Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 09.03.2023 – W 3 K 21.1364
Titel:

Ausbildungsförderung, Rücknahme, Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen, Rechtsmissbrauch, Vermögensübertragung an nahe Angehörige

Normenketten:
SGB X § 45
SGB X § 50
BAföG § 27
Schlagworte:
Ausbildungsförderung, Rücknahme, Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen, Rechtsmissbrauch, Vermögensübertragung an nahe Angehörige
Fundstelle:
BeckRS 2023, 9240

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

I.
1
Die Klägerin wendet sich gegen die Rücknahme von Bescheiden, mit denen ihr der Beklagte Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz gewährte, und gegen ihre Verpflichtung zur Erstattung auf Grundlage dieser Bewilligungsbescheide erbrachter Leistungen.
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Die am ... 2000 geborene Klägerin beantragte am 11. Juli 2017 und am 10. Juli 2018 Ausbildungsförderung für den Besuch der Berufsfachschule für Keramik in L. … Das Antragsformular vom 11. Juli 2017 wurde sowohl von der Klägerin als auch von ihrer Mutter unterschrieben.
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Der Beklagte bewilligte der Klägerin daraufhin Ausbildungsförderung mit Bescheid vom 28. September 2017 für die Zeit vom 1. September 2017 bis 31. Juli 2018 in Höhe von monatlich 113,00 EUR und mit Bescheid vom 4. Oktober 2018 für die Zeit vom 1. August 2018 bis 31. Juli 2019 in Höhe von monatlich 154,00 EUR.
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Im Rahmen einer Überprüfung wurde festgestellt, dass auf den Namen der Klägerin zusätzlich zu den bei Antragstellung angegebenen Vermögenswerten ein Depot angelegt war, welches aufgrund eines Schreibens der Eltern der Klägerin vom 30. Januar 2017 zum 6. Februar 2017 mit einem Wert von 5.520,55 EUR verkauft und aufgelöst wurde. Dieser Betrag wurde zunächst auf ein Konto der Klägerin gebucht. Am 21. März 2017 wurden von diesem Konto der Klägerin insgesamt 7.000,00 EUR auf ein Konto des Vaters gebucht.
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Unter Berücksichtigung dieses Vermögens bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 11. Februar 2020 Ausbildungsförderung in Höhe von monatlich 51,00 EUR für die Zeit vom 1. August 2019 bis 31. Juli 2020. Zugleich nahm der Beklagte mit dem Bescheid vom 11. Februar 2020 die Bescheide vom 28. September 2017 sowie vom 4. Oktober 2018 nach § 45 SGB X zurück und forderte von der Klägerin die Erstattung bereits erbrachter Leistungen nach § 50 SGB X in Höhe von 3.091,00 EUR, woraus sich nach Abzug von Leistungen, welche für den Zeitraum 1. August 2019 bis 29. Februar 2020 bewilligt wurden, ein Rückforderungsbetrag von 2.734,00 EUR ergab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die zurückgenommenen Bescheide rechtswidrig seien, weil der Klägerin keine Ausbildungsförderung zugestanden habe. Sie habe bei Antragstellung verschwiegen, dass am 21. März 2017 ein Betrag von 7.000,00 EUR von ihrem Konto auf das Konto ihrer Eltern übertragen worden sei. Hierbei handele es sich um eine rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung. Dies habe zur Folge, dass das Guthaben als Vermögen bei der Berechnung der Ausbildungsförderung zu berücksichtigen sei, so dass sich kein Anspruch auf Ausbildungsförderung ergebe. Die Bewilligungsbescheide seien daher in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zurückzunehmen. Das öffentliche Interesse daran, dass Leistungen nicht zu Unrecht erbracht und behalten würden, überwiege das Interesse der Klägerin am Bestand des für den jeweiligen Bewilligungszeitraum ergangenen rechtswidrigen Bewilligungsbescheids. Zudem käme es andernfalls zu einer Privilegierung der Klägerin gegenüber Auszubildenden, die stets vollständige und korrekte Angaben gemacht hätten. Der zu erstattende Betrag werde mit laufenden Förderungsleistungen verrechnet.
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Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Regierung von N. mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 2021, zugestellt am 20. September 2021, zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen die Begründung des Ausgangsbescheids wiederholt und vertieft. Hinsichtlich des zeitlichen Zusammenhangs zwischen Vermögensübertragung und Ausbildungsbeginn bzw. Antragstellung wurde ergänzend ausgeführt, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Vermögensübertragung am 21. März 2017 in der Abschlussklasse der Realschule gewesen sei, weshalb davon auszugehen sei, dass es zu diesem Zeitpunkt bereits Planungen über den weiteren Ausbildungsweg gegeben habe. Es sei deshalb auch erwartbar, dass man sich zu diesem Zeitpunkt Gedanken über die Finanzierung der beruflichen Ausbildung und etwaiger Fördermöglichkeiten gemacht habe.
II.
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Am 18. Oktober 2021 hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Würzburg erhoben.
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Sie beantragt,
Der Bescheid vom 11. Februar 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von N. vom 16. September 2021 wird aufgehoben.
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Sie meint, die Rückforderung sei rechtswidrig, da die Übertragung eines Betrags von 7.000,00 EUR nicht rechtsmissbräuchlich gewesen sei. Die Übertragung sei erfolgt, um die bis dahin und um diesen Zeitraum herum anfallenden und angefallenen notwendigen Ausgaben für die Klägerin zu bezahlen. Getätigt worden seien unter anderem folgende Ausgaben: Erwerb eines Cellos in Höhe von 2.900,00 EUR, Aufwendungen für dessen Reparatur in Höhe von 208,25 EUR, Musikunterricht einschließlich Instrumentenleihe in Höhe von 1.311,00 EUR, Schulgeld in Höhe von insgesamt 440,00 EUR, Erwerb eines gebrauchten Fahrrads im Wert von 320,00 EUR, Erwerb von Kleidung im Wert von über 500,00 EUR, Erwerb eines Smartphones zu einem Preis von 239,00 EUR und Aufwendungen für Tanzunterricht der Klägerin. Ferner seien Fahrtkosten der Klägerin zu einem Vorstellungsgespräch für ein freiwilliges ökologisches Jahr bei einer Einsatzstelle in P… sowie zur Aufnahmeprüfung an der Berufsfachschule in L… in Höhe von etwa 150,00 EUR angefallen.
