Titel:
Erfolglose Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung für Geländeauffüllung
Normenketten:
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 1, Nr. 5
BayBO Art. 76 S. 1
Leitsätze:
1. Das Merkmal des Dienens gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB setzt eine bestimmte funktionale Beziehung des Vorhabens zum Betrieb voraus. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts bedeutet, dass der Inhalt der getroffenen Regelung so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass der Adressat in der Lage ist, zu erkennen, was von ihm verlangt wird. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Erteilung einer Baugenehmigung für eine Geländeauffüllung, Beseitigung einer Geländeauffüllung, Dienende Funktion einer Geländeauffüllung (verneint), dienende Funktion einer Geländeauffüllung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 26.03.2025 – 1 ZB 23.928
Fundstelle:
BeckRS 2023, 7242
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen bauaufsichtliche Anordnungen betreffend zwei bereits vorgenommene Geländeauffüllungen auf seinem im Außenbereich gelegenen Grundstück FlNr. 2667 Gem. … Er begehrt zudem die Erteilung einer Baugenehmigung für eine u.a. die bereits vorgenommenen Auffüllungen beinhaltende, großflächige Geländeauffüllung.
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Anlässlich einer auf Hinweis des Wasserwirtschaftsamtes durchgeführten Ortsbesichtigung am 24. Mai 2017 stellte der Beklagte fest, dass im nördlichen Grundstücksbereich südlich der Hausnr. 30 eine Geländeauffüllung vorgenommen worden war. Nach den Feststellungen des Beklagten wies diese eine Fläche von ca. 450 qm und eine Höhe von ca. 3 bis 4 m auf. Die weiteren Bauarbeiten wurden mündlich gegenüber der Ehefrau des Klägers eingestellt. Mit Bescheid vom 26. Mai 2017 wurde die Baueinstellung bestätigt (Ziffer 1) und der Kläger aufgefordert, binnen vier Wochen nach Unanfechtbarkeit des Bauantrags einen Bauantrag einzureichen (Ziffer 2).
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In der Folge ging am 25. Januar 2018 beim Beklagten ein Bauantrag für eine Geländeauffüllung ein. Nach dem Eingabeplan beträgt der bereits aufgefüllte Bereich 0,07 ha. Daran soll sich nach Osten ein weiterer Auffüllungsbereich mit einer Fläche von 0,9 ha und einem Volumen von ca. 8000 Kubikmetern anschließen.
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Mit Beschluss vom 18. Januar 2018 erteilte die Gemeinde ihr Einvernehmen.
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Der Fachbereich Naturschutz des Landratsamts äußerte sich am 9. Februar 2018. Aufgrund der Änderung der Gestalt der Grundfläche handle es sich naturschutzrechtlich um einen Eingriff. Es sei weder bekannt, wozu die Auffüllung dienen solle, welches Material verwendet werde noch welche Kompensationsmaßnahmen geplant seien. Gewisse Schwierigkeiten bei der Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen seinen hinzunehmen, zumal das Landschaftsbild des Außenbereichs generell schützenswert sei. Eine Zustimmung sei aus Sicht des Naturschutzes und der Landschaftspflege nicht möglich.
