Inhalt

VG München, Urteil v. 20.03.2023 – M 5 K 22.188
Titel:

Keine Anerkennung der Leukämieerkrankung eines Physiklehrers als Berufskrankheit

Normenkette:
BayBeamtVG Art. 46 Abs. 3
Leitsätze:
1. Der Beamte/die Beamtin ist der Gefahr der Erkrankung an einer bestimmten Krankheit besonders ausgesetzt, wenn er/sie eine Tätigkeit ausübt, die erfahrungsgemäß eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Erkrankung infolge des Dienstes in sich birgt; dabei kommt es nicht auf den generellen Inhalt der Dienstaufgaben, sondern darauf an, ob die konkret ausgeübte dienstliche Verrichtung ihrer Art nach und im Besonderen nach den zur fraglichen Zeit tatsächlich bestehenden Verhältnissen und Begleitumständen die besondere Gefährdung mit sich gebracht hat. (Rn. 21 – 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Da sich der Gesetzgeber bei der Regelung der Berufskrankheit in Art. 46 Abs. 3 S. 1 BayBeamtVG dafür entschieden hat, auf die Art der dienstlichen Verrichtung abzustellen, sind für die Frage, ob der Beamte der Gefahr der Erkrankung besonders ausgesetzt war, gerade nicht die sonstigen dienstlichen Bedingungen ausschlaggebend, unter denen die Tätigkeit verrichtet wird. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Dienstunfallfürsorge kommt selbst dann nicht in Betracht, wenn die gesundheitsschädigende Dauereinwirkung der dienstlichen Sphäre entstammt, wie zB der Beschaffenheit des Dienstzimmers und damit dem Ort der Verrichtung, da sie gerade nicht die Art der dienstlichen Verrichtung betrifft (ebenso VGH München BeckRS 1995, 8989); solche Erkrankungen sind der Risikosphäre des Beamten zuzuordnen, in denen sich letztlich das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht hat. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Dienstunfall, Erben, Aktivlegitimation, Berufserkrankung, Physiklehrer, Leukämieerkrankung, Formaldehydbelastung der Physiksäle, nach Art der Tätigkeit keine besondere Gefährdung, dienstliche Sphäre, allgemeines Lebensrisiko, Risikosphäre des Beamten
Fundstelle:
BeckRS 2023, 5966

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Der 1967 geborene frühere Kläger stand bis zu seinem Tod am … März 2022 als Beamter auf Lebenszeit in Diensten des Beklagten. Er war an einer Realschule als Lehrkraft für Physik tätig. Er erkrankte im November 2019 an Leukämie. Er führte die Erkrankung darauf zurück, dass in den Physikräumen, in denen er von 2006 bis 2019 tätig gewesen sei, nach Aktenlage im Jahr 2014 eine erhöhte Konzentration an Formaldehyd gemessen worden sei.
2
Am … August 2021 beantragte er die Anerkennung der Leukämie-Erkrankung als Dienstunfall. Das Landesamt für Finanzen lehnte den Antrag mit Bescheid vom … September 2021 ab. Ein Unfallereignis könne nicht nachgewiesen werden. Der Schulleiter habe angegeben, dass die Messung der erhöhten Formaldehydwerte in den Pfingstferien erfolgt sei. Bei einer weiteren Messung bei Lüftung der Räume seien unbedenkliche Werte dieses Stoffes gemessen worden. Das Landesamt für Lebensmittelsicherheit habe am … Oktober 2014 mitgeteilt, dass die Richtwerte für Formaldehyd zwar überschritten würden, die angegebenen Richtwerte aber hinreichenden Schutz vor krebserzeugender Wirkung bieten würden. Es liege auch kein Dienstunfall durch Anerkennung einer Berufserkrankung vor. Denn die Art der dienstlichen Tätigkeit habe keine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Erkrankung infolge des Dienstes umfasst. Die räumlichen Bedingungen seien hiervon nicht erfasst. Der Bescheid wurde am ... Oktober 2021 zur Post gegeben.
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Der von der Klagepartei am … Oktober 2021 erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom … Dezember 2021 zurückgewiesen. Es liege kein Dienstunfall vor. Insbesondere die Art der dienstlichen Tätigkeit umfasse die spezifische Tätigkeit eines Beamten, aber nicht die räumlichen Bedingungen. Der Widerspruchsbescheid wurde am … Dezember 2021 zugestellt.
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Am 13. Januar 2022 hat die Klagepartei Klage erhoben und beantragt,
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1. Der Bescheid des Beklagten vom … September 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom … Dezember 2021 wird aufgehoben.