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Darüber hinaus habe zum Zeitpunkt der Vermögensübertragung nicht festgestanden, dass die Klägerin demnächst eine Ausbildung beginnen würde. Vielmehr sei die berufliche Orientierung der Klägerin noch völlig unklar gewesen. So habe die Klägerin überlegt, zunächst als Aupair zu arbeiten oder ein freiwilliges soziales/ökologisches Jahr zu absolvieren. Diese Vorhaben seien jedoch gescheitert. Erst nachdem sich diese Pläne zerschlagen hätten, habe die Klägerin überlegt, sich an der Fachschule in L… anzumelden.
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Hinsichtlich der Höhe der Rückforderung sei zudem zu bemängeln, dass der Klägerin für jedes Jahr das gleiche fiktive Vermögen zugerechnet werde. Wenn die 7.000,00 EUR, die der Klägerin entgegengehalten würden, tatsächlich vorhanden gewesen wären, hätte dieser Betrag verbraucht werden müssen. Die Klägerin hätte insoweit keinen Unterhalt gegenüber ihren Eltern geltend machen können, weil sie zumindest ab Eintritt der Volljährigkeit zuvor ihr Vermögen bis zum Freibetrag des Bundesausbildungsförderungsgesetzes hätte aufwenden müssen.
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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Er verteidigt den angegriffenen Bescheid. Die Übertragung eines Betrags von 7.000,00 EUR von der Klägerin auf ihren Vater sei auch unter Berücksichtigung des Klagevorbringens rechtsmissbräuchlich. Insbesondere bestehe ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Vermögensübertragung am 21. März 2017 und der Beantragung von Ausbildungsförderung am 11. Juli 2017. Dass dieser Betrag für anstehende Anschaffungen für die Klägerin habe verwendet werden sollen, erscheine unglaubhaft. Es sei nicht ersichtlich, weshalb eine Vermögensübertragung auf die Eltern erforderlich gewesen sein sollte, um die von der Klägerin aufgelisteten Kosten zu begleichen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9. März 2023 und auf die Gerichts- und Behördenakten, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 11. Februar 2020 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 16. September 2021, soweit mit diesem zuvor erlassene Bewilligungsbescheide des Beklagten über Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz vom 28. September 2017 und vom 4. Oktober 2018 aufgehoben und die auf Grundlage dieser Bescheide an die Klägerin erbrachten Leistungen zurückgefordert werden.
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Nicht Streitgegenstand ist der Bescheid des Beklagten vom 11. Februar 2020, soweit der Klägerin Ausbildungsförderung in Höhe von monatlich 51,00 EUR für den Zeitraum 1. August 2019 bis 31. Juli 2020 bewilligt worden ist. Denn die anwaltlich vertretene Klägerin hat keinen Verpflichtungsantrag mit dem Ziel, eine höhere Ausbildungsförderung zu erhalten, gestellt. In der Klageschrift heißt es ausdrücklich, es werde (Anfechtungs-) Klage wegen der Rückforderung von Leistungen nach dem Bundesaubildungsförderungsgesetz erhoben. In entsprechender Anwendung der für die Auslegung von Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts geltenden Rechtsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB) ist dies so zu verstehen, dass sich die Klage allein gegen die Rücknahme der Bewilligungsbescheide vom 28. September 2017 und vom 4. Oktober 2018 und gegen die Festsetzung der zu erstattenden Leistung richtet. Über den gestellten Anfechtungsantrag gegen die Rücknahme- und Festsetzungsentscheidung des Beklagten vom 11. Februar 2020 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 16. September 2021 darf das Gericht gem. § 88 VwGO nicht hinausgehen.
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 11. Februar 2020 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 16. September 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in deren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Rechtsgrundlage der Rücknahme der Bewilligungsbescheide ist § 45 Abs. 1 und 2 SGB X, Rechtsgrundlage der Rückforderung ist § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
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Gegen die formelle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zwar ist die Klägerin vor Erlass der Rücknahme- und Rückforderungsentscheidungen nicht nach § 24 Abs. 1 SGB X angehört worden. Vielmehr hat sich der Beklagte darauf beschränkt, unter Hinweis auf die Notwendigkeit einer nachträglichen Prüfung der Vermögensverhältnisse zum Zeitpunkt der Antragstellung Fragen zum Sachverhalt an die Klägerin zu richten, ohne in seinen Anfragen an die juristisch nicht gebildete Klägerin hinreichend deutlich zum Ausdruck zu bringen, welche Folgen und möglichen Entscheidungen (Rücknahme der Bewilligungen und Rückforderung geleisteter Förderungsbeträge) im Raum stehen. Die ursprünglich unterbliebene Anhörung der Klägerin vor Bescheiderlass wurde indes im Widerspruchsverfahren nachgeholt (§ 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X; vgl. BVerwG, U.v. 18.8.1977 – V C 8/77 – BeckRS 2010, 51208 – Rn. 14, U.v. 17.8.1982 – 1 C 22/81 – NVwZ 1983, 284; B.v. 18.2.1991 – 7 B 15/91 – NVwZ-RR 1991, 337). Die Verwaltung hat die Äußerungen der Klägerin im Widerspruchsverfahren zur Kenntnis genommen und erwogen, wie das Schreiben des Beklagten an die Klägerbevollmächtigte vom 27. Juli 2020, das Vorlageschreiben der Ausgangsbehörde an die Widerspruchsbehörde vom 8. März 2021 und die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 16. September 2021 zeigen.
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Der angefochtene Bescheid ist darüber hinaus auch materiell rechtmäßig. Sowohl die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 und 2 SGB X für eine Rücknahme der früheren Bewilligungsbescheide als auch die Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X für die Rückforderung zu viel geleisteter Förderungsbeträge sind erfüllt.
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Nach § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGB X dürfen rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakte auch nach Eintritt der Unanfechtbarkeit zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte nicht auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme nicht schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (§ 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X).
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Bei den streitgegenständlichen zurückgenommenen Bewilligungsbescheiden handelt es sich um rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakte im Sinne von § 45 Abs. 1 SGB X. Sie begründen einen rechtlich erheblichen Vorteil, den Anspruch der Klägerin auf Erhalt von Ausbildungsförderung in der jeweils festgesetzten Höhe. Ihre Rechtswidrigkeit ergibt sich daraus, dass bei der Prüfung der Voraussetzungen eines Anspruchs der Klägerin auf Ausbildungsförderung zusätzliches, bei Erlass der Bewilligungsbescheide nicht in die Anspruchsprüfung einbezogenes Vermögen der Klägerin zu berücksichtigen war, so dass sich von vornherein kein Leistungsbedarf und damit kein Leistungsanspruch ergeben hätte.
