Inhalt

VGH München, Beschluss v. 30.03.2023 – 12 ZB 21.2667
Titel:

Zwangsgeld gegen stationäre Pflegeeinrichtung

Normenketten:
AVPfleWoqG § 15
PfleWoqG Art. 15 Abs. 1 S. 1, S. 2, Art. 17a
VwGO § 86 Abs. 1
GG Art. 103 Abs. 1
Leitsätze:
1. Hat es der Rechtsmittelführer versäumt, durch Stellung eines förmlichen Beweisantrags auf die entsprechende Beweiserhebung durch das VG hinzuwirken, kommt die Annahme eines Aufklärungsmangels nur dann in Betracht, wenn sich die unterbliebene Beweiserhebung dem Gericht gemessen an seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Umstand, dass ein bestimmter Sachverhalt iRd richterlichen Beweiswürdigung auch anders hätte interpretiert werden können, begründet regelmäßig keine Richtigkeitszweifel, die die Zulassung der Berufung gebieten. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Stationäre Pflegeeinrichtung, Betreuung durch Fachkraft, Einrichtungsleitung, Dienstpläne für Pflegekräfte, Beweiswürdigung durch Verwaltungsgericht, Prüfberichte, Fälligstellung eines Zwangsgeldes, stationäre Pflegeeinrichtung, Betreuung, Fachkraft, Pflegekräfte, Dienstpläne, Aufklärungsmangel, Beweiswürdigung, rechtliches Gehör, Zwangsgeld
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 02.09.2021 – M 17 K 18.2860
Fundstelle:
BeckRS 2023, 8149

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 8.500,- € festgesetzt.

Gründe

1
Die Klägerin, Trägerin der stationären Pflegeeinrichtung St. Q. in M., verfolgt mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung ihre gegen die Fälligkeitsmitteilung eines Zwangsgeldes erhobene Feststellungsklage sowie die gegen die erneute Zwangsgeldandrohung und den Prüfbericht der Beklagten einschließlich des entsprechenden Kostenbescheids gerichtete Anfechtungsklage weiter. Mit ihrem Zulassungsbegehren macht sie Verfahrensmängel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sowie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend.
2
1. Verfahrensfehler, die die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO tragen, hat die Klägerin mit ihrer Zulassungsbegründung weder durchgreifend dargelegt noch sind sie sonst ersichtlich.
3
1.1 Die erhobene Aufklärungsrüge greift nicht durch. Die Annahme einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO durch das Verwaltungsgericht erfordert die Darlegung, welche Beweiserhebung das Gericht unterlassen hat, welches Ergebnis die Erhebung des entsprechenden Beweismittels voraussichtlich erbracht und inwieweit sich das Beweisergebnis als entscheidungserheblich erwiesen hätte. Hat es der Rechtsmittelführer – wie im vorliegenden Fall die Klägerin – jedoch versäumt, durch Stellung eines förmlichen Beweisantrags auf die entsprechende Beweiserhebung durch das Verwaltungsgericht hinzuwirken, kommt die Annahme eines Aufklärungsmangels nur dann in Betracht, wenn sich die unterbliebene Beweiserhebung dem Gericht gemessen an seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen. Insoweit erweist sich das Berufungszulassungsverfahren nicht als das geeignete Instrument, unterlassene Beweisantragstellungen in der ersten Instanz zu kompensieren.
