Titel:
Erfolglose Nachbarklage gegen Einfamilienhaus - Verschärfung der Hochwassergefahr
Normenketten:
BauGB § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 6
WHG § 78, § 78a
Leitsätze:
1. Bei einem Vorhaben, das nach § 35 BauGB zu beurteilen ist, kann jedenfalls nach bisheriger Rechtsprechung der in § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 BauGB aufgeführte öffentliche Belang der Gefährdung des Hochwasserschutzes über das Gebot der Rücksichtnahme bei deutlich erkennbarer Betroffenheit auch Drittschutz vermitteln. Die Vorschrift greift allerdings nur ein, wenn grobe Verstöße in Frage stehen. Infolge der Umsetzung des Bauvorhabens muss die Hochwassergefahr für ein benachbartes Grundstück unzumutbar verschärft werden. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es wird offengelassen, ob § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 BauGB neben den Regelungen des Wasserhaushaltsgesetzes (§ 78 und § 78a WHG) weiterhin eine eigenständige Bedeutung als nachbarschützende Auffangbestimmung zukommt. (Rn. 19 – 21) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Baugenehmigung, Einfamilienhaus, Nachbar, Gefährdung des Hochwasserschutzes, Gebot der Rücksichtnahme, unzumutbar verschärfte Hochwassergefahr, wasserrechtliches Genehmigungsverfahren
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 01.02.2021 – AN 9 K 20.892
Fundstelle:
BeckRS 2023, 6049
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen eine den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für ein Einfamilienhaus mit Doppelgarage.
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Er ist Eigentümer des südwestlich des Baugrundstücks (FlNr. …10 Gemarkung G...) gelegenen Grundstücks FlNr. …, auf dem er in einem denkmalgeschützten Mühlengebäude eine Wasserkraftanlage betreibt. Beide Grundstücke liegen im vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet der G. (Gewässer 2. Ordnung), das die Beklagte am 6. August 2014 bekannt gemacht hat.
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Die damalige Grundstückseigentümerin beantragte für das streitgegenständliche Bauvorhaben sowie für die Errichtung fünf weiterer Wohngebäude am 1. Februar 2012 einen Vorbescheid. Den Planungen lag ein mit der Beklagten und dem Wasserwirtschaftsamt N. abgestimmtes Ausgleichskonzept (sog. „Rahmenplan“) zugrunde. Für die Bauvorhaben sowie für die notwendige private Erschließungsstraße wurde ein Retentionsraumverlust in der Größenordnung von 1150 m3 ermittelt, der durch die Anlegung eines etwa 850 m3 messenden Retentionsbeckens auf dem Grundstück FlNr. … sowie durch Retentionsflächen auf einzelnen Baugrundstücken ausgeglichen werden sollte. Laut Gutachten des Wasserwirtschaftsamts vom 17. Juni 2014 bestanden keine Einwendungen gegen die Vorgehensweise.
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Mit Bescheid vom 3. März 2016 erteilte die Beklagte – in Abstimmung mit dem Wasserwirtschaftsamt – für die Einleitung von Niederschlagswasser von den Vorhabengrundstücken (u.a. für FlNr. …10) in die G. eine widerrufliche, beschränkte Erlaubnis, die durch Bescheid vom 15. November 2018 neu gefasst wurde. Die dagegen vom Kläger erhobene Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 22. Februar 2021 abgewiesen (Az.: AN 9 K 18.596). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat den klägerischen Antrag auf Zulassung der Berufung mit Beschluss vom 10. August 2021 (Az.: 8 ZB 21.1100) abgelehnt. Eine Verletzung des wasserrechtlichen Rücksichtnahmegebots liege nicht vor. Nach der gutachterlichen Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts seien keine Nachteile für ihn zu erwarten.
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Für die Errichtung der P. straße zur Erschließung der sechs Wohngebäude sowie für die Geländeveränderungen auf den Baugrundstücken erteilte die Beklagte mit Bescheid vom 4. Februar 2019 die wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung nach § 78 Abs. 5 und § 78a Abs. 2 WHG. In den Gründen wurde u.a. dargelegt, dass die Erhöhungen der Geländeoberfläche im vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet dazu dienten, die Bebauung mit Einfamilienhäusern vorzubereiten. Der Retentionsraumausgleich für diese Maßnahmen sowie für die Anlegung der Anliegerstraße werde durch Mulden auf dem Grundstück FlNr. … und auf vier Baugrundstücken erbracht. Laut Gutachten des Wasserwirtschaftsamts vom 16. November 2018 lägen die Genehmigungsvoraussetzungen vor. Die Hochwasserrückhaltung werde nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt und der Retentionsraumverlust ausgeglichen. Nachteilige Auswirkungen auf die Nachbarschaft seien nicht zu erwarten. Die dagegen vom Kläger erhobene Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 22. Februar 2021 abgewiesen (Az.: AN 9 K 19.494). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat den klägerischen Antrag auf Zulassung der Berufung mit Beschluss vom 10. August 2021 (Az.: 8 ZB 21.1330) abgelehnt. Der Kläger könne sich nicht mit Erfolg auf eine Verletzung nachbarschützender Regelungen berufen.
