Titel:
Bewilligung einer Eigenheimzulage
Normenketten:
GG Art. 3 Abs.1
BayHO Art. 23, Art. 44
BayVwVfG Art. 32
EHZR Ziff. 8.2
BayBauKGPR Ziff. 8.2
Leitsätze:
1. Bei der Gewährung der Bayerischen Eigenheimzulage handelt es sich um freiwillige staatliche Maßnahmen, die auf der Grundlage der einschlägigen Richtlinien im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der dafür im Haushaltsplan besonders zur Verfügung gestellten Ausgabemittel (Art. 23, 44 BayHO) stehen. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Behörde bestimmt im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens darüber, welche Ausgaben sie dem Fördergegenstand zuordnet. Insoweit hat sie auch die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften, sodass es allein darauf ankommt, wie die administrative Binnenvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt wurde. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften dürfen nur für den Regelfall gelten und müssen Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle lassen, wobei ein derartiger atypischer Fall dann gegeben ist, wenn der konkrete Sachverhalt außergewöhnliche Umstände aufweist, deren Besonderheiten von der ermessenslenkenden Vorschrift nicht hinreichend erfasst und von solchem Gewicht sind, dass sie eine von der im Regelfall vorgesehenen Rechtsfolge abweichende Behandlung gebieten. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine behördliche Beratungspflicht, zB über ablaufende Fristen, besteht nicht, wenn ein Antrag für die entsprechende Leistung (noch) nicht gestellt ist. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bay. Eigenheimzulage, Kombiantrag für Bayer. Eigenheimzulage und Bayer. Baukindergeld, Plus, versäumte Antragsfrist wegen Warten auf die Auszahlungsbestätigung der KfW, geänderte Bewilligungspraxis, Eigenheimzulage, Bayern, Bewilligungspraxis, Gleichbehandlungsgrundsatz, Ermessen, atypischer Fall, Antragsfrist, Wiedereinsetzung, Beratungspflicht
Fundstelle:
BeckRS 2023, 8344
Tenor
1.Die Klage wird abgewiesen.
2.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3.Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt die Bewilligung der Bayerischen Eigenheimzulage in Höhe von 10.000,00 EUR.
2
Mit Kombiantrag vom 25. Mai 2020 beantragte der Kläger die Bewilligung der Bayerischen Eigenheimzulage und des Bayerischen Baukindergeld Plus. Als Fördergrund wurde der Zweiterwerb eines Einfamilienhauses in der … zu eigenen Wohnzwecken angegeben. Als weitere Haushaltsangehörige wurden die Ehegattin und zwei Kinder angegeben. Das zu versteuernde Einkommen des Antragstellers des vorvorletzten Jahres wurde mit 19.995,00 EUR, das zu versteuernde Einkommen des vorletzten Jahres mit 20.592,00 EUR angegeben. Aus der beigefügten erweiterten Meldebescheinigung des … vom 14. Oktober 2019 ergibt sich als Einzugsdatum der 16. Juli 2019. Beigefügt war dem Antrag auch eine Auszahlungsbestätigung der … vom 1. April 2020, aus der sich hinsichtlich des am 27. Februar 2020 beantragten Baukindergeldes ergibt, dass die erste der zehn Zuschussraten zum 30. April 2020 überwiesen werde.
3
Mit Bescheid vom 2. September 2020 wurde der am 29. Mai 2020 gestellte Antrag auf Bewilligung der Eigenheimzulage abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass gemäß Ziffer 9.2 der Bayerischen Eigenheimzulage-Richtlinien (EHZR) die Antragstellung ab Bezug des Wohnraums und bis spätestens sechs Monate nach diesem Zeitpunkt zulässig sei. Als Nachweis sei eine (erweiterte) Meldebescheinigung vorzulegen. Maßgeblich für die Antragsfrist sei ausschließlich das Eingangsdatum (29.5.2020) auf dem eingereichten und unterzeichneten Papierantrag. Zwischen dem sich aus der vorgelegten Meldebescheinigung des … vom 6. Juli 2019 ergebenden Einzugsdatum (16.7.2019) und dem Eingangsdatum lägen mehr als sechs Monate.
4
Mit Schreiben vom 22. September 2020 zeigten sich die Bevollmächtigten des Klägers an und führten aus, dass der Kläger vor Antragstellung mehrfach telefonisch bei der BayernLabo nachgefragt habe und die Auskunft erhalten habe, er solle mit der Beantragung zunächst einmal warten, bis der Antrag auf Baukindergeld bzw. Baukindergeld Plus bewilligt wäre. Die späte Antragstellung sei daher durch die Auskunft der BayernLabo veranlasst. Daraufhin teilte die BayernLabo mit Schreiben vom 8. Oktober 2020 mit, dass es sich bei der Bayerischen Eigenheimzulage und dem Bayerischen Baukindergeld Plus um unabhängige Förderprogramme mit unterschiedlichen Antrags- und Fördervoraussetzungen handle. Die Möglichkeit der kombinierten Antragstellung diene der Reduzierung des bürokratischen Aufwands. Maßgeblich für die Frist nach Ziffer 9.2 Abs. 1 EHZR sei ausschließlich das Einzugsdatum auf der Meldebescheinigung. Aufgrund des darin vermerkten Einzugsdatums am 16. Juli 2019 habe die Frist zur Beantragung der Bayerischen Eigenheimzulage am 16. Januar 2020 geendet. Eine zeitnahe Beantragung nach Ausstellung der Auszahlungsbestätigung des Baukindergelds des Bundes durch die KfW am 1. April 2020 lasse sich mit Antragseingang des Kombiantrages am 29. Mai 2020 nicht erkennen.