4
Soweit die Klägerin im vorliegenden Fall einen Aufklärungsmangel des Verwaltungsgerichts darin sieht, dass es ihre schriftsätzlichen „Beweisangebote“, die Pflegekraft K. zu ihrer Anwesenheit am 2. und am 6. Mai 2017 in der Pflegeeinrichtung St. Q. sowie Frau H. zu den streitgegenständlichen Eintragungen im Stationsdienstplan als Zeugen zu vernehmen, nicht aufgegriffen hat, wird damit kein durchgreifender Verfahrensfehler dargelegt. Entsprechende Beweisanträge hat der Bevollmächtigte der Klägerin ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 2. September 2021 nicht gestellt. Die Zeugeneinvernahme von Herrn K. und Frau H. musste sich dem Verwaltungsgericht aus seiner Perspektive auch nicht aufdrängen. Dass Herr K. am 2. und 6. Mai 2017 erkrankt und damit als Fachkraft abwesend war, schloss das Verwaltungsgericht in erster Linie aus den Eintragungen des Dienstplans „Nachtwache StQ“, die bei Herrn K. an den genannten Tagen die Eintragung „k“ für „krank“ ohne weitere Zusätze aufweisen, ferner aus dem Umstand, dass die Zusätze „ab 9:00“ und „ab 10:00“ im Dienstplan „Gruppe 1 StQ“ erkennbar nicht mit demselben Stift vorgenommen worden seien wie die Eintragung „k“, was darauf hindeute, dass die Eintragungen nicht in einem Zug erfolgt seien. Nachträglichen oder widersprüchlichen Änderungen der Dienstpläne komme aus Sicht des Verwaltungsgerichts kein Beweiswert zu; missverständliche Eintragungen gingen zu Lasten des dokumentationspflichtigen Trägers.
5
Weshalb es sich angesichts dessen dem Gericht hätte aufdrängen sollen, Herrn K. in seiner Funktion als Pflegefachkraft und Frau H. als mutmaßliche Urheberin der Dienstplaneintragungen als Zeugen zu vernehmen, legt die Klägerin indes nicht substantiiert dar. Soweit sie hierzu vorträgt, die Feststellung der Abwesenheit von Herrn K. an den streitgegenständlichen Tagen hätte das Gericht „angesichts des eindeutig entgegengesetzten Vorbringens“ ohne Zeugeneinvernahme nicht treffen können, rügt sie der Sache nach die Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht, das sich hierbei auf den Dienstplan „Nachtwache StQ“ und die aus seiner Sicht unklaren Eintragungen im Dienstplan „Gruppe 1 StQ“ gestützt hat (vgl. hierzu unten 2.1). Aus den Darlegungen der Klägerin ergibt sich im Übrigen nicht, weshalb sich dem Gericht, das sich bei seiner Beweiswürdigung auf ein schriftliches Dokument stützt, die Einvernahme eines Zeugen zu diesem Dokument hätte aufdrängen müssen, zumal der Beweiswert einer Zeugenaussage über einen mehr als vier Jahre zurückliegenden alltäglichen Vorgang, wie die Eintragungen in einem Dienstplan und die Erkrankung eines Mitarbeiters wohl als eher begrenzt anzusehen gewesen wäre. Ebenso wenig ergibt sich ein „Aufdrängen“ der Zeugeneinvernahme aus dem Umstand, dass sowohl die Ausgangsbehörde wie auch die Widerspruchsbehörde den streitgegenständlichen Eintragungen eine andere, jeweils unterschiedliche Bedeutung beigemessen haben. Insoweit ist allein auf die Überzeugungsbildung durch das Verwaltungsgericht abzustellen. Der Klägerin wäre es insoweit unbenommen geblieben, durch Stellung förmlicher Beweisanträge auf diese Überzeugungsbildung einzuwirken. Da sie dies unterlassen hat und sie keine durchgreifenden Argumente vorträgt, weshalb sich die Zeugeneinvernahme dem Gericht angesichts seiner Auffassung hätte aufdrängen müssen, liegt eine Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO nicht vor.
