Titel:
Ablehnung eines Antrags auf Teilzeitbeschäftigung einer Grundschullehrerin
Normenketten:
BayBG Art. 88, Art. 89
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4
Leitsätze:
1. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist im Hinblick auf eine Wiederholungsgefahr gegeben, wenn die hinreichend bestimmte Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige, hier ablehnende Verwaltungsentscheidung oder Maßnahme ergehen wird (stRspr BVerwG BeckRS 2022, 41534). (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung besteht keine Wiederholungsgefahr, wenn die Beamtin ihr Klageziel (Reduzierung der Wochenstundenzahl auf 21 nach Art. 88 BayBG als allgemeine Antragsteilzeit) zwischenzeitlich mithilfe von Anträgen auf Bewilligung von Teilzeit aus familienpolitischen Gründen nach Art. 89 Abs. 1 BayBG erreicht hat und ihrem Begehren seitens des beklagten Dienstherrn entsprochen wurde. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Möglichkeit, dass die Beamtin in naher oder weiterer Zukunft auch nach Wegfall der Pflegebedürftigkeit ihres Vaters weiterhin teilzeitbeschäftigt sein möchte und der Diensther dann den Antrag auf Altersteilzeit nach Art. 88 BayBG mit gleichen Erwägungen ablehnen könnte, stellt keine ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse begründende Wiederholungsgefahr dar, da dieser Möglichkeit eine hinreichend bestimmte konkrete Gefahr fehlt. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Anhebung des Mindeststundenmaßes bei Antragsteilzeit auf 24 Wochenstunden ist aus dienstlichen Belangen gerechtfertigt, wenn die Gefährdung der Sicherstellung der Unterrichtsversorgung gegeben ist; maßgeblich ist die für jedes Schuljahr erneut erfolgende Betrachtung der tatsächlichen Verhältnisse insbesondere des jährlichen Bedarfs und des ihm gegenüberstehenden Angebots an Grundschullehrkräften. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Grundschullehrerin, Fortsetzungsfeststellungsklage, Wiederholungsgefahr, dienstliche Belange, Antragsteilzeit, Reduzierung der Unterrichtswochenstunden auf 21, Vollzugsbestimmungen des Staatsministeriums, Bayerische Lehrerbedarfsprognose, Teilzeit aufgrund von familienpolitischen Gründen
Vorinstanz:
VG Augsburg, Urteil vom 15.07.2021 – Au 2 K 20.869
Fundstelle:
BeckRS 2023, 6045
Tenor
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Klägerin, eine 1966 geborene Grundschullehrerin (BesGr A 12) in Diensten des Beklagten, begehrte ursprünglich dessen Verpflichtung zur weiteren Ermäßigung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit für das Schuljahr 2020/21. Nach Ablauf des Schuljahrs verfolgt sie ihr Begehren im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage weiter.
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Für die Schuljahre 2018/19 sowie 2019/20 war der Klägerin Antragsteilzeit (Art. 88 BayBG) im Umfang von acht Wochenstunden auf die Unterrichtspflichtzeit von 28 Wochenstunden gewährt worden. Ihrem Antrag vom 11. Februar 2020 auf erneute Ermäßigung der Unterrichtspflichtzeit auf 21 Stunden für das darauffolgende Schuljahr (1.8.2020 bis 31.7.2021) entsprach die Regierung von Schwaben mit Bescheid vom 16. April 2020 nur insoweit, als zwar eine Teilzeitbeschäftigung über 24 Wochenstunden genehmigt, der darüberhinausgehende Antrag jedoch abgelehnt wurde. Einer Reduzierung auf weniger als 24 Wochenstunden stünden dienstliche Belange entgegen, insbesondere wegen der in den Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus (KMS) vom 7. Januar und 5. Februar 2020 näher dargestellten Gefährdung der Sicherstellung der Unterrichtsversorgung.
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Die Klägerin erhob am 20. Mai 2020 Klage gegen den Bescheid vom 16. April 2020 und beantragte, ihre Wochenstundenzahl auf 21 zu reduzieren. Mit weiterem Antrag vom 25. März 2021 stellte sie einen identischen Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit für das folgende Schuljahr (2021/22), der mit – später aufgehobenem – Bescheid vom 15. April 2021 abgelehnt wurde. Allerdings wurde der Klägerin auf ihren Änderungsantrag vom 14. Juni 2021 hin mit Bescheid vom 24. Juni 2021 für das Schuljahr 2021/22 Teilzeitbeschäftigung aus familienpolitischen Gründen gemäß Art. 89 BayBG im Umfang von 20 Wochenstunden zur Pflege ihres im Jahre 1939 geborenen Vaters bewilligt.
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Mit Urteil vom 15. Juli 2021 wies das Verwaltungsgericht den Klageantrag, den Beklagten zur Bewilligung von Teilzeit in Höhe von 21 Wochenstunden zu verurteilen, ab.
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Dem Begehren stünden dienstliche Belange in Form der Sicherung der Unterrichtsversorgung von Grund –, Mittel- und Förderschulen entgegen. Diese Belange würden im Einzelnen in den Vollzugsbestimmungen des KMS vom 5. Februar 2020 näher dargelegt. Die vorangegangene verwaltungspolitische Entscheidung zur erforderlichen Personalstärke und zum Einsatz der vorhandenen Lehrkräfte an den Grundschulen beruhe auf der Bayerischen Lehrerbedarfsprognose 2020; sie treffe gemäß Art. 92 Abs. 2 BayBG die maßgebliche Prognose für die Entscheidung im Rahmen des Art. 88 BayBG (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2021 – 3 CE 20.2959 – juris Rn. 15). Dass die Prognose nicht den Bedarf der einzelnen Regierungsbezirke ermittle, sondern eine bayernweite Betrachtung vornehme, stehe ihrer Anwendung nicht entgegen, zumal Beamte mit ihrer Versetzung oder Abordnung zu rechnen hätten. Aus der Lehrerbedarfsprognose folge nachvollziehbar, dass „die Versorgung der Bevölkerung mit Grundschulbildung gegenwärtig“ gefährdet sei.
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Die Klägerin legte am 16. August 2021 die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung ein und stellt mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2021 den Antrag,
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 15. Juli 2021 festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 16. April 2020 rechtswidrig war und die Klägerin in ihren Rechten verletzte, soweit er den Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit auf 21 Wochenstunden abgelehnt hat.
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Nach Erledigung des streitgegenständlichen Bescheids infolge Ablaufs des Schuljahres 2020/21 verfolge die Klägerin ihren Anspruch auf Klärung der Rechtsverletzung in Form der hier statthaften Fortsetzungsfeststellungsklage weiter. Der Gedanke der Prozessökonomie gebiete die Weiterführung des Verfahrens nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, um die Klägerin nicht um den Erfolg ihrer bisherigen Prozessführung zu bringen. Die streitentscheidende Frage des erstinstanzlichen Verfahrens, ob der Bescheid eine ausreichende Begründung aufweise, werde weiterverfolgt. Im Falle eines Erfolgs der Fortsetzungsfeststellungsklage wäre die Rechtsposition der Klägerin verbessert. Im Übrigen werde sie im Schuljahr 2022/23 und in den Folgejahren weiterhin ihren Vater betreuen und daher gemäß Art. 89 BayBG familienpolitische Teilzeit in Anspruch nehmen. Sollte allerdings der Vater der Klägerin versterben oder die Betreuung in andere Hände übergehen, beabsichtige sie, erneut Antragsteilzeit gemäß Art. 88 BayBG in Anspruch zu nehmen. Ein entsprechender Antrag würde jedoch weiterhin entsprechend den Vollzugsbestimmungen (KMS v. 7.1.2020/ 5.2.2020) abgelehnt werden. In der Sache habe das Verwaltungsgericht rechtsfehlerhaft das Vorliegen entgegenstehender dienstlicher Belange angenommen. Insbesondere stellten die in der Lehrerbedarfsprognose 2020 enthaltenen Daten keine ausreichende Grundlage für die Vollzugshinweise dar. Die Prognose differenziere weder nach Schulart noch nach Regierungsbezirken und sei mangels freier Versetzbarkeit eines Lehrers untauglich. Das KMS vom 5. Februar 2020 stelle daher keine ausreichende Rechtsgrundlage dar, um den Begriff „dienstliche Belange“ auszufüllen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Der Klägerin könne grundsätzlich ein berechtigtes Interesse in Form der Wiederholungsgefahr zur Seite stehen. Voraussetzung hierfür sei die konkrete bzw. hinreichend bestimmte Gefahr, dass in naher Zukunft auf einen gleichartigen Antrag der Klägerin hin der begehrte Verwaltungsakt erneut abgelehnt werde. Gleichartigkeit setze voraus, dass sich die tatsächlichen und rechtlichen Interessen seit dem Erlass des erledigten Verwaltungsakts nicht geändert hätten und diese Verhältnisse noch im Zeitpunkt einer zukünftig zu erwartenden Verwaltungsentscheidung vorlägen. Dies könne im vorliegenden Fall aus dem Umstand folgen, dass die Vollzugsbestimmungen (KMS v. 5.2.2020) zur Sicherung der Unterrichtsversorgung an Grundschulen weiterhin Geltung beanspruchten. Allerdings habe die Klägerin bisher keine hinreichenden Umstände benannt, aus denen sich eine konkrete Wiederholungsgefahr ableiten lasse. Nur die vage Möglichkeit einer Wiederholung reiche ebenso wenig wie der bloße Wunsch nach Klärung abstrakter Rechtsfragen. In der Sache verteidigt der Beklagte das angefochtene Urteil; das Verwaltungsgericht habe den Begriff der dienstlichen Belange im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 29.4.2004 – 2 C 21.03 – juris) ausgelegt und angewendet. Die oberste Dienstbehörde sei befugt, entgegenstehende dienstliche Belange generell festzustellen. Vor diesem Hintergrund sei die Entscheidung, ab dem Schuljahr 2020/21 die neue Mindestgrenze bei Antragsteilzeit für Lehrkräfte an Grundschulen auf 24 Stunden heraufzusetzen, nicht zu beanstanden.
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Mit Bescheid vom 14. April 2022 reduzierte die Regierung von Schwaben die Unterrichtspflichtzeit der Klägerin für das Schuljahr 2022/23 auf deren Antrag gemäß Art. 89 BayBG zur Pflege ihres Vaters auf 21 Wochenstunden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten sowie die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
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1. Der ursprüngliche Klageantrag, gerichtet auf Verpflichtung des Beklagten zur Herabsetzung der bewilligten Antragsteilzeit (Art. 88 BayBG) um weitere drei Wochenstunden (von 24 auf 21) für das Schuljahr 2020/21 (vgl. Antrag der Klägerin an das staatliche Schulamt v. 11.2.2020), hat sich mit dem Ablauf dieses Schuljahres am 31. Juli 2021 – nach Zustellung des am 15. Juli 2021 erlassenen Urteils – erledigt. Eine rückwirkende Herabsetzung der Wochenstundenzahl für das abgelaufene Schuljahr scheidet schon deswegen aus, weil die Klägerin in diesem Schuljahr tatsächlich 24 Wochenstunden (mit entsprechender Besoldung) statt der begehrten 21 Wochenstunden leisten musste und geleistet hat, nachdem ein von ihr angestrengtes Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO in zwei Instanzen erfolglos geblieben ist (vgl. VG Augsburg, B.v. 12.11.2020 – Au 2 E 20.1953 –; BayVGH, B.v. 25.1.2021 – 3 CE 20.2959). Damit war das ursprüngliche Verpflichtungsbegehren zu dem für die Entscheidung über die Berufung maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 1. März 2023 erledigt und die Verpflichtungsklage müsste als unzulässig abgewiesen werden.
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2. Um der daraus folgenden Zurückweisung der Berufung wegen Unzulässigkeit der Verpflichtungsklage zu entgehen, hat die Klägerin – anstelle der Abgabe einer Erklärung über die Erledigung der Hauptsache – ihren Verpflichtungsantrag im Berufungsverfahren auf einen grundsätzlich möglichen Fortsetzungsfeststellungsantrag (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) umgestellt. Diese Norm regelt zwar unmittelbar nur den Fall des Erledigungseintritts nach Erhebung einer Anfechtungsklage, findet jedoch entsprechende Anwendung auf – wie vorliegend – Verpflichtungskonstellationen (Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 113 Rn. 85, 127 f.). Der Übergang ist auch noch im Berufungsverfahren möglich und stellt keine Klageänderung dar, sondern eine Einschränkung des Klageantrags (§ 173 Satz 1 i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO; BayVGH, U.v. 22.7.2015 – 22 B 15.620 – juris Rn. 21).
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Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat (2.1). Die Klägerin besitzt jedoch kein derartiges Interesse, welches hier allenfalls unter dem Gesichtspunkt der von der verwaltungsgerichtlichen Praxis herausgebildeten Fallgruppe der Wiederholungsgefahr bejaht werden könnte (2.2).
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2.1 Ein solches Interesse ist im Hinblick auf eine Wiederholungsgefahr gegeben, wenn die hinreichend bestimmte Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige, hier ablehnende Verwaltungsentscheidung oder Maßnahme ergehen wird (stRspr, etwa BVerwG, U.v. 15.3.2022 – 6 B 22.22 – juris Rn. 13, 20; U.v. 15.3.2022 – 1 A 1.21 – juris Rn. 20; Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 113 Rn. 271). In Anbetracht des Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, ist dabei nicht die Prognose erforderlich, dass einem zukünftigen behördlichen Vorgehen in allen Einzelheiten die gleichen Umstände zugrunde liegen werden, wie dies vor Erledigung des Verwaltungsakts der Fall war. Für das Feststellungsinteresse ist vielmehr entscheidend, ob die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen künftigen Verwaltungshandelns unter Anwendung der dafür maßgeblichen Rechtsvorschriften geklärt werden können (BVerwG, U.v. 18.12.2007 – 6 C 47.06 – juris Rn. 13). Das geltend gemachte Fortsetzungsfeststellungsinteresse muss dabei als Sachentscheidungsvoraussetzung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegen (BVerwG, U.v. 15.3.2022 – 1 A 1.21 – a.a.O.).
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2.2 Im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bestand keine Wiederholungsgefahr gemäß den soeben dargestellten Voraussetzungen. Damit besitzt die Klägerin kein berechtigtes Interesse an der Feststellung, ob die Ablehnung ihres Antrags auf weitere Reduzierung der Antragsteilzeit auf 21 Wochenstunden durch Bescheid des Beklagten vom 16. April 2020 rechtswidrig war. Denn der Senat vermag nicht die konkret absehbare, hinreichende Möglichkeit zu erkennen, dass in naher Zukunft eine gleiche oder gleichartige Entscheidung zulasten der Klägerin zu erwarten ist und dabei die im Wesentlichen gleichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse wie bei der erledigten Entscheidung bestehen. Dies ergibt sich aus Folgendem:
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2.2.1 Die Klägerin hat für die beiden auf das streitgegenständliche Schuljahr folgenden Schuljahre (2021/22 und 2022/23) darauf verzichtet, mittels erneuter Anträge nach Art. 88 BayBG ihren Rechtsstandpunkt zur Entscheidung zu stellen. Vielmehr hat sie – nach erfolglosem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes – ihr Klageziel (Reduzierung der Wochenstundenzahl auf 21) nun mithilfe von Anträgen (v. 17.6.2021 u. 15.2.2022) auf Bewilligung von Teilzeit aus familienpolitischen Gründen nach Art. 89 Abs. 1 BayBG erreicht; ihrem Begehren hat der Beklagte auf diese Weise unter Anwendung einer anderen, im vorliegenden Verfahren nicht streitgegenständlichen Rechtsgrundlage entsprochen. Die Klägerin besitzt damit aktuell den auf ein Schuljahr befristeten Status einer „Teilzeitbeamtin“. Weiter hat sie – ungeachtet des Umstands, dass derzeit offenbar ein entsprechender Antrag für das Schuljahr 2023/24 noch nicht vorliegt – ausdrücklich angekündigt, auch in Zukunft aus familienpolitischen Gründen nicht mehr als 21 Wochenstunden leisten zu wollen, um daneben die Betreuung des im Jahr 1939 geborenen Vaters übernehmen zu können. Vor diesem Hintergrund fehlt es bereits an der erforderlichen Konkretheit der Gefahr, es werde ein gleichartiger Antrag auf Altersteilzeit nach Art. 88 BayBG gestellt, der vom Beklagten dann mit gleichartigen Erwägungen abgelehnt würde. Am Fehlen einer hinreichend bestimmten Gefahr ändert auch nichts die von der Klägerin hervorgehobene Möglichkeit, dass sie in naher oder weiterer Zukunft aufgrund Eintritts der Pflegebedürftigkeit ihres Vaters oder seines Todes nicht mehr die Voraussetzungen von Art. 89 Abs. 1 BayBG erfüllen wird.
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2.2.2 Aber auch wenn man die besondere Situation der Klägerin im Hinblick auf die ihr aus familienpolitischen Gründen bewilligte Teilzeit außer Acht lassen wollte, stellt sich für den Senat als vollkommen ungewiss dar, ob zukünftig noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse vorliegen werden, wie sie sich im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsakts vom 16. April 2020, also vor annähernd drei Jahren, dargestellt haben. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte gleichartige Anträge der Klägerin in Zukunft mit inhaltlich gleichartigen Erwägungen ablehnen wird (Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, a.a.O. Rn. 311). Nicht ausreichend ist hierfür, dass sich der Beklagte auf die nach wie vor unverändert gültigen Vollzugsbestimmungen vom 5. Februar 2020 berufen wird. Denn allein der unverändert fortbestehende Rechtszustand (Normen/Vollzugsbestimmungen) begründet noch keine hinreichend bestimmte Wiederholungsgefahr. Es bedarf vielmehr auch im Wesentlichen unveränderter tatsächlicher Umstände, um ein Feststellungsinteresse zu bejahen, denn nur dann ist es möglich zu beurteilen, ob überhaupt die Voraussetzungen künftigen Verwaltungshandelns bei Anwendung der maßgeblichen Rechtsvorschriften im aktuellen Streitverfahren geklärt werden können.
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Für die rechtliche Bewertung des Begehrens der Klägerin und dementsprechend auch für die Begründung des angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Urteils ist die Beantwortung der Frage entscheidend, ob das für Art. 88 Abs. 1 BayBG maßgebliche Tatbestandsmerkmal („soweit dienstliche Belange nicht entgegenstehen“) vorliegt oder nicht. Das Verwaltungsgericht stellt ausführlich dar, wie der unbestimmte Rechtsbegriff der dienstlichen Belange auszulegen und anzuwenden ist (UA Rn. 25-27). Dabei beruhe die diesen Rechtsbegriff vorprägende verwaltungspolitische Entscheidung zur erforderlichen Personalstärke und zum Einsatz der vorhandenen Lehrkräfte an den Grundschulen auf der Bayerischen Lehrerbedarfsprognose 2020, die nach Art. 92 Abs. 2 BayBG von der obersten Dienstbehörde getroffen worden sei und die grundlegende Entscheidung für die einzelnen in der Vollzugsbekanntmachung getroffenen Regelungen darstelle (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2021 – 3 CE 20.2959 – juris Rn. 15; Heizer, BeckOK Beamtenrecht Bayern, Stand: 1.9.2022, BayBG Art. 88 Rn. 11). Dieser Zusammenhang zeigt, dass für die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs die für jedes Schuljahr erneut zu betrachtenden tatsächlichen Verhältnisse bei der Einstellung von Grundschullehrerinnen und Grundschullehrern (insbesondere der jährliche Bedarf und das ihm gegenüberstehende Angebot an Lehrkräften) die entscheidende Rolle spielen. Dementsprechend weist der Beklagte (KMS an die Lehrkräfte v. 7.1.2020, S. 4) darauf hin, dass u.a. die Anhebung des Mindeststundenmaßes bei Antragsteilzeit „vorübergehenden Charakter“ habe und bei entsprechender Änderung der Bedarfssituation zurückgenommen werde. Schon ein Vergleich der Lehrerbedarfsprognose 2020 mit der für das Jahr 2022 aktualisierten Prognose macht aber deutlich, dass sich die tatsächliche Bedarfssituation weiter verschärft hat (vgl. nur die jeweils auf S. 24 enthaltenen Tabellen „Prognosewerte“ und „Einstellungssituation an der Grundschule“, wobei in die aktuelle Berechnung „bewusst nicht“ der sich aufgrund der ukrainischen Flüchtlinge ergebende Lehrerbedarf eingeflossen ist, vgl. S. 38).
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Aus all dem folgt, dass der hier zentrale Begriff der dienstlichen Belange keinen statischen Charakter besitzt, sondern sich von Schuljahr zu Schuljahr dynamisch entwickelt oder zumindest entwickeln kann. Dementsprechend sind Aussagen in einem verwaltungsgerichtlichen Urteil, die sich mit dem Begriff der entgegenstehenden dienstlichen Belange im Schuljahr 2020/21 auseinandersetzen, grundsätzlich nicht geeignet, denselben unbestimmten Rechtsbegriff für das Schuljahr 2023/24 auszufüllen. Wegen dieser besonderen Verhältnisse, die ein Vorausschauen auf das übernächste Schuljahr regelmäßig noch nicht zulassen, wird Antragsteilzeit auch lediglich für die Dauer eines Schuljahres bewilligt.
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2.2.3 Für die Bejahung eines Feststellungsinteresses reicht auch nicht der Hinweis der Klägerin aus, dem Bescheid des Beklagten habe „keine ausreichende Begründung zur Seite gestanden“. Entsprechendes gilt für die Behauptung, ihre Rechtsposition „wäre …verbessert, wenn die Klage in Form der Fortsetzungsfeststellungsklage zu ihren Gunsten ausfällt“; das hierfür in Bezug genommene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 16.5.2013 – 8 C 38.12 – juris Leits. 2 / Rn. 32) trifft diese Aussage nicht in dieser Allgemeinheit, auch nicht im Zusammenhang mit der Fallgruppe der Wiederholungsgefahr, sondern nur derjenigen des – hier nicht vorliegenden – tiefgreifenden Eingriffs in grundrechtliche Positionen. Schließlich wird die Klägerin durch die Verneinung eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses auch nicht um die „Früchte der bisherigen Prozessführung gebracht“ (BVerwG, U.v. 16.5.2013, a.a.O. Rn. 13), denn solche hat sie bislang nicht „ernten“ können, wenn man bedenkt, dass sowohl ihre Klage vor dem Verwaltungsgericht als auch ihr Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz in zwei Instanzen erfolglos geblieben ist.
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Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.
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Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 132 Abs. 2, § 191 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 127 BRRG).