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Auch der Fachbereich Umwelt (11. April 2018) stimmte aus bodenschutzrechtlicher Sicht der Auffüllung nicht zu. Diese diene der Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht. Hierfür dürfe nur Material gemäß § 12 Abs. 1 BBodSchV verwendet werden. Bislang sei die Herkunft des Materials nicht angegeben, sodass die Eignung nicht beurteilt und eine Gefahr des Entstehens einer schädlichen Bodenveränderung nicht ausgeschlossen werden könne. Die sehr unterschiedlichen, vor Ort lagernden Haufen ließen zudem vermuten, dass grundsätzliche Aspekte der Eignung des Bodenmaterials, etwa der Grundsatz „Gleiches zu Gleichem“ nicht berücksichtigt würden. Um die Notwendigkeit eines Rückbaus bodenfachlich beurteilen zu können, sei die Herkunft des Materials vom Kläger anzugeben, ggf. werde eine Bodenuntersuchung erforderlich. Ein zumindest teilweiser Rückbau dürfte jedenfalls aufgrund der vorhandenen Kante kaum vermeidbar sein. Das Wasserwirtschaftsamt Rosenheim führte in seiner Stellungnahme (4. April 2018) aus, dass es sich bei der beantragten Aufbringfläche um eine Grünlandfläche in leichter Muldenlage handle, die eventuell im Bereich der bereits durchgeführten Auffüllung etwas stärker gewesen sein mag. Nach Übersichtsbodenkarte sei von Braunerden aus kristalliner Jungmoräne auszugehen. Im Rahmen einer Ortseinsicht am 3. April 2018 seien Haufen verschiedener Boden- und anderer Materialien festgestellt worden – etwa humoser Oberboden, Unterboden aus Seeton, kiesiges Moränenmaterial, darüber hinaus Haufen mit Wurzelstücken, Baumschnitt etc. sowie ein Haufen aus Mist –, die auf der bereits aufgefüllten Fläche lagerten. Von der bereits aufgefüllten Fläche falle eine Kante zum nicht aufgefüllten Grünland von ca. 1,5 m – 2 m Höhe ab. Bislang seien noch keine Angaben zum Aufbringmaterial gemacht worden. Mit der geplanten Auffüllung wäre keine Verbesserung einer Bodenfunktion verbunden, viel eher seien Verschlechterungen durch Gefügeschäden zu befürchten oder nachteilige Veränderungen durch die Aufbringung ungeeigneten Bodenmaterials. Insgesamt sei zu vermuten, dass die Entsorgungsabsicht im Vordergrund stehe. Um die Notwendigkeit eines Rückbaus bodenfachlich beurteilen zu können, sei die Herkunft des Materials vom Kläger anzugeben, ggf. werde eine Bodenuntersuchung erforderlich. Ein zumindest teilweiser Rückbau dürfte jedenfalls aufgrund der vorhandenen Kante kaum vermeidbar sein.
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Mit Schreiben des Beklagten vom 17. April 2018 wurde der Kläger um Planergänzungen gebeten (Bemaßung der Auffüllungsfläche im Lageplan im Maßstab 1:2000 sowie Ergänzungsblatt Geländeaufschüttung).
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Ebenfalls am 17. April 2018 nahm das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Stellung. Der Kläger bewirtschafte im Nebenerwerb einen Betrieb mit einer landwirtschaftlich genutzten Fläche von 10,40 ha und halte aktuell noch 5 Kühe, 7 Kälber und 30 Jungrinder. Die Auffüllungsfläche weise ein Gefälle von Norden nach Süden als auch von Westen nach Osten auf. Dieses Gefälle sei jedoch nicht so groß, dass die Wiese nicht mehr in ihrer Längsrichtung (West-Ost) bewirtschaftet werden könne. Der Kläger habe bei der Ortsbesichtigung geltend gemacht, dass er mit einem großen Gülletankwagen bei einer Fahrtrichtung von Osten nach Westen seine Rindergülle kaum ohne Grasnarbenverletzung ausbringen könne. Allerdings sei es durchaus möglich, mit der Gülleausbringung im Westen zu beginnen und von dort parallel zur Hangneigung zu fahren. Nach Angabe des Klägers solle die Auffüllung eine Höhe von bis zu 1 m aufweisen. Damit würde sie zu keiner wesentlichen Veränderung des gesamten Gefälles von West nach Ost oder zu einer deutlichen Verbesserung der Bewirtschaftung führen. Sie diene daher nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb.
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Mit Schreiben vom 28. Mai 2018 hörte das Landratsamt den Kläger zur beabsichtigten Ablehnung und zum beabsichtigten Erlass einer Rückbauforderung an.
