Titel:
Rücknahme einer Zuwendung
Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1
BV Art. 118 Abs. 1
BayVwVfG Art. 48, Art. 49, Art. 49a
BayHO Art. 23, Art. 44
BayGO Art. 37, Art. 38
AGBGB Art. 71
Leitsätze:
1. Der Norm- und der mit ihm insoweit gleichzusetzende Richtliniengeber ist bei der Entscheidung darüber, welcher Personenkreis durch freiwillige finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden soll, weitgehend frei, wobei der Staat seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht willkürlich verteilen darf. Subventionen müssen sich vielmehr gemeinwohlbezogen rechtfertigen lassen, sollen sie vor dem Gleichheitssatz Bestand haben. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Förder- oder Zuschussrichtlinie darf nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
3. Vertrauensschutzwürdig ist grundsätzlich jeder Bürger, der sich mit guten Gründen auf die Rechte aus einer begünstigenden hoheitlichen Maßnahme verlassen durfte, insbesondere wenn deren Fehlerhaftigkeit nicht in seinem Verantwortungsbereich liegt, ihm nicht bekannt war und auch nicht bekannt sein musste. (Rn. 70) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Ausschlusstatbestände des Art. 48 Abs. 2 S. 3 BayVwVfG sind nicht abschließend, sodass daneben auch weitere Fälle, in denen ein Vertrauensschutz nicht zu gewähren ist, existieren. (Rn. 83) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zuwendungsrecht, Rücknahme mehrerer Zuwendungsbescheide, Rückforderung, Ungeschriebene Fördervoraussetzungen, Vertrauensschutz, Nachträgliches Entfallen des Vertrauensschutzes (verneint), Zuwendung, Rücknahme, Fördervoraussetzungen, Gleichbehandlung, Vertretungsbefugnis, Ermessen, Verwaltungspraxis, gerichtliche Überprüfbarkeit
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 25.04.2024 – 4 ZB 23.950
Fundstelle:
BeckRS 2023, 9314
Tenor
I. Der Bescheid der Beklagten, Az. … / …08.2019, vom 19. August 2019 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger, nach dem vorliegenden Auszug aus dem Vereinsregister ein eingetragener Verein mit Sitz in O. der schwerpunktmäßig Turn- und Tanzsportaktivitäten für Kinder und Jugendliche anbietet, wendet sich gegen einen Bescheid der Beklagten, mit dem diese jährliche Förderungen, die ihm nach den gemeindlichen Zuschussrichtlinien zur Förderung von O. Jugendlichen (Jugendförderzuschuss) gewährt worden waren, zurückgenommen und die verzinsliche Rückerstattung der ausbezahlten Zuwendungsbeträge verfügt hat.
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Der Kläger, stets vertreten durch Frau K. als seine erste Vorsitzende, beantragte seit 1998 jeweils im Januar eines jeden Jahres den sog. Jugendförderzuschuss unter Beifügung einer aktuellen Mitgliederliste der aktiven Kinder und Jugendlichen. Von 2003 bis 2018 erhielt der Kläger antragsgemäß jährlich einen Zuschuss in Höhe von 25.- bis 30.- EUR pro Mitglied, das zwischen drei und 17 Jahre alt war und seinen Hauptwohnsitz im Gemeindegebiet hatte, insgesamt Zuschüsse i.H.v. 28.938.- EUR. Bei der Bewilligung wurde in jedem Jahr so verfahren, dass jeweils auf Grundlage des klägerischen Antrags und der beigefügten Liste der angegebenen Vereinsmitglieder durch handschriftliches Abhaken der auf Richtigkeit geprüften Angaben von Name, Adresse und Geburtsdatum die Gesamtanzahl der Personen ermittelt wurde, für die ein Förderanspruch bestand, und diese entsprechend auf der Liste vermerkt wurde. Hierauf erfolgte dann jeweils die Auszahlungsanordnung seitens der Beklagten (vgl. exemplarisch für das Jahr 2017: Bl. 51-53 der Behördenakte).
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Im Januar 2019 leitete der erste Bürgermeister der Beklagten ein Prüfverfahren ein, in dessen Rahmen vom Kläger die Vorlage diverser Unterlagen verlangt und mit verschiedenen Personen, die für den Verein aktiv waren, gesprochen wurde. Mit Schreiben vom 24. Juli 2019 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass die Beklagte beabsichtige, die Bewilligungen der Zuschüsse seit 2003 zurückzunehmen und sämtliche ausgezahlte Zuschüsse zurückzufordern. Der Kläger erhielt Gelegenheit, sich innerhalb einer Frist von 14 Tagen ab Bekanntgabe des Schreibens zu äußern. Mit Schreiben eines bevollmächtigten Rechtsanwalts vom 31. Juli 2019 nahm dieser für den Kläger dahingehend Stellung, dass dieser seit dem Jahr 1996 ein eingetragener Verein sei, der zu jeder Zeit einen handlungsfähigen Vorstand und Vereinsmitglieder aufgewiesen und stets alle Fördervoraussetzungen erfüllt habe; die Mittel seien im Sinne der Zuschussrichtlinien für die Förderung der in der Gemeinde wohnhaften Jugendlichen verwendet worden sei. Die Mittelverwendung sei der Beklagten ordnungsgemäß nachgewiesen und nicht beanstandet worden. Des Weiteren habe die Beklagte vom Kläger bis zum Jahr 2017 nicht verlangt, dass dieser gemeinnützig im steuerrechtlichen Sinne sei, was der Kläger auch nie gegenüber der Beklagten behauptet habe. Als der Freistellungsbescheid des Finanzamts über die Gemeinnützigkeit seitens der Beklagten erstmalig im Jahr 2017 verlangt worden sei, habe der Kläger die entsprechende Satzungsanpassung umgesetzt und den Freistellungsbescheid vorgelegt.
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Mit Bescheid vom 19. August 2019 nahm die Beklagte die für den Zeitraum 2003 bis 2018 bewilligten Zuschüsse nach den gemeindlichen Zuschussrichtlinien mit Wirkung für die Vergangenheit zurück, setzte den zurückzuerstattenden Betrag für diesen Zeitraum auf 28.938.- EUR fest und ordnete die Erstattung dieses Betrags bis spätestens 27. September 2019 sowie eine jährliche Verzinsung mit drei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 28. September 2019 an. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Bewilligungen der Zuschüsse seien zum Zeitpunkt des Erlasses rechtswidrig erfolgt, da der Kläger bereits im Jahr 2003 die Voraussetzungen für die Bezuschussung des Klägers nach den maßgeblichen Zuschussrichtlinien nicht erfüllt habe. Denn nach den Zuschussrichtlinien von 2002 und 2004 sei nur ein im Gemeindegebiet ansässiger Verein bzw. eine Jugendorganisation mit gemeinnützigem Vereinszweck förderfähig, wobei die Gemeinnützigkeit in den Zuschussrichtlinien von 2009 und 2014 dann nicht mehr verlangt wurde. Jedenfalls habe es sich bei dem Kläger seit seiner Gründung im Jahr 1996 nie um einen Verein gehandelt, da dieser nie wirksam aufgenommene Mitglieder, keinen aktuell gewählten Vorstand sowie keine weiteren satzungsmäßig erforderlichen Organe (insbesondere zweiter Vorstand, Kassier, Mitgliederversammlung) aufgewiesen habe; es handele sich vielmehr um ein privates Unternehmen, das von Frau K. … alleine geführt werde. Der Kläger könne sich auch nicht auf schützenswertes Vertrauen berufen, da er die Bewilligungen jeweils durch unrichtige Angaben bei der Antragstellung und arglistige Täuschung erwirkt habe. Denn er habe bei der Antragstellung fälschlich angegeben, es handele sich um einen zuschussfähigen Verein im Sinne der Zuschussrichtlinie; ferner habe der Kläger im Förderverfahren sowie gegenüber anderen amtlichen Stellen fingierte Unterlagen, darunter Einladungen zu Mitgliederversammlungen, Protokolle und Unterschriftenlisten unter missbräuchlicher Verwendung persönlicher Daten, vorgelegt. Die Rücknahme der Bewilligung für die Vergangenheit sei verhältnismäßig, da der legitime Zweck, lediglich förderfähige Vereins- und Jugendarbeit zu bezuschussen und die gemeindlichen Haushaltsmittel nicht durch Bezuschussung nicht förderfähiger Antragsteller zu belasten, nicht durch mildere, gleich geeignete Mittel zu erreichen sei. Bei der Ermessensausübung habe die Beklagte eine Abwägung der verschiedenen Aspekte vorgenommen und dabei zu Lasten des Klägers berücksichtigt, dass von Anfang an und über den langen Zeitraum von 15 Jahren unrichtige Angaben gemacht wurden und die erste Vorsitzende trotz entsprechender Nachweise nach wie vor bestreite, dass sie die vorgelegten Unterlagen fingiert habe.
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Mit Schriftsatz seines (früheren) Bevollmächtigten vom 20. September 2019, bei Gericht am selben Tag eingegangen, ließ der Kläger Klage erheben und beantragt,
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den Bescheid vom 19. August 2019 aufzuheben.
