Inhalt

VGH München, Beschluss v. 21.03.2023 – 19 ZB 21.689
Titel:

kein Anspruch auf Erteilung einer Ausbildungserlaubnis

Normenketten:
AsylG § 61 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1, S. 5
AufenthG § 60c Abs. 2 Nr. 4
Leitsatz:
Ein Anspruch auf Erteilung einer Ausbildungs- bzw. Beschäftigungserlaubnis kann nicht mehr auf § 61 AsylG gestützt werden, wenn der Ausländer wegen des unanfechtbaren Abschlusses seines Asylverfahrens kein Asylbewerber mehr ist. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
asylrechtliche Streitigkeit, grundsätzliche Bedeutung, Beschäftigungserlaubnis, Asylbewerber ohne Wohnverpflichtung, Erledigung mit Abschluss des Asylverfahrens, Rechtsanspruch, Sachbescheidungsinteresse, Armenien, Ausbildungsduldung, Asylverfahren
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 23.11.2020 – AN 15 K 19.2259
Fundstelle:
BeckRS 2023, 7300

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsantragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung wird abgelehnt.

Gründe

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1. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
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1.1 Die Klägerin, geboren am ... 1987 und armenische Staatsangehörige, nach eigenen Angaben am 9. März 2014 in das Bundesgebiet eingereist, deren Asylbegehren erfolglos geblieben ist (Ablehnung des Asylantrags der Klägerin und ihrer Familienangehörigen vom 3.4.2014 mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge – Bundesamt – vom 2.10.2016 als offensichtlich unbegründet unter Abschiebungsandrohung nach Armenien; Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung mit Beschluss des VG Ansbach vom 10.11.2016 – AN 4 S 16.31612 –; Aufhebung des Bescheids durch das Bundesamt am 31.7.2018; Einstellung des Klageverfahrens mit Beschluss vom 18.9.2018 – AN 6 K 16.31613 –; Ablehnung der Asylanträge als „einfach“ unbegründet und Abschiebungsandrohung nach Armenien mit Bescheid des Bundesamtes vom 18.10.2018; Klage hiergegen hinsichtlich der Klägerin mit Urteil des VG Ansbach vom 9.5.2022 – AN 6 K 18.31344 – abgewiesen; Urteil am 16.9.2022 rechtskräftig geworden), die im Bundesgebiet wiederholt strafrechtlich verurteilt wurde (AG E. vom 10.9.2014: 15 Tagessätze Geldstrafe wegen Ladendiebstahls; AG E. vom 21.9.2016: 40 Tagessätze Geldstrafe wegen Ladendiebstahls; AG E. vom 11.1.2018: 2 Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Ladendiebstahls, Bewährungszeit 3 Jahre, Bewährung wegen erneuter Straffälligkeit widerrufen; AG E. vom 21.10.2019: 40 Tagessätze Geldstrafe wegen Ladendiebstahls), begehrt die Erteilung der am 26. September 2019 bei der Beklagten beantragten Beschäftigungserlaubnis gemäß § 61 AsylG in der Form der Erlaubnis der Berufsausbildung als Rechtsanwaltsfachangestellte. Die Beklagte hat den Antrag mit Bescheid vom 22. November 2019 abgelehnt. Im Rahmen des nach § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG eröffneten Ermessens sei zu Lasten der Klägerin zu berücksichtigen, dass ihre Bleibeperspektive angesichts der aktuellen Anerkennungsquote des Bundesamtes für ihr Herkunftsland ungünstig sei, zumal das Bundesamt ihren Asylantrag abgelehnt habe, und dass die begangenen Straftaten schwerwiegend gegen die Klägerin zu werten seien. Die öffentlichen Interessen an der Versagung der Beschäftigungserlaubnis überwögen die privaten Interessen der Klägerin. Gewichtig sei unter anderem das Interesse des Arbeitgebers, die Klägerin bis zum Ende der Ausbildungszeit zu beschäftigen, was aller Voraussicht nach nicht möglich sein werde, weil eine Ausbildungsduldung aufgrund der Regelung des § 60a Abs. 2 Satz 6 AufenthG (a.F.) angesichts der begangenen Straftaten nicht erteilt werden könne. Berücksichtigt werden müsse auch der Vertrauensschutz der Klägerin, der durch die Erteilung einer Erlaubnis die Möglichkeit eines längerfristigen Aufenthaltes im Bundesgebiet signalisiert würde. Auch im Falle eines Rechtsanspruchs der Klägerin aus § 61 Abs. 2 Satz 1 und 5 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 AsylG wäre der Antrag mangels Sachbescheidungsinteresses abzulehnen, weil der Klägerin (aus den vorgenannten Gründen) prognostisch keine Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG (a.F.) zustehe.
