Titel:
Voraussetzungen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses während Mutterschutzfrist und Elternzeit wegen des Verdachts strafbarer Handlungen zum Nachteil des Arbeitgebers
Normenketten:
VwGO § 92 Abs. 3, § 161 Abs. 2, § 162 Abs. 3
MuSchG § 17 Abs. 1, Abs. 2
BEEG § 18 Abs. 1 S. 4
StPO § 153, § 153a
Leitsätze:
1. Verhaltensbedingte Gründe können einen die Zulässigerklärung rechtfertigenden „besonderen Fall“ iSd § 17 Abs. 2 S. 1 MuSchG darstellen, wenn das Fehlverhalten auch unter Berücksichtigung der psychischen Konstitution der Frau so schwerwiegend ist, dass die Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses dem Arbeitgeber schlechthin nicht mehr zugemutet werden kann. Es muss sich dabei um einen schweren oder wiederholten Verstoß gegen zentrale vertragliche Pflichten oder ein „nicht leicht wiegendes vorsätzliches Vergehen“ zum Nachteil des Arbeitgebers oder eines Arbeitskollegen handeln, zB um Straftaten gegen das Eigentum oder Vermögen oder erhebliche unentschuldigte Fehlzeiten. Der bloße Verdacht einer strafbaren Handlung reicht nicht aus. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Voraussetzungen für eine Zustimmung gemäß § 17 Abs. 2 S. 1 MuSchG liegen nicht vor, wenn die Strafverfahren - wegen Vermögensdelikten zum Nachteil des Arbeitgebers - gegen die Arbeitnehmerin nach § 153 Abs. 1 StPO oder nach § 153a Abs. 2 StPO eingestellt worden sind. (Rn. 9 – 11) (redaktioneller Leitsatz)
3. Nach § 18 Abs. 1 S. 4 BEEG kann in besonderen Fällen ausnahmsweise eine Kündigung zugelassen werden. Strafbare Handlungen vermögen regelmäßig einen besonderen Fall darzustellen, in der Regel jedoch nicht der Verdacht einer strafbaren Handlung. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines besonderen Falles trägt grundsätzlich der Arbeitgeber. (Rn. 16 – 17) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein besonderer Fall gemäß § 18 Abs. 1 S. 4 BEEG liegt nicht vor, wenn die Strafverfahren wenn die Strafverfahren - wegen Vermögensdelikten zum Nachteil des Arbeitgebers - gegen die Arbeitnehmerin nach § 153 Abs. 1 StPO mit Zustimmung des Gerichts oder nach § 153a Abs. 2 StPO eingestellt worden sind. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zulässigkeitserklärung der Kündigung während Mutterschutzfrist, Zulassung der Kündigung während Elternzeit, Einstellung, Erledigung der Hauptsache, Kein besonderer Fall, Darlegungs- und Beweislast des Klägers, Kein Nachweis, Strafverfahren eingestellt, Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung, Aufforderung, wieder zur Arbeit zu erscheinen
Fundstelle:
BeckRS 2023, 6682
Tenor
I. Das Verfahren wird eingestellt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Rechtsstreit betraf das Begehren des Klägers, den Beklagten zu verpflichten, die Kündigung des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen bestehenden Arbeitsverhältnisses während der Mutterschutzfrist gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 MuSchG für zulässig zu erklären und während Elternzeit gemäß § 18 Abs. 1 Satz 4 BEEG zuzulassen und den Bescheid vom 31. Januar 2020 aufzuheben.
2
Aufgrund der in der mündlichen Verhandlung vom 16. Februar 2023 abgegebenen übereinstimmenden Erklärung der Beteiligten ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Das Verfahren ist in rechtsähnlicher Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen, da sich der Rechtsstreit aufgrund der übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten in der Hauptsache erledigt hat.
3
Nach § 161 Abs. 2 VwGO hat das Gericht nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes lediglich über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.
