Titel:
Unzulässiger Antrag auf Zulassung der Berufung
Normenkette:
VwGO § 124, § 124a Abs. 5 S. 4
Leitsatz:
Eine Erweiterung oder Änderung des Klageantrags kann nicht alleiniges Ziel eines Rechtsmittels sein (vgl. BGH BeckRS 2012, 7517). (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Unzulässiger Antrag auf Zulassung der Berufung, Fehlende formelle Beschwer, Änderung des Klageantrags, Zulassungsvorbringen, Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis, Ziel eines Rechtsmittels, fehlende formelle Beschwer
Vorinstanz:
VG Bayreuth, Gerichtsbescheid vom 24.02.2022 – B 1 K 20.470
Fundstelle:
BeckRS 2023, 7321
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird verworfen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- € festgesetzt.
Gründe
1
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für das Befahren einer gemeindlichen Wegefläche.
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Der Kläger ist Eigentümer des mit einer Maschinenhalle bebauten Grundstücks FlNr. …3 der Gemarkung K…, an welches südlich das im Eigentum der Beklagten stehende Wegegrundstück FlNr. …4 grenzt. Mit Schreiben vom 18. April 2019 beantragte er eine Sondernutzungsgenehmigung für das Befahren der Wegefläche zum Erreichen der Maschinenhalle auf seinem Grundstück zu landwirtschaftlichen Zwecken.
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Nachdem dieser Antrag mit Bescheid vom 30. April 2020 abgelehnt wurde, beantragte der Kläger im Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht zuletzt:
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1. Die Gemeinde wird verpflichtet, die Sondernutzungsgenehmigung für das Befahren der gemeindlichen Wegefläche FlNr. …4 zum Erreichen der Maschinenhalle zu erteilen.
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2. Die Gemeinde wird verpflichtet, über den Antrag auf Sondernutzungsgenehmigung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
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3. Hilfsweise, d.h. für den Fall, dass das Gericht davon ausgehen sollte, dass entweder eine Sondernutzungserlaubnis nicht erforderlich ist oder ein Anspruch auf die Sondernutzungserlaubnis nicht besteht, ist festzustellen, dass der Kläger ein Recht auf Zufahrt aus dem Grundstück mit der FlNr. …3 zur Straße der Beklagten auf dem Grundstück mit der FlNr. …4 hat.
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Das Verwaltungsgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 24. Februar 2022 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30. April 2020 verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über den Antrag des Klägers vom 18. April 2019 auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis neu zu entscheiden. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.
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Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung rügt der Kläger vorrangig, dass die erste Instanz unzutreffender Weise eine Sondernutzung anstelle eines Anliegergebrauchs angenommen habe sowie die Voraussetzungen und Grenzen einer Zufahrt seit alters her verkannt habe.
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Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
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Er ist bereits unzulässig, da der Kläger durch das angefochtene Urteil in der Sache nicht beschwert ist.
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Entscheidend für die Beschwer ist nur der rechtskraftfähige Inhalt des verwaltungsgerichtlichen Urteils. Der Kläger ist daher beschwert, wenn die angefochtene Entscheidung hinter seinen zuletzt gestellten Klageanträgen zurückbleibt (sog. formelle Beschwer; BVerwG, U.v. 3.12.1981 – 7 C 30.80 u.a. – NJW 1983, 407 = juris Rn. 14; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, Vor § 124 Rn. 24 f.; Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, Vor § 124 Rn. 61).
12
Das Verwaltungsgericht hat zwar dem Hauptantrag des Klägers auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nicht stattgegeben, allerdings war sein hilfsweise gestellter Antrag auf Neuverbescheidung erfolgreich. Über den weiteren Eventualantrag, der auf ein Zufahrtsrecht seit alters her bzw. kraft Anliegergebrauchs gerichtet war, hatte das Gericht daher nicht zu entscheiden. Insofern enthält die erstinstanzliche Entscheidung keine Beschwer für den teils obsiegenden Kläger. Ausgehend vom Streitgegenstand, der auf die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis gerichtet war, könnte der Kläger in einem etwaigen Berufungsverfahren kein besseres Ergebnis erreichen. Das Zulassungsvorbringen kommt demgegenüber einer Änderung der Klageanträge gleich. Eine Erweiterung oder Änderung des Klageantrags kann jedoch nicht alleiniges Ziel eines Rechtsmittels sein (vgl. BGH, U.v. 14.3.2012 – XII ZR 164/09 – NJW-RR, 2012 = juris Rn. 17; Happ in Eyermann, VwGO, Vor § 124 Rn. 25).
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Es handelt sich bei dem vorliegenden erstinstanzlichen Urteil auch nicht um eine lückenhafte Entscheidung in dem Sinne, dass der Kläger einen Antrag gestellt hat, über den nicht entschieden worden wäre. Der Antrag im Schriftsatz vom 3. November 2021 war ausdrücklich als Eventualantrag nur für den Fall des Nichterfolgs des Hauptantrags und ersten Hilfsantrags gestellt worden.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 2 GKG, § 47 Abs. 1 und 3 GKG; sie folgt der Festsetzung des Erstgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.
16
Mit der Ablehnung des Antrags, wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
17
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 4 Satz 1 GKG).