Titel:
Beurteilung einer Grundschullehrerin (bei Abordnung an universitären Lehrstuhl über weite Teile des Beurteilungszeitraums)
Normenketten:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2
LlbG Art. 56 Abs. 2 S. 1 Nr. 2
ZALGM § 13
Leitsätze:
1. Es entspricht der ständigen Praxis, dass für Lehrkräfte, die nach ihrer Abordnung im Laufe des letzten Jahres des Beurteilungszeitraums in den Schuldienst zurückkehren, dieser bis zum Ablauf eines Jahres nach der Rückkehr zu verlängern ist. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es kann nicht beanstandet werden, dass das Hauptgewicht der dienstlichen Beurteilung einer Grundschullehrerin auf die unterrichtlichen Einzelmerkmale gelegt wird, denn sie besitzen für die Herstellung der Vergleichbarkeit von Leistungsaussagen eine überragende Bedeutung, während die Bedeutung der auf eine im Beurteilungszeitraum erbrachte Tätigkeit an einem Lehrstuhl für Schulpädagogik bezogenen zentralen Merkmale (auch bei ganz überwiegendem Zeitanteil) in den Hintergrund tritt. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
3. Es kann dem Dienstherrn nicht vorgeworfen werden, drei maßgebliche Unterrichtsbesuche allesamt in der ersten Hälfte des verlängerten Beurteilungszeitraums durchgeführt zu haben, wenn sich daraus der gesicherte Eindruck ergibt, bei der Beamtin bestehe in bestimmten Aspekten (insbesondere Reduzierung des Redeanteils) „Fortentwicklungsbedarf“, der aber angesichts des ermittelten Leistungsbildes nur über einen längeren Zeitraum und nicht kurzfristig behoben werden könne. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
4. Auch „unter Nachweisgesichtspunkten“ besteht keine Verpflichtung des Dienstherrn, schriftliche Dokumentationen über Unterrichtsbesuche aufzubewahren, um sie später dem zu beurteilenden Beamten oder ggf. im verwaltungsgerichtlichen Verfahren „vorzulegen“; Art und Weise der Plausibilisierung des Beurteilungsergebnisses obliegen vielmehr dem jeweiligen Beurteiler. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Periodische Beurteilung einer Grundschullehrerin (BesGr A 12 + AZ), Richtlinien für die dienstliche Beurteilung und Leistungsfeststellung der staatlichen Lehrkräfte an Schulen in Bayern (i.d. bis 12.5.2021 gültigen Fassung), fünfjährige Abordnung an Universität, Zurückstellung der Beurteilung, Einbeziehung des Beurteilungsbeitrags der Universität, Unterrichtsbesuche, Beurteilungsschwerpunkt, Bewertungsspielraum, Richtlinien für die dienstliche Beurteilung und Leistungsfeststellung der staatlichen Lehrkräfte an Schulen in Bayern (idF bis 12.5.2021), Lehrstuhl für Schulpädagogik, Fortentwicklungsbedarf, schriftliche Dokumentationen über Unterrichtsbesuche
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 20.10.2021 – M 5 K 20.4063
Fundstelle:
BeckRS 2023, 8756
Tenor
I. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 20. Oktober 2021 wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der auf die Zulassungsgründe ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie auf das Vorliegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt erfolglos.
2
Das Verwaltungsgericht hat die Klage der Klägerin zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Erfolg mit ihrem Begehren, die für den Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis 31. August 2019 vorliegende periodische Beurteilung (mit dem Gesamturteil: UB) aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, eine neue Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erstellen.
