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VG München, Urteil v. 02.03.2023 – M 27 K 21.5969
Titel:

Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen, Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Hebamme“, Nordmazedonische Berufsausbildung, Gleichwertigkeit

Normenketten:
HebG § 77a
HebG 1985 § 2
HebAprV § 1
Schlagworte:
Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen, Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Hebamme“, Nordmazedonische Berufsausbildung, Gleichwertigkeit
Fundstelle:
BeckRS 2023, 7258

Tenor

I.  Die Klage wird abgewiesen.
II.  Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.  Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Die im Jahr 1976 geborene Klägerin, eine nordmazedonische Staatsangehörige, macht mit ihrer Klage einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Hebamme“ geltend.
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Nachdem die Klägerin bereits in der Vergangenheit erfolglos Verfahren zur Anerkennung ihres nordmazedonischen Berufsabschlusses als „Krankenschwester für Gynäkologie und Entbindung“ betrieben hatte, wandte sie sich mit E-Mail vom … … … erneut an die Regierung von Oberbayern mit der Bitte um Überprüfung ihrer nordmazedonischen Ausbildung. Mit E-Mail vom … … … bat die Regierung von Oberbayern um Übersendung weiterer Unterlagen, unter anderem eines Formblattantrags im Original.
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Daraufhin beantragte die Klägerin mit Formblattantrag vom 1. April 2020, eingegangen bei der Regierung von Oberbayern am … … …, die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung im Gesundheitsfachberuf „Hebamme“. Hierzu legte die Klägerin unter anderem einen Lebenslauf vor, in welchem sie angab, in Nordmazedonien zunächst vier Jahre die Hauptschule und im Anschluss vier Jahre das Medizinische Schulzentrum „… …“ besucht zu haben. Ferner legte sie in beglaubigter Übersetzung mehrere Unterlagen vor, unter anderem ein Abschlusszeugnis des Medizinischen Schulzentrums „… …“ vom … … …, eine Bestätigung über ein Volontariat im Medizinischen Zentrum …, …, vom … … … bis zum … … … sowie jeweils ein Arbeitszeugnis des PBM Pflegedienstes vom … … … und der … Ambulante Alten und Krankenpflege München vom … … … über eine Tätigkeit der Klägerin als Pflegehelferin.
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Die Regierung von Oberbayern bestätigte mit Schreiben vom 16. April 2020 den Antragseingang und forderte die Klägerin mit E-Mail vom 15. Mai 2020 auf, bis zum 29. Juni 2020 die noch fehlenden Nachweise des Fachpraktikums („staž“) und der Fachprüfung („stručen ispit“) in Originalsprache und in deutscher Sprache als amtlich beglaubigte Kopien nachzureichen.
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In der Folge reichte die Klägerin mehrere Unterlagen nach, unter anderem vier Jahreszeugnisse des Medizinischen Schulzentrums „… …“ vom … … … (erste Klasse), vom … … … (zweite Klasse), vom … … … (dritte Klasse) und vom … … … (vierte Klasse) sowie eine Fächer- und Stundenübersicht des Medizinischen Schulzentrums „… …“ vom … … … über den von der Klägerin besuchten Unterricht.
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Mit E-Mails vom 25. Juni 2020 und vom 7. Juli 2020 teilte die Regierung von Oberbayern der Klägerin mit, dass ihr Diplom sowie ihr Volontariat aus … nicht ausreichen würden, um diesen Beruf eigenverantwortlich in … auszuüben und wies erneut darauf hin, dass in … für den Abschluss einer Berufsausbildung ein Fachpraktikum und eine darauffolgende Fachprüfung erforderlich seien. Der Klägerin wurde eine nochmalige Frist zur Vorlage der entsprechenden Unterlagen bis zum 15. Juli 2020 gesetzt.