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Mit Urteil vom 23. November 2020 hat das Verwaltungsgericht die am 18. November 2019 zunächst als Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO erhobene Klage, in die mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2019 der Ablehnungsbescheid vom 22. November 2019 (fristgerecht) einbezogen wurde, abgewiesen. Aufgrund der unklaren Formulierung des § 61 Abs. 2 Satz 5 AsylG, nach der § 61 Abs. 1 Satz 2 AsylG unberührt bleibe, sei strittig, ob daraus ein gebundener Anspruch für Asylbewerber folge, deren Asylantragstellung bereits mehr als neun Monate zurückliege und die nicht verpflichtet seien, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen – wie dies bei der Klägerin der Fall sei (m.V.a. VG München, U.v. 23.10.2019 – M 9 K 19.4677 – juris Rn. 26 ff. einerseits, Vollzugshinweise des BayStMI vom 13.7.2020, Ziff. 2.2.3.1 andererseits). Vorliegend brauche die aufgeworfene Rechtsfrage jedoch nicht abschließend geklärt zu werden, da die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis für die Klägerin auch bei Zugrundelegung der Vollzugshinweise des Bayer. Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration ausscheide. So führten die Vollzugshinweise unter Ziffer 2.2.3.1 aus, die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis für eine qualifizierte Berufsausbildung komme nicht in Frage, wenn bei Antragstellung absehbar sei, dass die Ausbildung im Fall des Eintritts der vollziehbaren Ausreisepflicht nicht fortgesetzt werden könne. Dies sei der Fall, wenn eine Ausbildungsduldung wegen einer Straftat nach § 60c Abs. 2 Nr. 4 AufenthG ausscheide und die Ausbildung nicht zu Ende geführt werden könne. In diesen Fällen fehle – nehme man einen gebundenen Anspruch an – das Sachbescheidungsinteresse für einen Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis. Zwar wiesen die Vollzugshinweise keine Gesetzesqualität auf und seien somit für das Gericht nicht bindend, es bestehe vorliegend aber kein Anlass, die dargestellte Rechtsauffassung in Frage zu stellen, zumal eine qualifizierte Berufsausbildung nach den Wertungen des Berufsbildungsgesetzes darauf gerichtet sei, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erlangen (m.V.a. § 1 Abs. 3 BBiG). Dieses Ziel sei erst erreicht, wenn eine entsprechende Abschlussprüfung erfolgreich absolviert worden sei (m.V.a. § 37 BBiG). Die Klägerin habe aufgrund ihrer strafrechtlichen Verurteilung zu einer zweimonatigen Freiheitsstrafe wegen Ladendiebstahls den der Ausbildungsduldung entgegenstehenden Ausschlussgrund des § 60c Abs. 2 Nr. 4 AufenthG i.V.m. § 19d Abs. 1 Nr. 7 AufenthG verwirklicht. Für ein Verbescheidungsurteil – wie mit dem Hilfsantrag begehrt – bleibe nach der Neufassung des § 61 AsylG bei Annahme eines gebundenen Anspruchs kein Raum. Bei Annahme eines Ermessensanspruchs habe die Beklagte ihr Ermessen insbesondere unter Berücksichtigung der Straffälligkeit der Klägerin ordnungsgemäß ausgeübt und damit den Anspruch der Klägerin auf ermessensfehlerfreie Entscheidung erfüllt.
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1.2 Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung, mit welchem die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG geltend macht.
