Inhalt

VGH München, Urteil v. 14.03.2023 – 8 BV 21.1145
Titel:

Sondernutzungsgebühren für eine Freischankfläche – Anfechtungsklage

Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1
VwGO § 61 Nr. 1 Alt. 2, § 62, § 113 Abs. 1 S. 1
BayStrWG Art. 18 Abs. 1 S. 1, Abs. 2a
BayVwVfG Art. 24
Leitsätze:
1. Die Löschung einer vermögenslosen Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) hat zwar grundsätzlich zur Folge, dass sie ihre Rechtsfähigkeit verliert und damit auch ihre Fähigkeit, Beteiligte eines Rechtsstreits im Verwaltungsprozess zu sein. Allerdings bleibt eine vermögenslose Gesellschaft trotz Löschung beteiligtenfähig, wenn im Passivprozess Anhaltspunkte bestehen, dass bei ihr noch verwertbares Vermögen vorhanden ist, oder sie in einem Aktivprozess einen Vermögensanspruch auf dem Klageweg geltend macht. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Zwar fehlt einer solchen Gesellschaft infolge ihrer Löschung die Prozessfähigkeit, weil sie durch die Löschung ihren gesetzlichen Vertreter (den Liquidator/Geschäftsführer) verloren hat. Gleichwohl wird das gerichtliche Verfahren dadurch nicht unterbrochen, wenn sie durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist und dieser keinen Aussetzungsantrag stellt. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
3. Es ist nicht zu beanstanden, wenn eine Sondernutzungsgebührensatzung für die Bemessung der Gebühren auch die örtliche Lage der jeweiligen Freischankfläche mithilfe eines Straßengruppenverzeichnisses als Orientierungspunkt für die Gebührenstaffelung heranzieht und damit das mit zunehmender Verkehrsbedeutung der Straße mutmaßlich steigende wirtschaftliche Interesse an der Flächennutzung berücksichtigt. (Rn. 39 und 40) (redaktioneller Leitsatz)
4. Für die Beurteilung der Frage, ob bei der Gebührenbemessung das Äquivalenzprinzip oder der allgemeine Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt sind, kommt es nicht darauf an, ob und mit welcher Steigerungsrate eine Gebühr im Vergleich zur Vorgängerregelung erhöht wurde, ob also etwa Sondernutzungsgebühren für Freischankflächen vor Gaststättenbetrieben verdoppelt wurden. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob die nunmehr festgesetzte Gebühr unter Berücksichtigung des weiten, gerichtlich nur im Hinblick auf seine Grenzen überprüfbaren Gestaltungsspielraums des Normgebers in einem Missverhältnis zu dem mit ihr abgegoltenen Vorteil steht. (Rn. 42 und 44) (redaktioneller Leitsatz)
5. Satzungen unterliegen keinem gesonderten Begründungserfordernis. Bei der richterlichen Kontrolle untergesetzlicher Normen, soweit keine anderweitigen Rechtsvorschriften bestehen, kommt es nur auf das Ergebnis des Rechtsetzungsverfahrens, nicht aber auf die die Rechtsnorm tragenden Motive desjenigen an, der an ihrem Erlass mitgewirkt hat. Es muss nicht belegt werden, welche Erwägungen für die Satzungsorgane tatsächlich eine Rolle gespielt haben und welche Tatsachen und Daten im Vorfeld ermittelt bzw. erhoben worden sind. Für den Normerlass ist der im Verwaltungsverfahren geltende Untersuchungsgrundsatz weder unmittelbar noch analog anwendbar (vgl. VGH München BeckRS 2022, 18968 Rn. 61 mwN). (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
6. Dem Normgeber ist es gestattet, die Maßstäbe der Gebührenbemessung unter Beachtung der Typengerechtigkeit in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und dabei die Besonderheiten atypischer Einzelfällen außer Betracht bleiben. Einer Stufenlösung ist systemimmanent, dass einzelne Anwendungsfälle an der Schwelle zur nächsten Stufe liegen. (Rn. 66 und 67) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beteiligten- und Prozessfähigkeit einer liquidierten UG (haftungsbeschränkt), Sondernutzungsgebühren für eine Freischankfläche, Gültigkeit einer Sondernutzungsgebührensatzung, Bemessungsmaßstäbe für die Gebührenhöhe, Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip und den Gleichheitssatz (verneint), Beteiligten- und Prozessfähigkeit, liquidierte Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), Straßengruppenverzeichnis, Äquivalenzprinzip und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, Steigerungsrate einer Gebührenerhöhung, weiter Gestaltungsspielraum des Normgebers, Begründungserfordernis für Satzungen, Erwägungen der Satzungsorgane, Untersuchungsgrundsatz, Gleichheitssatz, Typengerechtigkeit, atypische Einzelfälle
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 25.02.2021 – M 10 K 18.3440
Rechtsmittelinstanz:
BVerwG Leipzig, Beschluss vom 01.12.2023 – 9 B 15.23
Fundstellen:
RÜ2 2023, 141
BeckRS 2023, 6047
LSK 2023, 6047

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 25. Februar 2021 wird teilweise geändert: Der Bescheid der Beklagten vom 17. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Juni 2018 wird aufgehoben, soweit eine Sondernutzungsgebühr in Höhe von 1.817,- EUR festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin zu ¾ und die Beklagte zu ¼.
IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.  

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten über die für eine Freischankfläche in den Jahren 2015 und 2016 festgesetzten Sondernutzungsgebühren.
2
Die seit Ende November 2021 erloschene Klägerin, eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), betrieb bis Ende Juni 2016 die Gaststätte C. … in der D. …straße … im Stadtgebiet der Beklagten. In den Jahren 2011 bis 2014 erteilte die Beklagte der Klägerin jährlich eine straßen- und wegerechtliche Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von Tischen und Stühlen auf öffentlichem Verkehrsgrund. Im selben Bescheid wurden neben der Verwaltungsgebühr von 150,- EUR jeweils Sondernutzungsgebühren für 12 Monate in Höhe von insgesamt 975,75 EUR erhoben. Zugrunde gelegt waren folgende Daten: Fläche 24,06 m² + 54 m²; Straßengruppe II; Jahresgebühr je m² 12,50 EUR.
3
Zum 1. Mai 2014 traten für das Stadtgebiet der Beklagten neugefasste Sondernutzungsrichtlinien in Kraft. Darin wurden einige Bestimmungen zu den Freischankflächen gestrichen und einzelne Anforderungen liberalisiert. Zu den Neuerungen zählte u.a., dass die Freischankflächenerlaubnisse ab dem Jahr 2015 nicht mehr auf ein Jahr befristet, sondern widerruflich auf Dauer erteilt werden, so dass die jährliche Verwaltungsgebühr entfällt. Zeitgleich überarbeitete die Beklagte ihre Sondernutzungsgebührensatzung, deren Neufassung zum 1. Januar 2015 in Kraft trat. Dadurch wurden u.a. im zugehörigen Gebührenverzeichnis die Gebührensätze für Freischankflächen erhöht und das Straßengruppenverzeichnis angepasst.
4
Mit Bescheid vom 29. Januar 2015 erteilte die Beklagte der Klägerin ab dem Jahr 2015 in stets widerruflicher Weise die straßen- und wegerechtliche Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von Tischen und Stühlen auf einer Fläche von 24,06 m². Zugleich wurden ihr Sondernutzungsgebühren in Höhe von 1.150,- EUR als jährlich wiederkehrende Kosten auferlegt. Diese basierten auf folgenden Grundlagen: Straßengruppe: III, Freischankfläche: 24,06 m², Jahresgebühr je angefangenem m²: 46,- EUR. Für das Jahr 2016 erfolgte mit Bescheid vom 29. Dezember 2015 die Festsetzung einer Sondernutzungsgebühr in Höhe von 1.150,- EUR auf Basis der für eine Freischankfläche von 24,06 m² vorliegenden straßen- und wegerechtlichen Sondernutzungserlaubnis.
5
Am 17. August 2016 erließ die Beklagte einen Gebührenbescheid, in dem sie zunächst feststellte, dass gemäß vorliegender straßen- und wegerechtlicher Sondernutzungserlaubnis bzw. Baugenehmigung in den Jahren 2015 und 2016 eine Freischankfläche von insgesamt 78,06 m² auf öffentlichem Verkehrsgrund betrieben wurde (Nr. 1). Zugleich wurde pro Jahr eine Sondernutzungsgebühr von 3.634,- EUR, als Gesamtsumme 7.268,- EUR festgesetzt (Nr. 2). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass wegen eines Abrechnungsfehlers für die Jahre 2015 und 2016 fälschlicherweise die zu der Freischankfläche gehörendende 54 m² große Dreiecksfläche nicht in die Berechnung miteinbezogen worden sei. Da dieser Fehler erst im Rahmen eines Betreiberwechsels aufgefallen sei, erfolge nun die rückwirkende Erhebung der Gebühren.
