Inhalt

VG München, Beschluss v. 27.03.2023 – M 10 S 22.2410
Titel:

Hausmüllentsorgung, Anordnung zur Eigenbereitstellung von Müll- und Wertstoffbehältern, Rampenneigung, Unfallverhütungsvorschriften, Arbeitsschutz

Normenkette:
§ 11 Abs. 1 i.V.m. § 6 Satzung über die Hausmüllentsorgung der Landeshauptstadt München (Hausmüllentsorgungssatzung) vom 12. Dezember 2001 in der Fassung der letzten Änderung vom 8. September 2021
Schlagworte:
Hausmüllentsorgung, Anordnung zur Eigenbereitstellung von Müll- und Wertstoffbehältern, Rampenneigung, Unfallverhütungsvorschriften, Arbeitsschutz
Fundstelle:
BeckRS 2023, 5947

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine Anordnung zur Eigenbereitstellung von Müll- und Wertstoffbehältern.
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Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines mit einem Reihenhaus bebauten Grundstücks im Stadtgebiet der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin betreibt durch ihren Abfallwirtschaftsbetrieb die Hausmüllentsorgung als öffentliche Einrichtung mit Anschluss- und Benutzungszwang.
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Im Anwesen der Antragstellerin befindet sich im Kellergeschoss ein kleiner Nebenraum, in welchem Müll- und Wertstoffbehälter aufgestellt sind. Die Tür des Abfallraums öffnet sich nach außen hin zu einer Rampe, über die auch die im Keller befindliche Garage befahren wird. Zwischen dem Anwesen und der angrenzenden öffentlichen Verkehrsfläche verläuft eine Privat straße, über die die Zufahrt zum Anwesen der Antragstellerin wie auch zu mehreren Nachbaranwesen erfolgt. Die Abfallbehältnisse wurden bisher von den Müllwerkern des Abfallwirtschaftsbetriebs zur Leerung über die Rampe hochgezogen bis zur öffentlichen Straße und anschließend wieder unten abgestellt.
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Aufgrund mehrerer Ortsbesichtigungen und Vermessungen der Zugangssituation über die Rampe ist die Antragsgegnerin der Auffassung, dass bei der bisherigen Handhabung Vorschriften zur Unfallverhütung und zum Schutz der Gesundheit ihrer Mitarbeiter verletzt werden, insbesondere weil die Rampe zu steil sei, was zu einer übermäßigen Belastung der Müllwerker führe.
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Nach vorheriger Anhörung und nachdem verschiedene andere Lösungsversuche fehlgeschlagen waren, stellte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 25. März 2022 den Vollservice für das streitgegenständliche Anwesen binnen zwei Wochen nach Bestandskraft dieses Bescheids ein und verpflichtete die Antragstellerin, sämtliche Restmüll-, Papier- und Bio-Abfallbehälter des Anwesens ab diesem Zeitpunkt auf eigene Veranlassung und Kosten am jeweiligen Abholtag auf der ebenen Fläche oberhalb der Rampe zwischen Straße und Haus so bereitzustellen, dass keine anderen Verkehrsteilnehmer behindert werden können. Nach erfolgter Leerung habe die Antragstellerin dafür Sorge zu tragen, dass die Tonnen auf ihr Grundstück zurückgebracht würden (Nummer 1 des Bescheids). Die sofortige Vollziehung dieses Bescheids wurde angeordnet (Nummer 2); werde den Verpflichtungen aus Nummer 1 dieses Bescheids nicht nachgekommen, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 200 EUR fällig (Nummer 3). Die Anordnung sei auflösend bedingt, d. h. sie entfalle, wenn der Tonnenstandplatz und der Transportweg dauerhaft in einen satzungsgemäßen Zustand versetzt würden (Nummer 4).
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass sich der Tonnenstandplatz und der Transportweg der Müll- und Wertstoffbehälter nicht in einem satzungsgemäßen Zustand befänden, da der Standplatz zu klein sei, die Beleuchtung nicht ausreiche, die Durchgangshöhe zu niedrig sei und die Tonnen über eine zu steile und unebene Rampe transportiert werden müssten.