6
1.2 Das angefochtene Urteil stellt ferner keine, die in Art. 103 Abs. 1 GG garantierte Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs verletzende Überraschungsentscheidung dar. Dass das Gericht seine Feststellungen zur Abwesenheit von Fachkräften in der Einrichtung der Klägerin anhand der in der Verwaltungsakte befindlichen Dienstpläne für den Monat Mai 2017 getroffen hat, konnte angesichts des Inhalts des Ausgangs- und des Widerspruchsbescheids und dem Vortrag der Verfahrensbeteiligten im Klageverfahren einen gewissenhaften Prozessbevollmächtigten nicht im Sinne einer Verletzung des rechtlichen Gehörs „überraschen“. Auf die Eintragungen im Nachtschichtdienstplan und die entsprechenden Zusätze im Gruppendienstplan weist die Beklagte in ihrer Klageerwiderung vom 2. August 2018 (Bl. 56 der Verfahrensakte erster Instanz) ausdrücklich hin. Angesichts dessen war es weder erforderlich, die anwaltlich vertretene Klägerin auf die Maßgeblichkeit der Eintragungen in den Dienstplänen hinzuweisen noch die vorgenommene Beweiswürdigung vorab den Verfahrensbeteiligten zu offenbaren. Angesichts des Vorbringens der Beklagten in der Klageerwiderung wäre es Sache der Klägerin gewesen, zu den inkriminierten Eintragungen und deren Interpretation Stellung zu nehmen bzw. entsprechende Beweisanträge zu stellen. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs in Form einer Überraschungsentscheidung liegt mithin nicht vor.
7
2. Die verwaltungsgerichtliche Entscheidung unterliegt auch keinen ernstlichen Zweifeln an ihrer Richtigkeit, die nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Zulassung der Berufung rechtfertigen würden.
8
2.1 Soweit die Klägerin sich in ihrem Zulassungsvorbringen gegen die „eigene Auslegung“ der Eintragungen in den verschiedenen Dienstplänen für die Einrichtung St. Q. in M. durch das Verwaltungsgericht wendet, macht sie der Sache nach eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts und damit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend.
9
Richtigkeitszweifel, die die Zulassung der Berufung erfordern, können sich sowohl aus der materiellen Rechtsanwendung (Normauslegung und Subsumtion) wie auch aus Fehlern bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht ergeben (vgl. Roth in BeckOK VwGO, Stand 1.1.2022, § 124 Rn. 24). In Bezug auf Letztere kann die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts nur dann mit Erfolg angegriffen werden, wenn gesetzliche Beweisregeln verletzt, von Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen abgewichen oder ein aktenwidriger Sachverhalt festgestellt wurde, ferner bei offensichtlicher Sachwidrigkeit bzw. Willkür (Rudisile in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand Juli 2021, § 124 VwGO Rn. 26g; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 82). Der Umstand, dass ein bestimmter Sachverhalt im Rahmen der richterlichen Beweiswürdigung auch anders hätte interpretiert werden können, begründet hingegen regelmäßig keine Richtigkeitszweifel, die die Zulassung der Berufung gebieten (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 19; Rudisile in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand Juli 2021, § 124 VwGO Rn. 26g). Setzt daher der Rechtsmittelführer seine eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Verwaltungsgerichts, ohne dass einer der vorstehend aufgeführten Mängel der Beweiswürdigung vorliegt, kann er damit die Zulassung der Berufung regelmäßig nicht erwirken (vgl. hierzu BayVGH, B.v.31.5.2022 – 12 ZB 20.2014 – Rn. 11).
