Inhalt

VGH München, Beschluss v. 15.03.2023 – 12 ZB 21.2983
Titel:

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag gegen Festsetzung des Mehrleistungsabschlags

Normenketten:
KHEntgG (2009) § 14
KHEntgG (2013) § 4 Abs. 2a
KHEntgG (2014) § 4 Abs. 2a, § 14
GG Art. 12, Art. 14, Art. 20
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3
Leitsätze:
1. Änderungen des Verwaltungsverfahrensrechts wirken sich nach den Grundsätzen des intertemporalen Verfahrensrechts nur auf laufende, noch nicht abgeschlossene Verwaltungsverfahren aus, sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (hier für rückwirkende Einführung der Genehmigungspflicht für den Mehrleistungsabschlag). (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2. § 4 Abs. 2a Satz 8 KHEntgG (2014) hat weder echte Rückwirkung noch unzulässige unechte Rückwirkung (Anschluss an BVerwG BeckRS 2021, 20407).  (Rn. 32 – 47) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Krankenhausfinanzierung, Mehrleistungsabschlag, Anordnung der Fortgeltung, Genehmigungspflicht, Echte Rückwirkung, Unechte Rückwirkung, echte Rückwirkung, unechte Rückwirkung
Vorinstanz:
VG Bayreuth, Gerichtsbescheid vom 20.10.2021 – B 8 K 19.193
Fundstelle:
BeckRS 2023, 6035

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 424.802,- € festgesetzt.

Gründe

1
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Genehmigung des zweiten Schiedsspruchs der Schiedsstelle Bayern vom 4. Mai 2018 im Hinblick auf die Festsetzung des sog. Mehrleistungsabschlags nach § 4 Abs. 2a des Krankenhausentgeltgesetzes a.F. (KHEntgG 2014) für das Budgetjahr 2015 durch den Beklagten.
I.
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1. Die Klägerin ist Betreiberin des S. Klinikums H. Mit den Beigeladenen als Sozialleistungsträger vereinbarte sie für das Budgetjahr 2013 am 13. Dezember 2013 u.a. einen Mehrleistungsabschlag nach § 4 Abs. 2a KHEntgG (2013) in Höhe von 193.278,- €. Diese Vereinbarung genehmigte die Regierung von Oberfranken mit Bescheid vom 27. Januar 2014. Für das anschließende Budgetjahr 2014 vereinbarten die Vertragsparteien am 30. September 2014 einen Mehrleistungsabschlag in Höhe von insgesamt 424.802,- €. Diese Vereinbarung wurde von der Regierung von O. mit Bescheid vom 28. Oktober 2014 ebenfalls genehmigt.
3
Durch das Erste Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Erstes Pflegestärkungsgesetz – PSG I) vom 17. Dezember 2014 (BGBl I, 2222) erfolgte – rückwirkend zum 18. Oktober 2014 – eine Änderung von § 14 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG a.F. (2009) dahingehend, dass nunmehr auch krankenhausindividuell ermittelte Zu- und Abschläge der Genehmigungspflicht unterfallen. Zugleich wurde in § 4 Abs. 2a Satz 8 KHEntgG (2014) bestimmt, dass der für das Jahr 2013 ermittelte Mehrleistungsabschlag sowohl für das Jahr 2013 wie auch für die Jahre 2014 und 2015 gelte. Ferner sei der für das Jahr 2014 zu ermittelnde Mehrleistungsabschlag entsprechend dreijährig zu vereinbaren.
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2. Bei den Verhandlungen zum Budgetjahr 2015 entstand daraufhin zwischen der Klägerin und den Beigeladenen Uneinigkeit über die Fortgeltung der Mehrleistungsabschläge aus den Vereinbarungen zum Budgetjahr 2013 in Höhe von 192.278,- € und dem Budgetjahr 2014 in Höhe von 231.524,- € (insgesamt 424.802,- €). In der Fortgeltung der Mehrleistungsabschläge aus den Jahren 2013 und 2014 aufgrund der mit Wirkung zum 18. Oktober 2014 in Kraft getretenen Regelung in § 4 Abs. 2a Satz 8 KHEntgG (2014) sah die Klägerin einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot. Weiterhin sei der für das Budgetjahr 2014 vereinbarte Mehrleistungsabschlag durch den Genehmigungsbescheid vom 28. Oktober 2014 nicht ausdrücklich genehmigt worden, sodass er nicht fortgelten könne. Demgegenüber gingen die Beigeladenen von einer Fortgeltung der Mehrleistungsabschläge der Jahre 2013 und 2014 auch im Budgetjahr 2015 aus.
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2.1 In einem ersten Schiedsspruch der Schiedsstelle Bayern vom 25. Mai 2016 wurde neben den geeinten Positionen des Erlösbudgets auch die strittigen Mehrleistungsabschläge festgesetzt. Während für das Jahr 2013 der Mehrleistungsabschlag in Höhe von 193.278,- € übernommen wurde, setzte die Schiedsstelle den Mehrleistungsabschlag für das Jahr 2014 aufgrund der fehlenden Genehmigung auf 0,- €, den Mehrleistungsabschlag für das Jahr 2015 auf 1.007.171,- € fest. Diesem Schiedsspruch versagte die Regierung von Oberfranken mit Bescheid vom 4. April 2017 die Genehmigung. Die Festsetzung des Mehrleistungsabschlags für das Jahr 2014 auf 0,- € verstoße gegen § 4 Abs. 2a Satz 8 KHEntgG (2014). Auf dessen fehlende Genehmigung komme es nicht an, da sie nicht Voraussetzung für die Berücksichtigung des Abschlagstatbestands und dessen Fortgeltung im Budgetjahr 2015 sei. Der aktuelle Mehrleistungsabschlag könne unabhängig von einer Genehmigung für das Jahr 2014 ermittelt werden. Die fehlende Genehmigung bilde lediglich ein „Abrechnungshindernis“ entsprechend § 15 Abs. 2 KHEntgG im zurückliegenden Budgetjahr 2014 bis zu einer neuen Vereinbarung eines Mehrleistungsabschlags für das Budgetjahr 2015. Eine von den Beteiligten erstrebte Teilgenehmigung des Schiedsspruchs könne nicht erfolgen, da § 18 Abs. 5 KHG der Genehmigungsbehörde keine Befugnis zu einer von den Festsetzungen der Schiedsstelle abweichenden Gestaltung der Vereinbarung ermögliche. Gegen den Versagungsbescheid vom 4. April 2017 ließ die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Bayreuth erheben (ursprüngliches Az.: B 4 K 17.351). Mit Beschluss vom 28. Juni 2018 ordnete das Verwaltungsgericht auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens an. Nach dessen Wiederaufnahme nahm die Klägerin die Klage zurück, woraufhin das Verfahren mit Beschluss vom 10. Juni 2020 eingestellt wurde (Az: B 8 K 20.284).
