Inhalt

OLG Bamberg, Beschluss v. 30.01.2023 – 7 UF 190/22
Titel:

Abänderung einer Umgangsvereinbarung aus triftigem Grund

Normenkette:
BGB § 1684 Abs. 2, § 1696 Abs. 1
Leitsätze:
1. Führt der Wohnortwechsel der umgangsberechtigten Kindsmutter, die über kein eigenes Auto verfügt, dazu, dass eine Umgangsvereinbarung nur noch mit einigen Schwierigkeiten umzusetzen ist, birgt dies wiederum die Gefahr, dass die – vom Kind ausdrücklich gewünschten – persönlichen Kontakte zwischen Mutter und Kind nicht mehr regelmäßig stattfinden können. Die eingetretene Veränderung stellt damit einen triftigen Grund i. S. d. § 1696 Abs. 1 BGB dar, der aus Gründen des Kindeswohls auch unter Berücksichtigung des Interesses an Kontinuität eine Änderung der bisherigen Regelung erfordert. (Rn. 24 – 25)
2. Führt eine getroffene Entscheidung im Ergebnis dazu, dass derjenige bei dem das Kind lebt, dieses zum Umgang bringen und von dort wieder abholen müsste, ohne dass eine große räumliche Distanz überwunden werden muss, kann diese Verpflichtung nicht auf § 1684 Abs. 2 BGB gestützt werden. (Rn. 32)
Schlagworte:
Umgang, Abänderung, triftiger Grund, Kindeswohl, Umzug
Vorinstanz:
AG Coburg, Beschluss vom 31.08.2022 – 003 F 435/22
Fundstellen:
FamRZ 2023, 1211
NJOZ 2023, 582
LSK 2023, 7472
BeckRS 2023, 7472

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts Coburg vom 31.08.2022 in Ziffer 1 abgeändert wie folgt:
In Abänderung des im Verfahren AG Coburg 3 F 676/20 am 10.11.2020 abgeschlossenen Vergleichs hat die Antragstellerin das Recht und die Pflicht, Umgang mit dem gemeinsamen Kind B. zu pflegen an jedem zweiten Wochenende von Freitag um 17.00 Uhr bis Sonntag um 15.00 Uhr, erstmals am 23.09.2022.
2. Die Gerichtskosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin und der Antragsgegner jeweils zur Hälfte. Seine außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.
3. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind die seit Februar 2018 getrennt lebenden Eltern des ehelich geborenen, inzwischen 14 Jahre 4 Monate alten Kindes B.
2
Seit September 2020 lebt B. im Haushalt ihres Vaters in X. (Landkreis Y). Über das Recht der Antragstellerin zum Umgang hatten sich die Eltern im Verfahren AG Coburg 3 F 676/20 am 10.11.2020 wie folgt geeinigt:
3
Die Antragstellerin hat das Recht und die Pflicht, Kindesumgang mit dem gemeinsamen Kind B., geboren am …, jeweils zweiwöchentlich in der Zeit von Freitag 18.00 Uhr bis Sonntag 18.00 Uhr, erstmals ab 13.11.2020, auszuüben.
4
Die Antragstellerin verpflichtet sich, das Kind vom Antragsgegner abzuholen und zum Antragsgegner zurückzubringen.
5
Am 02.07.2020 verzog die Antragstellerin, die in C. arbeitet und über kein eigenes Kraftfahrzeug verfügt, nach D. (Landkreis Z). Die Entfernung zum Wohnort des Kindes beträgt rund 50 Kilometer.
6
Mit Schriftsatz vom 21.07.2022 beantragte die Antragstellerin die Abänderung des Vergleichs vom 10.11.2020 und brachte zur Begründung vor, sie habe B. bislang am Freitag nach der Rückkehr von der Arbeit in X. abgeholt und am Sonntag dorthin zurückgebracht. Aufgrund der nur kurzen Entfernung zu ihrer damaligen Wohnung in H. sei dies auch ohne Pkw möglich gewesen. Der inzwischen erfolgte Umzug stelle einen gewichtigen und triftigen Grund für eine Änderung der Umgangsvereinbarung dar und sei erforderlich gewesen, weil sie für den Weg zu ihrer Arbeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln täglich mehr als 3 Stunden benötigt habe und zudem Fahrtkosten von 377,13 € pro Monat angefallen seien. Mangels Pkw könne sie B. nunmehr weder am Freitag holen, noch am Sonntag zurückbringen. Ihrer Meinung nach könne B. auf der Strecke zwischen X. und Z. (und zurück) Busse und Züge nutzen. Am Freitag könne sie ihre Tochter am Bahnhof in Z. abholen und am Sonntag zum Bahnhof in Z. zurückbringen. Sie habe die Sache mit dem Kind besprochen. B. habe erklärt, die Fahrt mit dem Zug sei kein Problem, wenn sie nicht oft umsteigen und ewig auf Anschlüsse warten müsse. Zudem müsse eine Ferienregelung für das Jahr 2022 getroffen werden. B. wünsche sich Ferienumgang in dem von ihr beantragten Umfang.
