Inhalt

VG München, Beschluss v. 10.01.2023 – M 5 E 22.5159
Titel:

Konkurrentenstreit um eine Stelle als Hochschullehrer: Fehlerhafte Dokumentation der Ablehnungsgründe; kein Nachschieben von Gründen; keine Kausalität des Fehlers

Normenketten:
VwGO § 123, § 155 Abs. 4
GG Art. 5 Abs. 3 S. 1, Art. 33 Abs. 2
BayVerf Art. 108, Art. 138
Leitsätze:
1. Der Standardtext in einer Dokumentation über die Ablehnung einer Bewerbung um eine Professorenstelle „Bewerber:in kann durch die nachgewiesene Fachkompetenz nur Teilbereiche der vorgesehenen Anforderungen abdecken“ (hier: 40 mal benutzt) kann dem Zweck der Begründung der Auswahlentscheidung - Erkennbarkeit der Gründe für den abgelehnten Bewerber wie auch Selbstkontrolle des Entscheidungsorgans sowie die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung für ein Gericht nicht erfüllen. Damit wird die Dokumentationspflicht hinsichtlich der Ablehnungsgründe verletzt. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Fehler einer unterlassenen Dokumentation der Gründe für eine negative Auswahlentscheidung („Negativmitteilung“) gegenüber einem Bewerber kann im gerichtlichen Verfahren nicht geheilt werden, weil damit der gerichtliche Rechtsschutz für den Betroffenen unzumutbar erschwert würde. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ist der Fehler des Nachschiebens von Gründen für die Auswahlentscheidung nicht kausal, weil bei einer erneuten Auswahlentscheidung ohne den festgestellten Fehler eine Auswahl des bisher abgelehnten Antragstellers trotzdem ausgeschlossen erscheint, wirkt sich dieser Rechtsverstoß nicht auf das Ergebnis der Auswahlentscheidung aus. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
4. Hinsichtlich der fachwissenschaftlichen Eignung eines Bewerbers für eine Hochschullehrerstelle steht der Hochschule eine besondere, durch Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG, Art. 108 BV iVm Art. 138 BV verfassungsrechtlich geschützte Beurteilungskompetenz zu. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, Stellenbesetzung, W 2 Professur an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften, Anforderungsprofil, Nachschieben der Auswahlbegründung, Kostentragung, Dokumentation, Konkurrentenstreit, Beamtenrecht, Hochschule, Universität, Auswahlentscheidung, einstweilige Anordnung, Nachschieben von Gründen, Hochschullehrer, Kausalität, Fachkompetenz, Beurteilungskompetenz
Fundstelle:
BeckRS 2023, 611

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 38.568,07 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Hochschule für Angewandte Wissenschaften X. schrieb die Stelle für eine Professur (W 2) für Entrepreneurship und Allgemeine Betriebswirtschaftslehre aus.
2
In der Ausschreibung ist angegeben, dass die Professur neue Akzente in Forschung und Lehre im Bereich Entrepreneurship setzen solle. (…) Der/Die Stelleninhaber/in solle deshalb auch fundierte Erfahrung in der Gründung eigener Unternehmen und/oder im Coaching von Gründerteams vorweisen. Es werde erwartet, dass auch Grundlagenveranstaltungen, ggf. auch in verwandten Fachgebieten, insbesondere Wirtschaftsinformatik, übernommen würden. Ebenfalls vorausgesetzt werde ein wirtschaftswissenschaftlich orientiertes Hochschulstudium. Die KandidatIn solle über einschlägige Praxiserfahrung und ein vielseitiges Methodeninstrumentarium verfügen, da der Lehrbereich Entrepreneurship eine starke Projekt- und Praxisorientierung sowie eine hohe Interdisziplinarität aufweise.
3
Weiter ist im Ausschreibungstext formuliert:
4
„Einstellungsvoraussetzungen:
5
- Abgeschlossenes Hochschulstudium der Betriebswirtschaftslehre, Wirtschaftswissenschaften oder Wirtschaftsinformatik, Wirtschaftsingenieurwesen oder vergleichbar.
6
- Pädagogische Eignung, der Nachweis hierzu ist u.a. durch eine Probelehrveranstaltung zu erbringen.
7
- Besondere Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit, die durch eine Promotion oder durch ein Gutachten über promotionsadäquate Leistungen nachgewiesen wird.