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In der Folge legte die Klägerin weitere Unterlagen vor, unter anderem eine Bestätigung über die Absolvierung des Fachpraktikums im Allgemeinen Krankenhaus … vom … … … … … … … … und einen Nachweis über das Bestehen der Fachprüfung am … … … vor dem Prüfungsausschuss im Allgemeinkrankenhaus …
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Mit Bescheid vom 2. November 2021, an die Klägerin versandt am 3. November 2021, teilte die Regierung von Oberbayern der Klägerin mit, dass ihr die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Hebamme“ derzeit nicht erteilt werden könne (Nr. 1). Um die Gleichwertigkeit ihrer Ausbildung mit der deutschen Ausbildung zur Hebamme nachzuweisen, habe sie die Möglichkeit, eine Kenntnisprüfung abzulegen bzw. einen Anpassungslehrgang durchzuführen (Nr. 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die sofortige Anerkennung der in … erworbenen Ausbildung nicht möglich sei, da sie sich wesentlich von der Ausbildung nach dem Hebammengesetz unterscheide. Abgestellt werde für die Prüfung auf das Hebammengesetz in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung, was nach § 77a Abs. 1 HebG möglich sei. Die Ausbildung der Klägerin bleibe allein vom Umfang her wesentlich hinter der deutschen Hebammenausbildung zurück. Die festgestellten wesentlichen Unterschiede könnten nicht durch Kenntnisse und Fähigkeiten aufgrund einschlägiger mehrjähriger Berufserfahrung als Hebamme ausgeglichen werden, da keine Nachweise einer Berufstätigkeit als Hebamme vorgelegt worden seien.
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Am 16. November 2021 ließ die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten beim Bayerischen Verwaltungsgericht München gegen diesen Bescheid Klage erheben und der Sache nach beantragen,
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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 2. November 2021 zu verpflichten, der Klägerin die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Hebamme“ zu erteilen.
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Zur Begründung ließ die Klägerin im Wesentlichen vortragen, dass sie sämtliche Nachweise zur Anerkennung ihrer Berufsausbildung vorgelegt habe. … sei Kooperationsstaat der Europäischen Union, sodass die europäischen Anerkennungsrichtlinien hätten herangezogen werden müssen. Der streitgegenständliche Bescheid sei rechtswidrig.
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Mit Schreiben vom 17. November 2021 wandte sich ein ehemaliger Arbeitgeber der Klägerin unter Vorlage einer eigenen Stundenberechnung an die Regierung von Oberbayern und brachte vor, dass seine Berechnung der urkundlich bescheinigten Stunden in Theorie und Praxis nicht den im Bescheid angegebenen Werten entsprächen. Es werde um nochmalige Prüfung gebeten. Die RL 2005/36/EG berücksichtige bereits, dass ein zweifelsfreier Nachweis der Gleichwertigkeit praktisch nie ganz möglich sei.
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Die Regierung von Oberbayern beantragte mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2021 für den Beklagten,
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die Klage abzuweisen
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und legte am 10. Dezember 2021 die Behördenakten vor.
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Mit Schriftsatz vom 19. Januar 2023 wurde zur Klageerwiderung ausgeführt, dass zwischen der von der Klägerin absolvierten Ausbildung und der Ausbildung nach dem Hebammengesetz wesentliche quantitative Unterschiede bestünden, da die Klägerin für den praktischen Unterricht einschließlich praktischer Ausbildung lediglich ca. 1.144 Stunden nachgewiesen habe, die Ausbildung zur Hebamme in Deutschland hingegen 3.000 Stunden praktischer Ausbildung umfasse. Insbesondere dienten weder das abgeleistete Volontariat im Medizinischen Zentrum … noch das Fachpraktikum im Allgemeinen Krankenhaus … als Nachweis über absolvierte Praxisstunden, da in den entsprechenden Bestätigungen weder Stunden noch Inhalte ausgewiesen würden und somit nicht zugeordnet werden könnten. Unabhängig von der Quantität der erbrachten praktischen Stundenanzahl sei auch die inhaltliche Ausgestaltung der erworbenen Ausbildung qualitativ nicht geeignet, die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes nachzuweisen. Aus der Aufstellung über die Stunden und Fächer des praktischen und theoretischen Unterrichts des Medizinischen Schulzentrums „… …“ ergebe sich, dass wesentliche Ausbildungsinhalte der deutschen Hebammenausbildung fehlten, insbesondere die in der Anlage 1 zur deutschen HebAPrV geforderten theoretischen Fachgebiete „Grundlagen für die Hebammentätigkeit“, „Praktische Geburtshilfe“, „Pflege, Wartung und Anwendung geburtshilflicher Apparate und Instrumente“, „Schwangerenbetreuung“ und „Wochenpflege“. Eine eigenverantwortliche Tätigkeit als Hebamme habe die Klägerin auch nicht durch die von ihr vorgelegten Arbeitszeugnisse nachgewiesen. Berufspraxis sei ihr darin ausschließlich im Fachgebiet der Pflege bescheinigt worden. Die von der Klägerin zitierte RL 2005/36/EG gelte für … nicht.