4
Billigem Ermessen entspricht es dabei regelmäßig, die Kosten demjenigen Beteiligten aufzuerlegen, der voraussichtlich im Verfahren unterlegen und deshalb nach Maßgabe des § 154 VwGO kostenpflichtig geworden wäre. Sind die Erfolgsaussichten völlig offen, so sind die Kosten in der Regel gegeneinander aufzuheben. Wo die Verwaltungsgerichtsordnung wie z.B. in § 155 Abs. 5 VwGO eine besondere Kostenregelung getroffen hat, ist diese auch im Rahmen der Entscheidung gemäß § 161 Abs. 2 VwGO zu beachten. Ebenso ist zu berücksichtigen, wenn sich die Beteiligten in einem anderen Verfahren gerichtlich oder im anhängigen Verfahren außergerichtlich geeinigt und dabei auch festgelegt haben, wer die Kosten des sich erledigen Verfahrens trägt. Ist schließlich die Erledigung von einem Beteiligten herbeigeführt worden und liegen die Gründe hierzu in dessen Bereich, so ist dies im Regelfall auch zu seinem Nachteil zu werten. Ob sich die Hauptsache tatsächlich erledigt hat, darf das Gericht nicht prüfen; auch für eine weitere Sachverhaltsaufklärung, insbesondere für eine Beweisaufnahme, ist grundsätzlich kein Raum.
5
Es entspricht billigem Ermessen, dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
6
Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes wäre der Kläger in der Hauptsache unterlegen, da ihm die geltend gemachten Ansprüche aller Voraussicht nach nicht zustehen. Dies spricht dafür, dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
7
So kann nach § 17 Abs. 2 Satz 1 MuSchG die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle in besonderen Fällen, die nicht mit dem Zustand der Frau in der Schwangerschaft, nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche oder nach der Entbindung in Zusammenhang stehen, ausnahmsweise die Kündigung für zulässig erklären.
8
Ein „besonderer Fall“ kann angenommen werden, wenn außergewöhnliche Umstände das Zurücktreten der vom Gesetzgeber als vorrangig angesehenen Interessen der betroffenen Frau hinter die des Arbeitgebers rechtfertigen. Dabei ist stets eine Interessenabwägung erforderlich, die jedoch nicht unter spezifisch arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten zu erfolgen hat und anders als § 626 Abs. 1 BGB nicht auf die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung der betroffenen Frau für den Arbeitgeber abzustellen hat. Vielmehr hat sich die zuständige Behörde insbesondere an dem mit dem Kündigungsverbot verfolgten gesetzgeberischen Zweck zu orientieren, der Frau während der Schutzfristen des § 17 Abs. 1 MuSchG möglichst die materielle Existenzgrundlage zu erhalten und die mit einer Kündigung in dieser Zeitspanne verbundenen besonderen psychischen Belastungen zu vermeiden. Verhaltensbedingte Gründe können einen die Zulässigerklärung rechtfertigenden „besonderen Fall“ darstellen, wenn das Fehlverhalten auch unter Berücksichtigung der psychischen Konstitution der Frau so schwerwiegend ist, dass die Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses dem Arbeitgeber schlechthin nicht mehr zugemutet werden kann. Es muss sich dabei um einen schweren oder wiederholten Verstoß gegen zentrale vertragliche Pflichten oder ein „nicht leicht wiegendes vorsätzliches Vergehen“ zum Nachteil des Arbeitgebers oder eines Arbeitskollegen handeln, beispielsweise um Straftaten gegen das Eigentum oder Vermögen oder erhebliche unentschuldigte Fehlzeiten. Kann ein arbeitsplatzbezogener Konflikt durch die Versetzung der betroffenen Frau im Wege des Direktionsrechts beigelegt werden, scheidet eine Zustimmung der Behörde zu einer beabsichtigten Kündigung aus. Der bloße Verdacht einer strafbaren Handlung reicht nicht aus (Rolfs in Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 6. Aufl. 2021, § 17 Rn. 117, 118, 119, 121 m.w.N.; Schöllmann in Rancke/Pepping, Mutterschutz, Elterngeld, Elternzeit, Betreuungsgeld, 6. Aufl. 2022, § 17 MuSchG Rn. 98, 101 m.w.N; Volk in Brose/Weth/Volk, Mutterschutzgesetz und Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, 9. Aufl. 2020, § 17 MuSchG Rn. 196ff; Schlachter in Müller-Glöge/Preis/Schmidt Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 23. Aufl. 2023, § 17 MuSchG Rn. 14 m.w.N.)