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2.2 Auf Antrag der Beigeladenen setzte die Schiedsstelle in einem zweiten Schiedsspruch vom 4. Mai 2018 neben den geeinten Positionen des Erlösbudgets in Ziffer II. den vorliegend streitgegenständlichen Mehrleistungsabschlag für das Budgetjahr 2015 auf nunmehr 1.431.973,- € fest, wobei nach § 4 Abs. 2a Satz 1 in Verbindung mit Satz 8 KHEntgG der fortgeltende Mehrleistungsabschlag aus dem Jahr 2013 mit 193.278,- € und derjenige aus dem Jahr 2014 mit 231.524,- € bemessen wurde. Was letzteren betreffe sei die Schiedsstelle nach § 14 Abs. 3 KHEntgG verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung der Genehmigungsbehörde (bei der Versagung der Genehmigung des ersten Schiedsspruchs) zu entscheiden. Demnach bilde eine Genehmigung des Mehrleistungsabschlags für das Jahr 2014 keine Voraussetzung für die Berücksichtigung im Budgetjahr 2015. Der Mehrleistungsabschlag für das Jahr 2015 sei zwischen den Beteiligten einvernehmlich festgesetzt worden.
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3. Mit nunmehr streitgegenständlichem Bescheid vom 24. Januar 2019 genehmigte die Regierung von Oberfranken den zweiten Schiedsspruch für das Budgetjahr 2015, darunter auch den strittigen Mehrleistungsabschlag. Hiergegen ließ die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Bayreuth erheben, die diese mit Gerichtsbescheid vom 20. Oktober 2021 abwies. Über die Klage habe durch Gerichtsbescheid entschieden werden können, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweise und der Sachverhalt geklärt sei. Die Beteiligten seien zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden. Die Klage habe weder im Haupt- noch in den Hilfsanträgen Erfolg.
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3.1 Die im Hauptantrag von der Klägerin begehrte Teilaufhebung der Genehmigung vom 24. Januar 2019 komme nicht in Betracht, unabhängig davon, ob sie durch die Festsetzung des Mehrleistungsabschlags unter Einbeziehung der Abschläge für die Budgetjahre 2013 und 2014 in ihren Rechten verletzt sei. Eine Teilaufhebung käme nur dann in Betracht, wenn der aufzuhebende Teil nicht mit den übrigen Teilen des angefochtenen Verwaltungsakts in einem untrennbaren Zusammenhang stünde, diese vielmehr selbständig bestehen bleiben könnten und durch die Teilaufhebung auch keine andere Bedeutung erlangten, als ihnen ursprünglich zugekommen sei. Eine Genehmigung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG, die nicht alle von der Genehmigungspflicht erfassten Antragsgegenstände umfasste, sei mit § 18 Abs. 5 Satz 1 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz – KHG) nicht vereinbar. Dies gelte unabhängig davon, worauf sich die Lückenhaftigkeit beziehe. Die allein auf eine Rechtskontrolle beschränkte Genehmigungsbehörde solle nicht in den Verhandlungsspielraum der Pflegesatzparteien eingreifen. Die Berücksichtigung des von der Genehmigungspflicht für das Budgetjahr 2015 umfassten und in die Vereinbarung bzw. den Schiedsspruch einzubeziehenden Abschlags nach § 4 Abs. 2a KHEntgG könne und solle sich nach dem Gesetzeszweck auf den Einigungsprozess der über das Gesamtbudget verhandelnden Parteien auswirken und betreffe damit unmittelbar ihren Gestaltungsspielraum. Eine Teilgenehmigung des Schiedsspruchs bzw. eine Teilaufhebung der Genehmigung scheide daher aus. Demzufolge erwiesen sich auch die Hilfsanträge der Klägerin als unzulässig, soweit sie unter Aufhebung der streitgegenständlichen Genehmigung die Verpflichtung des Beklagten begehre, lediglich die Festsetzungen der Ziffer I. des Schiedsspruchs vom 4. Mai 2018 zu genehmigen, die Genehmigung der Festsetzungen unter Ziffer II. hingegen zu versagen.
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3.2 Soweit die Klägerin schließlich die Genehmigung vom 24. Januar 2019 insgesamt anfechte, erweise sich die zulässige Klage als unbegründet. Die gerichtliche Überprüfung der behördlichen Genehmigung eines Schiedsspruchs, der eine Vereinbarung zu einem bestimmten Budgetjahr ersetze, sei in entsprechender Anwendung des Vereinbarungsprinzips nur auf die von der klagenden Partei gerügte Position zu erstrecken. Die Genehmigungsbehörde erteile dem Schiedsspruch die Genehmigung, wenn die Festsetzungen der Schiedsstelle den Vorschriften des Krankenhausentgeltgesetzes und dem sonstigen Recht entsprächen. Die Genehmigungspflicht des § 14 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG umfasse seit der durch Art. 2b Nr. 3 lit. a und b des Ersten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Erstes Pflegestärkungsgesetz – PSG I) mit Wirkung vom 18. Oktober 2014 geänderten Fassung für das Budgetjahr 2015 nach dem eindeutigen Wortlaut die „krankenhausindividuell ermittelten Zu- und Abschläge“, darunter auch den Mehrleistungsabschlag nach § 4 Abs. 2a KHEntgG. Soweit die Genehmigungsbehörde des Beklagten die diesbezüglichen Festsetzungen des zweiten Schiedsspruchs vom 4. Mai 2018 hinsichtlich der Fortgeltung der Mehrleistungsabschläge aus den Jahren 2013 und 2014 genehmigt habe, sei dies nicht zu beanstanden.
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3.2.1 Die mit dem Ersten Pflegestärkungsgesetz vom 17. Dezember 2014 eingeführte „Fortgeltung“ des Mehrleistungsabschlags nach § 4 Abs. 2a Satz 1 in Verbindung mit Satz 8 im Hinblick auf die Vereinbarungen der Vorjahre 2013 und 2014 im Budgetjahr 2015 sei rechtmäßig. Das Gesetz erweise sich insoweit als verfassungsgemäß. Soweit sich die Klägerin auf das Vorliegen einer verfassungswidrigen „echten“, hilfsweise „unechten“ Rückwirkung berufe, greife ihr Vorbringen nicht durch. Auf Vertrauensschutz in den Fortbestand der geltenden Rechtslage könne sich die Klägerin nicht berufen. Während Art. 103 Abs. 2 GG ein ausdrückliches Rückwirkungsverbot nur für das Strafrecht normiere, ziehe das Verfassungsrecht der Rückwirkung von Gesetzes nur insofern Grenzen, als rechtsstaatliche Gebote wie die Vorhersehbarkeit und das Vertrauen in die geltende Rechtslage in besonderem Maße betroffen und schutzwürdig sein müssen. Insoweit unterscheide das Bundesverfassungsgericht zwischen einer „echten“ und einer „unechten“ Rückwirkung bzw. nach der neueren Rechtsprechung zwischen der „Rückbewirkung von Rechtsfolgen“ und der „tatbestandlichen Rückanknüpfung“. Die Gesetzesänderung durch das Erste Pflegestärkungsgesetz lasse keine – grundsätzlich unzulässige – „echte“ Rückwirkung zulasten der Klägerin erkennen. Eine „echte“ Rückwirkung liege vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreife. Eine „Rückbewirkung von Rechtsfolgen“ liege vor, wenn sich der zeitliche Anwendungsbereich einer Norm auf einen Zeitpunkt vor ihrer Verkündung erstrecke und damit Rechtsfolgen mit belastender Wirkung vor dem Zeitpunkt der Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten solle. Zwar sei die vorliegend streitgegenständliche Gesetzesänderung – nämlich die Fortgeltung des Mehrleistungsabschlags der Vorjahre auch im Jahr 2015 und darüber hinaus – durch Gesetz vom 17.12.2014 mit Rückwirkung zum 18.10.2014 eingeführt worden. Diese Gesetzesänderung greife aber nicht „ändernd“ in die bereits abgeschlossenen Vereinbarungen der Klägerin mit den Beigeladenen für die Budgetjahre 2013 und 2014 ein. Auch würden die rechtlichen Voraussetzungen der für diese Jahre durchgeführten Budgetverhandlungen nicht berührt. Die Neuregelung in § 4 Abs. 2a Satz 8 KHEntgG n.F. wirke nur für zukünftige Zeiträume. Sie nehme die Ergebnisse der Verhandlungen der Jahre 2013 und 2014 zum Ausgangspunkt für eine Beschränkung des Gestaltungsspielraums zukünftiger Budgetverhandlungen. Damit werde der Klägerin auch eine individualrechtlich bestehende „Erwerbsposition“ nicht genommen. Eine in qualifizierter und individualisierter Weise bestehende Rechtsposition der Klägerin auf „Nichtfortgeltung“ der bisher vereinbarten Mehrleistungsabschläge bestehe nicht.