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Ein Anspruch auf Ausbildungsförderung setzt nach § 1 BAföG voraus, dass dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen. Nach § 11 Abs. 1 BAföG wird Ausbildungsförderung für den Lebensunterhalt und die Ausbildung geleistet. Auf diesen Bedarf anzurechnen ist unter anderem das Vermögen des Auszubildenden (§ 11 Abs. 2 Satz 1 BAföG). Nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 BAföG gelten als Vermögen alle Forderungen und sonstigen Rechte. Hierunter fallen auch Forderungen gegen Banken aus Kontoguthaben. Von dem gemäß § 26 BAföG grundsätzlich anzurechnenden Vermögen des Auszubildenden bleibt nach § 29 Abs. 1 Satz 1 BAföG ein Freibetrag anrechnungsfrei. Nach der hier maßgeblichen, vom 1. August 2016 bis 31. Juli 2020 geltenden Fassung des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG belief sich der Freibetrag auf 7.500,00 EUR.
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Zu dem Vermögen des Auszubildenden in diesem Sinne zählt auch Vermögen, das der Auszubildende vor der Beantragung von Ausbildungsförderung unentgeltlich auf Dritte übertragen hat, sofern die Übertragung dem mit der Vermögensanrechnung verfolgten Gesetzeszweck widerspricht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, welcher das erkennende Gericht folgt, ist eine Vermögensübertragung unabhängig von ihrer bürgerlich-rechtlichen Wirksamkeit ausbildungsförderungsrechtlich wegen Rechtsmissbrauchs unbeachtlich, wenn sie im Widerspruch zu dem mit der Vermögensanrechnung verfolgten Gesetzeszweck steht (st.Rspr., z.B. BVerwG, U.v. 13.1.1983 – 5 C 103/80 – NJW 1983, 2829, 2830; U.v. 14.3.2013 – 5 C 10/12 – NVwZ-RR 2013, 689 Rn. 19).
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Der Gesetzeszweck der Vermögensanrechnung liegt darin, den in § 1 BAföG verankerten Nachrang der staatlichen Ausbildungsförderung durchzusetzen (BVerwG, U.v. 14.3.2013 – 5 C 10/12 – NVwZ-RR 2013, 689 Rn. 19). Ausbildungsförderung soll als sozialstaatliche Leistung auf solche Auszubildende konzentriert werden, die der Förderung insbesondere mangels eigenen Vermögens auch tatsächlich bedürfen. Diesem Gesetzeszweck widerspricht es, wenn Auszubildende Vermögen übertragen, um es der Vermögensanrechnung zu entziehen.
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Von einer solchen Zweckbestimmung ist grundsätzlich auszugehen, wenn Auszubildende Vermögen bzw. Teile hiervon auf Dritte übertragen, ohne eine werthaltige Gegenleistung zu erhalten. Ob der Umstand der Unentgeltlichkeit – im Sinne des Fehlens einer angemessenen bzw. werthaltigen Gegenleistung (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 25.3.2010 – 4 ME 38/10 – BeckRS 2010, 48047) – ausreichend ist, um ohne weiteres rechtsmissbräuchliches Handeln anzunehmen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. So kann etwa das Kriterium der Unentgeltlichkeit mit zunehmendem zeitlichen Abstand zur Antragstellung an Aussagekraft verlieren. Entsprechend ist es gerechtfertigt und im Einzelfall auch geboten, auch auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen Antragstellung und Vermögensübertragung abzustellen (vgl. zum Ganzen BVerwG, U.v. 14.3.2013 – 5 C 10/12 – NVwZ-RR 2013, 689 Rn. 19). Die zeitliche Nähe der Vermögensübertragung zur Beantragung von Ausbildungsförderung spricht gewichtig für die Annahme von Rechtsmissbrauch (BVerwG a.a.O.). Dagegen ist subjektiv verwerfliches Handeln für die Annahme einer rechtsmissbräuchlichen Vermögensübertragung ebenso wenig notwendig (BayVGH, B.v. 30.1.2012 – 12 C 11.114 – BeckRS 2012, 51842 Rn. 7; zum Ganzen auch VG Ansbach, U.v. 18.3.2022 – AN 2 K 21.1652 – BeckRS 2022, 12635 Rn. 42) wie eine konkrete Vorstellung in Bezug auf die Beantragung von Ausbildungsförderung für eine bestimmte Ausbildung. Der zeitliche Zusammenhang zwischen einer unentgeltlichen Vermögensübertragung und der Beantragung von Ausbildungsförderung ist vielmehr auch dann ein gewichtiges Indiz für einen Rechtsmissbrauch, wenn Vermögen im Zusammenhang mit einer noch nicht mit letzter Sicherheit in naher Zukunft aufzunehmenden, förderungsfähigen Ausbildung übertragen worden ist, weil auch dann der Schluss nahe liegt, dass damit eine staatliche Förderungsoption unter Umgehung des Nachranggrundsatzes (§ 1 BAföG) gesichert werden soll (OVG Niedersachsen, B.v. 26.9.2018 – 4 LA 367/17 – NJW 2018, 3798 Rn. 8).
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Soweit die relevanten Umstände in familiären Beziehungen wurzeln oder sich als innere Tatsachen darstellen, die häufig nicht zweifelsfrei feststellbar sind, ist es gerechtfertigt, für die Feststellung der Rechtsmissbräuchlichkeit einer Vermögensübertragung zwischen nahen Angehörigen äußerlich erkennbare Merkmale als Beweisanzeichen (Indizien) heranzuziehen (OVG Niedersachsen, B.v. 26.9.2018 – 4 LA 367/17 – NJW 2018, 3798 Rn. 8; ebenso zur Feststellung des Bestehens eines Darlehensvertrags zwischen nahen Angehörigen als Schuld i.S.v. § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG BVerwG, U.v. 4.9.2008 – 5 C 30/07 – NVwZ 2009, 392 Rn. 24; BayVGH, B.v. 4.7.2012 – 12 ZB 11.479 – BeckRS 2012, 53594 Rn. 13).
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Gemessen hieran stellt sich die Vermögensübertragung in Höhe von 7.000,00 EUR im März 2017 als rechtsmissbräuchlich dar, unabhängig davon, ob das Konto, auf das die Übertragung erfolgte, allein dem Vater der Klägerin oder beiden Eltern gemeinsam gehörte. Hierfür sprechen die zeitliche Nähe der Vermögensübertragung zur erstmaligen Beantragung von Ausbildungsförderung in Kombination mit der Unentgeltlichkeit der Vermögensübertragung. Es sind keine Umstände erkennbar, die die Aussagekraft dieser Kriterien infrage stellen würden.