9
Ausgehend vom bisherigen Sach- und Streitstand liegt bei überschlägiger Prüfung bereits kein „besonderer Fall“ im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 MuSchG vor.
10
Der Kläger wirft der Beigeladenen im Kern vor, dass sie durch die Stornierungen einen nicht verbuchten Kassenüberstand erzielen und die dadurch nicht erfassten Gelder später bei der Kassenzählung entnehmen und für sich behalten wollte beziehungsweise behalten hat. Diese Vorwürfe hat der Kläger nicht nachgewiesen. Insbesondere hat der Kläger die Beigeladene bei den ihr vorgeworfenen Handlungen weder beobachtet noch diesbezügliche Zeugen vorweisen können. Zudem wurde die Beigeladene nicht aufgrund der klägerischen Vorwürfe rechtskräftig verurteilt. So wurde das Strafverfahren in Bezug auf die Vorwürfe vom 4. Juni, 5. Juni und 6. Juni 2019 nach § 153 Abs. 1 StPO mit Zustimmung des für die Hauptverhandlung zuständigen Gerichts eingestellt. Das Strafverfahren gegen die Beigeladene wurde in Bezug auf die Vorwürfe vom 12. Juni und 13. Juni 2019 im Rahmen der Berufungsverhandlung nach § 153a Abs. 2 StPO gegen Zahlung von einer Auflage in Höhe von 500,00 EUR eingestellt, nachdem gegen die Beigeladene zunächst ein Strafbefehl erlassen und sie im anschließenden Gerichtsverfahren in erster Instanz verurteilt worden war. Für die Beigeladene gilt nach alledem noch die Unschuldsvermutung, sodass aus der Art und Weise der Einstellung der Strafverfahren und der diesbezüglichen gerichtlichen Praxis weder eine Sühnewirkung abgeleitet noch eine Vorhersage über den Ausgang der Berufungsverhandlung getroffen werden kann (Peters in Knauer/Kudlich/Schneider, Münchner Kommentar zur StPO, 1. Aufl. 2016 § 153a Rn. 22, 99 m.w.N.; Diemer in Hannich, Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 153 Rn. 5 m.w.N.; Peters in Münchener Kommentar zur stopp, 1. Aufl. 2016, § 153 Rn. 16).
11
Da der Kläger seine Vorwürfe gegen die Beigeladene nicht beweisen kann, verbleibt es bei seinem diesbezüglichen Verdacht. Dieser ist jedoch nicht ausreichend, um das Vorliegen eines besonderen Falls zu rechtfertigen.
12
Bei summarischer Prüfung des bisherigen Sach- und Streitstandes dürfte lediglich nachgewiesen sein, dass im Kassenprogramm auf den Namen der Beigeladenen viele Fehlbuchungen und Stornierungen gespeichert sind. Zudem hat die Beigeladene mehrfach die Kassenlade nach Abschluss des Kassiervorgangs nicht geschlossen. Dafür, dass dieser Sachverhalt auch unter Berücksichtigung der psychischen Konstitution der Frau so schwerwiegend ist, dass die Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses dem Arbeitgeber schlechthin nicht mehr zugemutet werden kann, sieht das Gericht bei überschlägiger Prüfung keine Anhaltspunkte.
13
Überdies hat der Kläger ausgehend vom bisherigen Sach- und Streitstand auch gezeigt, dass ihm im vorliegenden Fall dennoch eine Weiterbeschäftigung zumutbar ist. So hat er die Beigeladene in Kenntnis seiner Vorwürfe und während des beim Beklagten laufenden Zulassungsverfahrens mit anwaltlichem Schreiben vom 6. August 2019 aufgefordert, am 9. August 2019 wieder zur Arbeit zu erscheinen. Dem Kläger wäre es nach eigenen Worten möglich gewesen, die Beigeladene in Bereichen zu beschäftigten, in denen keine Gefahr für die aus seiner Sicht zu schützenden Rechtsgüter bestanden hätte. So wäre die Beigeladene nach dem wiederholten Vortrag des Klägers bei einer Rückkehr in seinen Betrieb genauestens beobachtet worden und hätte keine Befugnis zum Kassieren oder zur Verwaltung der Kasse erhalten. Da damit der arbeitsplatzbezogene Konflikt im vorliegenden Fall durch die Versetzung der Beigeladenen im Wege des Direktionsrechts beigelegt werden hätte können, scheidet die begehrte Zustimmung des Beklagten zu der beabsichtigten Kündigung bei überschlägiger Prüfung aus. Dem Kläger dürfte damit bei Anlegung des erhöhten Schutzzwecks der mutterschutzrechtlichen Regelungen, möglichst die materielle Existenzgrundlage zu erhalten und die mit einer Kündigung in dieser Zeitspanne verbundenen besonderen psychischen Belastungen zu vermeiden, die Weiterbeschäftigung der Beigeladenen aller Voraussicht nach nicht schlechthin unzumutbar sein.