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Zur Begründung wird im Schriftsatz vom 5. November 2019 vorgetragen, der Rücknahmebescheid sei rechtswidrig, da der Kläger zu jedem Zeitpunkt zwischen 2003 und 2018 sämtliche Voraussetzungen für eine Förderung nach den gemeindlichen Zuschussrichtlinien erfüllt habe. Diese verlangten nämlich lediglich einen im Gemeindegebiet ansässigen Verein, Jugendorganisation oder sonstige Gruppierung bzw. in den Fassungen der Zuschussrichtlinien aus den Jahren 2002 und 2004 zusätzlich die materielle Gemeinnützigkeit. Insbesondere erkenne die Beklagte dem Kläger irrig seine Vereinseigenschaft und die Gemeinnützigkeit ab: dies sei sachlich unrichtig, da der Verein zu jedem Zeitpunkt in den Jahren 2003 bis 2018 als rechtsfähiger Verein bestanden habe und durch seine Organe handlungsfähig gewesen sei. Dies gelte umso mehr, als die Beklagte dabei lediglich etwaige geringfügige Nachlässigkeiten in vereinsinternen Angelegenheiten heranziehe. Mit Blick auf die Organisation eines durchschnittlichen ländlichen Sportvereins liege der Schwerpunkt üblicherweise nicht in verwaltungstechnischen Feinheiten, sondern der Förderung des Vereinslebens und Vereinszwecks. Dies belege auch die im Rahmen des Anhörungsverfahrens vorgelegte Stellungnahme des auf Vereinsrecht spezialisierten Rechtsanwalts. Das Vereinsleben sei zudem durch Videos und Bilder von zahlreichen Veranstaltungen auf den Internetseiten des Klägers dokumentiert. Der Kläger verfüge ferner über Vereinsorgane und treffe seine Entscheidungen durch Beschlüsse der Mitglieder im Rahmen regelmäßig stattfindender Mitgliederversammlungen. Die erste Vorsitzende sei seit der Erstwahl im Jahr 1996 im Amt; von einer Neuwahl sei wegen Zufriedenheit mit ihrer Tätigkeit bisher abgesehen worden. Der Kläger habe seit dem Jahr 2003 regelmäßig ca. 50-60 Mitglieder, davon jeweils ca. zehn Personen über 16 Jahre, die nach der Vereinssatzung stimmberechtigt seien. Jedes Mitglied sei über einen schriftlichen Antrag in das … Kinderzentrum aufgenommen worden, das als Dachverband fungiere. Das Zentrum umfasse eine Kinderkrippe und Kinderturngruppe und werde von der ersten Vorsitzenden des Klägers geleitet. Die kleinen Kinder nähmen zunächst am Turnangebot im Kinderzentrum teil. Sobald die Kinder dann ein gewisses Alter erreichten, um an Wettkämpfen und Trainings in der Turnhalle teilzunehmen, würden diese zusätzlich Mitglied beim Kläger, der die Halle des Zweckverbands Grund- und Mittelschule O. nutze. Es bestünden demnach zwei getrennte Mitgliedschaften. Zwar würden für die Aufnahme in den Kläger keine gesonderten Aufnahmeanträge oder -bestätigungen erstellt, aber die Mitglieder bzw. deren Eltern wüssten über die getrennte Mitgliedschaft Bescheid und zahlten auch getrennte Beiträge für die jeweilige Mitgliedschaft beim Kläger (25.- bis 30.- EUR pro Jahr) bzw. beim … Kinderturnen (je nach Alter und Geschwisterkindrabatt 38.- bzw. 55.- EUR pro Monat). Die Mitgliederversammlungen, die zwei- bis viermal pro Jahr stattfänden, seien von der ersten Vorsitzenden als juristischer Laiin teilweise begrifflich als „Elternabend“ oder „Teamsitzung“ bezeichnet worden. Zu diesen Versammlungen seien die Mitglieder mit Handzetteln bzw. später dann über einen Aushang, der in der WhatsApp-Gruppe der jeweiligen Mannschaft herumgeschickt wurde, eingeladen und Teilnehmerlisten sowie Protokolle erstellt worden. Zu den Vorwürfen der fingierten, nachträglich erstellen Vereinsunterlagen wird vorgetragen, dass sämtliche vorgelegte Protokolle korrekt seien; nur dasjenige vom 13. Dezember 2017 sei infolge des seitens des ersten Bürgermeisters ausgeübten Drucks nachträglich erstellt worden, um die zuvor im Wege eines Art Umlaufverfahrens zustande gekommenen Beschlüsse formgerecht zu dokumentieren. Das nachträgliche Erstellen von Vereinsprotokollen und Anwesenheitslisten erfülle auch nicht den Tatbestand einer Urkundenfälschung, da weder eine unechte Urkunde hergestellt noch eine echte Urkunde verfälscht worden sei; sog. schriftliche Lügen seien von § 267 StGB nicht erfasst. Weiterhin habe der Kläger mit seinem Turn- und Tanzsportangebot stets den leistungsorientierten Breitensport gefördert und damit ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke gemäß § 2 und 3 der Vereinssatzung; für die förmliche Anerkennung der Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt, die für die weitere Nutzung der Schulturnhalle verlangt worden sei, sei lediglich eine geringfügige Anpassung des Satzungswortlauts erforderlich gewesen. Es handele sich somit um keine rein wirtschaftliche Zielsetzung eines durch Frau K. geführten privaten Unternehmens. Diese habe sich das in der Buchhaltung angegebene „fiktive“ Gehalt auch nie tatsächlich ausgezahlt. Die erste Vorsitzende habe über den Kläger auch keine verdeckten Gewinne erzielt, Mittel privat entnommen oder Zuschüsse des Beklagten zweckentfremdet. Sie erwirtschafte lediglich mit dem Kinderzentrum steuerbare Einkünfte, die ordnungsgemäß versteuert worden seien. Vielmehr schieße das Kinderzentrum dem Kläger regelmäßig Beträge zu und auch Frau K. habe über viele Jahre hinweg regelmäßig mit privaten Mitteln Ausgaben beglichen, da mit den jährlichen Mitgliedsbeiträgen des Klägers nicht alle Kosten (insbesondere Trainergehälter, Wettkampfgebühren, Verbandsbeiträge) gedeckt werden könnten.
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Die Rücknahme der Zuschüsse der letzten 15 Jahre stelle sich als Teil einer gegen den Kläger gerichteten Schädigungsstrategie des Bürgermeisters der Beklagten, unterstützt von einer ehemaligen Trainerin des Klägers sowie eines Trainers des konkurrierenden Sportvereins O. e.V. (...) dar; mutmaßliches Ziel sei die Auflösung des Klägers, um dessen Mitglieder und Trainer für den … zu gewinnen und damit die Fördermittel auf den Konkurrenzverein umzulenken. Denn der erste Bürgermeister beabsichtige, eine neue Sporthalle zu errichten, die durch den …, bei dem er – sowie auch sein Vater – seit Jahrzehnten Mitglied sei, oder durch einen neu zu gründenden Sportverein, dessen zweiten Vorsitz er selbst bekleiden wolle, genutzt werden solle. Um den Bedarf für eine solche Halle zu untermauern, werbe er die Mitglieder des Klägers ab und versuche die Auflösung des Klägers mit verschiedensten Mitteln herbeizuführen. So habe er veranlasst, dass der Zweckverband Grund- und Mittelschule O. grundlos den Nutzungsvertrag mit dem Kläger über die gemeindliche Turnhalle gekündigt habe. Darüber hinaus verbreite er wahrheitswidrige Behauptungen über den Kläger und dessen erste Vorsitzende und habe unbefugterweise persönliche Unterlagen Dritten vorgelegt.
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Die Zuschüsse der Beklagten habe der Kläger demnach nach bestem Wissen und Gewissen beantragt und dabei weder unrichtige Angaben gemacht noch die Beklagte getäuscht; die erste Vorsitzende sei in Kenntnis der Vereinseigenschaft des Klägers und dessen gemeinnützigen Zwecks stets von der Förderfähigkeit nach den streitgegenständlichen gemeindlichen Zuschussrichtlinien ausgegangen. Der Rücknahme der Zuschüsse stehe daher auch das schutzwürdige Vertrauen des Klägers entgegen
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Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 9. Oktober 2019 beantragt die Beklagte
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In der Klageerwiderung vom 31. Oktober 2022 stellt sie unter Einbeziehung ihrer Schriftsätze aus dem Eilverfahren M 7 E 19.5233 und dem Beschwerdeverfahren 4 CE 19.2440 zunächst die Beteiligten- und Prozessführungsbefugnis des Klägers in Abrede. Weiterhin verteidigt sie den streitbefangenen Bescheid und verweist insbesondere darauf, dass der Kläger nach der relevanten Zuwendungsrichtlinie nicht förderberechtigt gewesen sei. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass der Kläger unter Vorspiegelung falscher Tatsachen über Jahre hinweg angegeben habe, ein förderberechtigter Verein zu sein, obwohl er in Wirklichkeit als ein privates Unternehmen anzusehen sei. Es existierten keine Unterlagen, aus denen sich das Vorhandensein von wirksam aufgenommenen Vereinsmitgliedern ergebe. Die Überprüfung durch die Beklagte habe ergeben, dass verschiedenen Personen, die seitens Frau K. als „Mitglieder“ bezeichnet würden, eine solche Mitgliedschaft nicht bekannt sei; die vorgelegten Einladungen an die bezeichneten „Mitglieder“ seien über Jahre nicht versandt worden und die Einträge und Unterschriften auf den gegenüber der Beklagte vorgelegten Protokollen, Anwesenheitslisten und Mitgliederversammlungen seien nachweislich fingiert worden. Die Fälschung von Unterlagen und deren Vorlage bei der Beklagten habe Frau K. im Rahmen des Ermittlungsverfahrens der StA München II bereits eingeräumt. Folglich seien etwa Satzungsänderungen wie diejenige vom 16. Juli 2015 hinsichtlich der Gemeinnützigkeit unwirksam. Auch habe das VG München in seinem Beschluss vom 14. November 2019 mit präjudizieller Wirkung ausgeführt, dass Dokumente im Nachhinein erstellt bzw. zusammengefügt und bewusst in Zusammenhang mit einem Antrag auf Gewährung von Zuschüssen der Beklagten und jedenfalls teilweise wohl auch dem Registergericht vorgelegt worden seien und das Ergebnis wiederum dem Finanzamt übermittelt worden sei (VG München, B.v. 14.11.2019 – M 7 E 19.5233 – juris Rn. 42). Der BayVGH habe die Beschwerde des Klägers als unbegründet abgewiesen und mit präjudizieller Wirkung ausgeführt, dass der Kläger im Zusammenhang mit dem Antrag auf (Weiter-)Gewährung öffentlicher Zuschüsse bewusst Dokumente mit unrichtigem bzw. manipulierten Inhalt vorgelegt habe (BayVGH, B.v. 14.2.2020 – 4 CE 19.2440 – juris Rn. 47). Ferner existierten Blanko-Bestätigungsformulare zur Vorlage beim zuständigen Finanzamt, die belegten, dass Kunden des Kinderzentrums monatliche Beträge in der exakten Höhe der vermeintlichen Mitgliedsbeiträge an den Kläger von monatlich 55.- EUR bzw. 660.- EUR pro Jahr an das private Unternehmen … Kinderzentrum bezahlten. Die Überprüfung habe zudem ergeben, dass vorgelegte Kassenberichte und Abrechnungen nicht korrekt seien, denn die Einnahmen seien nicht vollständig angegeben worden (Fehlen von Mitgliedsbeiträgen sowie des Zuschusses der Bekl. zur Jubiläumsgala i.H.v. 250.- EUR). Auch die Kosten für die Trainer seien nicht erfasst; diese würden zum überwiegenden Teil nicht aus Mitteln des Klägers, sondern aus eigenen Mitteln von Frau K. des Kinderzentrums gezahlt. Durch diese wahrheitswidrigen Erklärungen, es handle sich um einen eingetragenen und gemeinnützigen Verein, habe das von Frau K. geführte private Unternehmen im Zeitraum 2003 bis 2018 rechtswidrig Zuschüsse nach den Richtlinien der Beklagten erhalten. Aufgrund der unrichtigen Angaben sei das Vertrauen auf das Behaltendürfen der Zuschüsse nicht schutzwürdig.
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Mit weiterem Schriftsatz vom 28. Februar 2023 tragen die Beklagtenbevollmächtigten ergänzend vor, dass der ersten Vorsitzenden des Klägers ausweislich ihrer Stellungnahme an den Gemeinderat der Beklagten vom 11. September 2003 bekannt gewesen sei, dass Zuschüsse nur an Vereine, nicht aber an gewerbliche Einrichtungen gezahlt würden, und dass die Eigenständigkeit des Klägers gegenüber dem Kinderzentrum Voraussetzung für die Förderfähigkeit sei. Die von ihr in diesem Schreiben benannten „fließenden Grenzen“ zwischen beiden Einrichtungen seien indes überschritten worden, da – anders als von ihr angegeben – die Mitgliedsbeiträge des Klägers an die Verbände „Deutscher Turner-Bund e.V.“ (DTB) und Bayerischer Landes-Sportverband e.V. (BLSV) ausweislich der 2019 im nachträglichen Prüfverfahren vorgelegten Unterlagen nicht vom Kläger, sondern vom Kinderzentrum beglichen worden seien (Bl. 243 bzw. 278 der Behördenakte). Darüber hinaus ergäbe sich die fehlende Eigenständigkeit des Klägers auch daraus, dass das Unternehmen … im Rahmen eines Werbeprospekts auf das Angebot „Leistungsturnen im TSC O.“ hinweise.
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Mit Schriftsatz vom 6. März 2023 machen die Klägerbevollmächtigten die Verjährung der Rückforderungsansprüche geltend. Weiterhin wird die Wirksamkeit der anwaltlichen Bevollmächtigung durch die Beklagte bestritten und deren Unwirksamkeit gerügt, ausgehend von der Überlegung, dass angesichts des hohen Aufwands, den die Beklagtenbevollmächtigten bereits im Vorgriff auf den Erlass des streitgegenständlichen Rückforderungsbescheids betrieben hätten und der angesichts der Stundensätze der Beklagtenbevollmächtigten offensichtlich außer Verhältnis zum Rückforderungsbetrag stehe, nicht von einer wirksamen Beauftragung der Klägerbevollmächtigten auszugehen sei. Ferner verweisen die Klägerbevollmächtigten hilfsweise darauf, dass nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der gemeindlichen Zuschussrichtlinien nicht nur Vereine, sondern auch „Jugendorganisationen oder sonstige Gruppierungen“ bezuschusst werden können. Außerdem lasse sich dem Schreiben der ersten Vorsitzenden vom 11. September 2003 gerade die Eigenständigkeit der beiden Einrichtungen TSC und … Kinderzentrum entnehmen sowie die Klarstellung, dass für die Kinder, die lediglich Mitglied im Kinderzentrum sind, keine Zuschüsse beantragt worden seien. Der Umstand, dass Mitgliedsbeiträge des Klägers an den DTB und BLSV durch das Kinderzentrum – oder auch durch Frau K. persönlich mit privaten Mitteln – beglichen worden seien, ändere an der Eigenständigkeit beider Einrichtungen nichts – dies sei jeweils als Spende zu sehen.
