Inhalt

VG München, Urteil v. 04.04.2023 – M 17 K 22.3470
Titel:

Beamtenrechtliches Beihilferecht: Keine zahnmedizinische Behandlung mittels Implantat über den Beihilferahmen hinaus; Verbundbrücke als zumutbare Alternativbehandlung

Normenketten:
BBhV § 15
GG Art. 33 Abs. 5
Leitsätze:
1. Die Begrenzung der Beihilfefähigkeit in § 15 BBhV ist Teil des sich aus dem Gesamtzusammenhang der Beihilfevorschriften ergebenden Programms zur Konkretisierung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn im Bereich zahnärztlicher Leistungen. Die Beschränkung der Implantatversorgung erfolgt nicht in Anknüpfung an den Gesichtspunkt der medizinischen Notwendigkeit, sondern im Hinblick auf den Gesichtspunkt der Angemessenheit der beihilfefähigen Aufwendungen. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die durch § 15 Abs. 1 BBhV erfolgte Begrenzung der Beihilfefähigkeit implantatbezogener Behandlungspositionen ist mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn vereinbar. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Implantatbehandlung ist nicht bereits deswegen aufgrund des Fehlens einer zumutbaren Alternativbehandlung medizinisch notwendig, falls eine „Verbundbrücke“ trotz etwaiger Nachteile (hier: Ungünstigkeit aufgrund von Statik und Biomechanik und niedrigere Stabilität als das streitgegenständliche Implantat, sowie der Umstand, dass bei der Brücke gesunde Zahnsubstanz "geopfert" werden muss) eine zumutbare Alternativbehandlung darstellt. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beihilfe für zahnmedizinische Behandlungen, Eingeschränkte Beihilfefähigkeit von implantologischen Leistungen., Eingeschränkte Beihilfefähigkeit von implantologischen Leistungen, zumutbare Alternativbehandlung, Beihilfe, zahnärzliche Behandlung, Implantat, Verbundbrücke, medizinische Notwendigkeit, Beamtenrecht, Angemessenheit, Fürsorgepflicht
Fundstelle:
BeckRS 2023, 7251

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Gewährung weiterer Beihilfeleistungen für zahnmedizinische Behandlungen. Er ist gegenüber der Beklagten beihilfeberechtigt. Der Bemessungssatz zu krankheitsbedingten Aufwendungen beträgt 70 v. H.
2
Am ... beantragte der Kläger die Gewährung von Beihilfe für eine Zahnarztrechnung des ... vom ... über einen Betrag von 1281, 54 €.
3
Am ... beantragte der Kläger die Gewährung von Beihilfe unter anderem für eine Zahnarztrechnung der ... vom ... über einen Betrag von 103,73 €.
4
Mit Bescheid vom 22. April 2022 erkannte die Beklagte auf Antrag vom ... einen Betrag von 0,00 € als beihilfefähig an und gewährte dementsprechend keine Beihilfe. Dies begründete die Beklagte damit, dass höchstens zwei Implantate je Kiefer beihilfefähig seien, wenn keine der Indikationen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 BBhV vorliege. Die Kosten für ein Implantat in den Zahnbereichen 14 seien daher nicht beihilfefähig.
5
Mit Bescheid vom ... erkannte die Beklagte auf Antrag vom ... einen Betrag von 27,54 € als beihilfefähig an und gewährte dem Kläger dementsprechend eine Beihilfe von 19,28 € (70% von 27,54 €). Dies begründete die Beklagte damit, dass keine der Indikationen des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 5 BBhV vorliege. Daher seien höchstens zwei Implantate je Kiefer (einschließlich vorhandener Implantate, zu denen Beihilfe oder vergleichbare Leistungen aus öffentlichen Kassen gewährt worden seien) beihilfefähig (§ 15 Abs. 2 BBhV). Die Kosten für ein Implantat in den Zahnbereichen 16 seien daher nicht beihilfefähig. Die Aufwendungen einschließlich der Material- und Laborkosten, den Austausch von Sekundärteilen und gegebenenfalls vorbereitenden operativen Maßnahmen wie Knochenaufbau seien entsprechend dem Verhältnis der Zahl der nichtbeihilfefähigen zur Gesamtzahl der Implantate zu kürzen (§ 15 Abs. 2 Satz 2 BBhV).