7
Die Umgangsvereinbarung vom 10.11.2020 solle deswegen dahingehend abgeändert werden, dass B. am Freitag den Weg zwischen ihrem Wohnort zum Bahnhof in Z. und am Sonntag den Weg vom Bahnhof in Z. zurück zum Wohnort selbstständig mit Bus und Bahn zurücklegt. Umgang solle zudem auch stattfinden in den bayerischen Ferien in den Zeiträumen 14.08.2022 bis 28.08.2022, 04.09.2022 bis 11.09.2022 und zudem von 30.10.2022 bis 06.11.2022.
8
Der Antragsgegner beantragte die kostenpflichtige Zurückweisung des Antrags mit der Begründung, die Voraussetzungen des § 1696 BGB würden nicht vorliegen. Dass die begehrte Regelung für die Antragstellerin bequemer ist, sei kein triftiger Grund im Sinne der genannten Vorschrift. Grundsätzlich sei das Abholen und Bringen des Kindes Sache des zum Umgang berechtigten Elternteils. Nur ausnahmsweise könne es für diesen unzumutbar sein, den Transport ganz oder teilweise allein zu bewältigen. Vorliegend sei darauf hinzuweisen, dass nicht er, sondern die Antragstellerin durch einen Umzug die räumliche Distanz vergrößert habe. Dass es die Mutter für kindeswohlverträglich hält, dass ein 13-jähriges Kind allein mit Bus und Bahn mit Umstiegen fährt, werde zur Kenntnis genommen. Er selbst teile diese Auffassung nicht. Zu konstatieren sei, dass es in Bussen und Zügen nicht nur Vandalismus gäbe, sondern auch Unpünktlichkeit. Dass sich Übergriffe im Nahverkehr häufen, sei eine Tatsache. Bei dieser Sachlage sei es nicht verantwortbar, dass B. allein Bus und Zug fahre. Nicht notwendige Gefährdungen müssten vermieden werden. Es ist auch nicht richtig, dass es keine Ferienregelung gebe. Vielmehr sei eine solche über Jahre einvernehmlich praktiziert worden.
9
Das Familiengericht bestellte für B. einen Verfahrensbeistand. B. und die Eltern wurden richterlich angehört. Das zuständige Jugendamt berichtete.
II.
10
Mit Beschluss vom 31.08.2022 änderte das Familiengericht die vor dem Amtsgericht Coburg am 10.11.2020 geschlossene Umgangsvereinbarung ab und ordnete 14-tägigen Umgang der Antragstellerin mit B. jeweils von Freitag 17 Uhr bis Sonntag 15 Uhr an mit dem Zusatz:
11
Der Antragsgegner ist verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass das Kind B. freitags spätestens um 17 Uhr am Hauptbahnhof Z. eintrifft und von der Antragstellerin entgegengenommen werden kann. Die Antragstellerin wird verpflichtet, B. freitags um 17 Uhr am Hauptbahnhof in Z. abzuholen und sonntags um 15 Uhr zum Hauptbahnhof in Z. zu bringen. Dem Antragsgegner steht es frei, B. sonntags um 15 Uhr vom Hauptbahnhof in Z. abzuholen oder sie mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause fahren zu lassen. Sofern B. mit den öffentlichen Verkehrsmitteln (Bus und Bahn) fährt, trägt die Antragstellerin die hierdurch anfallenden Kosten.