3
1. Die Klägerin steht als Lehrerin – zum Beurteilungsstichtag in der Besoldungsgruppe A 12 + AZ – in Diensten des Beklagten. Sie ist seit 1. September 2018 wieder als Klassenlehrerin an einer Grundschule tätig, nachdem sie vom 1. September 2013 bis 31. August 2018 an die L.-M.-Universität (Lehrstuhl für Schulpädagogik) abgeordnet worden war. Für den bis 31. Dezember 2014 dauernden vierjährigen Beurteilungszeitraum hatte sie das Gesamturteil UB („Leistung, die die Anforderungen übersteigt“) erhalten. Der Beklagte stellte die eigentlich zum Ende des regulären Beurteilungszeitraums (31.12.2018) gebotene periodische Beurteilung im Hinblick auf die erst kurz zuvor erfolgte Beendigung der Abordnung zurück und verlängerte den Beurteilungszeitraum bis 31. August 2019, um nach Wiedereintritt der Klägerin in den Schuldienst eine gesicherte Aussage über ihre unterrichtlichen Leistungen treffen zu können; es fanden drei Unterrichtsbesuche – zwei durch die beurteilende Schulamtsdirektorin, einer durch die Schulleiterin als unmittelbare Vorgesetzte – am 17. Oktober und 15. November 2018 sowie am 8. Februar 2019 statt. Eine für den Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis 8. Februar 2019 erstellte Anlassbeurteilung vom 13. Februar 2019 sprach der Klägerin erneut das Gesamturteil UB zu; diese Beurteilung wurde vom Verwaltungsgericht (B.v. 23.7. 2019 – M 5 E 19.1817) im Rahmen eines Konkurrentenstreitverfahrens als rechtsfehlerfrei angesehen. Die Klägerin wurde zunächst mit Wirkung zum 26. Februar 2019 in die Besoldungsgruppe A 12 + AZ befördert; dieser Zeitpunkt wurde mit Schreiben der Regierung von Oberbayern vom 3. Mai 2019 modifiziert, indem die Klägerin so gestellt wurde, als wäre sie bereits zum 1. November 2016 in die Besoldungsgruppe A 12 + AZ befördert worden. Mit der hier streitgegenständlichen periodischen Beurteilung vom 9. September 2019 (Zeitraum 1.1.2015 bis 31.8.2019) erhielt die Klägerin wiederum das Gesamturteil UB. Berücksichtigt wurde der für sie vom Lehrstuhl für Schulpädagogik am 19. November 2018 erstellte Beurteilungsbeitrag, der mit dem Gesamtergebnis HQ („Leistung, die in allen Belangen von herausragender Qualität ist“) abschließt. Zum 1. Mai 2020 wurde sie zur Studienrätin im Grundschuldienst (BesGr A 13) befördert.
4
2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Solche sind nur zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit dieser Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist bei keinem der Argumentationsansätze in der Zulassungsbegründung der Klägerin der Fall. Im Einzelnen macht sie geltend:
5
2.1 Die Zurückstellung der eigentlich zum 31. Dezember 2018 notwendigen periodischen Beurteilung der Klägerin sei entgegen der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung und die Leistungsfeststellung der staatlichen Lehrkräfte sowie der Schulleiterinnen und Schulleiter an Schulen in Bayern in der bis 12. Mai 2021 gültigen Fassung (KWMBl 2011, 306 – im Folgenden: Beurteilungsrichtlinien) in der vorliegenden Konstellation nicht gerechtfertigt, denn hierdurch könne der Umstand nicht angemessen berücksichtigt werden, dass sie im ganz überwiegenden Teil des Beurteilungszeitraums ihre Leistungen an einer Universität und nicht im schulischen Bereich erbracht habe; die universitären Leistungen seien aber nicht der Vergleichsgruppe der Lehrkräfte im Schuldienst zuordenbar. Dies folge bereits aus der in den Beurteilungsrichtlinien vorgegebenen Verwendung eines anderen Formulars für an eine Hochschule abgeordnete Lehrkräfte. Damit habe ein nur verhältnismäßig kurzer Zeitraum im Schuldienst (zwölf Monate) nach Beendigung der Abordnung eine dominante Bedeutung im Vergleich zum maßgeblichen Abordnungszeitraum (von drei Jahren acht Monaten) erhalten. Schuld hieran sei auch die fehlende Kompatibilität der Beurteilungsformulare (Anl. C für Lehrkräfte im Schuldienst, Anl. G für abgeordnete Lehrkräfte). Die Klägerin sei damit zwangsläufig bei der Bewertung ihrer Leistung benachteiligt worden, denn es bestünden offensichtlich Schwierigkeiten der Übertragung des Beurteilungsbeitrags in den für Lehrkräfte im Schuldienst zu verwendenden Vordruck. Daher seien gerade die unterrichtlichen Einzelmerkmale (Ziff. 2.1.1-2.1.3) maßgeblich für die Bildung des Gesamturteils gewesen, die Leistungen während der Abordnung der Klägerin dagegen nur pauschal und damit unzureichend in die Gesamtbewertung eingeflossen.