6
Mit Schreiben vom 19. Mai 2022, eingegangen bei der Beklagten am 23. Mai 2022, erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 22. April 2022.
7
Mit Schreiben vom 25. Mai, eingegangen bei der Beklagten am selben Tag, erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 2** … … Dies begründete er im Wesentlichen damit, dass die Behandlung durch ... nur indirekt im Zusammenhang mit dem bereits abgelehnten Antrag auf Kostenerstattung für ein neues Implantat stehe. Die Praxis von ... habe den Aufbau des „uralten“ und damals auch „bezahlten“ Implantats entfernen lassen wollen, was aufgrund nicht mehr vorhandener Werkzeuge nicht möglich gewesen sei.
8
Mit E-Mail vom 13. Juni 2022 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er seinen Widerspruch vom 19. Mai 2022 aufrechterhalte und bat um Neubewertung. Er äußerte seine „persönliche Meinung“ wie folgt: Mit welcher Begründung solle man einen völlig intakten Eckzahn abschleifen und damit zerstören, wenn obendrein die Haltbarkeit und Stabilität einer normalen Brücke nicht gewährleistet sei?
9
Im Anhang zur E-Mail vom 13. Juni 2022 übersandte der Kläger ein Schreiben des ... vom ... Darin teilte ... im Wesentlichen mit, dass er bei dem Kläger eine implantatbezogene Brücke plane. Hierzu sei in der Region 14 von einem Chirurgen ein „neues“ Implantat inseriert worden. Diese Brücke reiche somit von dem Implantat Regio 14 auf das bereits vorhandene Implantat Regio 16. Diese Brückenversorgung habe lediglich eine Brückenspanne über die Region 15, die mit einem Brückenglied versorgt werde. Aufgrund der geringen Spannweite und der Befestigung auf zwei Implantaten sei diese Konstruktion als sehr stabil und statisch als sehr günstig einzustufen. Eine Konstruktion in Form einer Verbundbrücke sei aufgrund der Biomechanik im vorliegenden Fall als „ungünstig“ einzustufen. Es könne zu Komplikationen kommen, die zu einem Verlust der neu angefertigten Brücke, des Brückenzahnes oder des Implantates führen könnten. Die große Spannweite über zwei Zähne könne eine größere Hebelwirkung auf die Brückenpfeiler ausüben. Eine Versorgung mit einer Verbundbrücke erweise sich im vorliegenden Fall als „nicht so stabil“ und „statisch als ungünstig“. Zudem müsse er bei Anfertigung einer Verbundbrücke bei Zahn 13 „gesunde“ Zahnsubstanz „opfern“, um den Zahn zu überkronen. Der Kläger habe eine ausgeprägte Kaumuskulatur, weswegen beim Kauen große Kräfte auf die Zähne wirken würden. Hinsichtlich der weiteren Ausführungen nimmt das Gericht auf das Schreiben Bezug.
10
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2022 wies die Beklagte den Widerspruch vom 25. Mai 2022 zurück. Dies begründete sie im Wesentlichen unter Verweis auf die Voraussetzungen des § 15 BBhV. Die Rechnung vom ... über 103,73 € umfasse implantatbezogene Leistungen der Nummer 0080 und 9050 Gebührenordnung für Zahnärzte (3,88 € + 40,49 €) sowie die dazugehörigen Auslagen in Höhe von 35,70 €. Diese Aufwendungen seien nicht beihilfefähig. Nach alledem ergebe sich ein beihilfefähiges Honorar von 23,66 €. Unter Anrechnung der gewährten Beihilfe in Höhe von 19,28 € sei eine Überzahlung von 2,72 € erfolgt. Auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheids wird Bezug genommen.