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1.2.1 Die Klägerin wirft als grundsätzlich bedeutsam die Rechtsfrage auf, „ob der Verweis in § 61 Abs. 2 Satz 5 AsylG auf Absatz 1 Satz 2 einen strikten Rechtsanspruch auf Beschäftigung auch für Asylbewerber vermittelt, die nicht verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen und die sämtliche Voraussetzungen des § 61 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 4 AsylG erfüllen“. Die Frage sei für den Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig). Zwar gehe das Verwaltungsgericht unter Verweis auf die Ziffer 2.2.3.1 der Vollzugshinweise – wonach dies im Falle eines Antrags auf Beschäftigungserlaubnis für eine qualifizierte Berufsausbildung anders zu beurteilen sei, wenn bei Antragstellung absehbar sei, dass die Ausbildung im Falle des Eintritts der vollziehbaren Ausreisepflicht nicht fortgesetzt werden könne, was der Fall sei, wenn eine Ausbildungsduldung wegen einer Straftat nach § 60a Abs. 2 Nr. 4 AufenthG ausscheide – davon aus, dass die Rechtsfrage keiner abschließenden Klärung bedürfe. Dieser Auffassung könne jedoch nicht gefolgt werden. Denn bei Annahme eines strikten Rechtsanspruchs könne die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis nicht versagt werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorlägen. Gegen die Auslegung, dass § 61 Abs. 1 Satz 2 AsylG nur für in einer Aufnahmeeinrichtung wohnende Ausländer gelte, spreche der Umstand, dass eine Besserstellung solcher Personen gegenüber Personen, die nicht verpflichtet seien, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, sachlich kaum gerechtfertigt werden könne. Mit der Vorschrift habe der Bundesgesetzgeber Art. 15 der RL 2013/33/EU umsetzen wollen (m.V.a. BT-Drs. 19/10706, S. 16). Nach Art. 15 Abs. 3 der Richtlinie dürfe das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt während eines Rechtsbehelfsverfahrens, bei dem Rechtsmittel gegen eine ablehnende Entscheidung in einem Standardverfahren aufschiebende Wirkung hätten, bis zu dem Zeitpunkt, zu dem eine ablehnende Entscheidung zugestellt werde, nicht entzogen werden. Diese Richtlinie lasse somit eine Differenzierung nach der Unterbringungsform nicht zu. Da auch die Klage der Klägerin gegen den ablehnenden Bescheid des Bundesamtes vom 16. Oktober 2018 aufschiebende Wirkung habe, dürfe ihr das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt nicht entzogen werden. In diesem Zusammenhang werde auf Ziffer 61.2 der Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat zum Gesetz über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung (BGBl. I 2019, S. 1021) verwiesen („Mit dem neuen § 61 Abs. 2 Satz 5 AsylG wird verdeutlicht, dass die Verpflichtung zur Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis (gebundene Entscheidung) nach neun Monaten Asylverfahren auch für Asylbewerber gilt, die nicht zum Wohnen in der Aufnahmeeinrichtung verpflichtet sind.“). Selbst wenn aufgrund der von dem Verwaltungsgericht zitierten Vollzugshinweise anzunehmen sei, dass im Falle der Klägerin die Erteilung einer Ausbildungsduldung ausscheide, könne nicht davon ausgegangen werden, dass das Sachbescheidungsinteresse im hiesigen Verfahren nicht gegeben sei. Eine derartige Vorgehensweise finde keine Stütze im Wortlaut des § 61 AsylG. Denn die Vorschrift differenziere nicht zwischen einer Ausbildung und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit und verweise insbesondere nicht auf die Vorschrift des § 60c Abs. 2 Nr. 4 AufenthG. Diesbezüglich werde auch auf § 78 Abs. 2 SGB IV verwiesen. Nach dieser Vorschrift gelte als Beschäftigung auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen der betrieblichen Berufsbildung, sodass bei Erfüllung der in § 61 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 4 genannten Voraussetzungen die Erlaubnis zur Ausbildung zu erteilen sei. Ferner gelte im Verwaltungsrecht der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, sodass eine Analogie als Grundlage für Grundrechtseingriffe durch die Verwaltung nicht zulässig sei. Zwar handle es sich bei der Klägerin nicht um eine EU-Ausländerin, bei ihr sei jedoch zumindest der Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG eröffnet, welcher im Licht des Art. 12 GG auszulegen sei. In Art. 12 Abs. 1 GG sei die freie Wahl des Ausbildungsplatzes ebenfalls garantiert, sodass die Nichterteilung einer Ausbildungserlaubnis einen Eingriff in die Grundrechte darstelle. Daher sei ein Rückgriff auf § 60c Abs. 2 Nr. 4 AufenthG während des laufenden Asylverfahrens ohne gesetzliche Grundlage nicht möglich. Im Falle des negativen Abschlusses des Asylverfahrens und der noch nicht abgeschlossenen Berufsausbildung sei dem Ausbildungsbetrieb, welcher auf dem