12
Zudem wurde eine Regelung für die Schulferien im Jahr 2022 getroffen. Zur Begründung führte das Familiengericht unter anderem aus:
13
Das Gericht geht davon aus, dass es B. – nach Durchführung von zwei „Testfahrten“, zu denen sich die Kindesmutter im Termin ausdrücklich bereiterklärt hat – ohne weiteres möglich sein wird, mit dem Bus von X. nach Y. und im Anschluss mit dem Zug von Y. bis nach Z. zu fahren, wo sie von der Antragstellerin in Empfang genommen wird. B. wird im September 14 Jahre alt und macht auf das Gericht einen sehr reifen, besonnenen und selbstständigen Eindruck. Auch das Jugendamt hat sich dafür ausgesprochen, dass B. nach einigen Testfahrten alleine mit dem Zug fahren kann. Sollte der Antragsgegner anderer Auffassung sein, bleibt es ihm unbenommen, B. selbst von X. nach Z. zu fahren. Dass der Antragsgegner dafür Sorge zu tragen hat, dass B. freitags um 17 Uhr am Bahnhof in Z. eintrifft, resultiert aus § 1684 Abs. 2 BGB, wonach auch der Aufenthaltselternteil gehalten ist, die Umgangskontakte bestmöglich zu fördern. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners war es der Antragstellerin nicht zuzumuten und weder erforderlich noch angebracht, das Kind aus X. abzuholen und wieder zurückzubringen. Die Antragstellerin müsste hierfür, da sie auf absehbare Zeit über kein Fahrzeug verfügt, jeweils eine mehrstündige Bus- und Zugfahrt auf sich nehmen, was mit nicht unerheblichen unvermeidbaren Zusatzkosten und unnötigem Zeitaufwand verbunden ist. Aus diesen Gründen ist hier von der sonst üblichen Regelung, dass der Umgangsberechtigte das Kind holt und bringt, abzuweichen. Die Antragstellerin hat sich zudem bereit erklärt, für die anfallenden Kosten der öffentlichen Verkehrsmittel aufzukommen.
14
Der Antragsgegner legte gegen die ihm am 05.09.2022 zugestellte Entscheidung mit Schriftsatz vom 05.10.2022, beim Familiengericht eingegangen am 05.10.2022, Beschwerde ein und beantragt, den Beschluss vom 05.09.2022 aufzuheben und den Antrag auf Abänderung zurückzuweisen.
15
Grundsätzlich sei der betreuende Elternteil nicht verpflichtet, das Kind zum anderen Elternteil zur Ausübung des Umgangsrechts zu bringen und zu holen. Vielmehr ist es, solange das Kind aufgrund seines Alters eines Abholens oder Zurückbringens bedarf, allein Sache des Umgangsberechtigten dies zu tun. Es sei der Antragstellerin, die über eine Fahrerlaubnis verfügt, möglich und zumutbar, sich einen Pkw zu kaufen. Sie verfüge über ein durchschnittliches Nettogehalt von 2145,89 € pro Monat. Zudem zahle er Trennungsunterhalt in Höhe von 694,97 €. Auch könne sie einen Pkw anmieten. Die einfache Strecke zwischen X. und D. beträgt nur knapp 50 Kilometer. Unabhängig davon könne die Mutter B. auch mit dem Zug holen. Zum Beispiel gebe es am 30.10.2022 eine Verbindung von Z. (ab: 14:55 Uhr) nach Y. (an: 15:19 Uhr) und zurück (ab: 15:54 Uhr; an: 16:36 Uhr). Warum dies der Antragstellerin nicht zumutbar sein soll, erschließt sich nicht, zumal der Bahnhof von der Arbeitsstelle der Antragstellerin fußläufig in 10 Minuten erreichbar sei und die Antragstellerin in Gleitzeit arbeite. Dass er angeboten hat, B. zum Bahnhof nach Y. zu bringen, sei schon ein deutliches Entgegenkommen gewesen. Zudem müsse auch der Wille des Kindes berücksichtigt werden. B. habe erklärt, dass sie Zugfahren nicht so gerne möge und unsicher sei.
16
Die Antragstellerin verteidigt die vom Familiengericht getroffene Entscheidung und beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.
17
Ihrer Ansicht nach belegen die Stellungnahmen des Jugendamtes und des Verfahrensbeistandes, dass die Einwände des Antragsgegners nicht durchgreifen. Die vom Amtsgericht beschlossene Regelung diene der Entwicklung und damit dem Wohl der Tochter. Selbstverständlich stelle der berufsbedingte Umzug in den Raum Z. einen triftigen Grund dar, die Umgangsvereinbarung abzuändern.