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2. Der Beklagte wird verpflichtet,
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a) die gemeldete Leukämieerkrankung des Klägers als Berufskrankheit anzuerkennen und ihm hieraus beamtenrechtliche Fürsorgeleistungen zu gewähren,
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b) hilfsweise: über die Anerkennung der gemeldeten Leukämieerkrankung des Klägers als Berufskrankheit neu zu entscheiden unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
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Bei Messungen am … Juni 2014 sei eine „extrem auffällige“ Konzentration an Formaldehyd in den Physik-Unterrichtsräumen festgestellt worden, ebenso 2008 und 2011. Obwohl der Kläger nichts unversucht gelassen habe, auf das damit verbundene gesundheitliche Risiko hinzuweisen und sich um Abhilfe bemüht habe, seien die kontaktierten Stellen untätig geblieben. Formaldehyd sei als giftig und krebserregend bekannt. Es sei daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen, dass bei langjähriger übermäßiger Formaldehydbelastung eine Krebserkrankung beim Kläger auftrete. Realisiere sich ein solches Gesundheitsrisiko in Form einer Krebserkrankung, so müsse aus der staatlichen Schutzpflicht auch erwachsen, dass diese Krankheit als Berufskrankheit anerkannt werde.
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Das Landesamt für Finanzen hat die Akten vorgelegt und beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Bei der Frage, ob eine Berufskrankheit vorliege, sei auf die Art des Dienstes abzustellen, also die konkrete dienstliche Verrichtung und nicht auf die sonstigen dienstlichen Bedingungen, unter denen der Dienst verrichtet werde. Im Übrigen seien die Formaldehydbelastungen unterhalb des Richtwertes gelegen, dessen Überschreitung als gesundheitlich bedenklich einzustufen sei.
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Am … März 2022 verstarb der Beamte. Die Erben des Beamten führen das Klageverfahren fort. Diese haben die Witwe des Beamten zur gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung in der streitgegenständlichen Angelegenheit bevollmächtigt.
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Mit Beschluss vom 22. April 2022 wurde die Streitsache auf den Einzelrichter übertragen. Am 20. März 2023 fand mündliche Verhandlung statt.
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Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Niederschrift vom 20. März 2023 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Die Kläger haben keinen Anspruch auf Anerkennung der Erkrankungen des verstorbenen früheren Klägers als Berufskrankheit i.S.d. Art. 46 Abs. 3 des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes (BayBeamtVG) i.V.m. der Berufskrankheiten-Verordnung (BK-VO). Der Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom … September 2012 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom … Dezember 2021 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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1. Die Kläger sind als Erben des verstorbenen Beamten aktivlegitimiert. Denn es geht im vorliegenden Rechtsstreit um die Anerkennung der Erkrankung als Berufskrankheit, womit Unfallfürsorgeleistungen an die Hinterbliebenen verbunden sein können (Art. 45 Abs. 2 Nr. 5, Art. 58 bis 61 BayBeamtVG). Es wird gerade nicht nur die Geltendmachung einer unvererblichen konkreten Unfallfürsorgeleistung wie den Unfallausgleich nach Art. 45 Abs. 2 Nr. 2, Art. 52 BayBeamtVG geltend gemacht (vgl. hierzu: VG Schleswig, U.v. 26.3.2015 – 12 A 81/14 – juris Rn. 24).
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2. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Anerkennung der Krebserkrankung des verstorbenen früheren Klägers als Berufskrankheit i.S.d. Art. 46 Abs. 3 des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes (BayBeamtVG) i.V.m. der Berufskrankheiten-Verordnung (BK-VO). Nach Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG gilt auch die Erkrankung an einer in Anlage 1 der BK-VO genannten Krankheit als Dienstunfall, wenn der Beamte oder die Beamtin nach der Art seiner oder ihrer dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung besonders ausgesetzt war, es sei denn, dass der Beamte oder die Beamtin sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat.
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Die Kläger machen vorliegend geltend, dass der Physikräume der Realschule R. durch Formaldehyd kontaminiert gewesen wären und der dienstliche Aufenthalt dort beim verstorbenen Kläger eine Leukämieerkrankung verursacht habe. Dies sei dem Beklagten bekannt gewesen, er habe hiergegen jedoch über Jahre nichts unternommen, weshalb der verstorbene Lehrer diesem besonderen Gesundheitsrisiko ausgesetzt gewesen sei.