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Da die Vertragsparteien ferner im Zeitraum der Rückwirkung und selbst nach der Verkündung des Ersten Pflegestärkungsgesetzes weit über ein Jahr keine Einigung für das kommende Budgetjahr 2015 gefunden hatten, „abschließende“ Verhandlungen noch am 2. Februar 2016 ohne Ergebnis geblieben seien und die Schiedsstelle erst mit Schriftsatz vom 25. April 2016 erstmals angerufen worden sei, könne im Hinblick auf die Verhandlungen zum Budgetjahr 2015 nicht von einem abgeschlossenen Sachverhalt ausgegangen werden. Im Übrigen wäre in dem zweimonatigen Zeitraum des rückwirkenden Inkrafttretens des Gesetzes vom 17.12.2014 bereits nicht mehr mit dem Fortbestand der bisherigen Regelung für kommende Verhandlungen zu rechnen gewesen, sodass ein schutzwürdiges Vertrauen unter diesem Gesichtspunkt ausscheide.
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Ebenso wenig sei im vorliegenden Fall von einer unzulässigen „unechten“ Rückwirkung bzw. einer „tatbestandlichen Rückanknüpfung“ auszugehen. Eine „unechte Rückwirkung“ liege dann vor, wenn sie auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich eine betroffene Rechtsposition nachträglich entwerte. Eine „tatbestandliche Rückanknüpfung“ gäbe es dann, wenn Rechtsfolgen erst nach der Verkündung einer Norm einträten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst würden.
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Da die Budgetverhandlungen für das Jahr 2015 auch zum Zeitpunkt der Verkündung des Ersten Pflegestärkungsgesetzes am 23. Dezember 2014 noch nicht begonnen hatten, hätte es zu keiner Einwirkung auf einen sich bereits entwickelten Sachverhalt kommen können. Die Verhandlungen zum Budgetjahr 2015 seien daher bei der Einführung der Änderungen (Fortgeltung des Mehrleistungsabschlags aus den Jahren 2013 und 2014) noch nicht „gegenwärtig“ gewesen. Ferner werde mit der Anordnung der Fortgeltung der Mehrleistungsabschläge aus den vorangegangenen Jahren 2013 und 2014 im Budgetjahr 2015 der sachliche Anwendungsbereich der Norm zwar bereits auf vor deren Verkündung „ins Werk gesetzte“ Sachverhalte, nämlich die für die Vorjahre vereinbarten Leistungen, erstreckt, sodass von einer „unechten Rückwirkung“ bzw. einer „tatbestandlichen Rückanknüpfung“ ausgegangen werden könnte. Diese „unechte“ Rückwirkung erweise sich im vorliegenden Fall jedoch nicht als unzulässig. Denn der verfassungsrechtlich verbürgte Vertrauensschutz gebiete nicht, den von einer bestimmten Rechtslage Begünstigten vor jeglicher Enttäuschung seiner Hoffnungen oder Erwartungen betreffend die Dauerhaftigkeit der bestehenden Rechtslage zu bewahren. Es bedürfe vielmehr eines besonderen Moments der Schutzwürdigkeit seiner Erwartungen in den Fortbestand des bislang Geltenden. Eine derartige Schutzwürdigkeit sei vorliegend nicht gegeben. Eine besondere Schutzwürdigkeit in den Fortbestand der Rechtslage zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarungen für die Jahre 2013 und 2014 lag angesichts der sich relativ häufig ändernden Rechtslage nicht nahe. Auch im Rahmen der vorherigen Änderung von § 4 Abs. 2a KHEntgG a.F. sei es schon einmal zur Fortgeltung des Mehrleistungsabschlags aus dem Vorjahr 2013 im Jahr 2014 als gesetzliches Instrument zur Mengensteuerung gekommen. Die nach dem Psych-Entgeltgesetz eindeutig vorübergehend gestaltete Rechtslage in § 4 Abs. 2a Sätze 1 und 8 KHEntgG (2013) habe kein derart „verdichtetes“ Vertrauen begründen können, dass man zukünftig nicht mehr mit einer Änderung in Form einer Fortgeltung der Mehrleistungsabschläge aus den Vorjahren habe rechnen müssen. Auch die Einführung von § 4 Abs. 2a Satz 9 KHEntgG a. F. durch das Psych-Entgeltgesetz begründe weder besonderes Vertrauen noch eine verbindliche Rechtsposition der Klägerin. Der Norm komme allein klarstellende Wirkung zu. Schließlich könne der Klägerin im Hinblick auf die Schutzwürdigkeit ihrer frustrierten Erwartungen im Hinblick auf den Wegfall des Mehrleistungsabschlags entgegengehalten werden, dass sie es in den Budgetverhandlungen für das Jahr 2015 selbst in der Hand gehabt hätte, ihre Annahmen in wirtschaftlicher Hinsicht zu korrigieren.
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3.2.2 Weiterhin verletze die Neuregelung in § 4 Abs. 2a Sätze 1 und 8 KHEntgG a.F. die Klägerin auch nicht in ihren Grundrechten aus Art. 12 und Art. 14 GG. Im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG handele es sich bei der Änderung der Regelung zum Mehrleistungsabschlag allenfalls um eine die Berufsausübung in geringem Maß tangierende frustrierte Gewinnerwartung der Klägerin dahingehend, nicht mit weiteren Abschlägen für zukünftig vereinbarte Mehrleistungen im Vergleich zu den Vorjahren belastet zu werden. Dem stehe das öffentliche Interesse an der „Kostenstabilität“ der gesetzlichen Sozialleistungsträger gegenüber. Dem Gesetzgeber sei bei der Auswahl seiner Maßnahmen, die er zur Verwirklichung des Ziels der finanziellen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung einsetze, ein weiter Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum zuzugestehen. Im Rahmen einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens sowie des Einschnitts für die Klägerin und dem Gewicht der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe sei die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt. Die Eigentumsfreiheit der Klägerin können mangels erkennbaren Eingriffs in den Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG nicht als verletzt angesehen werden. Es fehle an einer der Klägerin zustehenden Rechtsposition, in die das Gesetz hätte eingreifen können. Dem grundrechtlichen Schutz der Eigentumsgarantie würden lediglich Verdienstmöglichkeiten und ungekürzte Gewinnaussichten nicht unterfallen.