10
Angesichts dessen greift im vorliegenden Verfahren bereits das Argument der Klägerin nicht durch, dass sich angesichts ihres „gegenteiligen Sachvortrags“ aus den streitgegenständlichen Eintragungen im Nachdienstplan der Schluss auf die krankheitsbedingte Abwesenheit von Herrn K. nicht ziehen lasse. Denn allein der Umstand, dass die Klägerin die Eintragungen in den Dienstplänen anders interpretiert als das Verwaltungsgericht, führt nicht zu einem Fehler im Rahmen der Beweiswürdigung. Anders als die Klägerin meint, hat das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung auch nicht die „Glaubwürdigkeit“ der offensichtlich mit einem anderen Stift vorgenommenen Eintragungen im Gruppendienstplan in Frage gestellt, sondern aus diesem Umstand lediglich geschlossen, dass die Eintragungen nicht „in einem Zug“ erfolgt seien. Eine hieraus abgeleitete Bewertung der „Glaubwürdigkeit“ der Eintragungen enthält das verwaltungsgerichtliche Urteil nicht. Auch soweit sich das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen auf das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 23.6.2019 (M 17 K 15.5904 = BeckRS 2016, 48620) stützt und daraus den Satz zitiert, dass nachträglichen und widersprüchlichen Eintragungen in Dienstplänen kein Beweiswert zukomme und missverständliche Eintragungen zu Lasten des dokumentationspflichtigen Klägers gingen, erweist sich dies entgegen der Auffassung der Klägerin nicht als „denkunlogisch“. Da sich das Gericht insoweit tragend auf die ohne Zusätze vorgenommenen Eintragungen im Nachtschichtdienstplan stützt, muss es nicht die Eintragungen im Gruppendienstplan zugleich dergestalt werten, dass – trotz der Eintragung „k“ für „krank“ Herr K. unter Außerachtlassung der weiteren Vermerke „ab 9:00“ bzw. „ab 10:00“ als anwesend anzusehen gewesen wäre. Es liegt hier vielmehr aus Sicht des Gerichts im Gruppendienstplan eine zumindest missverständliche Eintragung im Hinblick auf die krankheitsbedingte Abwesenheit von Herrn K. vor, die – so die Bezugnahme auf die zitierte Entscheidung – zu Lasten der Klägerin auszulegen ist. Ein Verstoß gegen Denkgesetze, wie von der Klägerin behauptet, liegt hierin nicht.
11
2.2 Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung liegen entgegen der Auffassung der Klägerin auch insoweit nicht vor, als das Gericht von der Abwesenheit einer Fachkraft in der Einrichtung am 12. Mai 2017 im Zeitraum zwischen 11:30 und 12 Uhr ausgegangen ist und deren „Ersatz“ durch die – mutmaßlich anwesende – Einrichtungsleitung Frau F. abgelehnt hat.
12
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob Frau F., die neben der Leitung der Einrichtung St. Q. noch eine weitere Einrichtungsleitung innehatte, sich am 12. Mai 2017 tatsächlich zur fraglichen Zeit in der Einrichtung St. Q. aufgehalten hat. Denn angesichts der maßgeblichen Regelung in § 15 der Verordnung zur Ausführung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes und Weiterbildung in der Pflege und Hebammenkunde (AVPfleWoqG v. 27.7.2011, GVBl. S. 346) erfüllt ihre Anwesenheit das Erfordernis des § 15 Abs. 1 Satz 1 AVPfleWoqG, wonach betreuende Tätigkeiten nur durch Fachkräfte oder unter angemessener Beteiligung von Fachkräften wahrgenommen werden dürfen, nicht. Dass die Einrichtungsleitung, bei der es sich um eine speziell qualifizierte Fachkraft handelt, hierbei keine Berücksichtigung finden kann, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von § 15 Abs. 1 Satz 2 AVPfleWoqG. Hiernach muss, gestaffelt nach der Anzahl der pflegebedürftigen Bewohnerinnen und Bewohner, mindestens eine betreuend tätige Person eine Fachkraft im Sinn der nach § 16 Abs. 2 Satz 1 AVPfleWoqG erlassenen allgemeinen Verwaltungsvorschriften sein. Bei der Einrichtungsleitung handelt es sich jedoch regelmäßig gerade nicht um eine „betreuend tätige Person“; ihr obliegt vielmehr die administrative Leitung der gesamten Einrichtung, sodass sie für die Erfüllung der Verpflichtung aus § 15 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AVPfleWoqG nicht herangezogen werden kann.
