Inhalt

VGH München, Beschluss v. 29.03.2023 – 24 ZB 23.77
Titel:

Kein Anspruch auf Umzugskosten bei Abordnung

Normenketten:
BUKG § 3 Abs. 1 Nr. 2
AUV § 26 Abs. 5
BBG § 72 Abs. 2
VwGO § 123 Abs. 2 Nr. 1
Leitsätze:
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines Urteils liegen vor, wenn der Rechtsmittelführer einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt. Der Rechtsmittelführer muss mit schlüssigen Gegenargumenten darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit unrichtig ist. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Bestimmung eines dienstlichen Wohnsitzes enthält nicht die Anweisung, an diesem Ort auch seine Wohnung zu nehmen, sondern stellt auf die Behörde bzw. Dienststelle des Beamten und nicht seine private Wohnung ab. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Umzugskostenvergütung bei Abordnung eines Bundesbeamten in den Geschäftsbereich des Auswärtigen, Amtes an eine Botschaft im Ausland, Beamter, Abordnung, Ausland, Umzug, Zusage der Umzugskostenvergütung, Ermessen, dienstlicher Wohnsitz, Zulassung der Berufung, ernstliche Zweifel, Darlegungsgebot
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 29.11.2022 – RO 12 K 19.2720
Fundstelle:
BeckRS 2023, 7312