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a) Eine Anerkennung der Leukämie-Erkrankung des früheren Klägers als Berufserkrankung scheitert daran, dass Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG für die Anerkennung einer Erkrankung i.S.d. Anlage 1 zur BK-VO als Dienstunfall voraussetzt, dass der Beamte/die Beamtin nach der Art seiner/ihrer dienstlichen Verrichtung der Gefahr einer solchen Erkrankung besonders ausgesetzt war. Der Beamte/die Beamtin ist der Gefahr der Erkrankung an einer bestimmten Krankheit besonders ausgesetzt, wenn er/sie eine Tätigkeit ausübt, die erfahrungsgemäß eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Erkrankung infolge des Dienstes in sich birgt.
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Dabei kommt es nicht auf den generellen Inhalt der Dienstaufgaben, sondern darauf an, ob die konkret ausgeübte dienstliche Verrichtung ihrer Art nach und im Besonderen nach den zur fraglichen Zeit tatsächlich bestehenden Verhältnissen und Begleitumständen die besondere Gefährdung mit sich gebracht hat (Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsgesetz, Stand: Dezember 2022, Erl. 254 zu § 31). Diese besondere Gefährdung muss für die dienstliche Verrichtung typisch und in erheblich höherem Maße als bei der übrigen Bevölkerung vorhanden sein (vgl. BayVGH, U.v. 27.9.1993 – 3 B 92.1526; U.v.17.5.1995 – 3 B 94.3181 – juris Rn. 20; Nr. 46.3.2 der Bayerischen Verwaltungsvorschriften zum Versorgungsrecht / BayVV-Versorgung vom 20. September 2012, FMBl 2012, S. 394). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG (und damit auch Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG) zwar nicht voraus, dass die durch die Art der dienstlichen Verrichtung hervorgerufene Gefährdung generell den Dienstobliegenheiten anhaftet. Vielmehr genügt es, wenn die eintretende Gefährdung der konkreten dienstlichen Verrichtung ihrer Art nach eigentümlich ist, allerdings nur dann, wenn sich die Erkrankung als typische Folge des Dienstes darstellt. Maßgeblich kommt es darauf an, ob die von dem Beamten zum Zeitpunkt der Erkrankung ausgeübte dienstliche Tätigkeit erfahrungsgemäß eine hohe Wahrscheinlichkeit der Erkrankung gerade an dieser Krankheit in sich birgt (vgl. BVerwG, B.v. 15.5.1996 – 2 B 106/95 – juris Rn. 6 m.w.N.; OVG NW, B.v. 16.12.2008 – 21 A 2244/07 – juris Rn. 5 f. m.w.N.).
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Da sich der Gesetzgeber in Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG dafür entschieden hat, auf die Art der dienstlichen Verrichtung abzustellen, sind für die Frage, ob der Beamte der Gefahr der Erkrankung besonders ausgesetzt war, gerade nicht die sonstigen dienstlichen Bedingungen ausschlaggebend, unter denen die Tätigkeit verrichtet wird. Zu diesen sonstigen dienstlichen Bedingungen zählt auch die Beschaffenheit der Diensträume. Eine andere Interpretation der Vorschrift würde zur unzulässigen Ersetzung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals der „Art der dienstlichen Verrichtung“ etwa durch das Tatbestandsmerkmal „dienstliche Verrichtung unter besonderen räumlichen Bedingungen“ führen. Die besondere Dienstbezogenheit der Erkrankung nach Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG begrenzt den Dienstunfallschutz wesentlich. Für die spezifische Dienstbezogenheit genügt es nicht, dass der Beamte nur „in Ausübung oder infolge“ des Dienstes erkrankt. Greift der eng umgrenzte Bereich des Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG tatbestandlich nicht ein, kommt Dienstunfallfürsorge selbst dann nicht in Betracht, wenn die gesundheitsschädigende Dauereinwirkung der dienstlichen Sphäre entstammt. Schädliche Einwirkungen, die von der Beschaffenheit des Dienstzimmers und damit vom Ort der Verrichtung ausgehen, scheiden daher aus, weil sie gerade nicht die Art der dienstlichen Verrichtung betreffen (vgl. BayVGH, U.v. 17.5.1995 – 3 B 94.3113 – BayVBl. 