Titel:
Widerruf einer Waffenbesitzkarte wegen fehlendem waffenrechtlichen Bedürfnis
Normenkette:
WaffG § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1, § 8, § 14, § 45
Leitsätze:
1. Nach der allgemeinen Regelung des § 8 WaffG ist der Nachweis für ein Bedürfnis erbracht, wenn gegenüber den Belangen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung besonders anzuerkennende persönliche oder wirtschaftliche Interessen vor allem als Sportschütze glaubhaft gemacht sind. Zudem müssen die Geeignetheit und die Erforderlichkeit der Waffe für den beantragten Zweck glaubhaft gemacht sein. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
2. Personen, die keiner der in § 8 WaffG genannten Gruppe angehören, haben nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen ein Recht auf Waffenbesitz. Auch ein besonders anzuerkennendes persönliches Interesse kann ein Bedürfnis iSv § 8 WaffG für Erwerb, Besitz und Führen einer Waffe regelmäßig nur begründen, wenn sich die betreffende Person auf Grund individueller Umstände, etwa der besonderen Gefährlichkeit der Berufsausübung, in einer Gefahrenlage befindet, die im Vergleich zur Allgemeinheit erheblich erhöht ist. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Nachweis eines Bedürfnisses ist nicht allein dadurch erbracht, dass der Betroffene einer der in § 8 Nr. 1 WaffG aufgeführten Personengruppen (hier: Sportschütze) angehört. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Widerruf einer Waffenbesitzkarte, keine Glaubhaftmachung eines Bedürfnisses als Sportschütze, Fehlende Sachkunde
Fundstelle:
BeckRS 2023, 8352
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 2.875,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit des Widerrufs seiner Waffenbesitzkarte.
2
Der Antragsteller ist Inhaber einer am 9. März 1993 durch das Landratsamt … ausgestellten Waffenbesitzkarte Nr. … Auf dieser Waffenbesitzkarte sind eine halbautomatische Pistole, Kaliber 9 mm Luger, Hersteller Taurus und eine halbautomatische Pistole, Kaliber 9 mm Luger, Hersteller Mauser eingetragen.
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Das Landratsamt … erteilte dem Antragsteller am 9. März 1993 die streitgegenständliche Waffenbesitzkarte auf Grundlage des § 28 WaffG, da der Antragsteller für ein Bewachungsunternehmen tätig gewesen ist.
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Zudem wurde dem Antragsteller ein Waffenschein am 8. April 2011 erteilt (Nr. …*), dessen Gültigkeitszeitraum am 31. März 2017 abgelaufen ist.
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Mit Schreiben vom 24. März 2022 teilte die Stadt … dem Antragsgegner mit, dass der Antragsteller nicht mehr für das Bewachungsunternehmen tätig ist.
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Mit Schreiben vom 11. Mai 2022 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zum beabsichtigten Widerruf der streitgegenständlichen Waffenbesitzkarte an.
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Gemäß Aktenvermerk vom 7. Juli 2022 hat am 30. Juli 2022 ein Gespräch zwischen den Beteiligten stattgefunden. Demnach ist der Antragsteller für kein Bewachungsunternehmen im Sinne des Waffengesetzes (§ 34a GewO) mehr tätig. Eine regelmäßige Auftragslage innerhalb der letzten Jahre könne nicht nachgewiesen werden. Der Antragsteller habe angegeben, dass er keine Bewachungsaufträge ausgeführt habe. Die waffenrechtliche Erlaubnis sei ihm auf Grund einer Selbstgefährdung erteilt worden. Er würde die Waffen auf Grund dieser Selbstgefährdung benötigen.
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Nachdem der Antragsgegner den Antragsteller schriftlich um weitere Ausführungen zum Vorliegen der Voraussetzungen hinsichtlich der Selbstgefährdung (§ 19 WaffG) gebeten hatte, teilte der Antragsteller mit Schreiben vom 28. Juli 2022 mit, dass sich bei ihm zwischenzeitlich weitere Veränderungen ergeben hätten. Die … werde voraussichtlich zum Ende dieses Jahres verkauft bzw. abgemeldet. Der Antragsteller wolle sich stattdessen ab sofort als Sportschütze beim … betätigen.