8
- Besondere Leistungen bei der Anwendung oder Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse oder Methoden in einer mindestens fünfjährigen beruflichen Praxis, die nach Abschluss des Hochschulstudiums erworben sein muss und von der mindestens drei Jahre außerhalb des Hochschulbereichs ausgeübt worden sein müssen. Der Nachweis der außerhalb des Hochschulbereichs ausgeübten beruflichen Praxis kann in besonderen Fällen dadurch erfolgen, dass über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren ein erheblicher Teil der beruflichen Tätigkeit in Kooperation zwischen Hochschule und außerhochschulischer beruflicher Praxis erbracht wurde.“
9
Der 1963 geborene Antragsteller war nach einem Studium des Maschinenwesens Studienrichtung „Luft- und Raumfahrt“ an der … Universität … (1984 bis 1990 - wobei er im letzten Jahr des Studiums bereits bei einem Unternehmen beschäftigt war), von 1990 bis 1995 wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand an einem Lehrstuhl dieser Universität. Von 1990 bis 1993 durchlief er ein Aufbaustudium an dieser Universität in Arbeits- und Wirtschaftswissenschaften zur Vorbereitung/Unterstützung des Promotionsvorhabens. Von 1993 bis 1996 absolvierte der Antragsteller ein Promotionsstudium in Betriebswirtschaftslehre und erwarb den Grad eines Doktors der Wirtschaftswissenschaften. Von 1999 bis 2000 war er wieder bei einem Wirtschaftsunternehmen angestellt und gründete im Jahr 2000 ein Unternehmen für Beratung und Coaching, dessen geschäftsführender Gesellschafter er bis heute ist. Neben anderen Lehraufträgen war der Bewerber von … Oktober 2020 bis … März 2021 an einer privaten Hochschule als Hochschullehrer für Betriebswirtschaftslehre tätig und war berechtigt, während der Dauer dieser Tätigkeit die Bezeichnung „Professor“ zu führen.
10
Der 1982 geborene Beigeladene studierte von 2001 bis 2006 Politische Wissenschaften und von 2006 bis 2009 Internationale Betriebswirtschaftslehre. 2019 promovierte er mit einer wirtschaftswissenschaftlichen kumulativen Dissertation. Nach verschiedenen Tätigkeiten in der Wirtschaft (2009 bis 2014) war er von 2015 bis 2019 wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Universität an einem Lehrstuhl für International Business. Von 2019 bis 2020 hatte er eine Vertretungsprofessur an einer Hochschule inne und ist an dieser Hochschule seit 2021 Inhaber einer W-2 Professur für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Entrepreneurship und Human Resources.
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Die Berufungskommission sichtete die 61 eingegangenen Bewerbungen nach Aktenlage, leitete auf der Basis der Ausschreibungskriterien acht Kategorien (Corporate Entrepreneurship, Innovationsmanagement, (digitale) Geschäftsmodelle und Gründungsmanagement / Social Entrepreneurship und nachhaltige Geschäftsmodelle / Erfahrung in der Gründung eigener Unternehmen / Erfahrung im Coaching von Gründerteams / Führungserfahrung / Umfassende praktische Berufserfahrungen und ein vielseitiges Methodeninstrumentarium / Didaktik - Lehre / Forschung) über die Eignung der Bewerberinnen und Bewerber ab und bewertete deren Eignung. Danach wurden 18 Bewerberinnen und Bewerber ausgewählt und zu Gesprächen eingeladen. Die auf dieser Stufe nicht berücksichtigten Bewerbungen wurden in einer Liste wiedergegeben, wobei der Antragsteller unter Nr. 38 geführt wird. Als Ablehnungsgrund ist für den Antragsteller wie für 40 andere Bewerbungen auf der Liste der Text angegeben: „Bewerber:in kann durch die nachgewiesene Fachkompetenz nur Teilbereiche der vorgesehenen Anforderungen abdecken“. Nach dem Ergebnis von weiteren Gesprächen mit 18 Bewerberinnen und Bewerbern wurden neun Bewerberinnen und Bewerber zu Probevorlesungen eingeladen. Für drei Kandidatinnen/Kandidaten wurden externe Gutachten eingeholt. Der Berufungsausschuss setzte den Beigeladenen in der Sitzung vom … Juli 2022 einstimmig auf Platz 1 der Berufungsvorschlagsliste.
12
Mit Schreiben vom ... Oktober 2022 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass seine Bewerbung auf die ausgeschriebene Stelle nicht in die Berufungsliste habe aufgenommen werden können. Bei den vielen und guten Bewerbungen entschieden oft nur Details über eine Berufung. Am … Oktober 2022 hat der Antragsteller Widerspruch gegen die Auswahlentscheidung erhoben, über den - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden ist.
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Der Vertreter der schwerbehinderten Menschen war am Verfahren beteiligt, begleitete je eine schwerbehinderte Bewerberin und einen schwerbehinderten Bewerber zu den Vorgesprächen und erhob gegen das Auswahlverfahren keine Einwendungen.
