Titel:
keine Umstellung in Fortsetzungsfeststellungsklage während des Verfahrens der Berufungszulassung
Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4, § 124a Abs. 4
AufenthG § 11, § 53, § 59 Abs. 3 S. 1, § 72 Abs. 2
BeschV § 22 Nr. 3, § 30 Nr. 2
Leitsätze:
1. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes nach § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO (Fortsetzungsfeststellungsklage) kommt im Verfahren der Berufungszulassung nach § 124a Abs. 4 VwGO nicht in Betracht, da es sich bei diesem Verfahren um ein besonderes Antragsverfahren handelt, welches lediglich der Entscheidung über die Berufungszulassung dient und gemäß § 124 Abs. 1 VwGO der gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache in einem Berufungsverfahren notwendig vorausgeht; Gegenstand des Berufungszulassungsverfahrens kann damit nur der Streitgegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung sein. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Rechtsverstoß im Sinne des § 54 Abs. 2 Nr. 9 Alt. 1 AufenthG ist nur dann unbeachtlich, wenn er vereinzelt und geringfügig ist, er ist hingegen immer beachtlich, wenn er vereinzelt, aber nicht geringfügig oder geringfügig, aber nicht vereinzelt ist. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Berufungszulassungsverfahren, Fortsetzungsfeststellungsklage, Erledigung, Berechtigtes Feststellungsinteresse, Darlegung, Ausweisung, Einreise- und Aufenthaltsverbot, Ablauf der Sperrfrist, Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote, berechtigtes Feststellungsinteresse
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 10.11.2021 – AN 5 K 19.1133
Fundstelle:
BeckRS 2023, 8746
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsantragsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 10. November 2021 (Az.: AN 5 K 19.01133) hat keinen Erfolg.
2
1. Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin (eine am ... 1.1995 geborene ukrainische Staatsangehörige, die im Besitz eines am 30.7.2020 abgelaufenen italienischen Aufenthaltstitels – permesso di soggiorno – war, die zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt ohne Visum in das Bundesgebiet einreiste, keinen festen Wohnsitz im Bundesgebiet hatte, am 9.5.2019 bei einer Polizeikontrolle in einem Tanzlokal in N. angetroffen wurde, wo sie sich als Tänzerin betätigte, gegen die deshalb ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde und die laut Rücklaufschein der Grenzübertrittsbescheinigung vom 15.5.2019 am 13.5.2019 nach Italien ausgereist ist) ihr Begehren weiter, die Rechtswidrigkeit des Bescheides der Beklagten vom 10. Mai 2019 festzustellen.
3
Mit dem streitgegenständlichen Bescheid hat die Beklagte die Klägerin nach erfolgter Anhörung aus dem Bundesgebiet ausgewiesen (Ziffer I des Bescheides), das Einreise und Aufenthaltsverbot auf die Dauer von drei Jahren ab der Ausreise bzw. der Abschiebung befristet (Ziffer II), die Klägerin zur Ausreise bis spätestens 17. Mai 2019 aufgefordert (Ziffer III) und des Weiteren der Klägerin für den Fall, dass sie der vollziehbaren Ausreiseverpflichtung innerhalb der vorstehend genannten Frist nicht freiwillig nachkommt, die Abschiebung nach Italien bzw. in einen anderen Staat, in welchen die Klägerin einreisen dürfe oder der zu ihrer Übernahme verpflichtet sei, angedroht (Ziffer IV). Bei den von der Klägerin ausgeführten Tätigkeiten, für die üblicherweise ein Lohn vereinbart werde, handle es sich um eine Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 AufenthG. Damit könne sie die aufgrund ihres italienischen Aufenthaltstitels geltende Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels für die Einreise und den Aufenthalt für sog. Kurzaufenthalte (§ 15 AufenthV i.V.m. Art. 21 Abs. 1 SDÜ) nicht in Anspruch nehmen. Grundsätzlich bedürfe die Klägerin für einen bis zu 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen andauernden Kurzaufenthalt keines Aufenthaltstitels, sofern eine Erwerbstätigkeit nicht ausgeübt werden solle und nicht ausgeübt werde (m.V.a. Art. 1 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 539/2001). Wer aber im Bundesgebiet eine Erwerbstätigkeit ausübe, erfülle diesen Befreiungstatbestand nicht (m.V.a. § 17 Abs. 1 AufenthV). Die Klägerin sei nicht im Besitz eines Visums bzw. einer Aufenthaltserlaubnis gewesen und besitze diese auch gegenwärtig nicht. Die Aufenthaltserlaubnis sei auch nicht nachträglich beantragt worden. Eine Rechtsstellung nach § 81 AufenthG liege somit nicht vor. Die Klägerin halte sich deshalb unerlaubt im Bundesgebiet auf, wodurch sie den Straftatbestand des § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erfülle. Ein entsprechendes Ermittlungsverfahren sei gegen die Klägerin eingeleitet worden. Auch sei sie im Bundesgebiet melderechtlich nicht erfasst und somit ohne festen Wohnsitz. Weiter habe die Klägerin durch die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ohne einen Aufenthaltstitel, der sie hierzu berechtige (m.V.a. § 4 Abs. 3 Satz 1 AufenthG) eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 404 Abs. 2 Nr. 4 SGB III begangen. Mit ihrem Verhalten, insbesondere den begangenen Straftaten, habe sie in nicht nur geringfügiger oder vereinzelter Art und Weise gegen die Rechtsordnung verstoßen und verwirkliche deshalb ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG. Auf ein Bleibeinteresse im Sinne des § 55 AufenthG könne die Klägerin sich nicht berufen, da sie im Bundesgebiet weder über einen Aufenthaltstitel verfüge, noch hier familiäre oder sonstige Bindungen habe. Die Abwägung des Interesses an ihrer Ausreise aufgrund der von der Klägerin ausgehenden Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit ihrem Interesse an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet nach § 53 Abs. 1 AufenthG ergebe unter Berücksichtigung aller Umstände, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiege. Hierbei seien alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Dauer des Aufenthalts der Klägerin und ihre familiären und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet sowie die Folgen ihrer Ausweisung für ihre Familienangehörigen mit einbezogen worden (m.V.a. § 53 Abs. 2 AufenthG). Die Klägerin könne jedoch keine für sie sprechenden Umstände geltend machen. Sie habe sich, wenn überhaupt, nur kurzfristig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten. Schutzwürdige persönliche, wirtschaftliche oder sonstige Bindungen beständen nicht. Die von der Klägerin gegen die Rechtsordnung begangenen Verstöße, insbesondere der unerlaubte Aufenthalt, könnten schwerwiegende Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zur Folge haben. Zur Abwehr der damit verbundenen Beeinträchtigung von Belangen der Bundesrepublik Deutschland bestehe ein überragendes öffentliches Interesse daran, dass die Aufenthaltsvorschriften sowie die Gesamtheit der Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland eingehalten würden. Ausweisungszweck sei die Abschreckung aller Ausländer vor einem gleichartigen Verhalten (Generalprävention). Es solle damit gezeigt werden, dass ein Ausländer, der sich unerlaubt in der Bundesrepublik Deutschland aufhalte, unverzüglich ausgewiesen werde und – falls er der Ausreiseverpflichtung in der gesetzten Frist nicht nachkomme – auch tatsächlich abgeschoben werde. Das pflichtgemäße Ermessen bei der Anwendung der vorgenannten Ausweisungsermächtigung werde dahingehend ausgeübt, dass die Ausweisung zur Abschreckung anderer Ausländer erfolge. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der darin entwickelten Grundsätze sei eine Ausweisung aus generalpräventiven Gründen gerechtfertigt, wenn ein öffentliches Interesse bestehe, eine verhaltenssteuernde Wirkung bei anderen Ausländern zu erreichen. Es bestehe ein gewichtiges öffentliches Interesse der Bundesrepublik Deutschland an der Einhaltung der Aufenthaltsbestimmungen. Der unerlaubte Aufenthalt stelle einen nicht nur geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften dar, da diesen Bestimmungen nicht nur formale Bedeutung zukomme. Nur auf diesem Weg könne die Einreise und der Aufenthalt von Ausländern gesteuert werden. Es solle somit anderen Ausländern deutlich vor Augen geführt werden, dass ein solches Verhalten, wie von der Klägerin gezeigt, nicht hingenommen werde und zur unverzüglichen Aufenthaltsbeendigung mit allen rechtlichen Konsequenzen führe. Andere Ausländer sollten durch die Ausweisung angehalten werden, die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zu beachten. Es solle damit erreicht werden, dass bei anderen Ausländern Hemmungen verstärkt würden, unter Umgehung der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland einzureisen und sich hier aufzuhalten. Dies gelte insbesondere bei Ausländern, die – wie die Klägerin – hier unerlaubt eine Beschäftigung ausübten. Es komme einer Missachtung grundlegender staatlicher Hoheitsbefugnisse gleich, wenn ein Ausländer für sich in Anspruch nehme zu bestimmen, ob er sich den gesetzlich gezogenen Grenzen von Einreise und Aufenthalt unterwerfen wolle oder nicht. Nur durch eine kontinuierliche Anwendung der Ausweisungsermächtigung lasse sich eine solche verhaltenssteuernde Wirkung erreichen. Die Anwendung der Ausweisungsermächtigung sowie die damit entstehende Ausweisungspraxis entsprächen im Übrigen Art. 3 GG, da es sich um eine gleichmäßige Gesetzesanwendung handle. Die Ausweisung der Klägerin sei daher gerechtfertigt und geboten. Die Ausweisung sei auch nicht unverhältnismäßig. Im Rahmen der Abwägung der möglicherweise bestehenden privaten Interessen der Klägerin an einem weiteren Aufenthalt bzw. der Möglichkeit, wieder in das Bundesgebiet einreisen zu können, mit dem öffentlichen Interesse an der Beendigung ihres Aufenthalts sei die vorgenannte Maßnahme verfügt worden. Es müsse anderen Ausländern deutlich vor Augen geführt werden, dass es seitens der Bundesrepublik Deutschland nicht hingenommen werde, dass Ausländer sich hier unerlaubt aufhielten und unerlaubt einer Beschäftigung nachgingen. Die Anhörung der Klägerin habe zu keinem anderen Ergebnis geführt. Auf die Gründe des Bescheides wird im Übrigen Bezug genommen.
4
2. Die hiergegen erhobene Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Urteil vom 10. November 2021 (Az.: AN 5 K 19.01133) abgewiesen. Die Klage sei hinsichtlich der Annexverfügungen in Ziffer III und IV des streitgegenständlichen Bescheids mit der Ausreise der Klägerin nach Italien mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden, da die Klägerin ihrer Ausreisepflicht gemäß § 50 Abs. 3 AufenthG genügt habe und insoweit Erledigung eingetreten sei. Soweit die Klage zulässig sei, sei sie unbegründet. Die in Ziffer I verfügte Ausweisung und die in Ziffer II verfügte Befristung der Wirkungen der Ausweisung auf die Dauer von drei Jahren ab Ausreise/Abschiebung seien rechtlich nicht zu beanstanden. Im Fall der Klägerin bestehe ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG, da sie einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen habe. Die Klägerin habe durch die unerlaubte Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet den Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 98 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG verwirklicht und damit nicht nur geringfügig gegen Rechtsvorschriften verstoßen. Die Klägerin sei am 9. Mai 2019 im Rahmen einer Polizeikontrolle in dem Nachtclub „B.“ angetroffen worden, während sie dort als Tänzerin gearbeitet habe. Zwar sei die Klägerin zu diesem Zeitpunkt im Besitz eines befristeten italienischen Aufenthaltstitels (Permesso di Soggiorno) gewesen. Sie sei jedoch zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nicht berechtigt gewesen. Nach § 4a Abs. 4 AufenthG dürfe ein Ausländer, der keinen Aufenthaltstitel besitze, eine andere Erwerbstätigkeit als eine Saisonbeschäftigung nur ausüben, wenn er aufgrund einer zwischenstaatlichen Vereinbarung, eines Gesetzes oder einer Rechtsverordnung ohne Aufenthaltstitel hierzu berechtigt sei oder deren Ausübung ihm durch die zuständige Behörde erlaubt worden sei. Der Klägerin sei zwar aufgrund ihres italienischen Aufenthaltstitels gemäß § 4 Abs. 1 AufenthG in Verbindung mit § 15 AufenthV, Art. 21 Abs. 1 SDÜ ein Kurzaufenthalt von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen in der Bundesrepublik [Deutschland] erlaubt gewesen. Diese Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels gelte jedoch nicht – wie vorliegend – im Fall der Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet (m.V.a. § 17 Abs. 1 AufenthV). Die Klägerin habe als Tänzerin in einem Nachtklub auch keine Tätigkeit ausgeübt, die nach § 30 Nr. 2 BeschV nicht als Beschäftigung im Sinne des § 17 Abs. 1 AufenthV gelte (m.V.a. § 17 Abs. 2 AufenthV). Die Voraussetzungen der hier allein in Betracht kommenden „Nichtbeschäftigungsfiktion“ der §§ 22 Nr. 3, 30 Nr. 2 BeschV seien bei der von der Klägerin ausgeübten Tätigkeit als Tänzerin jedenfalls nicht erfüllt. Die unter § 22 Nr. 1 bis 9 BeschV aufgezählten Berufsgruppen wiesen als gemeinsames Merkmal – im Allgemeinen unter Beibehaltung eines Wohnsitzes im Ausland – einen vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet zur Ausübung von typischerweise kurzfristigen Beschäftigungen internationalen Charakters in Wissenschaft, Kultur, Sport, Touristik oder der Sprachvermittlung auf. Die zustimmungsfreie Zulassung werde bei diesen Personengruppen für zweckmäßig gehalten, weil es sich dabei um Beschäftigungen handele, deren „Spielregeln“ hinsichtlich der Stellenbesetzung mit den bei anderen Beschäftigungen nicht zu vergleichen seien. Von den genannten Berufsgruppen würden in der Regel Leistungen erbracht, die nur bedingt durch inländische Bewerberinnen und Bewerber ersetzt werden könnten und bei denen ein internationaler Austausch üblich sei. Inländische Arbeitsmarktschutzinteressen würden dadurch gewahrt, dass es sich jeweils um besonders qualifizierte Leistungen mit vorübergehendem Charakter handeln müsse (m.V.a. Hailbronner/Lehner in: Hailbronner, Ausländerrecht, 3. Update August 2021, 1. Besondere Berufsgruppen, § 22, Rn. 17). Nach § 22 Nr. 3 BeschV bedürfe – wie auch in der E-Mail des Auswärtigen Amtes an den Klägerbevollmächtigten vom 28. Mai 2019 bestätigt werde – keiner Zustimmung die Erteilung eines Aufenthaltstitels an Personen, die in Tagesdarbietungen bis zu 15 Tagen im Jahr auftreten würden. Als Tagesauftritt in diesem Sinne würden Auftritte gelten, die an maximal zwei aufeinanderfolgenden Tagen stattfänden, wobei vorangehende Probetage hier nicht mitgezählt würden (m.V.a. Hailbronner/Lehner in: Hailbronner, Ausländerrecht, 3. Update August 2021, 1. Besondere Berufsgruppen, § 22, Rn. 176). Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben sei vorliegend, auch wenn die Klägerin nicht täglich, sondern nur an einzelnen Abenden gearbeitet haben möge, nicht von einer Tagesdarbietung im Sinne des § 22 Nr. 3 BeschV auszugehen. Zu berücksichtigen sei insoweit, dass konkrete Anhaltspunkte für eine besonders qualifizierte Leistung der Klägerin mit nur vorübergehendem Charakter weder vorgetragen noch ersichtlich seien. Nach der Einlassung des Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung sei die Klägerin in den Bereichen Ballett und Jazz ausgebildet, während der Auftritte habe sie sich – alleine und mit anderen Tänzern – künstlerisch zur Musik bewegt. Die von den Klägerbevollmächtigten in diesem Zusammenhang zitierte Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 27. Oktober 1999 (Az.: 11 S 1419/99 – juris Rn. 6 ff.), nach der „Künstlern“ im Fall einer Betätigung als Showtänzerin in Nachtlokalen eine Aufenthaltserlaubnis für die Aufnahme und Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit erteilt werden könne, treffe insoweit für die Voraussetzungen einer besonderen Berufsgruppe im Sinne des § 22 Nr. 3 BeschV keine Aussage. Soweit die Klägerin bei der Anhörung durch die Beklagte geäußert habe, sie sei davon ausgegangen, dass sie als selbständige Künstlerin für bis zu 15 Tage im Jahr visumfrei arbeiten dürfe, schließe dies die Annahme einer vorsätzlichen Verwirklichung des § 98 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Satz 1 OWiG nicht aus. Die Klägerin habe gewusst, dass sie lediglich im Besitz eines italienischen Aufenthaltstitels gewesen sei und dass sie damit allenfalls in Italien eine Erwerbstätigkeit habe ausüben dürfen. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin, die zum Zeitpunkt der Einreise im Besitz eines befristeten italienischen Aufenthaltstitels („Permesso di Soggiorno“) gewesen sei, im April 2019 zudem schon unerlaubt, zur Arbeitsaufnahme, eingereist sei und damit auch § 95 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG einschlägig sei (hiervon sei im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin, sie sei der Auffassung gewesen, als Künstlerin zwei Wochen im Bundesgebiet ohne entsprechendes Visum zur Arbeitsaufnahme arbeiten zu dürfen, auszugehen). Jedenfalls stelle die unerlaubte Ausübung einer Beschäftigung unter Ausnutzung des nach Art. 21 Abs. 1 SDÜ gewährten Rechts zum Kurzaufenthalt einen nicht nur geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften im Sinne des § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG dar (m.V.a. VG Potsdam, B.v. 2.11.2020 – 8 L 660/20 – juris Rn. 13). Die Ordnungswidrigkeit des § 98 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG sei mit einer Geldbuße von bis zu 5.000,00 € bewehrt (m.V.a. § 98 Abs. 5 AufenthG). Ausweislich der Wertung des § 87 Abs. 4 Satz 3 AufenthG könne sie daher von vornherein nicht als geringfügig angesehen werden. Zudem sei zu berücksichtigen, dass unter Beachtung der aufenthaltsrechtlichen Beschränkungen der Erwerbstätigkeit im allgemeinen ein erhebliches öffentliches Interesse bestehe, weil nur so die vom Aufenthaltsgesetz bezweckte Steuerung, Gestaltung und Begrenzung des Aufenthalts von Ausländern in Deutschland (§ 1 Abs. 1 AufenthG) effektiv verwirklicht werden könne. Daher begründe die Ausübung einer Erwerbstätigkeit grundsätzlich einen Rechtsverstoß von erheblichem Gewicht (m.V.a. VGH Baden-Württemberg, B.v. 18.11.2020 – 11 S 2637/20 – juris Rn. 58 m.w.N.). Insbesondere bedürfe es einer Verurteilung der Klägerin für die Annahme schwerwiegender Ausweisungsinteressen im Sinne des § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG nicht (m.V.a. BayVGH, B.v. 17.2.2010 – 10 B 07.1564 – juris Rn. 10). Der Aufenthalt der Klägerin gefährde auch die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne des § 53 Abs. 1 AufenthG. Die Beklagte habe die Ausweisung auf generalpräventive Gründe gestützt. Dies sei nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lasse sich auch nach dem seit 1. Juli 2016 geltenden Recht ein Ausweisungsinteresse mit generalpräventiven Gründen begründen (m.V.a. BVerwG, U.v. 12.7.2018 – 1 C 16.17 – juris Rn. 16; U.v. 9.5.2019 – 1 C 21.18 – juris Rn. 17). Dem Gedanken der Generalprävention liege zugrunde, dass – über eine gegebenenfalls erfolgte strafrechtliche Sanktion hinaus – ein besonderes Bedürfnis bestehe, durch die Ausweisung andere Ausländer von Taten ähnlicher Art und Schwere abzuhalten. Erforderlich sei regelmäßig, dass eine Ausweisungspraxis, die an die Begehung ähnlicher Taten anknüpfe, geeignet sei, auf potentielle weitere Täter abschreckend zu wirken. Bei der generalpräventiven Aufenthaltsbeendigung sei besonders sorgfältig das Gewicht der mit ihr verfolgten, im öffentlichen Interesse liegenden Ziele zu ermitteln. Hierzu gehöre auch für die Verwaltungsgerichte eine genaue Kenntnisnahme und Würdigung des der Aufenthaltsbeendigung zugrundeliegenden Tatgeschehens und seiner strafgerichtlichen Bewertung (m.V.a. BVerfG, B.v. 21.3.1985 – 2 BvR 1642/83 – juris Rn. 24). Zudem gehöre die Klägerin nicht zu den durch § 53 Abs. 3, 3a und 3b AufenthG privilegierten Personengruppen, sodass auch insoweit das Abstellen auf generalpräventive Gründe nicht ausgeschlossen sei. Die generalpräventiven Erwägungen der Beklagten seien vorliegend nicht zu beanstanden. Die Klägerin sei jedenfalls unerlaubt im Bundesgebiet einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Es erscheine sachgerecht, diesem Umstand mit einer generalpräventiv motivierten Ausweisung zu begegnen. So sei es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid ausführe, dass ein gewichtiges öffentliches Interesse der Bundesrepublik Deutschland an der Einhaltung der Rechtsvorschriften bestehe und anderen Ausländern deutlich vor Augen geführt werden solle, dass ein Verhalten, wie von der Klägerin gezeigt, nicht hingenommen werde und zur unverzüglichen Aufenthaltsbeendigung mit allen rechtlichen Konsequenzen führe. Es sollten bei anderen Ausländern Hemmungen verstärkt werden, die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen zu missachten und Straftaten zu begehen. Die Beklagte führe insoweit ergänzend aus, dass durch die illegale Ausländerbeschäftigung ein nicht unerheblicher volkswirtschaftlicher Schaden für die Allgemeinheit entstehe, sodass gerade an der Bekämpfung derartiger Verstöße ein überragendes öffentliches Interesse bestehe. Die bei Vorliegen einer tatbestandsmäßigen Gefährdungslage nach § 53 Abs. 1 AufenthG unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise der Klägerin mit den Interessen an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet ergebe, dass das öffentliche Interesse an ihrer Ausreise überwiege. Dem schwerwiegenden Ausweisungsinteresse der [Beklagten] stehe im vorliegenden Fall weder ein schwerwiegendes oder gar besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse der Klägerin im Sinne des § 55 Abs. 1 und 2 AufenthG entgegen. Ein solches sei nicht dargetan und auch sonst nicht ersichtlich. Aufgrund des schwerwiegenden Ausweisungsinteresses, dem ein gesetzlich vertyptes (schwerwiegendes) Bleibeinteresse nicht gegenüberstehe, führe die Interessenabwägung zum Überwiegen des öffentlichen Ausweisungsinteresses. Die streitgegenständliche Ausweisung der Klägerin sei weder unter Berücksichtigung der in § 53 Abs. 2 AufenthG – allerdings nicht abschließend – aufgeführten Umstände noch mit Blick auf die Anforderungen der wertentscheidenden Grundsatznormen des Art. 6 Abs. 1 GG und des Art. 8 EMRK unverhältnismäßig. In Anbetracht der Tatsache, dass die Klägerin nur kurzfristig in das Bundesgebiet eingereist sei und keine sonstigen Bindungen hier beständen, habe die Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die öffentlichen Interessen, anderen Ausländern deutlich vor Augen zu führen, dass es nicht hingenommen werde, dass Ausländer sich hier illegal aufhielten und unerlaubt einer Beschäftigung nachgingen, höher gewichtet als die privaten Bleibeinteressen der Klägerin.