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Auf Antrag des Beigeladenen erteilte die Beklagte für die Errichtung eines Einfamilienhauses mit Carport auf dem Baugrundstück mit Bescheid vom 25. Juni 2019 eine Ausnahmegenehmigung nach § 78 Abs. 5 WHG. In den Auflagen wurde auf die Pflicht zur Herstellung eines Retentionsbeckens sowie einer Retentionsmulde mit einem Volumen von 22 m3 auf dem Grundstück gemäß dem Bescheid vom 4. Februar 2019 verwiesen. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass das Vorhaben auf Grundlage der genehmigten Aufschüttungen erfolge und über der „HQ100-Linie“ errichtet werde, so dass kein weiterer Retentionsraum verloren gehe. Eine positive Begutachtung durch das Wasserwirtschaftsamt liege vor.
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Mit Bescheid vom 1. April 2020 wurde den Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung für die Errichtung eines Einfamilienhauses mit Doppelgarage erteilt.
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Der Kläger hat am 11. Mai 2020 Anfechtungsklage erhoben mit dem Antrag, diese Genehmigung aufzuheben. Am selben Tag hat er vorläufigen Rechtsschutz beantragt. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 4. Juni 2020 abgelehnt (Az.: AN 9 S 20.891). Die dagegen erhobene Beschwerde hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 17. Juli 2020 (Az.: 9 CS 20.1541) zurückgewiesen.
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Die Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 1. Februar 2021 abgewiesen und zugleich die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Hochwasserschutz wegen Spezialität der Normen des Wasserhaushaltsgesetzes nicht vom baurechtlichen Rücksichtnahmegebot umfasst sei.
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Mit seiner am 11. März 2021 eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzziel weiter. Der Kläger könne sich auch im Rahmen des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots auf Belange des Hochwasserschutzes berufen. Er hat zuletzt beantragt,
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach, Az. 9 K 20.892 nach den in erster Instanz gestellten Anträgen des Klägers zu erkennen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Beigeladenen haben sich nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid der Beklagten vom 1. April 2020 zugunsten der Beigeladenen zu Recht abgewiesen, weil der Kläger nicht in eigenen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Für den Erfolg der Anfechtungsklage kommt es maßgeblich darauf an, ob die im vereinfachten Verfahren nach Art. 59 Satz 1 BayBO erteilte Baugenehmigung gegen im Baugenehmigungsverfahren zu prüfende Vorschriften verstößt, die zumindest auch dem Schutz der Interessen des Klägers als Nachbar im Sinne des Baurechts zu dienen bestimmt sind. Der Kläger beruft sich ausschließlich auf einen Drittschutz wegen Hochwassergefahren im Zusammenhang mit dem vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet der G., in dessen Bereich das Bauvorhaben liegt. Selbst wenn insofern eine nachbarschützende Wirkung der in § 35 Abs. 3 BauGB genannten Belange angenommen wird, ist eine Verletzung eigener Rechte aber nicht gegeben.
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1. Bei einem Vorhaben, das – wie hier – nach § 35 BauGB zu beurteilen ist, kann nach der bisherigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs der in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB aufgeführte öffentliche Belang der Gefährdung des Hochwasserschutzes über das Gebot der Rücksichtnahme „bei deutlich erkennbarer Betroffenheit“ auch Drittschutz vermitteln (vgl. BayVGH, B.v. 29.11.2010 – 9 CS 10.2197 – juris Rn. 15 m.w.N. und die Nachweise bei B.v. 17.7.2020 – 9 CS 20.1250 – juris Rn. 14). Die Vorschrift greift allerdings nur ein, wenn grobe Verstöße in Frage stehen. Infolge der Umsetzung des Bauvorhabens muss die Hochwassergefahr für ein benachbartes Grundstück unzumutbar verschärft werden, was etwa der Fall ist, wenn es am geplanten Standort den Hochwasserabfluss so stark beeinträchtigt, dass die Belastung einem Nachbargrundstück nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.2001 – 1 ZS 00.3650 – juris Rn. 10; B.v. 29.11.2010 – 9 CS 10.2197 – a.a.O.; Kment in Jarass/Kment, Baugesetzbuch, 3. Auflage 2022, § 35 Rn. 62 m.w.N., jew. m.w.N.).