1995, 727; U.v. 17.5.1995 – 3 B 94.3181 – ZBR 1996, 343, juris Rn. 20 ff.; OVG RhPf, U.v. 16.2.1996 – 2 A 11573/95 – NVwZ-RR 1997,45, juris; OVG NW, B.v. 16.12.2008 – 21 A 2244/07 – juris Rn. 7; VG Wiesbaden, U.v. 31.3.2011 – 1 K 156/10.WI – juris Rn. 23). Damit sind solche Erkrankungen der Risikosphäre des Beamten zuzuordnen, in denen sich letztlich das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht hat, selbst wenn die Verwirklichung desselben in einem ursächlichen Zusammenhang mit Diensträumen und damit dem Dienstort in dem Sinne steht, dass sie nicht oder nicht so eingetreten wäre, wenn der Beamte nicht an dem konkreten Dienstort Dienst geleistet hätte. Zwar kann der Beamte den Ort der Dienstleistung und insbesondere die Diensträume nicht selbst bestimmen, sondern hat sich insoweit grundsätzlich, d.h. mit gewissen Einschränkungen, den Weisungen des Dienstherrn zu fügen. Dass das Risiko einer Erkrankung infolge schädlicher Dauereinwirkungen am Arbeitsplatz dennoch in die Sphäre des Beamten verwiesen wird, rechtfertigt sich daraus, dass dieser auch ohne Leistungen der Dienstunfallfürsorge nicht in Not gerät, weil ihn der Dienstherr ohnehin zu alimentieren und ihm unter Fürsorgegesichtspunkten Beihilfe zu leisten hat (vgl. OVG RhPf, U.v. 16.2.1996 – 2 A 11573/95 – NVwZ-RR 1997,45, juris; zum Ganzen: VG Würzburg, U.v. 21.4.2015 – W 1 K 13.1007 – juris Rn. 27). Des Weiteren besteht die Möglichkeit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Dienstherrn wegen Verletzung der Fürsorgepflicht (vgl. BayVGH, U.v. 17.5.1995 – 3 B 94.3181 – ZBR 1996, 343, juris Rn. 23; vgl. zum Ganzen auch: VG München, U.v. 18.1.2022 – M 5 K 19.5691 – juris Rn. 28 ff.).
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b) Gemessen an diesen Grundsätzen kommt eine Anerkennung der geltend gemachten Leukämieerkrankung des verstorbenen früheren Klägers aufgrund der Formaldehydbelastung der Physik-Unterrichtsräume der Schule als Berufserkrankung nicht in Betracht. Er war – wie oben dargelegt – durch die Beschaffenheit der Unterrichtsräume nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung keiner besonderen Gefährdung ausgesetzt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass Lehrer aufgrund der Art ihrer dienstlichen Tätigkeit in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung der Gefahr von Erkrankungen aufgrund des Aufenthaltes in schadstoffbelasteten Räumen ausgesetzt sind (OVG NW, B.v. 16.12.2008 – 21 A 2244/07 – juris Rn. 7 ff.). Nach den gesetzlichen Vorgaben ist allein auf die Art der dienstlichen Verrichtung abzustellen und nicht auf die sonstigen dienstlichen Bedingungen, zu denen etwa die Beschaffenheit der Diensträume zählt.
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Etwas Anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der verstorbene Kläger auf die Belastung der Unterrichtsräume mit Formaldehyd hingewiesen und auf eine Absenkung der Schadstoffbelastung gedrängt hat. Denn nach Bekanntwerden der Formaldehydbelastung wurde durch die Schulleitung wie den Sachaufwandsträger der Schule reagiert. Insbesondere das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit hat mit Schreiben an das Landratsamt – Gesundheitsamt – vom … Oktober 2014 festgehalten, dass Stoßlüften sowie regelmäßige Reinigung der belasteten Unterrichtsräume unter gesundheitlichen Vorsorgeaspekten ausreichend seien (Bl. 31 ff. der Behördenakte). Spätere Messergebnisse – nach Lüftung der Räume – hätten eine Formaldehydbelastung ergeben, die sich im unbedenklichen Bereich bewegt habe (Stellungnahme des Schulleiters vom 23.9.2021, Bl. 22 der Behördenakte). Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Dienstherrn, der eine nach dem Stand der Wissenschaft und Technik gesundheitlich bedenkliche Formaldehydbelastung der Unterrichtsräume bewusst negiert und den verstorbenen Kläger bewusst einem massiven Gesundheitsrisiko ausgesetzt hätte, liegt daher nicht vor. Daher kommt auch eine Beweiserleichterung durch einen Anscheinsbeweis – wie von der Klagepartei in der mündlichen Verhandlung angeregt – vorliegend nicht in Betracht.
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c) Es kommt damit nicht in entscheidungserheblicher Weise darauf an, ob weitere Gründe dem geltend gemachten Klageanspruch entgegenstehen. Das gilt insbesondere für den vom Beklagten eingeworfenen Umstand, dass die Erkrankung des Klägers nicht in der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung aufgeführt sei.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).