Titel:
Darlehensabrede im Rahmen eines Bürgschaftsvertrags
Normenkette:
BGB § 670, § 774
Leitsatz:
Gegen eine Darlehensabrede kann nicht eingewandt werden, dass der Gläubiger zwischenzeitlich den Bürgen persönlich aus der Bürgschaft in Anspruch genommen hat. Zwar ist richtig, dass ein Bürge, wenn er die Verbindlichkeit des Schuldners ablöst, für die er bürgt, unmittelbar aus übergegangenem Recht gem. § 774 Abs. 1 BGB Ansprüche gegen den Hauptschuldner erwirbt. Außerdem stehen ihm Erstattungsansprüche aus Auftragsrecht (§ 670 BGB) zu. Dieser Umstand hindert einen Bürgen aber nicht, das Regressverhältnis zum Hauptschuldner durch ein die Pflichten konkretisierendes Schuldverhältnis, etwa ein Darlehen, näher auszugestalten. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Darlehensabrede, Bürgschaft, Regressverhältnis, Pflichtenkonkretisierung
Vorinstanz:
LG München I, Endurteil vom 15.03.2022 – 13 HK O 5640/21
Fundstelle:
BeckRS 2023, 8219
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 15.03.2022, Az. 13 HK O 5640/21, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses Urteil sowie das in Ziff. 1 genannte Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
1
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Darlehensannuitäten für die Vergangenheit in Höhe von 39.886,44 € sowie in Höhe von monatlich 4.111,25 € für den Zeitraum 30.03.2022 bis 28.02.2027.
2
Der Kläger war zunächst Alleingesellschafter der im Jahr 1990 gegründeten Muttergesellschaft der Beklagten (Firma GAC P. O. GmbH, im folgenden: GAC). Ab 2016 war er Gesellschafter zu 75%, seit 2018 ist er Gesellschafter zu 50%; Mitgesellschafterin ist Frau P., die Tochter des Herrn K.
3
Die Beklagte wurde im Jahr 2012 als 100%ige Tochtergesellschaft der GAC gegründet, um den G.bahnhof S. auf der Insel R. zu erwerben und zu entwickeln. Der Kläger war bis August 2020 alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Beklagten mit der Befugnis, mit sich Geschäfte zu machen. Auch bei der GAC war der Kläger bis zum Sommer 2019 alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer mit Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB (vgl. Anlage K1).
4
Zum Erwerb der Immobilie (Kaufpreis 750.000 €) nahm die Beklagte am 29.03.2012 ein Darlehen bei der H. & A. KG aA (im folgenden: H.) in Höhe von 600.000 € auf. Das Darlehen lief bis zum 31.12.2016 und war unter anderem durch eine Bürgschaft des Klägers abgesichert (Anlage K5). Die H. nahm den Kläger mit Schreiben vom 16.01.2017 (Anlage B8) aus der Bürgschaft in Anspruch.
5
Am 07.03.2017 nahm der Kläger persönlich ein Darlehen über 650.000 € bei der Stadtsparkasse M. (im Folgenden: Sparkasse) mit einer Zinsbindung zunächst bis zum 28.02.2022 auf (Anlage K6). Als Zweck war die Ablösung des Darlehens der Beklagten bei der H. genannt. Die Stadtsparkasse zahlte den Betrag auf ein Geschäftskonto der Beklagten aus; das Darlehen der Beklagten bei der H. wurde mit dem Betrag getilgt. Das Darlehen des Klägers bei der Sparkasse war im ersten Jahr tilgungsfrei. Am 18.04.2018 wurde die tilgungsfreie Zeit bis 31.03.2019 verlängert (im Anlagenkonvolut B7). Nach in der Berufungsinstanz unstreitigem Vortrag leistete der Kläger die von ihm geschuldeten Zahlungen an die Sparkasse zunächst selbst. Mit Buchung vom 27.06.2018 (Anlage B7) überwies er sich einen Betrag in Höhe von 24.592,77 € vom Konto der Beklagten. Im Buchungsbeleg ist als Verwendungszweck angegeben: „Erstattung Rate Darlehen 30.03.2017 bis 31.05.2018“. Von Juli 2018 bis November 2020 überwies die Beklagte die der Sparkasse geschuldeten Raten unmittelbar an diese. Zum Dezember 2020 stellte die Beklagte die Zahlungen an die Stadtsparkasse ein. Der Kläger leistete in der Folge für den Zeitraum bis Februar 2022 insgesamt 39.886,44 € an die Stadtsparkasse, darunter die geschuldeten monatlichen Raten inklusive Tilgung im Zeitraum Dezember 2020 bis Juni 2021 à 4.197,92 €, ab Juli 2021 Zinsraten von 1.310,31 € (exakte Aufstellung der Zahlungen im Schriftsatz vom 02.02.2022, S. 8, Bl. 69 d.A. iVm Anlage K17).
