Titel:
Fälligstellung Zwangsgeld, Verstoß gegen Beseitigungsanordnung, Feststellungsklage, Vollstreckungshindernis
Normenketten:
VwGO § 43
VwZVG Art. 19, 21, 23 Abs. 1 Nr. 3, 31 Abs. 1, Abs. 3 S. 3, 38 Abs. 3
BayVwVfG Art. 44 Abs. 2 Nr. 4
Schlagworte:
Fälligstellung Zwangsgeld, Verstoß gegen Beseitigungsanordnung, Feststellungsklage, Vollstreckungshindernis
Fundstelle:
BeckRS 2023, 7362
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen die Fälligstellung eines Zwangsgeldes in Höhe von 15.000,- EUR nach Zuwiderhandlung gegen eine Beseitigungsanordnung.
2
Die Klägerin ist zusammen mit ihrem zwischenzeitlich geschiedenen Ehemann Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung .... An dem dort befindlichen Austragshaus wurden zwei Anbauten ohne Baugenehmigung errichtet. Mit Bescheid vom 5. November 2014 wurden die Klägerin und ihr damaliger Ehemann gesamtschuldnerisch verpflichtet, die beiden Anbauten innerhalb eines Jahres nach Bestandskraft dieses Bescheides rückstandslos zu beseitigen. Die hiergegen erhobene Klage wurde mit Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 21. Dezember 2016 abgewiesen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. September 2019 abgelehnt.
3
Die Klägerin ist am 5. Juli 2019 aus dem gemeinsamen Ehehaus ausgezogen und wurde am 8. Juni 2021 von ihrem Ehemann geschieden.
4
Mit Bescheid vom 19. April 2021 wurde das im Bescheid vom 5. November 2014 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 5.000,- EUR fällig gestellt und ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 10.000,- EUR angedroht. Der Bescheid wurde lediglich einmal für die Klägerin und ihren früheren Ehemann an die alte Adresse der Klägerin zugestellt.
5
Mit Bescheid vom 29. Juli 2021 wurde das Zwangsgeld in Höhe von 10.000,- EUR fällig gestellt und ein erneutes Zwangsgeld in Höhe von 15.000,- EUR für den Fall, dass der in Ziffer I. der Anordnung vom 5. November 2014 festgelegten Verpflichtung nicht innerhalb von zwei Monaten ab Bestandskraft dieses Bescheids nachgekommen wird, angedroht. Dieser Bescheid wurde ebenfalls nur an die alte Adresse der Klägerin zugestellt. Nach einer Kontaktaufnahme durch den neuen Ehemann der Klägerin mit dem Beklagten wurde der Klägerin der Bescheid am 2. September 2021 per E-Mail zugesandt. Der damalige Bevollmächtigte der Klägerin legte hiergegen mit Schreiben vom 7. September 2021 beim Beklagten Widerspruch ein, der jedoch in der Folge nicht mehr weiterverfolgt wurde.
6
Bei einer Baukontrolle am 1. September 2022 stellte der Beklagte fest, dass die Anbauten weiterhin unverändert vorhanden seien.
7
Mit Schreiben vom 6. September 2022 stellte der Beklagte das unter Ziffer I des Bescheides vom 29. Juli 2021 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 15.000,- EUR zur Zahlung fällig und drohte zugleich mit Bescheid ein erneutes Zwangsgeld in Höhe von 20.000,- EUR an. Mit Schreiben vom selben Tag erklärte der Beklagte auch gegenüber dem vormaligen Ehemann der Klägerin das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 15.000,- EUR für fällig.
8
Gegen das an sie gerichtete Schreiben erhob die Klägerin am 5. Oktober 2022 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg Klage. Für sie ist beantragt,
9
festzustellen, dass das gegen die Klägerin angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 15.000,- EUR nicht fällig geworden ist.