11
Mit Beihilfebescheid – Nachberechnung – vom 21. Juni 2022 setzte die Beklagte auf den Beihilfeantrag vom ... eine Beihilfe von 131,99 € fest und änderte den Beihilfebescheid vom 22. April 2022 dementsprechend.
12
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2022 half die Beklagte dem Widerspruch vom 19. Mai 2022 teilweise ab und gewährte eine Beihilfe in Höhe von 131,99 €. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück. Die begründete sie im Wesentlichen mit Verweis auf die Voraussetzungen der §§ 15 und 16 BBhV. Beim Kläger liege keine Ausnahme nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BBhV vor, sodass nur zwei Implantate je Kiefer (Oberkiefer: Regio 17 und 27) dem Grunde nach als beihilfefähig anerkannt worden seien. Eine Beihilfegewährung zu den darüber hinaus gesetzten Implantaten (Oberkiefer: Regio 18,16, 14, 24, 26 und 28) müsse auch unter Würdigung der zahnärztlichen Stellungnahme vom ... versagt bleiben. Die Notwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendungen für die durchgeführten implantologischen Leistungen werde seitens der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Die Notwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendungen begründe für sich allein jedoch noch keinen Beihilfeanspruch. Vom zahnärztlichen Honorar in Höhe von 891,77 € seien 185,76 € beihilfefähig. Von den Auslagen in Höhe von 389,77 € seien 1,60 € (100% von 1,60 €) für Anästhetika und 1,20 € (60% von 2,00 €) € beihilfefähig. Unter Berücksichtigung des Bemessungssatzes ergebe sich ein Betrag von 131,99 €.
13
Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2022, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am selben Tag, erhob der Kläger durch seinen Bevollmächtigten unter Ankündigung einer gesonderten Begründung nach Akteneinsicht Klage mit folgenden Anträgen:
14
1. Die Beklagte wird verpflichtet, an den Kläger noch Beihilfeleistungen in Höhe von 53,33 € (=70% von 76,19 €) zu erbringen, sowie diesen Betrag ab Rechtshängigkeit mit 5% Zinsen über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Der Beihilfebescheid vom 2** … … in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2022 wird aufgehoben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht.
15
2. Die Beklagte wird verpflichtet, an den Kläger noch Beihilfeleistungen in Höhe von 765,09 € (=70% von 1.092,98 €) zu erbringen, sowie diesen Betrag ab Rechtshängigkeit mit 5% Zinsen über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Der Beihilfebescheid vom 22. April 2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Juni 2022 wird aufgehoben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht.
16
Mit Schriftsatz vom 9. August 2022 verzichtete der Kläger auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
17
Mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2022 begründete der Bevollmächtigte des Klägers die Klage im Wesentlichen damit, dass die streitgegenständliche Implantatbehandlung medizinisch notwendig und angemessen gewesen sei. Eine zumutbare Alternativbehandlung existiere nicht. Dass Beihilfeberechtigte selbst in solchen Fällen von einer Implantatbehandlung ausgeschlossen würden, stelle nicht lediglich eine Härte im Einzelfall dar, die aufgrund des pauschalierenden und typisierenden Charakters der Beihilfevorschriften hinzunehmen wäre; vielmehr stelle sich in solchen Fällen die in § 15 Abs. 1 S. 1 BBhV enthaltene Begrenzung der Beihilfefähigkeit bzgl. Implantatbehandlungen als unverhältnismäßig und unvereinbar mit der in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten Fürsorgepflicht des Dienstherrn dar.
18
Mit Schriftsatz vom 8. November 2022 teilte die Beklagte ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung mit und beantragte,
19
die Klage abzuweisen.