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Unter dem 13. Juli 2018 nahm das AELF auf Bitte des Klägers erneut Stellung. Nach Aussage des Klägers sei die Auffüllung über einen Zeitraum von mindestens drei Jahren erfolgt, dabei sei überwiegend Bodenmaterial aus Bautätigkeiten des landwirtschaftlichen Betriebs sowie der Aushub von zwei Wohnhäusern verwendet worden. Aktuell gebe es eine Abbruchkante von 44 m Länge und einem Höhenunterschied von 0,2 m bis ca. 1,5 m. Um wieder eine geschlossene Bewirtschaftung der Fläche herzustellen, müsse diese Kante an den natürlichen Geländeverlauf angeglichen werden. Ein Rückbau der gesamten bisherigen Auffüllfläche sähe man als unverhältnismäßig an. Darüber hinaus habe die Stellungnahme vom 17. April 2018 weiterhin Bestand.
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Zur Verhältnismäßigkeit einer Rückbauanordnung und dem Vorschlag des AELF, die Kante an den natürlichen Geländeverlauf anzugleichen wurden sodann die anderen Fachbereiche nochmals um Stellungnahme gebeten. Aus Sicht der Abfallwirtschaft bestünden keine Einwände, sofern lediglich unbelasteter Bodenaushub verwendet worden sei und im Rahmen von Angleichungen verwendet werde. Aus naturschutzrechtlicher Sicht bestünden keine Einwendungen, wenn eine Angleichung an das natürliche Gelände im Sinne eines harmonischen Übergangs erfolge. Darüber hinaus sei eine Auffüllung nicht mehr zulässig. Zudem müsse ein Ausgleich für den Eingriff festgelegt werden. Auch aus wasserwirtschaftlicher Sicht nahm man dahingehend Stellung, dass die bereits erfolgte Auffüllung verbleiben könne, sofern die verschiedenen Haufwerke entsorgt würden. Dieser Stellungnahme lag eine Stellungnahme des WWA zugrunde. Demnach bestünde kein Verdacht erhöhter Schadstoffbelastungen, wenn es sich bei dem ausgebrachten Material ausschließlich um Boden der angegebenen Herkünfte handle. Diese seien zudem als geeignet anzusehen. Aufgrund der bereits sehr guten Bodenverhältnisse stellten die Auffüllungen jedoch keine Verbesserung der Bodenbeschaffenheit dar, weitere Auffüllungen zur Angleichungen seien daher nicht gerechtfertigt und notwendig. Die Angleichung der Kante könne mit dem vorhandenen Material erfolgen. Der Fachbereich Naturschutz stimmte der vorhandenen Auffüllung unter der Voraussetzung zu, dass die Auffüllungskante mit dem vor Ort bereits vorhandenen Material harmonisch angeglichen werde, weiteres Material dürfe nicht aufgebracht werden. Nach Einebnung und Oberbodenauftrag sei die Fläche als Grünland anzusäen. Auf weiteren Ausgleich könne bei Einhaltung der Auflagen verzichtet werden.
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Bei einer Ortsbesichtigung am 22. Februar 2019 wurde festgestellt, dass eine weitere Auffüllung auf dem Vorhabengrundstück, nunmehr südlich des Anwesens L. 32, auf einer Fläche von ca. 40 m auf 25 m vorgenommen werde. Die Bauarbeiten wurden mit Bescheid vom 25. Februar 2019 eingestellt. Bei einer Ortsbesichtigung wurde festgestellt, dass die Baueinstellung nicht eingehalten worden war.
