auf deren Verpflegung nicht mehr habe stemmen können. Die Klägerin habe nicht die Absicht, eine Vielzahl von Hunden zu halten. Ferner seien die Zustände auf dem klägerischen Anwesen grundlegend durch intensive Reinigung beseitigt worden, sodass eine Haltung von maximal zwei Hunden aus hygienischen Gesichtspunkten wieder ohne Bedenken möglich sei. Dies könne durch unangekündigte Kontrollen des Veterinäramtes kontrolliert werden. Die Klägerin sei zudem in der Lage, für die Ernährung und Pflege der Hunde aufzukommen. Außerdem habe das klägerische Grundstück eine Fläche von 1.500 m2. Demnach biete dieses mehr als genügend Auslauf für die Hunde. Die Haltung von Hunden sei für die Klägerin aus emotionaler und psychischer Sicht sehr wichtig. Insgesamt sei die Klägerin bereit, Gewähr für die tierschutzgerechte Haltung von Hunden zu bieten. Der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen sei entfallen.
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Mit Schreiben vom 19. Februar 2021 ließ die Klägerin durch ihre Bevollmächtigte ausführen, dass die Feststellung einer psychischen Erkrankung nur einer Person zustehe, die über eine medizinisch-psychologische Ausbildung verfüge. Die Klägerin sei weder ein Kind noch psychisch beeinträchtigt. Es müsse ihr die praktische Möglichkeit gelassen werden, Hunde zu halten, damit sie beweisen könne, dass die Haltung dieser Tiere nicht zu beanstanden wäre. Im Übrigen sei das Landratsamt jederzeit in der Lage, bei Zuwiderhandlungen die zwei Hunde wieder zu entfernen.
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Mit Bescheid vom 9. April 2021 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Wiedergestattung der Tierhaltung ab (Ziffer 1). Es wurde angeordnet, dass die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen hat (Ziffer 2). Für den Bescheid wurde eine Gebühr in Höhe von 50,00 EUR festgesetzt (Ziffer 3). Aufgrund einer Vielzahl an massiven Verstößen gegen § 2 TierSchG und einer daraus resultierenden erheblichen Vernachlässigung der Tiere habe das Landratsamt die Tiere der Klägerin am 13. Dezember 2018 fortgenommen und sie anderweitig pfleglich untergebracht. Unter Abgleich mit der vom Deutschen Tierschutzbund für das Vorliegen eines echten Falles von Tierhorten veröffentlichten Checkliste habe der Amtstierarzt anlässlich der Fortnahme der Tiere die Annahme, dass bei der Klägerin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Fall von „Animal Hoarding“ vorliege, bestätigt.
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Nach § 16a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 Halbs. 2 TierSchG sei einem Tierhalter auf Antrag das Halten und Betreuen von Tieren wieder zu gestatten, wenn der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen gegen tierschutzrechtliche Vorschriften entfallen sei. Dies sei nach dem derzeitigen Kenntnisstand bei der Klägerin nicht der Fall. Es verblieben vielmehr erhebliche Zweifel an einer zukünftig beanstandungsfreien Tierhaltung durch die Klägerin.
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Die materielle Beweislast für den Entfall des Grundes für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen gegen tierschutzrechtliche Vorschriften trage die Halterin, die die Wiedergestattung der Tierhaltung begehre. Ein bloßer Zeitablauf reiche in solchen Fällen nicht aus. Das bloße zeitweilige oder situationsbedingte Unterlassen der früheren Handlungsweise genüge nicht. Die Klägerin müsse einen individuellen Lernprozess darlegen, der sich auf die inneren Gründe für die Handlung beziehe und nachvollziehbar werden lasse, dass diese so nachhaltig entfallen seien, dass mit hinreichender Gewissheit künftig auszuschließen sei, dass sich die Klägerin wiederum tierschutzwidrig verhalte. Der Sachvortrag der Prozessbevollmächtigten der Klägerin, diese sei physisch und psychisch gesund, reiche nicht aus, um ein Entfallen des Grundes für die Annahme der Zuwiderhandlungen glaubhaft zu machen. Dies begründe sich mit dem sehr langen Zeitraum, über den sich die tierschutzwidrigen Zustände in der früheren Tierhaltung hingezogen hätten, der jahrelang fehlenden Einsichtsfähigkeit bzw. der tatsächlich fehlenden Einsicht der Klägerin – trotz konkreten mündlicher und schriftlicher behördlicher Aufforderungen hätten sich die Verhältnisse in der früheren Tierhaltung der Klägerin nicht gebessert, sondern sogar stetig verschlechtert und der Tierbestand sei weiter vergrößert worden –, dem fehlenden Bewusstsein für das Leid der Tiere, welches sich durch das konstante Behaupten, den Tieren sei es gut gegangen, gezeigt habe, und den zahlreichen tierschutzrechtlichen Verstößen der Klägerin sowie der Annahme, dass bei der Klägerin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Fall von „Animal Hoarding“ vorliege.