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 29. November 2022 – RO 12 K 19.2720 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 540,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Beteiligten streiten über die Zusage einer Umzugskostenvergütung.
2
Mit Verfügung vom 29./30. Mai 2018 ordnete die Beklagte den Kläger für die Zeit vom 26. Juni 2018 bis 15. August 2018 zur Urlaubsvertretung des in der Deutschen Botschaft in B… eingesetzten Verbindungsbeamten in den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes ab. Die Verfügung weist darauf hin, dass der Kläger für die Zeit der Auslandsverwendung Auslandstrennungsgeld erhalte. Eine Umzugskostenvergütung wurde nicht zugesagt.
3
Das Auswärtige Amt berief den im Dienst der Beklagten stehenden Kläger mit Erlass vom 29. Mai 2018 in seinen Geschäftsbereich ein und teilte ihn der Botschaft B… als Verbindungsbeamter zu. Der Dienstort B… wurde als dienstlicher Wohnsitz angewiesen.
4
Mit Schreiben vom 29. Mai 2018 beantragte der Kläger die Gewährung von Auslandsdienstbezügen sowie die Zusage von (eingeschränkter) Umzugskostenvergütung. Mit Bescheid vom 12. Juli 2019 gewährte die Beklagte Auslandsdienstbezüge. Mit Schreiben vom 2. August 2019 informierte die Beklagte den Kläger, dass eine Zahlung der (eingeschränkten) Umzugskostenvergütung nicht erfolgen könne. Die Begründung dafür sei in einem Vermerk zusammengefasst und werde der Akte des jeweiligen Beamten beigefügt.
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Den dagegen mit E-Mail vom 27. August 2019 erhobenen Widerspruch des Klägers hat das Bundespolizeipräsidium mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 2019 zurückgewiesen. Der Kläger habe für den Zeitraum der Abordnung Auslandsdienstbezüge und Auslandstrennungsgeld (und ggf. Aufwandsentschädigungen) erhalten. § 26 Abs. 5 AUV könne nicht entnommen werden, dass ein genereller Anspruch auf Zahlung der Umzugskostenvergütung gegeben sei, wenn Auslandsdienstbezüge gezahlt würden. Die AUV enthalte keine Anspruchsgrundlage für die Zahlung von Umzugskostenvergütung; eine solche könne sich nur aus dem Bundesumzugskostengesetz ergeben. Aufgrund der Kürze der Verwendung sei eine Zusage der Umzugskostenvergütung vorliegend nicht erteilt worden. Ein Umzug im Sinne einer dauerhaften Begründung eines Wohnsitzes sei vom Kläger bei den streitgegenständlichen Kurzzeitverwendungen auch nicht erwartet worden. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege nicht vor. Eine Vergleichbarkeit des Sachverhalts mit Entsandten anderer Behörden sei nicht gegeben.
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Mit Urteil vom 29. November 2022 lehnte das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage ab. Es bestehe kein Anspruch aus § 26 Abs. 5 AUV, da es sich dabei nicht um eine eigenständige Anspruchsgrundlage handele. Es bestehe auch kein Anspruch auf Zusage der Umzugskostenvergütung aus § 3 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 BUKG, denn deren Voraussetzungen lägen nicht vor. Der Kläger sei nicht versetzt, sondern nur für einen gewissen Zeitraum abgeordnet worden. Er sei auch nicht angewiesen worden, seine Wohnung innerhalb bestimmter Entfernung von der Dienststelle zu nehmen oder eine Dienstwohnung zu beziehen. Die Zuweisung des dienstlichen Wohnsitzes in B… stelle keine solche Anweisung dar. Auch aus § 4 Abs. 1 Nr. 2 BUKG ergebe sich kein Anspruch des Klägers auf Zusage der Umzugskostenvergütung. Die Beklagte habe ihr diesbezügliches Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Eine Ermessensreduzierung auf Null sei nicht gegeben.
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Dagegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem die Beklagte entgegentritt. Der Kläger macht geltend, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Die Zuweisung eines „dienstlichen Wohnorts“ für die Dauer der Abordnung sei rechtlich nicht zulässig gewesen. Aus den zugrundeliegenden Bescheiden ergebe sich auch, dass nicht die Zuweisung eines neuen dienstlichen Wohnorts, sondern eines allgemeinen Wohnorts gewollt gewesen sei. Deshalb hätten die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 2 BUKG vorgelegen und die Beklagte sei verpflichtet gewesen, die Umzugskostenvergütung zuzusagen.
8
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
9
1. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus der Antragsbegründung, auf die sich gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Prüfung im Zulassungsverfahren beschränkt (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 54), ergibt sich der geltend gemachte Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht.
10
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen (nur) vor, wenn der Rechtsmittelführer einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 Rn. 16; B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – DVBl 2019, 1400 Rn. 32 m.w.N.). Der Rechtsmittelführer muss mit schlüssigen Gegenargumenten darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit unrichtig ist (Happ in Eyermann, VwGO, Rn. 62 ff. zu § 124a). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (Kuhlmann in Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 124 Rn. 15 m.w.N.). Dem wird die Antragsbegründung nicht gerecht.
11
Das Verwaltungsgericht hat im angegriffenen Urteil in zulassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dargelegt, aus welchen Gründen kein Anspruch auf Zusage einer Umzugskostenvergütung besteht. Der Senat folgt den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils und nimmt gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO darauf Bezug. Lediglich ergänzend ist im Hinblick auf das Zulassungsvorbringen zu bemerken:
12
Der Bescheid der Beklagten vom 2. August 2019 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 22. November 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zusage der Umzugskostenvergütung für die Zeit der Abordnung nach B…
13
Ein Anspruch auf Zusage der Umzugskostenvergütung ergibt sich nicht – wie der Kläger meint – aus § 3 Abs. 1 Nr. 2 Gesetz über die Umzugskostenvergütung für die Bundesbeamten, Richter im Bundesdienst und Soldaten (Bundesumzugskostengesetz – BUKG) i.d.F.d. Bek. vom 11. Dezember 1990 (BGBl I S. 2682), vor Bescheiderlass zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Januar 2017 (BGBl I S. 17).
14
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 BUKG ist die Umzugskostenvergütung zuzusagen für Umzüge auf Anweisung des Dienstvorgesetzten, die Wohnung innerhalb bestimmter Entfernung von der Dienststelle zu nehmen oder eine Dienstwohnung zu beziehen. § 3 Abs. 1 Nr. 2 BUKG setzt demnach eine Anweisung gemäß § 72 Abs. 2 Bundesbeamtengesetz (BBG) i.d.F. d. Bek. vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Juni 2017 (BGBl I S. 2250), voraus.
15
Eine solche Anweisung wurde dem Kläger nicht gegeben.
16
Eine Anweisung ist weder der Abordnungsverfügung der Beklagten noch dem Schreiben des Auswärtigen Amtes vom 29. Mai 2018 zu entnehmen. Aus den Abordnungsschreiben vom 30. Mai 2018 geht hervor, dass der Kläger in den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes zur temporären Unterstützung des Verbindungsbeamten an der Deutschen Botschaft in B… abgeordnet und die Dienstreise dorthin angeordnet wird. Es enthält lediglich die Information, dass die Unterbringung am ausländischen Dienstort im Hotel erfolgt, und keine Aussage zum einzunehmenden Wohnsitz. Das Schreiben des Auswärtigen Amtes vom 29. Mai 2018 enthält den Hinweis, dass für den Kläger am Dienstort keine Dienstwohnung zur Verfügung stehe und dass der Kläger sich in der Botschaft zum Dienstantritt melden solle. Eine Anweisung, die eigene Wohnung innerhalb einer bestimmten Entfernung von der Dienststelle zu nehmen, wurde nicht getroffen. Die Zuweisung des dienstlichen Wohnsitzes in B… durch das Auswärtige Amt nach § 15 Abs. 2 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) i.d.F. d. Bek. vom 19. Juni 2009 (BGBl I S. 1434), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Juni 2017 (BGBl I S. 1822), stellt keine solche Anweisung dar. Die Bestimmung eines dienstlichen Wohnsitzes enthält nicht die Anweisung, an diesem Ort auch seine Wohnung zu nehmen, sondern stellt auf die Behörde bzw. Dienststelle des Beamten und nicht seine private Wohnung ab (vgl. Reich in Reich/Preißler, Bundesbesoldungsgesetz, 2. Aufl. 2022, § 15 Rn. 1).
17
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 und § 52 Abs. 3 GKG und entspricht der vom Verwaltungsgericht festgesetzten und von den Beteiligten nicht in Frage gestellten Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
18
3. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).