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2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in jüngerer Zeit die Frage problematisiert (vgl. BayVGH, B.v. 17.7.2020 – 9 CS 20.1250 – juris Rn. 13 ff.), ob im Anwendungsbereich des § 34 BauGB und des § 35 BauGB der Hochwasserschutz über das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot noch zu prüfen sei, wenn es sich um Vorhaben in festgesetzten oder in vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebieten (§ 76 Abs. 2 und 3 WHG) handelt. Dabei wird vor allem mit der Spezialität der ebenfalls Drittschutz vermittelnden strengeren Regelungen in §§ 78 und 78a WHG argumentiert, die den wesentlichen Prüfungsmaßstab im getrennt durchzuführenden wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren bilden (vgl. BayVGH, B.v. 6.2.2019 – 15 CS 18.2459 – juris Rn. 32 ff. m.w.N. für Vorhaben nach § 34 BauGB und BayVGH, B.v. 17.7.2020 – 9 CS 20.1250 – a.a.O. für Vorhaben nach § 35 BauGB). Daneben bleibe für das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme kein Raum mehr. Würde dem mit dem Verwaltungsgericht gefolgt, hätte der nachbarschützende Belang der Gefährdung des Hochwasserschutzes keinen Eingang in die streitgegenständliche Baugenehmigung gefunden und eine Rechtsverletzung des Klägers käme von vornherein nicht in Betracht.
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Einer derartigen abschließenden Wirkung der materiellen Regelungen des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) sowie des entsprechenden wasserrechtlichen Genehmigungsverfahrens dürften in Fällen des § 35 BauGB allerdings gewichtige Gründe entgegenstehen. Der Gesetzgeber hat bei der Novellierung des WHG im Jahr 2017 (Gesetz zur weiteren Verbesserung des Hochwasserschutzes und zur Vereinfachung von Verfahren des Hochwasserschutzes – Hochwasserschutzgesetz II – vom 5.7.2017, BGBl I S. 2193) den in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB normierten Belang des Hochwasserschutzes nicht eingeschränkt oder gar entfallen lassen, obwohl Fragen der Zulassung von Einzelbauvorhaben – unter Hinweis auf eben diese Regelung – im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens diskutiert wurden (vgl. BT-Drs. 655/16 [Beschluss] S. 20). Dies könnte dafür sprechen, der Bestimmung im Verhältnis zu den wasserrechtlichen Vorschriften – die nach § 29 Abs. 2 BauGB grundsätzlich unberührt bleiben – weiterhin eine Auffangfunktion mit eigenständigem städtebaulichen Regelungswert zuzusprechen, was etwa für die ebenfalls in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB normierten Belange der Wasserwirtschaft höchstrichterlich anerkannt ist (vgl. dazu BVerwG, U.v. 12.4.2001 – 4 C 5.00 – juris Rn. 25 m.w.N.; BayVGH, B.v. 12.5.2021 – 9 CS 18.2000 – juris Rn. 35). Dieses Verständnis wird durch Sinn und Zweck der Norm untermauert. Die Belange des Hochwasserschutzes wurden unter dem Eindruck mehrerer überregionaler Hochwasserereignisse durch Gesetz vom 3. Mai 2005 (BGBl I S. 1224) erstmalig in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB aufgenommen. Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drs. 15/3168 S. 16) zielt die Regelung auf einen umfassenden Schutz. Es sollten sog. überschwemmungsgefährdete Gebiete erfasst werden, die nach neuerer Diktion den Risikogebieten gemäß § 73 WHG entsprechen (Rossi in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, Stand Februar 2022, § 73 Rn. 6, § 76 Rn. 1, unter Verweis auf BT-Drs. 16/12275 S. 74). Beabsichtigt war auch, den Gedanken des Hochwasserschutzes hervorzuheben. In die gleiche Richtung zielt die ausdrückliche Normierung des Drittschutzes bei wasserrechtlichen Ausnahmegenehmigungen gemäß §§ 78 und 78a WHG im Jahr 2017 (vgl. BT-Drs. 18/10879, S. 27; BayVGH, B.v. 7.5.2018 – 8 CS 18.455 – juris Rn. 10; B.v. 6.2.2019 – 15 CS 18.2459 – juris Rn. 37). Beides spricht nicht nur für eine umfassende Stärkung der objektivrechtlich zu berücksichtigenden Hochwasserschutzbelange, sondern auch für eine gezielte Erweiterung des Nachbarschutzes. Eine abschließende Wirkung der Bestimmungen des WHG und eine Verdrängung des in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB verankerten Rücksichtnahmegebots, die zum teilweisen Wegfall der drittschützenden Auffangregelung im Baugenehmigungsverfahren führen würde, ließe sich damit kaum in Einklang bringen (so im Erg. auch Kment in Jarass/Kment, Baugesetzbuch, § 35 Rn. 62; Söfker in Spannowsky/Uechtritz, BeckOK, BauGB, Stand 1.8.2021, § 35 Rn. 96). Dessen ungeachtet dürfte aber bei Vorliegen der engen Voraussetzungen für eine Ausnahme von den Verboten der §§ 78 und 78a WHG eine unzumutbare Verschärfung der Hochwassergefahr für die Nachbarschaft und damit ein Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot aus tatsächlichen Gründen regelmäßig ausscheiden (vgl. zur entsprechenden Vermutung bei der Einhaltung von bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen BVerwG, B.v. 11.1.1999 – 4 B 128.98 – NVwZ 1999, 169 = juris Rn. 4; OVG SN, B.v. 16.3.2006 – 2 M 83/06 – juris LS 2).