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Am 18. Oktober 2022 hat der Antragsteller beantragt,
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Dem Antragsgegner wird untersagt, die Stelle …, W2-Professur für Entrepreneurship und Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften X. gemäß der Stellenausschreibung Kennziffer: … zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden worden ist.
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Die Ablehnung der Bewerbung des Antragstellers sei nicht hinreichend begründet. Anhand der listenmäßigen Aufstellung der nicht berücksichtigten Bewerber könne nicht nachvollzogen werden, ob die Mitglieder des Berufungsausschusses einen ablehnenden Auswahlvermerk betreffend den Antragsteller getroffen hätten. Eine Bewerbernummer in der Liste sei dem Antragsteller von der Universität nicht mitgeteilt worden.
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Die Hochschule für Angewandte Wissenschaften X. hat für den Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
19
Die Bewerbungen seien von zwei Mitgliedern des Berufungsausschusses anhand von acht Kategorien (Corporate Entrepreneurship, Innovationsmanagement, (digitale) Geschäftsmodelle und Gründungsmanagement / Social Entrepreneurship und nachhaltige Geschäftsmodelle / Erfahrung in der Gründung eigener Unternehmen / Erfahrung im Coaching von Gründerteams / Führungserfahrung / Umfassende praktische Berufserfahrungen und ein vielseitiges Methodeninstrumentarium / Didaktik - Lehre / Forschung) bewertet und mit einem Punktwert belegt worden. Bewerber und Bewerberinnen mit einem Punktwert über 39 seien zu Vorgesprächen eingeladen worden. Solche mit einem Punktwert von 36 bis 38 seien als „Vielleicht“-Kandidaten in der Sitzung des Bewerbungsausschusses am … April 2022 vorgestellt worden. Der Antragsteller habe 37 Punkte erreicht und sei in der Sitzung am … April 2022 als „Vielleicht“-Kandidat besprochen worden. Der Antragsteller sei nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden, da er keine Begründung der Motivation für die Professur im Anschreiben genannt habe, er Diplomingenieur im Bereich Luft- und Raumfahrttechnik sowie Doktor der Wirtschaftswissenschaften sei, seit der von ihm gegründeten Firma keine weiteren Gründungen oder Ausgründungen ersichtlich seien, hinsichtlich seiner Tätigkeit als Juror keine Informationen über die gecoachten Gründungen und deren Umfang vorlägen, die Lehrevaluationen nicht beigelegt seien, Veröffentlichungen nur Vorträge und Zeitschriftenartikel umfassten, aber keine wissenschaftlichen Publikationen. Die Bewerbung sei nicht abgelehnt worden, da das Kriterium „Abgeschlossenes wirtschaftswissenschaftlich orientiertes Hochschulstudium“ nicht erfüllt sei. Vielmehr beruhe das auf einer Gesamtbewertung der Bewerbungsunterlagen des Antragstellers und werde durch den Text „Bewerber kann durch die nachgewiesene Fachkompetenz nur Teilbereiche der vorgesehenen Anforderungen abdecken“ unterstrichen. Der Vorsitzende des Berufungsausschusses habe die Ablehnungsgründe in der 2. Sitzung des Berufungsausschusses am … April 2022 handschriftlich dokumentiert. In einer E-Mail vom … November 2022 habe der Vorsitzende des Berufungsausschusses den Inhalt dieser Notizen an die Hochschulverwaltung weitergeleitet. Am … Dezember 2022 sei per Umlaufbeschluss das Protokoll der 2. Sitzung des Berufungsausschusses vom … April 2022 um die vom Vorsitzenden des Ausschusses festgehaltenen und gerade wiedergegebenen Begründungen für die Ablehnung der Bewerbungen mehrerer Kandidaten - zu denen auch der Antragsteller zählt - bei 10 Zustimmungen und einer Enthaltung ergänzt worden. Der Vorsitzende hat in einem Schreiben vom … November 2022 eine Stellungnahme zu den Ablehnungsgründen betreffend den Antragsteller formuliert. Danach sei die formale Fachkompetenz durch ein einschlägiges Studium als nicht erfüllt anzusehen, die Fachkompetenz im Berufungsgebiet nur teilweise erfüllt, die Einschätzung der fachlichen Forschungskompetenz auf der Basis der vorgelegten Nachweise als sehr gering zu bewerten, die Einschätzung der pädagogischen Eignung sei aufgrund der vorgelegten Nachweise nicht möglich.
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Der ausgewählte Bewerber ist mit Beschluss vom … November 2022 zum Verfahren beigeladen worden. Er hat keinen Antrag gestellt noch sich sonst im Verfahren geäußert.
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Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
22
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
23
1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung - vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen - notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, das heißt ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, das heißt die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Der Antragsteller hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.