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Mit Schriftsatz vom 17. März 2023 weisen die Beklagtenbevollmächtigten darauf hin, dass der Kläger ausweislich seines Kassenberichts des Jahres 2017 (Bl. 262 der Behördenakte) seine Mitgliedsbeiträge an den DTB und den BLSV nicht selbst entrichtet habe. Vielmehr seien diese ausweislich der Kontoaufstellung des Kinderzentrums (Bl. 186 der Behördenakte) von diesem beglichen worden. Damit sei die Aussage der ersten Vorsitzenden aus der Stellungnahme vom 11. September 2003 widerlegt, in der sie erklärt hatte, dass der Kläger ein „eingetragener, eigenständiger Verein [sei], der auch seine Mitgliedsbeiträge ordnungsgemäß an den DTB als auch BLSV entrichtet“. Außerdem sei dem Kassenbericht zu entnehmen, dass dieser ein positives Saldo i.H.v. 2.274,73 EUR aufweise, womit auch die Aussage widerlegt sei, dass die Mittel des Klägers nicht für die Begleichung der Mitgliedsbeiträge ausgereicht hätten. Des Weiteren weise der Kassenbericht auch keinerlei Spenden seitens des Kinderzentrums und Frau K. persönlich aus. Ferner wird darauf hingewiesen, dass sich aus der Kontoaufstellung des Kinderzentrums ergebe, dass die für den Kläger geleisteten Zahlungen fälschlich unter „sonstige Abgaben“ verbucht worden, was mit Blick auf § 4 Abs. 4 EStG i.V.m. § 12 Nr. 1 EStG bei Personengesellschaften und Einzelunternehmern unzulässig sei; richtigerweise hätten Spenden als Entnahmen verbucht werden müssen. Schließlich wird zur Einrede der Verjährung ausgeführt, die Beklagte habe ausweislich der Behördenakte erst im Mai 2019 von den Täuschungen des Klägers erlangt und bereits im August desselben Jahres die Leistungen zurückgefordert.
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Schließlich rügen die Klägerbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 21. März 2023 die Präklusion des Vorbringens der Beklagtenbevollmächtigten vom 17. März 2023 mit Blick auf die gerichtliche Fristsetzung sowie die Verwertbarkeit von privaten Steuerunterlagen des Kinderzentrums. Darüber hinaus fehle es bereits an konkretem Vortrag zur fehlenden Förderfähigkeit des Klägers sowie zur Ursächlichkeit der angeblich falschen Angaben für die jeweilige Bewilligung der Zuschüsse. Letztlich sei der Vortrag der Beklagten auch insoweit widersprüchlich, als sie den Rücknahmebescheid nicht an den Kläger hätte adressieren dürfen, wenn sie selbst von seiner fehlenden Existenz ausging, sondern an dessen vermeintlichen Rechtsnachfolger bzw. das Kinderzentrum oder Frau K.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der vorgelegten Behördenakte, der beigezogenen Akten sowie der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die auf Aufhebung des Bescheids vom 19. August 2019 gerichtete Anfechtungsklage ist zulässig und begründet.
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I. Die Klage ist zulässig. Der Kläger ist als eingetragener Verein beteiligungsfähig und – vertreten durch die erste Vorsitzende – auch prozessfähig gemäß §§ 61 Nr. 1, 62 Abs. 3 Alt. 1 VwGO.
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Ausweislich des vorliegenden Auszugs aus dem Vereinsregister des Amtsgerichts München (Abruf vom 21.3.2023, 11:10 Uhr) besteht der Kläger als eingetragener Verein und wird einzeln durch jedes Vorstandsmitglied vertreten; Frau … K.-… ist seit dem Jahr 1997 als Vorstand eingetragen. Gemäß § 8 der Satzung des Klägers können erster wie auch zweiter Vorsitzender des Vorstands den Verein gerichtlich wie außergerichtlich vertreten. Anknüpfend an die Eintragung im Vereinsregister als staatlichen Hoheitsakt gemäß § 21 BGB stehen mit ihr die Existenz und Rechtsfähigkeit des Vereins bindend gegenüber jedermann fest; die einmal erfolgte Eintragung ist auch dann wirksam, wenn wesentliche Voraussetzungen der Eintragung nicht vorliegen (Geißler in: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BeckOGK BGB, Stand 1.3.2023, § 64 Rn. 11f.; BGH, U.v 11.11.1982 – I ZR 126/80 – NJW 1983, 993 m.w.N.). Etwaige Verstöße gegen Satzungsbestimmungen und gesetzliches Vereinsrecht bei der Vereinsführung (vgl. dazu nachfolgend unter 2.1.3) stellen die rechtliche Existenz des Vereins und damit seine Rechtsfähigkeit mithin nicht in Frage.
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II. Die klägerische Rüge, der erste Bürgermeister habe die Beklagtenbevollmächtigten rechtswidrig und in der Folge unwirksam beauftragt, greift nicht durch. Die von ihren Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind wirksam erfolgt und der Beklagten zuzurechnen.
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Es liegt eine vom ersten Bürgermeister der Beklagten unterzeichnete und auf die Kanzlei … lautende Vollmacht vom 22. August 2019 vor, die u.a. zu allen gerichtlichen Prozesshandlungen ermächtigt (vgl. Anlage B1 zum Schriftsatz vom 9.10.2019). Die Wirksamkeit einer solchen Prozessvollmacht im Außenverhältnis ist von dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis unabhängig; etwaige Mängel im Innenverhältnis schlagen damit grundsätzlich nicht auf die Wirksamkeit der Prozessvollmacht durch (vgl. BGH, U.v. 14.5.2009 – IX ZW 60/08 – juris Rn. 8; Schenk in: Schoch/Schneider, 43. EL August 2022, VwGO, § 67 Rn. 88). Ob sich mit Blick auf die besondere Regelung des bayerischen Landesrechts in Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GO, wonach der Umfang der Vertretungsmacht des ersten Bürgermeisters nach außen auf seine Befugnisse beschränkt ist, Auswirkungen auf die Wirksamkeit der von ihm am 22. August 2019 erteilten Prozessvollmacht ergeben können (so tendenziell VG München, U.v. 12.5.2021 – M 31 K 15.2119 – juris Rn. 22 unter Verweis auf Wernsmann/Neudenberger in: Dietlein/Suerbaum, BeckOK KommunalR Bayern, 17. Ed. 1.2.2023, GO Art. 38 Rn. 4; ablehnend Wachsmuth in: Praxis der Kommunalverwaltung, Art. 38 GO Nr. 2.4), kann hier aufgrund der nachfolgenden Erwägungen offen bleiben:
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Der erste Bürgermeister einer Gemeinde ist zur Führung eines Passivprozesses als laufende Angelegenheit nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO regelmäßig befugt und organschaftlich zuständig, da die Einlassung auf gegen sie gerichtete Klagen auch bei kleineren Gemeinden im Allgemeinen nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist und – anders als bei der Führung eines Aktivprozesses, bei dem mit der Entscheidung für eine Klageerhebung ein Kostenrisiko eingegangen wird – das Kostenrisiko der Beklagtenpartei ipso iure besteht (vgl. Wernsmann/Kriegl in: Dietlein/Suerbaum, BeckOK KommunalR Bayern, 17. Ed. 1.2.2023, GO Art. 37 Rn. 7 f.; BayVGH, U.v. 5.11.1987 – 23 C 87.03026 – FSt. Bayern 1988, Nr. 183). Ob dabei auch die Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts in die eigene Zuständigkeit des Bürgermeisters fällt, wird teilweise vom Vorliegen einer Deckungszusage einer Rechtsschutzversicherung abhängig gemacht bzw. einer solchen jedenfalls Indizwirkung beigemessen (BayVGH aaO; Wernsmann/Kriegl aaO). Auch wenn auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung den Beklagtenvertretern nicht geklärt werden konnte, ob eine solche Versicherung vorhanden ist und für den vorliegenden Fall eine Deckungszusage existiert, so steht dies einer wirksamen Beauftragung und Bevollmächtigung hier gleichwohl nicht entgegen. Denn auch wenn von den Klägerbevollmächtigten vorgetragen wurde, dass angesichts der umfangreichen Ermittlungen seitens der Kanzlei … die entstandenen Rechtsanwaltskosten von insgesamt rund 100.000.- EUR außer Verhältnis zum streitgegenständlichen Rückforderungsbetrag stünden und damit die Beauftragung der Beklagtenbevollmächtigten eine erhebliche Verpflichtung der Beklagten erwarten ließe, so kommt es für die Frage der wirksamen Bevollmächtigung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO ausschließlich auf die im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens angefallenen Rechtsanwaltskosten für die Tätigkeit als Prozessbevollmächtigte an. Insoweit ist allerdings weder vorgetragen noch ersichtlich, dass und aus welchem Grund gerade die Kosten der anwaltlichen Vertretung der Beklagten in der vorliegenden Verwaltungsstreitsache in besonderem Maße oder gar unverhältnismäßig hoch sein sollen. Sonach bestehen keine durchgreifenden (kommunal-)rechtlichen Bedenken gegen eine wirksame Beauftragung der Beklagtenbevollmächtigten durch den ersten Bürgermeister nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO für den hier inmitten stehenden Verwaltungsrechtsstreit.
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Jedenfalls konnte der erste Bürgermeister – unabhängig vom Vorstehenden – die Beklagte mangels prozessrechtlichen Vertretungszwangs (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO) in eigener Zuständigkeit gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GO und § 67 Abs. 1 i.V.m. § 62 Abs. 3 Alt. 2 VwGO vor dem Verwaltungsgericht wirksam vertreten. Hierbei hat er sich die Prozesshandlungen und -erklärungen der von ihm beauftragten Prozessbevollmächtigten – selbst im Falle einer unwirksamen Beauftragung und Bevollmächtigung – jedenfalls zu Eigen gemacht. Insoweit sind die in der Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe zur Zurechnung der Tätigkeit eines anwaltlichen (Unter-)Vertreters übertragbar. Danach besteht eine Vermutung dafür, dass sich ein anwaltlicher Vertreter den Inhalt einer von dritter Seite herrührenden Stellungnahme zu Eigen gemacht und hierfür die Verantwortung übernommen hat, wenn sich ein entsprechendes Handeln für das Gericht aus den Umständen hinreichend deutlich ergibt (vgl. aktuell z.B. BGH, U.v. 20.12.2022 – VI ZR 279/21 – BeckRS 2022, 42730). Der erste Bürgermeister der Beklagten war über die gesamte Dauer der mündlichen Verhandlung anwesend, ließ sich mit Wortmeldungen aktiv zur Sache ein und stimmte den Ausführungen des Prozessbevollmächtigten uneingeschränkt zu. Somit hat er sich sowohl dessen Vortrag in der mündlichen Verhandlung als insbesondere auch dessen schriftsätzliche Äußerungen offenkundig und für das Gericht auch zweifelsfrei für die Beklagte zu Eigen gemacht.
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Auf Inhalt, Bedeutung und Wirksamkeit des Gemeinderatsbeschlusses vom 20. März 2023 kommt es daher von Rechts wegen nicht an. Aus diesem Grund waren die in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträge der Klägerbevollmächtigten auf Gewährung einer Schriftsatzfrist zur Stellungnahme zu dem erst in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Gemeinderatsbeschluss sowie auf Einvernahme des Gemeinderatmitglieds Dr. … als präsenten Zeugen gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 283 Satz 1 ZPO und § 86 Abs. 2 VwGO abzulehnen.