5
Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung.
6
3. Das der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegende Vorbringen in der Begründung des Zulassungsantrags (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine Zulassung der Berufung. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, der besonderen rechtlichen Schwierigkeit nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen nicht vor.
7
3.1 Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen der Klägerin nicht.
8
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestehen nur dann, wenn der Rechtsmittelführer im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage stellt (BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16). Solche schlüssigen Gegenargumente liegen bereits dann vor, wenn im Zulassungsverfahren substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufgezeigt werden, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – juris Rn. 19). Es reicht nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen. Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente schlagen jedoch nach dem Rechtsgedanken des § 144 Abs. 4 VwGO nicht auf das Ergebnis durch, wenn das angefochtene Urteil sich aus anderen Gründen als richtig darstellt (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – juris Rn. 9). Maßgeblich für die Beurteilung dieses Zulassungsgrundes ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 – 1 C 10.12 – juris Rn. 12), so dass eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage bis zum Zeitpunkt der Entscheidung in dem durch die Darlegung des Rechtsmittelführers vorgegebenen Prüfungsrahmen zu berücksichtigen ist (BayVGH, B.v. 20.2.2017 – 10 ZB 15.1804 – juris Rn. 7).
9
Die Klägerin führt zur Begründung ihres Zulassungsbegehrens aus, das Verwaltungsgericht konzediere (auf Seite 8 seines Urteils), dass die Klägerin in den Bereichen Jazz-Dance und Ballett ausgebildet sei, sie sich während der Auftritte künstlerisch zur Musik bewegt habe und sich auf die einschlägige Vorschrift berufen habe. Im Übrigen sei die Klägerin schon seit über zehn Jahren im Besitz eines italienischen Aufenthaltstitels. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe die Klägerin sehr wohl ausreichend vorgetragen. Das Ausgangsgericht räume in diesem Zusammenhang ein, dass die Klägerin als Künstlerin gearbeitet habe. Im Übrigen habe die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vortragen lassen, dass sie dasjenige künstlerisch auf die Bühne gebracht habe, was sie in den Ausbildungen in den Bereichen Ballett und Jazz gelernt habe. Das Ausgangsgericht meine in diesem Zusammenhang, dass die von der Klägerin zitierte Entscheidung des VGH Baden-Württemberg für den zu entscheidenden Fall keine Aussage treffe, während diese Entscheidung genau den Kern treffe. Die Klägerin habe schon in der Klageschrift vom 11. Juni 2019 vorgetragen, dass sie sich auf die in Frage stehenden Normen berufe und die Voraussetzungen vorlägen (es folgt ein wörtliches Zitat aus der Klageschrift). Die Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung vortragen lassen, dass sie sich auf die zitierte Auskunft des Auswärtigen Amtes und die positive Auskunft der Beklagten verlassen habe bzw. erst aufgrund dieser Auskünfte die Erwerbstätigkeit im Jahr 2019 aufgenommen habe. Die entsprechenden, für die Klägerin positiven Auskünfte des Auswärtigen Amtes und der Beklagten seien in der mündlichen Verhandlung zu den Akten gereicht worden. Das Ausgangsgericht konzediere auch noch, dass die zeitlichen Voraussetzungen vorgelegen hätten. Nach alledem habe die Klägerin ihre Erwerbstätigkeit als Tänzerin im dargelegten Rahmen auch in Deutschland ausüben dürfen. Das Ausgangsgericht habe dies in grober Weise verkannt.
10
Ergänzend wurde mit Schriftsatz vom 24. März 2022 ausgeführt, die ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ergäben sich daraus, dass das Ausgangsgericht entweder die Klägerin zwar als Künstlerin einordne, aber daraus nicht die richtigen Schlüsse ziehe, oder trotz der klaren und unbestrittenen Einlassung der Klägerin diese nicht als Künstlerin einordne (es folgt ein wörtliches Zitat aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils). Die Tänze der Klägerin seien folglich als Kunst einzuordnen. Es stelle sich die Frage, was die Beklagte mit ihrer nicht zielführenden und herablassenden Aussage, „er nutzt die von ihm zitierten Passagen, welche zudem aus dem Zusammenhang gerissen werden, aber lediglich dazu (…)“ bezwecke, und ob die Beklagte, wenn sie zitiere, nicht aus dem Zusammenhang reiße. Die Beklagte zeige damit eindrucksvoll, dass sie keine Argumente habe. Dem Klägerbevollmächtigten sei bekannt, dass Prozessbeteiligten manchmal vorgeworfen werde, dass sie nicht hinreichend dargelegt und substantiiert hätten. Deswegen stelle er die Frage, was denn die Klägerin aus Sicht des Ausgangsgerichts noch alles hätte vortragen müssen. Dem Klägerbevollmächtigten sei bekannt, dass manche Gerichte die Anforderungen an ihre eigene Hinweispflicht und Aufklärungspflicht nicht so streng formulierten wie die Anforderungen an eine Darlegungspflicht. In den Verfahren gelte der Untersuchungsgrundsatz. Das Gericht sei verpflichtet, den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Wenn das Ausgangsgericht der Meinung gewesen sei, dass es sich bei den Tänzen der Klägerin nicht um Kunst handeln würde, oder der klägerische Vortrag oder Einlassung nicht ausreichen würde, so hätte es einen richterlichen Hinweis geben müssen, denn die Argumentation der Klägerin stütze sich darauf, dass es sich bei den Tanzdarbietungen um Kunst handle. Das habe das Ausgangsgericht nicht getan. Ansonsten wiederhole die Beklagte nur die Argumentation des Ausgangsgerichts und führe aus, dass das alles seine Richtigkeit hätte. Die Beklagte – ihrer Bindung an Recht und Gesetz zum Trotz – halte sich nicht an die gesetzlichen Vorschriften, erfinde Tatbestandsmerkmale bzw. greife die erfundenen Tatbestandsmerkmale auf, die sich nicht im Gesetz fänden. So bedürfe es angeblich einer besonders qualifizierten Leistung, die durch inländische Bewerber nicht erbracht werden könnte. So wären angeblich zur Vermeidung von Missbrauch konzertmäßige Auftritte in Nachtclubs zustimmungspflichtig. Man solle sich vor Augen halten, dass es hier um Vorschriften gehe, die auch ein bestimmtes Verhalten strafrechtlich sanktionierten, mit der Folge, dass der verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz und das strafrechtliche Analogieverbot bzw. das Verbot teleologischer Reduktion zu Ungunsten des Bürgers gelten würden. Die Klägerin sei ukrainische Staatsbürgerin. Es stelle sich die Frage, ob sie jetzt in der Ukraine gegen die russische Armee kämpfen solle.