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Die streitgegenständliche Vermögensübertragung erfolgte am 21. März 2017 und damit ca. zwei Monate vor Anmeldung der Klägerin zur Aufnahmeprüfung für die geförderte Ausbildung an der Keramikschule am 29. Mai 2017, drei Monate vor ihrer Anmeldung zur Ausbildung und deren Bestätigung durch die Ausbildungsstätte am 21. Juni 2017 und ca. dreieinhalb Monate vor der erstmaligen Stellung eines Antrags auf Ausbildungsförderung am 10. Juli 2017. Angesichts dieses zeitlichen Ablaufs ist von einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Antragstellung und der Vermögensübertragung auszugehen.
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Die Unentgeltlichkeit der Vermögensübertragung ergibt sich daraus, dass ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht. Der Klägerin ist im Gegenzug weder das Eigentum an einem Gegenstand noch eine Leistung zugeflossen. Die Klägerin behauptet zwar, dass das übertragene Vermögen ihr zugutegekommen sei, indem zum Beispiel Schuldgeld, Musik- und Tanzunterricht sowie Reisekosten für die Teilnahme an einem Vorstellungstermin für ein freiwilliges ökologisches Jahr und die Aufnahmeprüfung an der Keramikschule bezahlt und verschiedene Anschaffungen wie Kleidung, Handy, Fahrrad und Musikinstrument getätigt worden seien. Dass Ausgaben zugunsten der Klägerin getätigt worden sind, ist indes nur für einen Teil des Gesamtwerts des Vermögens von 7.000,00 EUR nachgewiesen. Letztlich kommt es hierauf auch nicht an, so dass dem nicht weiter nachzugehen war, weil selbst eine vollständige Verwendung des Vermögens zugunsten der Klägerin nichts an der Unentgeltlichkeit der Vermögensübertragung ändern würde. Um eine Unentgeltlichkeit verneinen zu können, hätte bereits im Zeitpunkt der Vermögensübertragung eine Vereinbarung über die Verwendung des Vermögens getroffen werden müssen, die eine gleichwertige Kompensation für das dem Eigentum und Zugriff der Klägerin entzogene Vermögen darstellt. Die tatsächliche Verwendung eines übertragenen Vermögens kann zwar im Einzelfall einen Hinweis darauf liefern, welcher Zweck mit seiner Übertragung verfolgt worden ist. Einen zwingenden Schluss auf eine verbindliche Vereinbarung im dargestellten Sinne enthält sie indes nicht. Eine verbindliche Vereinbarung über eine (gleichwertige) Gegenleistung für die Weggabe des Vermögens liegt nach Überzeugung des Gerichts in einer Gesamtschau aller Umstände des streitgegenständlichen Falls nicht vor.
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Im Verwaltungsverfahren wurde lediglich mitgeteilt, dass der Überweisungsbetrag von 7.000,00 EUR dem väterlichen Vermögen zugeführt worden sei, ohne Angaben über eine Gegenleistung an die Klägerin oder zu der Verwendung des Vermögens nach dessen Übertragung zu machen. Im Widerspruchsverfahren wurde dies dahingehend ergänzt, dass mit dem Vermögen diverse Anschaffungen getätigt worden seien, ohne diese zu konkretisieren. Erst im Klageverfahren wurde vorgebracht, dass das Vermögen für Ausgaben verwendet worden sei, die für die Klägerin anfielen, und es wurden für einen Teil der behaupteten Ausgaben Belege vorgelegt (Bl. 17-25, Bl. 96 der Gerichtsakte).
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Inwieweit dieses späte Vorbringen den Schluss auf eine nachträglich konstruierte Argumentation zulässt oder auf andere, nachvollziehbare Gründe, etwa auf Anhörungsfehler der Beklagtenseite im Ausgangsverfahren, zurückzuführen ist, kann dahinstehen. Über die erstmals im Gerichtsverfahren behauptete Verwendung des übertragenen Vermögens zugunsten der Klägerin ist jedenfalls keine rechtsverbindliche, d.h. einklagbare vertragliche Vereinbarung abgeschlossen worden. Für die Annahme einer solchen Abrede zwischen der Klägerin und ihren Eltern fehlt es an einer Darlegung der näheren Umstände ihres Zustandekommens, eines hinreichend bestimmten Vertragsinhalts und des Zeitpunkts des Vertragsschlusses. Dies gilt auch dann, wenn man im Rahmen der an einen substantiierten Vortrag zu stellenden Anforderungen den Zeitablauf seit der Vermögensübertragung im Jahr 2017 berücksichtigt, wobei auch in Rechnung zu stellen ist, dass die Klägerin und ihre Eltern zum einen bereits seit 2019 von der Überprüfung der Vermögensverhältnisse einschließlich der streitgegenständlichen Übertragung Kenntnis haben und damit rechnen mussten, hierzu weitere Angaben machen zu müssen. Zum anderen handelt es sich bei der Vermögensübertragung angesichts ihrer Höhe und des Umstands, dass keine weitere vergleichbare Überweisung vom Konto der Klägerin auf ein Konto der Eltern existiert, um einen für die klägerische Familie nicht alltäglichen Vorgang, welcher dementsprechend nach allgemeiner Lebenserfahrung leichter in Erinnerung bleibt als sich ständig wiederholende alltägliche oder bloß geringfügige Geschäfte.
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Dass kein einklagbarer Anspruch der Klägerin auf eine bestimmte Verwendung des Vermögens geschaffen werden sollte, wird dadurch bestätigt, dass bei Zuwendung der 7.000,00 EUR an die Eltern nicht hinreichend genau bestimmt worden ist, wofür das Vermögen ausgegeben werden sollte. Nach klägerischen Angaben soll zwar festgestanden haben, dass der Betrag für die Klägerin ausgegeben werden sollte. Jedoch hatten weder die Klägerin noch ihre Eltern eine klare Vorstellung davon, wann, wofür und in welchem Umfang der Betrag aufgewendet werden sollte (vgl. Schriftsatz vom 9.1.2023, S. 3: „Eine konkrete Verwendung wurde damals noch nicht festgelegt.“).
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Dies zeigt sich auch darin, dass nach wie vor unklar ist, wieso ausgerechnet ein Betrag von 7.000,00 EUR überwiesen worden ist. Die Klägerseite hat zwar angegeben, dass der Betrag von 7.000,00 EUR von den Eltern überschlägig als benötigte Summe geschätzt worden sei. Diese Schätzung, wie sie sich zusammensetzt und wie sie zustande kam, wurde jedoch nicht substantiiert dargelegt. Auch auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung konnten hierzu klägerseits keine Angaben gemacht werden. Dargelegt worden sind verschiedene tatsächliche Aufwendungen. Durch spätere tatsächliche Ausgaben kann indes weder die vorgenannte Prognose noch ihre Darlegung ersetzt werden. Dies gilt umso mehr, als die tatsächlichen Ausgaben einerseits und die Schätzung der Kosten im Zeitpunkt der Vermögensübertragung andererseits voneinander abweichen können, wie der streitgegenständliche Fall zeigt. So hat die Klägerin im Rahmen der Klagebegründung geltend gemacht, es seien Kosten für ihre Fahrt zu einer Aufnahmeprüfung an der Keramikfachschule im Juni 2017 angefallen, deren Ablegung im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Vermögensübertragung im März 2017 nach ihren Angaben noch gar nicht in Betracht gezogen worden sein soll.