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Die Ankündigung der Klägerin vom 16. September 2020, sich über das bestandskräftige Haltungsverbot hinwegsetzen und sich wieder Tiere zulegen zu wollen, lege die Vermutung nahe, dass ein innerer Reifeprozess gerade nicht stattgefunden habe.
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Auch ein kurzzeitiges Wohlverhalten der Klägerin, z.B. durch Aufräumen und Reinigen der vermüllten Wohnung unter dem Druck des laufenden behördlichen Wiedergestattungsverfahrens im Vergleich zu dem zuvor über acht Jahre hinweg gezeigten Fehlverhalten reiche ebenso wenig aus wie die Absichtserklärung, zukünftig Gewähr für eine tierschutzgerechte Hundehaltung bieten zu wollen. Entsprechende Nachweise sei die Klägerin schuldig geblieben.
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Die Klägerin habe bisher unbeantwortet gelassen, wie sie zukünftig die angemessene Ernährung und Pflege der Tiere sicherstellen möchte. Die vorgetragene Erbschaft der Klägerin sei nicht bewiesen. Zudem müsste es ihr unter diesen Umständen ein Leichtes sein, die Rückstände zu tilgen.
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Da im Ergebnis Zweifel, wenn nicht sogar erhebliche Zweifel, an einer künftig beanstandungsfreien Tierhaltung blieben, sei der Wiedergestattungsantrag abzulehnen.
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Darin liege keine Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Die Behörde müsse nur sachlich gleich liegende Fälle auch gleich behandeln. Auch das vorgetragene Argument, dass das Landratsamt bei erneuten Verstößen die Tiere wieder fortnehmen könne, werde entschieden zurückgewiesen, da einer solchen Vorgehensweise das dem TierSchG immanente Bedarfsdeckungs- und Schadensvermeidungsprinzip, welches gerade jegliche Gefährdung eines Tieres frühzeitig ausschließen solle, entgegenstünde. Im Übrigen läge hierin ein Verstoß gegen Art. 20a GG.
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Auch die Tatsache, dass zum Haus der Klägerin ein großer Garten gehöre, ändere nichts an der Entscheidung des Landratsamts, da dieser auch bereits 2018 als Auslauf zur Verfügung gestanden habe, aber von der Klägerin nachweislich, wie bei der Vor-Ort-Kontrolle am 13. Dezember 2018 massenhaft im Haus vorgefundenen, größtenteils bereits eingetrockneten tierischen Exkremente belegten, nicht als solcher genutzt worden sei. Auch diesbezüglich führten bloße Willensbekundungen der Klägerin nicht zu einer anderen Beurteilung des Sachverhaltes, insbesondere da sich die Klägerin bereits in der Vergangenheit bzgl. der Einhaltung von Zusagen als unzuverlässig erwiesen habe.
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Abschließend werde noch darauf hingewiesen, dass der Wiedergestattungsantrag ausschließlich im Lichte des Tierschutzes zu beurteilen sei und tierschutzferne Gesichtspunkte keine Rolle spielen dürften. So sei auch die Auswirkung einer Tierhaltung auf die psychische Gesundheit der Klägerin unbeachtlich.
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Mit Schriftsatz vom 20. April 2021, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am gleichen Tage, ließ die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigte Klage erheben mit dem Antrag,
den Bescheid der Beklagten vom 9. April 2021 aufzuheben.