13
Dass durch die Anwesenheit der Einrichtungsleitung dem Fachkrafterfordernis nicht Genüge getan wird, ergibt sich auch aus Sinn und Zweck der Regelung des § 15 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AVPfleWoqG, wie er sich in der Begründung der Verordnung widerspiegelt. Danach stellt die Regelung sicher, „dass zur Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohner einer stationären Einrichtung stets eine bestimmte Anzahl fachlich geschulter und entsprechend kompetenter Betreuungskräfte anwesend ist. Ihre Anwesenheit gewährleistet, dass Betreuungstätigkeiten, die eine bestimmte Sachkunde erfordern, fachgerecht durchgeführt werden, fachlich nicht geschulte Betreuungskräfte jederzeit auf eine kompetente Ansprechpartnerin bzw. einen kompetenten Ansprechpartner zurückgreifen können und in Notsituationen eine sofortige und angemessene Reaktion zu ihrer Abwendung möglich ist. Betreuende Tätigkeit ist dabei als Oberbegriff zu verstehen, der sich nicht beispielsweise auf die soziale Betreuung beschränkt, sondern pflegende und therapeutische Tätigkeiten mit einschließt“ (Hervorhebung durch den Senat). Weiter führt die Verordnungsbegründung aus, dass nach § 15 Abs. 1 betreuende Tätigkeiten nur durch Fachkräfte oder unter angemessener Beteiligung von Fachkräften wahrgenommen werden dürfen, „wobei mindestens eine betreuend tätige Person, bei mehr als 20 nicht pflegebedürftigen Bewohnerinnen und Bewohnern oder bei mehr als vier pflegebedürftigen Bewohnerinnen und Bewohnern mindestens jede zweite weitere betreuend tätige Person eine Fachkraft sein muss. Auch in der Nacht muss ausreichendes Personal und mindestens eine Fachkraft – in Pflegeeinrichtungen mindestens eine Pflegefachkraft – anwesend sein, um die Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohner sicherzustellen (Sätze 1 bis 4). Anwesenheit bedeutet, dass die Fachkraft tatsächlich ihren Dienst verrichten muss. Eine Ruf- oder Anwesenheitsbereitschaft reicht nicht aus. Ausnahmen hiervon sind nach § 51 Abs. 6 für Einrichtungen der Behindertenhilfe möglich. Erforderlich ist nach Satz 1 zwar keine ständige Anwesenheit einer Fachkraft im unmittelbaren Umfeld einer Hilfskraft, jedoch können betreuende Tätigkeiten ausschließlich dann auf Hilfskräfte oder angelernte Kräfte übertragen werden, wenn diese unter der ständigen fachlichen Anleitung einer Fachkraft tätig werden. Eine von Fachkräften losgelöste und eigenständige Leistungserbringung durch Nichtfachkräfte ist nicht zulässig“ (Hervorhebung durch den Senat).
14
Als wesentlich im Sinne der Qualität der Pflege und des Gesundheitsschutzes der Bewohner erweist sich daher gerade die „jederzeitige“ Anwesenheit einer Fachkraft bzw. die „ständige“ fachliche Anleitung durch eine Fachkraft, die anwesend ist und dabei „tatsächlich ihren Dienst verrichtet“, um die „sofortige und angemessene Reaktion“ zur Abwendung von Notsituationen zu gewährleisten. Dies erfordert zwar nicht, dass die Fachkraft andere Pflegekräfte begleiten muss, jedoch muss sie unmittelbar in den Pflegeprozess eingebunden sein, um gegebenenfalls sofort eingreifen zu können. All dies ist regelmäßig bei einer zwar in der Einrichtung anwesenden, aber gerade nicht in den unmittelbaren Pflegeprozess eingebundenen Einrichtungsleitung nicht der Fall. Folglich stellt die Anwesenheit der Einrichtungsleitung in einer Einrichtung die Wahrnehmung betreuender Tätigkeiten durch Fachkräfte oder unter angemessener Beteiligung von Fachkräften im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 AVPfleWoqG gerade nicht sicher.
