Titel:
Zur Nachholung des Visumverfahrens in Tunesien
Normenketten:
AufenthG § 5 Abs. 2, § 16a, § 28 Abs. 1 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3
Leitsatz:
Eine Ausreise nach Tunesien zur Nachholung des Visumverfahrens ist nicht unzumutbar, wenn ein Kläger nur behauptet, er habe Angst vor seiner Familie in Tunesien, weil sie nicht dulde, dass er sich für ein Leben entschieden habe, das nicht den Vorstellungen seiner Familie entspreche, aber den Feststellungen des Beklagten nicht entgegentritt, wonach sein Bruder bei der Hochzeit und der anschließenden Feier anwesend gewesen sei, der Kläger seine Frau nach der Eheschließung seinen Eltern vorgestellt habe, die sehr nett gewesen seien, und im Übrigen nicht davon auszugehen sei, dass die Familie des Klägers von einem Aufenthalt etwa in der Millionenstadt Tunis (120 km von der Familie entfernt) überhaupt Kenntnis erlangen würde. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Tunesien, Gescheiterte Ehe mit einer Deutschen, Gescheitere Ausbildung, Nachholung Visumverfahren, gescheiterte Ehe, gescheiterte Ausbildung, Visumverfahren, Nachholung
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 06.12.2022 – AN 5 K 20.698
Fundstelle:
BeckRS 2023, 8744
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsantragsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsantragsverfahren wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
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Der Kläger, ein am ... März 1985 geborener tunesischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 6. Dezember 2022, durch das seine gegen den Bescheid des Beklagten vom 16. März 2020 gerichtete Klage auf Verpflichtung des Beklagten, ihm einen Aufenthaltstitel zu erteilen, abgewiesen worden ist. Mit dem Bescheid vom 16. März 2020 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ab (Ziff. 1). Weiter lehnte er den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16a AufenthG ab (Ziff. 2) und forderte ihn auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Unanfechtbarkeit des Bescheids zu verlassen (Ziff. 3). Für den Fall nicht fristgerechter Ausreise drohte der Beklagte dem Kläger die Abschiebung insbesondere nach Tunesien an (Ziff. 4).
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Zur Urteilsbegründung führte das Verwaltungsgericht u.a. aus, die beantragte Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG scheide aus. Nachdem der Kläger am 1. Dezember 2018 mit einem Visum zum Ehegattennachzug in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei, habe die Ehefrau der damals zuständigen Ausländerbehörde unter dem 28. Mai und 11. Juni 2019 mitgeteilt, dass sie sich im März 2019 vom Kläger getrennt habe. Die Ehe sei gescheitert (Bezugnahme auf den Bescheid des Beklagten). In der mündlichen Verhandlung habe der Kläger berichtet, dass die Ehe mit seiner Gattin nur noch formal bestehe. Sie seien seit 2019 getrennt. Es bestehe kein Kontakt mehr und alle Versuche zur Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft seien gescheitert. Für einen Titel nach § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG reiche der formal-rechtliche Bestand einer Ehe aber nicht aus. Vielmehr müssten die Eheleute die eheliche Lebensgemeinschaft auch führen wollen. Die eheliche Lebensgemeinschaft müsse sich nach außen in der Regel in gemeinsamer Lebensführung dokumentieren. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Soweit der Kläger nach seinem Vortrag am 5. September 2019 eine zweijährige Berufsausbildung zur Fachkraft im Gastgewerbe begonnen habe, komme die beantragte Aufenthaltserlaubnis zum Aufenthaltszweck Berufsausbildung (§ 16a AufenthG) nicht in Betracht. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass er die Berufsausbildung ohne Abschluss beendet habe. Er sei nun nicht mehr zur Berufsausbildung, sondern im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses beim ehemaligen Ausbildungsbetrieb angestellt. Soweit der Kläger nunmehr (gem. seines Klageantrages „Verpflichtung des Beklagten, ihm einen Aufenthaltstitel zu erteilen“) nunmehr eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck qualifizierter Beschäftigung begehre, sei die Klage bereits unzulässig. Insoweit fehle es ihr am erforderlichen Rechtschutzbedürfnis. Die Zulässigkeit der Verpflichtungsklage im Sinne des § 42 Abs. 1 Var. 2 UF 1 VwGO setze grundsätzlich einen vorher im Verwaltungsverfahren erfolglos gestellten Antrag auf Vornahme des eingeklagten Verwaltungsaktes voraus. Im Hinblick auf den vorliegend geltend gemachten Aufenthaltszweck der qualifizierten Beschäftigung müsse sich der Kläger vorhalten lassen, dass er insoweit ein behördliches Verfahren auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bisher nicht durchgeführt habe. Von einer Aufenthaltserlaubnis im Hinblick auf eine mögliche qualifizierte Beschäftigung sei im Behördenverfahren bislang nie die Rede gewesen. Wegen Unzulässigkeit der Klage in dieser Hinsicht, komme es nicht darauf an, dass der Kläger nach seinem letzten Vortrag in der mündlichen Verhandlung die Ausbildung zur Fachkraft im Gastgewerbe nicht erfolgreich abgeschlossen habe, mithin das Vorliegen einer beachtlichen Qualifikation fraglich sei.
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Zur Begründung seines Zulassungsantrages führt der Kläger aus, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, die Rechtsache weise besondere rechtliche Schwierigkeiten auf und sie sei von grundsätzlicher Bedeutung. Der Kläger habe versucht, seine Ehe zu retten. Dies sei ihm nicht gelungen. Parallel habe er sich um einen Ausbildungsplatz bemüht und diesen auch erhalten. Er habe die zweijährige Ausbildung zur Fachkraft in der Systemgastronomie absolviert, jedoch die Abschlussprüfung nicht bestanden. Dennoch habe der Ausbildungsbetrieb den Kläger in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen, weil der Kläger mit seinen Fähigkeiten und seiner Leistung überzeugt gehabt habe. Der Kläger habe seit dem Antritt der Ausbildung seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten können. Er sei nicht auf Sozialleistungen angewiesen gewesen. Ihm stehe ein Aufenthaltstitel zu, weil er die Möglichkeit habe, die bisherige Ausbildung erfolgreich abzuschließen. Er verfüge über Berufserfahrung. Es bestehe die begründete Aussicht, dass er die Abschlussprüfung im Falle einer Wiederholung bestehen werde. Er werde in seinen Rechten verletzt, weil ihm diese Möglichkeit nicht gegeben werde. Der Fall weise rechtliche Schwierigkeiten auf, weil der Kläger zum Zweck der Berufsausbildung kein Visumverfahren durchgeführt habe. Der Kläger müsste nach Tunesien ausreisen, um das Visumverfahren nachzuholen. Der Aufenthalt in Tunesien sei dem Kläger jedoch nicht zumutbar, auch nicht für den relativ kurzen Aufenthalt von mehreren Wochen während der Zeit der Bearbeitung des Visumverfahrens. Der Kläger habe Angst vor seiner Familie in Tunesien. Er befürchte, dass seine Familie von seinem Aufenthalt in Tunesien Kenntnis erlangen könnte. Für den Kläger bestehe dann Gefahr für Leib und Leben. Grund hierfür sei, dass der Kläger sich für ein Leben entschieden habe, das nicht den Vorstellungen seiner Familie entspreche. Dies dulde die Familie nicht. Die Rechtsache sei von grundsätzlicher Bedeutung. Der Rechtstreit werfe die Frage auf, ob es dem Kläger zur Durchführung des Visumverfahrens zugemutet werden könne, sich durch die Ausreise und den Aufenthalt in Tunesien der Gefahr für Leib und Leben auszusetzen.