20
Sie begründete dies im Wesentlichen damit, dass nach § 6 Abs. 3 BBhV grundsätzlich nur notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen beihilfefähig seien. Die Beihilfefähigkeit implantologischer Leistungen werde durch § 15 Abs. 1 BBhV konkretisiert und beschränkt. Die Aufzählung der Indikationen gemäß § 15 Abs. 1 BBhV sei abschließend. Es liege vorliegend keiner der Fälle des § 15 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BBhV vor. Daher seien nach § 15 Abs. 2 BBhV die Aufwendungen für höchstens zwei Implantate je Kiefer beihilfefähig. Eine Beihilfegewährung zu den darüber hinaus gesetzten Implantaten habe versagt bleiben müssen. Die Einschränkung sei auch mit der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht vereinbar. Die Beschränkung der Implantatversorgung erfolge nicht in Anknüpfung an den Gesichtspunkt der medizinischen Notwendigkeit, sondern im Hinblick auf den Gesichtspunkt der Angemessenheit der beihilfefähigen Aufwendungen. Hier werde der legitime Zweck verfolgt, einer Ausuferung der für die öffentlichen Kassen entstehenden Kosten aufgrund im Allgemeinen kostspieliger Implantatbehandlungen entgegenzuwirken. Die Fürsorgepflicht verpflichte den Dienstherrn dafür Sorge zu tragen, dass der Beamte im Krankheitsfall nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet bleibe, die er in zumutbarer Weise aus seiner Alimentation nicht bestreiten könne. In besonders gelagerten Einzelfällen könne es daher ausnahmsweise geboten sein, einen Anspruch über die beihilferechtlich gelagerten Fälle hinaus zu gewähren, wenn sich die Ablehnung der Beihilfefähigkeit aufgrund besonderer Fallumstände als grob fürsorgepflichtwidrig darstellen würde. Diese Umstände seien beim Kläger nicht gegeben. Die Ablehnung der Beihilfefähigkeit sei nicht als grob fürsorgepflichtwidrig einzustufen. Es sei nicht ersichtlich, dass die kieferorthopädische Behandlung des Klägers von existenzieller Bedeutung gewesen sei. Die Alternative der Versorgung mit einer sogenannten Verbundbrücke sei laut Stellungnahme des Zahnarztes des Klägers vom ... lediglich ungünstig und „nicht so stabil“. Hier sei es um eine „optimale“ zahnärztliche Versorgung und nicht um eine konkrete medizinisch indizierte Vermeidung eine mit gewichtigen Nachteilen für den Patienten verbundenen konservativen Alternativversorgung gegangen. Die kieferorthopädische Behandlung dürfe mithin nicht lediglich die beste, empfehlenswerte oder im Vergleich zu allen anderen Behandlungsarten schonendste sein, sondern müsse sich als zwingend darstellen, weil keine andere Versorgungsvariante für den Beihilfeberechtigten zumutbar sei. Es handele sich vorliegend auch unter Berücksichtigung der finanziellen Gegebenheiten nicht um einen derartigen eng begrenzten Ausnahmefall.
21
Mit Schriftsatz vom 18. November 2022 führte der Bevollmächtigte des Klägers aus, die Behauptung der Beklagten, eine Verbundbrücke sei eine geeignete Behandlungsalternative, sei unzutreffend. Der Kläger habe ein starkes Kauverhalten. Eine Verbundbrücke bräche beim Kläger nach wenigen Jahren zusammen. Der bislang völlig gesunde Zahn wäre zudem durch eine Verbundbrücke beschädigt worden. Eine Verbundbrücke stelle daher keine geeignete Behandlungsalternative dar.