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3.2.3 Die von der Genehmigungsbehörde überprüfte Anwendung von § 4 Abs. 2a Satz 8 KHEntgG (2014) im Rahmen des zweiten Schiedsspruchs für das Budgetjahr 2015 erweise sich auch nicht deshalb als fehlerhaft, weil sie die „Fortgeltung“ des für das Budgetjahr 2014 vereinbarten Mehrleistungsabschlags trotz des Umstands billige, dass die Vereinbarung dieses Mehrleistungsabschlags nicht der rückwirkend eingefügten Genehmigungspflicht durch den Beklagten genüge.
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Zugleich mit der Anordnung der Fortgeltung des Mehrleistungsabschlags 2014 sei § 14 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG a.F. (2009) dahingehend ergänzt worden, dass die Genehmigungspflicht nunmehr auch „krankenhausindividuelle Zu- und Abschläge“ erfasse. Auch diese Rechtsänderung durch das Erste Pflegestärkungsgesetz sei rückwirkend zum 18. Oktober 2014 in Kraft getreten. Die Klägerin und die Beigeladenen hätten die Vereinbarung über das Budgetjahr 2014 jedoch bereits am 30. September 2015 geschlossen; die Genehmigung durch die Regierung von Oberfranken sei am 28. Oktober 2014 erfolgt, die zum damaligen Zeitpunkt auf § 14 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG a. F. (2009), also in der Fassung vor der rückwirkenden Gesetzesänderung abgestellt und die Genehmigung daher nicht auf den Mehrleistungsabschlag erstreckt habe. Dieser Umstand führe indes nicht zur Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Genehmigung des zweiten Schiedsspruchs vom 4. Mai 2018, der den für das Budgetjahr 2014 vereinbarten Mehrleistungsabschlag in die Vereinbarung für das Budgetjahr 2015 übernommen habe.
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Weder Wortlaut noch Systematik von § 4 Abs. 2a KHEntgG (2014) sprächen für das Erfordernis, die Genehmigung des Mehrleistungsabschlags des Vorjahres 2014 zur Voraussetzung für die Anrechnung im Budgetjahr 2015 zu machen. So enthalte der Wortlaut von § 4 Abs. 2a Satz 8 KHEntgG (2014) für die Einbeziehung des für 2014 vereinbarten Mehrleistungsabschlags kein Genehmigungserfordernis. § 4 Abs. 2a Satz 1 KHEntgG (2014) bestimme den Mehrleistungsabschlag im jeweiligen (zukünftigen) Budgetjahr „im Vergleich zur Vereinbarung für das laufende Kalenderjahr“. Entsprechende Vereinbarungen für die Budgetjahre 2013 und 2014 hätten die Parteien vorliegend hinsichtlich des Mehrleistungsabschlags getroffen. Weiter sei nicht ersichtlich, dass der Zweck der Regelung für eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung sprechen und die Fortgeltung des Mehrleistungsabschlags 2014 im Budgetjahr 2015 von einer entsprechenden Genehmigung abhängig machen würde.
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Weiter könne sich die Vereinbarung für das Budgetjahr 2015 mit Blick auf die Fortgeltung des Mehrleistungsabschlags des Budgetjahres 2014 auf wirksame und verbindliche Vereinbarungsgrößen der Vorjahre stützen. Mit der Genehmigung vom 28. Oktober 2014 sei die überprüfte Vereinbarung vom 30. September 2014 für das Budgetjahr 2014 im Hinblick auf das Erlösbudget nach § 4 Abs. 1 KHEntgG wirksam und zwischen den Pflegesatzparteien verbindlich geworden. Sollte die nach Aktenlage bestandskräftige Genehmigung dadurch nachträglich fehlerhaft geworden sein, dass sich die Genehmigung vom 28. Oktober 2014 nicht mehr mit dem rückwirkend geänderten Genehmigungsumfang decken würde, so würde dies nach Art. 43 f. BayVwVfG grundsätzlich nichts an den Wirkungen im Hinblick auf die Vereinbarung vom 20. September 2014 ändern. Anhaltspunkte für eine etwaige Nichtigkeit der Genehmigung vom 28. Oktober 2014 bestünden nicht. Es läge vielmehr an den Beteiligten, eine Fehlerhaftigkeit im Rahmen des rechtlich Möglichen zu überprüfen und zu korrigieren.
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Der von der Vereinbarung des Budgetjahres 2014 umfasste Mehrleistungsabschlag werde ferner nicht allein aufgrund der späteren Ausweitung der Genehmigungspflicht „unwirksam“. Die Genehmigungspflicht nach § 14 Abs. 1 KHEntgG (2014) beziehe sich zunächst auf die dort erfassten Antragsgegenstände. Die Rückwirkung der Änderung dieses Genehmigungsumfangs zum 18. Oktober 2014 reiche nicht bis zum Zeitpunkt der Vereinbarung des Budgetjahres 2014 am 30. September 2014 zurück. Zu diesem Zeitpunkt habe der Mehrleistungsabschlag nach § 4 Abs. 2a KHEntgG (2013) gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG (2009) ohne Genehmigung wirksam und verbindlich werden können, soweit die damit unmittelbar zusammenhängenden Vereinbarungen des Erlösbudgets als maßgebliche Bezugsgrößen ebenfalls wirksam und verbindlich geworden seien.
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Im Übrigen werde aus den vorliegenden Akten in widersprüchlicher Weise deutlich, dass die Klägerin gegenüber der Behörde selbst darauf verweise, die Abschläge für das Budgetjahr 2014 vollständig geleistet zu haben, weshalb eine Rücknahme der Genehmigung vom 28. Oktober 2014 nicht erforderlich wäre. Insoweit wehre sie sich also gegen eine nachträgliche Korrektur des Bescheids vom 28. Oktober 2014, indem sie sich auf ihr Vertrauen in dessen Verbindlichkeit berufe.
21
4. Gegen den Gerichtsbescheid wendet sich die Klägerin nunmehr mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem sie ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, besondere rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend macht. Demgegenüber verteidigt der Beklagte den angefochtenen Gerichtsbescheid, ebenso die Beigeladenen, vertreten durch die AOK Bayern.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Behördenakten, auch des zwischenzeitlich eingestellten Verfahrens B 8 K 20.284 betreffend den ersten Schiedsspruch, verwiesen.
II.
23
Der Zulassungsantrag der Klägerin hat keinen Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe – sofern sie den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt sind – nicht vorliegen.
24
1. Es bestehen auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin im Zulassungsverfahren keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
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1.1 Soweit die Klägerin die Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Genehmigung des zweiten Schiedsspruchs darin erblickt, dass dieser unter Ziffer II. die „Fortgeltung“ des für das Budgetjahr 2014 zwischen ihr und den Beigeladenen vereinbarten Mehrleistungsabschlags in Höhe von 231.524,- € auch für das Budgetjahr 2015 gebilligt hat, obwohl der am 30. September 2014 vereinbarte Mehrleistungsabschlag 2014 vom Genehmigungsbescheid der Regierung von Oberfranken vom 28. Oktober 2014 nicht umfasst und damit „unwirksam“ gewesen sei, kann sie damit nicht durchdringen. Denn die Argumentation der Klägerin geht von einer unzutreffenden Ausgangssituation aus.