6
Gegen diesen Gebührenbescheid legte die Klägerin Widerspruch mit der Begründung ein, dass der Sachverhalt verjährt sei. Sie habe weder über den Wechsel in die Straßengruppe III einen Bescheid erhalten noch Kenntnis von den neuen Regelungen gehabt. Die Berechnungsgrundlagen der Sondernutzungsgebühr, insbesondere die neue Straßengruppenzuordnung sowie die Gebührenerhöhung, seien intransparent und ohne nachvollziehbare Erklärung ergangen. Schließlich sei das Gewerbe zum 30. Juni 2016 verkauft worden, so dass für 2016 allenfalls eine jahresanteilige Gebührenpflicht bestehe.
7
Da das Gewerbe der Klägerin rückwirkend zum 30. Juni 2016 von Amts wegen abgemeldet wurde, nahm die Beklagte am 11. November 2016 eine Teilsollabsetzung vor und erstattete der Klägerin die im Voraus bezahlte Sondernutzungsgebühr für das zweite Halbjahr 2016.
8
Den eingelegten Widerspruch wies die Regierung von Oberbayern mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 2018 vollumfänglich zurück.
9
Auf die dagegen erhobene Klage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 25. Februar 2021 den Bescheid der Beklagten vom 17. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Juni 2018 aufgehoben. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass für die erhobenen Gebühren bereits eine wirksame Rechtsgrundlage fehle. Die dem Gebührenbescheid zugrundeliegende Sondernutzungsgebührensatzung der Beklagten sei insoweit nichtig, als sie für die Bemessung der Sondernutzungsgebühren nach verschiedenen Straßengruppen differenziere und eine pauschale Verdopplung der Gebührensätze für Freischankflächen vorsehe. Die Satzung verstoße gegen die Vorgaben ihrer Ermächtigungsgrundlage sowie gegen das Äquivalenzprinzip und den Gleichheitssatz.
10
Die Beklagte hat gegen das Urteil die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, dass die Klage bereits mangels Rechtsschutzbedürfnisses teilweise unzulässig sei. Die für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2016 festgesetzten Gebühren seien nach Abmeldung des Gewerbes abgesetzt worden und der streitgegenständliche Bescheid sei in dieser Höhe durch den entsprechenden Hinweis im Schreiben der Beklagten vom 27. September 2016 konkludent korrigiert worden. Strittig seien daher nur noch die Sondernutzungsgebühren für das Jahr 2015 und das erste Halbjahr 2016. Zumindest habe sich der Ausgangsbescheid hinsichtlich der für das 2. Halbjahr 2016 erhobenen Gebühren erledigt. Im Übrigen sei die Sondernutzungsgebührensatzung, auf welcher die streitgegenständliche Gebührenfestsetzung beruhe, formell und materiell rechtmäßig. Die Einteilung des Stadtgebietes in vier verschiedene Straßengruppen sei systemgerecht. Sie berücksichtige das wirtschaftliche Interesse im Hinblick auf die unterschiedliche Lage im Stadtgebiet. Der Einteilung liege neben der Verkehrsbedeutung der jeweiligen Straße auch die Frequentierung durch Fußgänger und Gastronomiebesucher, die Attraktivität der Straße/des Viertels, der wirtschaftliche Wert sowie die ortsüblichen Mieten und Pachten zugrunde. Bei Straßen der Straßengruppe I handele es sich um Straßen in den Außenbereichen, während die Straßengruppe S den Innenstadtbereich abbilde. Die Straßengruppen II und III füllten die Lücke zwischen den beiden Randpositionen. Die Praxisorientierung und Lebendigkeit des derzeitigen Systems zeige sich dadurch, dass seit Einführung des Systems im Jahr 1964 wiederkehrend Überprüfungen und daraus resultierende Änderungen am Straßengruppenverzeichnis vorgenommen worden seien. Im D.-viertel habe sich gezeigt, dass mittlerweile eine höhere Besucherfrequenz gegeben sei als noch vor zehn Jahren. Durch die unmittelbare Nähe zur Isar sei dieses Gebiet für die Bevölkerung sehr attraktiv. Die Straße habe sich daher in den letzten Jahren zu einem angesagten Ausgehviertel entwickelt, was die Einstufung der D. …straße in die Straßengruppe III rechtfertige. Bei der Festlegung der Gebührenhöhe habe die Beklagte darauf abgestellt, dass sich die Attraktivität der Stadt im Gebührensatz widerspiegele. Dabei sei als Maßstab die Gebührenhöhe von vergleichbaren deutschen Großstädten herangezogen worden. Zusammen mit den geänderten Sondernutzungsgebühren hätten die Inhaber der Freischankflächen im Rahmen eines Pilotversuchs die Erlaubnis erhalten, von Juni bis einschließlich August die Freischankflächen an Freitagen und Samstagen bis 24.00 Uhr zu betreiben. Aufgrund des weiten Ermessensspielraum bei der Gestaltung von Sondernutzungsgebühren komme es im Übrigen nicht auf die Erforderlichkeit der Gebührenhöhe an, sondern lediglich darauf, ob sich die festgesetzten Gebühren innerhalb der gesetzlichen Grenzen bewegen. Die streitgegenständlichen Sondernutzungsgebühren für Freischankflächen der Straßengruppe III führten nicht zur Unwirtschaftlichkeit der Sondernutzung. Es sei legitim, die steigenden Mietpreise und den möglichen Tagesumsatz bei Freischankflächen zur Gebührenbemessung heranzuziehen. Des Weiteren liege keine Verletzung des Gleichheitssatzes darin, dass von der Gebührenerhöhung nur die Freischankflächen und nicht die übrigen Arten von Sondernutzungen betroffen seien. Die Nutzung einer Freischankfläche unterscheide sich in der Intensität der Einwirkung auf den Straßengrund durchaus von anderen Sondernutzungen wie z.B. der Inanspruchnahme mit Werbeplakaten.
11
Die Beklagte beantragt,
12
unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 25. Februar 2021 die Klage abzuweisen.
13
Die Klägerin beantragt,
14
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 25. Februar 2021 zurückzuweisen.
15
Der Beteiligtenfähigkeit der Klägerin während des Berufungsverfahrens stehe die Beendigung ihrer Liquidation nicht entgegen. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine bereits im Handelsregister gelöschte Gesellschaft im Prozess beteiligtenfähig bleiben könne. Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis sei ebenfalls vollumfänglich gegeben. Der streitgegenständliche Bescheid sei nicht mit Blick auf die Gewerbeabmeldung geändert worden, sondern es sei lediglich eine Rückzahlung der für das 2. Halbjahr 2016 festgesetzten Sondernutzungsgebühr in Aussicht gestellt worden. Die Klage sei zudem begründet. Das Erstgericht habe zutreffend festgestellt, dass die Sondernutzungsgebührensatzung der Beklagten jedenfalls im Hinblick auf die Einteilung in Straßengruppen und die pauschale Verdopplung der Gebührensätze gegen das Äquivalenzprinzip sowie gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Soweit die Beklagte sich auf ihren vermeintlich weiten Gestaltungsspielraum berufe, habe das Verwaltungsgericht einen solchen nicht in Abrede gestellt, sondern erkannt, dass dieser dort eine Grenze erfahre, wo eine Regelung die Grenze der Willkür überschreite, d.h. wenn für die betroffene Regelung jeder sachlich einleuchtende Grund fehle. Weder für den Normadressaten noch für den Normanwender sei nachvollziehbar, wie es zu der Einteilung von Straßen in bestimmte Straßenkategorien gekommen sowie anhand welcher Kriterien die Erhöhung der Gebührensätze erfolgt sei. Die Beklagte nenne zwar rudimentär Kriterien, anhand derer angeblich eine Einteilung in verschiedene Straßenkategorien und eine Festlegung der Gebührensätze erfolgt sein solle. Sie sei jedoch nach wie vor nicht zur Darlegung in der Lage, wie bzw. in welchem Maße und auf welcher Tatsachengrundlage diese Kriterien maßstabsbildend herangezogen worden seien. Gerade das Fehlen jeglicher Angaben lege nahe, dass sich das die Satzung beschließende Organ schon nicht mit diesen Fragen hinreichend auseinandersetzen konnte und es dementsprechend auch nicht getan habe. Eine Überprüfung, ob die grundsätzlich mögliche Staffelung etwa bei der Bedeutung von Straßen und den Gebührensätzen systemgerecht erfolgt sei, sei mangels jeglicher Begründung nicht möglich. Der Vortrag der Beklagten lege nahe, dass keinerlei Tatsachenermittlung oder Datenerhebung erfolgt sei. Die von der Klägerin exemplarisch vorgelegten Daten zeigten, dass potentiell eine ungleiche Behandlung vergleichbarer Straßen bzw. eine gleiche Behandlung nicht ohne weiteres vergleichbarer Straßen nicht ausgeschlossen werden könne. Das Argument der gestiegenen Mieten und Pachten erkläre nicht die Verdopplung sämtlicher Gebühren für das gesamte Stadtgebiet. Ähnliches gelte für einen Vergleich mit der Gebührenhöhe anderer Großstädte.