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Mit weiterem Schriftsatz vom 7. Februar 2023 führte die Regierung von Oberbayern ergänzend aus, dass die Qualifikation der Klägerin eher dem Berufsbild der Krankenpflegerin als dem der Hebamme entspreche bzw. zumindest deutliche Mischelemente enthalte. Vorgelegt wurde ein Gutachten der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen – Gutachtenstelle für Gesundheitsberufe, welches zu dem nordmazedonischen Abschluss „Krankenschwester der Geburtshilfe“ die allgemeine Feststellung enthält, dass die Ausbildung zur Hebammenschwester im ehemaligen Jugoslawien auch Krankenpflegeanteile mit einem ausgeprägten Schwerpunkt in der Gynäkologie und Geburtshilfe umfasse, aber auch mit beträchtlich geringeren Anteilen im Bereich der Inneren Medizin und Chirurgie. Somit könne aufgrund der allgemeinen Pflegeausbildung eine Anerkennung als Krankenpflegehelferin und nach einer Feststellung des Ausbildungsstandes eine Anrechnung auf die deutsche Krankenschwesternausbildung in Betracht gezogen werden.
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Der Klägerbevollmächtigte erwiderte mit Schriftsatz vom 28. Februar 2023 und wies darauf hin, dass die Stundenberechnung der Regierung von Oberbayern fehlerhaft sei. Die Klägerin habe fachbezogenen Unterricht erhalten und arbeite zudem seit vielen Jahren in der Krankenpflege. Jedenfalls hätte die Regierung von Oberbayern die Berufsbezeichnung „Krankenschwester“ anerkennen müssen.
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Die Verwaltungsstreitsache wurde am 2. März 2023 mündlich verhandelt. Hinsichtlich des Ergebnisses wird auf das Protokoll vom selben Tag verwiesen.
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Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie die beigezogene Gerichtsakte im Verfahren M 27 K … … Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Der ablehnende Bescheid des Beklagten vom 2. November 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Hebamme“ (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1).
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1. Für die von der Klägerin begehrte Anerkennung ihrer in … erworbenen Berufsqualifikation ist nach der Übergangsregelung des § 77a Abs. 1 des Gesetzes über das Studium und den Beruf von Hebammen (Hebammengesetz – HebG, BGBl I 2019, S. 1759) weiterhin die Regelung des Hebammengesetzes in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung (im Folgenden: HebG) maßgeblich. Hierzu hat der Beklagte in dem streitgegenständlichen Bescheid ausgeführt, dass die Entscheidung im Falle der Klägerin noch nach der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Rechtslage erfolge, weil sich die Anpassungsmaßnahmen nach dem neuen Hebammengesetz noch im Aufbau befänden, eine belastbare vergleichende Beurteilung der ausländischen Abschlüsse erst möglich sei, wenn ausreichende Erfahrungen bezüglich des neuen Hebammenstudiums zur Verfügung stünden und ein Nebeneinander verschiedener Prüfverfahren sowohl die Anerkennungsbehörden als auch die Träger von Nachqualifizierungsmaßnahmen unverhältnismäßig belasten und die Dauer der Anerkennungsverfahren erheblich verlängern würden. Diese im Rahmen der Ermessensausübung angestellten Erwägungen sind nachvollziehbar. Sie sind im Hinblick auf die dem Gericht nach § 114 Satz 1 VwGO nur zustehende eingeschränkte Überprüfungskompetenz und vor dem Hintergrund, dass die Klägerin keinen Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Hebamme“ nach dem Hebammengesetz in der ab dem 1. Januar 2020 gültigen Fassung gestellt hat, nicht zu beanstanden (vgl. hierzu VG Regensburg, U.v. 12.9.2022 – RN 5 K 20.806 – juris Rn. 27).