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Auch unter Berücksichtigung der Grundsätze des intertemporalen Verfahrensrechts und unter Außerachtlassung der auf den 18. Oktober 2014 rückwirkenden Einführung der Genehmigungspflichtigkeit des Mehrleistungsabschlags in § 14 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG (2014) war der zwischen ihr und den Beigeladenen für das Budgetjahr 2014 am 30. September 2014 vereinbarte Mehrleistungsabschlag ab diesem Zeitpunkt uneingeschränkt wirksam und konnte folglich von der erst ab dem 18. Oktober 2014 rückwirkend geltenden Genehmigungspflicht nicht mehr erfasst werden. Demzufolge fehlt es bereits an einer lediglich an den formalen Mangel der fehlenden Genehmigung anknüpfenden „Unwirksamkeit“ des für das Jahr 2014 vereinbarten Mehrleistungsabschlags, sodass die hieran anschließende Argumentation der Klägerin ins Leere geht.
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1.1.1 Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG (2009) in der bis zum 17. Oktober 2014 geltenden Fassung war von einer der Vertragsparteien bei der zuständigen Landesbehörde die Genehmigung des vereinbarten oder von der Schiedsstelle nach § 13 festgesetzten landesweit geltende Basisfallwerts nach § 10, des Erlösbudgets nach § 4, der Entgelte nach § 6 und der Zu- und Abschläge nach § 5 zu beantragen. In der Folge erteilte nach § 14 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG (2009) die zuständige Landesbehörde die Genehmigung, wenn die Vereinbarung oder Festsetzung den Vorschriften des Krankenhausentgeltgesetzes sowie sonstigem Recht entsprach.
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Zu den in § 14 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG (2009) von der Genehmigungspflicht erfassten Vereinbarungsgegenständen rechnete der Mehrleistungsabschlag nach § 4 Abs. 2a KHEntgG (2013) bis zur Gesetzesänderung durch das Erste Pflegestärkungsgesetz nicht (so explizit BVerwG U.v. 30.5.2013 – 3 C 16.12 – BVerwGE 146, 377 = BeckRS 2013, 54133 LS und Rn. 21 ff.). Soweit sich der Gegenstand der von einer der Vertragsparteien beantragten Genehmigung auf die Entscheidung einer Schiedsstelle bezog, kam der Schiedsstellenentscheidung nach dem jeweiligen Regelungsgegenstand eine Doppelnatur zu. „Soweit sie genehmigungsbedürftige Festsetzungen enthält, ist sie ein nicht anfechtbarer, interner Mitwirkungsakt, deren Festsetzungen erst durch die Genehmigung verbindlich werden. Diese hat damit allein die einen Verwaltungsakt kennzeichnende Regelungs- und Außenwirkung und ist Anknüpfungspunkt für den Rechtsschutz der Vertragsparteien. (…) Folgt einer Festsetzung der Schiedsstelle hingegen kein Genehmigungsakt nach – wie dies beim Mehrleistungsabschlag der Fall ist –, hat diese Festsetzung selbst den Charakter eines vertragsgestaltenden Verwaltungsakts. (…) Der Gesetzgeber hat sich damit bei genehmigungsfreien Entgeltbestandteilen (auch) nach dem Krankenhausentgeltgesetz für eine Konfliktlösung nach dem „Vereinbarungsprinzip“ außerhalb des Bereichs staatlicher Verwaltung und Justiz entschieden“ (so BVerwG a.a.O. Rn. 27). Folge der unterschiedlichen Reichweite der Genehmigungspflicht ist nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein „gespaltener“ Rechtsschutz. Hinsichtlich eine Vertragspartei in ihren Rechten betreffender, genehmigungspflichtiger Bestandteile der Schiedsstellenvereinbarung besteht die Möglichkeit der Anfechtungsklage gegen die Genehmigungsentscheidung nach § 14 Abs. 1 KHEntgG (2009). Hinsichtlich der nicht genehmigungspflichtigen und daher unmittelbar als vertragsgestaltender Verwaltungsakt wirkenden Festsetzungen der Schiedsstelle, wie beispielsweise gegen die Festsetzung des Mehrleistungsabschlags, ist die Anfechtungsklage unmittelbar gegen die Entscheidung der Schiedsstelle gegeben (so BVerwG a.a.O.).
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Einigen sich die Parteien indes auf der Grundlage des „Vereinbarungsprinzips“, ohne die Schiedsstelle anzurufen, hat dies nach der aufgezeigten Systematik zur Konsequenz, dass diese Vereinbarung, sofern sie genehmigungspflichtige Gegenstände betrifft, erst mit der Genehmigung nach § 14 Abs. 1 KHEntgG a.F. (2009) Wirksamkeit erlangt. Demgegenüber werden nicht genehmigungspflichtige Vereinbarungsgegenstände bereits unmittelbar mit dem Abschluss der Vereinbarung wirksam. Insoweit ist, da sich die Parteien inhaltlich geeinigt haben, kein vertragsgestaltender Verwaltungsakt mehr erforderlich, der einer Einigung erst Wirksamkeit verleihen würde.
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1.1.2 Nachdem sich in der vorliegenden Fallkonstellation die Klägerin und die Beigeladenen mit Abschluss der Vereinbarung vom 30. September 2014 auf einen Mehrleistungsabschlag in Höhe von 231.524,- € für das Budgetjahr 2014 geeinigt (und auch diesbezüglich nicht die Schiedsstelle angerufen) haben, war dieser angesichts der nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung von § 14 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG (2009) nicht genehmigungspflichtig und demzufolge unmittelbar mit Vertragsschluss wirksam. Dass der Gesetzgeber daher durch das Erste Pflegestärkungsgesetz mit der Änderung von § 14 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG (2009) rückwirkend zum 18. Oktober 2014 ohne Übergangsregelung auch für den Mehrleistungsabschlag die Genehmigungspflicht eingeführt hat, zeitigt demzufolge für bereits vor diesem Zeitpunkt wirksam vereinbarte Mehrleistungsabschläge keine Konsequenzen. Denn Änderungen des Verwaltungsverfahrensrechts wirken sich, worauf die Klägerin zutreffend hinweist, nach den Grundsätzen des intertemporalen Verfahrensrechts nur auf laufende, noch nicht abgeschlossene Verwaltungsverfahren aus, sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Entgegen der Annahme der Klägerin war die Vereinbarung zum Mehrleistungsabschlag ohne das Erfordernis eines Genehmigungsverwaltungsakts am 30. September 2014 jedoch definitiv abgeschlossen worden. Mithin fehlt es in ihrer Argumentation in der vorliegenden Fallkonstellation bereits an der „Unwirksamkeit“ des von ihr selbst inhaltlich so vereinbarten Mehrleistungsabschlags für das Budgetjahr 2014. Ihre aus der angeblichen „Unwirksamkeit“ des Mehrleistungsabschlags 2014 gezogenen Schlussfolgerungen für das Budgetjahr 2015 gehen daher ins Leere. Demnach bestehen hinsichtlich der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung auch keine ernstlichen Zweifel, die die Zulassung der Berufung gebieten würden.