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Nach der Hausmüllentsorgungssatzung der Beklagten unterliege das Anwesen dem Anschluss- und Benutzungszwang an die öffentliche Hausmüllentsorgung. Restmüllund Wertstofftonnen würden üblicherweise vom Abfuhrpersonal zur Leerung bereitgestellt (Vollservice). Dabei seien die Müllbehälter so aufzustellen, dass sie auf kürzestem, gut begehbaren und für Behälter befahrbaren Wegen erreicht werden könnten. Nach § 11 Abs. 1 Hausmüllentsorgungssatzung könne die Antragsgegnerin Anordnungen für den Einzelfall treffen, um die Erfüllung der nach dieser Satzung bestehenden Verpflichtungen durchzusetzen. Hierbei sei als ausdrückliches Mittel nach § 6 Abs. 1 Satz 4 Hausmüllentsorgungssatzung die Eigenbereitstellung vorgesehen, soweit die in § 5 und § 6 Hausmüllentsorgungssatzung genannten Voraussetzungen nicht geschaffen würden.
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Nach § 6 Abs. 4 Satz 5 Hausmüllentsorgungssatzung müssten die Standplätze der Müll- und Wertstoffbehälter ohne Unfallgefahr und Behinderung zugänglich sein. Um dies sicherzustellen, müsse insbesondere die Einhaltung der geltenden Vorschriften zur Unfallverhütung gewährleistet werden, § 6 Abs. 4 Satz 7 Hausmüllentsorgungssatzung. Sowohl der derzeitige Standplatz als auch der Transportweg verletzten hierbei die Vorschriften zur Unfallverhütung:
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1. Gemäß DGUV Regel 114-601.3.3 müsse für das Positionieren der Abfallbehälter ausreichend Platz vorhanden sein. Der Raum für die Abfallbehälter sei zu schmal. An Leerungstagen sei es erforderlich, mit den Tonnen zu rangieren, wenn die zu leerende Tonne nicht unmittelbar hinter der Tür des Standplatzes stehe.
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2. Gemäß § 16 Nummer 6 DGUV Vorschrift 43 müssten Transportwege bei Dunkelheit beleuchtet sein. Gemäß ASR 3.4 Anhang 2 analog müssten Türen mit mindestens 50 lx und Treppen bzw. Rampen gemäß DIN EN 12464-2 analog mit mindestens 100 lx beleuchtet sein; die vorhandene Beleuchtung sei unzureichend.
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3. Gemäß DGUV Regel 114-601.3.3 müssten Transportwege einen ebenen und trittsicheren Belag haben, was vorliegend nicht der Fall sei. Die Behälter müssten derzeit über die Garagenzufahrt transportiert werden, diese sei an den Seiten geriffelt.
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4. Gemäß DGUV Regel 114-601.3.3 solle der Transportweg von Abfallbehältern kein Gefälle haben. In Ausnahmefällen sei eine Steigung von 12,5% für den Transport von zweirädrigen Müllbehältern bis 240 l und einem Gewicht von 50 kg zulässig. Gemäß ASR 1.8-Verkehrswege seien Steigungen bei Verkehrswegen im Regelfall nur bis 8% zulässig. Im Einzelfall könnten auch Steigungen bis 12,5% toleriert werden, wenn bei einer Gefährdungsbeurteilung die Unbedenklichkeit der Steigung in ihre Gesamtbetrachtung festgestellt werde. Nach den örtlichen Gegebenheiten falle die Gefährdungsbeurteilung jedoch auch für die Steigung von 8% bis 12,5% negativ aus. Die Steigung der Rampe betrage tatsächlich zwischen 16% und 19,5% und übersteige die zulässigen Werte somit deutlich. Eine von der Antragstellerin durchgeführte diagonale Messung der Rampensteigung werde als fehlerhaft angesehen.
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5. Gemäß § 16 Nummer 7 DGUV-Vorschrift 43 müssten Transportwege eine Mindesthöhe von 2 m haben. Am unteren Ende der Rampe betrage die Durchgangshöhe jedoch lediglich 1,87 m.
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6. Gemäß § 16 Nummer 7 DGUV-Vorschrift 43 dürften Behälter bei der Entnahme aus dem Müllbehälterstandplatz nicht mehr als 10 cm angehoben werden. Beim vorhandenen Standplatz befinde sich jedoch ein Sockel mit einer Höhe von 24 cm.