10
Die Klägerbevollmächtigte führte mit Schreiben vom 17. November 2022 zur Begründung aus, dass die Klägerin zusammen mit ihrem vormaligen Ehemann als Eigentümerin des streitgegenständlichen Grundstücks eingetragen sei. Sie sei am 5. Juli 2019 aus dem gemeinsamen Anwesen ausgezogen und seit Mitte 2021 geschieden. Die zwischen den vormaligen Eheleuten bestehende Gütergemeinschaft sei bislang nicht auseinandergesetzt worden. Die Fälligstellung des Zwangsgeldes sei bereits vor dem Hintergrund rechtswidrig, dass die zu Grunde liegenden Bescheide vom 19. April 2021 und 29. Juli 2021 sowie der Beschluss vom 12. September 2019 der Klägerin nicht wirksam zugestellt worden seien. Die Zustellung sei ausschließlich an ihre alte Adresse erfolgt und weder durch den Beklagten noch durch den ehemaligen Ehemann an die Klägerin unverzüglich weitergeleitet worden. Die vormaligen Ehepartner hätten seit 5. Juli 2019 keine gemeinsame Anschrift mehr, weswegen Art. 8a VwZVG nicht anwendbar sei. Auch eine Mahnung hinsichtlich der in den Bescheiden festgesetzten Zwangsgelder sei der Klägerin nicht zugegangen, weshalb die besonderen Voraussetzungen der Vollstreckung nicht vorlägen. Darüber hinaus sei die Wahl des Zwangsmittels jedenfalls in Bezug auf die Klägerin unverhältnismäßig, da ihr die Beseitigung des Anbaus aus verschiedenen Gründen faktisch nicht möglich sei. Es handle sich bei der Klägerin schon nicht um die richtige Verpflichtete, da sie nicht Veranlasserin des ohne Baugenehmigung errichteten Anbaus gewesen sei. Darüber hinaus habe sie seit der Trennung und ihrem Auszug auch faktisch keine Einwirkungsmöglichkeit auf das Grundstück. Zu beachten sei, dass das Verhältnis zwischen den vormaligen Ehepartnern während der Trennung von physischer und psychischer Gewalt durch den Ehemann bestimmt worden sei. Dies habe dazu geführt, dass seit 14. Dezember 2020 ein Gewaltschutzbeschluss des Amtsgerichts ... vorgelegen habe, der ein vollständiges Kontaktverbot zu der Klägerin beinhalte. Dieser sei mit Beschluss vom 10. Juni 2021 bis 31. Dezember 2021 verlängert worden. Die Klägerin habe damit weder die Möglichkeit gehabt, rechtzeitig von den zu Grunde liegenden Bescheiden Kenntnis zu nehmen noch tatsächlich eine Betretungsmöglichkeit des Grundstücks. Auch sei es ihr bislang nicht möglich gewesen, eine Beseitigung des Anbaus gegen den Willen des ehemaligen Ehemannes durchzusetzen. Die geforderte Handlung sei von der Klägerin vor diesem Hintergrund tatsächlich nicht erfüllbar. Ergänzend sei im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen, dass die Klägerin keinerlei Widerstand gegen die Beseitigung leiste. Sie sei auch ausdrücklich mit dem Abriss etwa im Wege der Ersatzvornahme einverstanden. Vor diesem Hintergrund sei das der Klägerin gegenüber verhängte Zwangsgeld sowie auch die Androhung des erneuten Zwangsgelds unverhältnismäßig, da dem Beklagten bekannt gewesen sei, dass auch ein jeweils erneutes Zwangsgeld gegenüber der Klägerin nicht zu der Beseitigung des Anbaus führen würde und die Intensität der Weigerung der Klägerin als nicht vorhanden einzustufen sei. Darüber hinaus sei die nunmehr vierte Androhung in Anbetracht der Tatsache, dass sich der vormalige Ehemann der Klägerin weigere, den Anbau beseitigen zu lassen, ermessensfehlerhaft. Bereits nach der erfolglosen zweiten oder jedenfalls dritten Androhung hätte der Beklagte in Anbetracht der Umstände jedenfalls zum Zwangsmittel der Ersatzvornahme übergehen müssen. Es sei für den Beklagten erkennbar gewesen, dass auch eine weitere Zwangsgeldandrohung nicht den gewünschten Erfolg erzielen würde. Hinzu komme, dass das angedrohte Zwangsgeld unter Berücksichtigung der bereits angedrohten Zwangsgelder höher scheine als die Kosten der Ersatzvornahme.