6
Der vorliegende Sachverhalt weicht von der regulären Konstellation einer periodischen Beurteilung für eine ausschließlich im Schulunterricht tätige Lehrkraft erheblich ab und bedarf daher einer besonderen Behandlung. Es trifft auch zu, dass die zusammengefasste Darstellung der Leistungen der Klägerin aus zwei unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen – mit unterschiedlichen Formblättern festgehalten – erhebliche Probleme aufwirft. Der Senat folgt dennoch der im angefochtenen Urteil umfänglich begründeten und nach mehr als zweistündiger mündlicher Verhandlung unter Einvernahme von zwei Zeuginnen gewonnenen Auffassung des Verwaltungsgerichts. Danach ist die von der Klägerin angegriffene dienstliche Beurteilung vom 9. September 2019 (Zeitraum vom 1.1.2015 bis 31.8.2019) rechtlich nicht zu beanstanden, denn sie bewegt sich vor dem Hintergrund ihrer verwaltungsgerichtlich nur beschränkten Überprüfbarkeit (vgl. UA S. 6, 7) innerhalb des Beurteilungsspielraums (vgl. etwa BVerwG, U.v. 17.9.2020 – 2 C 2.20 – juris Rn. 10).
7
Ohne Erfolg bleibt zunächst der Einwand der Klägerin, der regulär am 31. Dezember 2018 endende Beurteilungszeitraum hätte nicht bis 31. Dezember 2019 verlängert werden dürfen. Es entspricht der ständigen, durch die Beurteilungsrichtlinien (A. Nr. 4.2.1 Buchst. c Satz 1 i.d.F. v. 15.7.2015) festgeschriebenen Praxis, dass für Lehrkräfte, die nach ihrer Abordnung im Laufe des letzten Jahres des Beurteilungszeitraums in den Schuldienst zurückkehren, dieser bis zum Ablauf eines Jahres nach der Rückkehr zu verlängern ist. Der sachlichen Rechtfertigung für dieses Vorgehen durch einen in der Person der Klägerin liegenden wichtigen Grund (vgl. Art. 56 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LlbG), der im angefochtenen Urteil (UA S. 8) ohne Rechtsfehler dargelegt wird, setzt die Zulassungsbegründung lediglich entgegen, dass die zur Beurteilung stehenden Leistungen der Klägerin als Beamtin jedenfalls ganz überwiegend im universitären Dienst erbracht worden seien und nicht der Vergleichsgruppe der Lehrkräfte im Schuldienst zugeordnet werden könnten. Damit wird jedoch gerade der Zweck der Verlängerung des Beurteilungszeitraums verkannt, nämlich eine – andernfalls nicht – gesicherte Tatsachenbasis aus dem Einsatz im Schulunterricht zu gewinnen, um eine Vergleichbarkeit mit den übrigen nur im Schulunterricht tätigen Lehrkräften herzustellen. Wie dies in anderer Weise geschehen sollte, legt die Zulassungsbegründung nicht dar. Die Beanstandung, das Vorgehen des Beklagten missachte die „dominante Bedeutung“ der drei Jahre acht Monate dauernden Abordnung gegenüber dem sich daran anschließenden Zeitraum im Schuldienst von nur zwölf Monaten, wirft keine Richtigkeitszweifel auf. Die Klägerin legt nicht dar, wieso der Beurteilungszeitraum nicht hätte verlängert werden dürfen. Eine rein arithmetische, auf die Länge der einzelnen zurückgelegten dienstlichen Stationen bezogene Betrachtung, wie sie ihr offenbar vorschwebt, kommt nicht in Betracht; sie würde der Funktion der periodischen Beurteilung zuwiderlaufen, nämlich die Vergleichbarkeit der Leistungen aller im maßgeblichen Zeitpunkt im Unterricht tätigen Lehrkräfte herzustellen. Die behauptete zwangsläufige „Benachteiligung“ der Klägerin sieht der Senat nicht, denn ihr war gerade durch die Verlängerung des Beurteilungszeitraums die Möglichkeit eingeräumt, ihre unterrichtlichen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Hätten also ihre Leistungen im Schulunterricht über das gesamte Schuljahr eine bessere Beurteilung erfahren können, hätte dies möglicherweise zu einem besseren Gesamturteil geführt, ohne dass auch in dieser Situation die im Rahmen ihrer universitären Lehrtätigkeit gezeigten Leistungen eine größere Gewichtung hätten erfahren können.