16
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten sowie das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Entscheidungsgründe

17
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und hat zum Teil Erfolg.
18
A. Die Klägerin ist ungeachtet ihrer Löschung im Handelsregister in der Rechtsmittelinstanz weiterhin als beteiligtenfähig (§ 61 Nr. 1 Alt. 2 VwGO) und prozessfähig (§ 62 VwGO) zu behandeln.
19
I. Die Klägerin wurde am 17. November 2021 als juristische Person des Privatrechts aus dem Handelsregister gelöscht. Die Löschung einer vermögenslosen Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) hat zwar grundsätzlich zur Folge, dass die Gesellschaft ihre Rechtsfähigkeit verliert und damit nach § 61 Nr. 1 Alt. 2 VwGO auch ihre Fähigkeit, Beteiligte eines Rechtsstreits im Verwaltungsprozess zu sein (vgl. Hess VGH, B.v. 6.10.2021 – 9 A 1440/18 – NVwZ-RR 2022, 198 = juris Rn. 24; OVG MV, B.v. 14.6.2012 – 1 L 91/11 – NJW-RR 2013, 46 = juris Rn. 9 jeweils m.w.N.). Allerdings wird eine gelöschte Gesellschaft mit beschränkter Haftung steuerrechtlich als fortbestehend und insofern als beteiligtenfähig angesehen, solange sie die gegen sie ergangenen Steuerbescheide angreift (stRspr, vgl. BFH, U.v. 13.6.2018 – XI R 20/14 – BFHE 262, 174 = juris Rn. 32 m. w. N.). Auch zivilrechtlich ist anerkannt, dass eine vermögenslose Gesellschaft trotz Löschung rechts- und parteifähig bleibt, wenn im Passivprozess Anhaltspunkte bestehen, dass bei ihr noch verwertbares Vermögen vorhanden ist (vgl. BGH, B.v. 20.5.2015 – VII ZB 53/13 – NJW 2015, 2424 = juris Rn. 19 m. w. N.). Bei einem Aktivprozess reicht dafür schon die bloße Tatsache, dass die Gesellschaft einen Vermögensanspruch auf dem Klageweg geltend macht (vgl. BGH, U.v. 25.10.2010 – II ZR 115/09 – NJW-RR 2011, 115 = juris Rn. 22 m.w.N.). Nichts Anderes gilt im Verwaltungsprozess für ihre Beteiligtenfähigkeit nach § 61 Nr. 1 Alt. 2 VwGO (vgl. SächsOVG, U.v. 29.7.2020 – 5 A 1014/17 – juris Rn. 16 m.w.N.).
20
Im vorliegenden Rechtsstreit wendet sich die Klägerin gegen die ihr gegenüber per Bescheid festgesetzten Sondernutzungsgebühren. Sie wehrt sich damit in einem Passivprozess gegen die von der Beklagten im angefochtenen Bescheid geltend gemachte Forderung. Zudem könnte sie bei einem Erfolg ihrer Klage die Rückerstattung der bereits geleisteten Teilzahlung beanspruchen. Insoweit wird die Beteiligungsfähigkeit (§ 61 Nr. 1 VwGO) durch die Löschung nicht berührt.
21
II. Zwar fehlt der Klägerin infolge ihrer Löschung die Prozessfähigkeit (§ 62 VwGO), weil sie durch die Löschung ihren gesetzlichen Vertreter (den Liquidator/Geschäftsführer) verloren hat. Gleichwohl wird das gerichtliche Verfahren dadurch nicht gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V. m. § 241 Abs. 1 ZPO unterbrochen, weil die Klägerin durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist (§ 173 Satz 1 VwGO i.V. m. § 246 Abs. 1 ZPO), dessen Prozessvollmacht gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V. m. § 86 ZPO über die Löschung fortdauert (stRspr, vgl. BFH; U.v. 13.6.2018 – XI R 20/14 – juris Rn. 33; BGH, U.v. 18.1.1994 – XI ZR 95/93 – NJW-RR 1994, 542 = juris Rn. 8 jeweils m.w.N.) und der Prozessbevollmächtigte keinen Aussetzungsantrag gestellt hat (§ 246 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO).
22
III. Die Abtretung der Ansprüche der Klägerin aus dem vorliegenden Rechtsstreit an ihren Liquidator und ehemaligen Geschäftsführer hat gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO auf den Prozess ebenfalls keinen Einfluss. Es handelt sich um einen Fall der gewillkürten Rechtsnachfolge, der nichts an der Stellung der bisherigen Beteiligten ändert. Die Klägerin ist berechtigt, das Verfahren kraft der durch § 173 VwGO i.V.m. § 265 Abs. 1 ZPO gesetzlich angeordneten Prozessstandschaft für den Rechtsnachfolger weiter zu betreiben.
23
B. Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis ist ebenfalls gegeben.
24
Dieses fehlt ausnahmsweise dann, wenn die Rechtsstellung der Klagepartei selbst bei einem Erfolg der Klage nicht verbessert würde oder die Klagepartei in der Sache bereits erreicht hat, was sie mit der Klage anstrebt (vgl. BayVGH, U.v. 17.11.2020 – 4 B 19.1358 – BayVBl 2021, 159 = juris Rn. 31; OVG Bbg, B.v. 5.5.2004 – 2 A 161/02.Z – juris Rn. 5 jeweils m.w.N.).
25
Nach den erkennbaren Umständen sprechen entgegen dem Vorbringen der Beklagten keine Anhaltspunkte dafür, dass durch das Schreiben vom 27. September 2016 der angegriffene Bescheid abgeändert und die Sondernutzungsgebühren für das 2. Halbjahr 2016 in Höhe von 1.817,- EUR aufgehoben wurden. Zum einen handelt es sich nach dem Inhalt um ein einfaches Schreiben, dem keine der Bestandskraft fähige eigenständige Regelung (Art. 35 Satz 1 BayVwVfG) im Sinne einer Änderung oder unabhängigen Neufestsetzung innewohnt. Das Schreiben enthält im vorletzten Absatz nur den mit Bedingungen versehenen Hinweis, dass die Gebühren für das Jahr 2016 nach Begleichung des Betrags und Abmeldung des Gewerbes anteilig für die Monate Juli bis Dezember zurückerstattet werden. Zum anderen geht weder aus dem Tenor noch aus den Gründen des am 11. Juni 2018 erlassenen Widerspruchsbescheids eindeutig hervor, dass der Ausgangsbescheid inzwischen teilweise aufgehoben worden ist. In den Gründen des Widerspruchsbescheids wird zwar bei der Prüfung des Gebührenschuldners i.S.v. § 7 Abs. 1 SoNuGebS richtigerweise auf den Zeitpunkt der Gewerbeabmeldung als Ende der Gebührenschuld abgestellt, allerdings ohne die rechtliche Konsequenz, dass der Ausgangsbescheid insofern geändert wird. Auch wird im Widerspruchsbescheid das Schreiben der Beklagten vom 27. September 2016 nicht als Korrektur des streitgegenständlichen Bescheids hinsichtlich der für das 2. Halbjahr 2016 festgesetzten Sondernutzungsgebühren aufgefasst, sondern als reine Darlegung der Sach- und Rechtslage gegenüber der Klägerin (vgl. dort S. 2). Insofern ist das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin umfassend gegeben.
26
Für eine teilweise Erledigung des Rechtsstreits liegen aus denselben Gründen keine Anhaltspunkte vor.
27
C. Die Berufung hat jedoch in der Sache nur zum Teil Erfolg.
28
Der Gebührenbescheid vom 17. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Juni 2018 ist hinsichtlich der für das Jahr 2015 und für das 1. Halbjahr 2016 festgesetzten Gebühren i.H.v. 5.451,- EUR rechtmäßig. Nur soweit Sondernutzungsgebühren i.H.v. 1.817,- EUR für die Monate Juli bis Dezember 2016 festgesetzt werden, ist der angefochtene Bescheid rechtwidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
29
I. Der Betrieb einer Freischankfläche auf öffentlichem Grund stellt eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Sondernutzung nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG dar, für die gemäß Art. 18 Abs. 2a Satz 1 BayStrWG Sondernutzungsgebühren erhoben werden können.