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Unter dem 5. April 2019 lehnte der Beklagte den Antrag auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung ab (Ziffer 1). Daneben wurde der Kläger verpflichtet, die bereits vorgenommene Auffüllung am nordöstlichen Grundstücksteil südlich des Anwesens L. 32 binnen vier Wochen nach Unanfechtbarkeit vollständig zu beseitigen (Ziffer 2) sowie die durch die bereits vorgenommene Geländeauffüllung am nördlichen Grundstücksteil südlich des Anwesens Hausnr. 30 in Nord-Süd-Ausrichtung entstandene Geländekante binnen vier Wochen nach Unanfechtbarkeit vollständig durch Geländeanpassung einzuebnen oder zu beseitigen und durch Einsaat als Wiesenfläche wiederherzustellen. Bei der Geländeanpassung dürfe keine zusätzliche Fläche beansprucht werden. Für das Vorhaben sei nach Stellungnahme des AELF eine dienende Funktion nicht gegeben, weil mit dem Vorhaben keine deutliche Verbesserung der Flächenbewirtschaftung einhergehe. Dabei sprächen naturschutzfachliche Gesichtspunkte gegen das Vorhaben. Es stelle einen Eingriff dar, weil die Gestalt der Grundfläche verändert werde und Natur und Landschaft erheblich beeinträchtigt würden. Gewisse Schwierigkeiten bei der Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen im Voralpenland seinen hinzunehmen. Auch aus bodenschutzrechtlicher Hinsicht werde das Vorhaben nicht befürwortet, weil die Maßnahmen keine Verbesserung der Bodenbeschaffenheit beinhalteten. Als nicht privilegiertes Vorhaben widerspreche die Auffüllung den Darstellungen des Flächennutzungsplanes, der die Fläche als Fläche für die Landwirtschaft darstelle. Belange des Natur- und Bodenschutzes würden nicht unwesentlich beeinträchtigt. Ferner würde ein rechtserheblicher Bezugsfall entstehen. Dem Vorhaben stünden diese öffentlichen Belange entgegen. Die Beseitigungsanordnung in Ziffer 2 sei gerechtfertigt, weil nach oben Gesagtem nicht anderweitig rechtmäßige Zustände hergestellt werden könnten. Hinsichtlich der Auffüllung im nördlichen Grundstücksteil werde unter großem Entgegenkommen weitgehend auf die Entnahme des bereits aufgebrachten Materials verzichtet, es sei jedoch eine Angleichung der Geländekante vorzunehmen. Es werde dem Verursacher überlassen, ob diese durch einen teilweisen Rückbau in diesem Bereich oder eine Verschiebung/ Verteilung des Materials innerhalb der bereits verfüllten Fläche erfolge.
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Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am ... Mai 2019 Klage erhoben und beantragt zuletzt,
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den Bescheid vom 5. April 2019 aufzuheben und dem Kläger die beantragte Baugenehmigung zu erteilen.
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Entgegen der Ausführungen im Bescheid betrage die Mächtigkeit der Auffüllungen nicht 3 m bis 4 m, sondern unter 2 m. Offenbar sei ein zwischengelagerter Humushaufen miteinberechnet worden. Die Aufschüttung auf einer Fläche von unter 450 qm sei nach Auffassung des Klägers verfahrensfrei möglich gewesen. Ungeachtet dessen habe der Kläger nachträglich eine Genehmigung für die bereits erfolgte Auffüllung und zwei geplante Auffüllungen im nordöstlichen Teil des Grundstücks beantragt. In den Folgejahren seien zwei weitere Flächen im nordöstlichen Teil des Grundstücks mit einer Größe von jeweils 500 qm und einer Mächtigkeit von bis zu 1,50 m zur Verbesserung der Bewirtschaftung aufgefüllt worden. Hierzu habe Frau B. von der Abteilung Naturschutz vorab fernmündlich ihr Einverständnis aus fachlicher Sicht gegeben, da der Kläger hierzu eine Kompensationsmaßnahme durchgeführt habe. Die vorgenommenen Auffüllungen seien genehmigungsfähig und somit die in Ziffer 2 angeordnete Beseitigung unverhältnismäßig. Der streitgegenständliche Bescheid sei in Ziffer 2 unbestimmt, weil unklar bliebe, was unter „nordöstlichem Grundstücksteil“ zu verstehen sei. Die erfolgten Aufschüttungen seien genehmigungsfähig, weil sie der Landwirtschaft dienten. Zwar habe das AELF zunächst die Privilegierung mit Stellungnahme vom 17. April 2017 versagt, weil aus Sicht der Fachstelle eine sinnvolle Bewirtschaftung der Fläche auch ohne Auffüllung möglich sei. Allerdings habe sich diese Stellungnahme auf die beantragte Auffüllung mit einer Gesamtfläche von 9000 qm bezogen. In der ergänzenden Stellungnahme vom 13. Juli 2017 sei das AELF