8
2.2 Weiter beanstandet die Klägerin ihre Benachteiligung dadurch, dass der Beurteilungsschwerpunkt auf den auf die schulischen Tätigkeiten bezogenen Einzelmerkmalen (insbesondere Unterrichtsplanung und -gestaltung) liege, obwohl ihr Tätigkeitsschwerpunkt während der Abordnung gerade nicht im Unterrichten bestanden habe. Das pauschale Vorgehen der Beurteilerin gewährleiste keine angemessene Berücksichtigung des Abordnungszeitraums, weil die Klägerin nicht in das vorliegende Beurteilungssystem hineinpasse. Das Verwaltungsgericht habe zwar die in Abschnitt A. Nr. 2.3.3 Satz 5 Halbs. 2 der Beurteilungsrichtlinien vorgesehene Ausnahme von der Schwerpunktbildung geprüft, aber mit der formalistischen Begründung nicht angewendet, dass der Tätigkeitsschwerpunkt der Klägerin ein anderer als derjenige der Vergleichsgruppe gewesen sei. Bei der Bewertung individueller Leistungen müsse dem Beurteiler die Möglichkeit einer eigenständigen Gesamtbetrachtung verbleiben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 2.3.2017 – 2 C 21.16 – juris Rn. 69 f.) entbinde die generelle Gewichtung der einzelnen Beurteilungskriterien den Beurteiler nicht von der Verantwortung für ein insgesamt zutreffendes Gesamturteil. Das Gesamturteil (UB) der Klägerin sei nicht plausibel, weil sie fünfmal das Prädikat BG und nur dreimal UB erhalten habe, zudem weit überwiegend im Beurteilungszeitraum an der Hochschule tätig war und hierfür in vollem Umfang mit HQ bewertet worden sei. Ihr von der Hochschule ebenfalls bewertetes Führungsverhalten (Ziff. 2.1.7 Beurteilungsbeitrag) sei in der Anlage C überhaupt nicht berücksichtigt worden. Es sei widersinnig, wenn sich eine länger andauernde Abordnung von eigentlich besonders qualifizierten Lehrkräften an eine Universität nachteilig für deren Fortkommen auswirke.