6
Im vom Kläger im Juni 2018 erstellten Entwurf des Jahresabschlusses der Beklagten zum 30.12.2017 (Anlage K8, Seite 6) wird die Verbindlichkeit der Beklagten gegenüber H. mit 0 € bewertet und ein Darlehen S. G. über 650.000 € aufgelistet.
7
Nach Ablauf der ersten Zinsbindungsphase vereinbarte der Kläger mit der Sparkasse einen neuerlichen Zinssatz mit Bindung bis zum 28.02.2027 (Anlage K19), woraus sich eine monatliche Rate von 4.111,25 € ergibt.
8
Der Kläger behauptet, zwischen ihm und der Beklagten sei ein Darlehensvertrag zu denselben Konditionen wie gegenüber der Stadtsparkasse zustande gekommen. Einen solchen habe er als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer, der von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit gewesen sei, wirksam abschließen können; der Schriftform habe es nicht bedurft. Hilfsweise stützt der Kläger seinen Anspruch auf ungerechtfertigte Bereicherung.
9
Der Kläger beantragte in erster Instanz zuletzt
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 39.886,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 8.407,69 € seit dem 09.02.2021, aus einem Betrag von 4.203,69 € seit dem 27.02.2021 sowie aus einem Betrag von jeweils 4.197,92 € seit dem 31.03.2021, seit dem 01.05.2021, seit dem 01.06.2021 und seit dem 01.07.2021, ferner Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag von 1.310,81 € seit dem 07.08.2021, aus einem Betrag von 1310,71 € seit dem 31.08.2021 sowie aus einem Betrag von jeweils 1.310,31 € seit dem 01.10.2021, seit dem 30.10.2021, seit dem 01.12.2021, seit dem 31.12.2021, seit dem 31.01.2022 und seit dem 28.02.2022 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ab 30.03.2022 bis einschließlich 28.02.2027 jeweils zum 30. eines jeden Kalendermonats monatlich einen Betrag in Höhe von 4.111,25 € zu zahlen.
10
Die Beklagte beantragte,
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Die Beklagte wendet ein, die Darlehensaufnahme durch den Kläger sei erfolgt, da weder die Beklagte noch deren Muttergesellschaft wirtschaftlich zur Ablösung des Darlehens in der Lage gewesen seien. Zwischen dem Kläger und der Gesellschafterin bzw. dem Treugeber der Muttergesellschaft – Herr K. behauptet, schon vor der Beteiligung seiner Tochter an der GAC an dieser Treugeber zu 1/2 gewesen zu sein – hätten sich Streitigkeiten entwickelt. Die Beklagte wirft dem Kläger vor, er habe die Muttergesellschaft geplündert und unberechtigte Entnahmen vorgenommen. Eine Absprache hinsichtlich des Darlehens sei mit der Beklagten nicht erfolgt, es gebe hierzu auch keine Dokumentation. Zu den Jahresabschlüssen seien keine Gesellschafterbeschlüsse gefasst worden, die buchhalterische Erfassung sei jeweils auf Zuruf des Klägers erfolgt. Eine Zahlung der Annuitäten durch die Beklagte sei nicht vereinbart gewesen.
12
Der Darlehensposten hätte vielmehr bei einer Abrechnung/Beendigung der Gesellschafter-/Treuhandverhältnisse zum Ausgleich gebracht werden sollen.