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Zur Klagebegründung wurde mit Schriftsatz vom 25. Juni 2021 ausgeführt, dass die Versagung rechtswidrig sei, da sie einer Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht standhalte. Der Bescheid lasse die verzweifelte Lage der Klägerin außer Betracht und stelle sie willkürlich als Tierquälerin dar, ohne zu berücksichtigen, dass sie aus eventuellen Fehlern gelernt habe und eine Neubeurteilung der Lage erforderlich und dringend indiziert sei. Außerdem werde die Haltung von maximal zwei Hunden begehrt. Die Vorfälle, welche die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid schildere, seien mittlerweile etwa zweieinhalb Jahre her. Seither habe sich die Klägerin nichts Negatives aus tierschutzrechtlicher Sicht anlasten lassen.
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Die „Ankündigung“ der Klägerin, sich über das bestandskräftige Haltungsverbot hinwegsetzen zu wollen, sei lediglich ein verzweifelter Hilferuf gewesen. Die Klägerin verlange die Gestattung der Haltung von zwei Hunden, da Hunde für ihr psychisches Wohlbefinden elementar seien.
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Ferner könnten objektiv überprüf- und bewertbare Nachweise für einen erkennbaren Gesinnungswandel nur geliefert werden, wenn der Klägerin die Haltung von zwei Hunden gestattet würde. Faktisch werde der Klägerin der Nachweis verhindert, wenn sie keine Erlaubnis für die Haltung der Hunde erhalte.
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Die Klägerin habe zudem keine Einwände gegen eine Auskunftspflicht gegenüber der Veterinärverwaltung. Dieser stimme sie sogar zu und sei jederzeit bereit, ihr nachzukommen.
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Weiterhin sei die Klägerin nicht verpflichtet, nachzuweisen, wie sie die Verpflegung der Tiere finanzieren möchte. Sie sei lediglich verpflichtet, nachzuweisen, dass die Hunde artgerecht versorgt würden. Zudem sei es so, dass kleinere Hunderassen bei Weitem nicht denselben finanziellen Aufwand benötigten wie große Hunde.
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Zwar verfolge das Tierhaltungsverbot einen legitimen Zweck und sei auch geeignet, den Tierschutz zu fördern, im Übrigen jedoch weder erforderlich noch angemessen. Dem Tierschutz wäre bereits durch die Gestattung zur Haltung von maximal zwei Hunden Genüge getan. Die Nachteile der Klägerin stünden völlig außer Verhältnis zu den Vorteilen eines weiterhin bestehenden Haltungsverbotes.
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Mit Schriftsatz vom 7. Juli 2021 beantragte der Beklagte,
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Die materielle Beweislast, dass sich die Grundlagen für das verfügte Tierhaltungsverbot inzwischen zum Positiven geändert hätten, trage allein die Klägerin. Der bloße Sachvortrag, die Klägerin wäre jetzt wieder fähig, genüge dafür nicht. Der Klägerin seien bereits mehrfach Wege aufgezeigt worden, wie sie nachweisen könne, dass bei ihr ein Einstellungswandel zum Positiven stattgefunden habe. Hinsichtlich ihrer finanziellen Situation dürfte es ein Leichtes sein, nachzuweisen, dass sich diese durch die Erbschaft verbessert habe. Auch hier lägen nur bloße Behauptungen vor. Die Klägerin wiederhole nur Argumente, die bereits im Rahmen der Antragstellung vorgetragen worden seien.
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Mit Schriftsatz vom 21. August 2021 wurde von der Klägerin außerdem vorgetragen, dass sie die Hundesteuer immer bezahlt habe. Unter dem 31. August 2021 wurde weiterhin eine Bestätigung der Firma Taxi Klein vorgelegt, wonach die Klägerin immer ordnungsgemäß für ihre Tiere gesorgt und diese regelmäßig zum Tierarzt gebracht habe.
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Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 17. Juni 2022 wurde der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung abgelehnt. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 23. Januar 2023 zurückgewiesen.
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Mit Schriftsatz vom 7. Februar 2023 bzw. vom 9. Februar 2023 erklärten die Beteiligten ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entschieden werden, weil die Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden sind.
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1. Das Klagebegehren ist gem. §§ 122, 88 VwGO im wohlverstandenen Interesse der anwaltlich vertretenen Klägerin dahingehend auszulegen, dass diese die Verpflichtung des Landratsamtes zur Wiedergestattung der Tierhaltung begehrt. Ihrem Begehren entspricht somit nach § 88 VwGO eine Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage. Eine bloße Anfechtungsklage würde, soweit sie Erfolg hätte, nur den Bescheid vom 9. April 2021 aufheben, nicht jedoch auch zur Gestattung der Haltung von zwei Hunden führen.