11
Der Beklagte trat der Klage mit Schreiben vom 24. Januar 2023 entgegen. Für ihn ist beantragt,
13
Seien mehrere Personen Eigentümer eines Grundstücks, so seien sie nach §§ 93, 94 BGB auch regelmäßig Eigentümer der darauf befindlichen Anlagen. Bei einer solchen Mehrheit von Störern sei anerkannt, dass diese der Bauaufsichtsbehörde gegenüber gesamtschuldnerisch zur Beseitigung der Störung verantwortlich seien. Richte sich der zu vollziehende Verwaltungsakt gegen mehrere Personen, von denen nur eine die gebotene Handlung vornehmen müsse, müsse die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, gegen welchen der Adressaten sie Zwangsmittel anwenden wolle. Die bisher getroffenen Vollstreckungsmaßnahmen hätten sich gegen den vormaligen Ehemann der Klägerin gerichtet, gleiches beabsichtige der Beklagte im Hinblick auf das im streitgegenständlichen Bescheid angedrohte Zwangsgeld. Die beklagte Zwangsgeldandrohung sei gegenüber dem früheren Ehemann bestandskräftig. Die Androhung eines erneuten Zwangsgeldes sei auch nicht ermessensfehlerhaft. Die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes sei angesichts der fortbestehenden offensichtlichen Untätigkeit der Eigentümer des Baugrundstücks und hinsichtlich der ihnen seit Jahren bestandskräftig aufgegebenen Maßnahme nicht zu beanstanden.
14
Die Beteiligten verzichteten mit Schreiben vom 13. Februar 2023 (Beklagter) und 27. Februar 2023 (Klägerin) auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
15
Die Klägerin ließ ergänzend vortragen, dass sie und ihr vormaliger Ehemann in Gütergemeinschaft verheiratet gewesen seien. Mit Rechtskraft der Scheidung sei eine Liquidationsgemeinschaft entstanden. Die Klägerin hafte nicht als Gesamtschuldnerin. Vermögensgegenstände der Gütergemeinschaft stünden nicht im Miteigentum der Eheleute, sondern seien Gesamtgut. Die gesamthänderische Bindung des im Gesamtgut zusammengefassten Vermögens bleibe bis zur Auseinandersetzung bestehen. Verwaltet werde das Gesamtgut bei der Liquidation von den geschiedenen Ehegatten gemeinsam. Die Klägerin sei damit für die Bescheide des Beklagten nicht passivlegitimiert. Der Beklagte hätte die Bescheide gegen die Klägerin und ihren geschiedenen Ehemann in Gütergemeinschaft richten müssen. Die Bescheide gegen die Klägerin würden von ihr damit unmögliches Verhalten verlangen, da sie nicht allein über das Gesamtgut entscheiden könne.
16
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
17
Die Klage, über die im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist zulässig, aber nicht begründet.
18
I. Die Klage ist zulässig.
19
Die Fälligkeitsmitteilung, d.h. die behördliche Information über den nach deren Auffassung erfolgten Bedingungseintritt, stellt keinen Verwaltungsakt dar (vgl. BayVGH, B.v. 17.2.2023 – 12 ZB 22.2541 – juris Rn. 16 m.w.N.) und kann folglich nicht mit der Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO angegriffen werden. Statthaft ist die Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. BayVerfGH, E.v. 24.1.2007- Vf. 50-VI-05 – juris Rn. 46).
20
II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Das mit der Verfügung vom 29. Juli 2021 angedrohte und mit Schreiben vom 6. September 2022 für fällig erklärte Zwangsgeld in Höhe von 15.000,- EUR ist tatsächlich fällig geworden.