Gebiet des Migrationsrechts tätig sei, bekannt, dass die aufgenommene Beschäftigung in der Regel nicht fortgeführt werden könne. Unabhängig davon könne derzeit noch nicht davon ausgegangen werden, dass die Erteilung einer Ausbildungsduldung im Falle des negativen Ausgangs des Asylverfahrens gänzlich ausgeschlossen sei. Denn der Klägerin dürften die Verurteilungen nach Ablauf der gesetzlichen Tilgungsfrist nicht mehr vorgehalten werden. Da aufgrund zahlreicher anhängiger Fälle nicht absehbar sei, wann mit einer Entscheidung im Asylverfahren zu rechnen sei, sei es zumindest nicht ausgeschlossen, dass die Tilgungsreife noch vor dem Abschluss des Asylverfahrens eintrete. Im Übrigen komme die Vorschrift des § 60c Abs. 2 Nr. 4 AsylG ausschließlich dann zur Anwendung, wenn dem Asylantrag nicht stattgegeben werde und die Klägerin eine Ausbildungsduldung beantrage. Auch die von dem Verwaltungsgericht zitierten Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes ständen der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis nicht entgegen. Der Wortlaut des § 61 AsylG lasse die Berücksichtigung anderer, nicht im Gesetz genannter Ablehnungsgründe nicht zu. Aus demselben Grund könne auch das Interesse des Arbeitgebers, eine Auszubildende bis zum Ende der Ausbildungszeit zu beschäftigen, nicht gegen die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis sprechen. Insoweit gelte der Grundsatz der Privatautonomie, sodass eine eingeschränkte Auslegung der Erteilungsvorschrift zum Schutze des Arbeitgebers nicht erforderlich sei. Die formulierte Frage sei klärungsbedürftig, da diesbezüglich noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung ergangen sei, die den Klärungsbedarf ausräumen würde. Eine Entscheidung wäre jedoch erforderlich, um Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zu schaffen und eine einheitliche, an den Grundsätzen des Art. 3 GG angelehnte Entscheidungspraxis durchzusetzen. Die Frage habe über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung, weil die Ablehnung der Beschäftigungserlaubnis in Form einer Berufsausbildung einen Verstoß gegen Art. 15 der RL 2013/33/EU darstelle. Zudem habe § 61 AsylG aufgrund der Vielzahl anhängiger Asylverfahren einen weiten Anwendungsbereich. In diesem Zusammenhang werde auch darauf hingewiesen, dass die Bundesrepublik Deutschland versuche, die Fachkräftebasis der Unternehmen und Betriebe zu sichern und zu erweitern. Die Betriebe und Unternehmen hätten Schwierigkeiten, für bestimmte Qualifikationen qualifizierte Fachkräfte zu finden. Durch die Klärung der Rechtsfrage würden die Voraussetzungen für die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis übersichtlicher und transparenter. Die Klärung der Frage verschaffe somit sowohl den Auszubildenden als auch den Unternehmen mehr Planungssicherheit.
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1.2.2 Das der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegende Vorbringen in der Begründung des Zulassungsantrags (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) rechtfertigt keine Zulassung der Berufung. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG liegt nicht vor.
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Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn sich darin eine entscheidungserhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung stellt, die bisher in der Rechtsprechung noch nicht geklärt ist und daher im Interesse der Einheit, der Fortbildung oder der einheitlichen Auslegung und Anwendung des Rechts der Klärung durch das Rechtsmittelgericht bedarf (BVerfG, B.v. 8.12.2009 – 2 BvR 758/07 – juris Rn. 97; BayVGH, B.v. 16.5.2012 – 10 ZB 11.2512 – juris Rn. 12 m.w.N.). Klärungsbedürftig sind solche Rechts- oder Tatsachenfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die noch nicht oder nicht hinreichend ober- und höchstrichterlich geklärt sind (vgl. BVerfG, B.v. 28.4.2011 – 1 BvR 3007/07 – juris Rn. 21; Roth in Posser/Wolff BeckOK, VwGO, Stand 1/2020, § 124 Rn. 55 m.w.N; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 124 Rn. 38). Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregelungen auch ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantwortet werden kann (stRspr, BVerwG, B.v. 9.4.2014 – 2 B 107.13 – juris Rn. 9 m.w.N.; BVerfG, B.v. 29.7.2010 – 1 BvR 1634/04 – juris Rn. 64).
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Gemessen daran, kommt der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfrage nicht die grundsätzliche Bedeutung zu, die ihr die Klägerin beimisst. Denn es fehlt an der Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage im vorliegenden Verfahren, weil diese sich in einem Berufungsverfahren nicht mehr entscheidungserheblich stellen würde.