30
Die Beklagte hat von der Ermächtigung des Art. 18 Abs. 2a Satz 4 BayStrWG Gebrauch gemacht und eine Satzung über die Gebühren für Sondernutzungen auf öffentlichen Straßen in der Landeshauptstadt München (Sondernutzungsgebührensatzung – SoNuGebS) erlassen. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. BVerwG, U.v. 26.7.2006 – 6 C 20.05 – BVerwGE 126, 254 = juris Rn. 81; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 113 Rn. 56), hier des Widerspruchsbescheids vom 11. Juni 2018, ist auf die Sondernutzungsgebührensatzung vom 10. Juli 2014 (MüABl. S. 614) in der Fassung der Änderung vom 13. Juli 2015 (MüABl. S. 247) abzustellen.
31
Die Gebühren richten sich bei Freischankflächen vor Gaststätten nach § 4 Abs. 4 Satz 1 SoNuGebS i.V.m. Nr. 18.1 des als Anlage I beigefügten Gebührenverzeichnisses, wobei hinsichtlich der Höhe differenziert wird nach Straßengruppen, die stadtbezirksbezogen im Straßengrupppenverzeichnis in Anlage II aufgelistet sind (§ 4 Abs. 2, Abs. 4 Satz 2 SoNuGebS).
32
II. Die vom Verwaltungsgericht erhobenen Bedenken gegen die Gültigkeit der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Satzung – insbesondere gegen die Differenzierung nach Straßengruppen und die Erhöhung der Gebührensätze für Freischankflächen – teilt der Senat nicht. Mit ihrer Tarifgestaltung hat die Beklagte das ihr bei der Gebührenbemessung zustehende normative Ermessen nicht überschritten.
33
1. In formeller Hinsicht bestehen mit Blick auf die von der Beklagten vorgelegten Dokumente keine Zweifel daran, dass sowohl die Beschlussfassung als auch die Ausfertigung der Satzung in der Fassung vom 10. Juli 2014 bzw. in der geänderten Fassung vom 13. Juli 2015 formgültig sind. Auch die jeweilige öffentliche Bekanntmachung erfolgte ordnungsgemäß.
34
Eine Beteiligungs- bzw. Informationspflicht der Klägerin im Satzungserlassverfahren bestand nicht (vgl. HessVGH, B.v. 24.2.1998 – 5 N 3469/94 – GewArch 1998, 437 = juris Rn. 27). Die Sondernutzungsgebührensatzung unterlag auch keiner formellen Begründungspflicht. Eine solche Pflicht ist gesetzlich nicht geregelt (vgl. auch VGH BW, U.v. 13.7.2022 – 2 S 808/22 – JuS 2022, 1086 = juris Rn. 97). Es bestehen auch keine Anhaltspunkte, warum eine solche ausnahmsweise verfassungsrechtlich angezeigt sein könnte.
35
2. Auch materiell-rechtlich sind die vom Verwaltungsgericht als nichtig angesehenen Vorschriften der Sondernutzungsgebührensatzung nicht zu beanstanden. Dies betrifft zum einen die Bemessung der Gebühren nach § 4 Abs. 2 Satz 1, § 4 Abs. 4 Satz 2 SoNuGebS i.V.m. dem Straßengruppenverzeichnis und zum anderen die mit der Neufassung im Jahr 2014 erfolgte Erhöhung der Gebührensätze für Freischankflächen (§ 4 Abs. 4 Satz 1 SoNuGebS i.V.m. Nr. 18 des Gebührenverzeichnisses).
36
Diese Vorschriften genügen den Maßgaben der Ermächtigungsgrundlage und sind auch ansonsten mit höherrangigen Recht vereinbar. Insbesondere ist der geltend gemachte Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip nicht gegeben.
37
a) Bei der Bemessung der Sondernutzungsgebühren sind nach Art. 18 Abs. 2a Satz 5 BayStrWG Art und Ausmaß der Einwirkung auf die Straße und den Gemeingebrauch sowie das wirtschaftliche Interesse des Gebührenschuldners zu berücksichtigen. Dem trägt die Sondernutzungsgebührensatzung in § 4 SoNuGebS zusammen mit dem Gebührenverzeichnis ausreichend Rechnung.
38
aa) Die Höhe der Gebühren wird gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 SoNuGebS bestimmt durch die Verkehrsbedeutung der Straßen, Wege und Plätze, in denen die Sondernutzung ausgeübt wird, durch den wirtschaftlichen Wert für den Benutzer, durch den Umfang, in dem der Gemeingebrauch beeinträchtigt werden kann, und durch die Dauer der Sondernutzung. Die konkreten Gebühren ergeben sich aus dem als Anlage I beigefügten Gebührenverzeichnis (§ 4 Abs. 4 Satz 1 SoNuGebS). Dort sind je nach Art der jeweiligen Sondernutzung unterschiedliche Gebührentatbestände aufgeführt. Bei Freischankflächen wird zusätzlich noch differenziert zwischen Flächen vor Gaststättenbetrieben oder vor Gewerbebetrieben (Anlage I Nr. 18.1 und 18.2). Das Ausmaß der Einwirkung auf die Verkehrsfläche wird bei Freischankflächen dadurch berücksichtigt, dass die beanspruchte Fläche je angefangenem Quadratmeter in Rechnung gestellt wird (Anlage I Nr. 18.1). Einfluss auf die Gebührenhöhe hat daneben das der Satzung beigefügte Straßengruppenverzeichnis. Dieses teilt die Straßen, Wege und Plätze nach ihrer Bedeutung in unterschiedliche Straßengruppen ein (§ 4 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 SoNuGebS). Die Sondernutzungsgebührensatzung dient damit den in der Ermächtigungsgrundlage genannten legitimen Gebührenzwecken.
39
bb) Es ist nicht zu beanstanden, dass der Satzungsgeber mithilfe des Straßengruppenverzeichnisses auch die örtliche Lage der Freischankfläche als Orientierungspunkt für die Gebührenstaffelung herangezogen hat. Damit berücksichtigt die Satzung das wirtschaftliche Interesse des Gebührenschuldners. Mit zunehmender Verkehrsbedeutung der Straße steigt der mutmaßliche wirtschaftliche Wert der Flächennutzung. Dem entspricht es, dass die Beklagte die Straßen, Wege und Plätze je nach ihrer Bedeutung in vier Straßengruppen (vom Außen- bis zum Innenstadtbereich in den Gruppen I bis III und S) eingeteilt und die Gebühren entsprechend der Einteilung gestaffelt hat.
40
Die Einteilung der Straßen in verschiedene Straßengruppen geht auf das Jahr 1964 zurück. Bereits in § 11 Abs. 3 der Verwaltungsanordnung über die Sondernutzungen an den öffentlichen Straßen der Landeshauptstadt München vom 19.2.1964 teilte die Beklagte die Straßen für den Zweck der Gebührenbemessung nach der örtlichen Lage in drei Gruppen ein, wobei die Straßen der Gruppe III besonders bevorzugte und die der Gruppe II mittlere Verkehrs- und Geschäftslagen umfassten. Der Innenstadtbereich (Gruppe S) wurde mit der Sondernutzungsgebührensatzung vom 20. Juni 1985 als vierte Straßengruppe hinzugefügt, womit eine weitere Differenzierung und Abstufung erfolgte. Dies stellt dem Grunde nach ein schlüssiges Konzept der Straßeneinteilung dar (vgl. BVerwG, U.v. 2.12.1988 – 4 C 14.88 – DVBl 1989, 415 = juris Rn. 19 ff.; Wiget in Zeitler, BayStrWG, Stand September 2021, Art. 18 Rn. 39).
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b) Die im Rahmen der Neufassung erfolgte Erhöhung der Gebühren für Freischankflächen und die Zuordnung einzelner Straßen in andere Straßengruppen verletzen nicht die verfassungsrechtlichen Anforderungen für die Bemessung von Sondernutzungsgebühren. Dies gilt sowohl für das Äquivalenzprinzip als auch für den Grundsatz der Gleichbehandlung. Die Beklagte hat die ihr als Ortsgesetzgeber zustehende Gestaltungsfreiheit rechtsfehlerfrei ausgeübt.