9
Hierzu ist zu bemerken, dass die beanstandete nachteilige Wirkung der Abordnung vor dem Hintergrund der streitgegenständlichen Beurteilung nicht besteht, denn sie bezieht sich in erster Linie auf die unterrichtlichen Tätigkeiten nach Rückkehr in den Schuldienst, ohne damit die im Hochschulbereich erzielten Einzelbewertungen infrage zu stellen; diese werden für das Gesamturteil lediglich mit einem geringeren Gewicht einbezogen. Es kann aber nicht beanstandet werden, dass das Hauptgewicht der dienstlichen Beurteilung einer Grundschullehrerin auf die unterrichtlichen Einzelmerkmale (A., Ziff. 2.2.1. Nrn. 1 bis 3) gelegt wird, denn sie besitzen für die Herstellung der Vergleichbarkeit von Leistungsaussagen eine überragende Bedeutung. Die Klägerin wurde auch als Lehrkraft im Grundschuldienst beurteilt, bei der die genannten Einzelmerkmale (konkret: Unterrichtsplanung und -gestaltung/Unterrichtserfolg/erzieherisches Wirken) den Kernbereich ihres dienstlichen Wirkens umfassen (UA S. 9 Rn. 29). Demgegenüber tritt die Bedeutung der auf die Tätigkeit an einem Lehrstuhl für Schulpädagogik bezogenen zentralen Merkmale in den Hintergrund, ohne dass sie dabei aus den Augen verloren werden dürfen.
10
Das Bundesverwaltungsgericht hat in der von der Klägerin in Bezug genommenen Entscheidung (BVerwG, U.v. 2.3.2017, a.a.O.) ausgeführt, dass die Festlegung des Gewichts einzelner Merkmale „auch vorab und generell in den Beurteilungsrichtlinien getroffen“ werden kann, soweit das Gewichtungssystem „eine sachgerechte und hinreichend aussagekräftige Einordnung der Leistungen“ der beurteilten Person ermöglicht und dem Beurteiler die Möglichkeit einer eigenständigen Gesamtbetrachtung verbleibt. Entscheidend ist, dass er durch die generelle Gewichtung der einzelnen Kriterien in Richtlinien nicht von seiner Verantwortung entbunden wird, zu einem „insgesamt zutreffenden Gesamturteil zu kommen“ (BVerwG, U.v. 2.3.2017, a.a.O. Rn. 71). Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass dieses Ziel im vorliegenden Fall verfehlt worden wäre. Die angefochtene Beurteilung lässt insbesondere nicht die Wertigkeit des von der Universität erstellten Beurteilungsbeitrags vom 19. November 2018 (unter Verwendung von Anlage G) und die dort durchgängig vergebene höchste Bewertungsstufe (HQ) außer Acht. Die Beurteilerin hat in ihrer Zeugenaussage vor dem Verwaltungsgericht ihr Vorgehen im Einzelnen dargestellt. Danach hat der Beurteilungsbeitrag eine umfassende Auswertung und Eingang in die Gesamtabwägung gefunden, ohne dass insoweit das höhere Gewicht der Beurteilung der schulischen Tätigkeit erreicht werden konnte. Diese Gewichtung war – trotz des ganz überwiegenden Zeitanteils der Hochschultätigkeit der Klägerin im Beurteilungszeitraum – sachgerecht und beanstandungsfrei, um für künftige Stellenbewerbungen in Konkurrenz zu anderen im Grundschulbereich tätigen Lehrkräften die erforderliche Vergleichbarkeit herzustellen.
11
Das angefochtene Urteil enthält hierzu umfängliche Ausführungen (UA S. 12-14), an deren Richtigkeit das Zulassungsvorbringen keine ernstlichen Zweifel hervorzurufen vermag; vielmehr wird der eigene Rechtsstandpunkt weitgehend unter Wiederholung der erstinstanzlich vorgebrachten Argumente weiterverfolgt. Die Beurteilung trägt den im Rahmen der Abordnung erbrachten herausragenden Leistungen der Klägerin sehr wohl Rechnung, ohne dass dabei eine exakte Korrelation in zeitlicher Hinsicht (hier: überwiegender Zeitraum der Abordnung) hergestellt werden musste. Für die zukünftige weitere Verwendung der Klägerin im Grundschuldienst geben gerade die hierbei schon gezeigten Leistungen Aufschluss. Die beklagte ungerechtfertigte Schlechterstellung im Vergleich zu den im Beurteilungszeitraum ausschließlich unterrichtenden Lehrkräften besteht nicht. Es könnte gegenüber dieser Gruppe sogar zu einer nicht gerechtfertigten Besserstellung der Klägerin führen, wollte man die hervorragend beurteilten Einzelmerkmale während ihrer Abordnung an eine Hochschule mit überwiegendem Gewicht in das Gesamturteil einfließen lassen.