11
Auf den Hinweis der Beklagten mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2022, dass mit der Ausreise der Klägerin nach Italien am 13. Mai 2019 (mit Verweis auf den Rücklauf der Grenzübertrittsbescheinigung vom 15.5.2019) sich das auf drei Jahre ab der Ausreise bzw. Abschiebung befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot und damit auch die Ausweisungsverfügung erledigt hätten, stellte die Klägerin den Anfechtungsantrag mit Schriftsatz vom 30. Januar 2023 (ausdrücklich) in einen Fortsetzungsfeststellungsantrag um. Unmittelbar vor Eintritt des erledigenden Ereignisses sei der angegriffene Bescheid rechtswidrig gewesen. Zu diesem Zeitpunkt hätte selbst bei unterstellter ursprünglicher Richtigkeit des Bescheides dieser aufgrund der Kriegssituation in der Ukraine zurückgenommen werden müssen. Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergebe sich auch aus dem Rehabilitationsinteresse, weil der Verwaltungsakt gegen die Klägerin Dritten gegenüber bekannt geworden sei, und aus der Wiederholungsgefahr. Der angegriffene Bescheid sei rechtswidrig gewesen und habe die Klägerin in ihren Rechten verletzt.
12
Dieses Vorbringen führt nicht zur Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel.
13
3.1.1 Da die Klägerin ihr ursprüngliches Begehren, den angefochtenen Bescheid aufzuheben, ausdrücklich in eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt und damit ihren Fortsetzungsfeststellungsantrag nicht als Hilfsantrag zum Anfechtungsantrag, sondern als (neuen) ausschließlichen Hauptantrag gestellt hat, ist Streitgegenstand nur noch die Feststellung der Rechtswidrigkeit dieses Bescheids. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO (Fortsetzungsfeststellungsklage) kommt im Verfahren der Berufungszulassung nach § 124a Abs. 4 VwGO nicht in Betracht, da es sich bei diesem Verfahren um ein besonderes Antragsverfahren handelt, welches lediglich der Entscheidung über die Berufungszulassung dient und gemäß § 124 Abs. 1 VwGO der gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache in einem Berufungsverfahren notwendig vorausgeht. Gegenstand des Berufungszulassungsverfahrens kann damit nur der Streitgegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung sein (Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 225; Roth in Posser/Wolff, VwGO, 64. Ed. Stand 1.7.2022, § 124a Rn. 57). Über die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes kann das Berufungsgericht daher erst in einem nach Zulassung durchzuführenden Berufungsverfahren entscheiden (VGH BW, B.v. 28.6.2007 – 13 S 779/07 – juris Rn. 5). Die Klägerin kann aber bei Erledigung des angefochtenen Verwaltungsaktes nach Ergehen der erstinstanzlichen Entscheidung die Zulassung der Berufung mit dem Ziel der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsaktes gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO beantragen (BayVGH, B.v. 30.10.2012 – 22 ZB 11.2915 – juris Rn. 11; B.v. 8.10.2009 – 19 ZB 09.2255, Rn. 3; Nds.OVG, B.v. 17.8.2006 – 2 LA 1192/04 – juris Rn. 6; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 225, 341a; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 78a; Roth in Posser/Wolff, VwGO, 64. Ed. Stand 1.7.2022, § 124a Rn. 57.1). Unter solchen Umständen kann der Zulassungsantrag nur Erfolg haben, wenn in einem ersten Schritt im Berufungszulassungsverfahren ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung dargelegt wird (BayVGH, B.v. 2.3.2017 – 4 ZB 16.1852 – juris Rn. 10; B.v. 30.10.2012 – 22 ZB 11.2915 – juris Rn. 11; B.v. 8.10.2009 – 19 ZB 09.2255, Rn. 3; VGH BW, B.v. 28.6.2007 – 13 S 779/07 – juris Rn. 5; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 341a; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 78a; Roth in Posser/Wolff, VwGO, 64. Ed. Stand 1.7.2022, § 124a Rn. 57.1). Tritt die Erledigung erst nach dem Ablauf der Begründungsfrist des Antrags auf Berufungszulassung nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ein, so sind die Umstellung der Anfechtungsklage in eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und die entsprechende Darlegung eines berechtigten Interesses nicht an die Begründungsfrist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gebunden (BayVGH, B.v. 2.3.2017 – 4 ZB 16.1852 – juris Rn. 10; B.v. 30.10.2012 – 22 ZB 11.2915 – juris Rn. 11; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 341a; Roth in Posser/Wolff, VwGO, 64. Ed. Stand 1.7.2022, § 124a Rn. 57.1; gegen Fristbindung auch im Fall der Erledigung vor Ablauf der Begründungsfrist: Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 78a). Die mit dem Berufungszulassungsantrag geltend gemachten Zulassungsgründe sind nach Erledigung der von der Klägerin angegriffenen Verwaltungsakte und dem damit verbundenen Wegfall der erforderlichen Beschwer jedoch nur dann für die in dem angestrebten Berufungsverfahren zu treffende Entscheidung erheblich, wenn in dem Berufungsverfahren eine Entscheidung nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ergehen kann (Nds.OVG, B.v. 17.8.2006 – 2 LA 1192/04 – juris Rn. 7). Dies setzt – neben dem Vorliegen der allgemeinen Sachentscheidungsvoraussetzungen – voraus, dass sich der angefochtene Verwaltungsakt erledigt hat und, wie ausgeführt, ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit desselben dargelegt ist.
14
3.1.2 Hinsichtlich der Ausweisung unter Ziffer I des streitgegenständlichen Bescheides besteht für die Zulassung der Berufung kein Raum. Es ist bereits zweifelhaft, kann aber im Ergebnis offenbleiben, ob sich die Ausweisungsverfügung mangels Fortbestehens eines Ausweisungsinteresses erledigt hat und damit die Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO insoweit statthaft ist. Jedenfalls fehlt es aber an der (ausreichenden) Darlegung eines berechtigten Feststellungsinteresses.