13
Der Kläger habe eine Insolvenzverschleppung begangen. Das Darlehen habe Einlagecharakter gehabt, die Beklagte sei seit Jahren überschuldet. Der Kläger wäre jedenfalls verpflichtet gewesen, für sein Darlehen Rangrücktrittserklärungen abzugeben bzw. das Darlehen zu stunden. Der Beklagten stehe insoweit ein Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 242 BGB zu.
14
Etwaige bereicherungsrechtliche Ansprüche seien verjährt.
15
Das Landgericht hat mit dem der Beklagten am 16.03.2022 zugestellten Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe ergänzend Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 ZPO), der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Das Landgericht geht davon aus, dass zumindest konkludent auch zwischen den hiesigen Parteien ein Darlehensvertrag zustande gekommen sei. Dies ergebe sich aus den äußeren Umständen. Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der unstreitig erfolgten Tilgung der Verbindlichkeit der Beklagten gegenüber der H. um eine Schenkung des Klägers oder eine Einlage in die Beklagte handeln solle, ergäben sich nicht. Die Darlehensaufnahme habe ohne Gesellschafterbeschluss oder Zustimmung etwaiger Treugeber der Muttergesellschaft erfolgen können. Ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 242 BGB komme nur in engen Ausnahmefällen in Betracht; eine Aufrechnung mit möglichen Schadensersatzansprüchen habe die Beklagte jedoch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht geltend gemacht. Die vorgelegten Unterlagen bestätigten im Übrigen weder Zahlungsunfähigkeit noch Überschuldung.
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Gegen dieses Urteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 25.03.2022 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 16.06.2022 (Bl. 97 d.A.) mit Schriftsatz vom 17.06.2022, dem Tag nach Fronleichnam, begründet. Mit dem Rechtsmittel verteidigt sie ihre erstinstanzliche Auffassung und verweist ergänzend auf ihren teilweise neuen Vortrag zu einer Inanspruchnahme des Klägers aus der von ihm abgegebenen Bürgschaft sowie auf den Umstand, dass die Beklagte keineswegs von Anfang an die Annuitäten beglichen habe.
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Die Beklagte beantragt,
Das Endurteil des Landgerichts München I vom 15.03.2022, Az. 13 HK O 5640/21, wird abgeändert und die Klage abgewiesen.
die Zurückweisung der Berufung.
19
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
20
Der Senat hat über die Berufung am 22.03.2022 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift und die gewechselten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.
21
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch nicht begründet.
22
1. Die Berufung ist zulässig. Insbesondere hat die Beklagte die Berufungsbegründungsfrist gewahrt. Fällt das Fristende auf einen Feiertag, so endet die Frist gemäß § 222 Abs. 2 ZPO erst am Folgetag. Die Berufungsbegründung am 17.06.2022 erfolgte aufgrund des gesetzlichen Feiertags in Bayern am 16.06.2022 (Fronleichnam, Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 Bay. Feiertagsgesetz) somit fristgemäß. Die Berufungsbegründung ist auch inhaltlich ausreichend. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Beklagte ihren erstinstanzlichen Vortrag aufrechterhält, der Kläger habe einen Darlehensvertrag mit der Beklagten ohne Stundung bzw. Rangrücktritt nicht vereinbaren dürfen.
23
2. In der Sache bleibt die Berufung ohne Erfolg.
24
2.1. Die Klage ist zulässig, auch soweit zukünftige Leistung begehrt wird. Die Zulässigkeit der Klage auf künftige Leistung ergibt sich, wie das Landgericht – unangegriffen – zu Recht ausführt, aus § 257 ZPO, da die Leistung nicht von einer Gegenleistung abhängt, betragsmäßig – aufgrund der Zinsbindung für den Zeitraum März 2022 bis Februar 2027 – bestimmt und monatlich zum 30. eines Monats geschuldet ist (Anlage K6, Ziff. 1.5), überdies aus § 259 ZPO, weil die Beklagte die Leistung verweigert.