12
Auch die Berufung der Klägerin auf A. Nr. 2.3.3 Satz 5 der Beurteilungsrichtlinien vermag dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg zu verhelfen. Danach kann vom Ausgangspunkt der Bildung des Gesamturteils, die sich in erster Linie auf die bereits genannten Einzelmerkmale (Unterrichtsplanung und Unterrichtsgestaltung/Unterrichtserfolg/erzieherisches Wirken) stützt, abgewichen werden, wenn ein wesentlicher Teil der dienstlichen Aufgaben nicht unterrichtlicher Art ist. Zu dieser Gruppe von Lehrkräften, die zum Teil Schulunterricht leisten und zugleich mit einem Teil ihrer Arbeitskraft nicht unterrichtliche Tätigkeiten versehen, gehört die zum maßgeblichen Zeitpunkt ausschließlich unterrichtende Klägerin nicht. Im angefochtenen Urteil (UA S. 10 Rn. 30) wird zutreffend angemerkt, dass die Klägerin zum Beurteilungsstichtag mit ausschließlich unterrichtlichen Tätigkeiten befasst war und daher nicht zu denjenigen Lehrkräften zählt, bei denen neben ihrer Unterrichtstätigkeit ein wesentlicher Teil ihrer Aufgaben gerade nicht im Unterrichten bestand. Die Anwendung dieser für eine spezielle Gruppe vorgesehenen Ausnahmevorschrift hat das Verwaltungsgericht damit zu Recht verworfen.
13
Die weiter aufgeworfenen Fragen zur Kompatibilität der beiden unterschiedlichen Beurteilungsformulare (C und G) stellen sich nicht. Denn die Vordrucke sind bloße Hilfsmittel zur sachgerechten Erfassung der unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche und bieten grundsätzlich ausreichend Raum, um auch in einem besonders gelagerten Einzelfall wie dem vorliegenden zu tragfähigen Beurteilungen und Beurteilungsbeiträgen zu kommen. Der Verweis auf Seminarrektoren, die ebenfalls mit nicht unterrichtlichen Tätigkeiten befasst und mit Formular C beurteilt würden, führt schon deswegen nicht weiter, weil sie gerade nicht ausschließlich unterrichtlich tätig sind (vgl. § 13 Zulassungs- und Ausbildungsordnung für das Lehramt an Grund-/Mittelschulen – ZALGM). Der Vortrag der Klägerin, sie habe wegen der nach Verlängerung des Zeitraums zunächst ausstehenden periodischen Beurteilung in keine Beförderungsrunde im Jahr 2019 einbezogen werden können, kann nicht nachvollzogen werden, weil für sie bereits am 13. Februar 2019 eine gesonderte Anlassbeurteilung unter Einbeziehung des – von der Universität am 19. November 2018 (unter Verwendung von Anlage G) erstellten – Beurteilungsbeitrags gefertigt worden war.
14
2.3 Weiter begründet die Klägerin ihren Zulassungsantrag mit dem Vorbringen, die drei für die Beurteilung maßgeblichen Unterrichtsbesuche hätten nicht allesamt zwischen September 2018 und 8. Februar 2019, also zu Beginn ihrer Rückkehr in den Schuldienst aus der Abordnung, erfolgen dürfen. Der verlängerte Beurteilungsspielraum sei nur in seiner ersten Hälfte genutzt worden, obwohl er gerade dazu habe dienen sollen, sich ein umfassendes Bild von den Leistungen der Lehrkraft zu machen. Damit seien die im mehr als fünfjährigen Beurteilungszeitraum erbrachten Leistungen der Klägerin auf einen Zeitraum von weniger als fünf Monaten konzentriert worden. Die Angaben der beurteilenden Personen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, infolge der Unterrichtsbesuche habe ein hinreichendes Bild von der dienstlichen Leistungsfähigkeit gewonnen werden können, wobei ein nicht kurzfristig erzielbarer Entwicklungsbedarf gesehen worden sei, würden den Beurteilungsrichtlinien kaum gerecht.