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2. Der von der Klägerin geltend gemachte und allein streitgegenständliche Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Hebamme“ besteht nicht.
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a) Der Prüfungsmaßstab ergibt sich vorliegend aus § 2 Abs. 2 HebG. Da … weder Mitgliedstaat der Europäischen Union noch Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums ist, kommen erleichterte Anerkennungsregelungen nach der RL 2005/36/EG nicht zur Anwendung.
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Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 HebG erfüllt eine außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes und außerhalb eines anderen Vertragsstaats des Europäischen Wirtschaftsraums erworbene abgeschlossene Ausbildung die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 HebG, wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes gegeben ist. Der Ausbildungsstand ist nach § 2 Abs. 2 Satz 2 HebG als gleichwertig anzusehen, wenn die Ausbildung der Antragsteller keine wesentlichen Unterschiede gegenüber der in diesem Gesetz und in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Hebammen und Entbindungspfleger geregelten Ausbildung aufweist. Wesentliche Unterschiede im Sinne des Satzes 2 liegen nach Satz 3 der Vorschrift vor, wenn die Ausbildung der Antragsteller hinsichtlich der beruflichen Tätigkeit Fächer oder Bereiche der praktischen Ausbildung umfasst, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die für die Ausbildung nach diesem Gesetz und nach der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Hebammen und Entbindungspfleger vorgeschrieben sind (Nr. 1), oder der Beruf der Hebamme oder des Entbindungspflegers eine oder mehrere reglementierte Tätigkeiten umfasst, die im Herkunftsstaat der Antragsteller nicht Bestandteil des Berufs sind, der dem der Hebamme oder des Entbindungspflegers entspricht, und wenn sich die Ausbildung für diese Tätigkeiten auf Fächer oder Bereiche der praktischen Ausbildung nach diesem Gesetz und nach der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Hebammen und Entbindungspfleger bezieht, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die von der Ausbildung der Antragsteller abgedeckt sind (Nr. 2), und die Antragsteller diese Unterschiede nicht durch Kenntnisse und Fähigkeiten ausgleichen können, die sie im Rahmen ihrer Berufspraxis als Hebamme oder Entbindungspfleger in Voll- oder Teilzeit oder durch lebenslanges Lernen erworben haben, sofern die durch lebenslanges Lernen erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten von einer dafür in dem jeweiligen Staat zuständigen Stelle formell als gültig anerkannt wurden; dabei ist nicht entscheidend, in welchem Staat diese Kenntnisse und Fähigkeiten erworben worden sind. Fächer oder Bereiche der praktischen Ausbildung unterscheiden sich nach § 2 Abs. 2 Satz 4 HebG wesentlich, wenn die nachgewiesene Ausbildung des Antragstellers wesentliche inhaltliche Abweichungen hinsichtlich der Kenntnisse und Fähigkeiten aufweist, die eine wesentliche Voraussetzung für die Ausübung des Berufs der Hebamme oder des Entbindungspflegers in Deutschland sind; Satz 3 letzter Teilsatz gilt entsprechend.