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III. Der Bescheid der Beklagten vom 19. August 2019 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die Durchsetzung des unter Nr. II und III des streitbefangenen Bescheids verfügten und betraglich festgesetzten Erstattungsanspruchs nach Art. 49a Abs. 1 BayVwVfG würde zwar nicht bereits – wie vom Kläger vorgetragen – an Verjährung scheitern; auch stünde Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG einer Rücknahme vorliegend nicht entgegen (1.). Jedoch hat die Beklagte einen solchen Erstattungsanspruch nicht inne, da sich die zugrundeliegende Rücknahme der Zuwendungsbewilligungen in Nr. I des Bescheids vom 19. August 2019 als rechtswidrig erweist. Der streitbefangene Bescheid wurde mit Art. 48 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BayVwVfG bereits nicht auf die richtige Rechtsgrundlage gestützt. Denn nach dem Vortrag der Beklagten steht nicht zur gerichtlichen Überzeugung fest, dass die Zuwendungsbewilligungen aus den Jahren 2003 bis 2018 – ausgehend vom Zeitpunkt ihres Erlasses – rechtswidrig waren. Selbst bei unterstellter Rechtswidrigkeit der Zuwendungsbewilligungen steht der Rücknahme entgegen, dass der Kläger gemäß Art. 48 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 und 2 BayVwVfG in schutzwürdiger Weise auf den Bestand dieser Verwaltungsakte, die jeweils eine einmalige Geldleistung gewährten, vertrauen durfte (2.). Die auf der Annahme des Vertrauensausschlusses nach Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayVwVfG beruhende Ermessensbetätigung der Beklagten erweist sich als fehlerhaft; auch ein ungeschriebener Ausschlusstatbestand des Vertrauensschutzes liegt nicht vor, § 114 VwGO (3.). Die rechtsfehlerhaft auf Art. 48 BayVwVfG gestützte Aufhebungsentscheidung kann auch nicht nach Art. 49 BayVwVfG aufrechterhalten werden, da für das Vorliegen der Widerrufsvoraussetzungen nichts ersichtlich ist (4.; vgl. dazu BayVGH U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 22; Sachs in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2022, § 48 Rn. 50).
28
1. Der Rücknahme und Erstattung stünden weder Verjährung noch Erlöschen entgegen.
29
Zunächst sind nur Ansprüche, also das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen, verjährbar, nicht jedoch öffentlich-rechtliche Befugnisse. Die Rücknahmebefugnis als Gestaltungsrecht der Verwaltung – und darauf basierend der Rücknahmebescheid als rechtsgestaltender Verwaltungsakt – unterliegen daher keiner Verjährung; eine (analoge) Anwendung von Verjährungsrecht kommt nicht in Betracht (vgl. z.B. Schoch in: Schoch/Schneider, 3. EL August 2022, VwVfG § 48 Rn. 268).
30
Die Rechtmäßigkeit der Rücknahme richtet sich in zeitlicher Hinsicht nach Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG. Danach ist die Rücknahme – außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1 – nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme von den Tatsachen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts rechtfertigen, zulässig. Nach ständiger Rechtsprechung erlangt eine Behörde vollständige Kenntnis regelmäßig erst mit Anhörung des Betroffenen (vgl. aktuell z.B. BayVGH, B.v. 14.9.2021 – 6 ZB 21.1259 – juris Rn. 17). Vorliegend hat die Beklagte erst im Zuge der im Jahr 2019 erhaltenen Hinweise und der darauffolgenden Prüfung nach Anhörung des Klägers (Schreiben der Beklagten vom 24.7.2019) umfassend von den Tatsachen erfahren, auf die sie ihre Rücknahme im streitgegenständlichen Bescheid vom 19. August 2019 gestützt hat. Damit hat die Beklagte die Frist des Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG ohne Weiteres gewahrt.
31
Auch wäre der Erstattungsanspruch nicht nach Art. 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 AGBGB erloschen. Die Vorschrift setzt voraus, dass der Anspruch entstanden ist, was hier erst mit Erlass des Rücknahme- und Erstattungsbescheids vom 19. August 2019 der Fall war. Vorher bildeten die bestandskräftigen Bewilligungen der Jahre 2003 mit 2018 jeweils den Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Zuschüsse. Die Erlöschensfrist konnte deshalb bei Erlass des streitbefangenen Bescheids mangels vorheriger Entstehung und Durchsetzbarkeit des Erstattungsanspruchs noch nicht verstrichen sein, auch wenn die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit verfügt worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 15.3.2017 – 10 C 1.16 – juris Rn. 17 f.; BayVGH, B.v. 14.9.2021 – 6 ZB 21.1259 – juris Rn. 22; VG München, U.v. 7.4.2021 – M 31 K 20.4046 – juris Rn. 40).
32
2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme nach Art. 48 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG liegen indes nicht vor.
33
Nach Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt auch nach Unanfechtbarkeit ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Sofern es sich – wie hier – um begünstigende Verwaltungsakte handelt, ist bei der Rücknahme die Vertrauensschutzregelung des Art. 48 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 48 Abs. 2 bis 4 BayVwVfG zu berücksichtigen. Ein Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, wenn der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit den öffentlichen Interessen an einer Rücknahme schutzwürdig ist (Art. 48 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG). Das Vertrauen ist dabei in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht und eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (Art. 48 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG). Auf Vertrauen kann sich der Betroffene nicht berufen, wenn die Voraussetzungen des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 BayVwVfG vorliegen, insbesondere wenn der begünstigte Verwaltungsakt durch im Wesentlichen unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkt wurde (Nr. 2) oder der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Nr. 3). In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen (Art. 48 Abs. 2 Satz 4 BayVwVfG).
34
2.1 Die Zuschussbewilligungen der Beklagten aus den Jahren 2003 mit 2018 sind rechtmäßig erfolgt. Der Kläger hatte im Zeitraum 2003 bis 2018 einen Anspruch auf jährliche Gewährung des Jugendförderzuschusses in der jeweiligen Höhe, der sich aus der Anzahl der an die Beklagte gemeldeten Mitglieder des Klägers mit Hauptwohnsitz im Gemeindebereich vom vollendeten vierten bis zum vollendeten 18. Lebensjahr multipliziert mit dem jeweils gültigen Zuschussbetrag (2001-2008: 25.- EUR, 2009-2013: 30.- EUR, ab 2014: 35.- EUR) errechnet und insgesamt 28.938.- EUR betrug. Denn der Kläger erfüllte die geschriebenen Fördervoraussetzungen der gemeindlichen Zuschussrichtlinien. Eine Verwaltungspraxis, nach der weitere ungeschriebene Anforderungen für eine Förderung vorausgesetzt wurden, steht auch nach dem Vortrag der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zur gerichtlichen Überzeugung nicht ausreichend nachvollziehbar fest.
35
2.1.1 Nicht zu beanstanden ist zunächst, dass die jeweiligen Bewilligungen des jährlichen Jugendförderzuschusses nicht in Form von schriftlichen Bewilligungsbescheiden ergingen, sondern auf Grundlage des jeweiligen Antrags nebst beigefügter Mitgliederliste zunächst eine Prüfung auf Richtigkeit erfolgte, die handschriftlich von der zuständigen Sachbearbeiterin der Beklagten auf dem Antrag dokumentiert wurde, und auf deren Grundlage sodann eine Auszahlungsanordnung verfügt wurde. Gemäß Art. 37 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG kann ein Verwaltungsakt auch in anderer Weise als schriftlich, elektronisch oder mündlich erlassen werden. Es ist daher anerkannt, dass Verwaltungsakte auch in der Form konkludenten Handelns erlassen werden können, etwa – wie hier – durch Auszahlung eines beantragten Geldbetrages (Tiedemann in: Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, 58. Ed. 1.1.2023, § 37 Rn. 34).
36
2.1.2 Eine Rechtsnorm, die einen Anspruch des Klägers auf Bewilligung der beantragten Zuwendung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinie im billigen Ermessen der Behörde unter Beachtung des Haushaltsrechts (Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis.
37
Der Norm- und der mit ihm insoweit gleichzusetzende Richtliniengeber (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 10 C 1/17 – juris Rn. 18; U.v. 24.4.1987 – 7 C 24.85 – juris Rn. 12) ist zunächst bei der Entscheidung darüber, welcher Personenkreis durch freiwillige finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden soll, weitgehend frei. Zwar darf der Staat seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht willkürlich verteilen. Subventionen müssen sich vielmehr gemeinwohlbezogen rechtfertigen lassen, sollen sie vor dem Gleichheitssatz Bestand haben. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen jedoch dem Norm- und Richtliniengeber in sehr weitem Umfang zu Gebote; solange die Regelung sich auf eine der Lebenserfahrung nicht geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebensverhältnisse stützt, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist, kann sie verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden (stRspr; vgl. z.B. BVerfG, U.v. 20.4.2004 – 1 BvR 905/00, 1 BvR 1748/99 – juris Rn. 61; ebenso etwa Wollenschläger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rn. 255).
38
Sind die Fördervoraussetzungen – wie hier – zulässigerweise in Zuschussrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere einschlägige Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (aktuell z.B. BayVGH, B.v. 18.5.2020 – 6 ZB 20.438 – juris Rn. 6; vgl. ferner BVerwG, U.v. 16.6.2015 – 10 C 15.14 – juris Rn. 24; B.v. 11.11.2008 – 7 B 38.08 – juris Rn. 9; BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 26 m.w.N.; B.v. 9.3.2020 – 6 ZB 18.2102 – juris Rn. 9; VG München, U.v. 5.7.2021 – M 31 K 21.1483 – juris Rn. 23).
39
Nur entsprechend den vorgenannten Grundsätzen kann ein Anspruch auf Förderung im Einzelfall bestehen. In allen hier einschlägigen Fassungen der Zuschussrichtlinien zur Förderung von O. Jugendlichen aus den Jahren 2001, 2004, 2009 und 2014 wird im Übrigen jeweils in § 1 auch ausdrücklich klargestellt, dass die Förderung eine freiwillige Leistung der Beklagten darstellt, nur im Rahmen der im Haushaltsplan zur Verfügung stehenden Mittel gewährt wird und ein Rechtsanspruch hierauf nicht besteht.
40
2.1.3. Der Kläger erfüllt die geschriebenen Voraussetzungen für eine Förderung nach den Zuschussrichtlinien der Beklagten für O. Vereine.
41
Die einschlägigen gemeindlichen Zuschussrichtlinien verlangen in ihren verschiedenen Fassungen jeweils in § 1 Abs. 1 als Fördervoraussetzungen einen im Gemeindegebiet ansässigen Verein, eine Jugendorganisation oder sonstige Gruppierung mit aktiven Mitgliedern sowie in den Fassungen der Zuschussrichtlinien aus den Jahren 2002 und 2004 zusätzlich die Gemeinnützigkeit des Vereinszwecks. Diese Voraussetzungen hat der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum von 2003 bis 2018 stets erfüllt.
42
2.1.3.1 Ein Verein im Sinne der §§ 21 ff. BGB ist ein auf Dauer angelegter, körperschaftlich organisierter Zusammenschluss von Personen zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks. Der rechtsfähige Verein setzt einen Gründungsvertrag zwischen den künftigen Mitgliedern voraus, der bereits die Verfassung des zukünftigen Vereins, insbesondere die Satzung enthält. Der nicht wirtschaftliche Verein (sog. Idealverein) wird durch Eintragung in das Vereinsregister des nach dem Sitz des Vereins zuständigen Amtsgerichts rechtsfähig; ein Idealverein soll nur eingetragen werden, wenn mindestens sieben Mitglieder vorhanden sind und eine schriftliche Satzung mit einem vorgeschriebenen Mindestinhalt (über Ein- und Austritt der Mitglieder, Beitragshöhe, Bestellung des Vorstands, Berufung der Mitgliederversammlung) vorgelegt wird (§§ 21, 55 ff. BGB). Die Verfassung eines rechtsfähigen Vereins muss mindestens zwei Organe vorsehen: Vorstand (§ 26 BGB) und Mitgliederversammlung (§ 32 BGB). Die Vereinsmitgliedschaft (§ 38 BGB) wird durch ein Rechtsgeschäft zwischen Mitgliedsanwärter (Beitrittserklärung) und Verein (Annahmeerklärung) begründet. Gemäß § 58 Nr. 1 BGB soll die Satzung Bestimmungen über Ein- und Austritt der Vereinsmitglieder vorsehen. Die Beendigung eines eingetragenen Vereins erfolgt in der Regel durch Auflösung und anschließende Liquidation, §§ 41, 74 ff. BGB.