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Mit Schreiben vom 19. September 2022 hörte der Antragsgegner den Antragsteller erneut zum Widerruf der streitgegenständlichen Waffenbesitzkarte an. Der Antragsgegner legte dar, dass weder ein Bedürfnis nach § 19 WaffG noch ein Bedürfnis gemäß § 14 Abs. 3 WaffG auf Grund ausgeübten Schießsports vorliege.
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Unter dem 13. Dezember 2022, dem Antragsteller zugestellt am 16. Dezember 2022, erließ der Antragsgegner folgenden Bescheid:
I. Die dem Antragsteller ausgestellte Waffenbesitzkarte Nr. … wird widerrufen.
II. Mit dem Tage der Zustellung dieses Bescheides ist die erteilte Erlaubnis zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über sämtliche, in der Waffenbesitzkarte Nr. … sowie zu diesen Waffen eingetragenen Erlaubnissen zum Erwerb und Besitz der Munition widerrufen. Im Einzelnen sind dies, eingetragen in der Waffenbesitzkarte Nr. …:
Halbautomatische Pistole, Kaliber 9 mm Luger, Hersteller Taurus, Serien-Nr. … Halbautomatische Pistole, Kaliber 9 mm Luger, Hersteller Mauser, Serien-Nr. …
III. Der Antragsteller wird verpflichtet,
- 1.
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die unter II. dieses Bescheides aufgeführten Waffen bis zum 2. Januar 2023 einem Berechtigten zu überlassen, der Vernichtung zuzuführen oder unbrauchbar machen zu lassen.
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Jedwede in seinem Besitz befindliche erlaubnispflichtige Munition bis zum 2. Januar 2023 einem Berechtigten zu überlassen oder der Vernichtung zuzuführen.
- 3.
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Die Überlassung bzw. Vernichtung oder Unbrauchbarmachung dem Antragsgegner nachzuweisen.
IV. Für den Fall der Nichterfüllung der in Nr. III, Nr. 1 und 2 dieses Bescheides genannten Pflichten wird die Sicherstellung der Waffen und der Munition durch die Polizei angeordnet.
V. Der Antragsteller hat das Original seiner Waffenbesitzkarte Nr. … bis spätestens 2. Januar 2023 an den Antragsgegner zurückzugeben.
VI. Falls der Antragsteller der Aufforderung nach Nr. V dieses Bescheides nicht nachkommt, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 100,00 EUR zur Zahlung fällig.
VII. Für die Ziffern III und V dieses Bescheides wird die sofortige Vollziehung angeordnet.
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Auf die Begründung wird Bezug genommen.
12
Mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2022, eingegangen bei Gericht am selben Tag, erhob der Antragsteller Klage gegen den Bescheid vom13. Dezember 2022 (AN 16 K 22.02727) und stellte zugleich den streitgegenständlichen Eilantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO.