15
Insoweit genügt es nicht, das Bestehen einer Wiederholungsgefahr und eines Rehabilitationsinteresses lediglich zu behaupten. Ein substantiierter Vortrag der Klägerin, weshalb eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr bestehen soll, liegt nicht vor. Dazu hätte dargelegt werden müssen, dass eine hinreichend bestimmte Gefahr vorliegt, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (vgl. BVerwG, B.v. 16.10.1989 – 7 B 108.89 – juris). Ist dagegen ungewiss, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse eintreten wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsaktes, kann das Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht aus einer Wiederholungsgefahr hergeleitet werden (BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 8 C 39.12 – juris Rn. 20; U.v. 12.10.2006 – 4 C 12.04 – juris Rn. 8 m.w.N.). Des Weiteren besteht ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 8 C 39.12 – juris Rn. 24 m.w.N.). Deshalb hat jedenfalls die (bloße) Feststellung der Erfüllung eines objektiven Ordnungswidrigkeiten- oder Straftatbestandes – wie von der Klägerin vorgetragen – keine stigmatisierende Wirkung (BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 8 C 42.12 – juris Rn. 37). Zu den näheren Umständen des angeblichen Bekanntwerdens der Ausweisung gegenüber Dritten hat die Klägerin nichts vorgetragen, was dem Berufungsgericht die Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen eines Rehabilitationsinteresses ermöglichen würde.
16
3.1.3 Auch bei Unterstellung einer ausreichenden Darlegung eines berechtigten Feststellungsinteresses würde das Vorbringen der Klägerin jedoch nicht zur Zulassung der Berufung führen. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Beurteilung des Verwaltungsgerichts, dass die Ausweisung rechtmäßig war und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt hat.
17
Ohne Erfolg wendet sich die Klägerin gegen die Feststellung des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen einer Ausweisung gemäß § 53 Abs. 1 AufenthG durch die Beklagte und das Verwaltungsgericht. Die Klägerin hat jedenfalls durch die unerlaubte Ausübung einer erlaubnispflichtigen Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG verwirklicht. Der Rechtsverstoß im Sinne des § 54 Abs. 2 Nr. 9 Alt. 1 AufenthG ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann unbeachtlich, wenn er vereinzelt und geringfügig ist, er ist hingegen immer beachtlich, wenn er vereinzelt, aber nicht geringfügig oder geringfügig, aber nicht vereinzelt ist (BVerwG, U.v. 24.9.1996 – 1 C 9.94 – juris Rn. 19 zur inhaltsgleichen Vorschrift des § 46 Nr. 2 AuslG 1990; BayVGH, B.v. 21.11.2022 – 19 ZB 22.1612 – juris Rn. 9; B.v. 27.4.2020 – 10 C 20.51 – juris Rn. 8; Fleuß in Kluth/Heusch, Ausländerrecht, 36. Ed. Stand 1.1.2023, AufenthG § 54 Rn. 313). Ein Verstoß der in § 54 Abs. 2 Nr. 9 Alt. 1 AufenthG bezeichneten Art setzt dessen objektive Rechtswidrigkeit voraus (Fleuß in Kluth/Heusch, Ausländerrecht, 36. Ed. Stand 1.1.2023, AufenthG § 54 Rn. 320 m.V.a. OVG RP, B.v. 7.5.2020 – 7 B 10178/20 – juris Rn. 20). Ein Verschulden ist demnach nicht erforderlich, ebenso wenig bedarf es einer Ahndung des Verstoßes (Fleuß in Kluth/Heusch, Ausländerrecht, 36. Ed. Stand 1.1.2023, AufenthG § 54 Rn. 320).
18
Ein Rechtsverstoß im Sinne des § 54 Abs. 2 Nr. 9 Alt. 1 AufenthG liegt durch die unerlaubte Erwerbstätigkeit der Klägerin vor. Insoweit kann die Klägerin sich nicht auf die Visumfreiheit ihres Aufenthaltes berufen. Nach Art. 6 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 S. 39) – Visa-VO – können die Mitgliedstaaten für Personen, die während ihres Aufenthalts einer Erwerbstätigkeit nachgehen, Ausnahmen von der Befreiung von der Visumpflicht nach Artikel 4 vorsehen (vgl. Maor in Kluth/Heusch, Ausländerrecht, 36. Ed. Stand 1.1.2023, AufenthG § 4a Rn. 24). In Übereinstimmung mit dieser Öffnungsklausel bestimmt § 17 Abs. 1 AufenthV, dass auch dann, wenn die Verordnung (EU) Nr. 2018/1806 grundsätzlich eine Visumbefreiung vorsieht, Ausländer auch bei einem Kurzaufenthalt visumpflichtig sind, wenn sie einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Diese Gegenausnahme, die – in systematischer Übereinstimmung mit dem für Erwerbstätigkeiten von Ausländern ohne Aufenthaltstitel geltenden präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt nach § 4a Abs. 4 Alt. 2 AufenthG – eine Visumpflicht bei grundsätzlich jeder Erwerbstätigkeit vorsieht, ist wiederum durch § 17 Abs. 2 Satz 1 AufenthV i.V.m. § 30 BeschV eingeschränkt. Die dort genannten Tätigkeiten sind in dem näher bestimmten Umfang von vornherein aus dem Begriff der Beschäftigung und damit der Erwerbstätigkeit ausgenommen (vgl. Maor in Kluth/Heusch, Ausländerrecht, 36. Ed. Stand 1.1.2023, AufenthG § 4a Rn. 25 f.). Damit sind auch Fälle abgedeckt, in denen ein Drittausländer – wie vorliegend die Klägerin bis 30. Juli 2020 – einen Aufenthaltstitel eines anderen Schengen-Staates besitzt und damit ein Reiserecht nach Art. 21 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 (ABl. 2000, L 239, S. 19) – SDÜ hat, welches auch das Bundesgebiet einschließt (vgl. Maor in Kluth/Heusch, Ausländerrecht, 36. Ed. Stand 1.1.2023, AufenthG § 4a Rn. 29). Gemäß § 30 Nr. 2 BeschV gilt eine Tätigkeit nach § 22 BeschV, die bis zu 90 Tage innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten ausgeübt wird, nicht als Beschäftigung im Sinne des Aufenthaltsgesetzes.