hinsichtlich der erfolgten Auffüllung zu dem Ergebnis gelangt, dass keine Aussage zur dienenden Funktion getroffen werden könne, da der Urzustand nicht mehr feststellbar sei. Dabei sei ein Rückbau der gesamten Auffüllung als unverhältnismäßig bewertet worden. Aufgrund der Unsicherheiten in Bezug auf den Urzustand und der Tatsache, dass die Beseitigung der erfolgten Aufschüttungen einen erheblichen Eingriff in die Bodenstruktur darstellen würden, sei offensichtlich aus landwirtschaftlicher Sicht die Beseitigung nachteiliger als der Verbleib der Auffüllungen. Die Stellungnahme sei dahingehend zu interpretieren, dass der Verbleib der Aufschüttung dem Betrieb dienlicher sei als die Entfernung. Der positiven ergänzenden Stellungnahme des AELF hinsichtlich der bereits erfolgten Aufschüttungen seien weitere positive Stellungnahmen der beteiligten Fachbehörden gefolgt. Selbst wenn man zu dem Ergebnis käme, dass das Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen sei, komme insoweit in den positiven Stellungnahmen zum Ausdruck, dass öffentliche Belange nicht beeinträchtigt seien. Hinsichtlich des Widerspruchs zum Flächennutzungsplan dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Gemeinde ihr Einvernehmen erteilt habe und somit durch die bereits erfolgten Aufschüttungen ihre Planungshoheit nicht beeinträchtigt sehe. Selbst wenn man zu dem Ergebnis käme, dass das Vorhaben und insbesondere die bereits erfolgten Aufschüttungen nicht genehmigungsfähig seien, verstoße Ziffer 2 gegen das Übermaßverbot. Die positiven Stellungnahmen der Fachbehörden seien nicht oder nur einseitig berücksichtigt worden.
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Der Beklagte beantragt,
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Das Vorhaben diene nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb und beeinträchtige als sonstiges Vorhaben öffentliche Belange gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB, insbesondere Nr. 5. Hinsichtlich der Ermessensausübung werde auf die Ausführungen im Bescheid verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässigen Klagen, die zum einen auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung, zum anderen auf Aufhebung der in Ziffer 2 und 3 des streitgegenständlichen Bescheids verfügten bauaufsichtlichen Maßnahmen gerichtet sind, haben in der Sache keinen Erfolg. Weder hat der Kläger einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung für die beantragte Auffüllung, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO, noch stellen sich die Anordnung betreffend die Beseitigung der nordöstlich auf dem Vorhabengrundstück gelegenen Auffüllung oder die Anordnung betreffend die Angleichung der Geländekante der nördlich gelegenen Aufschüttung als rechtswidrig dar, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, sodass der Kläger durch den streitgegenständlichen Bescheid vom 5. April 2019 nicht in seinen Rechten verletzt ist.
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1. Dabei war die am ... Mai 2019 erhobene Klage, vom Klägervertreter in der Klageschrift bezeichnet als „Klage wegen Bescheid vom 5. April 2019“, im Interesse des Klägers dahingehend zu verstehen, dass auch die Verpflichtung zur Erteilung der begehrten Baugenehmigung im Wege der Verpflichtungsklage, § 42 Abs. 1 VwGO, begehrt wird. Dies hat der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung klargestellt.
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Doch die Verpflichtungsklage bleibt ohne Erfolg. Das als sonstiges Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 2 BauGB zu qualifizierende Vorhaben (1.2) beeinträchtigt öffentliche Belange, § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB (1.3).
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1.1 Zunächst besteht schon deshalb kein Anspruch auf positive Verbescheidung des Bauantrags, weil dieser unvollständig ist. Es fehlen nämlich eine Bemaßung der zu verfüllenden Fläche sowie Angaben hinsichtlich des zu verfüllenden Materials. Zudem stellt sich das Vorhaben ungeachtet dessen bereits als bauplanungsrechtlich unzulässig dar:
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1.2 Das Vorhaben ist als sonstiges Vorhaben zu qualifizieren. Es dient nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers und ist daher nicht gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert.