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Wenn man den Kontostand zum Zeitpunkt der Übertragung der Höhe des übertragenen Vermögens gegenüberstellt, fällt demgegenüber auf, dass sich auf dem Konto ein Betrag in Höhe von 7.554,18 EUR befand und ein Betrag von 7.000,00 EUR überwiesen wurde. Diese Umstände legen in ihrer Gesamtschau nahe, dass sich weder die Klägerin noch ihre Eltern vor oder im Zeitpunkt der Vermögensübertragung tatsächlich ernsthafte Gedanken über die getätigten und anstehenden Ausgaben für die Klägerin und deren Höhe gemacht haben, sondern schlicht praktisch das gesamte Bankvermögen der Klägerin deren Verfügungsgewalt entzogen worden ist, um es in einer Zeit, in der die finanziellen Verhältnisse der Familie der Klägerin nach deren Angaben angespannt waren (s. Schriftsatz der Klägerin vom 24.1.2022, S. 2, ferner S. 4 des Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9.3.2023), den Eltern der Klägerin zu deren allgemeinen Entlastung und freien Verfügung zuzuführen. Hierfür spricht auch, dass nicht Geldbeträge in Höhe tatsächlich anfallender Kosten vom Konto der Klägerin abgehoben oder abgebucht wurden, wenn diese Kosten anfielen. Stattdessen ist ein fast die gesamte Kontoforderung umfassender Betrag auf das Konto des Vaters der Klägerin überwiesen worden, der dann nach klägerischen Angaben irgendwann um den Zeitraum der Übertragung herum, ohne diesen näher zu konkretisieren, irgendwie für die Klägerin aufgebraucht werden sollte.
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Jedenfalls mangels einer (vertraglichen) Bindung im Hinblick auf die Verwendung des Vermögens und aufgrund der somit freien eigenen Nutzungsmöglichkeit der Eltern stellt sich das elterliche bzw. väterliche Bankkonto, auf welches das Vermögen übertragen worden ist, selbst bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise auch nicht als reine Durchgangsstation zum Erwerb bestimmter Leistungen oder Gegenstände aus Mitteln des Kindes im Sinne von § 1646 BGB dar, so dass der Klägerin weder das Eigentum an einem Gegenstand noch eine Leistung im unmittelbaren Zusammenhang mit der Vermögensübertragung zugeflossen ist.
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Die Vermögensübertragung stellt sich auch nicht als vorweggenommener Aufwendungsersatz dar. Aufwendungsersatz können die Eltern nur für solche Aufwendungen verlangen, die sie nicht im Rahmen der Unterhaltspflicht (§§ 1601 ff. BGB) selbst zu tragen haben (Huber in MüKoBGB, 8. Aufl. 2020, § 1648 Rn. 1; Eitzinger in BeckOGK, Stand 1.10.2022, § 1648 Rn. 10). Da die typischen Aufwendungen für das Kind (z.B. auch die musikalische Ausbildung) im Allgemeinen von der Unterhaltspflicht umfasst sind (vgl. § 1610 BGB; Huber in MüKoBGB, 8. Aufl. 2020, § 1648 Rn. 1), kommt hier ein Aufwendungsersatzanspruch nach § 1648 BGB nicht infrage, unabhängig von der Frage, ob er überhaupt „vorgezogen“ (also vor Anfall der Aufwendungen) entstehen konnte und beglichen werden durfte. Hinzu kommt, dass nach § 685 Abs. 2 BGB im Zweifel anzunehmen ist, dass die Absicht fehlt, von dem Empfänger Ersatz zu verlangen, wenn Eltern ihren Abkömmlingen Unterhalt gewähren. Dies gilt auch im streitgegenständlichen Fall, in welchem eine vertragliche Vereinbarung über eine einklagbare Ersatzpflicht der Klägerin, insbesondere die näheren Umstände ihres Zustandekommens, der Inhalt der Abrede und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, nicht dargelegt worden ist.
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Mangels einer Vereinbarung über die Verwendung des Vermögens liegt auch keine Schenkung unter Auflage (§ 525 Abs. 1 BGB) vor. Eine solche würde voraussetzen, dass dem Beschenkten bei der Schenkung mit einer vertraglichen Nebenabrede eine obligatorische Leistungspflicht auferlegt worden ist, welche nicht für die Zuwendung, sondern auf der Grundlage und aus dem Wert der Zuwendung erfolgen sollte. Hieran fehlt es aus den bereits dargestellten Gründen. Es sollte keine einklagbare Leistungspflicht der Eltern gegenüber der Klägerin begründet werden, das übertragene Vermögen auf eine bestimmte Art und Weise bzw. für einen bestimmten Zweck zu verwenden. Keiner Entscheidung bedarf daher die Frage, welche Auswirkungen das Vorliegen einer Schenkung unter Auflage hätte.