43
Der Kläger wurde mit Gründungsversammlung und Annahme der Satzung vom 22. Juni 1996 von neun Personen gegründet. Die Satzung erfüllte dabei den Mindestinhalt nach § 57 BGB. Als Vereinszweck wurde „Sportausbildung“ und die „Förderung der geistigen, körperlichen, sozialen und kulturellen Bildung seiner Mitglieder“ bestimmt und klargestellt, dass der Kläger „selbstlos tätig [ist] und nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke [pflegt]“ (§ 2); weiterhin wird bestimmt, dass der Kläger gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung verfolgt (§ 3). Bei der Gründungsversammlung wurde die amtierende erste Vorsitzende nebst Vertreterin zum Vorstand gewählt. Die Eintragung des Klägers in das Vereinsregister erfolgte am *. November 1997. Es ergibt sich weder aus den Akten noch wurde vorgetragen, dass seitdem eine Auflösung bzw. Liquidation erfolgt ist. Zudem lässt sich das klägerseits geltend gemachte aktive Vereinsleben in Form regelmäßiger und erfolgreicher Teilnahme seiner Mannschaften an Wettkämpfen anhand der Dokumentation von Wettkampfteilnahmen und sonstigen Veranstaltungen auf der Homepage des Klägers nachvollziehen.
44
2.1.3.2 Der Verein verfolgte dabei zur Überzeugung des Gerichts stets einen gemeinnützigen Zweck entsprechend dem Begriffsverständnis in § 52 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 21 AO (Förderung des Sports), nämlich – wie in § 2 der Satzung angegeben – die Sportausbildung und Förderung der geistigen, körperlichen, sozialen und kulturellen Bildung seiner Mitglieder. Nach Lage der Akten führte der Kläger diesbezüglich von Beginn an diverse Aktivitäten im Sinne seines Vereinszwecks durch, indem er insbesondere seinen Mitgliedern regelmäßige Trainingseinheiten anbot, Trainingslager ausrichtete und die Teilnahme seiner Mitglieder an Wettkämpfen organisierte. Folglich geht das Gericht auch nicht davon aus, dass – wie von der Beklagten vermutet – seitens Frau K. nur eine rein formale Vereinsgründung erfolgte, um Fördergelder und vergünstigten Zugang zur Turnhalle zu erhalten. Denn der vom Kläger angeführte Grund für die Vereinsgründung, nämlich Kindern ein weiterführendes, leistungsorientiertes Angebot als das bloße Kinderturnen im Kinderzentrum zu bieten und dabei die Teilnahme an Wettkämpfen zu ermöglichen, was regelmäßig eine Mitgliedschaft in Turnverbänden voraussetzt, findet sich im Vereinszweck wieder. § 2 Nr. 1 der Satzung führt die „Durchführung sportlicher Ausbildung zu Einzel- und Mannschaftswettkämpfen in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Fachverband“ ausdrücklich als Vereinsaufgabe an. Auch das mittelbar verfolgte Ziel, als Verein vergünstigten Zugang zu öffentlichen Turnhallen zu erhalten, entspricht und dient als solches dem Vereinszweck und ist legitim. Der Umstand, dass die Existenz des Klägers mit seinem gegenüber dem Kinderturnen des … Kinderzentrums weiterführenden Angebot die Attraktivität dieses privatwirtschaftlichen Unternehmens als Nebeneffekt möglicherweise gesteigert hat, steht der Gemeinnützigkeit des Vereinszwecks im Übrigen nicht entgegen. Denn eine solche Kooperation zwischen einem Verein und einem Unternehmen wird von der Rechtsordnung nicht untersagt. Auch ist nicht ersichtlich, dass eine solche Kooperation bereits vom Ausschlusstatbestand des § 1 Abs. 3 der Zuschussrichtlinien, wonach Fördermittel vom Zuschussnehmer nicht im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eingesetzt werden dürfen, erfasst wäre. Da es der Beklagten schließlich ausweislich der Zuschussrichtlinien von 2002 und 2004 lediglich auf die materielle Gemeinnützigkeit ankam und keine entsprechende Bestätigung des Finanzamts verlangt wurde, ist es vorliegend für die Frage der Förderfähigkeit des Klägers nicht entscheidend, ob die später durchgeführte Satzungsänderung mit dem Ziel, die steuerliche Freistellung zu erreichen, letztlich wirksam war.
45
2.1.3.3 Auch bestehen keine durchgreifenden Zweifel daran, dass sämtliche der Beklagten gemeldete Kinder und Jugendliche – vertreten durch ihre Erziehungsberechtigten – wirksam als Mitglieder in den Verein aufgenommen wurden und damit nach § 2 Abs. 1 i.V.m. Anlage 1 der Zuschussrichtlinien als für die Berechnung des Zuschusses beachtlich anzusehen waren.
46
Für die Aufnahme von neuen Mitgliedern sieht die Satzung in § 4 Regelungen vor, insbesondere das Erfordernis eines schriftlichen Aufnahmeantrags (Abs. 1) sowie eine Entscheidung des geschäftsführenden Vorstands mit einfacher Mehrheit (Abs. 2). Dies wurde vorliegend – wie von der Klägervertreterin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt wurde – zwar häufig nicht beachtet; vielmehr erfolgte die Aufnahme wohl überwiegend durch schlüssiges Handeln der Eltern (§ 1629 BGB), indem sie ihre Kinder, die zunächst im … Kinderzentrum turnten, mit Erreichen eines gewissen Alters das Angebot des Klägers (zusätzlich) in Anspruch nehmen ließen und ab diesem Zeitpunkt – gegebenenfalls zusätzlich zum Beitrag an das Kinderzentrum – den Vereinsbeitrag in Höhe von 25.- bis 30.- EUR pro Jahr entrichteten. Ein solches satzungswidriges Vorgehen berührt indes nicht die Wirksamkeit der Aufnahme der Mitglieder in den Verein, wenn die entsprechende Satzungsregelung dahingehend auszulegen ist, dass lediglich die Vertretungsmacht des Vorstands im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 2 BGB für die Aufnahme neuer Mitglieder durch die satzungsmäßigen Aufnahmevoraussetzungen beschränkt werden sollte, ohne dabei eine echte Wirksamkeitsvoraussetzung für den Erwerb der Mitgliedschaft zu statuieren (vgl. Könen in: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BeckOGK BGB, Stand: 15.1.2023, § 38 Rn. 53 m.w.N.). Letzteres ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nämlich nicht ohne weiteres der Fall, wenn in der Satzung eine den Handlungsspielraum des Vorstands einschränkende Regelung getroffen wird. Vielmehr muss sich der Satzungsbestimmung klar und eindeutig entnehmen lassen, dass damit zugleich der Umfang der Vertretungsmacht des Vorstands beschränkt werden soll; ist dies nicht der Fall, so hat im Interesse des Rechtsverkehrs die einschränkende Satzungsbestimmung nur vereinsinterne Bedeutung und beschränkt sich auf das vereinsrechtliche Innenverhältnis (BGH, U. v. 15.4.2021 – III ZR 139/20 – NJW 2021, 2036, Rn. 38; BGH, U. v. 29.7.2014 – II ZR 243/13 – NJW 2014, 3239, Rn. 15). So liegt der Fall auch hier. Die Klägervertreterin hat in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts glaubhaft bestätigt, dass man sich bei der Satzungserstellung verfügbarer Mustervorlagen bedient und sich im Einzelnen keine Gedanken über die Bedeutung der Formulierung gemacht habe. Dies erscheint nach der allgemeinen Lebenserfahrung bei Handhabung durch einen kleinen, von juristischen Laien geführten Sportverein auch gut nachvollziehbar. Dementsprechend ist hier nicht davon auszugehen, dass die Regelungen in § 4 der Satzung echte Wirksamkeitsvoraussetzungen für die Mitgliederaufnahme darstellen sollen, sodass die Zulässigkeit einer stillschweigenden Beitrittserklärung auch dann angenommen werden kann, wenn die Satzung die Einhaltung von Förmlichkeiten bei der Aufnahme in den Verein vorschreibt (Könen aaO; Schöpflin in: BeckOK BGB, 65. Ed. 1.2.2023, BGB § 38 Rn. 11). Offen bleiben kann daher, ob die Satzung – wie von den Klägerbevollmächtigten hilfsweise vorgetragen – insoweit konkludent durch eine entsprechend gelebte Praxis des Vereins nachträglich geändert werden konnte bzw. wurde.
47
Unschädlich ist in diesem Zusammenhang auch, dass mit Blick auf die vorgelegten Erklärungen einigen Mitgliedern bzw. Trainerinnen die Mitgliedschaft beim Kläger möglicherweise nicht bewusst gewesen sein mag. Denn es entspricht nach der Überzeugung des Gerichts der allgemeinen Lebenserfahrung, dass bei einem sportlichen Engagement in einem Verein nicht die vereinsrechtlichen Implikationen im Vordergrund stehen, sondern die Aktivität als solche. Ausschlaggebend ist dabei insbesondere, dass die Mitglieder des Klägers unter dessen Namen nach außen hin aufgetreten sind – unter anderem bei Wettkämpfen – und jährliche Mitgliedsbeiträge an den Kläger entrichteten, die von einem etwaigen zusätzlichen monatlichen Mitgliedsbeitrag an das Kinderzentrum im Falle der gleichzeitigen Mitgliedschaft bei beiden Einrichtungen unabhängig waren und auch an verschiedene Kontoinhaber gezahlt wurden.
48
Damit hat der Verein seit seiner Gründung im Jahr 1996 und seiner Eintragung in das Vereinsregister am ... November 1997 in den hier streitigen Jahren 2003 bis 2018 als rechtsfähiger Verein mit gemeinnützigem Zweck und aktiven Mitgliedern bestanden.
49
Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen kommt es schließlich auf die Vereinseigenschaft des Klägers auch letztlich gar nicht entscheidend an. Denn nach den gemeindlichen Zuschussrichtlinien waren nicht nur Vereine, sondern stets auch „Jugendorganisationen oder sonstige Gruppierungen“ förderberechtigt. Damit knüpften bereits die Zuschussrichtlinien ausdrücklich nicht notwendig an die Einhaltung der Voraussetzungen des Vereinsrechts an, sondern ließen auch weniger formalisierte Zusammenschlüsse von Personen, unabhängig gerade von ihrer rechtlichen Verfasstheit, für eine Zuwendungsberechtigung ausreichen.
50
2.1.4 Die Zuwendungsberechtigung des Klägers ist auch nicht aufgrund weiterer, ungeschriebener Fördervoraussetzungen, die die Beklagte im ständigen Vollzug ihrer Zuschussrichtlinien zur Anwendung gebracht hat, ausgeschlossen. Die Beklagte hat dem Gericht diesbezüglich keine sachgerechte, in sich schlüssige und nachvollziehbare Verwaltungspraxis darlegen können. Darüber hinaus hat die Beklagte auch nicht ausreichend nachvollziehbar begründet, aus welchem Grund der Kläger die geschriebenen und zudem postulierten ungeschriebenen Zuwendungsvoraussetzungen nicht erfüllt hat.
51
Da es – wie bereits ausgeführt – allein maßgeblich ist, wie die Zuwendungsbehörde die Zuwendungsrichtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat (vgl. NdsOVG, B.v. 15.9.2022 – 10 LC 151/20 – juris Rn. 41; BVerwG, U.v. 17.1.1996 – 11 C 5.95 – juris Rn. 21), hätte die Beklagte in einem einschränkenden Verständnis und Vollzug des § 1 Abs. 1 der Zuwendungsrichtlinie auch zusätzliche, ungeschriebene Fördervoraussetzungen zur Anwendung bringen können.
52
2.1.4.1 Vorliegend hat die Beklagte allerdings weder im Vorfeld noch während der jährlichen Zuwendungsverfahren im streitbefangenen Zeitraum ausdrücklich weitere, über die Zuschussrichtlinien hinausgehende Kriterien für eine Förderfähigkeit formuliert. Dies wäre ihr etwa durch allgemeine Vollzugshinweise oder in Form von Inhalts- und Nebenbestimmungen zu den jährlichen Bewilligungen möglich gewesen. An beidem fehlt es allerdings in Gänze.
