Inhalt

VGH München, Beschluss v. 11.04.2023 – 15 ZB 23.30199
Titel:

Gründe für eine Zulassung der Berufung im Asylrecht

Normenketten:
AsylG § 78 Abs. 3
AufenthG § 60 Abs. 7
Leitsätze:
1. Im Gegenstz zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Asylrecht in § 78 Abs. 3 AsylG nicht als Grund für die Zulassung der Berufung vorgesehen. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2. Mit der Rüge der tatrichterlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung kann die Annahme eines Verstoßes gegen das rechtliche Gehör (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG iVm § 138 Nr. 3 VwGO) grundsätzlich nicht begründet werden. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Asylrecht (Marokko), Abschiebungsverbot aus gesundheitlichen Gründen, Zulassung der Berufung, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung, rechtliches Gehör, richterliche sachverhalts- und Beweiswürdigung
Vorinstanz:
VG Augsburg, Urteil vom 24.02.2023 – Au 4 K 22.30594
Fundstelle:
BeckRS 2023, 8733

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
1
Die Klägerin ist marokkanische Staatsangehörige und begehrt die Anerkennung als Asylberechtigte, hilfsweise die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, subsidiären Schutzes und die Feststellung von Abschiebungshindernissen. Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage gegen den ablehnenden Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 13. Mai 2022 mit Urteil vom 24. Februar 2023 abgewiesen. Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
II.
2
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3
Zur Begründung ihres Zulassungsantrags macht die Klägerin unter Schilderung umfangreicher Symptomatiken einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung geltend, es bestünden erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Das Verwaltungsgericht hätte die Voraussetzungen des Vorliegens eines Abschiebungsverbots aus gesundheitlichen Gründen nach § 60 Abs. 7 AufenthG nicht ablehnen dürfen, da bei der Klägerin außergewöhnlich schwere körperliche und psychische Schäden vorlägen. Auch wenn die Gefahrensituation objektiv beendet sei, fürchte die Klägerin eine Wiederholung der schrecklichen Ereignisse.
4
Mit diesem Vortrag zielt die Klägerin weder ausdrücklich noch sinngemäß auf einen im Asylverfahrensrecht vorgesehenen Zulassungsgrund. Die angeführten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts sind im Asylrecht in § 78 Abs. 3 AsylG – im Gegensatz zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO – nicht als Grund für die Zulassung der Berufung vorgesehen (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.2023 – 15 ZB 23.30057 – juris Rn. 5).
5
Soweit die Ausführungen als das Vorliegen eines Verfahrensmangels in Form eines Verstoßes gegen das rechtliche Gehör (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) verstanden werden könnten, hat der Antrag ebenfalls keinen Erfolg. Mit der ggf. sinngemäß erhobenen Rüge der tatrichterlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung kann die Annahme eines Verstoßes gegen das rechtliche Gehör grundsätzlich nicht begründet werden (vgl. BVerwG, B.v. 30.7.2013 – 5 B 25.14 – juris Rn. 13). Auch soweit Rechtsanwendungsfehler im Zusammenhang mit der Würdigung des klägerischen Vortrags behauptet werden, ist dies grundsätzlich nicht geeignet, einen Gehörsverstoß zu begründen (vgl. BVerfG, B.v. 6.5.2010 – 1 BvR 96/10 – juris Rn. 28; BVerwG, B.v. 9.6.2011 – 3 C 14.11 – juris Rn. 7). Der Anspruch auf rechtliches Gehör kann allenfalls im Einzelfall bei gravierenden Verstößen verletzt sein, wenn die Ablehnung eines erheblichen Beweisangebots im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (vgl. BVerfG, B.v. 8.4.2004 – 2 BvR 743/03 – juris Rn. 3), oder wenn es sich um gewichtige Verstöße gegen Beweiswürdigungsgrundsätze handelt, weil etwa die Würdigung willkürlich erscheint oder gegen gesetzliche Beweisregeln, allgemeine Erfahrungssätze, unumstrittene Geschichtstatsachen oder gar die Denkgesetze verstößt (vgl. BVerwG, B.v. 2.11.1995 – 9 B 710.94 – juris Rn. 7). Derartige Verstöße zeigt das Zulassungsvorbringen aber nicht auf.
6
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
7
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).
8
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).