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2. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 9. April 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch aus § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 2 Tierschutzgesetz (TierSchG) auf Wiedergestattung der Haltung und Betreuung von zwei Hunden.
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a. Nach § 16a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2 TierSchG ist das Halten oder Betreuen von Tieren wieder zu gestatten, wenn der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen ist. Entgegen des sonst im Verwaltungsrecht geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes trägt die Antragstellerin hier die volle Beweislast (vgl. VGH BW, U.v. 16.12.2021 – 6 S 1557/19 – BeckRS 2021 44576; VG Würzburg, U.v. 18.3.2019 – W 8 K 18.564 – BeckRS 2019, 5165; Hirt/Maisack/Moritz, Kommentar zum TierSchG, 3. Aufl. 2016, § 16a TierSchG Rn. 55; Lorz/Metzger, Kommentar zum TierSchG, 7. Aufl. 2019, § 16a TierSchG Rn. 36). Hinsichtlich eines Entfallens des Grundes für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen muss die Antragstellerin beweisen, dass sich die Basis für die frühere Prognose, die zu dem Haltungs- und Betreuungsverbot geführt hat, zwischenzeitlich verändert hat. Hierfür muss der Grund in den Blick genommen werden, der Anlass für die negative Prognose war. Gelingt der Antragstellerin dieser Beweis, so ist ihr die Wiedergestattung der Tierhaltung zu gewähren. Insoweit ist eine gebundene Entscheidung in § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Hs. 2 TierSchG zu treffen, die Behörde hat hier kein Ermessen. Verbleiben insoweit Zweifel, muss der Wiedergestattungsantrag grundsätzlich abgelehnt werden (vgl. VGH BW, U.v. 16.12.2021 – 6 S 1557/19 – juris Rn. 49; Hirt/Maisack/Moritz, Tierschutzgesetz, 3. Aufl. 2016, § 16a Rn. 55 m.w.N.; VG Trier, U.v. 22.1.2020 – 8 K 4155/19.TR – juris Rn. 32).
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Die Anforderungen, die an eine Wiedergestattung zu stellen sind, hängen von den Umständen ab, die zum Erlass des Tierhaltungs- oder Betreuungsverbots geführt haben. Beruht das Verbot auf wiederholten Beanstandungen, so steigen die Anforderungen an die Feststellung, dass der Betreffende zum Halten oder Betreuen wieder geeignet ist. In solchen Fällen reicht ein bloßer Zeitablauf nicht aus. Vielmehr muss die Antragstellerin Umstände darlegen (zum Beispiel psychologisches Gutachten, Sachkundenachweis etc.), aus denen sich ergibt, dass bei ihr ein individueller Lernprozessstand stattgefunden hat und eine Läuterung in ihrem Verhalten gegenüber potentiell zu haltenden Tieren eingetreten ist (vgl. BayVGH, B.v. 28.2.2022 – 23 ZB 21.448 – juris Rn. 17VGH BW, U.v. 16.12.2021 – 6 S 1557/19 – BeckRS 2021 44576; VG Würzburg, U.v. 18.3.2019 – W 8 K 18.564 – BeckRS 2019, 5165; VG Göttingen U.v. 9.2.2011 – 1 A 184/09 – BeckRS 2011, 48317; Hirt/Maisack/Moritz, aaO). Bloßes äußeres zeitweiliges oder situationsbedingtes Unterlassen der früheren Handlungsweise genügt nicht. Vielmehr muss zusätzlich ein innerer Vorgang im Sinne eines individuellen Lernprozesses stattgefunden haben, der sich auf die inneren Gründe für die Handlung bezieht und nachvollziehbar werden lässt, dass diese so nachhaltig entfallen sind, dass mit hinreichender Gewissheit künftig auszuschließen ist, dass sich die Antragstellerin wiederum tierschutzwidrig verhält (vgl. BayVGH, B.v. 28.2.2022 – 23 ZB 21.448 – juris Rn. 17; Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl. 2016, § 16a Rn. 55 m.w.N.).
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b. Die Klägerin kann die Anforderungen, die an die Wiedergestattung der Tierhaltung zu stellen sind, im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht erfüllen. Die vorgebrachen Argumente reichen nicht aus, um den gesteigerten Voraussetzungen der Wiedergestattung im konkreten Fall nachzukommen.