53
Im streitgegenständlichen Bescheid finden sich hierzu keine Ausführungen. Stattdessen hat die Beklagte die aus ihrer Sicht fehlende Förderberechtigung dort ausschließlich auf ihre – indes, wie vorstehend ausgeführt, fehlerhafte – rechtliche Wertung gestützt, wonach aus dem behaupteten Fehlen von wirksam aufgenommenen Mitgliedern und mangels eines ordnungsgemäß gewählten Vorstands sowie weiterer satzungsmäßig erforderlicher Organe die fehlende Vereinseigenschaft abzuleiten und damit von der Unternehmenseigenschaft des Klägers auszugehen sei (vgl. Nr. II.2.1 des streitgegenständlichen Bescheids). Auch in der Klageerwiderung wird ausschließlich auf die fehlende Vereinseigenschaft des Klägers infolge diverser Mängel in der Vereinsführung abgestellt und infolgedessen von einem nicht zuwendungsberechtigten privatwirtschaftlichen Unternehmen ausgegangen.
54
Schließlich wurde auch aus dem weiteren schriftsätzlichen Vortrag der Beklagten sowie ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung für das Gericht nicht ausreichend nachvollziehbar ersichtlich, dass sie über den Wortlaut der Zuwendungsrichtlinien hinaus in ihrer ständigen Vollzugspraxis einschränkende Fördervoraussetzungen in sachgerechter, in sich schlüssiger und den Zielen der Zuwendungsrichtlinien entsprechender Art und Weise zur Anwendung gebracht hat.
55
Im Schriftsatz vom 28. Februar 2023 tragen die Beklagtenbevollmächtigten unter Verweis auf eine Stellungnahme des Klägers vom 11. September 2003, in der sich dieser auf die Aufforderung der Beklagten hin zum Näheverhältnis mit dem … Kinderzentrum geäußert hatte, vor, die Auszahlung sei auf Grundlage dieser Erklärung zur Eigenständigkeit erfolgt. Weiter wird dort ausgeführt, die in der Stellungnahme benannten „fließenden Grenzen“ zwischen beiden Einrichtungen seien überschritten worden, da – anders als von ihr angegeben – die Mitgliedsbeiträge des Klägers an die Verbände „Deutscher Turner-Bund e.V.“ (DTB) und Bayerischer Landes-Sportverband e.V. (BLSV) ausweislich der 2019 im nachträglichen Prüfverfahren vorgelegten Unterlagen nicht vom Kläger, sondern vom … Kinderzentrum beglichen worden seien. Darüber hinaus ergäbe sich die fehlende Eigenständigkeit des Klägers auch daraus, dass das Unternehmen … im Rahmen eines Werbeprospekts auf das Angebot „Leistungsturnen im TSC O.“ hinweise. Der Kläger habe im Laufe der Jahre einen dynamischen Interpretationsprozess im Hinblick auf die Abgrenzung zwischen dem Kinderzentrum und dem Kläger an den Tag gelegt, der die fehelende Eigenständigkeit belege.
56
Diesem Vortrag ist zwar zu entnehmen, dass die Eigenständigkeit des Klägers vom Wirtschaftsunternehmen … Kinderzentrum für die Beklagte für die Förderfähigkeit in ihrem Verwaltungsvollzug eine erhebliche Bedeutung aufgewiesen hat. Dennoch ergibt sich auch daraus – gerade mit Blick auf den anders formulierten Ausschlusstatbestand in § 1 Abs. 3 der Zuschussrichtlinien, zu dessen Vollzug jedoch beklagtenseits kein substantiierter Vortrag erfolgt ist, – kein ausreichend klar umrissenes, objektiv fassbares zusätzliches Kriterium für einen Ausschluss der Förderfähigkeit. Vielmehr erfolgten die vorgenannten Ausführungen im Schriftsatz vom 28. Februar 2023 gerade unter dem Obersatz, dass die Jugendförderungszuschüsse ausschließlich an Vereine, nicht jedoch an gewerbliche Einrichtungen ausgezahlt würden. Damit stellt die Beklagte auch insoweit wiederum auf die ihrer – allerdings rechtlich unzutreffenden – Ansicht nach fehlende Vereinseigenschaft des Klägers ab. Ein belastbares zusätzliches (Ausschluss-)Kriterium, das die Beklagte in ihrer ständigen Zuwendungspraxis etabliert hat und das einen eigenständigen, zusätzlichen Gehalt für die Beurteilung der Förderfähigkeit aufweist, lässt sich dem hingegen nicht ausreichend entnehmen.
57
Erst auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung, ob weitere ungeschriebene Fördervoraussetzungen über die Zuschussrichtlinien hinaus existierten, führt der Beklagtenbevollmächtigte aus, es sei für die Beklagte entscheidend gewesen, dass es sich um einen „gelebten Verein“, der in der Jugendarbeit aktiv sei und ehrenamtlich geführt werde, handele. Weiterhin sei es der Beklagten auf die Eigenständigkeit der zu fördernden Vereine bzw. Gruppierungen angekommen. Man habe ausdrücklich keine wirtschaftlichen Unternehmen fördern wollen, was auch der Korrespondenz der Beklagten mit dem Kläger zu entnehmen gewesen sei.
58
Diesen Ausführungen kann – auch mit Blick auf § 1 Abs. 3 der Zuschussrichtlinien – keine hinreichend belastbare, einschränkende Zuwendungspraxis der Beklagten entnommen werden. Der Beklagte hat nicht plausibel und für das Gericht ausreichend nachvollziehbar erläutert, ob und inwieweit die genannten Aspekte über die in den gemeindlichen Zuschussrichtlinien genannten Fördervoraussetzungen hinaus zusätzliche Anforderungen an die Förderberechtigung stellen. Insbesondere wird nicht klar, ob es sich dabei um eigenständige, einschränkende Kriterien handeln soll oder lediglich um eine Konkretisierung der dem streitgegenständlichen Rücknahmebescheid zugrundeliegenden (rechtsfehlerhaften) Betrachtungsweise zur Vereinseigenschaft des Klägers. Es erschließt sich dem Gericht nicht hinreichend deutlich, ab dem Erreichen welcher objektiv bestimmbaren Grenze einer geförderten Einrichtung nach dem Verständnis der Beklagten im Vollzug ihrer Zuschussrichtlinien die Vereinseigenschaft oder sonstige Zuwendungsfähigkeit fehlen soll, wenn diese eine Nähe zu einem Wirtschaftsunternehmen aufweist. Hierzu ist für das Gericht weder ein ausreichender quantitativer oder qualitativer Maßstab ersichtlich geworden noch erschließt sich, wie vorstehend ausgeführt, vor diesem Hintergrund bereits auch eine hinreichend sachgerechte und für das Gericht nachvollziehbare Abgrenzung von Vereinen zu den ebenfalls förderberechtigten Jugendorganisationen oder sonstige Gruppierungen.
59
Zudem ist dem Vortrag der Beklagten nicht ausreichend klar zu entnehmen, was konkret unter dem Kriterium der Eigenständigkeit zu verstehen ist. Wenn damit eine solide finanzielle Ausstattung und Verfasstheit sowie die vollständige finanzielle Unabhängigkeit von einem Wirtschaftsunternehmen oder natürlichen Personen gemeint sein soll, dann hat sie dies nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht. Die Aussage, die Finanzflüsse ließen darauf schließen, dass der Kläger und das Kinderzentrum als wirtschaftliche Einheit zu betrachten seien, reicht für eine Erläuterung und Plausibilisierung einer entsprechenden, dem Gericht auch nachvollziehbaren, objektiv-schlüssigen Zuwendungspraxis nicht aus.
60
Auch eine einschränkende Verwaltungspraxis dahingehend, dass gewisse Mindestanforderungen an eine ordnungsgemäße Vereinsführung zusätzliche Fördervoraussetzung sein soll, wurde für das Gericht nicht hinreichend deutlich. Zwar ergibt sich aus den Schreiben der Beklagten vom 19. Februar 2019 und 11. März 2019, mit denen für die Bearbeitung des Antrags für das Jahr 2019 die Vorlage der Satzung, Protokolle von Jahreshauptversammlungen, Kassenberichte, Einladungen zu Jahreshauptversammlungen und Unterschriftenlisten der anwesenden Mitglieder an den Jahreshauptversammlungen angefordert wurden, dass diese Dokumentation der Vereinsführung für die Beurteilung zumindest der künftigen Förderfähigkeit ab 2019 relevant war. Indes wird ein solches Kriterium weder in den Schreiben noch von den Beklagtenbevollmächtigten im Rahmen der mündlichen Verhandlung im Zusammenhang mit den ungeschriebenen Fördervoraussetzungen erwähnt. Auch dazu würde es im Übrigen eines ausreichend bestimmten bzw. jedenfalls bestimmbaren objektiven Maßstabs im Vollzug eines solchen zusätzlichen Qualitätskriteriums für Mindestanforderungen einer ordnungsgemäßen Vereinsführung bedürfen, der vorliegend allerdings ebenfalls nicht ersichtlich ist.
61
Damit hat es die Beklagte insgesamt weder im streitgegenständlichen Bescheid noch im Klageverfahren vermocht, eine einschränkende Verwaltungspraxis mit zusätzlichen ungeschriebenen Fördervoraussetzungen konkret darzustellen und diese – insbesondere auch etwa mittels Beispielen aus ihrer sonstigen Zuwendungspraxis im Vollzug der Zuschussrichtlinien – zu plausibilisieren und dem Gericht nachvollziehbar zu erläutern (vgl. zu diesem Erfordernis z.B. VG Würzburg, U.v. 24.10.2022 – W 8 K 21.1263 – juris Rn. 61 und 76). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte nach Aktenlage bereits im Vorfeld der Rücknahme von den Beklagtenbevollmächtigten rechtlich beraten wurde und – nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägerbevollmächtigten – davon auszugehen ist, dass diese auch bei der Abfassung des streitgegenständlichen Bescheids maßgeblich beteiligt waren.
62
2.1.4.2 Darüber hinaus wurde auch nicht ausreichend nachvollziehbar begründet, aus welchem Grund der Kläger die geschriebenen und zudem postulierten ungeschriebenen Zuwendungsvoraussetzungen nicht erfüllt haben soll. Damit erweist sich auch die Subsumtion der Beklagten unter die von ihr angeführten Kriterien als nicht ausreichend schlüssig und rechtlich belastbar.
63
Es ist nach Lage der Akten nachvollziehbar und im Übrigen auch insoweit nicht von der Beklagten bestritten, dass der Kläger unter seinem Namen mit seinen Mannschaften regelmäßig an Wettkämpfen und Turnfesten, die auch auf der Homepage des Klägers dokumentiert sind, teilgenommen sowie Veranstaltungen und Trainingslager etc. durchgeführt hat. Damit weist der Kläger zur Überzeugung des Gerichts ein aktives Vereinsleben auf, das sich mit der Ausrichtung auf Leistungsturnen vom Angebot des Kinderturnens im Kinderzentrum auch ausreichend deutlich abgrenzt.