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3. Diese Fragen müssen hier aber ebenso wenig abschließend geklärt werden, wie die Problematik, ob in Fällen des § 34 BauGB – im Hinblick auf den unterschiedlichen Wortlaut – etwas Anderes gilt (differenzierend insofern Rossi in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp/Rossi, WHG, § 78 Rn. 71, 75). Die Voraussetzungen für eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme liegen bei Zugrundelegung der dargelegten Maßstäbe keinesfalls vor. Von dem Bauvorhaben der Beigeladenen geht für den Kläger keine unzumutbare Verschärfung der Hochwassergefahr aus. Er ist daher selbst dann, wenn man § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB neben den Regelungen des WHG weiterhin eine eigenständige Bedeutung als nachbarschützende Auffangbestimmung zuspricht, nicht in eigenen Rechten verletzt.
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Die Klägerbevollmächtigte hat im Berufungsverfahren nicht dargelegt, worin eine Unzumutbarkeit zu sehen sein soll. Hinweise auf eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots sind auch sonst nicht ersichtlich. Allein die Tatsachen, dass das Bauvorhaben in einem Überschwemmungsgebiet verwirklicht wird und der Kläger in unmittelbarer Nachbarschaft eine Wassermühle betreibt, reichen insofern nicht aus. Soweit in der mündlichen Verhandlung auf den bisherigen Vortrag zu vermeintlichen Nachteilen verwiesen wurde, der bereits Gegenstand der rechtskräftig abgeschlossenen wasserrechtlichen Verwaltungsstreitverfahren war, kann zur Vermeidung von Wiederholungen umfassend auf die gerichtlichen Entscheidungen (VG Ansbach, U.v. 22.2.2021 – AN 9 K 18.596 und U.v. 22.2.2021 – AN 9 K 19.494; BayVGH, B.v. 10.8.2021 – 8 ZB 21.1100 und B.v. 10.8.2021 – 8 ZB 21.1330) verwiesen werden. Auf der Grundlage der amtlichen Auskünfte und Gutachten des Wasserwirtschaftsamts, dessen Einschätzung als kraft Gesetzes eingerichteter Fachbehörde (Art. 63 Abs. 3 Satz 1 BayWG) eine besondere Bedeutung zukommt (st. Rspr., BayVGH, B.v. 6.4.2020 – 8 ZB 19.852 – juris Rn. 16 m.w.N.), ist keine unzumutbare Verschärfung der Hochwassergefahr durch das Vorhaben gegeben. Konkrete Einwendungen gegen die wasserrechtliche Genehmigung vom 25. Juni 2019 zur Errichtung des Einfamilienhauses, die ebenfalls in Abstimmung mit dem Wasserwirtschaftsamt erteilt wurde, hat der Kläger nicht erhoben. Daher scheidet auch insofern ein Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot aus tatsächlichen Gründen aus. Im Übrigen hat diese Genehmigung – aufgrund der bereits genehmigten Aufschüttungen – nur die Errichtung des Einfamilienhauses mit Garage über der HQ-100-Linie zum Gegenstand. Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass die in den wasserrechtlichen Bescheiden als Auflagen festgesetzten Retentionsbereiche nicht angelegt oder nachträglich wieder verfüllt worden seien, handelt es sich um eine Frage des Vollzugs der bestandskräftigen Genehmigungen. Dazu hat der Vertreter des Beklagten erläutert, dass die Retentionsmulden zum Teil bereits hergestellt und abgenommen worden seien. Vorwürfen, die Retentionsräume würden nicht freigehalten, werde aufsichtlich nachgegangen. Auf die genehmigungskonforme Anlegung der übrigen Becken werde zeitnah hingewirkt. Vor allem hat der Vertreter des Wasserwirtschaftsamts aber in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass selbst eine Nichtanlegung der besagten Retentionsmulden im Falle eines Hochwassers keine nennenswerten Auswirkungen auf das klägerische Grundstück habe. Eine unzumutbare Verschärfung der Hochwassergefahr und damit eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots scheidet daher insofern in jedem Fall aus.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da sich die Beigeladenen im Berufungsverfahren nicht geäußert haben, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.