15
Soweit die Klägerin diesem Ansatz systematische Überlegungen entgegenstellt, nämlich, dass es sich bei der Einrichtungsleitung um eine besonders qualifizierte Fachkraft handle, die die Gesamtverantwortung für den Betreuungsprozess trage und zu deren Aufgabe es gehöre, auch auf Fach- und Hilfskräfte einzuwirken, kann sie damit nicht durchdringen. Denn ungeachtet der besonderen Qualifikation und Rolle der Einrichtungsleitung im Pflegeprozess, ist sie eben nicht unmittelbar „betreuend tätig“ und verrichtet auch nicht „tatsächlich ihren Dienst“ unmittelbar an den Bewohnern der Einrichtung, sodass eine jederzeitige Anleitung sowie die Möglichkeit einer sofortigen Reaktion auf Notfälle gerade nicht gegeben sind.
16
Auch soweit die Klägerin auf Sinn und Zweck der Bestimmung des § 15 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AVPfleWoqG verweist, kann sie damit die Berücksichtigung der Einrichtungsleitung als Fachkraft nicht begründen. Mag auch die „Hürde“ für ein Ansprechen der Einrichtungsleitung in kleineren Pflegeeinrichtungen nicht hoch sein, so ist die Einrichtungsleitung doch gerade nicht in den unmittelbaren Pflegeprozess eingebunden und damit regelmäßig auch nicht „sofort“ und „jederzeit“ von Hilfskräften ansprechbar. Wenn der Verordnungsgeber insoweit zum Ausdruck bringt, dass zur Erfüllung des Fachkrafterfordernisses eine Ruf- und Anwesenheitsbereitschaft gerade nicht ausreicht, betont er gerade die Unmittelbarkeit der Einbindung der Fachkraft in den Pflegeprozess, die bei der Einrichtungsleitung nicht gegeben ist.
17
Soweit die Klägerin schließlich die Anwesenheit der Einrichtungsleitung jedenfalls für kurze Zeiträume als Fachkraft ausreichen lassen will, steht dem die Intention der Verordnung ebenfalls entgegen, die gerade die ständige Anwesenheit einer Fachkraft und die jederzeitige Anleitung von Hilfskräften zur Sicherstellung einer sofortigen und angemessenen Reaktion auf Notlagen sicherstellen will. Dies gilt auch für lediglich kurze Zeiträume wie eine halbe Stunde zur Mittagszeit.
18
Mithin genügt lediglich die Anwesenheit der Einrichtungsleitung dem Fachkrafterfordernis des § 15 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AVPfleWoqG nicht, sodass diesbezüglich die Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausscheidet.
19
3. Die Rechtssache weist entgegen der Auffassung der Klägerin auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auf. Insoweit formuliert die Klägerin bereits keine grundsätzlich klärungsbedürftige konkrete Rechtsfrage. Allein der Verweis auf die „dieser Streitsache zugrundeliegende Rechtsfrage“ ersetzt deren konkrete Benennung nicht. Es ist insoweit nicht Aufgabe des Berufungsgerichts, aus den Ausführungen der Zulassungsbegründung sich die angeblich grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage selbst herauszusuchen. Im Übrigen legt die Klägerin auch nicht dar, worin die Entscheidungserheblichkeit der „Rechtsfrage“ liegen soll. Dies wäre umso mehr erforderlich gewesen, als die Fälligstellung des Zwangsgeldes auf mehrere unabhängig voneinander zu bewertende Verstöße gegen das Fachkraftgebot gestützt worden ist.
20
4. Der Antrag auf Zulassung der Berufung war daher mangels durchgreifender Zulassungsgründe abzulehnen. Die Klägerin trägt folglich nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert bestimmt sich vorliegend nach § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG in Verbindung mit Ziffer 1.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts München nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig.
21
Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.