5
Die Bevollmächtigten des Klägers erhoben mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2020, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen am 5. Oktober 2020, Klage und führten aus, dass der Kläger bereits seit seinem Einzug im Jahr 2019 mit der BayernLabo wegen der Gewährung von Baukindergeld und Baukindergeld Plus sowie der Bayerischen Eigenheimzulage telefoniert habe. Dabei sei ihm mitgeteilt worden, er solle mit der Beantragung zunächst einmal warten, bis der Antrag auf Baukindergeld bzw. Baukindergeld Plus bewilligt sei. Aus diesem Grund habe der Kläger den Antrag erst zum festgehaltenen Zeitpunkt gestellt. Der Kläger sei ohne sein Verschulden verhindert gewesen, den Antrag richtig zu stellen und habe ihn aufgrund einer ausdrücklichen Auskunft der Behörde zu spät gestellt.
6
Der Bevollmächtigte des Klägers stellte zuletzt folgenden Klageantrag:
1. Unter Aufhebung des Bescheides der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt vom 2. September 2019, Antrags-Nr.: … Zeichen: …, wird der Beklagte verpflichtet, dem Kläger die beantragte Eigenheimzulage zu bewilligen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
7
Der Beklagte beantragt,
- 1.
-
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
-
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
8
Der Beklagte trug mit Schriftsatz der Regierung von Mittelfranken vom 10. November 2020 vor, dass das Bayerische Baukindergeld Plus dem Kläger laut Auskunft der BayernLabo bewilligt worden sei, die Eigenheimzulage jedoch nicht. Über die seitens des Klägers angegebenen Telefonate lägen der BayernLabo keine Dokumentationen vor. Nach Auskunft der BayernLabo sei bei der Verbescheidung der Eigenheimzulage auch die Argumentation des Klägers, auf die KfW-Auszahlungsmitteilung gewartet zu haben, gewürdigt und im Rahmen der erneuten Antragsprüfung mit einbezogen worden. Die gängige Verwaltungspraxis der BayernLabo sehe innerhalb dieser Betrachtung eine zeitnahe Antragstellung nach Ausstellungsdatum der entsprechenden Unterlagen (als zeitnah gelte binnen 14 Tagen) vor. Eine zeitnahe Beantragung nach Ausstellung der Auszahlungsbestätigung des Baukindergelds des Bundes durch die KfW am 1. April 2020 lasse sich mit Antragseingang des Kombiantrages am 29. Mai 2020 seitens der Labo nicht erkennen.
9
In rechtlicher Hinsicht sei auszuführen, dass nach Ziffer 9.2 Satz 1 EHZR die Antragstellung ab Bezug des Wohnraums und bis spätestens sechs Monate nach diesem Zeitpunkt zulässig sei. Maßgeblich zur Bestimmung des Wohnraumbezugs sei nach der ständigen Praxis der BayernLabo das Datum, welches in der erweiterten Meldebescheinigung ausgewiesen sei.
10
Dem Kläger sei zuzugeben, dass ihm vor erfolgter Antragstellung mitgeteilt worden sei, er solle mit der Beantragung zunächst einmal warten, bis der Antrag auf Baukindergeld (des Bundes) bewilligt sei. Es sei nach der ständigen Verwaltungspraxis der Förderstelle möglich, eine zeitnahe Antragstellung nach Ausstellungsdatum der entsprechenden Unterlagen in solchen Fällen als fristgerechten Eingang zu betrachten. Hierbei gelte als zeitnah nach der Praxis der BayernLabo binnen 14 Tagen. Ein Abstellen auf einen solchen Zeitraum sei in diversen Rechtsvorschriften zu finden: z.B. Art. 32 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG, § 60 Abs. 2 VwGO. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung im Zivilrecht und herrschender Meinung in der Literatur zum Begriff des „demnächst“ in § 167 ZPO gelte eine zweiwöchige Verzögerung als geringfügig. Dem Kläger stehe eine Rechtsposition nicht zeitlich unbegrenzt zur Verfügung. Er müsse durch seine zeitnahe Antragstellung erkennen lassen, dass er eine Wahrnehmung seiner Rechtsposition gewissenhaft verfolgen wolle. Das Abstellen auf eine 14tägige Frist sei daher seitens der BayernLabo als Förderstelle als angemessen anzusehen. Eine solche zeitnahe Beantragung nach Ausstellung der Auszahlungsbestätigung des Baukindergeldes des Bundes durch die KfW am 1. April 2020 sei mit Antragseingang des Kombiantrages am 29. Mai 2020 nicht mehr zu erkennen.