64
Auch hinsichtlich der Einschränkung, kein Wirtschaftsunternehmen fördern zu wollen, ist zwar nach Aktenlage erkennbar – und wurde im Übrigen auch in der mündlichen Verhandlung bestätigt – dass der Kläger angesichts der niedrigen Mitgliedsbeiträge, denen weitaus höhere Kosten gegenüberstanden, finanziell defizitär ausgestattet und daher auf finanzielle Unterstützung angewiesen war. Indes lassen sich den vorgelegten Unterlagen keine Anhaltspunkte für Mittelabflüsse – insbesondere also auch keiner Fördermittel der Beklagten – vom Kläger an das Kinderzentrum entnehmen. Vielmehr geht die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid von einer unrichtigen Tatsachengrundlage aus, wonach die Mitglieder des Klägers ihre Mitgliedsbeiträge i.H.v. monatlich 55.- EUR bzw. 660.- EUR pro Jahr direkt an das Kinderzentrum bezahlten. Richtigerweise beträgt der Mitgliedsbeitrag beim Kläger 25.- bzw. 30.- EUR pro Jahr, wie sich aus den Kassenberichten ergibt (Bl. 243 der Behördenakte). Auch wenn ein Finanzierungsplan für das Jahr 2015 zunächst nahelegt, dass auch der Kläger monatliche Mitgliedsbeiträge in entsprechender Höhe erhebt, so hat die Klägervertreterin in der mündlichen Verhandlung glaubhaft ausgeführt, dass es sich bei dem genannten monatlichen Betrag i.H.v. 55.- EUR (bzw. ermäßigt 38.- EUR) um die Kosten für die Mitgliedschaft im Kinderzentrum handelt, die neben der Mitgliedschaft beim Kläger besteht, so dass die Beiträge zu Recht stets an das Kinderzentrum bezahlt wurden. Ob diese Angabe im Finanzierungsplan 2015, die der Kläger als Anlage zum Schreiben vom 28. Dezember 2014 an den Zweckverband Grund- und Mittelschule O. übermittelte – wie von den Beklagtenbevollmächtigten vorgetragen – mit Täuschungsabsicht erfolgte, um vergünstigte Konditionen für die Hallennutzung zu erwirken, kann hier dahinstehen, da eine (un-)berechtigte Inanspruchnahme der Turnhalle nicht streitgegenständlich ist.
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Schließlich kann die Beklagte im Hinblick auf die geforderte Eigenständigkeit auch nicht eine – unstreitig bestehende – sachliche und persönliche Nähe zwischen dem Kläger und dem Kinderzentrum, die sich vor allem in der teilweise doppelten Mitgliedschaft von Mitgliedern, dem zum Teil fließenden Wechsel der Kinder vom Kleinkinderturnen im Kinderzentrum zum Leistungsturnen beim Kläger und der Doppelfunktion der ersten Vorsitzenden einerseits beim Kläger und andererseits bei dem Kinderzentrum manifestiert, zu dessen Lasten werten. Denn diese Umstände hat die Beklagte gekannt und sodann über Jahre hinweg bewusst hingenommen, nachdem auf die „fließenden Grenzen“ in der Stellungnahme vom 11. September 2003 an den Gemeinderat der Beklagten hingewiesen wurde, ohne dass dies zur Ablehnung der Förderung geführt hätte. Daher folgt auch aus der vom Beklagtenbevollmächtigten in Bezug genommenen Darstellung zu den Zusammenhängen zwischen dem Kläger und dem Kinderzentrum (Bl. 285 der Behördenakten, dort Nr. 3), welche im Widerspruch zu einer späteren stehe (Bl. 405 der Behördenakten, dort Nr. 3), nichts Anderes.
66
Unschädlich ist insoweit auch der Umstand, dass teilweise Verbindlichkeiten des Klägers – wie etwa Verbandsbeiträge oder Übungsleiterentschädigungen – vom Kinderzentrum oder der ersten Vorsitzenden persönlich beglichen wurden und letztere auch gemeinsam mit weiteren Ehrenamtlichen Turnanzüge und -kostüme nähte und diese den Mitgliedern unentgeltlich zur Verfügung stellte. Denn Leistungen an gemeinnützige Vereine stellen – unabhängig davon, ob diese steuerrechtlich richtig verbucht wurden, – die Eigenständigkeit des Klägers als eingetragener Verein nicht in Frage. Anders wäre es nur, wenn der Kläger seinerseits Mittel an das Kinderzentrum abführen würde, weil dies nicht dem Vereinszweck entspräche; dergleichen wurde aber weder vorgetragen noch ist es nach Aktenlage ersichtlich. Auch der Umstand, dass das Kinderzentrum bei seinem gewerblichen Angebot von Turn- und Tanzkursen für Kinder („J. Gym“) auf das Angebot „Leistungsturnen im TSC O.“ hinweist, ändert nichts an der Beurteilung, da ausdrücklich klargestellt wird, dass dieses Angebot über den Verein angeboten wurde und eine Teilnahme eine Vereinsmitgliedschaft zum angegebenen Mitgliedsbeitrag erfordert; damit wurde die Eigenständigkeit des Klägers vielmehr erst recht verdeutlicht.
67
Vor diesem Hintergrund bedurfte es auch der vom Kläger in vorstehenden Zusammenhang beantragten Einvernahme der präsenten Zeugin … R. nicht.
68
2.1.5 Die jährlichen Zuwendungsbewilligungen im Zeitraum 2003 bis 2018 sind daher rechtmäßig erfolgt.
69
2.2 Unabhängig vom Vorstehenden – und damit eigenständig die Entscheidung tragend – würde die Rücknahme der Zuwendungsbewilligungen selbst bei Annahme einer entsprechenden einschränkenden Verwaltungspraxis jedenfalls daran scheitern, dass der Kläger in schutzwürdiger Weise auf den Bestand der jährlichen Zuwendungsbewilligungen, die jeweils eine einmalige Geldleistung gewährten, vertraut hat (Art. 48 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 und 2 BayVwVfG). Auch liegt kein ungeschriebener Ausschlusstatbestand des Vertrauensschutzes vor.
70
2.2.1 Schutzwürdig ist grundsätzlich jeder Bürger, der sich mit guten Gründen auf die Rechte aus einer begünstigenden hoheitlichen Maßnahme verlassen durfte, insbesondere wenn deren Fehlerhaftigkeit nicht in seinem Verantwortungsbereich liegt, ihm nicht bekannt war und auch nicht bekannt sein musste (vgl. BVerwG, B.v. 25.6.1986 – BVerwGE 83, 195; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 48 Rn. 95).
71
Nach dem insoweit unbestrittenen, nach Lage der Akten auch schlüssig nachvollziehbaren und daher für das Gericht glaubhaften Vortrag in der Klageschrift und der mündlichen Verhandlung hat der Kläger die erhaltenen Zuschüsse der Beklagten vollständig für den Vereinszweck verwendet, um regelmäßige jährliche Ausgaben im Zusammenhang mit der Vereinstätigkeit wie etwa Trainergehälter, Startgebühren, Kampfrichterentschädigungen etc. zu decken. Damit hat der Kläger im Vertrauen auf den Bestand der Zuwendungsbewilligungen Vermögensdispositionen getroffen, die für den Vereinszweck eines Sportvereins auch ohne weiteres nachvollziehbar sind.
72
Somit erfüllt der Kläger die in Art. 48 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 BayVwVfG konkretisierende Regelung für die Beurteilung der Schutzwürdigkeit des Vertrauens in den Bestand der jeweils eine einmalige Geldleistung bewilligenden Verwaltungsakte, die in konkludenter Weise durch die Auszahlung der beantragten Jugendförderzuschüsse ergangen sind. Er hat durch die Verwendung der Zuschüsse für die im Rahmen der Vereinstätigkeit anfallenden Ausgaben Vertrauen auf den Bestand der Zuwendungsbewilligungen ins Werk gesetzt und nach außen hin manifestiert bzw. betätigt. Dafür, dass der Kläger noch eine zumutbare Möglichkeit der Rückgängigmachung geleisteten Zahlungen besäße, ist schließlich weder etwas vorgetragen noch ist solches ersichtlich oder lebensnah.
73
2.2.2 Der Kläger hat die Zuwendungsbewilligungen nicht durch arglistige Täuschung gemäß Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BayVwVfG oder Angaben im Zuwendungsverfahren erwirkt, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig i.S.d. Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayVwVfG gewesen wären. Denn selbst bei unterstelltem Vorliegen einer einschränkenden Verwaltungspraxis der Beklagten dahingehend, dass Vereine nur förderfähig sind, wenn sie ein lebendiges Vereinsleben, eine gefestigte organschaftliche Struktur und eine ausreichende finanzielle Unabhängigkeit von Dritten aufweisen (vgl. oben 2.1.4), fehlt es an der subjektiven Komponente einer Täuschungshandlung bzw. einem Verschweigen entscheidungserheblicher Umstände.
74
Eine arglistige Täuschung i. S. d. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 liegt vor, wenn der Begünstigte weiß und will, dass die Behörde durch die Vorspiegelung falscher Tatsachen zum Erlass eines Verwaltungsakts veranlasst wird, den sie andernfalls nicht oder nicht mit diesem Inhalt erlassen hätte (Schoch in: Schneider/Schoch, 3. EL August 2022, VwVfG, § 48 Rn. 160 m.w.N.). Dem Täuschenden muss die Unrichtigkeit seiner Angaben daher bewusst sein und eine bewusste Irreführung mit dem Ziel erfolgen, auf den Erklärungswillen der Behörde(nmitarbeiter) einzuwirken; hierunter fällt auch das Verschweigen von Tatsachen, wenn die Behörde nach entsprechenden Tatsachen gefragt hat oder der Betreffende auch ohne Befragung die Entscheidungserheblichkeit verschwiegener Tatsachen kannte bzw. hätte kennen müssen (Schoch aaO).
75
„Unrichtige Angaben“ i. S. d. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 sind Mitteilungen zu objektiv nachprüfbaren Tatsachen i. S. äußerer oder innerer Lebensvorgänge, bei denen die angegebene Tatsache mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt (Schoch in: Schneider/Schoch, 3. EL August 2022, VwVfG § 48 Rn. 170 m.w.N.). Unvollständigkeit der Tatsachenmitteilung liegt vor, wenn der Begünstigte entscheidungserhebliche Umstände, von deren Nichtvorliegen die Behörde erkennbar ausgeht, verschweigt oder wenn der Begünstigte trotz rechtlicher Verpflichtung oder behördlicher Aufforderung Tatsachenmitteilungen zu einem entscheidungserheblichen Punkt unterlässt (Schoch aaO).
76
Beides trifft auf die Angaben des Klägers im Zuwendungsverfahren nicht zu. Denn die von der Beklagten angeführten zusätzlichen einschränkenden Anforderungen im Zuwendungsvollzug waren dem Kläger während des gesamten streitbefangenen Zeitraums nicht bekannt gemacht worden. Nach Lage der Akten kamen die zusätzlichen Anforderungen an das Vereinsleben und die ordnungsgemäße Vereinsführung allenfalls – wenn überhaupt (vgl. oben 2.1.4) – erstmals im Rahmen des Prüfverfahrens und dem darauffolgenden Schriftverkehr im Jahr 2019 auch hinreichend deutlich zum Ausdruck, indem eine Dokumentation regelmäßiger Mitgliederversammlungen nebst Anwesenheitslisten etc. verlangt wurden. Auch hinsichtlich des Kriteriums der Eigenständigkeit von einem Wirtschaftsunternehmen gilt nichts Anderes. Denn über die „fließenden Grenzen“ zwischen dem Kläger und dem Kinderzentrum hatte dieser die Beklagte mit seiner Stellungnahme vom 11. September 2003 aufgeklärt, was offensichtlich einer Förderfähigkeit über den gesamten Förderzeitraum nicht entgegenstand. Dass wiederum die Frage, ob der Kläger seine Verbandsbeiträge selbst entrichtete oder dies zumindest auch seitens des Kinderzentrums erfolgte, für die Förderfähigkeit von entscheidender Bedeutung sein soll, war für den Kläger nicht hinreichend erkennbar. Denn diese spezifische Thematik wurde weder im Schreiben der Beklagten vom 8. September 2003, mit dem der Kläger allgemein zur Stellungnahme zur „Eigenständigkeit des TSC und …“ aufgefordert wurde, aufgeworfen, noch wurden die Ausführungen des Klägers in der Stellungnahme hierzu im Nachgang von der Beklagten dahingehend aufgegriffen, dass daraus auch deren erhebliche Relevanz für die künftige Förderfähigkeit hätte ersichtlich werden können. Dies wäre der Beklagten indes ohne weiteres möglich gewesen, sei es in einem klarstellenden Antwortschreiben an den Kläger oder in Form von Vollzugshinweisen oder Inhalts- und Nebenbestimmungen zu den Bewilligungsbescheiden. Dass die Beklagte hiervon über Jahre vollständig abgesehen hat und stattdessen weiterhin ausschließlich bei ihrer pragmatischen Vorgehensweise einer konkludenten Bewilligung mittels bloßer Auszahlungsanordnung geblieben ist (siehe oben 2.1.1), geht vorliegend zu ihren Lasten.