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2.2. Der Senat bildet sich, ebenso wie das Landgericht, anhand der vorgelegten Unterlagen die Überzeugung, dass zwischen Kläger und Beklagter ein konkludenter Darlehensvertrag geschlossen wurde, wonach die Beklagte dem Kläger dieselben Raten schuldet, wie dieser dies aufgrund seines Darlehensvertrages gegenüber der Sparkasse (Anlage K6) tut. Die Überzeugungsbildung des Landgerichts hält auch einer Prüfung anhand der in der Berufungsinstanz neu eingeführten unstreitigen Tatsachen stand. Für den Senat ergibt sich der konkludente Abschluss eines Darlehensvertrages aus folgenden Erwägungen:
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2.2.1. Das Darlehen zwischen Kläger und Sparkasse sollte dazu dienen und wurde dazu verwendet, eine Verbindlichkeit der Beklagten gegenüber der H. zu tilgen. Es ist bereits im Ausgangspunkt nicht ersichtlich, warum der Kläger persönlich die zur Tilgung der Verbindlichkeit der Beklagten aufgenommene eigene Verbindlichkeit endgültig hätte selbst tragen sollen oder wollen. Dies liefe im Ergebnis auf eine Schenkung an die Beklagte hinaus, wofür ein Anlass nicht ersichtlich ist.
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2.2.2. Dass der Kläger eine Darlehensverbindlichkeit der Beklagten begründen wollte, findet sich sowohl in schriftlichen Unterlagen wie auch in Handlungen der Beklagten manifestiert:
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Ein schriftlicher Beleg hierfür ist, dass der Kläger in den Jahresabschluss 2017, mag es sich insoweit auch nur um einen Entwurf handeln, eine entsprechende Darlehensverbindlichkeit der Beklagten gegenüber ihm aufgenommen hat. Damit hat er einen bereits 2017 bestehenden – der Jahresabschluss gibt unabhängig davon, wann er aufgestellt wurde, die Rechtsverhältnisse zum Ende des Bilanzierungszeitraums, also zum 31.12.2017 wieder – Willen zur Begründung einer Darlehensforderung zu seinen Gunsten dokumentiert.
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Bestätigt wird die Abrede auch dadurch, dass die Beklagte – wenn auch nicht von Anfang an, sondern, wie sich in der Berufungsinstanz herausstellte, erst ab Juli 2018 bis November 2020 – die Ratenzahlung an die Sparkasse übernahm. Damit bringt sie zum Ausdruck, dass sie sich hierzu verpflichtet sieht. Gleichzeitig erstattete die Beklagte dem Kläger die Summe, die dieser zunächst selbst an die Sparkasse bezahlt hatte.
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Es sei angemerkt, dass selbst eine Darlehensabrede zwischen Kläger und Beklagter erst im Sommer 2018 nichts an entsprechenden Ansprüchen des Klägers gegen die Beklagte ändern würde.
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2.2.3. Gegen eine Darlehensabrede kann nicht eingewandt werden, dass die H. im Januar 2017 den Kläger persönlich aus der Bürgschaft in Anspruch genommen hat. Zwar ist richtig, dass ein Bürge, wenn er die Verbindlichkeit des Schuldners ablöst, für die er bürgt, unmittelbar aus übergegangenem Recht gemäß § 774 Abs. 1 BGB Ansprüche gegen den Hauptschuldner, hier die Beklagte, erwirbt. Außerdem stehen ihm Erstattungsansprüche aus Auftragsrecht (§ 670 BGB) zu. Dieser Umstand hindert einen Bürgen nicht, das Regressverhältnis zum Hauptschuldner durch ein Pflichten konkretisierendes Schuldverhältnis, hier ein Darlehen, näher auszugestalten. Eine solche Gestaltung lag vorliegend sogar besonders nahe, da die Beklagte zu einer sofortigen Regressleistung wirtschaftlich nicht in der Lage war und umgekehrt der Kläger keine Veranlassung hatte, die Regressforderung en bloc geltend zu machen, da auch er sich durch seine Darlehensabrede mit der Sparkasse nur monatlichen Annuitäten ausgesetzt sah.
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2.2.4. Der Kläger konnte die Beklagte wirksam verpflichten.