22
Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2022 teilte die Beklagte mit, dass auch medizinisch indizierte implantologische Leistungen von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen werden könnten, solange derartige Ausschlüsse nicht insgesamt gesehen einen solchen Umfang und ein solches Gewicht erreichten, dass auch bei typisierender Betrachtung die Beihilfegewährung den Vorgaben des höherrangigen Rechts, insbesondere der Fürsorgepflicht des Dienstherrn nicht mehr gerecht werden würde. Die Alternative der Versorgung mit einer sogenannten Verbundbrücke sei laut Stellungnahme des Zahnarztes des Klägers vom ... lediglich ungünstig und „nicht so stabil“. Hier sei es laut der Stellungnahme des Zahnarztes um eine „optimale“ zahnärztliche Versorgung und nicht um eine konkrete medizinisch indizierte Vermeidung einer mit gewichtigen Nachteilen für den Patienten verbundenen konservativen Alternativversorgung gegangen.
23
Mit Beschluss vom 29. März 2023 übertrug die Kammer den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter.
24
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands verweist das Gericht auf die Gerichts-, sowie die vorgelegte Behördenakte.

Entscheidungsgründe

25
I. Die Entscheidung konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 101 Abs. 2 VwGO).
26
II. Die zulässige Klage ist unbegründet.
27
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung weiterer Beihilfe im beantragten Umfang (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Bescheid vom ... in Form des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2022 sowie der Bescheid vom 22. April 2022 bzw. 21. Juni 2022 in Form des Widerspruchsbescheids 28. Juni 2022 sind – soweit sie angegriffen wurden – rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
28
Der Kläger ist gemäß § 80 Bundesbeamtengesetz (BBG) als Versorgungempfänger im Dienste der Beklagten mit dem geltenden Bemessungssatz von 70% beihilfeberechtigt.
29
Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 2.4.2014 – 5 C 40/12 – juris Rn. 9). Für die zahnärztliche Untersuchung und Behandlung entstehen Aufwendungen mit jeder Inanspruchnahme des Zahnarztes. Maßgebliche Zeitpunkte sind hier demnach Zeitraum vom ... bis zum ... und der ... Die Beihilfefähigkeit der geltend gemachten Aufwendungen bestimmt sich daher in beiden Fällen nach der Verordnung über Beihilfe in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen (Bundesbeihilfeverordnung – BBhV) vom 13. Februar 2009 (BGBl. I S. 326), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 1. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2713; 2021 I 343) geändert worden ist.
30
Beihilfefähig sind gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV dem Grunde nach notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen. Die Beihilfefähigkeit implantologischer Leistungen wird durch § 15 Abs. 1 BBhV konkretisiert und beschränkt. Danach sind Aufwendungen für implantologische Leistungen und alle damit in Zusammenhang stehenden weiteren Aufwendungen nach der Gebührenordnung für Ärzte und der Anlage 1 zur Gebührenordnung für Zahnärzte beihilfefähig, wenn eine der fünf dort genannten Indikationen vorliegt (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BBhV). Liegt keiner der genannten Fälle vor, sind gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 BBhV Aufwendungen für höchstens zwei Implantate je Kiefer beihilfefähig, wobei bereits vorhandene Implantate, zu denen Beihilfen oder vergleichbare Leistungen aus öffentlichen Kassen gewährt wurden, zu berücksichtigen sind.
31
1. Der Kläger hat aufgrund der zahnärztlichen Leistungen vom ... keinen Anspruch auf Gewährung weiterer Beihilfeleistungen in Höhe von 53,33 €.
32
Bei der insoweit streitgegenständlichen Behandlung am ... lag unstreitig keine Indikation nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BBhV vor. Die Beihilfefähigkeit der streitgegenständlichen Aufwendungen richtet sich deshalb nach § 15 Abs. 2 BBhV.
33
Ausweislich des „Zahnschemas“ in der vorgelegten Behördenakte (Bl. 21 BA Teil 1) wurden dem Kläger im Oberkiefer bereits Beihilfeleistungen zu Implantaten in den Regionen 17 und 27 gewährt. Weitere beantragte Beihilfeleistungen zu Implantaten in den Regionen 14, 16, 18, 24 und 26 lehnte die Beklagte ab.