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2. Der Anordnungsgrund in Form der besonderen Dringlichkeit der begehrten einstweiligen Anordnung ist gegeben. Das Berufungsverfahren für die ausgeschriebene Professur ist grundsätzlich abgeschlossen. Eine Ernennung des Beigeladenen steht unmittelbar bevor. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers als übergangenem Bewerber lässt sich nur vor der Ernennung des ausgewählten Konkurrenten mittels einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO effektiv sichern, da sich der um eine Stellenauswahl geführte Rechtsstreit mit der endgültigen Besetzung der ausgeschriebenen Stelle erledigt (vgl. BVerfG, B.v. 29.6.2003 - 2 BvR 311/03 - NVwZ 2004, 95; auf die Ruferteilung an den Beigeladenen kommt es nicht an vgl. BVerwG, U.v. 20.10.2016 - 2 C 30/15 - NVwZ-RR 2017, 736). Nach herrschender Auffassung in der Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 4.11.2010 - 2 C 16/09 - NVwZ 2011, 358) ist mit der endgültigen anderweitigen Besetzung einer Stelle das Besetzungsverfahren grundsätzlich abgeschlossen mit der Folge, dass dem Begehren des Antragstellers, die Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten vorzunehmen, nicht mehr entsprochen werden könnte, weil der Antragsgegner die Ernennung des Beigeladenen in der Regel nicht mehr rückgängig machen könnte.
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3. Der Antragsteller hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
26
Einen Rechtsanspruch auf Übertragung der streitgegenständlichen Stelle hat der Antragsteller grundsätzlich nicht. Ein solcher lässt sich nach herrschender Rechtsprechung nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten, die sich auf das vom Beamten bekleidete Amt beschränkt und somit amtsbezogen ist.
27
Der Antragsteller hat aber einen Bewerbungsverfahrensanspruch, das heißt einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr den Dienstposten unter Berücksichtigung des in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG), Art. 94 Abs. 2 Satz 2 Verfassung für den Freistaat Bayern (BV) normierten Leistungsgrundsatzes vergibt und seine Auswahlentscheidung nur auf Gesichtspunkte stützt, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen (vgl. BVerfG, B.v. 26.11.2010 - 2 BvR 2435/10 - NVwZ 2011, 746; B.v. 2.10.2007 - 2 BvR 2457/04 - NVwZ 2008, 194; BVerwG, U.v. 17.8.2005 - 2 C 36.04 - juris).
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Die Ermittlung des - gemessen an den Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung - am besten geeigneten Bewerbers hat stets in Bezug auf das konkret angestrebte Amt zu erfolgen. Maßgeblich ist insoweit der Aufgabenbereich des Amtes, auf den bezogen die einzelnen Bewerber untereinander zu vergleichen sind und anhand dessen die Auswahlentscheidung vorzunehmen ist (BayVGH, B.v. 3.7.2019 - 3 CE 19.1118 - juris Rn. 6).
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Diese Vorgaben dienen zwar vornehmlich dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung, berücksichtigen aber zugleich das berechtigte Interesse eines Kandidaten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen. Der Bewerber hat daher einen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Auswahl (BVerwG, U.v. 25.8.1988 - 2 C 28/85 - juris; BayVGH, B.v. 25.5.2011 - 3 CE 11.605 - BayVBl 2011, 565; VG München, B.v. 24.10.2012 - M 5 E 12.2637 - juris).
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Aus der Verletzung dieses Anspruches folgt zwar regelmäßig nicht ein Anspruch auf Einstellung oder Beförderung. Vielmehr ist es im Hinblick auf den Beurteilungs- und Ermessensspielraum des Dienstherrn bei der Auswahlentscheidung grundsätzlich nicht Aufgabe des Gerichts, den besser geeigneten Bewerber zu bestimmen und eine eigene Prognose der Erfolgsaussichten der Bewerbung vorzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 5.1.2012 - 7 CE 11.1432 - juris).
31
Der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, B.v. 26.11.2010 - 2 BvR 2435/10 - NVwZ 2011, 746). Aufgrund der Verfahrensabhängigkeit des sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden subjektiven Rechts und der Garantie von Art. 19 Abs. 4 GG sind die Verwaltungsgerichte bei der Auslegung und Anwendung des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten gehalten, den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes im Eilverfahren besonders Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, B.v. 29.6.2003 - 2 BvR 311/03 - NVwZ 2004, 95).