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Dass der Kläger nicht nur für sich, sondern auch für die Beklagte handelte, liegt in der Natur des Umstandes, dass sie als juristische Person ausschließlich durch Ihren Vertreter, hier den Kläger als alleinvertretungsbefugten Geschäftsführer, handeln konnte. Von den Beschränkungen des § 181 BGB war der Kläger befreit. Ein Darlehen kann (soweit es sich nicht um ein Verbraucherdarlehen, also um ein Darlehen eines Unternehmers an einen Verbraucher handelt, vgl. § 491 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 BGB iVm § 492 Abs. 1 Satz 1 BGB) formfrei vereinbart werden.
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Der Kläger bedurfte für sein Handeln auch nicht der Zustimmung der Gesellschafterversammlung; dass Zustimmungspflichten in der Satzung normiert wären, ist nicht vorgetragen. Im Übrigen würde er selbst als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Muttergesellschaft GAC die Gesellschafterversammlung bilden.
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Wenn Herr K., der für sich in Anspruch nimmt, an der Muttergesellschafter Treugeber zu 1/2 zu sein, vortragen lässt, der Kläger sei bereit gewesen, das Darlehen „zunächst“ aus eigenen Mitteln abzulösen, er – Herr K. – habe „klargestellt“, dass die Beklagte und deren Mutter in keiner Weise belastet werden dürften, vielmehr sei dieser Posten im Rahmen der beabsichtigten Abrechnung bei der Beendigung und Abwicklung des Treuhandverhältnisses zum Ausgleich zu bringen (Schriftsatz vom 20.07.2021, S. 5, Bl. 29 d.A.), ergibt sich hieraus nichts anderes: Auch nach diesem – lediglich unterstellten – Vortrag war allenfalls eine Zwischenfinanzierung durch den Kläger beabsichtigt, nicht aber dass er das Darlehen endgültig tragen sollte. Im Übrigen hatte der Treugeber auf ein solches Ansinnen keinen Anspruch, vielmehr stand dem bürgenden Kläger von Gesetzes wegen ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der vom Kläger beglichenen Darlehenssumme (aus § 774 Abs. 1 BGB bzw. § 670 BGB) zu. Der Kläger war berechtigt, diesen Anspruch durchzusetzen; in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Beklagten durfte der Kläger diesem Begehren nachkommen.
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2.2.5. Unbehelflich ist das Argument, der Kläger habe sich einer Insolvenzverschleppung schuldig gemacht (§ 823 Abs. 2 BGB iVm § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO), hätte also Insolvenz anmelden müssen und kein Darlehen zwischen ihm und der Beklagten vereinbaren dürfen (vgl. § 64 Satz 1 GmbHG aF).
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Dabei mag man zugunsten der Beklagten unterstellen, dass die Beklagte Anfang 2017 tatsächlich nicht in der Lage war, das fällige Darlehen zu bedienen, also Zahlungsunfähigkeit vorlag. Die Ablöse durch den Kläger persönlich und das in der Folge vereinbarten Darlehen zwischen ihm und der Beklagten beseitigte jedoch die Zahlungsunfähigkeit, da es die sofortige Fälligkeit der Darlehensvaluta aufhob. Die Maßnahme diente somit der Beseitigung der Insolvenzreife. Das ist erlaubt.
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Im Übrigen verschaffte die Vereinbarung eines Darlehensvaluta von 650.000 € (statt 600.000 €) der Beklagten zugleich kurzfristig Liquidität auch für die Begleichung der geschuldeten Annuitäten (zumal der Kläger für Tilgungsfreiheit in den ersten Jahren sorgte).
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Die behauptete rechnerische Überschuldung (Ende 2017 in Höhe von 249.759,07 €, Anlage K8) resultiert allein aus Darlehen der Muttergesellschaft GAC (von 2017 zuletzt 339.107,01 €). Hierzu konnte der Kläger jederzeit Rangrücktrittserklärungen abgeben und hat dies regelmäßig auch getan, so auch für 2017 über 300.000 € (vgl. Anlagenkonvolut K18). Die bilanzielle Überschuldung für 2017 wurde beseitigt. Im Übrigen berührt der Einwand der Überschuldung die streitgegenständliche Forderung nur marginal. In Höhe von 600.000 € liegt in der Auswechslung der Darlehensverbindlichkeit (statt gegenüber der H. nun gegenüber dem Kläger) ein die Überschuldung nicht berührender Passivtausch. Die Darlehensvaluta sind aber nur zu einem Teil eingeklagt (nämlich soweit in der eingeklagten Summe von 286.561,44 € Tilgungsbeträge enthalten sind). Letztlich sind von dem Argument allenfalls eingeklagte Zinsen auf den Differenzbetrag zwischen den Darlehensvaluta (650.000 € statt 600.000 €) von 50.000 € betroffen.