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Zur Begründung trägt der Antragsteller im Wesentlichen vor, dass die Frist zur Rückgabe von Waffenbesitzkarte und Waffen zu kurz bemessen sei. Der Antragsteller könne bei einem sofortigen Widerruf der Erlaubnis der tatsächlichen Gewalt keine Rückgabe der Waffen und der Waffenbesitzkarte mehr vornehmen. Zudem würde der Antragsteller Sachkunde im Sinne des § 7 Abs. 1 WaffG besitzen. Diese liege u.a. vor, wenn eine entsprechende Tätigkeit oder Ausbildung gegeben sei. Bei einem 30jährigen Umgang mit Schusswaffen sei von einer Sachkunde auszugehen. Im Rahmen des waffenrechtlichen Bedürfnisses sei beim Antragsteller auch der Vertrauensschutz nach Art. 20 Abs. 3 GG zu berücksichtigen. Dem Antragsteller sei unter alter Rechtslage eine unbefristete Waffenbesitzkarte ausgestellt worden. Die nunmehrige, durch den Antragsgegner neu vorgenommene Auslegung des Gesetzes würde beim Antragsteller zu einer echten Rückwirkung führen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 2, Satz 3 WaffG ein Sportschütze unter bestimmten Bedingungen von der Beibringung eines Bedürfnisnachweises befreit sei. Auch sei nicht ausgeschlossen, dass beim Antragsteller ein Schießtraining außerhalb einer Vereinszugehörigkeit vorliege. Es stellte eine Verletzung des Gleichheitssatzes dar, wenn hier Unterschiede zwischen Berufswaffenträger und Sportschütze gemacht würden.
14
Der Antragsteller beantragt,
Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamtes …, Az: …, vom 13. Dezember 2022, dort Ziffern III, V und VII wird angeordnet.
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Der Antragsgegner beantragt Ablehnung des Antrags.
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Zur Erwiderung führt der Antragsgegner im Wesentlichen aus, dass die waffenrechtliche Erlaubnis keinen Bestandsschutz genieße, da sie auf anderer Bedürfnisgrundlage ausgestellt worden sei. Der Antragsteller habe vorliegend kein Bedürfnis glaubhaft machen können.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die beigezogene Behördenakte und die Gerichtsakte.
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Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig, jedoch unbegründet.
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Das Begehren des Antragstellers ist gemäß § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass gerichtsseits nicht nur die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffern III und Ziffer V (vgl. Ziffer VII) wiederhergestellt werden soll, sondern auch die aufschiebende Wirkung gegen den Widerruf der Waffenbesitzkarte (Ziffer I) angeordnet werden soll.
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Zwar erwähnt der Antragstellervertreter im Antragsschriftsatz vom 29. Dezember 2022 ausdrücklich nur Ziffern III, V und VII des streitgegenständlichen Bescheids, nicht jedoch Ziffer I. Jedoch kann eine aufschiebende Wirkung gegen die Verpflichtung des Antragstellers zur Rückgabe von Waffenbesitzkarte und Waffen nicht sinnvollerweise angeordnet werden, wenn nicht zugleich gegen den Widerruf der Waffenbesitzkarte vorgegangen wird.
21
In einer Gesamtschau ist daher davon auszugehen, dass sich der Eilantrag auch gegen Ziffer I des streitgegenständlichen Bescheides richtet.
22
1. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist die als Prozessvoraussetzung erforderliche Statthaftigkeit des Antrags gegeben.
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Die Statthaftigkeit des Antrags ergibt sich im Hinblick auf den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis (Ziffer I des Bescheides) aus § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alternative VwGO, da der darin verfügte Widerruf kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 45 Abs. 5 WaffG). Gleiches gilt für die Zwangsgeldandrohung unter Ziffer VI (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a VwZVG) und die Erhebung der Bescheidsgebühr unter Ziffer IX (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Im Hinblick auf die Ziffern III und V des Bescheides ist der Antrag statthaft nach § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alternative VwGO, da der Antragsgegner die sofortige Vollziehung in Ziffer VII angeordnet hat (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO).
24
Auch im Übrigen bestehen hinsichtlich der Zulässigkeit des Antrags keine rechtlichen Bedenken.
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2. Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
26
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht in den Fällen, in denen, wie hier, die sofortige Vollziehbarkeit eines Verwaltungsaktes kraft Gesetzes besteht oder angeordnet wurde, die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen den Bescheid ganz oder teilweise anordnen oder wiederherstellen.
27
In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer eigenen Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Suspensivinteressen. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur auf Grund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann (vgl. BVerwG, B.v. 11.11.2020 – 7 VR 5.20 u.a. – juris Rn. 8; B.v. 16.9.2014 – 7 VR 1.14 – juris Rn. 10). Bei offenen Erfolgsaussichten findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt (vgl. BVerwG, B.v. 14.4.2005 – 4 VR 1005.04 – BVerwGE 123, 241 = juris Rn. 12).