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Das Merkmal des Dienens setzt eine bestimmte funktionale Beziehung des Vorhabens zum Betrieb voraus. Erforderlich ist, dass das Vorhaben einen sachlichen Zusammenhang mit der land- und forstwirtschaftlich betriebenen Tätigkeit hat. Eine solche besteht vorliegend nicht. Dabei hat der Kläger schon nicht vorgetragen, dass es ihm um die Herstellung einer Bodenverbesserung für die Ertragsnutzung seiner Flächen gehe. Hierfür ist angesichts der Tatsache, dass es sich um eine reine Wiesenfläche handelt im Übrigen auch nichts ersichtlich. Auch eine bessere Befahrbarkeit wird durch die Auffüllung des Geländes nicht erreicht. In diesem Zusammenhang hat das AELF darauf hingewiesen, dass die Maßnahme kaum eine Veränderung der Neigung der Wiese bewirkt. Dies ergibt sich im Übrigen auch deutlich aus den Geländeschnitten, die Teil des Eingabeplans sind. Ersichtlich ist, dass allenfalls im südlichen Bereich der geplanten Auffüllungsfläche eine nur leichte Angleichung der Geländeoberfläche erfolgt sowie im mittleren/östlichen Bereich. Im Übrigen sind gewisse Schwierigkeiten bei der Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen aufgrund der naturgegebenen topographischen Verhältnisse, insbesondere auch im Voralpenland, stets hinzunehmen. Einer Erörterung der Frage, ob Maßnahmen, die allein der Verbesserung der Befahrbarkeit dienen, überhaupt als dienend im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB qualifiziert werden können, bedarf es somit im Rahmen des vorliegenden Verwaltungsstreitverfahrens nicht.
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1.3 Als sonstiges Vorhaben beeinträchtigt das Vorhaben öffentliche Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB.
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Es widerspricht dem Flächennutzungsplan, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB, der an dieser Stelle eine Fläche für die Landwirtschaft darstellt. Dabei handelt es sich, wie oben dargelegt, bei der Maßnahme gerade nicht um eine dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers dienende Maßnahme. Maßgeblich insoweit ist allein die im rechtsverbindlichen Flächennutzungsplan durch die Gemeinde getroffene Festsetzung. Darauf, dass die Gemeinde dem Vorhaben ihr Einvernehmen nach § 36 BauGB erteilt hat, womit sie womöglich zum Ausdruck gegeben haben könnte, dass sie die Festsetzung nicht durch das Vorhaben beeinträchtigt sieht, kommt es daher nicht an.
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Darüber hinaus beeinträchtigt das Vorhaben Belange des Naturschutzes und der natürlichen Eigenart der Landschaft, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Die natürliche Eigenart der Landschaft wird geprägt von der naturgegebenen Art der Bodennutzung, einschließlich von Eigentümlichkeiten der Bodenformation und ihrer Bewachsung (Söfler in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 147. EL August 2022, Rn. 96 zu § 35). Diese wird durch die vorgenommene und geplante Auffüllung, die laut Eingabeplan bis zu ca. 2 m Höhe betragen soll, erheblich beeinträchtigt. In naturschutzrechtlicher Hinsicht haben die bereits vorgenommenen Auffüllungen nach der nachvollziehbaren fachlichen Stellungnahme des Fachbereichs Naturschutz im Landratsamt bereits Eingriffsqualität (§ 14 Abs. 1 BNatSchG) erreicht, sodass auch dieser Belang beeinträchtigt ist.
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2. Die Anfechtungsklage hinsichtlich der in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides, wonach die bereits vorgenommene Geländeauffüllung am nordöstlichen Grundstücksteil südlich des Anwesens L. 32 binnen vier Wochen nach Unanfechtbarkeit des Bescheides zu beseitigen ist, bleibt ohne Erfolg.