34
Die mit Rechnung vom ... geltend gemachten (nicht erstatteten) zahnärztlichen Leistungen vom ... beziehen sich auf die Entfernung und Wiedereinsetzung eines Aufbauelements eines Implantats in der Regio 16. Zu dessen Einsetzung wurden bereits in der Vergangenheit keine Beihilfeleistungen gewährt, da bereits Beihilfeleistungen für zwei Implantate im Oberkiefer (Regionen 17 und 27) gewährt wurden (§ 15 Abs. 2 Satz 1 BBhV). Die Gewährung weiterer Beihilfeleistungen für die Erneuerung eines ursprünglich nicht beihilfefähigen Implantats kommt indes nicht in Betracht. Die Beklagte hat daher in rechtlich zulässiger Weise keine weiteren Beihilfeleistungen zum Austausch des Aufbaus des eingesetzten Implantats gewährt. Einer anteiligen Gewährung von Beihilfe entsprechend dem Verhältnis der Implantate über und unter der Höchstgrenze bedarf es nicht, denn anhand der Behördenakte kann vorliegend eindeutig festgestellt werden, zu welchen Implantaten bereits Beihilfeleistungen gewährt wurden (vgl. Mildenberger Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Stand Januar 2018, § 15 BBhV Gemeinsame Anm. 9 zu den Absätzen 1 und 2). Darüber hinaus gehende für eine Beihilfefähigkeit sprechende Gesichtspunkte sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
35
2. Auch die Ablehnung der Gewährung weiter Beihilfeleistungen in Höhe von 765, 09 € begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
36
Der Kläger beantragt die Gewährung von weiterer Beihilfe zu implantatbezogenen Aufwendungen und Leistungen in Regio 14 in Höhe von von 765, 09 € (=70% von 1.092,98 €) aufgrund zahnärztlicher Rechnung vom 6. April 2022.
37
Bei den sich aus der Rechnung des … … vom ... ergebenden streitgegenständlichen Behandlungen lag unstreitig keine Indikation nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BBhV vor. Die Beihilfefähigkeit der implantatbezogenen streitgegenständlichen Aufwendungen richtet sich deshalb nach § 15 Abs. 2 BBhV.
38
Dem Kläger wurde bereits Beihilfe zu zwei Implantaten im Oberkiefer (Regio 17 und 27) gewährt. Daher scheidet nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BBhV eine weitere Beihilfegewährung für implantologische Leistungen in Regio 14 aus.
39
Die Begrenzung der Beihilfefähigkeit in § 15 BBhV ist Teil des sich aus dem Gesamtzusammenhang der Beihilfevorschriften ergebenden Programms zur Konkretisierung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn im Bereich zahnärztlicher Leistungen. Die Beschränkung der Implantatversorgung erfolgt nicht in Anknüpfung an den Gesichtspunkt der medizinischen Notwendigkeit, sondern im Hinblick auf den Gesichtspunkt der Angemessenheit der beihilfefähigen Aufwendungen (Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Stand Januar 2018, § 15 Anm. 3 zu Absatz 1). Diese Erwägung rechtfertigt es, in bestimmten vom Gesetzgeber festzulegenden Fällen, die geltend gemachten Beihilfeleistungen zu begrenzen. Hiermit wird der legitime Zweck verfolgt, einer Ausuferung der für die öffentlichen Kassen entstehenden Kosten aufgrund im Allgemeinen kostspieliger Implantatbehandlungen entgegenzuwirken (vgl. auch VG Aachen, U. v. 14.11.2013 – 7 K 1729/11 – juris; vgl. VG Oldenburg, U. v. 2.4.2014 – 6 A 6199/13 – juris). Maßgeblich ist dabei der Gesichtspunkt, dass neben der Einbringung von Implantaten regelmäßig die Möglichkeit einer typischerweise kostengünstigeren Alternativversorgung auf „herkömmliche“ Art und Weise, etwa mit einer Brücke, gegeben ist (VGH BW, U.v. 15.11.2012 – 2 S 1053/12 – juris). Neben der Entlastung der öffentlichen Kassen dient die Beschränkung der Beihilfefähigkeit in § 15 BBhV auch dem im Beihilferecht vorherrschenden allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität der Beihilfe (§ 1 Satz 2 BBhV), wonach die Beihilfe gegenüber anderen Leistungen des Dienstherrn oder Arbeitgebers in Krankheits-, Pflege-, und Geburtsfällen wie auch gegenüber sonstigen sozialen Leistungen nachrangig ist und trägt dem Charakter der Beihilfe als ergänzende Hilfeleistung Rechnung.