19
Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, fällt jedoch die von der Klägerin im Bundesgebiet ausgeübte Tätigkeit als Tänzerin im Nachtlokal „B.“ nicht unter den Tatbestand des § 22 BeschV. Die unter § 22 Nr. 1 bis 9 BeschV aufgezählten Berufsgruppen weisen als gemeinsames Merkmal – im Allgemeinen unter Beibehaltung eines Wohnsitzes im Ausland – einen vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet zur Ausübung von typischerweise kurzfristigen Beschäftigungen internationalen Charakters in Wissenschaft, Kultur, Sport, Touristik oder der Sprachvermittlung auf (vgl. Hailbronner/Lehner in Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Januar 2023, Teil C.1.1 BeschV, VI. Besondere Berufs- oder Personengruppen (§§ 22- 28), Rn. 173; Klaus in Kluth/Heusch, Ausländerrecht, 36. Ed. Stand 1.1.2023, BeschV § 22 Rn. 38a ff.). Die zustimmungsfreie Zulassung wird bei diesen Personengruppen für zweckmäßig gehalten, weil es sich dabei um Beschäftigungen handelt, deren „Spielregeln“ hinsichtlich der Stellenbesetzung mit denen bei anderen Beschäftigungen nicht zu vergleichen sind. Von den genannten Berufsgruppen werden in der Regel Leistungen erbracht, die nur bedingt durch inländische Bewerberinnen und Bewerber ersetzt werden können und bei denen ein internationaler Austausch üblich ist. Inländische Arbeitsmarktschutzinteressen werden dadurch gewahrt, dass es sich jeweils um besonders qualifizierte Leistungen mit vorübergehendem Charakter handeln muss (vgl. Hailbronner/Lehner in Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Januar 2023, Teil C.1.1 BeschV, VI. Besondere Berufs- oder Personengruppen (§§ 22 -28), Rn. 173). Derartiges hat die Klägerin nicht dargelegt. Unabhängig von der Qualifizierung ihrer tänzerischen Darbietungen als Kunst ist nicht dargetan, dass es sich dabei um besonders qualifizierte Leistungen mit vorübergehendem Charakter gehandelt hat, die nur bedingt durch inländische Bewerberinnen und Bewerber ersetzt werden können und bei denen ein internationaler Austausch üblich ist. Die Ausführungen der Klägerin im Zulassungsverfahren zur Einordnung ihrer Tätigkeit als Kunst gehen damit an der Sache vorbei. Insbesondere ist weder nachvollziehbar vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Klägerin in Darbietungen von besonderem künstlerischem Wert (§ 22 Nr. 1 BeschV) tätig wurde. Die von der Klägerin angeführte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 27. Oktober 1999 in einem Beschwerdeverfahren im einstweiligen Rechtsschutz (Az.: 11 S 1419/99 – juris Rn. 6 ff.) lässt für den Fall einer Betätigung als Showtänzerin in Nachtlokalen offen, ob eine Aufenthaltserlaubnis für die Aufnahme und Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit erteilt werden kann. Festzuhalten ist aber, dass die Übertragung dieser Entscheidung auf den vorliegenden Fall deshalb ausscheidet, weil sie § 5 Nr. 9 AVV betraf, der mittlerweile (seit dem 1.1.2005) nicht mehr gilt.
20
Des Weiteren ist das Verwaltungsgericht auch zu Recht davon ausgegangen, dass der Rechtsverstoß der Klägerin nicht geringfügig ist. § 54 Abs. 2 Nr. 9 Alt. 1 normiert keine Maßstäbe dafür, welche vorsätzlichen Verstöße gegen Strafnormen wegen Geringfügigkeit außer Betracht bleiben sollen (Fleuß in Kluth/Heusch, Ausländerrecht, 36. Ed. Stand 1.1.2023, AufenthG § 54 Rn. 325 m.w.N.). Soweit Abweichendes für den Fall gilt, dass es sich um ein sogenanntes „Bagatelldelikt“ handelt, bei welchem der Grad des Verschuldens als gering einzustufen ist, kann davon im vorliegenden Falle nicht ausgegangen werden. Des Weiteren ist es nicht zu beanstanden, Vorsatztaten als in der Regel nicht geringfügig zu werten (vgl. Fleuß in Kluth/Heusch, Ausländerrecht, 36. Ed. Stand 1.1.2023, AufenthG § 54 Rn. 325 m.w.N.). Die Klägerin stellt die Annahme des Verwaltungsgerichts, es liege vorsätzliches Handeln vor, nicht substantiiert in Frage. Soweit sie mit der Berufung auf die Auskunft des Auswärtigen Amtes gegenüber ihrem Bevollmächtigten mit E-Mail vom 28. Mai 2019 ein vorsätzliches Handeln und damit das Vorliegen eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Abs. 2 Nr. 9 Alt. 1 AufenthG widerlegen möchte, kann sie damit nicht durchdringen. Denn die Auskunft ist zeitlich nach dem polizeilichen Antreffen der Klägerin im Nachtclub „B.“ am 9. Mai 2019 erfolgt und vermag deshalb ein vorsätzliches Handeln der Klägerin nicht in Frage zu stellen.
21
Auch die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass das Verhalten der Klägerin ein Ausweisungsinteresse in generalpräventiver Hinsicht rechtfertige, wird von der Klägerin nicht substantiiert in Frage gestellt. Ebenso wenig substantiiert greift die Klägerin die Abwägung des schwerwiegenden Ausweisungsinteresses mit ihren (angenommen geringfügigen) Bleibeinteressen durch die Beklagte und das Verwaltungsgericht sowie die Beurteilung der Ausweisung als verhältnismäßig an. Soweit die Klägerin (sinngemäß) als Bleibeinteresse den in ihrem Herkunftsland herrschenden internationalen bewaffneten Konflikt anführt, genügt der Hinweis darauf, dass eine Rückkehr der Klägerin in ihr Herkunftsland jedenfalls derzeit nicht im Raume steht. Vielmehr ist im angefochtenen Bescheid als Zielstaat der Abschiebung die Republik Italien benannt (siehe dazu auch die Ausführungen unter 3.1.5).
22
3.1.4 Das Einreise- und Aufenthaltsverbot unter der Ziffer II des streitgegenständlichen Bescheides – welches von der Behörde gemäß § 11 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 2 AufenthG im Einzelfall anzuordnen ist (BVerwG, U.v. 21.8.2018 – 1 C 21.17 – juris Rn. 20) und im vorliegenden Fall konkludent mit der Befristungsentscheidung angeordnet wurde (vgl. BVerwG, U.v. 21.8.2018 – 1 C 21.17 – juris Rn. 25) – hat sich nach Ablauf der gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3, 5 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 AufenthG gesetzten Sperrfrist von drei Jahren ab dem Zeitpunkt der Ausreise bzw. Abschiebung infolge der freiwilligen Ausreise der Klägerin am 13. Mai 2019, mithin mit Ablauf des 13. Mai 2022, erledigt (vgl. Art. 43 Abs. 2 Var. 4 BayVwVfG). Das Verwaltungsgericht hat im angegriffenen Urteil begründet, weshalb gegen die Rechtmäßigkeit des Einreise- und Aufenthaltsverbots sowie gegen dessen Befristung auf drei Jahre ab dem Zeitpunkt der Ausreise bzw. Abschiebung keine Bedenken bestanden; diese Erwägungen des Erstgerichts hat die Klägerin mit ihrem Zulassungsvorbringen nicht angegriffen, weshalb insoweit ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO schon nicht dargelegt sind.