11
Die BayernLabo sei zur Festlegung dieses Zeitpunkts, der Ziffer 9.2 Satz 1 EHZR näher konkretisiere, berechtigt gewesen. Bei Zuwendungen der vorliegenden Art handle es sich um freiwillige Maßnahmen des Freistaates Bayern. Ein Anspruch auf Förderung über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz bestehe zugunsten des Antragstellers bzw. Klägers dann, wenn die in den Richtlinien dargelegte Fördervoraussetzungen vorlägen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Beklagten positiv beschieden würden. Eine explizite Rechtsnorm, die einen konkreten Anspruch des Klägers auf Bewilligung der beantragten Zuwendung begründe, existiere nicht. Vielmehr erfolge die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinien im billigem Ermessen der Behörde bzw. Förderstelle und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. Seien Fördervoraussetzungen in Richtlinien zulässigerweise geregelt, müssten dies von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig angewandt werden. Eine solche Richtlinie unterliege im Gegensatz zu Gesetzen und Rechtsverordnungen nicht der gerichtlichen Auslegung, sondern sie diene dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Förderstelle zu gewährleisten. Daraus leite sich ein gerichtlich überprüfbarer Anspruch des Klägers auf Gleichbehandlung nach Maßgabe der tatsächlichen Anwendung der Richtlinie ab. Dies sei vorliegend erfüllt, da eine 14tägige Karenzfrist, die von der Förderstelle in ständiger Praxis gewährt werde, überschritten sei.
12
Ein Auszahlungsanspruch gebe sich auch nicht aufgrund einer Atypik, die ein Abweichung von der üblichen Praxis erfordern würde. Grundsätzlich müsse auch bei einer ständigen Verwaltungspraxis Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle bleiben. Eine solche Handhabung sei auch der BayernLabo bekannt, die in atypischen Fällen von der oben dargestellten Praxis abweiche. Ein solcher atypischer Fall lasse sich vorliegend jedoch nicht erkennen. Im Rahmen der alleinverbleibenden Willkürkontrolle im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung sei maßgeblich, ob die Behörde sich bei ihrer geübten Praxis von sachlichen Erwägungen habe leiten lassen. Dies sei vorliegend zu bejahen.
13
Die Bevollmächtigten des Klägers erwiderten mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2020, dass der Beklagte die Darstellung des Klägers, er solle mit der Beantragung abwarten, bis der Antrag auf Baukindergeld des Bundes bewilligt sei, zugestehe. Hinsichtlich der zugestandenen 14tägigen Frist sei festzustellen, dass dies dem Kläger so nicht mitgeteilt worden sei. Entsprechendes könne vom Kläger als Laien auch nicht erwarten werden. Der Kläger habe somit einen Anspruch auf die Bewilligung der Eigenheimzulage.
14
Der Beklagte erwiderte mit Schriftsatz vom 8. Januar 2021, dass die Antragsfrist für die Bayerische Eigenheimzulage gemäß Ziffer 9.2 Satz 1 EHZR am 16. Januar 2020 geendet habe. Der Schriftsatz des Klägervertreters enthalte keinen Vortrag, wann die erwähnten Telefonate geführt worden seien. Die Aussage, dass mit der Antragstellung gewartet werden könne, sei nicht in Zweifel gezogen worden. Allerdings könne der genaue Inhalt ohne Dokumentation nicht nachvollzogen werden. Eine Aussage, dass irgendwann nach Bewilligung des Baukindergeldes des Bundes ein Antrag gestellt werden könne, werde jedoch nicht zugestanden. Die inmitten stehende Aussage sei unstreitig im Rahmen eines Beratungsgesprächs vor Antragstellung erfolgt. Der Kontext der Aussage könne jedoch nicht mehr nachvollzogen werden. Dies gelte auch hinsichtlich der Tatsachen, ob das Beratungsgespräch stattgefunden habe bevor der Antrag auf das Baukindergeld des Bundes gestellt worden sei und ob es innerhalb der Antragsfrist für die Eigenheimzulage stattgefunden habe. Aus der Aussage selbst ergebe sich kein Anspruch auf Auszahlung der Eigenheimzulage. Denn unverändert habe der Kläger nur einen Anspruch auf Gleichbehandlung.
15
Mit Beschluss vom 3. Juni 2022 wurde der Rechtsstreit der Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.