18
Der Senat erholte ergänzende Stellungnahmen des zuständigen Jugendamtes und des Verfahrensbeistandes ein. B. wurde angehört. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die schriftlichen Berichte vom 24.10.2022 und 29.10.2022 sowie den Vermerk vom 10.01.2023 verwiesen.
III.
19
Die nach §§ 58 ff FamFG zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragsgegners ist teilweise begründet und führt zur Abänderung der vom Amtsgericht am 31.08.2022 getroffenen Entscheidung.
20
Der Senat hat von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Beschwerdegericht abgesehen, weil von einer erneuten Verhandlung keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten waren (§ 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG).
21
1) Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers liegen die Voraussetzungen des § 1696 Abs. 1 BGB vor. Nach dieser Vorschrift ist eine Entscheidung zum Sorge- oder Umgangsrecht oder ein gerichtlich gebilligter Vergleich zum Umgangsrecht zu ändern, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist.
22
Der Änderungsmaßstab ist strenger als der Maßstab der §§ 1697 a oder 1671 BGB. Es genügt nicht, dass die Neuregelung dem Kindeswohl genügt (Grüneberg / Götz, 82. Auflage, 2023, § 1696 BGB Rn. 9). Vielmehr müssen im Hinblick auf die gewünschte Stabilität der Lebensverhältnisse des Kindes die Vorteile der angestrebten Neuregelung die mit der Abänderung verbundenen Nachteile deutlich überwiegen (Grüneberg / Götz, a.a.O. mit Hinweis auf Hamburg FamRZ 2021, 204 und Dresden FamRZ 2022, 1208).
23
Allerdings sind die Voraussetzungen für eine Modifikation des Umgangs niedriger als bei Entscheidungen zum Sorgerecht, weil die Abänderung einer Umgangsregelung regelmäßig weniger schwerwiegend in die Lebensverhältnisse des betroffenen Kindes eingreift (OLG Frankfurt FamRZ 2022, 362).
24
Vorliegend führte der Wohnortwechsel der Antragstellerin, die über kein eigenes Auto verfügt, dazu, dass die Vereinbarung vom 10.11.2020 nur noch mit einigen Schwierigkeiten umzusetzen ist. Dies wiederum birgt die Gefahr, dass die – von B. ausdrücklich gewünschten – persönlichen Kontakte zwischen Mutter und Kind nicht mehr regelmäßig stattfinden können.
25
Die eingetretene Veränderung stellt damit einen triftigen Grund i. S. d. § 1696 Abs. 1 BGB dar, der aus Gründen des Kindeswohls auch unter Berücksichtigung des Interesses an Kontinuität eine Änderung der bisherigen Regelung erfordert.
26
2) Die am 31.08.2022 getroffene Regelung zum Holen und Bringen des Kindes kann gleichwohl keinen Bestand haben:
27
a) In Übereinstimmung mit den Ausführungen des Familiengerichts geht zwar auch das Oberlandesgericht davon aus, dass es dem inzwischen 14 Jahre alten Kind „ohne weiteres“ möglich wäre, an den Umgangswochenenden öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Ausdrücklich teilt das Gericht zudem die Ansicht des Jugendamtes und des Verfahrensbeistandes, die beide der Meinung sind, eigenständig durchgeführte Fahrten seien für B. ein wichtiger Schritt zu mehr Selbstständigkeit und Autonomie.
28
Die vom Vater gegen die Fahrten mit Bus und Bahn vorgebrachten Bedenken (Vandalismus, Dunkelheit, Übergriffe, Verspätungen), die von B. offenbar bereitwillig aufgegriffen wurden, wirken im Hinblick auf das Alter des Kindes konstruiert und übertrieben. b)
29
Nach Anhörung des Kindes steht für den Senat allerdings fest, dass B. die Strecke zwischen X. und D. nicht mit Bus und Zug zurücklegen will und folglich aller Voraussicht nach auch nicht zurücklegen wird.
30
Eine gerichtliche Entscheidung wird diese Einstellung des Kindes, das sich täglich vom Vater mit dem Auto zur Schule bringen und von dort nach Schulschluss wieder abholen lässt, nicht ändern. Unabhängig davon kann der Senat (anders als die Eltern) B. auch nicht verpflichten, an den Umgangswochenenden öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen.