14
Der Kläger hat damit bei summarischer Prüfung keinen Anspruch auf Zulässigerklärung der Kündigung des mit der Beigeladenen bestehenden Arbeitsverhältnisses während der Mutterschutzfrist.
15
Auch während der sich an die Mutterschutzfrist anschließenden Elternzeit hat der Kläger bei überschlägiger Prüfung keinen Anspruch auf Zulassung der Kündigung.
16
So darf gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1, 3 BEEG der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt, von dem an Elternzeit verlangt worden ist und während der Dauer der Elternzeit nicht kündigen. Nach § 18 Abs. 1 Satz 4 BEEG kann in besonderen Fällen ausnahmsweise eine Kündigung zugelassen werden.
17
Diesbezüglich prüft die zuständige Behörde zunächst, ob ein besonderer Fall vorliegt. Bei der Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs ist zum einen zu beachten, dass eine Kündigung nur in Ausnahmen zulässig ist. Zum anderen muss der Begriff des „besonderen Falls“, der nicht näher umschrieben wird, unter Bezugnahme auf Sinn und Zweck der Vorschrift verstanden werden und ist dabei nicht mit dem wichtigen Grund in § 626 Abs. 1 BGB gleichzusetzen. Nach der Gesetzesbegründung und dem erkennbaren Zweck der Ausnahmevorschrift liegt ein solcher nur dann vor, wenn es außergewöhnliche Umstände gebieten, das als vorrangig angesehene Interesse des Arbeitnehmers ausnahmsweise hinter das Interesse des Arbeitgebers zurücktreten zu lassen. Eine Zulassung scheidet aus, wenn eine „wesens- und sinngerechte Fortsetzung der Rechtsbeziehungen“ noch möglich ist. Dies dürfte im vollständig ruhenden Arbeitsverhältnis während der Elternzeit fast immer festzustellen sein. Mit anderen Worten muss ein besonders schwerer Vertragsverstoß des Arbeitnehmers gegen arbeitsvertragliche Pflichten zur Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses führen. Das kommt in Betracht bei der Leistung von Teilzeitarbeit, ebenso aber auch, wenn die fortbestehenden Nebenpflichten schwerwiegend verletzt werden. Beispielsweise können die Voraussetzungen vorliegen, wenn ein Arbeitnehmer während der Elternzeit ohne die Zustimmung seines bisherigen Arbeitgebers bei einem anderen Arbeitgeber eine Teilzeittätigkeit aufnimmt, wenn er den Arbeitgeber und dessen Ehefrau in massiver und ordinärer Weise beleidigt oder wenn er rufschädigende öffentliche Äußerungen über seinen Arbeitsgeber verbreitet. Strafbare Handlungen vermögen ebenfalls regelmäßig einen besonderen Fall darzustellen, in der Regel jedoch nicht der Verdacht einer strafbaren Handlung. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines besonderen Falles trägt grundsätzlich der Arbeitgeber (Rancke in Rancke/Pepping, Mutterschutz, Elterngeld, Elternzeit, Betreuungsgeld, 6. Aufl. 2022, § 18 BEEG Rn. 33 m.w.N.; Schneider in Brose/Weth/Volk, Mutterschutzgesetz und Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, 9. Aufl. 2020, § 18 BEEG Rn. 27, 30 m.w.N.; Gallner in Müller-Glöge/Preis/Schmidt Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 23. Aufl. 2023, § 18 Rn. 11, 13 m.w.N.; Velikova in Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath, Arbeitsrecht, 5. Aufl. 2022, § 18 BEEG Rn. 14 m.w.N.; Rolfs in Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 6. Aufl. 2021, § 18 BEEG Rn. 34 m.w.N.).