15
Auch mit diesem Vortrag werden keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils begründet. Es kann dem Beklagten nicht vorgeworfen werden, die drei Unterrichtsbesuche allesamt zwischen September 2018 und Februar 2019, also ausschließlich in der ersten Schuljahreshälfte, durchgeführt zu haben. Das Verwaltungsgericht hat die Aussagen der in der mündlichen Verhandlung als Zeuginnen vernommenen Schulleiterin sowie der Beurteilerin für nachvollziehbar und glaubhaft gehalten; es bestehe bei der Klägerin in bestimmten Aspekten (insbesondere Reduzierung des Redeanteils) „Fortentwicklungsbedarf“ (UA S. 9), der aber angesichts des ermittelten Leistungsbildes nur über einen längeren Zeitraum und nicht kurzfristig behoben werden könne. Vor diesem Hintergrund ist der Beklagte seiner Verpflichtungen gemäß A. Nr. 4.1.2 Satz 1 der Beurteilungsrichtlinien in ausreichendem Maß nachgekommen; danach sollen zur Feststellung der für die Beurteilung maßgeblichen Tatsachen Unterrichtsbesuche „mehrmals – über den Beurteilungszeitraum verteilt – erfolgen“. Zur genaueren Verteilung der Unterrichtsbesuche über das Schuljahr hinweg äußern sich die Beurteilungsrichtlinien nicht, sondern überantworten diese Frage der Beurteilerin. Ist aber die Beurteilerin – und ihr folgend das Verwaltungsgericht – davon überzeugt, dass im Hinblick auf einen im folgenden Halbjahr nicht abänderbaren persönlichen Umstand keine für die Lehrkraft günstigere Sachlage eintritt, entspricht es den Beurteilungsrichtlinien, wenn kein weiterer (vierter) Unterrichtsbesuch im laufenden Schuljahr und bis zum Ende des verlängerten Beurteilungszeitraums vorgenommen wird. Die Klägerin äußert sich selbst nicht dazu, dass eine Änderung der dargelegten Umstände in Bezug auf ihre Unterrichtsgestaltung noch im laufenden Schuljahr eingetreten ist oder wenigstens hätte eintreten können.
16
Soweit beanstandet wird, es seien keine Dokumentationen der Unterrichtsbesuche vorgelegt worden und das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht eine Vorlagepflicht verneint, obwohl diese sich als Konsequenz aus der Dokumentationspflicht (A. Nr. 4.1.2 letzter Satz Beurteilungsrichtlinien) ergebe, ist folgendes anzumerken: allein das Unterbleiben der Vorlage einer schriftlichen Dokumentation der Unterrichtsbesuche macht die darauf beruhende Beurteilung nicht fehlerhaft. Denn die getroffenen Werturteile und deren Grundlagen können der zur Beurteilung anstehenden Beamtin gegenüber auch in anderer Weise als durch Vorlage schriftlicher Belege plausibilisiert werden. Auch „unter Nachweisgesichtspunkten“ besteht keine Verpflichtung des Dienstherrn, schriftliche Dokumentationen über Unterrichtsbesuche aufzubewahren, um sie später dem zu beurteilenden Beamten oder ggf. im verwaltungsgerichtlichen Verfahren „vorzulegen“. Art und Weise der Plausibilisierung des Beurteilungsergebnisses obliegen vielmehr der Beurteilerin. Das Verwaltungsgericht hat auf der Grundlage der mündlichen Verhandlung festgestellt, dass die streitgegenständliche dienstliche Beurteilung ausreichend plausibilisiert wurde. Im Zulassungsvorbringen zu den geltend gemachten Richtigkeitszweifeln (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) erhebt die Klägerin auch nicht den Vorwurf mangelhafter Plausibilisierung (vgl. Begründung v. 30.12.2021, S. 9, 10 b).