31
Die vom Amtsgericht getroffene Entscheidung würde im Ergebnis folglich dazu führen, dass der Antragsgegner B. zum Umgang am Freitag nach Z. bringen und am Sonntag von dort wieder abholen müsste.
32
Auf § 1684 Abs. 2 BGB kann diese Verpflichtung anders als in den Fällen, in welchen eine große räumliche Distanz überwunden werden muss, die womöglich auch noch von dem zum Umgang berechtigten Elternteil geschaffen wurde, nicht gestützt werden (vgl. Grüneberg / Götz, a.a.O., § 1684 Rn. 6 mit weiteren Nachweisen). c)
33
Das Bringen und Holen des Kindes liegt im vorliegenden Fall tatsächlich, worauf die Beschwerde zu Recht hinweist, allein im Verantwortungsbereich der zum Umgang berechtigten Antragstellerin.
34
Dass deren Wegzug „berufsbedingt“ erfolgte, ändert daran ebenso wenig wie der Umstand, dass sie über kein eigenes Auto verfügt. Es erschließt sich bereits nicht, warum die Mutter in den südwestlichen Teil des Landkreises Z. gezogen ist. Ein Umzug in den nördlichen Teil hätte die für den Umgang zurückzulegende Strecke etwa halbiert. Zum anderen kann die Antragstellerin wie jede andere Person, die über kein eigenes Fahrzeug verfügt, alternative Transportmittel (öffentlicher Verkehr, Mietwagen, Car-Sharing oder Online-Mitfahrzentralen) nutzen.
35
Die von ihr insoweit beschriebenen Hindernisse wirken ähnlich konstruiert wie die vom Vater gegen die Fahrten mit Bus und Bahn vorgebrachten Bedenken.
36
3) Auf den Antrag der Antragstellerin ist die Vereinbarung vom 10.11.2020 dennoch abzuändern. Eben weil die Bedenken des Antragsgegners nicht durchgreifen und B. „ohne weiteres“ öffentliche Verkehrsmittel nutzen könnte, muss es der Mutter möglich bleiben, das gemeinsame Kind in Zukunft (doch noch) umzustimmen.
37
Der Passus „Die Antragstellerin verpflichtet sich, das Kind vom Antragsgegner abzuholen und zum Antragsgegner zurückzubringen.“ muss daher entfallen.
38
An dem Grundsatz, dass es Angelegenheit der Antragstellerin ist, wie B. am Freitag zu ihr und am Sonntag zurück zum Antragsgegner kommt, ändert sich dadurch nichts. Durch den Wegfall kann der Antragsgegner auf die Frage, wie B. zum Umgang kommt, allerdings keinen Einfluss mehr nehmen (OLG Brandenburg NZFam 2020, 976).
39
4) Die getroffene Ferienregelung, die vom Antragsgegner ebenfalls angegriffen wurde, hat sich durch Zeitablauf erledigt.
IV.
40
Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Der Antrag der Antragstellerin auf Abänderung sowie die Beschwerde des Antragsgegners waren jeweils (nur) teilweise erfolgreich. Der Senat hofft zudem, dass beide Elternteile den Streit nicht nur um des Streites willen führten, sondern auch, weil sie glaubten, auf diese Art für B. eine befriedigende Lösung finden zu können. Ein Fall des § 81 Abs. 2 FamFG liegt erkennbar nicht vor.
41
Dass der Antragsgegner die vom Amtsgericht getroffene Kostenentscheidung mit der Beschwerde nicht angriff, steht der Abänderung jener Entscheidung nicht entgegen. Denn die erstinstanzliche Kostenentscheidung unterliegt im Beschwerdeverfahren unabhängig vom Umfang der Anfechtung der Hauptsache stets im vollen Umfang der Überprüfung (OLG Nürnberg, Beschluss vom 23. Dezember 2022 – 7 UF 741/22 –, juris).
42
Die Festsetzung des Wertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 40, 45 Abs. 1 FamGKG und entspricht der Festsetzung in erster Instanz.
43
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht gegeben (§ 70 Abs. 2 FamFG). Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung. Grundsätzliche Bedeutung hat die Sache nicht. Auch weicht der Senat nicht in einer Rechtsfrage von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs oder eines anderen Oberlandesgerichts ab.