31
1.2 Dies gilt gleichermaßen, soweit die Klägerin entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts in der Neufassung von § 4 Abs. 2a Satz 8 KHEntgG (2014) eine echte Rückwirkung sieht, durch die in ihre „Rechtsposition“ aus § 4 Abs. 2a Satz 9 KHEntgG (2013), nämlich die „Garantie“ der Abschlagsfreiheit der Mehrleistungen der Budgetjahre 2013 und 2014 ab dem 1. Januar 2015, unzulässig eingegriffen werde.
32
Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung von § 4 Abs. 2a Satz 8 KHEntgG (2014) im Hinblick auf das Vorliegen einer unzulässigen Rückwirkung hat das Bundesverwaltungsgericht in zwei Parallelverfahren (BVerwG, U.v. 14.4.2021 – 3 C 4.19 – BeckRS 2021, 20407; U.v. 14.4.2021 – 3 C 5.19 – BeckRS 2021, 20409), die jeweils die Genehmigung einer Schiedsstellenentscheidung zum Budgetjahr 2015 zum Gegenstand hatten, entschieden, dass in der Neuregelung keine echte Rückwirkung liege, eine möglicherweise mit der „Verlängerung“ des Mehrleistungsabschlags der Budgetjahre 2013 und 2014 verbundene unechte Rückwirkung hingegen zulässig sei. Zum Nichtvorliegen einer „echten“ Rückwirkung, auf die sich die Klägerin im Zulassungsvorbringen vorliegend allein beruft, hat das Bundesverwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen der genannten Verfahren Folgendes ausgeführt (BVerwG, U.v. 14.4.2021 – 3 C 4.19 – BeckRS 2021, 20407 Rn. 32 ff. insb. 35 ff.):
33
„§ 4 Abs. 2a Satz 8 KHEntgG a.F. hat gegenüber der Klägerin keine echte Rückwirkung.
34
(1) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ergibt sich dies allerdings nicht daraus, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Inkrafttretens der fraglichen Gesetzesänderung am 18. Oktober 2014 (vgl. Art. 4 Abs. 3 des Ersten Pflegestärkungsgesetzes vom 17. Dezember 2014) noch keine Vergütungsansprüche erworben hatte, die durch die Fortgeltung des für das Jahr 2013 ermittelten Mehrleistungsabschlags auch für das Jahr 2015 hätten gemindert werden können. Es trifft zwar zu, dass der Vergütungsanspruch des Krankenhausträgers gegenüber der Krankenkasse erst mit der Inanspruchnahme der Behandlungsleistung durch den Versicherten entsteht (…). Auf die Leistungserbringung ist hier aber nicht abzustellen. § 4 Abs. 2a Satz 8 KHEntgG a.F. knüpft – wie gezeigt – an die Vereinbarung der Mehrleistungen durch die Vertragsparteien an. Maßgeblich für die Beurteilung, ob die Regelung echte Rückwirkung entfaltet, ist daher die Vereinbarung der Mehrleistungen und des Mehrleistungsabschlags durch die Vertragsparteien oder – im Fall der Nichteinigung und Anrufung der Schiedsstelle – die Festsetzung durch die Schiedsstelle.
35
(2) Das Erste Pflegestärkungsgesetz vom 17. Dezember 2014, durch dessen Art. 2b Nr. 1 Buchst. b die Geltung des für 2013 ermittelten Mehrleistungsabschlags von zwei auf drei Jahre verlängert wurde, ist am 23. Dezember 2014 verkündet worden (BGBl. I S. 2222). Dass Art. 2b des Ersten Pflegestärkungsgesetzes mit Wirkung vor dem Zeitpunkt seiner Verkündung in Kraft gesetzt wurde, bewirkte gegenüber der Klägerin keine unzulässige Rückwirkung. Weder der Abschluss der Vereinbarung über die Mehrleistungen und den Mehrleistungsabschlag für ihr Krankenhaus für das Jahr 2013, noch die Vereinbarung über die Mehrleistungen für das Jahr 2015 und die Festsetzung des Mehrleistungsabschlags für das Jahr 2015 fielen in den Zeitraum zwischen der Verkündung und dem rückwirkenden Inkrafttreten des § 4 Abs. 2a Satz 8 KHEntgG a.F. am 18. Oktober 2014. Die Vereinbarung für das Jahr 2013 wurde im September 2013 getroffen, die Vereinbarung bzw. die Festsetzung für das Jahr 2015 erfolgten im Januar 2016 bzw. am 20. September 2016. In Bezug auf den für das Jahr 2014 ermittelten Mehrleistungsabschlag hat die Klägerin nicht geltend gemacht, dass § 4 Abs. 2a Satz 8 KHEntgG a.F. ihr gegenüber echte Rückwirkung entfaltet hätte.
36
Im Übrigen dürfte es sich bei dem rückwirkenden Inkraftsetzen um eine zulässige Rückwirkung handeln. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssen die von der Regelungsänderung Betroffenen vom Tag des Gesetzesbeschlusses des Bundestages an (hier: 17. Oktober 2014) mit deren Verkündung und Inkrafttreten rechnen. Der Gesetzgeber darf deshalb den zeitlichen Anwendungsbereich der geänderten Regelung auch auf den Zeitraum vom Tag nach dem Gesetzesbeschluss bis zur Verkündung erstrecken (…).
37
(3) § 4 Abs. 2a Satz 8 KHEntgG a.F. greift hinsichtlich des für das Krankenhaus der Klägerin für das Jahr 2013 ermittelten Mehrleistungsabschlags nicht nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd ein.
38
Der vereinbarte Mehrleistungsabschlag für den abgelaufenen Vereinbarungszeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2013 wird durch die Regelung nicht geändert. Ebenso wenig bewirkt sie eine Änderung der im Erlösbudget für 2013 vereinbarten Mehrleistungen, die Grundlage für die Ermittlung des Mehrleistungsabschlags für das Jahr 2013 waren. § 4 Abs. 2a Satz 8 KHEntgG a.F. trifft Regelungen für die Vereinbarung des Mehrleistungsabschlags ab dem Kalenderjahr 2015 und damit für Entgeltzeiträume, die nach der Verkündung der Norm liegen (…). Anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil der Mehrleistungsabschlag für das Jahr 2013 auf die vereinbarten Mehrleistungen des Jahres 2013 zurückgeht. Die Regelung ist – wie gezeigt – dahin auszulegen, dass der für das Jahr 2013 ermittelte Mehrleistungsabschlag für das Jahr 2015 nur gilt, wenn und soweit die Mehrleistungen des Jahres 2013 erneut vereinbart werden, also Teil des Erlösbudgets für das Jahr 2015 sind. Danach bewirkt die Regelung auch insoweit nur Rechtsfolgen für einen Entgeltzeitraum, der nach dem Zeitpunkt ihrer Verkündung liegt.