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Wegen des unanfechtbaren Abschlusses des Asylverfahrens der Klägerin am 16. September 2022 entfällt – worauf der Senat die Klägerin mit Schreiben vom 24. Januar 2023 hingewiesen hat – die Entscheidungserheblichkeit (Klärungsfähigkeit) und damit die grundsätzliche Bedeutung der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfrage im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG (vgl. BayVGH, B.v. 25.6.2019 – 10 ZB 18.85 – juris Rn. 6). Diese Rechtsfrage würde sich im vorliegenden Fall in einem Berufungsverfahren nicht mehr stellen, weil die Rechtsnorm (§ 61 AsylG), deren Auslegung die Klägerin in dem bezeichneten Umfang grundsätzliche Bedeutung beimisst, auf die Klägerin nicht mehr anzuwenden ist. Auf § 61 AsylG kann – worauf der Senat mit Schreiben vom 24. Januar 2023 hingewiesen hat – ein Anspruch auf Erteilung einer Ausbildungs- bzw. Beschäftigungserlaubnis nicht mehr gestützt werden, wenn der Ausländer wegen des unanfechtbaren Abschlusses seines Asylverfahrens kein Asylbewerber mehr ist (stRspr., z.B. BayVGH, B.v. 25.6.2019 – 10 ZB 18.85 – juris Rn. 6; B.v. 27.2.2019 – 19 CE 18.2524, Rn. 27; B.v. 7.5.2018 – 10 CE 18.464 – juris Rn. 13).
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Die Unanwendbarkeit der Anspruchsgrundlage des § 61 AsylG aus den dargelegten Gründen hat im Übrigen zur Folge, dass sich – worauf der Senat ebenfalls mit Schreiben vom 24. Januar 2023 hingewiesen hat – das (allein) darauf gestützte Klagebegehren erledigt hat (BayVGH, B.v. 26.11.2018 – 19 C 18.1605 – Rn. 8 m.V.a. BayVGH, B.v. 21.4.2017 – 10 ZB 16.2281 – juris Rn. 1) und die Verpflichtungsklage damit unzulässig geworden ist. Die Klägerin hat auf diese Änderung der Prozesslage nicht reagiert.
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2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens ergibt sich aus § 83b AsylG (vgl. BayVGH, B.v. 25.6.2019 – 10 ZB 18.85 – juris Rn. 8; B.v. 21.4.2017 – 10 ZB 16.2281 – juris Rn. 25; B.v. 9.3.2016 – 10 C 16.324 – juris Rn. 4; B.v. 1.12.2015 – 19 CE 15.2311 – juris Rn. 9; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 15.9.2016 – 3 S 73.16 u.a. – juris Rn. 4). Danach werden Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben. Für die Frage, was eine asylrechtliche Streitigkeit i.S.d. § 83b AsylG ist, kommt es nicht darauf an, welche Behörde gehandelt hat – hier die Ausländerbehörde der Beklagten in Gestalt einer ausländerrechtlichen Maßnahme gegen einen Asylbewerber –, sondern auf die Rechtsgrundlage, aus der der Anspruch auf das behördliche Handeln abgeleitet wird (BayVGH, B.v. 26.11.2018 – 19 C 18.1605 – Rn. 6; B.v. 19.10.2016 – 21 CS 16.30179 – juris Rn. 9; B.v. 9.3.2016 – 10 C 16.324 – juris Rn. 4; B.v. 1.12.2015 – 19 CE 15.2311 – juris Rn. 3 m.w.N.; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 15.9.2016 – 3 S 73.16 u.a. – juris Rn. 2 <jeweils zu § 80 AsylG>; BayVGH, B.v. 19.10.2016 – 21 ZB 16.30251 – juris Rn. 6 <zu § 78 AsylG>; BVerwG, U.v. 25.9.1997 – 1 C 6.97 – juris Rn. 14 <jeweils zu § 78 AsylG>). Die Rechtsgrundlage für die Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung – ggf. in der Form einer Ausbildungserlaubnis – durch einen Asylbewerber i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG – wie die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss ihres Asylverfahrens – findet sich abschließend in § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG, der im Lichte der Art. 15 und 16 der Aufnahmerichtlinie (RL 2013/33/EU vom 20.6.2013 – ABl. Nr. L 180 vom 29.6.2013, S. 96) – deren Umsetzung das Asylgesetz dient – anzuwenden ist (vgl. BayVGH, B.v. 1.12.2015 – 19 CE 15.2311 – juris Rn. 3 f. m.w.N.).
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3. Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO, §§ 114 ff., 121 ZPO war abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung im maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife keine hinreichenden Erfolgsaussichten bot.
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Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 ZPO ist einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Aussicht auf Erfolg liegt stets dann vor, wenn eine gewisse, nicht notwendig überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Erfolg der beabsichtigten Rechtsverfolgung spricht. Bei der dabei vom Gericht anzustellenden vorläufigen Prüfung dürfen im Hinblick auf die Rechtsschutzgleichheit von Bemittelten und Unbemittelten keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Es genügt, wenn sich die Erfolgsaussichten bei summarischer Prüfung als offen darstellen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 166 Rn. 8 m.w.N.).