28
In Anwendung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung des streitgegenständlichen Bescheides der Vorrang gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers, vorläufig von Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben, einzuräumen. Denn der Bescheid des Antragsgegners vom 13. Dezember 2022 erweist sich bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung als rechtmäßig.
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2.1 Der unter Ziffer I des streitgegenständlichen Bescheides verfügte Widerruf der Waffenbesitzkarte ist voraussichtlich rechtlich nicht zu beanstanden.
30
Rechtsgrundlage für den Widerruf ist § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Danach ist eine waffenrechtliche Erlaubnis, vorliegend die Waffenbesitzkarte Nr. …, zwingend zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung einer Erlaubnis hätten führen müssen. Letzteres ist dann der Fall, wenn die allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis gemäß § 4 WaffG nicht (mehr) gegeben sind.
31
Im vorliegenden Fall kann der Antragsteller weder ein Bedürfnis gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4, §§ 8, 14 WaffG (vgl. nachfolgend Ziffer 2.1.1) noch die erforderliche Sachkunde gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3, § 7 WaffG (vgl. nachfolgend Ziffer 2.1.2) nachweisen.
32
Der Antragsteller kann vorliegend kein waffenrechtliches Bedürfnis im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 4, §§ 8, 14 WaffG nachweisen.
33
Der Antragsteller macht allein noch das Bedürfnis als Sportschütze geltend. Die im Laufe des Verwaltungsverfahrens und der letzten Jahre geltend gemachten Bedürfnisse der Selbstgefährdung nach § 19 WaffG oder als Bewachungsunternehmer nach § 28 WaffG hat der Antragsteller zuletzt nicht mehr vorgetragen.
34
Sofern ein Antragsteller, wie vorliegend, ein Bedürfnis als Sportschütze geltend macht, so regelt zunächst § 14 Abs. 2 bis 4 WaffG als Spezialvorschrift, unter welchen Voraussetzungen ein entsprechendes Bedürfnis anzuerkennen ist. Sofern diese Voraussetzungen nicht vorliegen, ist zuletzt noch zu prüfen, ob ein Bedürfnis auf die Generalnorm des § 8 WaffG gestützt werden kann.
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Beim Antragsteller kann ein entsprechendes Bedürfnis weder unter den Voraussetzungen des § 14 WaffG, noch unter denjenigen des § 8 WaffG angenommen werden.
36
Gemäß § 14 Abs. 2 WaffG wird ein Bedürfnis für den Erwerb und den Besitz von Schusswaffen und der dafür bestimmten Munition bei Mitgliedern eines Schießsportvereins anerkannt, der einem nach § 15 Abs. 1 WaffG anerkannten Schießsportverband angehört.
37
Der Antragsteller macht vorliegend geltend, dass er Mitglied beim … sei. Dieser eingetragene Verein ist jedoch keinem anerkannten Schießsportverband gemäß § 15 Abs. 1 WaffG zugehörig, so dass die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 WaffG bereits nicht vorliegen.
38
Gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 WaffG ist für das Bedürfnis zum Erwerb von Schusswaffen und der dafür bestimmten Munition durch eine Bescheinigung des Schießsportverbandes oder eines ihm angegliederten Teilverbandes glaubhaft zu machen, dass das Mitglied seit mindestens zwölf Monaten den Schießsport in einem Verein mit erlaubnispflichtigen Schusswaffen betreibt, das Mitglied den Schießsport in einem Verein innerhalb der vergangenen zwölf Monate mindestens einmal in jedem ganzen Monat dieses Zeitraums ausgeübt hat oder 18 mal insgesamt innerhalb dieses Zeitraums ausgeübt hat und die zu erwerbende Waffe für eine Sportdisziplin nach der Sportordnung des Schießsportverbandes zugelassen und erforderlich ist.