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Dass der Kläger die Insolvenzreife wirksam abgewendet hat, muss die Beklagte letztlich selbst einräumen. Sähe sie es anders (oder würde sie die stets befristet abgegebenen Rangrücktrittserklärungen der Mutter kündigen), hätte ihre Geschäftsführerin (die Sekretärin des Herrn K., des Vaters der nunmehrigen Mitgesellschafterin P.) selbst Insolvenz anmelden müssen. Dies tut sie jedoch nicht, denn damit würde sie sich der Chance auf einen gewinnbringenden (oder zumindest etwaige Verluste mindernden) freihändigen Verkauf der Immobilie zu selbst bestimmten Konditionen berauben. Dass eine Projektgesellschaft am finanziellen Tropf der Mutter hängt, bis ein (Immoblien-)Projekt abgeschlossen ist, ist im Übrigen nicht ungewöhnlich, sondern typisch.
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2.2.6. Aus Vorstehendem ergibt sich zugleich, dass die Ablöse des Darlehens keine treuwidrige Handlung des Klägers war. Er selbst durfte (und musste) das Darlehen schon wegen seiner Bürgenstellung ablösen und war – mit Blick auf die gesetzlichen Vorschriften des § 774 Abs. 1 BGB und des § 670 BGB – berechtigt, (sofort) für seine Befriedigung zu sorgen. Umgekehrt liegt in dem Abschluss der Darlehensvereinbarung zwischen Kläger und Beklagter eine – übliche – Anschlussfinanzierung der Immobilie für die Beklagte, mit der zugleich die drohende Insolvenz abgewendet wurde.
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Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass der Kläger gehalten gewesen wäre – was die Beklagte aus der (ohnehin nur mittelbaren!) Gesellschafterstellung des Klägers und einer daraus resultierenden Treuepflicht ableiten möchte –, eine (weitere) Stundung der ohnehin ratenweise zu erbringenden Leistungen zu vereinbaren, die überdies allein zu seinen Lasten gehen sollte, obwohl der Kläger zu diesem Zeitpunkt auch formal nicht mehr Alleingesellschafter war und Herr K. im Ergebnis über eine Treuhandabrede eine hälftige Gesellschafterstellung beanspruchte. Ebenso wenig ist zu erkennen, dass der Kläger gehalten gewesen wäre, einen Rangrücktritt zu erklären, zumal ihm kraft Gesetzes Regress für die Ablöse eines ebenfalls keinem Rangrücktritt unterliegenden Darlehen zustand. Aus demselben Grund scheidet die Qualifikation der streitgegenständlichen Darlehensforderung als Einlage in die Gesellschaft aus.
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Für die Beurteilung der Rechtslage ist außerdem erhellend, dass die Beklagte dem Kläger vorwirft, er habe sich nicht rechtzeitig um eine Anschlussfinanzierung gekümmert (Klageerwiderung vom 20.07.2021, S. 3, Bl. 27 d.A.). Genau das hat der Kläger mit der nunmehr inkriminierten Handlung (zu marktüblichen Konditionen, anderes ist nicht geltend gemacht), wenn auch verspätet, nachgeholt. Gleichwohl wirft man ihm dieses, im Grundsatz selbst geforderte Verhalten nunmehr vor.