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Bei der Prüfung, ob die Rechtsverfolgung im Sinne des § 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO hinreichende Erfolgsaussicht bietet und nicht mutwillig erscheint, ist – bei, wie vorliegend, nicht auf das Berufungszulassungsverfahren beschränkter Antragstellung auf Prozesskostenhilfebewilligung und Anwaltsbeiordnung – grundsätzlich auf den jeweiligen Rechtszug i.S.d. § 166 VwGO i.V.m. § 119 Satz 1 ZPO abzustellen (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 166 Rn. 26a, 47 m.w.N.). Der Rechtszug ist in diesem Sinne grundsätzlich jeder Verfahrensabschnitt, der besondere Kosten verursacht; stehen mehrere Verfahrensabschnitte jedoch in notwendigem innerem Zusammenhang, so bilden sie auch dann einen einheitlichen Rechtszug, wenn sie jeweils mit Kosten verbunden sind (BVerwG, B.v. 29.11.1994 – 11 KSt 1.94 – beck-online). Ein solcher innerer Zusammenhang besteht zwischen dem Antragsverfahren auf Berufungszulassung und dem Berufungsverfahren ebenso wie zwischen dem Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde und dem Revisionsverfahren (vgl. zu Letzteren: BVerwG, B.v. 29.11.1994 – 1 KSt 1.94 – beck-online), weil der Zulassungsbeschluss gemäß § 124a Abs. 5 Satz 5 VwGO bewirkt, dass das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt wird, ohne dass es einer Berufungseinlegung oder einer anderen Prozesserklärung des Berufungsführers bedarf. Anders könnte dies zwar dann zu beurteilen sein, wenn eine Entscheidung über die Erfolgsaussichten und Mutwilligkeit hinsichtlich des Berufungsverfahrens im Zulassungsverfahren noch nicht möglich ist (vgl. BayVGH, B.v. 11.5.1998 – 27 B 98.30425 – juris Rn. 114; HessVGH, B.v. 8.8.1997 – 12 UZ 4496/96.A – juris Rn. 7 für eine noch nicht begründete Berufung), sofern nicht – für das Verhältnis von Berufungsverfahren und Zulassungsverfahren – in jedem Falle der Einwand greift, die Erfolgsaussichten von Nichtzulassungsbeschwerde und Revision (bzw. von Zulassungsverfahren und Berufungsverfahren) könnten wegen der (im Berufungszulassungsverfahren entsprechend anwendbaren) Vorschrift des § 144 Abs. 4 VwGO „grundsätzlich“ nicht unterschiedlich beurteilt werden (BVerwG a.a.O.; ThürOVG, U.v. 23.1.1998 – 3 ZKO 496/97 – juris; HessVGH, B.v. 4.2.1999 – 9 S 4605/98 – juris). Eine derartige Differenzierung ist im vorliegenden Verfahren jedoch nicht erforderlich.
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Wie dargestellt, hat sich vorliegend das ursprüngliche Klagebegehren nach der Antragstellung auf Berufungszulassung erledigt und die Klägerin hat auf die Änderung der Prozesslage nicht reagiert (eine Erledigterklärung oder Umstellung in eine Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ist nicht erfolgt, vgl. BVerwG, U.v. 4.12.2014 – 4 C 33.13 – juris; Riese in Schoch/Schneider, VwGO, Stand August 2022, § 113 Rn. 108 ff. m.V.a. BVerwG, U.v. 31.5.1979 – 1 WB 202.77), sodass ihre Klage unzulässig geworden ist. Schon unter diesem Gesichtspunkt wäre ein Berufungsverfahren der Klägerin erfolglos geblieben, weil das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts jedenfalls im Ergebnis richtig ist (entsprechend § 144 Abs. 4 VwGO).
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Maßgeblich für die Beurteilung der (prozesskostenhilferechtlichen) Erfolgsaussichten des Berufungszulassungsantrags der Klägerin ist der Zeitpunkt der Bewilligungs- und Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags (stRspr; vgl. z.B. BayVGH, B.v. 10.1.2016 – 10 C 15.724 – juris Rn. 14 m.w.N.). Die Entscheidungsreife tritt regelmäßig nach Vorlage der vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen sowie Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme oder Abgabe einer Stellungnahme (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO; vgl. BVerwG, B.v. 12.9.2007 – 10 C 39.07 u.a. – juris Rn. 1; BayVGH, B.v. 19.3.2018 – 10 C 17.2591 – juris) ein. Nach diesen Maßgaben trat die Bewilligungsreife vorliegend (nach Antragstellung auf PKH-Bewilligung und Vorlage der PKH-Unterlagen gemäß § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO mit der Stellung des Berufungszulassungsantrags am 23.2.2021 und Fristsetzung für die Beklagte zur Äußerung binnen vier Wochen ab Zustellung des Berufungszulassungsantrags am 12.3.2021) am 12. April 2021 ein. Nachträgliche Veränderungen der Sach- oder Rechtslage zu Lasten der Klägerin werden bei der Entscheidung über die Prozesskostenhilfebewilligung nicht berücksichtigt (vgl. Riese in Schoch/Schneider, VwGO, Stand August 2022, § 166 Rn. 121 m.V.a. BVerfG, B.v. 22.8.2018 – 2 BvR 2647/17 – juris Rn. 15; B.v. 4.10.2017 – 2 BvR 496/17 – juris Rn. 14).