39
(4) Der Einwand der Klägerin, sie habe bei der Vereinbarung des Mehrleistungsabschlags für das Jahr 2013 aufgrund der damaligen Rechtslage von einer maximal zweijährigen Geltungsdauer des Abschlags ausgehen dürfen und daran die Entgeltverhandlungen mit den Beigeladenen sowie ihre wirtschaftlichen Dispositionen ausgerichtet, führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Die Klägerin übersieht dabei, dass von § 4 Abs. 2a Satz 8 KHEntgG a.F. ausschließlich Rechtsfolgen für künftige Entgeltzeiträume ausgehen. Die geltend gemachten Vorstellungen, Erwartungen oder Dispositionen, die die Klägerin im Jahr 2013 mit der Vereinbarung der Mehrleistungen und des Mehrleistungsabschlags 2013 in Bezug auf die Entgeltzeiträume 2013 und 2014 verbunden hat, werden durch die Regelung nicht nachträglich geändert bzw. enttäuscht.“
40
Damit wendet sich das Bundesverwaltungsgericht zugleich gegen die Auffassung der Klägerin, § 4 Abs. 2a Satz 8 in Verbindung mit Satz 9 KHEntgG (2013) vermittle ihr eine Rechtsposition bzw. eine „Garantie“ auf zukünftige Abschlagsfreiheit der Mehrleistungen ab dem 1. Januar 2015, die bereits im Zeitpunkt der Vereinbarung der Mehrleistungsabschläge für die Budgetjahre 2013 und 2014 entstehe, sodass die Neuregelung in bereits „abgeschlossene“ Sachverhalte nachträglich ändernd eingreife und es sich mithin um eine „echte“ Rückwirkung handle. § 4 Abs. 2a Satz 9 KHEntgG (2013), wonach die Leistungen nach § 4 Abs. 2a Sätze 1 und 2 KHEntgG (2013) „nach Ablauf der Geltung des jeweiligen Mehrleistungsabschlags in den Erlösbudgets für die Folgejahre jeweils in Höhe des ungekürzten Landesbasisfallwerts zu vereinbaren“ seien, kommt vielmehr allein eine zukunftsgerichtete Funktion zu. Sofern diesbezüglich überhaupt eine „unechte“ Rückwirkung bzw. „tatbestandliche Rückanknüpfung“ vorliegen sollte – worauf sich die Klägerin mit ihrem Zulassungsvorbringen indes nicht beruft –, sei diese jedenfalls gerechtfertigt (so BVerwG, a.a.O. Rn. 43 ff.):
41
„Es liegt auch keine unzulässige unechte Rückwirkung vor.
42
(1) § 4 Abs. 2a Satz 8 KHEntgG a.F. regelt hinsichtlich des Mehrleistungsabschlags für den Entgeltzeitraum 2015, dass im Fall eines für das Jahr 2013 ermittelten Mehrleistungsabschlags dieser auch bei der Festlegung des Mehrleistungsabschlags für das Jahr 2015 zu berücksichtigen ist, wenn und soweit die für 2013 vereinbarten Mehrleistungen auch für 2015 noch vereinbart werden. Darin lässt sich eine tatbestandliche Rückanknüpfung sehen, weil die in der Norm bestimmte Rechtsfolge tatbestandlich an einen bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt anknüpft (OVG Lüneburg, Beschluss vom 25. Februar 2020 – 13 LA 50/19 – GesR 2021, 35 Rn. 27). Das genügt jedoch nicht für die Annahme einer unechten Rückwirkung. Hinzukommen muss, dass der ins Werk gesetzte Sachverhalt noch nicht abgeschlossen ist sowie durch die Rechtsänderung eine nach altem Recht erreichte Position entwertet wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Juni 2020 – 1 BvR 1679/17 u.a. – NVwZ-RR 2021, 177 Rn. 130). Die bloße Erwartung, die alte Rechtslage werde fortbestehen, genießt grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Schutz (BVerfG, Beschlüsse vom 10. Oktober 2012- 1 BvL 6/07 – BVerfGE 132, 302 Rn. 45 m.w.N. und vom 30. Juni 2020 – 1 BvR 1679/17 u.a. – a.a.O. Rn. 125). Eine betroffene Position im Sinne der unechten Rückwirkung liegt daher nur vor, wenn für den Betroffenen eine rechtlich konturierte Situation entstanden ist, die sich von der Situation bloß genereller Rechtsunterworfenheit abhebt (BVerfG, Beschluss vom 30. Juni 2020 – 1 BvR 1679/17 u.a. – a.a.O. Rn. 139).
43
Dass § 4 Abs. 2a Satz 8 KHEntgG i.d.F. des PsychEntgG der Klägerin eine Rechtsposition im genannten Sinne vermittelt hätte, ist nicht zweifelsfrei. Aus der Regelung selbst lässt sie sich nicht ohne Weiteres ableiten. Allerdings bestimmte § 4 Abs. 2a Satz 9 KHEntgG i.d.F. des PsychEntgG, dass Mehrleistungen nach Ablauf der jeweiligen Geltungsdauer des Mehrleistungsabschlags in den Erlösbudgets für die Folgejahre in Höhe des ungekürzten Landesbasisfallwerts zu vereinbaren waren. Andererseits mag zwar der Hinweis in den Gesetzesmaterialien, ab 2015 entfalle der Mehrleistungsabschlag (BT-Drs. 17/9992 S. 18, 26), den von der Regelung Betroffenen Anlass zu der Erwartung gegeben haben, dass die bisherige Regelung auslaufen werde. Die Materialien haben aber zugleich erkennen lassen, dass der Gesetzgeber von einer Anschlussregelung zur Mengensteuerung ausging (BT-Drs. 17/9922 S. 18, 22, 26). Das lässt fraglich erscheinen, ob hier mehr betroffen ist als bloß die allgemeine Erwartung einer zukünftig günstigen Rechtslage.
44
(2) Die Frage bedarf keiner abschließenden Klärung. Liegt eine unechte Rückwirkung vor, erweist sie sich als verfassungsrechtlich zulässig.
45
Grenzen der grundsätzlichen Zulässigkeit von unecht rückwirkenden Gesetzen ergeben sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsgebot. Diese Grenzen sind erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (BVerfG, Beschlüsse vom 10. Oktober 2012 – 1 BvL 6/07 – BVerfGE 132, 302 Rn. 43 und vom 30. Juni 2020 – 1 BvR 1679/17 u.a. – NVwZ-RR 2021, 177 Rn. 131, jeweils m.w.N.). Gesetze, auf die ein schutzwürdiges Vertrauen des Einzelnen gründet, dürfen nicht ohne besondere und überwiegende Gründe des öffentlichen Interesses rückwirkend geändert werden; der Einzelne kann sich jedoch dann nicht auf Vertrauensschutz berufen, wenn das Vertrauen auf den Fortbestand einer ihm günstigen Regelung eine Rücksichtnahme durch den Gesetzgeber billigerweise nicht beanspruchen darf (BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. September 2016 – 1 BvR 1299/15 – NVwZ 2017, 702 Rn. 24). Für die Gewichtung der Gründe des Gesetzgebers bleibt von Bedeutung, dass Normen mit unechter Rückwirkung grundsätzlich zulässig sind, gerade weil der Gesetzgeber weiten Spielraum benötigt, um in demokratischer Verantwortung seinen Gemeinwohlverpflichtungen gerecht werden zu können (BVerfG, Beschluss vom 30. Juni 2020 – 1 BvR 1679/17 u.a. – a.a.O. Rn. 132 m.w.N.).