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Das der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegende Vorbringen in der Begründung des Zulassungsantrags (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine Zulassung der Berufung. Die geltend gemachten Zulassungsgründe, deren Beurteilung sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts richtet (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 – 1 C 10.12 – juris Rn. 12), so dass eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage bis zum Zeitpunkt der Entscheidung in dem durch die Darlegung des Rechtsmittelführers vorgegebenen Prüfungsrahmen zu berücksichtigen ist (BayVGH, B.v. 20.2.2017 – 10 ZB 15.1804 – juris Rn. 7), liegen nicht vor.
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1. Die Berufung des Klägers ist nicht aufgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestünden nur dann, wenn die Klägerseite im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16). Solche schlüssigen Gegenargumente liegen bereits dann vor, wenn im Zulassungsverfahren substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufgezeigt werden, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – juris Rn. 19). Es reicht nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen. Das wird zwar regelmäßig der Fall sein. Jedoch schlagen Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente nicht auf das Ergebnis durch, wenn das angefochtene Urteil sich aus anderen Gründen als richtig darstellt (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4/03 – juris Rn. 9)
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen des Klägers (soweit dieser insoweit dem Darlegungsgebot, § 124a Abs. 4 S. 2 VwGO genügt) nicht.
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1.1. Das Zulassungsvorbringen stellt die tragende Feststellung des Verwaltungsgerichts, wonach die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG abzulehnen ist, nicht in Frage. Es kann dahinstehen, ob sich der Kläger insoweit überhaupt gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts wendet, da er im Zulassungsverfahren lediglich vorträgt, er habe versucht seine Ehe zu retten, dies sei ihm nicht gelungen.
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1.2 Das Zulassungsvorbringen stellt auch die weitere tragende Feststellung des Verwaltungsgerichts, wonach die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Aufenthaltszweck Berufsausbildung (§ 16a AufenthG) nicht in Betracht komme, nicht in Frage. Zu Recht führt das Verwaltungsgericht (teilweise unter Bezugnahme auf den Ausgangsbescheid des Beklagten) aus, dass der Kläger nicht mehr zur Berufsausbildung angestellt sei. Er habe in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass er die Berufsausbildung ohne Abschluss beendet habe. Auch weist der Beklagte unwidersprochen darauf hin, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärt habe, nicht mehr an einer Ausbildung interessiert zu sein, da er dafür zu alt sei. Mithin überzeugen die Ausführungen des Beklagten, es werde lediglich behauptet, dass der Kläger die Möglichkeit habe, die Ausbildung noch erfolgreich abschließen zu können. Im Übrigen erweisen sich insoweit auch die Feststellungen des Verwaltungsgerichts sowie des Beklagten, es fehle für die Erteilung einer Ausbildungserlaubnis gem. § 16a AufenthG an der vorherigen Durchführung des notwendigen Visumverfahrens gem. § 5 Abs. 2 AufenthG als ersichtlich zutreffend. Soweit der Kläger im Zulassungsantragsverfahren die Unzumutbarkeit einer Ausreise nach Tunesien zur Nachholung des Visumverfahrens mit der nicht weiter belegten Begründung behauptet, er habe Angst vor seiner Familie in Tunesien, die Familie dulde nicht, dass er sich für ein Leben entschieden habe, das nicht den Vorstellungen seiner Familie entspreche, ist er den Feststellungen des Beklagten, der Bruder des Klägers sei bei der Hochzeit und der anschließenden Feier anwesend gewesen, der Kläger habe seine Frau nach der Eheschließung seinen Eltern vorgestellt, die sehr nett gewesen seien, im Übrigen sei nicht davon auszugehen, dass die Familie des Klägers von einem Aufenthalt überhaupt Kenntnis erlangen würde, solange er dies nicht wolle, die Millionenstadt Tunis als Sitz der Deutschen Botschaft biete sicherlich genügend Möglichkeiten sich aufzuhalten, ohne in Kontakt mit der in ca. 120 Kilometer entfernt in S. lebenden Familie treten zu müssen, nicht entgegengetreten.
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1.3 Zu der tragenden Feststellung des Verwaltungsgerichts, wonach die Klage mangels erforderlichen Rechtschutzbedürfnisses unzulässig sei, soweit der Kläger nunmehr eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck qualifizierter Beschäftigung begehre, hat sich dieser in seinem Zulassungsvorbringen nachvollziehbar nicht geäußert. Es kann mithin dahinstehen, dass auch insoweit Anhaltspunkte für die Unzumutbarkeit der Durchführung eines Visumverfahrens gem. § 5 Abs. 2 AufenthG (unabhängig vom Vorliegen sonstiger Voraussetzungen etwaiger Anspruchsgrundlagen) nicht ersichtlich wären.
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2. Der Zulassungsgrund der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten liegt ebenfalls nicht vor.
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Eine Rechtsache weist besondere rechtliche Schwierigkeiten auf, wenn eine kursorische aber sorgfältige, die Sache überblickende Prüfung der Erfolgsaussichten einer Berufung keine hinreichend sichere Prognose über den Ausgang des Rechtstreits erlaubt. Die Offenheit des Ergebnisses charakterisiert die besondere rechtliche Schwierigkeit und rechtfertigt – insbesondere zur Fortentwicklung des Rechts – die Durchführung des Berufungsverfahrens (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 Rn. 16, 25, 27). Dabei ist der unmittelbare sachliche Zusammenhang des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO mit Abs. 2 Nr. 1 VwGO in den Blick zu nehmen (Happ a.a.O. Rn. 25). Die erforderliche Prüfung der Erfolgsaussichten einer Berufung würde hier zu der Prognose führen, dass diese zurückzuweisen wäre. Da die vom Kläger vorgebrachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht bestehen (vgl. Nr. 1 dieses Beschlusses) ist die Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 auch nicht besonders schwierig.
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3. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
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Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (stRspr., vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2019 – 10 ZB 19.275 – juris Rn. 7; B.v. 8.9.2019 – 10 ZB 18.1768 – juris Rn. 11; B.v. 14.2.2019 – 10 ZB 18.1967 – juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 17.12.2015 – 10 ZB 15.1394 – juris Rn. 16 m.w.N.; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 72). Klärungsbedürftig sind solche Rechts- oder Tatsachenfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die noch nicht oder nicht hinreichend ober- und höchstrichterlich geklärt sind (vgl. BVerfG, B.v. 28.4.2011 – 1 BvR 3007/07 – juris Rn. 21; Roth in Posser/Wolff, BeckOK, VwGO, Stand 1.1.2019, § 124 Rn. 55 m.w.N.; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 Rn. 38). Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln auch ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantwortet werden kann (stRspr., BVerwG, B.v. 9.4.2014 – 2 B 107.13 – juris Rn. 9 m.w.N.; BVerfG, B.v. 29.7.2010 – 1 BvR 1634/04 – juris Rn. 64). Die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit erfordert regelmäßig eine Durchdringung der Materie und in diesem Zusammenhang eine Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts, die verdeutlicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts dem Klärungsbedarf nicht gerecht wird (Happ, a.a.O. § 124a Rn. 72 m.w.N.).
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Davon ausgehend genügt der Kläger dem Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 S. 4 VwGO nicht. Er hat keine konkreten Rechts- oder Tatsachenfragen formuliert und nicht aufgezeigt, weshalb die jeweilige Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig oder entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner hat er nicht dargelegt, worin die allgemeine, über die im Einzelfall hinausgehende Bedeutung jeweiliger Fragen besteht. Er wendet sich vielmehr bezogen auf seinen Einzelfall gegen die Zumutbarkeit der Durchführung eines Visumverfahrens. Zu Recht weist der Beklagte darauf hin, dass die Beantwortung dieser Frage einer individuellen Beurteilung bedürfe und einer allgemeingültigen Klärung für eine Vielzahl von Fällen nicht zugänglich ist.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 47 Abs. 3, Abs. 2, 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 S. 4 VwGO).