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Gemessen an diesen Grundsätzen bot der Antrag auf Berufungszulassung im Zeitpunkt der Bewilligungsreife keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfrage, „ob der Verweis in § 61 Abs. 2 Satz 5 AsylG auf Absatz 1 Satz 2 einen strikten Rechtsanspruch auf Beschäftigung auch für Asylbewerber vermittelt, die nicht verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen und die sämtliche Voraussetzungen des § 61 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 4 AsylG erfüllen“, die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht zukam. Denn die Frage nach der Auslegung des § 61 Abs. 2 Satz 5 AsylG war im maßgeblichen Zeitpunkt nicht entscheidungserheblich und damit nicht in einem Berufungsverfahren klärungsfähig.
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Die Klägerin vertritt die Rechtsauffassung, dass sich aus der Bestimmung des § 61 Abs. 2 Satz 5 AsylG (in der hier maßgeblichen, vom 1.3.2020 bis 14.7.2021 gültigen Fassung des Art. 3 Nr. 11 des Gesetzes vom 15.8.2019, BGBl. I, S. 1294) ergibt, dass einem nicht in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen verpflichteten Asylbewerber – wie der Klägerin, deren Wohnverpflichtung in einer Aufnahmeeinrichtung mit dem Ablauf der 18-Monatsfrist gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 AsylG geendet hat – bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen des § 61 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 4 AsylG ein Rechtsanspruch auf die beantragte Beschäftigungserlaubnis zukommt. Diese Frage wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet (vgl. einerseits – für Rechtsanspruch bzw. Ermessensreduzierung – VG München, B.v. 14.10.2019 – M 25 S7 19.4436 – beck-online, Rn. 18 ff.; vgl. auch Vollzugshinweise des BayStMI v. 13.7.2020, ber. IMS v. 24.3.2022 – F3-2081-3-64, S. 20 f.; andererseits – verneinend – VG Potsdam, U.v. 16.3.2021 – 8 K 3117/19.A – juris Rn. 30 ff.; VG München, U.v. 23.10.2019 – M 9 K 19.4677 – juris Rn. 26 ff.). Aus den Gesetzgebungsmaterialien lassen sich hierzu keine Erkenntnisse ableiten (vgl. BT-Drs. 19/10706, S. 17 und dazu VG München, U.v. 23.10.2019 – M 9 K 19.4677 – juris Rn. 28; Wittmann/Röder, ZAR 2019, 412/417). In der Kommentarliteratur zu § 61 AsylG wird die Frage überwiegend bejaht (vgl. Neundorf in Kluth/Heusch, Ausländerrecht, 36. Ed. 1.10.2022, AsylG § 61 Rn. 28a; Röder in Decker/Bader/Kothe, Migrations- und Integrationsrecht, 14. Ed. 15.1.2023, AsylG § 61 Rn. 79; Funke-Kaiser/Fritz/Vormeier, GK-AsylG, § 61 Rn. 47; Amir-Haeri in Huber/Mantel, AufenthG/AsylG, 3. Aufl. 2021, AsylG § 61 Rn. 12; vgl. auch Wittmann/Röder, ZAR 2019, 412/417; anderer Ansicht Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 14. Aufl. 2022, AsylG § 61 Rn. 2, 6).