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Es ist vielmehr davon auszugehen, dass es sich bei der Vermögensübertragung um eine unentgeltliche Zuwendung in Form einer Schenkung (ohne Auflage oder Zweckbindung) oder einer zweckgebundenen Schenkung handelt. Die Eltern der Klägerin sind materiell bereichert durch die Zuwendung. Eine Bereicherung in diesem Sinne ist anzunehmen, wenn der Beschenkte an der Zuwendung auch ein eigenes Interesse hat. Daran fehlt es bei einer Übertragung zur fiduziarischen Verwaltung, etwa wenn der Zuwendungsempfänger die Zuwendung lediglich als Durchgangsstation erhält, um ihn ohne eigene Nutzungsmöglichkeit an einen Dritten weiterzuleiten, bzw. eine Zuwendung von Vermögen allein zu dem Zweck erfolgt, es zu Gunsten anderer zu verwenden (BGH, U.v. 10.12.2003 – IV ZR 249/02 – NJW 2004, 1382, 1383; Koch in MüKoBGB, 9. Aufl. 2023, § 516 Rn. 12). Ein solcher Fall liegt nicht vor. Den Eltern der Klägerin steht das Vermögen bis zu seiner Ausgabe zur freien Verfügung, sie können hieraus beispielsweise Zinserträge erhalten. Außerdem müssen sie in Höhe des ihnen zugewendeten Betrags kein eigenes Vermögen aufwenden, um ihrer Unterhaltspflicht gegenüber der Klägerin nachzukommen. So gesehen verwenden sie das Vermögen selbst im Falle von Aufwendungen, die der Klägerin zugutekommen, (auch) für sich selbst, nämlich zur Erfüllung ihrer Unterhaltspflichten. Nicht ausgegebenes Vermögen würde zudem bei den Eltern verbleiben, da es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Zuwendung nicht im Sinne eines endgültigen Vermögenstransfers erfolgen sollte. Der Zweck, das Vermögen für die Klägerin zu verwenden, war wie bereits ausgeführt allenfalls Geschäftsgrundlage, aber keine einklagbare vertragliche Verpflichtung. Im Ergebnis liegt somit hinsichtlich des Betrags von 7.000,00 EUR ein ohne wirtschaftlichen Gegenwert erfolgter Vermögensabfluss bei der Klägerin vor, ohne dass es einer genauen Festlegung der Zuwendungsart (Schenkung, zweckgebundene Schenkung) bedarf. Auch die zivilrechtliche Wirksamkeit einer Schenkung, insbesondere im Hinblick auf §§ 1641, 181 BGB, kann an dieser Stelle dahinstehen. Dies ist für die Frage des Rechtsmissbrauchs der Vermögensübertragung unerheblich (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2013 – 5 C 10/12 – NVwZ-RR 2013, 689 Rn. 19).
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Der Vermögensabfluss wird auch nicht durch einen Rückforderungsanspruch der Klägerin gegen ihre Eltern, welcher überdies seinerseits nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG als Vermögen zu berücksichtigen sein könnte, kompensiert. Im Falle einer Schenkung ohne Zweckbindung scheidet ein Rückforderungsanspruch aus, da Umstände, aus denen sich ein solcher ergeben könnte, weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind. Auch im Falle einer zweckgebundenen Schenkung lägen keine ausreichenden Anhaltspunkte für einen Rückforderungsanspruch im Zeitpunkt der jeweiligen Antragstellung (§ 28 Abs. 2 BAföG) vor. Vielmehr behauptet die Klägerin, dass der Zweck ordnungsgemäß erfüllt worden sei.
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Nach alledem ist die Übertragung eines Betrags von 7.000,00 EUR im März 2017 als rechtsmissbräuchlich anzusehen, weil damit Vermögen, das die Klägerin sonst für ihre Ausbildung hätte verwenden können, ihrem Zugriff entzogen wurde, ohne dass sie dafür einen wirtschaftlichen Gegenwert erhielt. Es war auch nicht sicher, dass der gesamte Betrag tatsächlich zum Zeitpunkt der Antragstellung aufgebraucht sein würde und bis dahin nicht für die Klägerin verwendetes Vermögen wieder an sie zurückfließen würde. Wäre das Vermögen nicht übertragen worden, wäre gewährleistet gewesen, dass im Zeitpunkt der Antragstellung noch vorhandenes Vermögen bei der Anspruchsprüfung hätte berücksichtigt werden können. Für diese Vorgehensweise ist kein überzeugender sachlicher Grund genannt worden. Wie das Vermögen nach seiner Übertragung tatsächlich verwendet worden ist, ist im streitgegenständlichen Fall unerheblich und bedurfte daher keiner weiteren Aufklärung durch das Gericht. Der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs knüpft nicht an die Verwendung des Vermögens an, sondern an die Übertragung des Vermögens auf die Eltern.
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Ebenso wenig steht der Annahme von Rechtsmissbrauch entgegen, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Vermögensübertragung noch nicht sicher wusste, dass sie wenige Monate später eine Ausbildung beginnen und hierfür Ausbildungsförderung benötigen und beantragen würde.
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Das Kennzeichen einer rechtsmissbräuchlichen Vermögensübertragung ist darin zu sehen, dass Vermögen, welches zur Finanzierung einer Ausbildung hätte eingesetzt werden können, ohne gleichwertige Gegenleistung in dem Wissen weggegeben wird, dass die Aufnahme eines förderungsfähigen Studiums in naher Zukunft zumindest ernsthaft in Betracht kommt. Dies verletzt den Nachrang der Ausbildungsförderung (vgl. VG Ansbach, U.v. 18.3.2022 – AN 2 K 21.1652 – BeckRS 2022, 12635 Rn. 45). Die Klägerin macht zwar geltend, sie habe im März 2017 noch nicht gewusst, was sie nach Abschluss ihrer Schulausbildung machen wolle. Vielmehr hätten mehrere Möglichkeiten im Raum gestanden, auch solche, für welche sie keine Ausbildungsförderung benötigt hätte, beispielsweise ein freiwilliges ökologisches Jahr, eine Ausbildung im Bereich Mode oder eine Ausbildung zur Erzieherin. Insoweit verkennt sie jedoch, dass ein Rechtsmissbrauch nicht voraussetzt, dass im Zeitpunkt der Vermögensübertragung konkrete Vorstellungen über die Aufnahme einer bestimmten Ausbildung und deren Förderungsfähigkeit bestanden haben. Entscheidend ist vielmehr der Widerspruch der Vermögensübertragung zum Nachrang von Ausbildungsförderung, welcher bereits dann vorliegt, wenn die Aufnahme einer förderungsfähigen Ausbildung in naher Zukunft zumindest ernsthaft in Betracht kommt (OVG Niedersachsen, B.v. 26.9.2018 – 4 LA 367/17 – NJW 2018, 3798 Rn. 7 f.; VG Ansbach, U.v. 18.3.2022 – AN 2 K 21.1652 – BeckRS 2022, 12635 Rn. 45). Dies ist auch dann zu bejahen, wenn die Aufnahme der Ausbildung nur eine von mehreren Optionen ist, sofern (auch) sie ernsthaft erwogen wird. So liegt der Fall hier. Die Klägerin besaß zur Überzeugung der Kammer im Zeitpunkt der Vermögensübertragung eine konkrete Vorstellung davon, dass sie bald ihren Schulabschluss erlangen und im Anschluss daran eine Ausbildung oder einen Freiwilligendienst absolvieren würde. Dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Vermögensübertragung noch nicht über eine Ausbildung an der Berufsfachschule für Keramik nachgedacht haben will, spielt insoweit keine Rolle. Entscheidend ist, dass neben einem Freiwilligendienst und einem Au-pair-Einsatz auch die Möglichkeit einer Ausbildung ernsthaft im Raum stand. Hiervon geht das Gericht aufgrund des klägerischen Vorbringens, insbesondere der Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, aus. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin glaubhaft geschildert, dass sie zunächst unsicher war, was sie nach Beendigung der Schule machen wolle. Sie hat daher verschiedene berufliche Wege ebenso wie ein Bildungs- und Orientierungsjahr in Form eines Freiwilligendienstes oder eines Au-pair-Einsatzes in Betracht gezogen. Lediglich ein Studium kam für die Klägerin von vornherein nicht in Betracht. Sie zog jedoch eine Ausbildung zum Beispiel in der Modebranche oder im Bereich der Kindererziehung zumindest zeitweise in Betracht. Dass sie eine Ausbildung beginnen würde, wenn ihre Bewerbungen für einen Freiwilligendienst oder einen Au-pair-Einsatz keinen Erfolg haben würden, war daher absehbar. Dass es tatsächlich hierzu kommen, also die vorgenannten Bewerbungen keinen Erfolg haben würden, war auch nicht völlig fernliegend. Dies bestätigen die Ausführungen im Ablehnungsschreiben für die Stelle im ökologischen Freiwilligendienst vom 16. Mai 2017, wonach aufgrund der „bekanntermaßen“ großen Nachfrage bei weitem nicht jedem Bewerber ein Platz habe angeboten werden können.