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aa. Vorweg ist anhand der Vorgaben der Rechtsprechung festzuhalten, dass im konkreten Fall hohe Anforderungen im Hinblick auf die Darlegung und den Nachweis von Tatsachen, die ein Entfallen des Grundes für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen begründen könnten, zu stellen sind. Denn die erheblichen immer wiederkehrenden tierschutzwidrigen Zustände in der Tierhaltung der Klägerin haben sich über einen sehr langen Zeitraum hingezogen. In einem Zeitraum von acht Jahren konnten mehrere erhebliche Tierschutzverstöße nachgewiesen werden (Beanstandungen aus den Jahren 2010, 2013, 2017 und 2018). Aus dem Bescheid des Landratsamts vom 19. Dezember 2018, welcher verkürzt in der Begründung des Bescheids vom 9. April 2021 wiedergegeben wird, ergibt sich, dass die Tiere bei der Fortnahme erhebliche Erkrankungen aufwiesen und Spuren von Misshandlungen festgestellt werden konnten. Es handelte sich insgesamt um 21 Tiere, die allesamt in schlechter gesundheitlicher Verfassung waren. Die Hunde waren unterversorgt und z.T. auch unterernährt, es hatte keine ausreichende Fütterung stattgefunden. Die hygienischen Verhältnisse im Wohnhaus der Klägerin waren in katastrophalem Zustand. Die Hunde hatten Kot und Urin in ihrem Fell. Diese Ablagerungen führte bei einigen Hunden zu somatischen Zuständen; es kam zu einer Verlegung von Anus und des Harnröhrenausgangs. Der medizinische Zustand der Hunde war zudem schlecht; sie litten an Parasiten und schlechter Mundhygiene. Außerdem fehlte ein elementarer Impfschutz. Hinzu tritt die im früheren Verhalten der Klägerin zu Tage getretene fehlende Einsichtsfähigkeit in Bezug auf das durch die schlechten Haltungsbedingungen verursachte Leid der gehaltenen Tiere.
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bb. Angesichts der gesteigerten Darlegungs- und Beweislast im vorliegenden Fall führt das klägerische Vorbringen nicht zum Entfallen des Grundes für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen. Es bleiben erhebliche Zweifel an einer künftigen beanstandungsfreien Tierhaltung.
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Zwar bringt die Prozessbevollmächtigte vor, dass die Klägerin aus ihren Fehlern gelernt habe, dies wird jedoch weder substantiiert dargelegt noch werden hierfür Nachweise vorgelegt. Wie oben dargestellt trägt aufgrund der materiellen Rechtslage die Klägerin die Beweislast dafür, dass sie sich ihre Fehler eingestanden hat und ein individueller Lernprozess stattgefunden hat. Dem Gericht liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich die Einstellung der Klägerin aufgrund eines individuellen Lernprozesses grundsätzlich gewandelt hätte. Zwar ist eine solche Beurteilung schwierig und muss sich notgedrungen an Indizien orientieren. Derartige Indizien müssen jedoch vorliegen und hinreichend tragfähig sein (VG Göttingen, U.v. 9.2.2011 – 1 A 184/09 – juris Rn. 25). Insbesondere angesichts der im vorliegenden Fall zu stellenden hohen Anforderungen an einen Nachweis und der bei der Klägerin auf Grundlage konkreter Umstände vermuteten psychischen Erkrankung des „Animal Hoardings“, welches einen erneuten Ankauf vieler Tiere unter schlechten Haltungsbedingungen wahrscheinlich werden lässt, kann ein bloßer Sachvortrag, die Klägerin sei psychisch und physisch gesund und damit zur Tierhaltung fähig, nicht genügen, um mit der hier nötigen Substantiiertheit das Entfallen des Grundes für eine Haltungsuntersagung nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 2 TierSchG begründen zu können. Auch die Absichtserklärungen der Klägerin, in Zukunft für eine tierschutzgerechte Hundehaltung Gewähr bieten zu wollen, reicht nicht aus, um die negative Prognose, die aufgrund erheblicher Verstöße gegen das TierSchG im Jahre 2018 zu dem Tierhaltungs- bzw. betreuungsverbot geführt hat, zu erschüttern. Belastbare Nachweise für einen erkennbaren und nachhaltigen Gesinnungswandel ist die Klägerin (bisher) schuldig geblieben.