16
Der Klägerbevollmächtigte benannte mit Schriftsatz vom 9. Juni 2022 eine Mitarbeiterin der BayernLabo als Zeugin dafür, dass der Kläger bereits im Jahr 2019 hinsichtlich des Baukindergeldes mit der BayernLabo telefoniert habe. Dies habe somit noch innerhalb der Antragsfrist gelegen. Im Rahmen dieser Telefonate sei dem Kläger vorab zu der Antragstellung mitgeteilt worden, er solle mit der Beantragung zunächst einmal warten, bis der Antrag auf Baukindergeld des Bundes bewilligt sei. Genauere Daten könne der Kläger nicht mitteilen, weil sein Mobiltelefon, mit dem er diese Telefonate geführt habe, kaputtgegangen sei. Der Kläger habe lediglich Daten von Telefonaten am 12. Mai 2020, 27. Mai 2022 (gemeint wohl 27. Mai 2020) und 31. August 2020.
17
Nach Vertagung einer ersten mündlichen Verhandlung am 7. September 2022 ergänzte der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2022 seinen bisherigen Vortrag. Unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vom 21. Dezember 2021 – 12 ZB 20.2694 – sei dem streitgegenständlichen Antrag stattzugeben. Vorliegend sei gerade kein Hinweis auf fehlende Unterlagen erteilt worden. Der Kläger habe seit seinem Einzug im Jahr 2019 mit der BayernLabo wegen der Gewährung sowohl der Eigenheimzulage als auch von Baukindergeld und Baukindergeld Plus telefoniert. Aufgrund der dabei erhaltenen Hinweise habe der Kläger seinen Antrag auf die Eigenheimzulage erst am 29. Mai 2020 gestellt. Der Kläger habe von Anfang an auch die streitgegenständlichen Leistungen erhalten wollen und diesbezüglich auch telefoniert. Nach seinem Verständnis und seiner Erinnerung habe sich der Hinweis der Behörde, mit der Beantragung noch zu warten, auch auf die Eigenheimzulage bezogen.
18
Insoweit ergebe sich aus der zitierten Entscheidung auch eine Verpflichtung der Behörde, den Kläger bei der fristgerechten Antragstellung insoweit zu unterstützen, als er auch explizit darauf hingewiesen hätte werden müssen, welche Unterschiede zwischen den Leistungen Baukindergeld, Baukindergeld Plus und Eigenheimzulage bestünden und dass sich die Empfehlung, mit der Beantragung noch zu warten, nicht auf die Eigenheimzulage bezogen habe. Dabei sei in Betracht zu ziehen, dass die beklagtenseits in der öffentlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen zur neuen Handhabung nahelegten, dass explizit jedenfalls ein solcher Hinweis, dass man mit der Beantragung noch warten könne, erteilt worden sei.
19
Insoweit seien auch die Rechtsfolgen einschlägig, dass eine unvollständige bzw. unzutreffende Auskunft der Behörde auf die Anfrage des Klägers zur Fristversäumnis führe. Deshalb sei dem Kläger jedenfalls auch Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren und es bestehe klagegegenständlicher Anspruch im Wege des allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruches. Höchst vorsorglich werde somit der Antrag auch dahingehend geändert, dem Kläger Wiedereinsetzung in die Versäumung der Frist zur Beantragung der streitgegenständlichen Eigenheimzulage zu gewähren.
20
Auf gerichtliche Anforderung hin legte der Beklagte mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2022 eine schriftliche Erklärung der vom Klägervertreten benannten Sachbearbeiterin der BayernLabo vor. Daraus ergibt sich, dass keine Telefonnotizen erstellt würden, wenn ein Antrag auf Eigenheimzulage und/oder Baukindergeld Plus noch nicht vorliege und somit der Kunde noch nicht angelegt worden sei. Im Übrigen sei wegen der vergangenen Zeitspanne eine Erinnerung an die bezeichneten Telefonate nicht möglich. Alle Mitarbeiter des Teams hätten zu den beiden Förderprogrammen und deren Richtlinien ausführliche Schulungen erhalten. Vor diesem Hintergrund seien auch in gewissenhafter Ausführung der Tätigkeit solche Aussagen nicht getätigt worden. Üblicherweise wäre eine Anfrage zum Antrag auf Baukindergeld Plus dahingehend beantwortet worden, dass es sinnvoll sei auf die Auszahlungsbestätigung der KfW für das Baukindergeld des Bundes zu warten und dann den Antrag einzureichen. Bei einer Anfrage zur Eigenheimzulage wäre erklärt worden, dass der Antrag mit den bereits vorliegenden Dokumenten eingereicht werden könne und sich die BayernLabo melden würde, wenn noch weitere Unterlagen benötigt würden. Jedoch sei immer ein Hinweis darauf, dass die Antragstellung für die Eigenheimzulage nur bis spätestens sechs Monate nach Einzugsdatum ins Förderobjekt möglich sei, erfolgt.
21
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Behördenakte und hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
22
Die zulässige Klage ist unbegründet.