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Diese für beamtenrechtliche Konkurrentenstreitverfahren entwickelten und gefestigten Grundsätze (z.B. BVerfG, B.v. 24.9.2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200; BVerfG, B.v. 20.9.2007 - 2 BvR 1972/07 - ZBR 2008, 167; BVerwG, U.v. 4.11.2010 - 2 C 16/09 - BVerwGE 138, 102) gelten für hochschulrechtliche Konkurrentenstreitigkeiten zur Besetzung von Professorenstellen in gleicher Weise (BayVGH, B.v. 5.1.2012 - 7 CE 11.1432 - juris). Erweist sich die Entscheidung, einen Bewerber als Professor zu berufen, als ermessens- oder beurteilungsfehlerhaft, hat ein nicht berücksichtigter Bewerber, dessen Auswahl zumindest möglich erscheint, einen Anspruch darauf, dass über seine Bewerbung erneut entschieden und die Stelle zunächst nicht besetzt wird. Hinsichtlich der fachwissenschaftlichen Eignung ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Hochschule eine besondere, durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, Art. 108 i.V.m. Art. 138 BV verfassungsrechtlich geschützte Beurteilungskompetenz hinsichtlich der Qualifikation eines Bewerbers für die Hochschullehrerstelle zusteht. Insoweit kommt den an der Erstellung des Berufungsvorschlags beteiligten Hochschulorganen, insbesondere dem Berufungsausschuss, ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die Auswahlentscheidung kann daher gerichtlich nur daraufhin überprüft werden, ob sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen ist und ob der Beurteilungsspielraum überschritten ist, etwa weil die Verwaltung anzuwendende Begriffe verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen Tatbestand zugrunde gelegt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (zum Ganzen: BayVGH, B.v. 5.1.2012 - 7 CE 11.1432 - juris Rn. 18; B.v. 11.8.2010 - 7 CE 10.1160 - juris Rn. 20 m.w.N.). Dieser Prüfungsmaßstab ist wie im Hauptsacheverfahren auch bei einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anzulegen. Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung dürfen nicht über das hinausgehen, was für ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren genügt (BVerwG, B.v. 20.1.2004 - 2 VR 3.03 - juris).
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Die der Auswahlentscheidung zu Grunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen sind schriftlich niederzulegen. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen - deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann - wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll, oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen. Schließlich stellt die schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind; sie erweist sich damit als verfahrensbegleitende Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG (vgl. BVerfG, B.v. 25.11.2015 - 2 BvR 1461/15 - juris; B.v. 9.7.2007 - 2 BvR 206/07 - juris Rn. 20; OVG NW, B.v. 10.2.2016 - 6 B 33/16 - juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 5.1.2012 - 7 CE 11.1432 - juris Rn. 24; vgl. zum Dokumentationserfordernis bei der Besetzung von Professorenstellen BayVGH, B.v. 1.2.2017 - 7 CE 16.1989 - juris Rn. 13; OVG NW, B.v. 27.4.2017 - 6 A 277/16 - NVwZ-RR 2017, 794, juris Rn. 4; B.v. 10.2.2016 - 6 B 33/16 - NVwZ 2016, 868, juris Rn. 7; OVG SH, B.v. 22.8.2018 - 2 MB 16/18 - juris Rn. 9; OVG LSA, B.v. 1.7.2014 - 1 M 58/14 - NJOZ 2014, 1509, juris Rn. 6; VG München, B.v. 13.11.2017 - M 5 E 17.4125 - juris Rn. 21; VG Berlin, B.v. 11.4.2014 - VG 7 L 100.14 - BeckRS 2014, 50116; VG Frankfurt (Oder), U.v. 24.8.2012 - 3 K 241/09 - juris Rn. 66 ff.).
34
4. Nach diesen Grundsätzen hat die Hochschule zwar die Dokumentationspflicht gegenüber dem Antragsteller verletzt. Das führt vorliegend jedoch nicht dazu, dass dadurch auch der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers als verletzt anzusehen ist. Denn das ist nur dann der Fall, wenn die Auswahl des Bewerbers in einem erneuten Auswahlverfahren möglich erscheint (BVerfG, B.v. 24.9.2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200, juris Rn. 14 f.). Wenn in einem erneuten Auswahlverfahren unter Berücksichtigung der nachgeschobenen Gründe dieselbe Auswahlentscheidung rechtlich nicht zu beanstanden wäre, ist dieser Fehler für die Auswahlentscheidung nicht kausal (BayVGH, B.v. 25.1.2016 - 3 CE 15.2012 - juris Rn. 31 ff.).