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Das Schreiben des Taxiunternehmens Klein, anhand dessen nachgewiesen werden soll, dass die Klägerin regelmäßig Hundefutter gekauft haben soll und ihre Hunde immer zum Tierarzt habe fahren lassen, ist als Beweis für den Umstand, dass sie künftig keine Verstöße gegen das TierSchG begehen werde, gänzlich untauglich. Die hier maßgebliche Vorschrift des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG sieht ein getrenntes Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren vor. In derartigen getrennten Verfahren nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG muss sich der Betroffene darauf verweisen lassen, etwaige nachhaltige Verbesserungen in der Sach- und Rechtslage zu seinen Gunsten in einem dem Untersagungsverfahren nachfolgenden gesonderten Wiedergestattungsverfahren geltend zu machen (vgl. BayVGH, B.v. 8.8.2019 – 23 ZB 17.1908 – juris Rn. 19; BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – juris, Rn. 15 zum Gewerberecht; OVG Lüneburg, U.v. 20.4.2016 – 11 LB 29/15 – juris Rn. 35). Es muss folglich bewiesen werden, dass aufgrund von konkreten Veränderungen nach der Fortnahme der Tiere und dem Verbot der Tierhaltung bzw. -betreuung neue Umstände eingetreten sind, die die Wiedergestattung der Tierhaltung ermöglichen. Das Schreiben soll jedoch die frühere angemessene Versorgung der Tiere beweisen, die den festgestellten Umständen nach gerade nicht vorlag. Diesbezüglich muss berücksichtigt werden, dass der (Fortnahme-)Bescheid vom 19. Dezember 2018 in Bestandskraft erwachsen ist. Die Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit dieses Bescheids angeführt werden, sind (im Wiedergestattungsverfahren) deshalb unbeachtlich.
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Gleiches gilt für die Vorlage von Dokumenten, die belegen, dass die Klägerin regelmäßig die Hundesteuer bezahlt hat. Es kann im Übrigen nicht davon ausgegangen werden, dass das Bezahlen der Hundesteuer in der Vergangenheit dazu führt, dass die Klägerin in der Zukunft keine tierschutzrechtlichen Verstöße begehen wird. Aus dem rein monetären Vorgang kann nicht auf ein tatsächliches Verhalten mit Tieren geschlossen werden.
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Für den klägerischen Vortrag, das Haus der Klägerin sei inzwischen gründlich gereinigt worden, wurden (bisher) keine Beweise vorgelegt. Ergänzend ist diesbezüglich festzuhalten, dass die Reinigung des Hauses alleine auch nicht als Beweis dazu dienen kann, dass im klägerischen Anwesen dauerhaft hygienische Verhältnisse für die tierschutzgerechte Haltung von Hunden sichergestellt sind. Bloßes kurzzeitiges Wohlverhalten durch Reinigung und Beseitigung der Vermüllung – insbesondere unter dem Druck des gerichtlichen Wiedergestattungsverfahrens – genügt den Anforderungen an einen Beweis für die zukünftigen ordnungsgemäßen Haltungsbedingungen gerade nicht.
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Als nicht durchgreifend erachtet das Gericht auch den Einwand, die Klägerin benötige die Hunde für ihr psychisches Wohlergehen. Dieser Vortrag verkennt den Schutzzweck des Tierschutzgesetzes, welches alleine den Schutz des Tieres zum Gegenstand hat. Eine Wiedergestattung der Tierhaltung bzw. -betreuung soll nur möglich sein, wenn keine Gefahr erneuter tierschutzwidriger Haltungsbedingungen besteht und kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn die Gründe, die zu einem Verbot der Tierhaltung bzw. -betreuung geführt haben, ausgeräumt wurden. Das Wiedergestattungsverfahren ist ausschließlich im Lichte des Tierschutzes zu beurteilen. Das psychische Wohlergehen – mithin ein tierschutzfremder Gesichtspunkt – findet bei § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 2 TierSchG keine Berücksichtigung.
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Aus den gleichen Gründen führt auch das seitens der Klägerbevollmächtigten vorgebrachte Argument, das Landratsamt könne die Tiere im Falle erneuter tierschutzrechtlicher Zuwiderhandlungen jederzeit fortnehmen, zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Das TierSchG verfolgt das Ziel, jegliche Gefährdung eines Tieres frühzeitig und bereits vorbeugend auszuschließen. Eine Wiedergestattung ohne Erfüllung der hierfür notwendigen Voraussetzungen nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 2 TierSchG stünde diesem Schutzziel entgegen.