23
Der Kläger ist durch den streitgegenständlichen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt, da ihm kein Anspruch auf die Gewährung der Bayerischen Eigenheimzulage nach den Bayerischen Eigenheimzulagen-Richtlinien zusteht (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
24
1. a) Bei Zuwendungen der vorliegenden Art handelt es sich um freiwillige staatliche Maßnahmen. Eine explizite Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch des Klägers auf Bewilligung der beantragten Zuwendung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Richtlinien im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der dafür im Haushaltsplan besonders zur Verfügung gestellten Ausgabemittel (Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinien. Die Richtlinien begründen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Das Gericht ist somit grundsätzlich an den Zuwendungszweck gebunden, wie ihn der Zuwendungsgeber versteht. Für die gerichtliche Prüfung einer Förderung ist entscheidend, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist (vgl. BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – BayVBl 2020, 365 – juris Rn. 26; U.v. 28.10.1999 – 19 B 96.3964 – juris Rn. 59; VG München, U.v. 19.11.2009 – M 15 K 07.5555 – juris Rn. 30). Ein Anspruch auf die Förderung besteht im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Beklagten auch positiv verbeschieden werden (BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – BayVBl 2020, 365 – juris Rn. 26; vgl. auch ausführlich VG Würzburg, U.v. 25.5.2020 – W 8 K 19.1546 – juris sowie B.v. 18.6.2020 – W 8 E 20.736 – juris).
25
Dabei dürfen solche Richtlinien nicht – wie Gesetze oder Verordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dienen nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (BayVGH, B.v. 18.5.2020 – 6 ZB 20.438 – juris). Da Richtlinien keine Rechtsnormen sind, unterliegen sie grundsätzlich keiner richterlichen Interpretation. Eine Überprüfung hat sich darauf zu beschränken, ob aufgrund der einschlägigen Förderrichtlinien überhaupt eine Verteilung öffentlicher Mittel vorgenommen werden kann (Vorbehalt des Gesetzes) und bejahendenfalls, ob bei Anwendung der Richtlinien in Einzelfällen, in denen die begehrte Leistung versagt worden ist, der Gleichheitssatz (Art. 3 GG) verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, nicht beachtet worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.1979 – 3 C 111/79 – BVerwGE 58, 45).
26
Bei der rechtlichen Beurteilung staatlicher Fördermaßnahmen, die wie hier nicht auf Rechtsnormen, sondern lediglich auf verwaltungsinternen ermessenslenkenden Vergaberichtlinien beruhen, kommt es damit nicht auf eine objektive Auslegung der Richtlinien an, sondern grundsätzlich nur darauf, wie die ministeriellen Vorgaben von der zuständigen Stelle tatsächlich verstanden und praktiziert worden sind (vgl. BayVGH, U.v. 10.12.2015 – 4 BV 15.1830 – juris Rn. 42 m.w.N.). Der Beklagte bestimmt im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens darüber, welche Ausgaben er dem Fördergegenstand zuordnet. Insoweit hat er auch die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften (vgl. BayVGH, B.v. 17.11.2010 – 4 ZB 10.1689 – juris Rn. 19 m.w.N.), so dass es allein darauf ankommt, wie die administrative Binnenvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt wurde.
27
Der maßgebliche Zeitpunkt für die Bewertung der Fördervoraussetzungen und der Förderfähigkeit einer Maßnahme ist des Weiteren nicht der Zeitpunkt der Antragstellung durch den Kläger und auch nicht der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts. Dem materiellen Recht folgend, das hier vor allem durch die Förderrichtlinien und deren Anwendung durch den Beklagten in ständiger Praxis vorgegeben wird, ist vielmehr auf den Zeitpunkt der Entscheidung der Förderbehörde abzustellen (BayVGH, B.v. 18.5.2020 – 6 ZB 20.438 – juris m.w.N.).
28
Die Richtlinien setzen Maßstäbe für die Verteilung der staatlichen Hilfen und regeln insoweit die Ermessenshandhabung. Die Ermessensbindung reicht jedoch nur so weit wie die festgestellte tatsächliche ständige Verwaltungspraxis. Die gerichtliche Überprüfung erfolgt nur im Rahmen des § 114 VwGO. Das Gericht hat nicht die Befugnis zu einer eigenständigen oder gar erweiternden Auslegung der Richtlinien (vgl. SaarlOVG, B.v. 28.5.2018 – 2 A 480/17 – juris; OVG SH, U.v. 17.5.2018 – 3 LB 5/15 – juris; OVG NRW, B.v. 29.5.2017 – 4 A 516/15 – juris; HessVGH, U.v. 10 A 1481/11 – juris; BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris).
29
Ausgangspunkt ist die ständige Verwaltungspraxis in vergleichbaren Fällen, sofern sie nicht im Einzelfall aus anderen Gründen zu rechtswidrigen Ergebnissen führt. Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle muss bleiben (VG Würzburg, U.v. 14.12.2020 – W 8 K 20.862 – juris Rn. 25 m.w.N.).