21
1. Gemäß Art. 38 Abs. 3 VwZVG sind förmliche Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen der Vollstreckungsbehörde bei der Anwendung eines Zwangsmittels (nur) insoweit zulässig, als geltend gemacht werden kann, dass diese Maßnahmen eine selbständige Rechtsverletzung darstellen. Die Fälligkeitsmitteilung des Beklagten vom 6. September 2022 gehört zur Anwendung des Zwangsmittels Zwangsgeld, Art. 31 Abs. 3 Satz 3, Art. 37 Abs. 1 Satz 1 VwZVG (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2010 – 10 ZB 09.2097 – juris Rn. 7; B.v. 24.1.2011 – 2 ZB 10.2365 – juris Rn. 3). In dem gegen die Fälligkeitsmitteilung gerichteten Verfahren nach § 43 VwGO kommen als selbständige Rechtsverletzung im Sinne des Art. 38 Abs. 3 VwZVG daher nur Umstände im Zusammenhang mit dem Bedingungseintritt nach Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG in Betracht. Von Bedeutung ist namentlich die Frage, ob der Betroffene die ihm auferlegte Verpflichtung rechtzeitig und vollständig oder genügend erfüllt hat. Einwendungen zur materiellen Rechtslage als Vorfrage der Fälligkeitsmitteilung sind wegen der Unanfechtbarkeit der durchzusetzenden Grundverfügung grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2010 – 10 ZB 09.2097 – juris Rn. 7; B.v. 24.1.2011 – 2 ZB 10.2365 – juris Rn. 4). Fällig im Sinne von Art. 23 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG wird ein angedrohtes Zwangsgeld, wenn während der Erfüllungsfrist (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG) alle Vollstreckungsvoraussetzungen gegeben sind (a)) und (b)) bei Ablauf der Erfüllungsfrist die durch die Grundverfügung auferlegte Pflicht nicht oder nicht vollständig erfüllt ist (Art. 31 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 VwZVG; BayVGH, B.v. 11.7.2001 – 1 ZB 01.1255 – juris Rn. 12 ff.; B.v. 4.11.2016 – 21 CS 16.1907- juris Rn. 8).
22
a) Die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen waren während der der Klägerin in der erneuten Zwangsgeldandrohung vom 29. Juli 2021 gesetzten Erfüllungsfrist von zwei Monaten ab Bestandskraft gegeben.
23
Die der Zwangsvollstreckung zu Grunde liegende Verfügung vom 5. November 2014 ist gegenüber der Klägerin wirksam.
24
Eine Nichtigkeit, die nach Art. 43 Abs. 3 BayVwVfG zur Unwirksamkeit des der Vollstreckung zugrundeliegenden Verwaltungsakts führen würde, ist nicht erkennbar. Insbesondere liegt kein Fall von Art. 44 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG vor, wonach ein Verwaltungsakt insbesondere dann nichtig ist, wenn er von niemandem ausgeführt werden kann. Die von der Klägerin geforderte Handlungspflicht ist erfüllbar. Art. 44 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG erfasst nur den Fall der tatsächlichen objektiven Unmöglichkeit, also den Fall, dass niemand den Verwaltungsakt ausführen bzw. verfolgen könnte. Bei der zu erbringenden Beseitigungsverpflichtung handelt es sich um eine sog. vertretbare Handlung, die auch ein Dritter, insbesondere eine damit beauftragte Abbruchfirma, erbringen könnte (vgl. VG München, B.v. 30.7.2012 – M 8 S 12.2610 – juris Rn. 55). Sollte die Klägerin also ihr Grundstück aufgrund der momentanen Situation mit ihrem Exmann nicht selbst betreten wollen oder können, so besteht die (objektive) Möglichkeit, die Verpflichtung durch einen Dritten erfüllen zu lassen. Auf die Frage, ob der Grundverwaltungsakt rechtmäßig ist, kommt es hingegen nicht an. Es ist daher nicht mehr zu prüfen, ob die Klägerin vom Beklagten ermessensfehlerfrei als richtige Störerin herangezogen werden konnte. Denn die Wirksamkeit und nicht die Rechtmäßigkeit vorausgegangener Akte ist Bedingung für die Rechtmäßigkeit folgender Vollstreckungsakte (vgl. BVerwG, U.v. 16.12.2004 – 1 C 30.03 – juris Rn. 15).
25
Der Grundverwaltungsakt ist auch vollstreckbar. Er ist bestandskräftig und kann nicht mehr mit einem förmlichen Rechtsbehelf angefochten werden (Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG).