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cc. Lediglich ergänzend ist festzuhalten, dass sich neben den Zweifeln an der psychischen Eignung der Klägerin zur Hundehalten auch Zweifel an der körperlichen Eignung ergeben. Mit Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten vom 21. Juni 2022 wurde unter Hinweis auf einen erlittenen Schlaganfall und unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung Terminverlegung beantragt. Aus der ärztlichen Bescheinigung vom 21. Juni 2022 ergibt sich, dass die Klägerin in Folge einer akuten Erkrankung körperlich behindert ist und deshalb einen Termin zur Gerichtsverhandlung nicht wahrnehmen kann. Über die Schwere des Schlaganfalles liegen der Kammer keine Erkenntnisse vor. Auch bleibt unklar, ob der Schlaganfall zu dauerhaften körperlichen Beeinträchtigungen der Klägerin geführt hat, die einer artgerechten Hundehaltung unter tierschutzgemäßen Bedingungen – konkret die ordnungsgemäße Pflege, medizinische Versorgung und Ernährung der Hunde sowie die Aufrechterhaltung bzw. Herstellung hygienischer Haltungsbedingungen – entgegenstehen. Es verbleiben darüber hinaus auch Zweifel an der finanziellen Leistungsfähigkeit der Klägerin. So bestehen nach wie vor hohe Zahlungsrückstände bei der Kreiskasse für die anderweitige pflegliche Unterbringung der im Jahre 2018 fortgenommenen Tiere. Die im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens offen gelegten Vermögensverhältnisse der Klägerin erwecken Zweifel, ob die Klägerin in der Lage wäre, für die erheblichen Kosten, die mit der Haltung zweier Hunde einherginge – konkret die Kosten für Anschaffung, Futter, Tierarzt, Hundesteuer, Haftpflichtversicherung, etc. – aufzukommen. Aufgrund der verbleibenden erheblichen Zweifel an der charakterlichen Eignung kommt es auf diese Frage jedoch nicht mehr streitentscheidend an.
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c. Die Ablehnung der Wiedergestattung der Haltung und Betreuung von zwei Hunden ist auch nicht – wie vorgetragen – unverhältnismäßig. Die Ablehnung beruht auf dem TierSchG, welches das legitime Ziel des Tierschutzes verfolgt. Die Geeignetheit der Ablehnung zur Förderung des Tierschutzes folgt daraus, dass durch die Ablehnung verhindert wird, dass es im Verantwortungsbereich der Klägerin erneut zu tierschutzwidrigen Haltungsbedingungen kommen kann. Entgegen des klägerischen Vorbringens ist diese Maßnahme aus Tierschutzgesichtspunkten erforderlich. Zwar mag die Wiedergestattung der Haltung zumindest zweier Hunde ein milderes Mittel gegenüber der generellen Ablehnung der Heimtierhaltung darstellen, ist jedoch im Hinblick auf den Tierschutz nicht gleichermaßen effektiv. Die Wiedergestattung der Hundehaltung birgt das Risiko in sich, dass sich die Klägerin auch dieses Mal zur ordnungsgemäßen und tierschutzkonformen Haltung ungeeignet zeigt. Die auf konkreten Umständen beruhende behördliche Annahme, bei der Klägerin könnte ein Fall des sog. „Animal Hoardings“ vorliegen, verstärkt den Verdacht, dass es im Falle der Gestattung der Hundehaltung – wenn auch nur bezüglich zweier Tiere – zu einem Ankauf weiterer Tiere kommen wird, sodass die ohnehin auch mit wenigen Tieren voraussichtlich prekäre Tierhaltungssituation der Klägerin weiter verschärft und sich erneut in tierschutzwidrigen Haltungsbedingungen zuspitzen würde. Vor diesem Hintergrund ist die Ablehnung der Wiedergestattung der Haltung auch als angemessen einzustufen. Der in Art. 20a GG verankerte Tierschutz überwiegt persönliche Interessen der Klägerin.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens trägt.
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4. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung basiert auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V. m. § 708 Nr. 11 Zivilprozessordnung (ZPO).