39
Auch diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Antragsteller hat insoweit keinerlei Bescheinigung vorgelegt, dass er den Schießsport in diesem Verein entsprechend intensiv betreiben würde.
40
Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 WaffG ist durch eine Bescheinigung des Schießsportverbandes oder eines ihm angegliederten Teilverbandes für das Bedürfnis zum Besitz von Schusswaffen und der dafür bestimmten Munition glaubhaft zu machen, dass das Mitglied in den letzten 24 Monaten vor Prüfung des Bedürfnisses den Schießsport in einem Verein mit einer eigenen erlaubnispflichtigen Waffe mindestens einmal alle drei Monate in diesem Zeitraum betrieben hat oder mindestens sechsmal innerhalb eines abgeschlossenen Zeitraums von jeweils zwölf Monaten betrieben hat.
41
Auch bezüglich dieser Voraussetzungen hat der Antragsteller keinerlei Bescheinigungen vorgelegt.
42
Soweit der Antragsteller vorträgt, dass § 14 Abs. 4 Satz 3 WaffG dahingehend zu verstehen sei, dass ein Sportschütze nach dem Ablauf einer Frist von zehn Jahren ein Bedürfnis nicht mehr nachweisen müsse, so geht diese Auffassung fehl.
43
Gemäß § 14 Abs. 4 Satz 3 WaffG genügt für das Fortbestehen des Bedürfnisses des Sportschützen die Mitgliedschaft in einem Schießsportverein nach Abs. 2, sofern seit der ersten Eintragung einer Schusswaffe in die Waffenbesitzkarte oder der erstmaligen Ausstellung einer Munitionserwerbserlaubnis zehn Jahre vergangen sind.
44
Zunächst ist der Antragsteller, wie bereits oben dargelegt, kein Mitglied in einem anerkannten Schießsportverein nach § 14 Abs. 2, § 15 WaffG. Darüber hinaus ist die Norm dahingehend klar formuliert, dass sie von einem Fortbestehen des Bedürfnisses des Sportschützen spricht. Damit ist nach dem Wortlaut klar geregelt, dass ein Antragsteller die entsprechende Waffenbesitzkarte mit einer Mindestfrist von zehn Jahren auf Grund des Bedürfnisses als Sportschütze innegehabt hatte. „Fortbestehen“ meint, dass eine entsprechende Waffenbesitzkarte schon immer auf Grund dieses Bedürfnisses erteilt worden ist. Beim Antragsteller ist es vorliegend aber gerade nicht der Fall. Erst im Verwaltungsverfahren im Jahre 2022 hat der Antragsteller erstmals das Bedürfnis als Sportschütze geltend gemacht. Erteilt worden ist die streitgegenständliche Waffenbesitzkarte jedoch auf Grund anderer Bedürfnisse, so dass von einem „Fortbestehen“ keine Rede sein kann.
45
Die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Bedürfnisses nach § 14 WaffG liegen daher nicht vor.
46
Ein Bedürfnis des Antragstellers als Sportschütze für die Waffenbesitzkarte ergibt sich auch nicht aus der Generalnorm des § 8 WaffG.