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Soweit von der Klägerbevollmächtigten eingewandt worden ist, dass Ausbildungen im Raum gestanden hätten, die sich durch ein Ausbildungsgehalt selbst getragen hätten, greift dieser Einwand nicht durch, da die Klägerin jedenfalls auch über die Aufnahme von dem Grunde nach förderfähigen Ausbildungen nachgedacht hat. Aus der Darstellung der Klägerin geht hervor, dass sie sich zum Zeitpunkt der Vermögensübertragung gerade noch nicht eindeutig für oder gegen eine bestimmte Ausbildung entschieden hatte, sondern nicht wusste, welchen weiteren Weg sie nehmen wollte. Um sich hierüber klar zu werden, hat sie unter anderem Praktika absolviert, dies auch in Bereichen, die eine – dem Grunde nach – nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz förderfähige Ausbildung voraussetzten. Eine Ausbildungsförderung ist nämlich auch bei Erhalt einer Vergütung aus einem Ausbildungsverhältnis – je nach deren Höhe und dem sonstigen Einkommen und Vermögen des Auszubildenden – nicht von vornherein ausgeschlossen. Die Vergütung wird lediglich bei der Ermittlung des Einkommens des Auszubildenden nach § 23 Abs. 3 BAföG voll angerechnet.
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Der Rücknahme der Bewilligungsbescheide stand auch Vertrauensschutz (§ 45 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 SGB X) nicht entgegen. Zwar mag die Klägerin auf die Bewilligung der Ausbildungsförderung tatsächlich vertraut haben. Jedoch war dieses Vertrauen jedenfalls nicht schutzwürdig, da die Bewilligung auf Angaben der Klägerin beruhte, die in wesentlichen Fragen zumindest grob fahrlässig unrichtig bzw. unvollständig waren (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X).
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Grob fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, weil er schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und das nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (BVerwG, U.v.14.3.2013 – 5 C 10/12 – NVwZ-RR 2013, 689 Rn. 24).
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Im streitgegenständlichen Fall enthielten die von der Klägerin ausgefüllten Antragsformulare jeweils oberhalb der Unterschriftszeile in Fettdruck den Hinweis, dass insbesondere auch solche Vermögenswerte dem Vermögen des Auszubildenden zuzurechnen seien, die in zeitlichem Zusammenhang mit der Aufnahme der förderungsfähigen Ausbildung bzw. der Stellung des Antrags auf Ausbildungsförderung ohne gleichwertige Gegenleistung an Dritte, insbesondere an die Eltern, übertragen worden seien. Danach war für die Klägerin erkennbar, dass ihr zum einen das weggegebene Vermögen fiktiv zuzurechnen war und sie dieses zum anderen hätte angeben müssen. Ungeachtet dessen musste sich ihr jedenfalls aufdrängen, dass das weggegebene Vermögen – auch angesichts seines erheblichen Werts – für die Frage der Bewilligung von Ausbildungsförderung eine maßgebliche Rolle spielen könnte. Entsprechend liegt grobe Fahrlässigkeit zumindest darin, dass die Klägerin die Vermögensübertragung weder im Vorfeld der Antragstellung – etwa durch die Frage, ob diese Umstände anzugeben seien – noch im Rahmen der Antragstellung thematisiert hat. Im Zeitraum der Minderjährigkeit der Klägerin werden ihr das Wissen und falsche Angaben der Eltern als ihren gesetzlichen Vertretern nach § 1629 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 166 Abs. 1 BGB zugerechnet. Jedenfalls ein Elternteil, die Mutter der Klägerin, hat den ersten Antrag auf Ausbildungsförderung vom 4. Juli 2017 mitunterzeichnet. Beide Eltern hatten unstreitig Kenntnis von dem Konto der Klägerin, von dem die Überweisung eines Betrags von 7.000,00 EUR erfolgte, und von der Vermögensübertragung selbst. Dies ergibt sich beispielsweise auch aus der Klageschrift vom 18. Oktober 2021, Seite 3. Dort heißt es: „Im März 2017 überwiesen dann die Eltern 7.000,00 EUR“. Auch im Schriftsatz vom 9. Januar 2023, Seiten 2 und 3, ist stets von Schätzungen und Tätigkeiten der „Kindeseltern“ bzw. der „Eheleute“ die Rede. Es ist der Klägerin ferner (nach Erreichen der Volljährigkeit) zumutbar, dass sie sich zum Zwecke der Antragstellung über ihr Vermögen informiert und sich etwa bei ihren Eltern hierüber erkundigt, wenn diese ihr Vermögen verwalten bzw. verwalteten, um bei der Antragstellung gegenüber dem Beklagten korrekte Angaben machen zu können. Die ausgebliebenen Angaben zur Vermögenshöhe waren auch kausal für die Rechtswidrigkeit der Bewilligung von Ausbildungsförderung.
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Der Rücknahme stehen auch keine gesetzlichen Fristen entgegen. § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X, wonach ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden kann, findet gemäß § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB X keine Anwendung. Die Jahresfrist nach § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist eingehalten, so dass die Rücknahme aufgrund fehlerhafter Angaben im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X auch mit Wirkung für die Vergangenheit erfolgen konnte.