30
So dürfen im Einzelfall keine sachlichen Gründe für das Abweichen von der Behördenpraxis bestehen. Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften dürfen nur für den Regelfall gelten und müssen Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle lassen. Ein derartiger atypischer Fall ist dann gegeben, wenn der konkrete Sachverhalt außergewöhnliche Umstände aufweist, deren Besonderheiten von der ermessenslenkenden Vorschrift nicht hinreichend erfasst und von solchem Gewicht sind, dass sie eine von der im Regelfall vorgesehenen Rechtsfolge abweichende Behandlung gebieten (OVG NRW, B.v. 29.5.2017 – 4 A 516/15 – juris).
31
b) Mangels gesetzlicher Anspruchsgrundlage steht dem Kläger demnach nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung zu. Bei der dem Gericht gemäß § 114 VwGO beschränkt möglichen Überprüfung der Ermessensentscheidung ist der ablehnende Bescheid vom 2. September 2020 im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Antrag des Klägers wurde zurecht als unzulässig abgelehnt.
32
aa) Gemäß Ziffer 9.2 Satz 1 EHZR ist die Antragstellung ab Bezug des Wohnraums und bis spätestens sechs Monate nach diesem Zeitpunkt zulässig.
33
Dabei entspricht es der Förderpraxis des Beklagten, für den Nachweis des Bezugs des Wohnraums und damit des Beginns der Antragsfrist gemäß Ziffer 9.2 und Ziffer 2 EHZR durchweg auf die im Rahmen der Beantragung geforderte erweiterte Meldebescheinigung abzustellen. Diese Förderpraxis ist dem Gericht aus anderen vergleichbaren Fällen bekannt und ist darüber hinaus Gegenstand zu dieser Thematik ergangener Entscheidungen anderer Verwaltungsgerichte (vgl. beispielsweise VG Würzburg, U.v. 14.12.2020 – W 8 K 20.862 – juris; U.v. 29.10.2021 – W 10 K 21.632 – juris; VG Regensburg, U.v. 18.3.2021 – RO 7 K 20.5 – juris).
34
Die Verwaltungspraxis, bei der Prüfung der Voraussetzungen von Ziffer 9.2 EHZR an das in der erweiterten Meldebescheinigung genannte Einzugsdatum anzuknüpfen, erweist sich auch nicht als willkürliche Regelung, die ihrerseits dem Gleichheitssatz widerspricht. Sie entspricht dem Bedarf der Verwaltungspraxis, in Massenverfahren einen einfachen und leicht zu ermittelnden Tatbestand heranzuziehen, der eine zügige Bearbeitung der entsprechenden Anträge gewährleistet. Der Rückgriff auf die Daten der Meldebescheinigung erweist sich als sachgerecht und nicht von sachfremden Erwägungen getragen (ausführlicher: BayVGH, B.v. 19.5.2021 – 12 ZB 21.430 – juris Rn. 13; B.v. 23.6.2021 – 12 ZB 21.1284 – juris Rn. 11).
35
Diese Frist war vorliegend unstreitig zum Zeitpunkt der Antragstellung abgelaufen. Zwischen der Antragstellung am 29. Mai 2020 und dem Bezug des Wohnraums – entsprechend der von dem Kläger vorgelegten erweiterten Meldebescheinigung – am 16. Juli 2019 lagen mehr als sechs Monate.
36
Aus dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 1. Februar 2023, dass das in der erweiterten Meldebescheinigung angegebene Einzugsdatum (16. Juli 2019) nicht zutreffend und vielmehr ein späterer Termin (25. August 2019) heranzuziehen sei, lässt sich kein atypischer Fall herleiten, der ausnahmsweise eine Abweichung von der bestehenden Verwaltungspraxis rechtfertigen könnte. Denn die Unrichtigkeit des Einzugsdatums in der Meldebescheinigung, die die Atypik begründen soll, beruht auf den persönlichen Angaben des Klägers und entstammt mithin seiner Sphäre (BayVGH, B.v. 23.6.2021 – 12 ZB 21.1284 – juris Rn. 12).
37
Darüber hinaus wäre die Frist auch nicht eingehalten, wenn der vom Kläger genannte spätere Einzugstermin am 25. August 2019 berücksichtigt würde.
38
cc) Die Verwaltungspraxis der Beklagten, bei der Berechnung der Antragsfrist nach Ziff. 9.2 Satz 1 AHZR auf das Einzugsdatum aus der erweiterten Meldebescheinigung abzustellen, wurde allerdings spätestens ab 7. Mai 2020 dahingehend ergänzt, dass im Falle eines Kombiantrages, d.h. einem gemeinsamen Antrag für die Bewilligung der Bayerischen Eigenheimzulage und des Bayerischen Baukindergeldes Plus, die Antragsfrist für die Bayerische Eigenheimzulage auch dann als eingehalten gilt, wenn der Antrag zeitnah nach Ausstellung der Auszahlungsbewilligung der KfW für das Baukindergeld des Bundes bei dem Beklagten eingeht, wobei von einer zeitnahe Antragstellung ausgegangen wird, wenn zwischen dem Datum der Auszahlungsbewilligung der KfW und dem Antragseingang bei dem Beklagten etwa 14 Tage liegen.