40
Die durch § 15 Abs. 1 BBhV erfolgte Begrenzung der Beihilfefähigkeit implantatbezogener Behandlungspositionen ist auch mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn vereinbar. In dem verfassungsrechtlich durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Kernbereich hat der Dienstherr dafür Sorge zu tragen, dass der Beamte im Krankheitsfall nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet bleibt, die er – in zumutbarer Weise – aus seiner Alimentation nicht bestreiten kann. Dem Dienstherrn wird durch Art. 33 Abs. 5 GG die Entscheidung überlassen, ob er der Fürsorgepflicht durch eine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge oder über Sachleistungen, Zuschüsse oder in anderer geeigneter Weise genügt (vgl. BVerfG, B.v. 7.11.2002 – 2 BvR 1053/98 –, BVerfGE 106, 225, 232 = juris Rn. 27 ff.). Hierdurch wird der Dienstherr von Verfassung wegen grundsätzlich nicht gehindert, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Eine lückenlose Erstattung aller Kosten in Krankheitsfällen, die nicht durch eine beihilfekonforme Krankenversicherung gedeckt sind, wird durch die Fürsorgepflicht nicht gefordert (vgl. BVerwG, B.v. 18.1.2013 – 5 B 44.12 –, juris Rn. 8 m.w.N.).
41
Die Versorgung mit dem streitgegenständlichen Implantat beruht auch nicht auf einer zahnmedizinisch zwingenden Indikation, die unter Berücksichtigung der aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierenden Fürsorgepflicht zu einer ausnahmsweisen Gewährung von Beihilfe führen kann. Dies kann dann der Fall sein, wenn eine Alternativbehandlung überhaupt nicht existiert oder mit weitgehenden Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit oder erheblichen gesundheitlichen Nachteilen verbunden wäre (VGH BW, U.v. 15.11.2012 – 2 S 1053/12 – juris).
42
Diese hohen Anforderungen sind hier nicht erfüllt. Ausweislich der vorgelegten zahnärztlichen Stellungnahme des ... vom ... besteht die Möglichkeit der Behandlung mit einer sogenannten „Verbundbrücke“. Diese ist zwar laut der ärztlichen Stellungnahme aufgrund von Statik und Biomechanik als „ungünstig“ sowie als nicht „so stabil“ einzustufen und der Arzt muss dabei gesunde Zahnsubstanz „opfern“. Zudem wirken aufgrund einer ausgeprägten Kaumuskulatur große Kräfte auf die Brücke. Dennoch reicht dies nicht aus, um einen derartigen Einzelfall zu begründen. Die „Verbundbrücke“ ist ausweislich der Angaben trotz etwaiger Nachteile eine zumutbare Alternativbehandlung. Das Gericht verkennt nicht die mit der notwendigen Abschleifung eines Zahns und der kürzeren Lebensdauer der Brücke einhergehenden Belastungen, jedoch stellen diese keinen weitgehenden Eingriff in die körperliche Unversehrtheit dar, der mit erheblichen gesundheitlichen Nachteilen verbunden ist. Der klägerische Einwand, die streitgegenständliche Implantatbehandlung sei unter anderem aufgrund des Fehlens einer zumutbaren Alternativbehandlung medizinisch notwendig, geht daher fehl.
43
Die Klage war somit abzuweisen.
44
III. Der Kläger trägt als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 704 ff., 708 Nr. 11 ZPO.