77
Selbst in den Schriftsätzen der Beklagten im Klageverfahren finden sich – wie bereits unter 2.1.4 ausgeführt – keine eindeutigen Ausführungen, aus denen sich die fehlende Förderberechtigung aufgrund zusätzlicher ungeschriebener Fördervoraussetzungen ausreichend schlüssig und objektivierbar ergäbe. Vielmehr wird auch dort im Wesentlichen auf die behauptete fehlende Vereinseigenschaft abgestellt. Erst auf Nachfrage des Gerichts hat der Beklagtenbevollmächtigte im Rahmen der mündlichen Verhandlung zur Verwaltungspraxis der Beklagten im vorgenannten Sinne näher ausgeführt.
78
Es ist daher davon auszugehen, dass dem Kläger zum Zeitpunkt der jeweiligen Antragstellung in den Jahren 2003 bis 2018 – vertreten durch seinen Vorstand – nicht bekannt war, dass über den Wortlaut der Zuschussrichtlinien hinaus – hier unterstellte – weitere einschränkende Zuwendungsvoraussetzungen bestanden, die er nicht erfüllte. Folglich konnte er über das Vorliegen dieser Voraussetzungen weder täuschen noch unrichtige bzw. unvollständige Angaben machen.
79
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Klägervertreterin Dokumente aus dem Vereinsleben des Klägers (Protokolle von Sitzungen, Teilnehmerlisten) nachträglich fingierte und im Rahmen des von der Beklagten eingeleiteten Überprüfungsverfahrens vorlegte, wie die Klägervertreterin auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung einräumte. Denn mit Blick auf den Umstand, dass die Zuschussbewilligung jahrelang ausschließlich konkludent durch bloße Auszahlung erfolgte und es daher an Inhalts- oder Nebenbestimmungen oder auch sonstigen, ausreichend schlüssigen Hinweisen der Beklagten zu einem einschränkenden Zuwendungsvollzug – auch und gerade dazu, dass im Nachgang zu der Bewilligung und Auszahlung noch eine Schluss-/Verwendungsnachweisprüfung erfolgt, – fehlte, war das jeweilige Zuwendungsverfahren mit der Auszahlung des jährlichen Jugendförderzuschusses nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont (§§ 133,157 BGB) des Klägers als Zuwendungsempfängers beendet. Die Handlungen der ersten Vorsitzenden des Klägers nach Abschluss des Zuwendungsverfahrens konnten daher nicht mehr kausal für die bereits erlassenen Zuwendungsbewilligungen sein (Schoch in: Schneider/Schoch, 3. EL August 2022, VwVfG § 48 Rn. 172 m.w.N.), so dass deren Erlass nicht im Sinne von Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 und 2 BayVwVfG durch ihr aus Sicht des Gerichts unredliches Verhalten im Umgang mit nachträglich für den Kläger erstellten und verwendeten Dokumenten erwirkt wurde.
80
Die Beklagte übersieht, dass vor dem Hintergrund ihrer jedenfalls nicht hinreichend bekannt gemachten einschränkenden Verwaltungspraxis für den Kläger jedenfalls kein Anlass bestand, angesichts der ihr allein vorliegenden geschriebenen Bestimmungen in den Zuwendungsrichtlinien an seiner Förderfähigkeit zu zweifeln. Falls die Beklagte aufgrund ihrer Verwaltungspraxis weitere Anforderungen an die Förderfähigkeit stellen wollte, fiel dies zum maßgeblichen Zeitpunkt des jeweiligen konkludenten Erlasses der Zuwendungsbescheide allein in ihren Verantwortungsbereich. Entsprechende Unklarheiten gehen auch dabei zu Ihren Lasten.
81
Nichts Anderes würde darüber hinaus für die nicht im streitgegenständlichen Rücknahmebescheid erwähnte Variante des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 BayVwVfG gelten, da der Kläger im Lichte der vorstehenden Erwägungen weder die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte noch sich dieser Kenntnis infolge grober Fahrlässigkeit verschloss.
82
2.2.3 Auch ein ungeschriebener Ausschlusstatbestand des Vertrauensschutzes liegt nicht vor. Selbst schwere Verfehlungen im Nachgang einer Zuwendungsbewilligung lassen das schutzwürdige Vertrauen hier nicht nachträglich entfallen.
83
Die Ausschlusstatbestände des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG sind nicht abschließend, sodass daneben auch weitere Fälle, in denen ein Vertrauensschutz nicht zu gewähren ist, existieren (vgl. BVerwG, U.v. 28.6.2012 – 2 C 13/11 – juris Rn. 18; Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, aaO § 48 Rn. 149; VG München, U.v. 16.12.2021 – M 31 K 21.3624 – juris Rn. 52 ff.). Denkbar wäre hier ein Ausschluss wegen schwerer Verfehlung bei der Abwicklung und im Nachgang des Förderverfahrens. Ein solcher Ausschlusstatbestand greift vorliegend indes nicht ein.
84
Wie bereits ausgeführt, hat die Klägervertreterin eingeräumt, im Rahmen der Überprüfung der Förderberechtigung durch die Beklagte bewusst Dokumente mit unrichtigem bzw. manipuliertem Inhalt vorgelegt zu haben. Dies geschah sowohl im Hinblick auf die bereits bewilligten Zuschüsse der zurückliegenden Jahre als auch – wie sich aus den Schreiben der Beklagten vom 19. Februar 2019 und 11. März 2019 auf den Antrag des Klägers vom 30. Januar 2019 hin ergibt – für die Neubeantragung des Zuschusses für das Jahr 2019. Aus diesen Schreiben der Beklagten, mit denen sie für die Antragsbearbeitung die Vorlage der Satzung, Protokolle von Jahreshauptversammlungen, Kassenberichte, Einladungen zu Jahreshauptversammlungen und Unterschriftenlisten der anwesenden Mitglieder an den Jahreshauptversammlungen anforderte, wurde deutlich, dass diese Dokumentation der Vereinsführung für die Beurteilung der Förderfähigkeit relevant war. Für den Fall, dass die Beklagte damit im Sinne einer einschränkenden Verwaltungspraxis die ordnungsgemäße Vereinsführung zu einer zusätzlichen Fördervoraussetzung gemacht hätte – wovon das Gericht angesichts des nicht ausreichend nachvollziehbaren Vortrags der Beklagten zur Zuwendungspraxis allerdings, wie ausgeführt, nicht überzeugt ist –, würde sich das nachträgliche Fingieren von Unterlagen, um nach Bekanntwerden der einschränkenden Verwaltungspraxis das Behaltendürfen der Förderung zu erwirken, als schwere Verfehlung darstellen. Offen bleiben kann hier, ob dieses Handeln auch einen Straftatbestand verwirklicht, was mit Blick auf die fehlende Versuchsstrafbarkeit nach § 264 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 StGB zweifelhaft ist. Dennoch kann der Regelung des § 264 Abs. 9 Nr. 2 StGB, derzufolge subventionserheblich im Sinne des Absatzes 1 auch Tatsachen sind, von denen die Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils abhängig ist, die Wertung entnommen werden, dass eine solche Täuschung im Rechtsverkehr ein gravierendes Fehlverhalten darstellt.
85
Dennoch wird nach Überzeugung des Gerichts in der Gesamtschau des Regelungszusammenhangs von Art. 48 Abs. 2 BayVwVfG und seinem Sinn und Zweck deutlich, dass für die Schutzwürdigkeit des Vertrauens auf den Zeitpunkt der Vertrauensbetätigung, also den Verbrauch der gewährten Mittel, abzustellen ist. So wird etwa im Fall, dass während der Laufzeit eines Dauerverwaltungsaktes Bösgläubigkeit eintritt, angenommen, dass das Vertrauen erst ab dem Zeitpunkt des Eingreifens des Ausschlusstatbestands entfällt, mit der Folge, dass lediglich die nach diesem Zeitpunkt erhaltenen Leistungen zurückgefordert werden können (vgl. BVerwG aaO; Meermagen in: PdK, VwVfG, Stand April 2014, § 48 S. 330 f.). Dieser Sichtweise folgt die Kammer, Umstände, die erst später – nämlich wie hier erst Jahre nach Verbrauch der Mittel – eintreten, können das einmal konstituierte Vertrauen daher nicht nachträglich wieder entfallen lassen – mögen die späteren Verfehlungen auch gravierend sein.
86
3. Sonach erweist sich die maßgeblich auf der rechtsfehlerhaften Verneinung der Vereinseigenschaft und Bejahung des Vertrauensausschlusses nach Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayVwVfG beruhende Ermessensbetätigung der Beklagten als fehlerhaft i.S.d. § 114 VwGO.
87
Das Gericht hat dazu (nur) zu prüfen, ob die Verwaltung den ihr eingeräumten Ermessensspielraum ausgeschöpft hat, ob sie die gesetzlichen Grenzen der Ermessensbetätigung überschritten hat und ob sie die nach dem Zweck der Ermessensermächtigung für die Entscheidung relevanten Gesichtspunkte bei ihrer Entscheidung berücksichtigt hat. Es darf die getroffene Entscheidung nur anhand derjenigen Erwägungen überprüfen, die die Behörde tatsächlich angestellt hat, wozu auch in Einklang mit § 114 Satz 2 VwGO nachgeschobene Erwägungen zählen. Tragen diese Erwägungen nicht, so ist die Entscheidung rechtswidrig und muss aufgehoben werden. Das Gericht ist nicht befugt, die behördliche Entscheidung aus Gründen, die für die Verwaltung nicht oder nicht allein ausschlaggebend waren, im Ergebnis aufrecht zu erhalten (vgl. BVerwG, U.v. 11.5.2016 – 10 C 8.15 – juris Rn. 13).
88
Die Ermessensbetätigung im streitbefangenen Bescheid geht davon aus, dass die jährlichen Zuwendungsbewilligungen mangels Vereinseigenschaft rechtswidrig ergingen und gemäß Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 und 2 BayVwVfG auf arglistiger Täuschung und unrichtigen Angaben des Klägers bei der Antragstellung beruhen. Dies trifft, wie oben ausgeführt, indes nicht zu.
89
Damit hat die Beklagte für die Entscheidung über die Rücknahme wesentliche Gesichtspunkte fehlerhaft in ihre Erwägungen eingestellt und das Ermessen mithin falsch betätigt. Da die Entscheidung auch nicht, wie schriftsätzlich bzw. in der mündlichen Verhandlung sinngemäß ergänzend zur im Bescheid gegebenen Begründung ausgeführt, auf einen Verstoß gegen ungeschriebene Zuwendungsvoraussetzungen oder einen anderen, insbesondere ungeschriebenen Ausschlusstatbestand des Vertrauensschutzes gestützt werden kann, stellen sich daran anknüpfende Fragen der Ergänzung oder des Austauschs von Ermessenserwägungen, namentlich mit Blick auf § 114 Satz 2 VwGO, nicht.
90
4. Da weder Umstände vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich sind, die einen Widerruf der rechtmäßigen Bewilligungen für die Jahre 2003 mit 2018 gemäß Art. 49 Abs. 2 oder 2a BayVwVfG begründen könnten, kann vorliegend dahinstehen, ob die streitbefangene Aufhebung der Zuschussbewilligungen auch unter entsprechendem Austausch der Rechtsgrundlage hätte aufrechterhalten werden können.
91
Erweist sich nach alledem der Bescheid vom 19. August 2019 in seiner Grundverfügung nach Nr. I als rechtswidrig, fehlt es auch für die Nebenentscheidungen in Gestalt der Festsetzung des zu erstattenden Betrags nebst Zahlungsbestimmung und Anordnung der Verzinsung bei nicht fristgerechter Rückzahlung an der notwendigen Rechtsgrundlage nach Art. 49a Abs. 1 und 3 BayVwVfG.
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Der Klage war folglich mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
93
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Kostenausspruchs folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.