46
Gemessen daran genügt § 4 Abs. 2a Satz 8 KHEntgG a.F. den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtfertigung unechter Rückwirkung. Wie bereits dargelegt, dient die Regelung einem legitimen Zweck, sie ist geeignet und erforderlich, diesen Zweck zu erreichen, und sie ist zumutbar. Sie verstößt auch nicht gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Das von der Klägerin geltend gemachte Vertrauen in eine bloß zweijährige Geltungsdauer des für das Jahr 2013 ermittelten Mehrleistungsabschlags überwiegt nicht die Veränderungsgründe des Gesetzgebers. In Rechtsgebieten, in denen es häufig oder gar in regelmäßigen Abständen zu Rechtsänderungen kommt, kann auf den Bestand der Rechtslage ohnehin weniger vertraut werden als in Rechtsgebieten, die durch eine relative Stabilität des geltenden Rechts geprägt sind (BVerfG, Beschluss vom 30. Juni 2020 – 1 BvR 1679/17 u.a. – NVwZ-RR 2021, 177 Rn. 133). Das Krankenhausentgeltrecht ist ein Rechtsgebiet, in dem es regelmäßig und in kurzen Abständen zu Rechtsänderungen und -anpassungen kommt. Das trifft gerade auch auf die Regelung über den Mehrleistungsabschlag zu (vgl. zur Gesetzeshistorie auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 25. Februar 2020 – 13 LA 50/19 – GesR 2021, 35 Rn. 37). Den Parlamentsmaterialien zum Psych-Entgeltgesetz konnte die Klägerin entnehmen, dass die Leistungsmengenentwicklung auch ab 2015 einer gesetzlichen Steuerung unterliegen und erst nach Vorlage des gemäß § 17b Abs. 9 KHG a.F. einzuholenden Gutachtens darüber entschieden werden sollte, inwieweit die bestehenden Regelungen zum Mehrleistungsabschlag durch alternative Maßnahmen ersetzt werden könnten (BT-Drs. 17/9992 S. 22, 26). Danach konnte die Klägerin ein Tätigwerden des Gesetzgebers nicht ausschließen, durch das er die Entwicklung der Leistungsmenge weiterhin regulieren und Leistungssteigerungen beschränken würde. Ebenso wenig durfte sie ausschließen, dass es übergangsweise zu einer Verlängerung des Mehrleistungsabschlags kommen könnte, falls die Auswertung der Ergebnisse des Gutachtens, die Diskussion über die Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen sowie das gesetzgeberische Tätigwerden nicht vor Ablauf des Jahres 2014 abgeschlossen sein würden.“
47
Angesichts des vorstehend vom Bundesverwaltungsgericht Ausgeführten, dem der Senat folgt, kann die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, die aus der fehlerhaften Verneinung einer echten Rückwirkung durch die Neuregelung in § 4 Abs. 2a Satz 8 KHEntgG (2014) resultieren sollen, nicht begründen, sodass die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ausscheidet.
48
2. Die vorliegende Rechtssache weist entgegen der Auffassung der Klägerin auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf.
49
Soweit sie zunächst besondere rechtliche Schwierigkeiten wiederum in der „Rückwirkungsthematik“ verortet sieht, da im vorliegenden Fall diverse Gesetzesänderungen aufeinander aufbauen und Vereinbarungen und Genehmigungen sich über einen längeren Zeitraum erstrecken würden, ferner eine Komplizierung darin liege, dass zweimal die Schiedsstelle angerufen werden musste, schließlich das Verwaltungsgericht die Bedeutung von § 4 Abs. 2a Satz 9 KHEntgG (2013) für die Rückwirkungsfrage nicht erkannt habe, kann sie damit die Zulassung der Berufung nicht erwirken. Angesichts der im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts speziell zur Frage der Rückwirkung von § 4 Abs. 2a Satz 8 KHEntgG (2013) und der generellen dogmatischen Ausgestaltung des Rückwirkungsverbots durch die bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung legt die Klägerin keine „schwierigen“ Rechtsfragen dar, die sich nicht bereits im Zulassungsverfahren beantworten ließen und die demzufolge der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedürften.
50
Dies gilt gleichermaßen, soweit die Klägerin sich auf die „Schwierigkeit der Genehmigungspflicht bezüglich des Mehrleistungsabschlags 2014“ beruft. Wie sub 1.1 ausgeführt, wird die Wirksamkeit des für das Budgetjahr 2014 am 30. September 2014 vereinbarten Mehrleistungsabschlags durch die zwei Monate zurückwirkende nachträgliche Einführung eines Genehmigungserfordernisses nicht tangiert. Möglicherweise schwierige Rechtsfragen im Hinblick auf das intertemporale Verfahrensrecht stellen sich daher im vorliegenden Fall nicht.
51
3. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
52
3.1 Soweit die Klägerin zunächst die Frage, ob „die Bestimmung des § 4 Abs. 2a Satz 8 KHEntgG in der Fassung des PSG I verfassungsgemäß [ist], insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Rückwirkung auf bereits abgeschlossene Budgetvereinbarungen 2013 und 2014 und insofern auf die zwischen den Parteien verbindlich vereinbarten Mehrleistungsabschläge sowie im Hinblick auf die durch § 4 Abs. 2a Satz 9 KHEntgG i.d.F. des Psych-Entgeltgesetzes vom 21.7.2012 garantierte Abschlagsfreiheit ab dem 1.1.2015“, für grundsätzlich klärungsbedürftig erachtet, kann sie damit nicht durchdringen. So trifft angesichts der Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. April 2021 (BVerwG, U.v. 14.4.2021 – 3 C 4.19 – BeckRS 2021, 20407; U.v. 14.4.2021 – 3 C 5.19 – BeckRS 2021, 20409) bereits die Annahme der Klägerin nicht zu, dass die formulierte Fragestellung „noch nicht letztinstanzlich entschieden wurde“. Insoweit kann auf die Ausführungen oben sub 1.2 verwiesen werden. Dass gegen eines der zitierten Urteile des Bundesverwaltungsgerichts Verfassungsbeschwerde erhoben wurde, über die augenscheinlich bislang noch nicht entschieden ist, macht die von der Klägerin aufgeworfene „Rückwirkungsthematik“ nicht erneut im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich klärungsbedürftig, nachdem es sich bei der Verfassungsbeschwerde um einen außerordentlichen Rechtsbehelf handelt. Weshalb das Bundesverwaltungsgericht die verfassungsrechtliche Frage der Rückwirkung einer gesetzlichen Regelung nicht abschließend entscheiden können soll, legt die Klägerin ebenfalls nicht dar.
53
3.2 Auch der weiteren aufgeworfenen Frage, ob der Mehrleistungsabschlag 2014 der Genehmigung bedurfte und er bei fehlender Genehmigung in 2015 weiter erhoben werden durfte, kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu. Wie bereits oben sub 1.1 gezeigt, stellt sich die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit eines am 30. September 2014 vereinbarten Mehrleistungsabschlags angesichts einer rückwirkend ab dem 18. Oktober 2014 geltenden Gesetzesänderung nicht entscheidungserheblich, sodass die Berufungszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache ausscheidet.
54
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung war daher mangels durchgreifender Zulassungsgründe insgesamt abzulehnen.
55
4. Die Klägerin trägt nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens. Angesichts des Umstands, dass die Beigeladenen im Berufungszulassungsverfahren keinen Antrag gestellt haben und auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt waren, gebietet es billiges Ermessen im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen. Der Streitwert bemisst sich vorliegend nach § 47 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG. Mit der Ablehnung des Berufungszulassungsantrags wird das verwaltungsgerichtliche Urteil nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig.
56
Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.