47
Nach der allgemeinen Regelung des § 8 WaffG ist der Nachweis für ein Bedürfnis erbracht, wenn gegenüber den Belangen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung besonders anzuerkennende persönliche oder wirtschaftliche Interessen vor allem als Sportschütze glaubhaft gemacht sind (vgl. BayVGH, B.v. 20.12.2021 – 24 ZB 20.1820 – juris Rn. 10). Zudem müssen die Geeignetheit und die Erforderlichkeit der Waffe für den beantragten Zweck glaubhaft gemacht sein. Es handelt sich hierbei um unbestimmte bundesgesetzliche Rechtsbegriffe, deren Auslegung und Anwendung durch die Waffenbehörden der uneingeschränkten Nachprüfung der Verwaltungsgerichte unterliegt. Ein behördlicher Beurteilungsspielraum besteht insoweit nicht (vgl. BVerwG, U.v. 28.11.2018 – 6 C 4/18 – juris Rn. 21 ff.). Der Begriff der Belange der öffentlichen Sicherheit im Sinne von § 8 WaffG bringt das zentrale Anliegen des Waffengesetzes zum Ausdruck, den Waffenbesitz von Privatpersonen, die keiner der in § 8 WaffG genannten Gruppe angehören, möglichst zu verhindern. Dadurch begegnet der Bundesgesetzgeber dem Risiko, dass Waffen missbräuchlich verwendet werden, bereits im Vorfeld möglicher Gefahrenlagen. Angesichts des Gefahrenpotentials, das insbesondere von Schusswaffen für Leben und Gesundheit Dritter ausgeht, steht die Verhältnismäßigkeit dieser Vorverlagerung des Rechtsgüterschutzes außer Frage (vgl. BVerwG, U.v. 28.11.2018 – 6 C 4/18 – juris Rn. 22; BVerfG, B.v. 1.4.2003 – 1 BvR 539/03 – juris). Dieser gesetzliche Zweck des Bedürfnisnachweises bringt es mit sich, dass Personen, die keiner der in § 8 WaffG genannten Gruppe angehören, nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen ein Recht auf Waffenbesitz haben. Auch ein besonders anzuerkennendes persönliches Interesse kann ein Bedürfnis im Sinne von § 8 WaffG für Erwerb, Besitz und Führen einer Waffe regelmäßig nur begründen, wenn sich die betreffende Person auf Grund individueller Umstände, etwa der besonderen Gefährlichkeit der Berufsausübung, in einer Gefahrenlage befindet, die im Vergleich zur Allgemeinheit erheblich erhöht ist (VG München, U.v. 10.4.2019 – M 7 K 17.2495 – juris Rn. 19 ff.). Der Nachweis eines Bedürfnisses ist nicht allein dadurch erbracht, dass der Betroffene einer der in § 8 Nr. 1 WaffG aufgeführten Personengruppen angehört, vorliegend mithin Sportschütze ist (vgl. VGH Kassel, B.v. 21.3.2019- 4 A 2355/17.Z – juris Rn. 15).
48
Die Generalklausel des § 8 WaffG kann aus systematischen Gründen nicht großzügiger ausgelegt werden als es § 14 WaffG als Spezialnorm regelt. § 8 WaffG soll lediglich verhindern, dass vergleichbare Personengruppen derjenigen, die in § 8 WaffG aufgezählt sind, möglicherweise benachteiligt werden. Dieses Argument kann jedoch beim Antragsteller nicht herangezogen werden, da er als Sportschütze gerade dort genannt ist. Daher setzt § 8 WaffG, insbesondere vor dem Hintergrund des gesetzlichen Zweckes, die Allgemeinheit vor den Gefahren von Schusswaffen zu schützen, ein entsprechendes Schießtraining voraus, wie es vergleichbar auch § 14 WaffG vorsieht.
49
Der Antragsteller hat jedoch keinerlei entsprechende Nachweise vorgelegt, die glaubhaft machen würden, dass er ein ähnlich intensives Schießtraining betrieben hat, wie es § 14 Abs. 2 bis 4 WaffG vorschreibt.
50
Ein Bedürfnis des Antragstellers als Sportschütze ergibt sich demnach ebenfalls nicht aus § 8 WaffG.
51
Der Antragsteller kann darüber hinaus eine entsprechende Sachkunde nicht nachweisen.
52
Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3, § 7 WaffG hat ein Waffenerlaubnisinhaber eine erforderliche Sachkunde nachzuweisen. Gemäß § 7 Abs. 1 WaffG hat den Nachweis der Sachkunde erbracht, wer eine Prüfung vor der dafür bestimmten Stelle bestanden hat oder eine Sachkunde durch eine Tätigkeit oder eine Ausbildung nachweist.