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Die Frage war aber im Rechtsstreit der Klägerin – bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses – nicht entscheidungserheblich und damit nicht klärungsbedürftig. Selbst wenn die von der Klägerin aufgeworfene Frage dahingehend zu beantworten wäre, dass – wie von ihr vertreten – die Ermessensentscheidung nach § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG aufgrund der Regelung in § 61 Abs. 2 Satz 5 AsylG auch für die genannte Gruppe von Asylbewerbern zu einer gebundenen Entscheidung heraufgestuft wäre, stünde damit noch nicht fest, dass der Klägerin ein solcher Anspruch zusteht:
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Zwar erfüllte die Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt die materiellen Anspruchsvoraussetzungen des § 61 Abs. 1 Satz 2 AsylG, weil ihr durch den Asylantrag vom 3. April 2014 eingeleitetes Asylverfahren nicht innerhalb von neun Monaten unanfechtbar abgeschlossen war (§ 61 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG), eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit für die angestrebte Ausbildung als Rechtsanwaltsfachangestellten gemäß §§ 4a Abs. 4, 42 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG i.V.m. §§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 32 Abs. 2 Nr. 2 BeschV nicht erforderlich war (§ 61 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) und die Klägerin weder Staatsangehörige eines sicheren Herkunftsstaates i.S. des § 29a AsylG ist (§ 61 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG), noch ihr Asylantrag (im maßgeblichen Bescheid des Bundesamts vom 16.10.2018) als offensichtlich unbegründet oder als unzulässig abgelehnt wurde (§ 61 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AsylG).
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Es bleibt aber offen, ob der Klägerin auch das zur Verbescheidung ihres entsprechenden Antrags erforderliche Sachbescheidungsinteresse zustand. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass ein begünstigender Verwaltungsakt wegen fehlenden Sachbescheidungsinteresses abgelehnt werden darf. Danach besteht der allgemeine Grundsatz, dass „jede Verwaltungstätigkeit ein – wie auch immer geartetes – öffentliches oder privates Bedürfnis zu befriedigen hat und deshalb dann zumindest unterbleiben darf und in der Regel wohl auch unterbleiben muss, wenn sie ohne jeden erkennbaren Sinn ist“ (BVerwG, B.v. 12.11.1976 – VII B 21.76 – juris Rn. 3 m.w.N.). Das Vorliegen eines anerkennenswerten Interesses am behördlichen Tätigwerden ist demnach eine verwaltungsverfahrensrechtliche Sachentscheidungsvoraussetzung, so dass die Behörde bei fehlendem Sachbescheidungsinteresse jedenfalls nicht zur Sache entscheiden muss (vgl. BVerwG, U.v. 25.6.2020 – 4 C 3.19 – juris Rn. 27; B.v. 30.6.2004 – 7 B 92.03 – juris Rn. 24; U.v. 6.8.1996 – 9 C 169.95 – juris Rn. 11 m.w.N.; U.v. 23.3.1973 – IV C 49.71 – juris Rn. 14; Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl 2023, § 9 Rn. 153 ff.; Engel/Pfau in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 22 Rn. 52). Dieses fehlt etwa, wenn der Antragsteller aus Gründen, die jenseits des Verfahrensgegenstandes liegen, an einer Verwertung der begehrten Genehmigung gehindert und diese deshalb ersichtlich nutzlos wäre (Engel/Pfau in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 22 Rn. 52) bzw. wenn deren Ausnutzung schlechthin nicht ausräumbare Hindernisse entgegenstehen (Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 9 Rn. 154 ff.). Diese Grundsätze gelten auch für Verwaltungsakte, die aufgrund einer gebundenen Verwaltungsentscheidung ergehen, auf deren Erlass mithin bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen ein Rechtsanspruch des Begünstigten besteht (vgl. BVerwG, U.v. 6.8.1996 – 9 C 169.95 – juris Rn. 11 m.w.N.; U.v. 23.3.1973 – IV C 49.71 – juris Rn. 14). Denn auch die Erteilung eines Verwaltungsaktes, auf den der dadurch Begünstigte einen Rechtsanspruch hat, bedarf eines Verwaltungsverfahrens, dessen Durchführung unter dem verfahrensrechtlichen – und damit der Prüfung der materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen vorgelagerten – Vorbehalt des Bestehens eines Sachbescheidungsinteresses steht.
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Unter welchen Umständen das Sachbescheidungsinteresse für den Erlass eines Verwaltungsaktes und damit auch der hier inmitten stehenden Beschäftigungserlaubnis nach § 61 AsylG fehlt, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab und entzieht sich somit einer grundsätzlichen Klärung (vgl. Beispiele bei Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 9 Rn. 155 ff.). Die Klägerin legt nicht dar, dass ihr ein Sachbescheidungsinteresse zustehe und dass es deshalb in ihrem Rechtsstreit auf die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ankomme. Die Klägerin ist vielmehr der Auffassung, dass ihrem (behaupteten) Rechtsanspruch auf Erteilung der Beschäftigungserlaubnis ein fehlendes Sachbescheidungsinteresse nicht entgegengehalten werden dürfe. Dies trifft aber, wie dargelegt, nicht zu.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
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Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).