39
Nachgewiesen wurde diese „neue“ Verwaltungspraxis durch Vorlage der „Neuen Handhabung Individualfälle ab 07.05.2020“, welche durch mündliche Vorstellung innerhalb der zuständigen Abteilung der BayernLabo am selben Tag in Kraft getreten ist (vgl. E-Mail vom 6. September 2022 mit Anlage – vorgelegt in der mündlichen Verhandlung am 7. September 2022).
40
Die Anwendung dieser „Neue Handhabung“ kann der Kläger auch für sich in Anspruch nehmen, da maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung der Fördervoraussetzungen und der Förderfähigkeit der Zeitpunkt der Entscheidung der Förderbehörde ist (BayVGH, B.v. 18.5.2020 – 6 ZB 20.438 – juris m.w.N.). Nicht Aufgabe des Gerichtes ist es dabei zu überprüfen, ob die vom Kläger gewählte Umsetzung der Richtlinie in der Bewilligungspraxis erforderlich war. Maßgeblich ist allein, ob der Beklagte im Wege der Selbstbindung die aus seiner Sicht sachgerechte Lösung gleichmäßig angewandt hat und keine Anhaltspunkte für ein willkürliches Handeln vorliegen.
41
Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei dieser Regelung um eine willkürliche und nicht sachgerechte Herangehensweise handelt, sind für die Einzelrichterin nicht ersichtlich.
42
Anknüpfungspunkt ist dabei, dass die Beantragung des Bayerischen Baukindergeldes Plus nach Ziff. 8.2 der Baukindergeld-Plus-Richtlinien (BayBauKGPR) ab Bezug des Wohnraumes und bis spätestens drei Monate nach dem Datum der Auszahlungsbestätigung der KfW zulässig ist. Grundsätzlich handelt es sich bei der Bayerischen Eigenheimzulage und dem Bayerischen Baukindergeld Plus um unterschiedliche Förderprogramm mit unterschiedlichen Fördervoraussetzungen. Offensichtlich erachtete es der Beklagte trotzdem für sachdienlich, eine Verknüpfung der beiden Förderprogramme im Fall eines Kombiantrages im Interesse der jeweiligen Antragsteller vorzunehmen. Der Beklagte begründet die „Neue Handlungsanweisung“ mit einer uneinheitlichen Auskunftserteilung den Antragstellern gegenüber. Die Einzelrichterin will insoweit nicht ausschließen, dass der Beklagte gerade – wie eventuell auch im Fall des Klägers – auf ggf. aufgrund uneinheitlicher Hinweise im Vorfeld der Antragstellung beruhende Missverständnisse seitens der Antragsteller, dass die verlängerte Antragsfrist der Ziff. 8.2 BayBauKGPR im Falle eines Kombiantrages auch für die Bayerische Eigenheimzulage gelten könnte, reagieren wollte.
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Nicht zu beanstanden ist des Weiteren, dass der Beklagte die Zeitspanne, in der die Frist der Ziff. 9.2 Satz 1 EHZR noch als eingehalten gilt, mit „zeitnah = ca. 14 Tage“ nach dem Ausstellungsdatum der Auszahlungsbewilligung durch die KfW definiert. Reagiert der Beklagte nach Feststellung einer Problemlage dahingehend, dass die Antragsteller bei Verwendung eines Kombiantrages abweichend von Ziff. 9.2 der EHZR dahingehend bessergestellt werden, dass eine Antragstellung mittels Kombiantrag auch noch nach Ablauf der Frist als rechtzeitig gestellt gilt, so ist der Beklagte bei der Festlegung des Zeitraums, in dem die Frist noch als eingehalten gilt, frei und nur nach den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung gebunden. Allein die Verwendung des Wortes „zeitnah“ legt eine gegenwartsnahe, schnelle und umgehende Nachholung der an sich verfristeten Antragstellung nahe (vgl. z.B. https://www.duden.de/rechtschreibung/zeitnah). Ähnlich wie der in § 167 ZPO verwendete Begriff „demnächst“ gibt es eine absolute Obergrenze dabei nicht, zu erwarten darf aber ein angemessener zeitlicher Abstand sein (Dörndorfer in: BeckOK ZPO § 167 Rn. 4). Wenn sich nunmehr der Beklagte für die Bestimmung dieses angemessenen zeitlichen Abstandes an den gesetzlichen Regelungen für eine Wiedereinsetzung in Art. 32 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG bzw. § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO orientiert, so erscheint dies durchaus als sachgerecht, insbesondere unter Berücksichtigung, dass der Beklagte Antragsteller, die die Antragsfrist der Ziff. 9.2 EHZR versäumt haben, vergleichbar behandelt wie im Falle einer unverschuldeten Fristversäumnis. Gründe, die es erforderlich machen könnten bzw. müssten, dass der Beklagte für die gegenüber der EHZR vorgenommene Besserstellung der Antragsteller die Drei-Monats-Frist der Ziff. 8.2 BayBauKGPR heranziehen müsste, sind für das Gericht nicht erkennbar und auch nicht dargelegt. Allein, dass es für eine alternative Förderpraxis gute Gründe gebe, führt nicht zu einer Überschreitung der Willkürgrenze. Dies wäre erst dann der Fall, wenn die maßgeblichen Kriterien der Zulagengewährung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen.