35
a) Die Dokumentationspflicht hinsichtlich der Ablehnungsgründe betreffend den Antragsteller wurde vorliegend verletzt. Die für die Bewerbung des Antragstellers angegebene Begründung „Bewerber:in kann durch die nachgewiesene Fachkompetenz nur Teilbereiche der vorgesehenen Anforderungen abdecken“ führt keine konkreten Gründe an und stellt sich insbesondere als inhaltsleer dar, als dieser Text gleichlautend für 40 weitere Bewerbungen verwendet wird. Dieser Standardtext kann dem Zweck der Begründung der Auswahlentscheidung - Erkennbarkeit der Gründe für den abgelehnten Bewerber wie auch Selbstkontrolle des Entscheidungsorgans sowie die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung für ein Gericht (BVerfG, B.v. 25.11.2015 - 2 BvR 1461/15 - NVwZ-RR 2016, 187, juris Rn. 14; BVerwG, U.v. 13.12.2018 - 2 A 5/18 - BVerwGE 164,84, juris Rn. 45; BayVGH, B.v. 8.2.2018 - 3 CE 17.2304 - juris Rn. 4; Schnellenbach, Konkurrenzen im öffentlichen Dienst, 2. Auflage 2018, Anhang 5 Rn. 6) nicht erfüllen.
36
Erst mit dem Schriftsatz des Antragsgegners vom 8. Dezember 2022 wurde eine substantielle, auf die Bewerbung des Antragstellers konkret bezogene Begründung vorgelegt. Diese beruhen auf einer E-Mail des Vorsitzenden des Berufungsausschusses vom … November 2022, die Gründe wurden erst mit Beschluss vom … Dezember 2022 durch die Mitglieder des Berufungsausschusses als Ergänzung zum Protokoll vom … April 2022 genehmigt. Darin liegt ein rechtswidriges Nachschieben von Gründen. Denn die für die ablehnende Auswahlentscheidung betreffend den Antragsteller konkreten Gründe wurden erst nach der Entscheidung der Berufungskommission in der Sitzung vom … Juli 2022, den Beigeladenen auf Platz 1 der Berufungsvorschlagsliste zu setzen, und auch nach Einleitung des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gegeben. Aus den vorgelegten Akten des Auswahlverfahrens lassen sich diese Gründe auch nicht ansatzweise entnehmen. Erst auf Nachfrage des Gerichts, ob es noch weitere Unterlagen gäbe, da ebenfalls die Bewerbungsunterlagen des Antragstellers in den vorgelegten Behördenakten nicht vorhanden waren, wurden die konkreten Auswahlgründe vorgetragen. Hinzu kommt, dass bei Auswahlentscheidungen eines Berufungsausschusses die Billigung der für eine Negativentscheidung tragenden Gründe durch den Ausschuss dokumentiert sein muss. Das fehlt im Protokoll der 2. Sitzung des Berufungsausschusses vom … April 2022 und erfolgte erst mit einer Ergänzung dieses Protokolls durch Beschluss vom … Dezember 2022. Die Gründe werden weiter ausgeführt durch eine Stellungnahme des Vorsitzenden des Berufungsausschusses vom … November 2022 zur Bewerbung des Antragstellers, was ebenfalls nach dem Vorschlag des Beigeladenen auf Listenplatz 1 und nach Einleitung des vorliegenden Rechtsschutzverfahrens liegt.
37
Der Fehler einer unterlassenen Dokumentation der Gründe für eine negative Auswahlentscheidung („Negativmitteilung“) gegenüber einem Bewerber kann im gerichtlichen Verfahren nicht geheilt werden, weil damit der gerichtliche Rechtsschutz für den Betroffenen unzumutbar erschwert würde. Zwar lässt § 114 Satz 2 VwGO die Ergänzung von Ermessenserwägungen im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens zu, nicht aber eine vollständige Nachholung oder Auswechslung der die Auswahlentscheidung tragenden Gründe. Eine erstmals im Verlauf eines gerichtlichen Verfahrens erfolgende schriftliche Fixierung der für den Dienstherrn tragenden Erwägungen, die zu der Bewerberauswahl geführt haben, kann dagegen nicht zur Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung führen. Das gilt insbesondere für die Begründung hinsichtlich eines nicht zum Zuge gekommenen Bewerbers. Andernfalls wäre der gerichtliche Rechtschutz für den unterlegenen Bewerber unzumutbar erschwert. Denn dieser kann zum Zeitpunkt der Stellung seines Eilantrages die Erfolgsaussichten bei einer solchen Verfahrensweise nicht mehr hinreichend sicher einschätzen (vgl. BVerfG, B.v. 9.7.2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 343, juris Rn. 21 ff.; OVG RhPf, B.v. 23.12.2013 - 2 B 11209/13 - DÖD 2014, 97, juris Rn. 5).