23
3.1.5 Die Klägerin wendet sich mit ihrem Zulassungsbegehren nicht gegen die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass infolge der (fristgemäßen) Ausreise der Klägerin auch die Ausreisefristsetzung mit Ausreiseaufforderung unter der Ziffer III sowie die Abschiebungsandrohung unter der Ziffer IV des streitgegenständlichen Bescheides sich erledigt hätten und der Klage deshalb insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Soweit die Klägerin (sinngemäß) vorträgt, ihr drohten im Falle der Abschiebung wegen des in ihrem Herkunftsstaat, der Ukraine, herrschenden internationalen bewaffneten Konfliktes konkrete Gefahren für Leib und Leben, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass in der Abschiebungsandrohung der Beklagten als Zielstaat der Abschiebung gemäß § 59 Abs. 2 Satz 1 AufenthG die Republik Italien genannt ist. Soweit die Abschiebung abweichend davon – entsprechend der Feststellung, dass die Klägerin auch in einen anderen Staat abgeschoben werden könne, in den sie einreisen dürfe bzw. der verpflichtet sei, die Klägerin aufzunehmen – in die Ukraine abgeschoben werden sollte, hätte die Beklagte vor einer Abschiebung im Rahmen der insoweit gegebenen Prüfungskompetenz für zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote gemäß § 72 Abs. 2 AufenthG eine Stellungnahme des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zum Vorliegen zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60 AufenthG einzuholen und die Zielstaatsbestimmung nachträglich durch Bescheid zu konkretisieren (vgl. BVerwG, U.v. 25.7.2000 – 9 C 42.99 – juris Rn. 14). Gegen die auf dieser Grundlage ergehende Entscheidung der Beklagten würden der Klägerin gegebenenfalls entsprechende Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Diese Umstände führen jedoch nicht zur Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung, weil deren Erlass das (objektive) Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 59 Abs. 3 S. 1 AufenthG nicht entgegensteht.
24
3.2 Der Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor.
25
Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinne dieser Vorschrift weist eine Rechtssache dann auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sie sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (BayVGH, B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 m.w.N.).
26
Besondere tatsächliche Schwierigkeiten einer Rechtssache entstehen durch einen besonders unübersichtlichen und/oder einen schwierig zu ermittelnden Sachverhalt. Ob besondere tatsächliche Schwierigkeiten bestehen, ist unter Würdigung der aufklärenden Tätigkeit des Verwaltungsgerichts zu beurteilen (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 33). Eine Rechtssache weist besondere rechtliche Schwierigkeiten auf, wenn eine kursorische, aber sorgfältige, die Sache überblickende Prüfung der Erfolgsaussichten einer Berufung keine hinreichend sichere Prognose über den Ausgang des Rechtsstreits erlaubt. Die Offenheit des Ergebnisses charakterisiert die besondere rechtliche Schwierigkeit und rechtfertigt – insbesondere zur Fortentwicklung des Rechts – die Durchführung des Berufungsverfahrens (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 Rn. 16, 25, 27). Dabei ist der unmittelbare sachliche Zusammenhang des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO mit Abs. 2 Nr. 1 VwGO in den Blick zu nehmen (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 Rn. 25). Schwierigkeiten solcher Art liegen vor, wenn der Ausgang des Rechtsstreits aufgrund des Zulassungsvorbringens bei summarischer Prüfung als offen erscheint und sich die aufgeworfenen Rechts- und Tatsachenfragen nicht schon ohne Weiteres im Zulassungsverfahren, sondern erst in einem Berufungsverfahren mit der erforderlichen Sicherheit klären und entscheiden lassen.
27
Für die Darlegung der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten genügt dabei nicht die allgemeine Behauptung eines überdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrads. Vielmehr ist erforderlich, dass sich die Kläger mit dem verwaltungsgerichtlichen Urteil substanziell auseinandersetzen und im Einzelnen darlegen, hinsichtlich welcher aufgrund der erstinstanzlichen Entscheidung auftretenden Fragen sich besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten ergeben sollen (BayVGH, B.v. 2.5.2011 – 8 ZB 10.2312 – juris Rn. 21 m.w.N.).
28
Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen der Klägerin nicht. Sie legt schon nicht dar, inwieweit die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweisen soll. Insoweit genügt es nicht, lediglich die erstinstanzliche Entscheidung in ihrem Ergebnis oder ihrer Begründung zu kritisieren und die abweichende Rechtsauffassung oder Sachverhaltswürdigung der Klägerin vorzutragen.
29
3.3 Die Rechtssache hat auch nicht die von dem Kläger geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
30
Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (stRspr., vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2019 – 10 ZB 19.275 – juris Rn. 7; B.v. 8.9.2019 – 10 ZB 18.1768 – Rn. 11; B.v. 14.2.2019 – 10 ZB 18.1967 – juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 17.12.2015 – 10 ZB 15.1394 – juris Rn. 16 m.w.N.; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 72). Klärungsbedürftig sind solche Rechts- oder Tatsachenfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die noch nicht oder nicht hinreichend ober- und höchstrichterlich geklärt sind (vgl. BVerfG, B.v. 28.4.2011 – 1 BvR 3007/07 – juris Rn. 21; Roth in Posser/Wolff, BeckOK, VwGO, Stand 1.1.2019, § 124 Rn. 55 m.w.N.; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 Rn. 38). Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln auch ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantwortet werden kann (stRspr., BVerwG, B.v. 9.4.2014 – 2 B 107.13 – juris Rn. 9 m.w.N.; BVerfG, B.v. 29.7.2010 – 1 BvR 1634/04 – juris Rn. 64). Die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit erfordert regelmäßig eine Durchdringung der Materie und in diesem Zusammenhang eine Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts, die verdeutlicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts dem Klärungsbedarf nicht gerecht wird (Happ, a.a.O. § 124a Rn. 72 m.w.N.).
31
Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Klägerin zur Begründung des Zulassungsantrags schon nicht. Die Klägerin wirft weder eine aus ihrer Sicht grundsätzlich klärungsbedürftige Rechtsfrage auf, noch legt sie dar, inwiefern eine solche Frage sich in einem Berufungsverfahren entscheidungserheblich stellen würde, diese klärungsbedürftig im oben genannten Sinne wäre und ihr eine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommen sollte.
32
3.4 Der geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist schon nicht in einer § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechenden Weise dargelegt bzw. liegt nicht vor.
33
Eine Divergenz ist gegeben, wenn das Verwaltungsgericht in Anwendung derselben Vorschrift (vgl. BVerwG, B.v. 28.1.2004 – 6 PB 15/03 – NVwZ 2004, 889/890) mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz oder einem verallge-meinerungsfähigen Tatsachensatz von einem in der Rechtsprechung der genannten übergeordneten Gerichte aufgestellten tragenden Rechts- oder Tatsachensatz oder einer inhaltsgleichen Rechtsvorschrift ausdrücklich oder konkludent abweicht und die Entscheidung darauf beruht (vgl. BayVGH, B.v. 9.5.2019 – 10 ZB 19.317 – juris Rn. 10 m.w.N.).
34
Die Darlegung einer Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO erfordert, dass ein inhaltlich bestimmter, die angefochtene Entscheidung tragender Rechts- oder Tatsachensatz bezeichnet wird, mit dem die Vorinstanz von einem in der Rechtsprechung eines übergeordneten Gerichts aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechts- oder Tatsachensatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift abgewichen ist. Die divergierenden Sätze sind einander so gegenüberzustellen, dass die Abweichung erkennbar wird (vgl. BayVGH, B.v. 30.8.2019 – 10 ZB 19.1519 – juris Rn. 3 m.w.N.).
35
Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Die Klägerin trägt zwar vor, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts „von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg abweicht“, sie bezeichnet aber schon nicht die in Bezug genommene Entscheidung, von der das Verwaltungsgericht abgewichen sein soll. Soweit es sich dabei um die im Zulassungsvorbringen zitierte Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 27. Oktober 1999 (Az.: 11 S 1419/99) handeln sollte, legt die Klägerin nicht dar, welcher von dem Verwaltungsgericht aufgestellte tragende Rechtssatz von welchem tragenden Rechtssatz dieser Entscheidung abweichen soll.
36
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.
37
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1, 158 Abs. 1 VwGO).
38
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).