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2.3. Die Höhe der Leistungen des Klägers an die Sparkasse von 39.886,44 € ist ebenso unstreitig wie die Darlehensannuität von 4.111,25 € im Zeitraum März 2022 bis Februar 2027 (vgl. Auch Anlage K19). Die Fälligkeit der Raten ergibt sich daraus, dass die Beklagte die Darlehensrate entsprechend der Fälligkeit der Raten des Klägers gegenüber der Sparkasse und damit zum 30. eines jeden Monats schuldet. Eine Aufrechnung wurde nicht erklärt (sondern, wie das Landgericht zutreffend ausführt, prozessual nur angekündigt).
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2.4. Der Anspruch ist nicht verjährt. Da der Senat die Ansprüche auf einen Darlehensvertrag stützt, nach dem die Raten jeweils zum Monatsende fällig werden, versteht sich dies von selbst.
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3. Selbst wenn man der Ansicht des Senats nicht folgen wollte und einen Anspruch aus Darlehen als nicht vereinbart oder nicht bewiesen ansehen wollte, ergäbe sich ein nicht verjährter Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen.
47
Die Darlehenssumme von 600.000 € schuldet die Beklagte dem Kläger, wie bereits ausgeführt, aus § 774 Abs. 1 BGB (wenn man eine Zahlung des Klägers auf die Bürgschaft annimmt) bzw. aus § 670 BGB aufgrund des dem Bürgschaftsverhältnis zugrunde liegenden Auftrags zwischen Kläger und Beklagter, hilfsweise aus § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB (Aufwendungskondiktion). Dies stellt auch die Beklagte nicht in Abrede.
48
Völlig unabhängig von diesen mit der Bürgschaft in Zusammenhang stehenden Anspruchsgrundlagen liegt in der Ablöse des Darlehens der Beklagten bei der Hauck durch die Aufnahme eines die Liquidität der Beklagten sichernden Darlehens über 650.000 € die Übernahme eines gesonderten rechtmäßigen (s.o.) Auftrags durch den Kläger; die Summe schließt die Annahme eines bloßen Gefälligkeitsverhältnisses aus. Aus diesem Auftrag ergibt sich ein Erstattungsanspruch aus § 670 BGB und damit ein Anspruch auf Befreiung von der übernommenen Verbindlichkeit; dieser Befreiungsanspruch ist teils durch Zahlung von Raten durch den Kläger an die Sparkasse, teils durch endgültige Erfüllungsverweigerung (spätestens im Antrag auf Klageabweisung) in einen Zahlungsanspruch übergegangen.
49
Dieser Anspruch ist, anders als die Beklagte meint, nicht verjährt. Es spricht schon viel für die Annahme, dass die Verjährung dieses Anspruchs erst mit Fälligkeit der (Zins- und Raten-)Forderung der Sparkasse gegenüber dem Kläger – und nicht schon mit dem Anspruch auf Befreiung von der übernommenen Verbindlichkeit – anläuft (dazu grundlegend: BGH, Urteil vom 05.05.2010 – III ZR 209/09, juris-Rn. 22f.). Darauf kommt es nicht einmal an: In der Zahlung der Beklagten der vom Kläger gegenüber der Sparkasse aufgewandten Summe an den Kläger im Juni 2018 und in der Leistung von Zinsen und Tilgungsraten (dazu: Ellenberger in: Grüneberg, BGB, 82. Aufl., § 212 Rn. 5 aE mwN) durch die Beklagte unmittelbar gegenüber der Sparkasse im Zeitraum Juli 2018 bis November 2020 liegt ein Anerkenntnis des (gesamten) Anspruchs auf Erstattung der vom Kläger eingegangenen Darlehensverbindlichkeit im Sinne von § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB mit der Folge, dass die Verjährung des gesamten (Erstattungs-)Anspruchs jeweils von neuem beginnt. Dass die Beklagte durch den Kläger als Geschäftsführer (allerdings ohnehin nur bis August 2020) handelte, ändert daran nichts, da er ihr vertretungsberechtigtes Organ war und die Anerkenntnis keinen Missbrauch der Vertretungsmacht darstellt (s.o.).
50
Die Hemmung der Verjährung durch die Klageerhebung (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) 2021 bzw. – in der erweiterten Form – 2022 trat demnach rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist ein.
51
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Eine Zulassung der Revision war mangels Zulassungsgründen (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht veranlasst.