17
2.4 Schließlich wird beanstandet, der Beurteilerin sei nicht bewusst gewesen, dass die Klägerin bereits rückwirkend ab 1. November 2016 einer Lehrkraft im Statusamt A 12 + AZ gleichgestellt gewesen sei. Im Eröffnungsgespräch vom 20. September 2019 habe sich die Beurteilerin dahingehend geäußert, dass sich die Klägerin erst seit 26. Februar 2019 in der neuen Vergleichsgruppe (A 12 + AZ) befinde. Daraus folge, dass sie die Rückwirkung der Beförderung nicht verinnerlicht habe. Der entsprechende Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 3. Mai 2019 mit der Feststellung, dass die Klägerin dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen sei, als wäre sie bereits zum 1. November 2016 befördert worden, habe im Zeitpunkt Anlassbeurteilung vom 13. Februar 2019 noch nicht vorgelegen; die demnach in der Anlassbeurteilung noch zugrunde gelegte Vergleichsgruppe (BesGr A 12) habe sich auf die streitgegenständliche Beurteilung ausgewirkt.
18
Dieses Vorbringen übersieht zum einen, dass die Zusicherung einer „rückwirkenden Beförderung“ keine rechtlichen Auswirkungen auf die zum Zeitpunkt der Feststellung (3.5.2019) bereits vorliegenden Beurteilungen haben konnte. Die streitgegenständliche Beurteilung vom 9. September 2019 konnte daher ohne weiteres die Anlassbeurteilung vom 13. Februar 2019 in unveränderter Fassung miteinbeziehen. Zum anderen genügt zur Begründung ernsthafter Zweifel auch nicht die Behauptung, die Aussage der Beurteilerin als Zeugin in der mündlichen Verhandlung sei „wenig glaubhaft“. Die Zeugin hatte ausgesagt, ihr sei „bei Erstellung der Beurteilung bekannt und auch bewusst“ gewesen, dass die Klägerin rückwirkend zum 1. November 2016 der Besoldungsgruppe A 12 mit Amtszulage gleichgestellt gewesen und dass daher „als Vergleichsmaßstab ab 1. November 2016“ die entsprechende Besoldungsgruppe zugrunde gelegt worden sei. Das Verwaltungsgericht (UA S. 10 Rn. 32) hat diese Zeugenaussage als glaubhaft angesehen, ohne dass Überwiegendes für die gegenteilige Behauptung der Klägerin – auch nicht „in Anbetracht der dargelegten Indizien“ – spräche.
19
3. Die Rechtssache weist keine besonderen, über das normale Maß hinausgehenden tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf, die eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO rechtfertigen könnten.
20
Besondere tatsächliche Schwierigkeiten liegen schon deswegen nicht vor, weil der Sachverhalt noch überschaubar und nicht besonders unübersichtlich ist, auch wenn die Klägerin eine gewisse Anzahl an Einzelfragen aufwirft. Besondere rechtliche Schwierigkeiten (hierzu Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 68-70), deren Darlegung weitgehend mit derjenigen ernstlicher Zweifel (vgl. ob. 2.) übereinstimmt, vermag der Senat nicht zu erkennen, weil es um die einzelfallbezogene Überprüfung einer dienstlichen Beurteilung anhand bekannter Kriterien geht.
21
4. Der Senat hat auch die weiteren Argumente der Klägerin, die sie in der Zulassungsbegründung vom 30. Dezember 2021 und in der Replik vom 1. Juni 2022 vorgebracht hat, erwogen. Er hat sie jedoch ebenfalls nicht für geeignet gehalten, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung aufzuzeigen, ohne dass es insoweit im vorliegenden Beschluss einer ausdrücklichen Auseinandersetzung bedurft hätte.
22
5. Der Zulassungsantrag war demnach mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.
23
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 und auch 3, § 52 Abs. 2 GKG.
24
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).