18
Ausgehend vom bisherigen Sach- und Streitstand liegt aller Voraussicht nach bereits kein „besonderer Fall“ im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 4 BEEG vor. Die klägerischen Vorwürfe gegen die Beigeladene sind nicht nachgewiesen. Zudem wurde die Beigeladene nicht rechtskräftig verurteilt, sondern die betreffenden Strafverfahren wurden allesamt nach § 153 StPO beziehungsweise § 153a StPO eingestellt. Für die Beigeladene gilt nach alledem noch die Unschuldsvermutung, sodass aus der Art und Weise der Einstellung der Strafverfahren und der diesbezüglichen gerichtlichen Praxis weder eine Sühnewirkung noch eine Vorhersage über den Ausgang der Berufungsverhandlung getroffen werden kann (Peters in Knauer/Kudlich/Schneider, Münchner Kommentar zur StPO, 1. Aufl. 2016 § 153a Rn. 22, 99 m.w.N.; Diemer in Hannich, Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 153 Rn. 5 m.w.N.; Peters in Münchener Kommentar zur stopp, 1. Aufl. 2016, § 153 Rn. 16).
19
Da der Kläger seine Vorwürfe gegen die Beigeladene nicht beweisen kann, verbleibt es bei seinem diesbezüglichen Verdacht. Dieser ist jedoch nicht ausreichend, um das Vorliegen eines besonderen Falls zu rechtfertigen.
20
Bei summarischer Prüfung des bisherigen Sach- und Streitstandes dürfte lediglich nachgewiesen sein, dass im Kassenprogramm auf den Namen der Beigeladenen viele Fehlbuchungen und Stornierungen gespeichert sind. Zudem hat die Beigeladene mehrfach die Kassenlade nach Abschluss des Kassiervorgangs nicht geschlossen. Dafür, dass dieser Sachverhalt es dem Arbeitgeber unzumutbar machen würde, das Vertragsverhältnis mit der Beigeladenen bis zum Ende der Elternzeit aufrecht zu erhalten, sieht das Gericht bei überschlägiger Prüfung keine Anhaltspunkte.
21
Überdies hat der Kläger ausgehend vom bisherigen Sach- und Streitstand auch gezeigt, dass ihm im vorliegenden Fall dennoch eine Weiterbeschäftigung zumutbar ist. So hat er die Beigeladene in Kenntnis seiner Vorwürfe und während des beim Beklagten laufenden Zulassungsverfahrens mit anwaltlichem Schreiben vom 6. August 2019 aufgefordert, am 9. August 2019 wieder zur Arbeit zu erscheinen. Er hat damit gezeigt, dass für die Beigeladene alternative Beschäftigungsmöglichkeiten in seinem Betrieb bestehen. Eine wesens- und sinngerechte Fortsetzung der Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen ist damit aller Voraussicht nach noch möglich.
22
Der Kläger hat damit bei summarischer Prüfung keinen Anspruch auf Zulassung der Kündigung während der Elternzeit.
23
Anhaltspunkte für eine andere Verteilung der Kostenlast sind für das Gericht nicht ersichtlich.
24
Aus alledem ergibt sich, dass es billigem Ermessen entspricht, die Kosten des Verfahrens dem Kläger aufzuerlegen.
25
Anhaltspunkte dafür, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aus dem im vorliegenden Verfahren auch anzuwendenden Rechtsgedanken des § 162 Abs. 3 VwGO heraus aufzuerlegen, liegen nicht vor. Insbesondere hat die Beigeladene sich in diesem Verfahren nicht am Kostenrisiko beteiligt.
26
Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt für die die Zulässigkeitserklärung der Kündigung während der Mutterschutzfrist nach Nr. 27.1 und für die Zulassung der Kündigung während der Elternzeit nach Nr. 27.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai/1. Juni 2012 und 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen je in Höhe des Auffangwerts. Gemäß § 52 Abs. 2 GKG beträgt dieser 5.000,00 EUR, sodass der Streitwert insgesamt in Höhe von 10.000,00 EUR festgesetzt wird.