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aa) Das Äquivalenzprinzip stellt die gebührenrechtliche Ausprägung des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar. Danach darf eine Sondernutzungsgebühr ihrer Höhe nach nicht in einem groben Missverhältnis zu dem gebotenen Vorteil stehen, den sie abgelten soll (stRspr, vgl. BVerfG, U.v. 19.3.2003 – 2 BvL 9/98 – BVerfGE 108, 1 = juris Rn. 62; B.v. 6.11.2012 – 2 BvL 51/06 u.a. – BVerfGE 132, 334 = juris Rn. 52; BVerwG, U.v. 25.7.2001 – 6 C 8.00 – BVerwGE 115, 32 = juris Rn. 41; U.v. 24.6.2015 – 9 C 23.14 – NVwZ-RR 2016, 68 = juris Rn. 33; U.v. 4.3.2019 – 9 B 1.19 – juris Rn. 4; U.v. 29.5.2019 – 10 C 1.18 – BVerwGE 165, 373 = juris Rn. 26). Eine Sondernutzungsgebühr ist die Gegenleistung dafür, dass die Benutzung einer öffentlichen Straße über den Gemeingebrauch hinaus erlaubt und damit gleichzeitig eine Beeinträchtigung der gemeingebräuchlichen Nutzungsmöglichkeiten in Kauf genommen wird; die Höhe der geforderten Gebühr darf nicht außer Verhältnis zum Ausmaß dieser Beeinträchtigung stehen (vgl. BVerwG, U.v. 15.7.1988 – 7 C 5.87 – BVerwGE 80, 36 = juris Rn. 14; B.v. 4.3.2019 – 9 B 1.19 – juris Rn. 4). Das Verhältnis beider Elemente zueinander näher zu bestimmen, ist Sache des Normgebers. Ihm kommt bei der Regelung der Gebührenbemessung, also der Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze, ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der gerichtlich nur im Hinblick auf seine Grenzen überprüfbar ist (vgl. BVerfG, B.v. 17.1.2017 – 2 BvL 2/14 u.a. – BVerfGE 144, 369 = juris Rn. 66; BVerwG, U.v. 29.3.2019 – 9 C 4.18 – BVerwGE 165, 138 = juris Rn. 22; BayVerfGH, E.v. 27.8.2018 – Vf. 11-VII-16 – VerfGH 71, 235 = juris Rn. 27). Dem liegt zugrunde, dass sich die maßgeblichen Bestimmungsgrößen, d.h. weder die Verwaltungskosten noch der Nutzen für den Gebührenpflichtigen, wertmäßig exakt und im Voraus bestimmen lassen (vgl. VGH BW, U.v. 13.7.2022 – 2 S 808/22 – JuS 2022, 1086 = juris Rn. 133). Bei der Gebührenerhebung und Gebührenbemessung ist der Normgeber daher berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in einem Gesamtbild zu erfassen. Er darf generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, die verlässlich und effizient vollzogen werden können (vgl. BVerfG, U.v. 19.3.2003 – 2 BvL 9/98 – juris Rn. 62; BVerwG, U.v. 10.12.2009 – 3 C 29.08 – BVerwGE 135, 352 = juris Rn. 13).
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Diesen Grundsätzen wird die Satzung gerecht. Eine Verletzung des Äquivalenzprinzips ist bei den streitgegenständlichen Vorschriften nicht festzustellen. Ein Missverhältnis scheidet grundsätzlich bereits aus bei Sondernutzungsgebühren, die sich im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage des Art. 18 Abs. 2a Satz 5 BayStrWG bewegen, da dann für eine zusätzliche Prüfung am Maßstab der verfassungsrechtlichen Prinzipien regelmäßig kein Raum sein wird (vgl. BVerwG, U.v. 2.12.1988 – 4 C 14.88 – DVBl 1989, 415 = juris Rn. 28). Aber auch bei Betrachtung der näheren Ausgestaltung der zwischen den Beteiligten umstrittenen Tarifstelle des Gebührenverzeichnisses und des hinsichtlich einzelner Straßen einschlägigen Straßengruppenverzeichnisses ist ein Verstoß gegen Verfassungsrecht nicht erkennbar.
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(1) Für die Beurteilung der Frage, ob das Äquivalenzprinzip oder der allgemeine Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt sind, kommt es nicht darauf an, ob und mit welcher Steigerungsrate eine Gebühr im Vergleich zur Vorgängerregelung erhöht wurde. Unerheblich ist deshalb, dass die Sondernutzungsgebühren für Freischankflächen vor Gaststättenbetrieben mit der streitgegenständlichen Satzung im Vergleich zu der zuvor erhobenen Gebühr in allen vier Straßengruppen jeweils verdoppelt wurden. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob die nunmehr festgesetzte Gebühr in einem Missverhältnis zu dem mit ihr abgegoltenen Vorteil steht (vgl. BVerwG, U.v. 26.6.1981 – 4 C 73.78 – juris Rn. 27; BVerwG, U.v. 2.12.1988 – 4 C 14.88 – DVBl 1989, 415 = juris Rn. 27; BayVGH, B.v. 24.6.2011 – 11 ZB 10.3081 – juris Rn. 29; OVG NRW, B.v. 5.7.2016 – 11 A 2652/15 – juris Rn. 16; VGH BW, U.v. 18.6.2021 – 2 S 2100/20 – VBlBW 2022, 336 = juris Rn. 115). Diese Vorgabe schließt für den Regelfall zugleich Gebührensätze aus, die zur Unwirtschaftlichkeit der Sondernutzung führen und diese damit faktisch verhindern (vgl. BVerwG, B.v. 17.10.2008 – 9 B 24.08 – NVwZ 2009, 185 = juris Rn. 4). Dem Verbot einer wirtschaftlich erdrosselnden Gebührenerhebung kommt daher bei Sondernutzungsgebühren neben dem Äquivalenzprinzip regelmäßig keine eigenständige Bedeutung zu (vgl. BVerwG, B.v. 17.10.2008 – 9 B 24.08 – BayVBl 2009, 607 = juris Rn. 4 m.w.N.).
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Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist nicht erkennbar, dass die Sondernutzungsgebühr für Freischankflächen unter Berücksichtigung des beeinträchtigten Gemeingebrauchs gänzlich außer Verhältnis steht zu den wirtschaftlichen Interessen der Gaststättenbetreiber oder dass die Beklagte ihren Gestaltungsspielraum in anderer Weise überschritten hat.
46
Das Gebührenverzeichnis zur Sondernutzungsgebührensatzung vom 10. Juli 2014 wurde hinsichtlich des Gebührentatbestandes Freischankflächen in der Weise geändert, dass seit dem 1. Januar 2015 pro angefangenem m²/jährlich 16 EUR (Straßengruppe I), 25 EUR (Gruppe II), 46 EUR (Gruppe III), 77 EUR (Gruppe S) erhoben werden anstelle von bisher 8 EUR (Gruppe I), 12,50 EUR (Gruppe II), 23 EUR (Gruppe III), 38,50 EUR (Gruppe S). Dieser Gebührenverdopplung lagen unterschiedliche Erwägungen der Beklagten zugrunde. Zum einen wurden zeitgleich mit der Änderung der Sondernutzungsgebührensatzung die Richtlinien für Sondernutzungen an den öffentlichen Straßen der Landeshauptstadt München (Sondernutzungsrichtlinien – SoNuRL) überarbeitet, was im Bereich der Freischankflächen zu liberaleren Gestaltungsregeln und einer probeweisen Verlängerung der Betriebszeiten führte. Der damit einhergehende größere wirtschaftliche Wert von Freischankflächen bei gleichzeitiger Eingrenzung des Gemeingebrauchs sollte seinen Niederschlag in entsprechenden Gebührensätzen finden. Zum anderen sollte im Gebührensatz abgebildet werden, dass die Sondernutzungserlaubnisse seit dem 1. Januar 2015 unbefristet erteilt werden und damit die bislang jährlich erhobene Bearbeitungs- und Verwaltungsgebühr entfällt (vgl. Sitzungsvorlage KVR Nr. 08-14/V 14456 zur Sitzung des Kreisverwaltungsausschusses vom 8.4.2014 S. 8, 15). Als weiterer Aspekt kam für die Beklagte hinzu, dass bei einem bundesweiten Vergleich sich die in München geltenden Gebühren gegenüber denen anderer deutscher Großstädte als relativ niedrig herausgestellt hat. Auch nach der Verdopplung der Gebührensätze je Straßengruppe liegen die Gebühren nach den von der Beklagten erhobenen Daten bundesweit gesehen nicht an der Spitze (vgl. Sitzungsvorlage KVR Nr. 08-14/V 14456 S. 8, 15; Vermerk des KVR mit Städtevergleich vom 5.11.2013 S. 1). In die Betrachtung des wirtschaftlichen Werts, den Freischankflächen für ihre Betreiber haben, hat die Beklagte zudem die Höhe der Gewerbemieten und -pachten einbezogen, die in München in entsprechender Lage marktüblich sind (vgl. Sitzungsvorlage KVR Nr. 08-14/V 14456 S. 15; Sitzungsvorlage KVR Nr. 14-20/V 03456 zur Sitzung des Kreisverwaltungsausschusses vom 30.6.2015 S. 7). Hinzu kam die Überlegung, dass die Gebühren in den letzten Jahren nur geringfügig angepasst wurden, obwohl die Begrenzung der Freischankflächensaison auf die Sommerzeit aufgegeben und damit eine deutlich umfangreichere Nutzung als früher möglich wurde (vgl. Sitzungsvorlage KVR Nr. 14-20/V 03456 S. 7).
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Es sind keine Anhaltspunkte erkennbar, dass die Beklagte bei Heranziehung dieser unterschiedlichen Erwägungen ihren Gestaltungsspielraum überschritten hat. Es erscheint vielmehr nachvollziehbar, dass die Beklagte neben den geänderten äußeren Rahmenbedingungen für die Freischankflächenbetreiber auch die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung in die Gebührenkalkulation einbezogen hat und sich an den Gebührensätzen anderer deutscher Großstädte, die von ihrer Attraktivität vergleichbar sind, orientierte. Zwischen der möglichen ökonomischen Verwertbarkeit der eingeräumten Nutzung und der Gebührenhöhe ist kein unangemessenes, d.h. unzumutbar belastendes Verhältnis ersichtlich. Weder von der Klägerin dargelegt noch sonst für den Senat erkennbar ist, dass die erhöhten Gebühren zur Unwirtschaftlichkeit der Sondernutzung führen könnten, zumal die Wirtschaftlichkeit allein der Risikosphäre des einzelnen zuzurechnen ist und eine Behörde nicht die individuelle Gewinnerwartung eines Sondernutzers zu berücksichtigen hat (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 27.8.2014 – 1 B 57.11 – juris Rn. 32 m.w.N.). Die Beklagte hat damit kalkuliert, dass die Verdopplung der Sondernutzungsgebühren bei gleichzeitigem Wegfall der Verwaltungsgebühr für die Betreiber von Freischankflächen in der Innenstadtlage eine knappe Tageseinnahme ausmacht (vgl. Vermerk des KVR vom 5.11.2013 S. 2). Mit Blick auf die niedrigeren Sondernutzungsgebühren außerhalb der Innenstadtlage erscheint diese Berechnung auf die anderen drei Straßengruppen übertragbar. Insgesamt zeigt sich damit, dass die Beklagte die Wirtschaftskraft der ansässigen Gaststättenbetreiber berücksichtigt hat und zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die erhöhte Sondernutzungsgebühr bei ihnen nicht zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung führt.
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Darüber hinaus war es auch nicht erforderlich, dass die Beklagte ihre Gebührenerhöhung mit einer auf genaue Kosten- und Bemessungsfaktoren gestützten Gebührenkalkulation im Detail hätte rechtfertigen müssen. Eine solche musste dem Stadtrat der Beklagten im Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht vorliegen (vgl. BayVGH, B.v. 17.3.2022 – 4 ZB 20.199 – juris Rn. 12; OVG Nds. B.v. 28.12.2020 – 7 LA 52/20 – juris Rn. 7). Eine präzise Vorauskalkulation ist bei der Erhebung straßenrechtlicher Sondernutzungsgebühren mangels gesetzlicher Vorgabe (vgl. z.B. das Kostendeckungsprinzip aus Art. 8 Abs. 2 Satz 1 KAG) nicht geboten. Straßenrechtliche Sondernutzungsgebühren für Freischankflächen werden jedenfalls in größeren Städten in Massenverfahren erhoben, bei denen nicht jede einzelne Gebühr nach Kosten, Wert und Vorteil einer real erbrachten Leistung genau berechnet, sondern vielfach nur nach Wahrscheinlichkeit und Vermutungen in gewissem Maß vergröbert bestimmt und pauschaliert werden kann (vgl. BVerfG, U.v. 19.3.2003 – 2 BvL 9/98 u.a. – BVerfGE 108, 1 = juris Rn. 62; VGH BW, U.v. 13.7.2022 – 2 S 808/22 – juris Rn. 110; vgl. auch Burrack in jurisPR-ÖffBauR 3/2021 Anm. 6, Ziffer IV). Zudem fehlen für die Bewertung der Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung anhand der Kriterien des Art. 18a Abs. 2 Satz 5 BayStrWG – insbesondere hinsichtlich Art und Ausmaß der Einwirkung auf die Straße – genauere Bewertungsmaßstäbe, die präzise abgebildet werden könnten (vgl. Wiget in Zeitler, BayStrWG, Art. 18 Rn. 37).
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Soweit die Klägerin – wie auch das Verwaltungsgericht – weitere Argumente und Erklärungen als Rechtfertigung für die Gebührenerhöhung fordert, überspannt sie die Anforderungen an die Substantiierungspflicht des Satzungsgebers. Anders als bei einem Verwaltungsakt unterliegen Satzungen keinem gesonderten Begründungserfordernis. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass es bei der richterlichen Kontrolle untergesetzlicher Normen, soweit keine anderweitigen Rechtsvorschriften bestehen, nur auf das Ergebnis des Rechtsetzungsverfahrens, also auf die erlassene Vorschrift in ihrer regelnden Wirkung, nicht aber auf die die Rechtsnorm tragenden Motive desjenigen ankommt, der an ihrem Erlass mitgewirkt hat (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.2006 – 6 C 19.05 – BVerwGE 125, 384 = juris Rn. 16; U.v. 22.11.2022 – 3 CN 2.21 – juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 4.10.2021 – 20 N 20.767 – BayVBl 2022, 158 = juris Rn. 65 m.w.N.). Der gerichtlichen Kontrolle sind daher alle Erwägungen der Beklagten zugrunde zu legen, die sie zu den bei Erlass der Satzung vorliegenden Tatsachen bis zum Schluss der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung prozessordnungsgemäß vorgebracht hat (vgl. BVerwG, U.v. 22.11.2022 – 3 CN 2.21 – juris Rn. 19 m.w.N.). Insofern musste die Beklagte entgegen dem klägerischen Vorbringen nicht belegen, welche Erwägungen für die Satzungsorgane bei Erlass der Satzung tatsächlich eine Rolle gespielt haben. Auch besteht für die Beklagte keine Pflicht zum Nachweis, welche Tatsachen und Daten im Vorfeld von ihr ermittelt bzw. erhoben worden sind. Denn für den Normerlass ist der im Verwaltungsverfahren geltende Untersuchungsgrundsatz des Art. 24 BayVwVfG weder unmittelbar noch analog anwendbar (vgl. BayVGH, U.v. 12.3.2020 – 8 N 16.2555 u.a. – juris Rn. 87; U.v. 13.5.2022 – 8 N 19.2038 u.a. – juris Rn. 61 jeweils m.w.N.).
50
(2) Das novellierte Straßengruppenverzeichnis, im Zuge dessen einzelne Straßen wie z.B. die D. …straße einer anderen Straßengruppe zugeordnet worden sind, erscheint ebenfalls nicht unverhältnismäßig und führt nicht zu einem Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip.
51
Seit Erlass der ersten Sondernutzungsgebührensatzung hat die Beklagte ihre Straßengruppeneinteilung wiederkehrend überprüft und fortgeschrieben. Der Gebührenerhebung liegt ein einheitliches Straßengruppenverzeichnis zugrunde, welches sich an der Bedeutung der Straßen, Wege und Plätze orientiert (§ 4 Abs. 2 Satz 1 SoNuGebS). Das Verzeichnis dient insofern nicht nur bei Freischankflächen als Kriterium zur Staffelung der Sondernutzungsgebühren nach dem wirtschaftlichen Wert der Flächennutzung, sondern bezieht sich auf alle Arten von Sondernutzungen, deren wirtschaftliche Bedeutung für den Nutzer auch von der Bedeutung der genutzten Straße abhängt (vgl. Sitzungsvorlage KVR Nr. 14-20/V 03456 S. 6 f.). Mit der Staffelung der Gebührenhöhe je nach Straßengruppe hat die Beklagte nachvollziehbar in ihre Erwägungen mit einbezogen, dass die Einwirkung auf die Straße wie auch die Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs je nach Dichte und Intensität des Straßenverkehrs unterschiedlich zu bewerten ist (vgl. BVerwG, U.v. 15.7.1988 – 7 C 5.87 – BVerwGE 80, 36 = juris Rn. 9). Bei der Einschätzung, welche Straße in welche Straßengruppe eingestuft wird, waren für die Beklagte im hier maßgeblichen Zeitpunkt daneben folgende weitere Kriterien entscheidend: Frequentierung durch Fußgänger und Gastronomiebesucher, Attraktivität der Straße/des Viertels, wirtschaftlicher Wert sowie ortsübliche Mieten und Pachten. Anhand dieser Vorgaben wurde auch im Vorfeld der Novellierung der Sondernutzungsgebührensatzung überprüft, ob die Einteilung der Straßengruppen noch sachgerecht ist. Im Zuge dessen wurde hinsichtlich des Viertels E. …straße/D. …straße/R. …platz die Hochstufung von der Straßenklasse II auf III vor dem Hintergrund angeregt, dass dieser Bereich nahe an der Isar liegt, es relativ wenig Straßenverkehr gibt und sich dort mehrere Gaststätten mit großen Freischankflächen befinden. Es wurde von der Bezirksinspektion festgestellt, dass die Freischankflächen dort immer sehr gut besucht sind (vgl. Mailverkehr der Bezirksinspektion Mitte vom 29.12.2011, Anlagenkonvolut B1). Der Bedeutungswandel, den dieses Viertel nach dem Eindruck der Beklagten in den letzten Jahren vollzogen hat, kommt auch bei der Evaluierung der Sondernutzungsrichtlinien und der Sondernutzungsgebührensatzung im Juni 2015 zum Ausdruck. Dort wird am Beispiel des D-.viertels ausgeführt, dass sich dieser Bereich schon vor geraumer Zeit von einem innerstädtischen Wohnviertel hin zu einem Ausgeh-/ „In“-Viertel entwickelt habe und sich die Änderung des Gebietscharakters auch in den Pachten niederschlage (Sitzungsvorlage KVR Nr. 14-20/V 03456 S. 7). Insofern liegt der teilweisen Neueinteilung des Straßengruppenverzeichnisses ein nachvollziehbares Konzept zugrunde.
52
Soweit die Klägerin in Bezug auf die Verkehrsbedeutung die schlechtere Verkehrsanbindung der D. …straße mit dem ÖPNV im Vergleich zu anderen Straßen der Straßengruppe III hervorhebt und zur unterschiedlichen Dichte der gastronomischen und gewerblichen bzw. freiberuflichen Betriebe Daten des Statistischen Amtes der Beklagten für das D.-viertel, dem G.-viertel sowie den Bereich südlich des Sendlinger Tors vorgelegt hat, ist eine Überschreitung des Gestaltungsspielraums der Beklagten nicht erkennbar. Es ist unvermeidlich, dass die Straßen einer Straßengruppe nicht alle Kriterien mit dem gleichen Gewicht erfüllen können, sondern eine Gesamtbetrachtung und -gewichtung vorzunehmen ist. Während für einige Straßen die leichte Zugänglichkeit für Fußgänger und Gastronomiebesucher prägend sein kann, zeichnen sich andere durch eine hohe Anzahl an Unternehmen bzw. an touristischen Attraktionen aus, wohingegen in anderen Vierteln eine interessante Lage – wie z.B. die Nähe zur Isar – ein höheres Gewicht besitzen mag. Der Umstand, dass jeweils eine andere Gewichtung oder eine genauere und noch stärkere Differenzierung möglich ist, begründet für sich allein noch nicht die Rechtswidrigkeit der jeweils getroffenen Lösung. Eine offensichtliche Fehlgewichtung drängt sich vorliegend nicht auf. Es liegt in der Natur der Sache einer Stufenlösung, dass es Anwendungsfälle gibt, die genau an der Schwelle zur nächsten Stufe liegen (vgl. VGH BW, U.v. 13.7.2022 – 2 S 808/22 – JuS 2022, 1086 = juris Rn. 146). Gerade bei diesen Grenzfällen bewirkt die vor einer Satzungsänderung durch die Beklagte jeweils durchgeführte Beteiligung der Fachdienststellen, Interessenverbänden sowie der Bezirksausschüsse, dass eine Überprüfung und Nachregulierung stattfindet (vgl. Sitzungsvorlage KVR Nr. 08-14/V 14456 S. 9 ff.).
53
Auch der Umstand, dass die Beklagte das dem Straßengruppenverzeichnis zugrundeliegende Bewertungsschema mit den Eingruppierungskriterien inzwischen überarbeitet hat (vgl. Sitzungsvorlage KVR Nr. 20-26/V 05708 zur Sitzung des Kreisverwaltungsausschusses vom 26. April 2022 S. 3 ff.) und in ihrer aktuellen Fassung der Sondernutzungsgebührensatzung vom 30. Juni 2022 (MüAbl. S. 330) die D. …straße wieder in der Straßengruppe II aufgelistet ist, führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Zum einen ist Gegenstand der rechtlichen Überprüfung allein die zum Zeitpunkt des angefochtenen Gebührenbescheides geltende Sondernutzungsgebührensatzung vom 13. Juli 2015. Zum anderen steht es der Beklagten im Rahmen ihres normativen Ermessens frei, neue Kriterien für die Einteilung in Straßengruppen zu definieren. Dass die D. …straße seit 1. Juli 2022 wieder in Straßengruppe II eingruppiert ist, stellt die Tragfähigkeit der bis dahin angewandten Abgrenzungskriterien nicht infrage.
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Da Satzungen – wie bereits ausgeführt (vgl. Rn. 49) – keinem gesonderten Begründungserfordernis unterliegen, konnte der Stadtrat die Änderungen im Straßengruppenverzeichnis entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ohne eingehendere Erläuterungen in der Sitzungsvorlage und ohne gesonderte Diskussion einzelner Straßen beschließen.
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(3) Das Äquivalenzprinzip wird auch nicht dadurch verletzt, dass sich im Einzelfall bei der Gebührenfestsetzung auf Basis der Novellierungen Gebühren bis zum Drei- bis Vierfachen des bisherigen Betrags ergeben konnten. Eine derartige Gebührenerhöhung war dann möglich, wenn die Straße, in der die Freischankfläche liegt, im Straßengruppenverzeichnis höher eingestuft wurde, so dass die ab dem 1. Januar 2015 verdoppelte Gebühr der neuen Straßengruppe zu entrichten war
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Zunächst ist zu berücksichtigen, dass bei einer Gegenüberstellung der früheren Gebühren mit den ab 1. Januar 2015 anfallenden Gebühren der Umstand miteinzubeziehen ist, dass zeitgleich mit der Verdoppelung der Gebührensätze je Straßengruppe die jährlich in Rechnung gestellte Verwaltungsgebühr entfallen ist. Wie eine Vergleichsberechnung zeigt, führte aufgrund des Wegfalls der jährlichen Verwaltungsgebühr die vom Freischankflächenbetreiber zu zahlende neue Sondernutzungsgebühr nicht zwangsläufig zu einer Verdoppelung. Im Gegenteil konnten die Betreiber kleiner Freischankflächen in Randlagen von der eingesparten Verwaltungsgebühr sogar in der Weise profitieren, dass sich bei ihnen die tatsächliche Gebührenbelastung zum Teil verringerte. Stärker belastet wurden hingegen Betreiber großer Flächen in attraktiver Lage (vgl. Vermerk des KVR vom 5.11.2013 S. 3).
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Deshalb handelte es sich bei den Gebührenerhöhungen bis zum Vierfachen des bisherigen Betrags um Einzelfälle, in denen die generelle Gebührenverdopplung mit einer Höhergruppierung der Straßengruppe einherging. Dies geht darauf zurück, dass in diesen Fällen bereits vor der Gebührenerhöhung die Sondernutzungsgebühr in Relation zu dem durch die Lage bedingten wirtschaftlichen Wert zu gering bemessen war (vgl. Sitzungsvorlage KVR Nr. 08-14/V 14456 S. 15). Ein Missverhältnis zu dem mit der Sondernutzungsgebühr abgegoltenen Vorteil ergibt sich dadurch nicht, da die Gebühr dem wirtschaftlichen Vorteil entspricht, der durch die entsprechende Einteilung in die neue Straßengruppen und die je Straßengruppe erhobene Gebühr gerade abgegolten werden soll.
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Es ist auch nicht erkennbar, dass in diesen besonderen Einzelfällen die Sondernutzung unwirtschaftlich ist und damit faktisch verhindert wird. So wurde von der Beklagten im Rahmen der Evaluierung der Sondernutzungsrichtlinien und Sondernutzungssatzung festgestellt, dass im Jahr 2015 die durchschnittliche Monatspacht für Gaststätten im D.-viertel oder in der B. straße im G.-viertel ca. 40,- EUR pro m² betrugen. Demgegenüber beläuft sich die Jahresgebühr für Freischankflächen in der Straßengruppe III seit dem 1. Januar 2015 auf 46,- EUR, d.h. monatlich ca. 3,38 EUR pro m² (vgl. Sitzungsvorlage KVR Nr. 14-20/V 03456 S. 7). Dies spricht gegen den Eindruck, dass die Sondernutzungsgebühr für Freischankflächen außer Verhältnis stehen zu den wirtschaftlichen Interessen der Gaststättenbetreiber.
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bb) Schließlich verletzt weder die Gebührenerhöhung noch die Umgruppierung im Straßenverzeichnis das Gebot der Belastungsgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG.
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Dieses Gebot wäre dann verletzt, wenn der Satzungsgeber ohne hinreichenden Grund wesentlich gleiche Sachverhalte ungleich oder wesentlich Ungleiches willkürlich gleich behandelt hätte. Merkmale, nach denen Sachverhalte einander gleichgesetzt werden, sind grundsätzlich vom Normgeber zu bestimmen. Dessen Gestaltungsfreiheit endet erst dort, wo ein einleuchtender Grund für eine vorhandene oder unterlassene Differenzierung nicht mehr erkennbar ist (stRspr, vgl. BVerfG (Kammer), B.v. 17.2.2010 – 1 BvR 529/09 – juris Rn. 36; B.v. 4.2.2009 – 1 BvL 8/05 – BVerfGE 123, 1 = juris Rn. 55; BVerwG, U.v. 29.4.2021 – 9 C 1.20 – BVerwGE 172, 292 = juris Rn. 39).
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Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe erkennt der Senat keine gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoßende willkürliche Normierung, die den von der Rechtsprechung eingeräumten Gestaltungsfreiraum überschreitet.
62
(1) Der Gebührenerhöhung für Freischankflächen ab dem 1. Januar 2015 kann nicht entgegengehalten werden, dass die Gebührensätze der anderen im Gebührenverzeichnis aufgeführten Sondernutzungsarten nicht zugleich miterhöht wurden.
63
Es liegen bereits wesentlich ungleiche Sachverhalte vor, da die übrigen Gebührentatbestände sich in den für die Gebührenbemessung maßgebenden Merkmalen – wie z.B. in ihrer Einwirkungsintensität auf den Gemeingebrauch – wesentlich voneinander unterscheiden. Dies durfte der Satzungsgeber zum Anlass nehmen, unterschiedlich hohe Gebühren festzulegen (vgl. BVerwG, U.v. 15.7.1988 – 7 C 5.87 – BVerwGE 80, 36 = juris Rn. 21). Auch ist kein sachlicher Grund ersichtlich, der eine Gleichbehandlung erfordern würde. Vor dem Hintergrund, dass aus Sicht der Beklagten neben anderen Erwägungen vor allem die liberalisierten äußeren Rahmenbedingungen für die Freischankflächenbetreiber Anlass für die Gebührenerhöhung waren, besteht allein wegen der im gesamten Stadtgebiet gestiegenen Mieten und Pachten kein genereller Anpassungsbedarf aller Gebührensätze.
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(2) Auch in der Umgruppierung einzelner Straßen liegt kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz.
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Der Senat folgt nicht der Auffassung des Verwaltungsgerichts, ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz ergebe sich aus dem Fehlen eines Straßengruppenkonzepts in der Beschlussvorlage zur Stadtratssitzung sowie aus der fehlenden Diskussion in der Stadtratssitzung vom 9. April 2014 über die Zuordnung einzelner Straßen und Plätze eine zu den verschiedenen Straßengruppen.
66
Zum einen kommt es – wie bereits dargestellt (vgl. Rn. 49) – allein auf das Ergebnis des Rechtsetzungsverfahren an und nicht auf die die Rechtsnorm tragenden Motive. Zum anderen lassen sich in dem mittlerweile seit Jahrzehnten geltenden und sukzessive überarbeiteten Straßengruppenverzeichnis der Beklagten Kriterien erkennen für den „Durchschnittstyp“ der jeweiligen Kategorie. So stehen bereits seit 1964 die Straßen der Gruppe III für besonders bevorzugte und die der Gruppe II für mittlere Verkehrs- und Geschäftslagen. Die Gruppe I umfasst die Randlage und alle nicht gesondert aufgeführten Straßen. Für den Innenstadtbereich gilt die besondere Gruppe S. Die darin liegende Typisierung erscheint systemgerecht. Dem Normgeber ist es gestattet, die Maßstäbe in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und dabei die Besonderheiten atypischer Einzelfällen außer Betracht bleiben (vgl. BVerwG, U.v. 15.7.1988 – 7 C 5.87 – BVerwGE 80, 36 = juris Rn.10; VGH BW, U.v. 16.1.2008 – 5 S 393/06 – VBlBW 2008, 298 = juris Rn. 18; VGH BW, U.v. 13.7.2022 – 2 S 808/22 – juris Rn. 110). Ob es sich dabei um die bestmögliche oder gerechteste Lösung handelt, ist ohne Belang (vgl. BayVerfGH, E.v. 17.3.2011 – Vf. 17-VII-10 – BayVBl 2011, 433 = juris Rn. 54).
67
Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Typengerechtigkeit lässt sich bei den durch die Satzungsänderung erfolgten Umgruppierungen nicht erkennen. Es ist bereits fraglich, ob – mit Blick auf die von der Klägerin vorgetragen Faktoren (Auslastung, Unternehmensdichte, Frequentierung, ÖPNV-Anschluss) – die Einteilung der D. …straße in die Straßengruppe III tatsächlich eine dem Typ widersprechende Ausnahme darstellt, da es einer Stufenlösung systemimmanent ist, dass einzelne Anwendungsfälle an der Schwelle zur nächsten Stufe liegen. Dies kann jedoch im Ergebnis offenbleiben, da keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass im gesamten Straßengruppenverzeichnis die Zahl der atypischen Einzelfälle mehr als nur geringfügig ist (vgl. zur Geringfügigkeitsgrenze BVerwG, B.v. 28.8.2008 – 9 B 40.08 – NVwZ 2009, 255 = juris Rn. 9; U.v. 29.9.2004 – 10 C 3.04 – juris Rn. 17; B.v. 28.3.1995 – 8 N 3.93 – juris Rn. 13).
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III. Auf Grundlage der rechtmäßigen Sondernutzungsgebührensatzung vom 10. Juli 2014 in der Fassung vom 13. Juli 2015 hat die Beklagte daher ordnungsgemäß Gebühren für die Inanspruchnahme des Straßenraums gemäß § 3 Abs. 1 SoNuGebS erhoben.
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Nach § 2 SoNuGebS erhebt die Beklagte Sondernutzungsgebühren für die Ausübung der Sondernutzungen auf den in ihrer Straßenbaulast stehenden Straßen, Wegen und Plätzen. Das Aufstellen von Tischen und Stühlen auf öffentlichem Verkehrsgrund ist eine solche Sondernutzung. Es spielt keine Rolle, dass sich die Sondernutzungserlaubnis der Klägerin für die Jahre 2015 und 2016 bis zum Erlass des streitgegenständlichen Änderungsbescheids zunächst nur auf eine Freischankfläche von 24,06 m² anstelle der tatsächlich benutzten 78,06 m² bezog. Eine Sondernutzungsgebühr stellt eine Gegenleistung dar für die Benutzung des öffentlichen Straßenraums über den Gemeingebrauch hinaus (vgl. BVerwG, U.v. 4.3.2019 – 9 B 1.19 – juris Rn. 4; U.v. 21.10.1970 – IV C 38.69 – BayVBl 1971, 110; BayVGH, B.v. 23.2.2017 – 8 ZB 16.1292 – juris Rn. 8; U.v. 22.11.2006 – 8 BV 05.1918 – BayVBl 2007, 690 f. = juris Rn. 40). In diesem Sinne fallen Gebühren gemäß § 3 Abs. 1 SoNuGebS sowohl für erlaubte als auch für unerlaubte Sondernutzungen an.
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Die Klägerin ist vom 1. Januar 2015 bis zur Gewerbeabmeldung zum 30. Juni 2016 die richtige Gebührenschuldnerin, da sie die Sondernutzung mit Erlaubnis ausgeübt und wirtschaftlich die Vorteile aus der Sondernutzung gezogen hat (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 und 4 SoNuGebS).
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Allerdings ist der Bescheid vom 17. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Juni 2018 hinsichtlich der für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2016 festgesetzten Gebühr in Höhe von 1.817,- EUR rechtswidrig, da die Klägerin den Gaststättenbetrieb zum 1. Juli 2016 eingestellt hat. Mit dem nachweislichen Ende der Sondernutzung endet ab diesem Zeitpunkt die Gebührenschuld (§ 6 Abs. 2 Satz 2 SoNuGebS).
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IV. Die Kostenfestsetzung ist nicht verjährt. Die Sondernutzungsgebühren sind innerhalb der vierjährigen Festsetzungsfrist (Art. 10 Nr. 2, Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 3 KAG i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) wirksam geltend gemacht worden.
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D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.