Inhalt

VGH München, Beschluss v. 28.03.2023 – 9 C 23.21
Titel:

Erfolglose Beschwerde gegen Festsetzung des Streitwerts durch Gericht

Normenkette:
GKG § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 3 S. 1, § 66 Abs. 5, § 68 Abs. 1 S. 5
Leitsätze:
Klage auf bauaufsichtliches Einschreiten. (Rn. 2 – 5)
1. Mit der Befugnis, den Streitwert gem. § 52 Abs. 1 GKG nach richterlichem Ermessen zu bestimmen, ist dem Gericht die Möglichkeit eingeräumt, den Wert des Streitgegenstandes zu schätzen und sich dabei – unter Wahrung der Grundsätze der Gleichbehandlung und Rechtssicherheit – einer Schematisierung und Typisierung zu bedienen. (Rn. 2 – 5) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Bedeutung der Sache für einen Kläger bei einem Nachbaranspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten ist ähnlich zu bewerten wie bei einer Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Prozesskostenhilfe, Streitwertfestsetzung, Streitwertkatalog, Wert des Beschwerdegegenstands, bauaufsichtliches Einschreiten
Vorinstanz:
VG Ansbach, Beschluss vom 20.10.2022 – AN 17 K 22.1642
Fundstellen:
BayVBl 2023, 425
BeckRS 2023, 7324
LSK 2023, 7324

Tenor

I. Die Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts unter Nr. 3 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 20. Oktober 2022 (Az. AN 17 K 22.01642) wird zurückgewiesen.
II. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts (Notanwalt) für das Streitwertbeschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe

I.
1
Das Verwaltungsgericht hat das auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die gewerbliche Nutzung (Lagerplatz) auf einem Grundstück der Beigeladenen zu 1 gerichtete Klageverfahren nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen des Klägers und des Beklagten mit Beschluss vom 20. Oktober 2022 eingestellt und die Verfahrenskosten dem Kläger auferlegt (Nr. 1 und 2 des Beschlusses). Unter Nr. 3 hat es den Streitwert für das Klageverfahren auf 10.000,00 Euro festgesetzt. Gegen diese Festsetzung wendet sich der Kläger mit seiner („sofortigen“) Beschwerde und beantragt hierfür Prozesskostenhilfe sowie Beiordnung eines Rechtsanwalts.
II.
2
1. Die Streitwertbeschwerde, über die gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG die Berichterstatterin als Einzelrichterin entscheidet, hat keinen Erfolg.
3
Der Kläger, der die Beschwerde vorliegend selbst erhoben hat, bedurfte keiner anwaltlichen Vertretung (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 5 Satz 1 GKG; vgl. BayVGH, B.v. 26.6.2013 – 8 C 13.519 – juris Rn. 4; Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 67 Rn. 17). Der Zulässigkeit der Beschwerde steht auch nicht entgegen, dass ihm mit Beschluss des Senats vom 10. Februar 2023 (Az. 9 C 23.22) Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist (vgl. SächsOVG, B.v. 23.7.2021 – 3 E 36/21 – juris Rn. 4 m.w.N.). Darüber hinaus kann offenbleiben, ob die Streitwertbeschwerde mit Blick auf den Wert des Beschwerdegegenstands bereits unstatthaft ist, weil der Kläger keine Angaben dazu gemacht hat, welchen Streitwert er für richtig erachtet (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG; BayVGH, B.v. 8.6.2010 – 20 C 10.1114 – juris Rn. 1). Ebenso muss nicht entschieden werden, ob anlässlich des Beschwerdeverfahrens ggf. eine Streitwertänderung von Amts wegen nach § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG in Betracht käme (vgl. BayVGH, B.v. 13.1.2022 – 20 C 22.25 – juris Rn. 3 m.w.N.). Die Streitwertbeschwerde ist jedenfalls sachlich nicht begründet.
4
In verwaltungsgerichtlichen Streitsachen ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Mit der Befugnis, den Streitwert nach richterlichem Ermessen zu bestimmen, ist dem Gericht die Möglichkeit eingeräumt, den Wert des Streitgegenstandes zu schätzen und sich dabei – unter Wahrung der Grundsätze der Gleichbehandlung und Rechtssicherheit – einer Schematisierung und Typisierung zu bedienen (vgl. BayVGH, B.v. 30.1.2019 – 15 C 18.2268 – juris Rn. 9 m.w.N.). Der Senat legt hierbei regelmäßig den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Fassung vom 18.7.2013 – Streitwertkatalog 2013, abgedruckt als Anhang in Eyermann, VwGO) zugrunde und orientiert sich nicht nur bei einer Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung, sondern auch bei einem klageweise geltend gemachten Nachbaranspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten – wie hier – an dessen Nr. 9.7.1. Die Bedeutung der Sache für einen Kläger bei einem Nachbaranspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten ist ähnlich zu bewerten wie bei einer Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung. In beiden Fallkonstellationen beruht sie auf dem Wunsch, von Beeinträchtigungen, die von einer baulichen Anlage oder von deren Nutzung ausgehen, verschont zu bleiben (vgl. BayVGH, B.v. 30.4.2015 – 9 C 15.489 – juris Rn. 3; B.v. 4.1.2021 – 15 C 20.2948 – juris Rn. 14 m.w.N.).
5
Damit ist der im Streitwertkatalog in Nr. 9.7.1 empfohlene Rahmen einer Streitwertfestsetzung von 7.500,00 Euro bis 15.000,00 Euro (soweit nicht ein höherer wirtschaftlicher Schaden feststellbar ist) eröffnet. Die im mittleren Bereich des Streitwertrahmens liegende Festsetzung von 10.000,00 Euro erscheint in Anbetracht des Umstands, dass hier ein Vorhaben mit gewerblicher Nutzung streitgegenständlich war und der Kläger Immissionsbetroffenheit geltend gemacht hat, im Ergebnis ermessensgerecht (vgl. BayVGH, B.v. 4.1.2021 a.a.O. m.w.N.; B.v. 20.6.2007 – 25 C 07.1359 – juris Rn. 2; B.v. 31.7.2006 – 25 CS 06.1705 – juris Rn. 5).
6
2. Soweit der Kläger zusätzlich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Beschwerdeverfahren begehrt, ist dieser Antrag jedenfalls nicht begründet, weil für die beabsichtigte Rechtsverfolgung nach dem Vorstehenden keine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht (vgl. § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 ZPO) und die Beiordnung eines Bevollmächtigten nach § 121 Abs. 2 ZPO für das Beschwerdeverfahren mithin nicht in Betracht kommt.
7
Die Verfahren sind gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG, § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO).
8
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).