38
b) Allerdings wirkt sich dieser Rechtsverstoß nicht auf das Ergebnis der Auswahlentscheidung aus. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers wird dadurch nicht verletzt. Der Antragsgegner hat - wie sich aus den nachgeschobenen Auswahlerwägungen ergibt - den Leistungsgrundsatz bei der Bewertung der Bewerbung des Antragstellers im Vergleich zum Beigeladenen beachtet (OVG RhPf, B.v. 23.12.2013 - 2 B 11209/13 - DÖD 2014, 97, juris Rn. 6 f.). Die Bewerbung des Antragstellers ist gegenüber der des Beigeladenen als offensichtlich chancenlos zu bewerten, da bei einer erneuten Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung der nachgeschobenen Begründung eine Auswahl zugunsten des Antragstellers ausgeschlossen erscheint (BVerwG, U.v. 9.5.2019 - 2 C 1.18 - ZBR 2020, 35, juris Rn. 72; SächsOVG, B.v. 17.8.2006 - 1 BS 138/06 - NVwZ 2007, 847, juris Rn. 7 f.; a.A. Lindner, NVwZ 2013, 547/550 - Verwertungsverbot für nachgeschobene Gründe; ebenso: Schenke, FS Schnapp, S. 655/663). Der Fehler des Nachschiebens von Gründen war für die Auswahlentscheidung nicht kausal. Maßgeblich ist die Frage, ob bei einer erneuten Auswahlentscheidung ohne den festgestellten Fehler eine Auswahl des Antragstellers möglich wäre.
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Dabei ist zu berücksichtigen, dass hinsichtlich der fachwissenschaftlichen Eignung der Hochschule eine besondere, durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, Art. 108 i.V.m. Art. 138 BV verfassungsrechtlich geschützte Beurteilungskompetenz hinsichtlich der Qualifikation eines Bewerbers für die Hochschullehrerstelle zusteht. Insoweit kommt den an der Erstellung des Berufungsvorschlags beteiligten Hochschulorganen, insbesondere dem Berufungsausschuss, ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu (BayVGH, B.v. 5.1.2012 - 7 CE 11.1432 - juris Rn. 18; B.v. 11.8.2010 - 7 CE 10.1160 - juris Rn. 20 m.w.N.).
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Eine konkrete Begründung der Auswahlentscheidung des einstimmig erfolgten Listenvorschlags durch den Berufungsausschuss zugunsten des Beigeladenen ist im Schreiben des Vorsitzenden des Berufungsausschusses (ohne Datum, Bl. 37 ff. der Auswahlakte) enthalten. Dort ist angegeben, dass der Beigeladene durch seine kumulative Promotion am Lehrstuhl International Business sowie durch seine aktuelle Professur allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Entrepreneurship und Human Resources mit profunden Erkenntnissen und Erfolgen seine fachliche Eignung nachgewiesen habe. Zudem verfüge er über eine breite Liste von relevanten Publikationen und Vorträgen. An seiner derzeitigen Hochschule habe der Bewerber gezeigt, dass er mit viel Energie an seine Aufgabe herangegangen sei. Auch die Probelehrveranstaltung wie der Fachvortrag zeigten eine hohe fachliche Kompetenz des Bewerbers.
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Eine konkrete und ausführliche Begründung der Ablehnung der Bewerbung des Antragstellers in der Form, dass er bereits nicht zu einem Vorgespräch eingeladen wurde, ist im Schreiben des Vorsitzenden des Berufungsausschusses vom … November 2022 enthalten, das die in dessen E-Mail vom … November 2022 eher stichpunktartig festgehaltenen Gründe abrundet. Wenn in der (nachgeschobenen) Begründung für die Negativentscheidung gegenüber dem Antragsteller angegeben ist, dass die „Fachkompetenz im Berufungsgebiet“ als „nur teilweise erfüllt“ einzuschätzen sei (Schreiben vom …11.2022), da die Bewerbungsunterlagen keine fundierten Kompetenzen zu den Themengebieten Corporate Entrepreneurship, Social Entrepreneurship und nachhaltigen Geschäftsmodellen auswiesen, liegt das innerhalb des fachlichen Bewertungsspielraums und ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt entsprechend für die Bewertung der „fachlichen Forschungskompetenz“ als „gering“, da die eingereichte Publikationsliste diverse Zeitschriftenartikel, aber keine Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Journals (mit einem peer-review Prozess) enthalte, zudem die Veröffentlichungen aus den Jahren 1996 bis 2000 (und früher) datierten und damit relativ lange zurücklägen. Auch die Bewertung der „pädagogischen Eignung“ als „nicht möglich“ ist rechtlich nicht zu beanstanden. Denn viele Bewerber hätten Lehrevaluationen vorgelegt. Die Bewerbung des Antragstellers beinhaltet aber jeweils nur Arbeitszeugnisse mit sehr knappen Formulierungen zu den pädagogischen Leistungen. Bereits aus diesen rechtlich nicht zu bemängelnden Bewertungen ergibt sich ein deutlicher Leistungsabstand zum Beigeladenen, sodass bei einem erneuten Auswahlverfahren eine Auswahl des Antragstellers im Konkurrenzverhältnis zum Beigeladenen als ausgeschlossen anzusehen ist.