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2.1 Die Beseitigungsanordnung verletzt nicht den Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts bedeutet, dass der Inhalt der getroffenen Regelung so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass der Adressat in der Lage ist, zu erkennen, was von ihm verlangt wird (BVerwG, U. v. 2.7.2008 – 7 C 38/07 – juris Rn. 11). Bei der Ermittlung des Inhalts der Regelung ist nicht auf die Vorstellungen der Personen abzustellen, die innerhalb der Behörde den Verwaltungsakt erlassen haben, sondern auf den objektiven Erklärungswert, wie er sich den Betroffenen darstellt und nach Treu und Glauben (§ 157 BGB) verstanden werden darf und muss. Für die hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts ist nicht erforderlich, dass sich sein Inhalt allein aus dem Anordnungssatz präzise ergibt, sondern es ist neben bekannten und ohne Weiteres erkennbaren Umständen insbesondere auch die Begründung des Verwaltungsakts zur Auslegung des Regelungsinhalts heranzuziehen. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der angefochtenen Anordnung im Zusammenhang mit den vorherigen Baueinstellungen und dem Eingabeplan des Klägers eine hinreichende Bestimmheit derselben. Die zweite (zu beseitigende) Auffüllung ist in den Akten von der Behörde vermaßt und zum Gegenstand einer Baueinstellung geworden. Die Lage ist im Bescheid hinreichend für den ortskundigen Kläger angegeben. Zudem enthält der Eingabeplan sowohl eine Darstellung zweier Geländeschnitte, die den Soll-Zustand nach Auffüllung wie den Urzustand im Höhenkoten darstellen, sowie Angaben von Höhenkoten auf dem Lageplan. Anhand dessen ist eine Beseitigung und Wiederherstellung des ursprünglichen Geländeverlaufs hinreichend konkret möglich.
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2.2 Die Beseitigungsanordnung ist auch materiell rechtmäßig, insbesondere entspricht sie dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie pflichtgemäßem Ermessen.
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Gemäß Art. 76 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung von Anlagen anordnen, wenn diese im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.
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2.2.1 Wie oben (1.2 und 1.3) dargelegt, verstößt die Auffüllung aufgrund ihrer Auswirkungen auf die natürliche Eigenart der Landschaft, den Naturschutz und die Festsetzungen des Flächennutzungsplans gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften und ist damit materiell illegal. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Aufschüttungen für sich genommen aufgrund des Einhaltens der in Art. 57 Abs. 1 Nr. 9 BayBO geregelten Voraussetzungen an eine verfahrensfreie Errichtung formell baurechtmäßig vorgenommen worden sind. Denn nach rechtsstaatlichen Grundsätzen müssen auch solche Bauvorhaben, die verfahrensfrei ohne Baugenehmigung errichtet werden dürfen, im Einklang mit dem materiellen Recht stehen.
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2.2.2 Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Anordnung der Beseitigung verhältnismäßig. Ein milderes Mittel zur Wiederherstellung der natürlichen Eigenart der Landschaft, insbesondere des natürlichen Geländeverlaufs, ist nicht ersichtlich. Die Anordnung entspricht auch dem, im Umfang des § 114 Satz 1 VwGO verwaltungsgerichtlich zu überprüfenden, pflichtgemäßen Ermessen. Insbesondere kann der Beseitigungsanordnung nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass durch das Abtragen des nunmehr seit mehreren Jahren vorhandenen Bodens abermals negative Auswirkungen auf die Bodenbeschaffenheit, die Natur oder aus landwirtschaftlichen Sicht zu befürchten seien. Die Kammer folgt insofern ausdrücklich den Ausführungen des Vertreters des AELF in der mündlichen Verhandlung, wonach bei fachgerechtem Vorgehen, also vorherigem Abschieben und späterem Neuaufbringen der oberen, wertvollen Humusschicht, keine Verschlechterung zu erwarten sei.
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3. Die Anordnung in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids begegnet keinen Bedenken. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, weshalb die Anordnung zur Angleichung der entstandenen Geländekante nicht rechtmäßig, insbesondere nicht verhältnismäßig und nicht ermessensgerecht, sein sollte.
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4. Schließlich stellen sich auch die in Ziffer 4 und Ziffer 5 verfügten Zwangsgeldandrohungen als rechtmäßig dar. Insbesondere bestehen keine Bedenken gegen die Angemessenheit der Zwangsgeldhöhe (Art. 32 Abs. 2 Satz 2 VwZVG).
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5. Die Klage war daher mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 704 ff. ZPO.