26
Die von der Klägerin geforderte Handlungspflicht ist auch rechtlich und tatsächlich erfüllbar. Ein Vollstreckungshindernis i.S.d. Art. 19 Abs. 2 VwZVG kann insbesondere nicht daraus abgeleitet werden, dass die Klägerin und ihr vormaliger Ehemann in Gütergemeinschaft verheiratet waren und es sich bei dem streitgegenständlichen Grundstück aufgrund der noch nicht vollzogenen Auseinandersetzung um Gesamtgut handelt. Der rechtskräftige Grundverwaltungsakt richtet sich gegen beide Ehegatten als Gesamtschuldner, sodass auch der geschiedene Ehemann der Klägerin zur Beseitigung verpflichtet ist. Daher sind zwar beide (vormalige) Ehegatten im Hinblick auf eine Zwangsvollstreckung in das Gesamtgut als Vollstreckungsschuldner anzusehen. Der Beklagte ist allerdings von Rechts wegen nicht gehindert, nur gegen einen der beiden Verpflichteten die Vollstreckung zu betreiben. § 1437 BGB bestimmt als Prinzip die gesamtschuldnerische Haftung (§§ 421 ff. BGB) des Gesamtguts bei Einzelverwaltung durch einen Ehegatten; § 1459 BGB bestimmt für die gemeinschaftliche Verwaltung des Gesamtguts ebenfalls die gesamtschuldnerische Haftung beider Ehegatten (vgl. VG Regensburg, B.v. 18.1.2022 – RN 2 V 20.367 – juris Rn. 62). Änderungen im Hinblick auf eine gesamtschuldnerische Haftung wurden weder vorgebracht, noch sind sie für das Gericht ersichtlich. Eine rechtliche Unmöglichkeit für die Klägerin besteht daher nicht.
27
Soweit die Klägerin nachträglich eingetretene Umstände (Trennung und Auszug) vorbringt, denen zufolge sie meint, sie brauche die Verpflichtung aus dem Grundverwaltungsakt nicht mehr erfüllen, ist sie auf das Verfahren nach Art. 21 VwZVG zu verweisen. Sie können nicht in einem Rechtsbehelf gegen die Fälligstellung des Zwangsgeldes geltend gemacht werden (BayVGH, B.v. 17.2.2023 – 12 ZB 22.2541 – juris Rn. 17).
28
Die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen ebenfalls vor. Auch die erneute Androhung des Zwangsgeldes wurde der Klägerin wirksam zugestellt. Der Bescheid vom 29. Juli 2021, welcher zuerst fehlerhaft an die alte Adresse der Klägerin versandt wurde, ging der Klägerin spätestens mit E-Mail des Beklagten vom 2. September 2021 zu. Dass die Klägerin diese E-Mail auch tatsächlich erhalten hat, wurde mit Schreiben ihres damaligen Bevollmächtigten an den Beklagten vom 7. September 2021 bestätigt. Etwaige Zustellungsmängel wurden daher nach Art. 9 VwZVG geheilt.
29
b) Die Klägerin ist ihrer Verpflichtung bis zum Ablauf der Erfüllungsfrist nicht nachgekommen. Aufgrund der Baukontrolle des Beklagten am 1. September 2022 steht fest, dass die Anbauten auch nach Ablauf der in der erneuten Zwangsgeldandrohung festgelegten Frist unverändert vorhanden waren, sodass das im Bescheid angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 15.000,- EUR fällig geworden ist.
30
2. Der Fälligkeit des Zwangsgeldes steht der klägerische Einwand nicht entgegen, dass das angedrohte Zwangsgeld noch nicht angemahnt worden sei. Denn einer Mahnung bedarf es für die Fälligstellung gerade nicht. Nach Art. 23 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG ist der Leistungspflichtige nach Eintritt der Fälligkeit innerhalb einer bestimmten Frist von mindestens einer Woche zu mahnen. Die Mahnung setzt also den Eintritt der Fälligkeit voraus, nicht umgekehrt (vgl. VG München, U.v. 12.7.2000 – M 9 K 99.3567 – juris Rn. 39).
31
3. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Ausübung des Anwendungsermessens (Art. 37 Abs. 1 Satz 1 VwZVG; vgl. BayVGH, B.v. 1.3.2012 – 9 ZB 11.2528 – juris Rn. 17; B.v. 20.12.2001 – 1 ZE 01.2820 – juris Rn. 11) bestehen nicht, insbesondere liegt kein unverschuldeter Verstoß gegen die Verpflichtung durch die Klägerin vor.
32
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.