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b) Unter Heranziehung dieses Maßstabs und unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgelegten Ausbildungsnachweise ist die in … erworbene Berufsqualifikation der Klägerin nicht als gleichwertig zu der deutschen Berufsqualifikation „Hebamme“ zu betrachten, da die von der Klägerin absolvierte Ausbildung wesentliche Unterschiede zu der in Deutschland geregelten Ausbildung als Hebamme aufweist (§ 2 Abs. 2 Satz 2 HebG). Die Ausbildung der Klägerin umfasst hinsichtlich der beruflichen Tätigkeit Fächer und Bereiche der praktischen Ausbildung, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die für die Ausbildung nach dem HebG und der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Hebammen und Entbindungspfleger in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung – HebAPrV (BGBl. I 1987, S. 933) vorgeschrieben sind (§ 2 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 HebG).
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Unabhängig von der Frage des von der Klägerin nachgewiesenen Umfangs ihrer in … absolvierten Ausbildung weist die Ausbildung der Klägerin jedenfalls inhaltlich wesentliche Unterschiede gegenüber der Ausbildung zur Hebamme nach der HebAPrV auf. Die Ausbildung für Hebammen und Entbindungspfleger nach § 1 Abs. 1 Satz 1 HebAPrV umfasst mindestens den in Anlage 1 aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht von 1.600 Stunden und die in Anlage 2 aufgeführte praktische Ausbildung von 3.000 Stunden. Der theoretische und praktische Unterricht beinhaltet nach Anlage 1 der HebAPrV unter anderem die Bereiche „Grundlagen für die Hebammentätigkeit“, „Praktische Geburtshilfe“, „Pflege, Wartung und Anwendung geburtshilflicher Apparate und Instrumente“, „Schwangerenbetreuung“ und „Wochenpflege“, wobei diese Bereiche in Anlage 1 der HebAPrV jeweils näher spezifiziert werden. So beinhaltet die „Praktische Geburtshilfe“ die Teilbereiche „Vorbereitung für die Geburt“ (3.1), „Maßnahmen bei der regelrechten Geburt“ (3.2), „Geburtshilfliche Eingriffe“ (3.3), „Erstversorgung der Wöchnerin“ (3.4) und „Versorgung des Neugeborenen“ (3.5).
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Den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen lässt sich nicht entnehmen, dass ihre nordmazedonische Ausbildung diese Bereiche abdeckt. Die Aufstellung über die Stunden und Fächer des praktischen und theoretischen Unterrichts des „Medizinischen Schulzentrums … …“ beinhaltet neben der Auflistung allgemeiner Ausbildungsfächer im Rahmen der Fachausbildung zwar sog. Fachunterrichts- und besondere Fachunterrichtsfächer, lässt jedoch keinen Rückschluss über eine Ausbildung der Klägerin in den oben genannten Bereichen zu. Gleiches gilt für die von der Klägerin vorgelegten vier Jahreszeugnisse des Medizinischen Schulzentrums „… …“. Die von der Klägerin vorgelegte „Broschüre der Ausbildung des Gesundheitspersonals“ über das von ihr absolvierte Fachpraktikum und die Bestätigung über das von der Klägerin im Medizinischen Zentrum … vom … … … bis zum … … … abgeleistete Volonariat treffen zu den genannten Bereichen ebenfalls keine Aussage.
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Die genannten Bereiche sind ihrer Natur nach auch als wesentliche Voraussetzung für die Ausübung des Berufs der Hebamme anzusehen (§ 2 Abs. 2 Satz 4 HebG); sie stellen Kernbereiche der Hebammentätigkeit dar.
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Die Klägerin kann diese Unterschiede auch nicht nach § 2 Abs. 2 Satz 3 HebG durch Kenntnisse und Fähigkeiten ausgleichen, die sie im Rahmen einer etwaigen Berufspraxis als Hebamme erworben hat. Das von der Klägerin vorgelegte Arbeitszeugnis des … Pflegedienstes vom … … … bescheinigt eine Tätigkeit der Klägerin als Pflegehelferin, nicht hingegen als Hebamme. Gleiches gilt für das Arbeitszeugnis der … Ambulante Alten und Krankenpflege München vom … … … Ein Ausgleich kommt mangels Nachweises einschlägiger Berufspraxis mithin nicht in Betracht.
II.
32
Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
III.
33
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.