53
Der Antragsteller hat keinerlei Prüfungsbescheinigung vorgelegt. Zudem wurde nicht näher dargelegt, inwieweit eine frühere Tätigkeit in einem Bewachungsunternehmen oder andere Tätigkeiten des Antragstellers einen Sachkundenachweis im Sinne des § 7 Abs. 1 WaffG darstellen könnten. Der Vortrag des Antragstellers hierzu ist unsubstantiiert.
54
Demnach liegt auch die erforderliche Sachkunde beim Antragsteller nicht vor.
55
Soweit der Antragsteller vorträgt, dass er gemäß Art. 20 Abs. 3 GG Vertrauensschutz genießen würde und die Anwendung neuer gesetzlicher Regelungen für ihn eine Rückwirkung darstellen würden, so greift diese Argumentation nicht durch.
56
Der Antragsteller kann bereits aus diesem Grund keinen „Bestandsschutz“ oder Vertrauensschutz genießen, da er die streitgegenständliche Waffenbesitzkarte nicht auf Grund einer Tätigkeit als Sportschütze erhalten hat. Vielmehr wurde dieses Bedürfnis erst jüngst im Jahre 2022 geltend gemacht. Zudem kann sich der Antragsteller nicht darauf berufen, dass es möglicherweise Gesetzesverschärfungen in den letzten 30 Jahren gegeben hat. Vielmehr hat ein Waffenbesitzer bzw. Waffenerlaubnisinhaber sich stets nach der aktuellen Rechtslage zu richten. Die Voraussetzungen des § 4 WaffG haben zu jedem Zeitpunkt vorzuliegen. Dies zeigt bereits die Regelung des § 45 WaffG, wonach ein Widerruf von waffenrechtlichen Erlaubnissen stets zulässig ist, sobald die Voraussetzungen für die Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis nicht mehr vorliegen würden.
57
Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 3 WaffG liegen ebenfalls nicht vor.
58
Nach § 45 Abs. 3 Satz 1 WaffG kann abweichend von Abs. 2 Satz 1 bei einer Erlaubnis im Fall eines vorübergehenden Wegfalls des Bedürfnisses, aus besonderen Gründen auch in Fällen des endgültigen Wegfalls des Bedürfnisses, von einem Widerruf abgesehen werden.
59
Die Voraussetzungen dieser Ermessensregelung liegen bereits nicht vor.
60
Soweit man das antragstellerseitige Vorbringen dahingehend verstehen wollte, dass ein entsprechendes Bedürfnis vorübergehend entfallen sei, da der Antragsteller sich um die Aufnahme in einen Schießsportverein bemüht, da er dem Antragsgegner einen entsprechenden Aufnahmeantrag vorgelegt hat, so ist dies bereits nach den Voraussetzungen der Norm nicht ausreichend. Zunächst stellt der … keinen anerkannten Verein im Sinne des § 15 WaffG dar. Zudem rechtfertigt allein die Mitgliedschaft in einem Schießsportverein ein Bedürfnis im Sinne des § 8 WaffG nicht; das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen, insbesondere das künftige regelmäßige Betreiben des Schießsports (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 WaffG) und die künftige Geeignetheit und Erforderlichkeit der Waffen (§ 8 Nr. 2, § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 WaffG) hat der Antragsteller vorliegend nicht substantiiert dargelegt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 28.9.2016 – OVG 11 N 62.14 – juris Rn. 4).
61
Ziffer I des Bescheides vom 13. Dezember 2022 ist nach summarischer Prüfung daher als rechtmäßig zu beurteilen.
62
2.2 Rechtsgrundlage für die dem Antragsteller aufgegebene Verpflichtung, seine Waffen und die Munition einem Berechtigten zu überlassen, der Vernichtung zuzuführen oder unbrauchbar zu machen und dies dem Landratsamt schriftlich nachzuweisen bzw. die Waffenbesitzkarte an den Antragsgegner zurückzugeben (Ziffern III und V des Bescheides vom 13.12.2022) ist § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 WaffG, dessen Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind.