49
Rechtlich nicht zu beanstanden ist ferner die Ermessensentscheidung des Beklagten, den Bewilligungsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
50
Die Rücknahme eines von Anfang an rechtswidrigen Bewilligungsbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 45 SGB X steht im Ermessen der Ämter für Ausbildungsförderung, unabhängig davon, ob sich der Begünstigte gem. § 45 Abs. 3 SGB X auf Vertrauensschutz berufen kann oder nicht. Die Ermessensentscheidung erfordert eine sachgerechte Abwägung des öffentlichen Interesses an der Herstellung gesetzmäßiger Zustände mit dem privaten Interesse des Auszubildenden an der Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Bewilligungsbescheids. Die Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Bestandskraft von Verwaltungsakten stehen dabei gleichberechtigt nebeneinander. Eine Begrenzung des Entscheidungsspielraums der Ämter für Ausbildungsförderung im Sinne eines sogenannten intendierten Ermessens besteht hierbei nicht (BVerwG, U.v. 14.3.2013 – 5 C 10/12 – NVwZ-RR 2013, 689 Rn. 29 ff.).
51
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist die Ermessensausübung des Beklagten nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat erkannt, dass ihm § 45 Abs. 1 SGB X Ermessen einräumt und dieses rechtsfehlerfrei ausgeübt. Soweit es im Widerspruchsbescheid heißt, das Bundesverwaltungsgericht habe in einer Entscheidung aus dem Jahr 1987 ausgeführt, die Ermessensbetätigung der Behörde werde im Normalfall zur Rückgängigmachung des Verwaltungsakts führen, bezieht sich die von der Widerspruchsbehörde hieraus abgeleitete Einschränkung ausweislich des nachfolgenden Satzes allein auf den Umfang der Darstellung der Ermessensgründe im Bescheid. Hingegen ist nicht von einer sachlichen Begrenzung des Entscheidungsspielraums der Behörde ausgegangen worden. Der Beklagte ist somit nicht von einem Fall intendierten Ermessens ausgegangen. Bei der Ausübung des Ermessens hat sich der Beklagte gem. § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I am Zweck der Ermächtigung orientiert und ist unter Abwägung des Interesses der Klägerin an der Aufrechterhaltung der bestandskräftigen rechtswidrigen Bewilligungen mit dem öffentlichen Interesse an der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung rechtlich fehlerfrei zu dem Ergebnis gekommen, das Interesse der Klägerin, die zu Unrecht erhaltenen Mittel zu behalten, habe hinter das öffentliche Interesse an einer rechtmäßigen und effizienten Vergabe der aus allgemeinen Steuermitteln finanzierten Förderungsmittel zurückzutreten. Da sich die wesentlichen Gründe für diese Ermessensausübung dem Bescheid entnehmen lassen (Bescheid vom 11. Februar 2020, Beiblatt S. 3, Widerspruchsbescheid vom 16. September 2020, S. 8), sind überdies auch die formellen Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X an die Begründung von Ermessensentscheidungen erfüllt.
52
Auch der Umfang der Rücknahme lässt keinen Fehler zulasten der Klägerin erkennen. Dies gilt auch im Hinblick auf den vom Beklagten berücksichtigten fiktiven Vermögensverbrauch.
53
Bei einer nachträglichen Vermögensberechnung im Rahmen von Rücknahmeentscheidungen ist in Rechnung zu stellen, dass der Auszubildende bei rechtmäßigem Verhalten das angerechnete Vermögen tatsächlich anstatt der ihm rechtswidrig zugeflossenen Förderungsbeträge für seinen Lebensunterhalt und die Ausbildung verwendet hätte mit der Folge, dass es ihm im folgenden Bewilligungszeitraum nicht mehr angerechnet werden kann (BayVGH, B.v. 14.10.2009 – 12 ZB 08.1460 – juris Rn. 5 m.w.N.; OVG Sachsen, U.v. 18.5.2016 – 1 A 382/15 – BeckRS 2016, 46697 Rn. 24). Dabei ist der fiktive Vermögensverbrauch nicht für den gesamten jeweiligen Bewilligungszeitraum, sondern nur bis zum Zeitpunkt des jeweiligen Wiederholungsantrags in Abzug zu bringen (vgl. BVerwG, U.v. 13.1.1983 – 5 C 103/80 – juris Rn. 23; OVG NRW, U.v. 18.11.2011 – 12 A 1809/10 – juris Rn. 65; OVG Sachsen, U.v. 18.5.2016 – 1 A 382/15 – BeckRS 2016, 46697 Rn. 25), da für die Vermögensberechnung von Auszubildenden der Antragszeitpunkt maßgeblich ist (§ 28 Abs. 2 BAföG). Auszubildende, die ihr Vermögen korrekt angeben, erhalten grundsätzlich Ausbildungsförderung ab dem Monat der Antragstellung unter Anrechnung des im Zeitpunkt der Antragstellung vorhandenen Vermögens. Auch bei einem Folgeantrag, der vor Ablauf des Bewilligungszeitraums gestellt wird, ist allein der Zeitpunkt der Antragstellung für die Vermögensberechnung maßgeblich, ohne dass Aufwendungen zur Deckung des Bedarfs bis zum Beginn des nächsten Bewilligungszeitraums Berücksichtigung finden (§ 28 Abs. 2 und 4 BAföG). Dabei könnte auch einem Härtefallantrag (§ 29 Abs. 3 BAföG) nur bei einer wesentlichen Verschlechterung der Vermögenslage entsprochen werden (OVG Bautzen, U.v. 18.5.2016 – 1 A 382/15 – BeckRS 2016, 46697 Rn. 26).
54
Hiervon ausgehend enthält die Neuberechnung der Ausbildungsförderung durch den Beklagten im Rahmen seiner Rücknahmeentscheidung keinen Fehler zulasten der Klägerin. Insbesondere hat der Beklagte lediglich im ersten Bewilligungszeitraum das Vermögen von 7.000,00 EUR in voller Höhe angesetzt, in den späteren Zeiträumen aber einen fiktiven Vermögensverbrauch in Höhe der jeweils rechtswidrig zugeflossenen Förderungsbeträge angesetzt.
55
Auch die streitgegenständliche Rückforderung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist zwingende Folge der ebenfalls streitgegenständlichen Aufhebung der Bewilligungsbescheide. Dies ergibt sich aus § 50 Abs. 1 Satz 1 SBG X. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Nach § 50 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB X ist die zu erstattende Leistung durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Diese Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsaktes erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden. Diesen Anforderungen genügt die streitgegenständliche Rückforderung. Nachdem die Bewilligungsbescheide zurückgenommen wurden, waren die erbrachten Leistungen zurückzufordern, ohne dass insoweit ein Ermessensspielraum des Beklagten bestand. Die Rückforderung ist auch der Höhe nach rechtlich nicht zu beanstanden. Ihre Höhe entspricht dem Umfang der Aufhebung der Bewilligungsbescheide, welche wie vorstehend ausgeführt rechtmäßig ist.
56
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 188 Satz 2 VwGO.