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Die Bewertung der „formalen Fachkompetenz durch einschlägiges Studium“ als „nicht erfüllt“ mag im Schreiben vom … November 2022 zwar missverständlich - hinsichtlich eines Ausschlussgrundes im Sinn eines konstitutiven Anforderungsprofils - formuliert sein (in diese Richtung geht auch der Schriftsatz des Antragsgegners vom … November 2022). Tatsächlich wurde die Bewerbung des Antragstellers aber - wie sich aus den in der E-Mail vom … November 2022 enthaltenen strichpunktartigen Gründen sowie dem Schreiben vom … November 2022 ergibt - vergleichend bewertet, das Kriterium der „formalen Fachkompetenz durch einschlägiges Studium“ einschließend. Damit stellt sich die Bewertung der formalen Fachkompetenz mit „nicht erfüllt“ als Vergleichsmerkmal und nicht als konstitutives Anforderungsprofil dar (BayVGH, B.v. 25.5.2011 - 3 CE 11.605 - BayVBl 2011, 565, juris Rn. 38; B.v. 11.5.2009 - 3 CE 09.275 - juris Rn. 19 f.). Gegen diese inhaltliche Bewertung ist rechtlich nichts zu erinnern, da in dem Schreiben vom … November 2022 angegeben ist, dass der Antragsteller nach seinem Studium des Maschinenwesens in der Studienrichtung „Luft- und Raumfahrttechnik“ vier wirtschaftswissenschaftliche Prüfungen abgelegt habe. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn daraus eine fehlende formale Fachkompetenz als Vergleichsmerkmal abgeleitet wird, da der Antragsteller im Vergleich etwa zum Beigeladenen nicht über ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Betriebswirtschaftslehre, Wirtschaftswissenschaften oder Wirtschaftsinformatik, Wirtschaftsingenieurwesen oder vergleichbar verfügt, dem in der Ausschreibung unter „Einstellungsvoraussetzungen“ 1. Spiegelstrich besondere Bedeutung beigemessen wird. Nachweise über den Abschluss eines entsprechenden Hochschulstudiums wurden vom Antragsteller nicht vorgelegt.
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Aus diesen Gründen folgt, dass der Beigeladene, der vom Berufungsausschuss als „fachlich hervorragend geeignet“ bewertet wurde, einen so deutlichen Leistungsvorsprung vor dem Antragsteller aufweist (formale Fachkompetenz durch einschlägiges Studium: „nicht erfüllt“, Fachkompetenz im Berufungsgebiet: „teilweise erfüllt“, fachliche Forschungskompetenz: „sehr gering“, Einschätzung der Pädagogischen Eignung: „nicht möglich“), dass in einem erneuten rechtskonformen Auswahlverfahren die Auswahl des Antragstellers für die ausgeschriebene Stelle mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (BayVGH, B.v. 1.12.2015 - 3 CE 15.1947 - juris Rn. 40) nicht in Betracht kommt.
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5. Der Antragsgegner hat nach § 155 Abs. 4 VwGO trotz Ablehnung des Antrags die Kosten des Verfahrens zu tragen. In der unzureichenden Begründung der Ablehnung der Bewerbung des Antragstellers im Auswahlverfahren und deren Nachschieben erst im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes liegt ein schuldhaftes Verhalten des Antragsgegners, das die Pflicht zur Kostentragung durch diese Partei nach § 155 Abs. 4 VwGO rechtfertigt (OVG RhPf, B.v. 23.12.2013 - 2 B 11209/13 - DÖD 2014, 97, juris Rn. 13; Wöckel in Eyermann, 16. Auflage 2022, § 155 Rn. 13). Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst, da er keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
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6. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 Gerichtskostengesetz (GKG) - die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen (die Jahresbezüge des Antragstellers im angestrebten Amt W 2, Stufe 1 - für eine höhere Stufe ist nichts ersichtlich, zzgl. Jahressonderzahlung würden sich auf 77.136,15,- EUR belaufen; hiervon die Hälfte). Denn es handelt sich vorliegend nicht um die Verleihung eines anderen Amtes, sondern um die (Neu) Begründung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses mit dem Antragsgegner (BayVGH, B.v. 20.5.2021 - 7 CE 20.2869 - NVwZ-RR 2021, 802, juris Rn. 32).