63
Die Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung entspricht den Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Insbesondere bedarf es für die Anordnung des Sofortvollzugs keines besonderen öffentlichen Interesses, das über das den Widerruf der Waffenbesitzkarte und die Nebenverfügungen rechtfertigende Interesse hinausgeht. Denn es besteht ein überragendes öffentliches Interesse daran, das mit dem privaten Waffenbesitz verbundene erhebliche Sicherheitsrisiko möglichst gering zu halten und nur bei Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (vgl. BVerwG, U.v. 26.3.1996 – 1 C 12/95 – juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 15.8.2008 – 19 CS 08.1471 – BayVBl. 2009, 729 = juris Rn. 21). Ist dieses Vertrauen nicht mehr gerechtfertigt, überwiegt grundsätzlich das öffentliche Interesse, die Gefahr eines vorschriftswidrigen Umgangs mit Schusswaffen mit sofort wirksamen Mitteln zu unterbinden, das private Interesse des Betroffenen, von den Wirkungen des Widerrufs bis zur Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben (vgl. BayVGH, B.v. 15.8.2008, a.a.O.). Ausgehend hiervon hat der Antragsgegner den Sofortvollzug ordnungsgemäß begründet. Umstände, die vom Normalfall abweichen und den Sofortvollzug ausnahmsweise entbehrlich erscheinen ließen, sind vorliegend nicht ersichtlich.
64
Soweit der Antragsteller vorträgt, dass die Frist für die Abgabe der Waffen zu kurz bemessen sei, so greift diese Argumentation nicht durch. Ausweislich der Postzustellungsurkunde wurde der Bescheid dem Antragsteller am 16. Dezember 2022 zugestellt. Dem Antragsteller verblieben daher über zwei Wochen, bis zum 2. Januar 2023, um den Anordnungen Folge zu leisten oder auch unmittelbar gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Unabhängig von dem Umstand, dass die Feiertage betreffend Weihnachten und den Jahreswechsel überwiegend auf Wochenendtage gefallen sind, so ist jedenfalls dem Antragsteller ausreichend Zeit verblieben, der Verpflichtung nachzukommen.
65
Die Auffassung des Antragstellers, dass keine Waffen zurückgegeben werden könnten innerhalb angemessener Frist, wenn mit dem Tage der Zustellung des Bescheides die erteilte Erlaubnis zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über die Waffen und die Munition widerrufen worden sei (vgl. Ziffer II des Bescheides), geht fehl. Der Widerruf einer Waffenbesitzkarte hat qua Gesetz bereits einen Sofortvollzug. Insoweit ist Ziffer II des Bescheides deklaratorisch und stellt klar, dass ab diesem Zeitpunkt der Verpflichtung zur Abgabe von Waffen und Munition sowie der Waffenbesitzkarte Folge zu leisten ist. Lediglich der Vollzug dieser Verpflichtung wird durch die Einräumung einer angemessenen Frist gehindert. Insoweit sind die Regelungen rechtskonform.
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Soweit § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG dem Antragsgegner ein Ermessen einräumt, so bestehen gegen die Ausübung des Ermessens vorliegend keine Bedenken. Hierzu wurde weder substan-tiiert vorgetragen noch ist anderes ersichtlich.
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2.3 Auch die in Ziffern VI verfügte Zwangsgeldandrohung noch die Kostenentscheidung begegnen rechtlichen Bedenken.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und 50.2 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Danach ist für den Widerruf der Waffenbesitzkarte einschließlich einer Waffe der Auffangstreitwert in Höhe von 5.000,00 EUR zuzüglich 750,00 EUR für jede weitere Waffe anzusetzen. Der sich daraus ergebende Streitwert in Höhe von 5.750,00 EUR ist in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in der Regel zu halbieren (Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit).