Inhalt

VGH München, Beschluss v. 13.03.2023 – 10 CE 22.1941
Titel:

Erfolgloser Eilantrag auf Verpflichtung zur Ausstellung einer Bescheinigung des Fortbestands der Niederlassungserlaubnis

Normenketten:
VwGO § 123 Abs. 1, Abs. 3
AufenthG § 51 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 S. 1, S. 3
ARB 1/80 Art. 6, Art. 7
Leitsätze:
1. Die Verlagerung des Lebensmittelpunkts in das Ausland stellt eine Ausreise aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grund dar (Anschluss an BVerwG BeckRS 2013, 46725). (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für Personen, die nach dem ARB 1/80 aufenthaltsberechtigt sind, wird das Erlöschen der Rechtsposition nicht durch § 51 Abs. 1 AufenthG geregelt, sondern ergibt sich unmittelbar aus Art. 6 Abs. 2 und Art. 7 ARB 1/80, aus denen deshalb auch kein Anspruch auf Ausstellung einer Bescheinigung zum Nachweis des Fortbestandes der Niederlassungserlaubnis nach § 51 Abs. 2 S. 3 AufenthG folgt. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beschwerde, Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, Bescheinigung, Fortbestand der Niederlassungserlaubnis, Erlöschen, Ausreise aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grund, Türkei, Vorwegnahme der Hauptsache, Wahrscheinliches Obsiegen, Schwerer und irreparabler Nachteil, Niederlassungserlaubnis, Fortbestand, Ausreise, vorübergehender Grund, Verlagerung des Lebensmittelpunkts, Assoziationsrecht
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 04.08.2022 – M 12 E 22.2245
Fundstelle:
BeckRS 2023, 6038

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. In Abänderung von Nr.
III. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 4. August 2022 wird der Streitwert für beide Instanzen jeweils auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

1
Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin, eine türkische Staatsangehörige, die sich in der Türkei aufhält, ihren vor dem Verwaltungsgericht erfolglosen Antrag weiter, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, ihr eine Bescheinigung gemäß § 51 Abs. 2 Satz 3 AufenthG zum Nachweis des Fortbestandes ihrer Niederlassungserlaubnis auszustellen.
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1. Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die von der Antragstellerin in ihrer Beschwerde dargelegten Gründe, auf die der Senat seine Prüfung nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen es nicht, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern. Auf die zutreffenden Gründe in dem angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts wird zur Vermeidung von Wiederholungen entsprechend § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO verwiesen.
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Ergänzend ist lediglich Folgendes auszuführen: Insbesondere ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO mit dem Inhalt, den Antragsgegner zu verpflichten, der Antragstellerin eine Bescheinigung gemäß § 51 Abs. 2 Satz 3 AufenthG auszustellen, eine Vorwegnahme der Hauptsache darstellen würde, ohne dass hierfür die mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Das Rechtsschutzziel der Antragstellerin im Eilrechtsschutzverfahren entspricht dem des Hauptsacheverfahrens, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat (vgl. BA S. 20). Im Interesse des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG kann es geboten sein, im Eilrechtsschutzverfahren die Hauptsache vorwegzunehmen, wenn eine Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, mithin, wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht (vgl. BayVGH, B.v. 27.10.2021 – 10 CE 21.945 – juris Rn. 24 m.w.N.).
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a) Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Antragstellerin das Vorliegen des qualifizierten Anordnungsanspruchs, namentlich ein wahrscheinliches Obsiegen im Hauptsacheverfahren, nicht glaubhaft gemacht hat, ist nicht zu beanstanden.
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aa) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend bejaht, dass die Niederlassungserlaubnis der Antragstellerin wegen deren Ausreise aus dem Bundesgebiet aus einem der Natur nach nicht vorübergehenden Grunde gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG erloschen ist.
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Eine Ausreise aus einem der Natur nach nicht nur vorübergehender Grund liegt vor, wenn es um Auslandsaufenthalte geht, welche nach ihrem Zweck nicht typischerweise zeitlich begrenzt sind und die keine wesentliche Änderung der gewöhnlichen Lebensumstände in Deutschland mit sich bringen. Je länger die Dauer der Abwesenheit währt und je deutlicher sie über einen bloßen Besuchs- und Erholungsaufenthalt im Ausland hinausgeht, desto mehr spricht dafür, dass der Auslandsaufenthalt nicht nur vorübergehender Natur ist. Neben der Dauer und dem Zweck des Auslandsaufenthalts sind alle objektiven Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, während es auf den inneren Willen des Ausländers, insbesondere seine Planung der späteren Rückkehr nach Deutschland, nicht allein ankommen kann. § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG greift nicht nur dann, wenn der seiner Natur nach nicht vorübergehende Grund bereits im Zeitpunkt der Ausreise vorlag, sondern auch dann, wenn er erst während des Aufenthalts des Ausländers im Ausland eintrat. Die Verlagerung des Lebensmittelpunkts in das Ausland stellt eine Ausreise aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grund dar (vgl. BVerwG, U.v. 11.12.2012 – 1 C 15.11 – juris Rn. 16; U.v. 30.4.2009 – 1 C 6.08 – juris Rn. 21 m.w.N.).
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Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ergibt sich im vorliegenden Fall aus den Gesamtumständen, dass die Antragstellerin ihren Lebensmittelpunkt in die Türkei verlegt hat. Das Verwaltungsgericht hat dabei verwertet, dass die Antragstellerin nach ihrem gescheiterten Studium im Anschluss an das Sommersemester 2019 in die Türkei ausgereist ist und sich bis zum Entscheidungszeitpunkt lediglich dreimal für gut zwei Wochen im Bundesgebiet aufgehalten hat, wobei das Verwaltungsgericht davon ausging, dass die kurzen Besuchsaufenthalte auch dem Ziel gedient haben dürften, ein Erlöschen der Niederlassungserlaubnis nach § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG zu vermeiden und sich damit das Aufenthaltsrecht in Deutschland in Reserve zu halten. Nach dem letzten kurzen Besuchsaufenthalt sei die Antragstellerin am 11. November 2020 hochschwanger in die Türkei gereist, wo sie am 4. Dezember 2020 ihren Sohn geboren habe. Dies lege nach Auffassung des Verwaltungsgerichts den Schluss nahe, dass die Entbindung entgegen den Angaben der Antragstellerin in der Türkei im Beisein ihres Ehemannes geplant gewesen sei. Einen Visumantrag für ihren Sohn habe die Antragstellerin entgegen ihren Angaben gegenüber dem Antragsgegner erst acht Monate nach der Geburt ihres Sohnes gestellt. Schon der über einjährige, nur kurzzeitig unterbrochene Aufenthalt der Antragstellerin in der Türkei bis zu der Geburt ihres Sohnes trage nach den objektiven Umständen nicht von vornherein eine gewisse zeitliche Begrenzung in sich, so dass davon auszugehen sei, dass er auf unabsehbare Zeit angelegt gewesen sei. Außerdem hat das Verwaltungsgericht die fehlenden wirtschaftlichen Bindungen der Antragstellerin im Bundesgebiet verwertet. Eine Berufsausbildung habe sie nicht abgeschlossen, bis zur Aufnahme des Studiums sei sie lediglich geringfügigen Beschäftigungen nachgegangen, und ihr Studium habe sie ohne Abschluss beendet. Eine eigene Wohnung habe sie im Bundesgebiet nie besessen. Vom Wohnsitz ihrer Eltern sei sie von Amts wegen abgemeldet worden. Zwar lebten ihre Eltern nach wie vor im Bundesgebiet. In der Türkei lebe jedoch − und zwar auch schon zum Zeitpunkt der Ausreise – die Kernfamilie, der Ehemann und mittlerweile auch der Sohn der Antragstellerin, der ausschließlich die türkische Staatsbürgerschaft besitze (vgl. BA S. 16 ff.).
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Die Gesamtwürdigung des Verwaltungsgerichts greift die Antragstellerseite nicht substantiiert an. Dies ist insbesondere nicht mit dem Einwand geschehen, die Annahme des Verwaltungsgerichts einer Ausreise zur Familiengründung trage schon deshalb nicht, weil die aufenthaltsschädliche Ausreise dem Verwaltungsgericht zufolge im Herbst 2019 erfolgt sein soll, die von dem Verwaltungsgericht zugrunde gelegte Geburt des Sohnes jedoch erst am 4. Dezember 2020 geschehen sein soll. Das Verwaltungsgericht hat bei seiner Subsumtion zutreffend auf den der Natur nach nicht nur vorübergehenden Grund der Verlagerung des Lebensmittelpunktes abgestellt. Soweit es eine „Ausreise zum Zweck einer Familiengründung“ angesprochen hat, referiert es lediglich verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zum Erlöschen von Aufenthaltstiteln (vgl. BA S. 16).
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Des Weiteren verfängt der Einwand der Antragstellerseite nicht, das Verwaltungsgericht habe nicht den Schluss ziehen dürfen, dass die Antragstellerin ihren Sohn in der Türkei habe entbinden wollen, weil diese Schlussfolgerung im Widerspruch zur Klageschrift stehe und angesichts des Verlustes des Erwerbs der deutschen Staatsbürgerschaft durch den Sohn aus § 4 Abs. 3 Satz 1 StAG auch lebensfremd sei. Was in der Klageschrift steht, hat die Antragstellerseite im Beschwerdeverfahren nicht mitgeteilt. Dass die Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts bezüglich § 4 Abs. 3 Satz 1 StAG lebensfremd sein soll, vermag der Senat nicht zu erkennen. Wenn eine Person ihren Lebensmittelpunkt in das Ausland verlagert, kann es sein, dass sie sich nicht über ungünstige Rechtsfolgen kundig macht, zumal, wenn es sich um in der Zukunft liegende Implikationen handelt. Ebenso kann es sein, dass sie sich zwar über zukünftige ungünstige Rechtsfolgen kundig macht, diese gleichwohl in Kauf nimmt. Mit all dem setzt sich das Beschwerdevorbringen nicht auseinander.
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Der Einwand der Antragstellerseite, die Antragstellerin habe dem Antragsgegner jeweils vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist des § 51 Abs. 7 AufenthG ihren Auslandsaufenthalt – mit der Bitte um Ausstellung einer entsprechenden Bescheinigung − angezeigt, und ihn außerdem auch unterbrochen, woraufhin der Antragsgegner mitgeteilt habe, eine nicht rechtzeitige Rückkehr sei „zur Zeit kein Problem“, so dass die Unterbrechungen die Frist des § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG gewahrt hätten, unterstreicht zum einen lediglich die offensichtlich mit Blick auf § 51 Abs. 7 AufenthG motivierte Vorgehensweise der Antragstellerin, zum anderen reißt die Antragstellerseite damit die von dem Antragsgegner an einer Stelle getroffene Aussage aus dem Kontext (vgl. Behördenakte, Bl. 112: „zur Zeit wegen Corona“). Insgesamt mag die Antragstellerin zwar darauf bedacht gewesen sein, das Erlöschen der Niederlassungserlaubnis nach § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG zu verhindern, dies schließt es jedoch nicht aus, dass ihre Niederlassungserlaubnis wegen des selbständigen Erlöschensgrundes des § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG erloschen ist, worauf das Verwaltungsgericht und der Antragsgegner zutreffend hingewiesen haben (vgl. i.Ü.: BayVGH, B.v. 8.7.2022 – 10 ZB 22.1379 – juris Rn. 7).
11
Die Gesamtwürdigung des Verwaltungsgerichts wird auch nicht durch den Einwand in Zweifel gezogen, der Umstand, dass die Antragstellerin am 7. Januar 2021 im Bundesgebiet von Amts wegen abgemeldet worden sei, trage die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht, sie habe bereits bei der Ausreise im Herbst 2019 beabsichtigt, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet aufzugeben. Die Abmeldung von Amts wegen durch die zuständige Meldebehörde ist ein objektiver Umstand im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung, der ohne Weiteres in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen ist, während es auf die von Antragstellerseite betonte innere Absicht des Betroffenen dagegen nicht maßgeblich ankommt (s.o.).
12
bb) Das Verwaltungsgericht hat zudem zu Recht entschieden, dass der Privilegierungstatbestand des § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG dem Erlöschen der Niederlassungserlaubnis nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG mangels Glaubhaftmachung eines gesicherten Lebensunterhalts nicht entgegensteht (vgl. BA S. 18 ff.). Dies greift die Antragstellerseite auch nicht mit dem Einwand substantiiert an, das Erfordernis der Sicherung des Lebensunterhalts finde aufgrund des assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts der Antragstellerin aus Art. 6 und Art. 7 ARB 1/80, welches das Verwaltungsgericht zu Unrecht nicht geprüft habe, auf sie keine Anwendung.
13
Das unionsrechtliche Assoziationsrecht und das nationale Aufenthaltsrecht sind getrennte Rechtskreise, welche unterschiedliche Ziele verfolgen und die Verleihung von Rechtspositionen an unterschiedliche Voraussetzungen knüpfen. Prozessual handelt sich jeweils um unterschiedliche Streitgegenstände (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.2017 – 1 C 14.16 − juris Rn. 11). Die mit der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis verbundene aufenthaltsrechtliche Verfestigung hängt von anderen Voraussetzungen ab als das assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht, so dass sich aus Art. 6 und Art. 7 ARB 1/80 kein Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis ableiten lässt (vgl. BVerwG, U.v. 28.4.2015 – 1 C 21.14 − juris Rn. 22). Für Personen, die nach dem ARB 1/80 aufenthaltsberechtigt sind, wird das Erlöschen der Rechtsposition nicht durch § 51 Abs. 1 AufenthG geregelt, sondern ergibt sich unmittelbar aus Art. 6 Abs. 2 und Art. 7 ARB 1/80 (vgl. Bergmann in Huber/Mantel, AufenthG/AsylG, 3. Aufl. 2021, AufenthG § 51 Rn. 1; Fleuß in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, 36. Aufl. Stand: 1.1.2023, AufenthG § 51 Rn. Rn. 4). Dies sieht letztendlich auch die Antragstellerseite selbst so (vgl. BA S. 9 f.: „Diese [erg. Ansprüche nach Art. 6 ARB 1/80 und … nach Art. 7 ARB 1/80 – Anm. d. Senats] würden nicht nach § 51 AufenthG erlöschen“). Dementsprechend verleihen Art. 6 und Art. 7 ARB 1/80 auch keinen Anspruch auf Ausstellung einer Bescheinigung zum Nachweis des Fortbestandes der Niederlassungserlaubnis nach § 51 Abs. 2 Satz 3 AufenthG.
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Angesichts dessen und in Anbetracht des Umstandes, dass sich der Antrag der Antragstellerin im verwaltungsbehördlichen Verfahren allein auf die Niederlassungserlaubnis bezogen (vgl. BA S. 2 f.) und der Bevollmächtigte der Antragstellerin im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren ausdrücklich beantragt hat, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin eine Bescheinigung nach § 51 Abs. 2 Satz 3 AufenthG auszustellen (vgl. BA S. 8), ist auch unter dem Gesichtspunkt des § 88 VwGO nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht seine Prüfung hierauf beschränkt hat. Das Erfordernis des gesicherten Lebensunterhalts innerhalb des Privilegierungstatbestand des § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG wird durch die Geltendmachung von Rechtspositionen aus Art. 6 und Art. 7 ARB 1/80 nicht berührt, die im Übrigen im Beschwerdeverfahren mangels Substantiierung weder hinreichend dargetan noch glaubhaft gemacht sind. Ein Verweis auf erstinstanzlichen Vortrag genügt den Darlegungsanforderungen nicht.
15
Im Ergebnis ist damit ein (auch einfacher) Anordnungsanspruch nicht dargelegt und glaubhaft gemacht.
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b) Das Verwaltungsgericht ist schließlich zu Recht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin auch nicht im Sinne von § 123 Abs. 1 und 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO und § 294 Abs. 1 ZPO das Vorliegen der qualifizierten Anforderungen an den Anordnungsgrund dargelegt und glaubhaft gemacht hat, namentlich, dass ihr ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung schwere und irreparable Nachteile entstünden.
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Soweit die Antragstellerseite vorträgt, die Versagung der begehrten Bescheinigung im Eilrechtsschutzverfahren würde in unzumutbarer Weise in das Privatleben der Antragstellerin eingreifen, legt sie nicht dar, worin die Unzumutbarkeit zu erblicken ist. Das geltend gemachte Interesse der Antragstellerin, in Zukunft eine – nicht näher beschriebene − berufliche Tätigkeit im Bundesgebiet aufnehmen zu wollen oder ihren Aufenthaltsort frei wählen zu können, reicht dafür allein jedenfalls nicht aus. Eine hinreichende Konkretisierung und Glaubhaftmachung ist auch nicht dadurch geschehen, dass die Antragstellerseite vorträgt, die Nachteile seien offensichtlich und Folge der Entscheidung des Antragsgegners. Die Argumentation der Antragstellerseite, die Antragstellerin werde an der Herstellung einer familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet mit ihrem (türkischen) Sohn gehindert, welchem grundsätzlich ein Anspruch auf Familiennachzug zukomme, kann der Senat nicht nachvollziehen. Soweit die Antragstellerseite vorträgt, die Antragstellerin werde durch die Versagung der begehrten Bescheinigung im Eilrechtsschutzverfahren an der Ausübung ihrer assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechte gehindert, gelten die vorstehenden und obigen Erwägungen entsprechend (s.o.). Im Ergebnis ist damit ein (auch einfacher) Anordnungsgrund nicht dargelegt und glaubhaft gemacht.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
19
3. Die den Beschluss des Verwaltungsgerichts abändernde Streitwertfestsetzung beruht darauf, dass die Antragstellerin mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, wie erörtert, im Wesentlichen eine Vorwegnahme der Hauptsache erstrebt (s.o.). Da die begehrte Entscheidung die Hauptsache im Wesentlichen vorwegnimmt, ist der anzusetzende Auffangwert in Höhe von 5.000,- Euro nicht − wie für Eilsachen üblich − gemäß Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu mindern (vgl. BayVGH, B.v. 1.6.2022 – 10 CE 21.2270 – juris Rn. 13; B.v. 14.5.2021 – 10 CS 21.1385 – juris Rn. 29). Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG in Verbindung mit Nr. 8.1. (entsprechend) des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
20
4. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.