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Vorliegend war aber zum Zeitpunkt der Antragstellung durch den Kläger auch die Frist der „Neuen Handhabung“ bereits abgelaufen. Die Auszahlungsbestätigung der KfW wurde am 1. April 2020 ausgestellt, so dass die freiwillig gewährte Zwei-Wochen-Frist unter entsprechender Berücksichtigung einer Drei-Tage-Fiktion (z.B. Art. 41 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG, Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayVwZVG) am 20. April 2022 geendet hat. Der Kläger hat seinen Kombiantrag tatsächlich aber erst am 25. Mai 2020 und damit etwa fünf Wochen nach Beendigung der Frist gestellt. Selbst wenn man für den Fristbeginn das Inkrafttreten der „Neuen Handhabung“ heranziehen wollte, wäre die „Kulanzfrist“ bereits abgelaufen.
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Ein Abstellen für den Beginn der „Kulanzfrist“ auf ein vom Bevollmächtigten des Klägers im Schriftsatz vom 9. Juni 2020 erwähntes Telefonat mit der BayernLabo am 12. Mai 2020 ist nicht möglich. Zum einen hat der Kläger dieses Telefonat schon nicht glaubhaft im Sinne des Art. 32 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG gemacht, zum anderen trägt der Kläger gerade vor, dass er aufgrund verschiedener Telefonate insbesondere im Jahr 2019 davon ausgegangen sei, den Antrag für die Bayerische Eigenheimzulage nach der Auszahlungsbestätigung der KfW stellen zu können, so dass nach Auffassung der Einzelrichterin gerade kein Grund ersichtlich ist, weshalb der Kläger nach Zugang der Auszahlungsbewilligung der KfW noch bis 12. Mai 2020 abgewartet hat, um das weitere Procedere der Antragstellung mit der BayernLabo abzuklären.
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Darüber hinaus kann auch keine frühere Online-Antragstellung durch den Kläger festgestellt werden. Zwar ist die Online-Antragstellung grundsätzlich zur Fristwahrung ausreichend (vgl. BayVGH, B.v. 21.12.2021 – 12 Z 20.2694 – juris Rn. 27), jedoch konnte der Kläger nicht mitteilen, wann er den Online-Antrag gestellt hat. Da das zu unterschreibende Formular erst nach Ausfüllen der Online-Maske generiert werden kann, spricht nach Auffassung der Einzelrichterin das handschriftlich vermerkte Antragsdatum auf dem Antragsformular dafür, dass der Kläger die Online-Antragstellung auch erst am 25. Mai 2020 vorgenommen hat.
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Soweit in der mündlichen Verhandlung am 1. Februar 2023 angeklungen ist, dass der Kläger zuerst nur einen schriftlichen Antrag bei der BayernLabo ohne vorherigen Online-Antrag eingereicht hat, welcher dann wegen Nichteinhaltung der erforderlichen Form wieder zurückgesandt worden sein soll, so kann der Kläger hieraus keine Rechte herleiten. Unabhängig von der Frage, ob ggf. auch eine Antragstellung ausschließlich in Papierform ausreichend sein könnte, hat der Kläger nicht ausreichend belegt, dass er zum einen einen schriftlichen Antrag vor dem 25. Mai 2020 bei dem Beklagten eingereicht hat, und zum anderen, dass ihm die entsprechenden Unterlagen wieder zurückgesandt worden sind.
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Aufgrund der „Neuen Handhabung“ kommt es damit nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, welche genauen Auskünfte der Kläger bei den von ihm erwähnten Telefonaten mit der BayernLabo vor Antragstellung im Jahre 2019 erhalten hat, da der Beklagte den Kläger ohnehin entsprechend dieser „Neuen Handhabung“ so gestellt hat, wie dies vom Kläger letztlich begehrt wird. Gleiches gilt hinsichtlich der in der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (BayVGH, B.v. 21.12.2021 – 12 Z 20.2694 – juris) erwähnten Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand und des allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruchs. Denn nichts anderes als eine standardisierte Wiedereinsetzung hat der Beklagte mit seiner „Neuen Handhabung“ zugunsten der Antragsteller etabliert.
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Im Übrigen kann der Kläger auch keine Rechte aus einem behördlichen Fehlerverhalten z.B. in Form einer unzureichenden Beratung, was durch den Kläger nachzuweisen wäre, herleiten, denn eine Beratungspflicht, z.B. über ablaufende Fristen, besteht gerade dann nicht, wenn ein Antrag für die entsprechende Leistung (noch) nicht gestellt ist (BayVGH, B.v. 28.11.2022 – 12 ZB 22.2325).
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Nach alldem war die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
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Gründe, die Berufung nach § 124a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.