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Da die genannten Vorschriften verletzt würden, seien die in § 6 Hausmüllentsorgungssatzung genannten Voraussetzungen nicht geschaffen. Somit könne nach pflichtgemäßem Ermessen die Eigenbereitstellung angeordnet werden. Die Anordnung verfolge den Zweck, Mitarbeiter vor Unfallgefahr und erhöhter körperlicher Belastung zu schützen. Die Eigenbereitstellung sei geeignet, diesen Zweck zu erreichen. Wenn die Tonnen nicht mehr vom bisherigen Standplatz geholt werden müssten, sei das Ladepersonal nicht mehr den unzulässigen Gefährdungen ausgesetzt. Zudem sei die Eigenbereitstellung erforderlich. Nachdem die vom Abfallwirtschaftsbetrieb bei den Ortsterminen gemachten Vorschläge für eine Standplatzverlegung abgelehnt worden seien, stelle die Eigenbereitstellung das mildeste Mittel dar, rechtmäßige Zustände herzustellen und die Gesundheit des Personals zu schützen. Durch die auflösende Bedingung (Nummer 4 des Bescheids) sei der Antragstellerin auch im Nachhinein die freie Wahl überlassen, auf welche Weise sie den Abfall satzungsgemäß überlassen möchte. Durch eine Verlegung des Tonnenstandplatzes an einen den Satzungsbestimmungen entsprechenden Ort werde die Eigenbereitstellung automatisch aufgehoben. Dies stelle eine mildere Alternative im Vergleich zu einer unmittelbaren Anordnung der Standplatzverlegung dar, da die Antragstellerin die Möglichkeit habe, die Tonnen aus Gründen der Optik weiterhin an ihrem bisherigen Standplatz zu lagern. Zudem müssten die Tonnen nur bis ans obere Ende der Rampe transportiert werden. Sie müssten nicht zwingend bis vorne an die Straße gestellt werden. Der Aufwand für die Antragstellerin werde damit so gering wie möglich gehalten.
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Die Anordnung sei auch angemessen. Abzuwägen sei das Interesse an einer weiteren Bedienung im Vollservice gegenüber der Gesundheit des Ladepersonals. Hier komme zum einen die direkte Unfallgefahr zu tragen. Es bestünden konkrete Gefahren für Kopfverletzungen durch die niedrige Durchgangshöhe von nur 1,87 m, dem Wegrutschen auf der zu steilen Rampe und das Übersehen von Stolpergefahren durch die zu schlechte Beleuchtung. Zudem sei aufgrund der Gegebenheiten mit einer erhöhten Belastung für das Personal zu rechnen. Das Interesse am Schutz der Gesundheit des Ladepersonals überwiege das Interesse der Antragstellerin an der weiteren Erbringung der Entsorgungsleistungen im Vollservice.
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Es bestehe auch ein Interesse am Sofortvollzug der Anordnung. Die Gefahr eines Unfalls bzw. negativer Folgen unzulässiger Belastungen der Mitarbeiter überwiege das Individualinteresse an einer zumindest vorübergehenden Erbringung des Vollservice. Der Fachdienst für Arbeitssicherheit habe in seiner Bewertung aufgrund der hohen Unfallgefahr ein sofortiges Handeln für erforderlich gehalten.
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Auf die weitere Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.
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Die Antragstellerin hat am 29. April 2022 Klage gegen den Bescheid vom 25. März 2022 erhoben (M 10 K 22.2409) und beantragt,
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die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen.
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Zum Tatsächlichen wird ausgeführt, der Tonnenraum sei ausreichend groß, sodass die beiden Tonnen für Restmüll und Papier jeweils links und rechts von der Zugangstür aus abgeholt und auch wieder verstaut werden könnten. Ein Rangieren der Tonnen sei nicht erforderlich. Die Gartenabfalltonne werde zur einfacheren Abholung mittig im Müllraum positioniert, sodass die anderen Tonnen auch in diesem Fall nicht bewegt werden müssten. Allerdings werde die Biotonne aktuell nicht benötigt, da Bioabfälle auf einem Komposthaufen entsorgt würden oder unmittelbar zum Wertstoffhof gebracht würden; die Tonne befinde sich dementsprechend nicht am Standplatz.
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Sowohl Standplatz als auch die Garagenzufahrt seien mit einer ausreichenden Beleuchtung ausgestattet; eine noch stärkere Beleuchtung könne kurzfristig ergänzt werden.
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Die Transportwege über die Zufahrt seien überwiegend geteert und damit eben und glatt. Lediglich an den Seiten der Zufahrt sei diese zur besseren Trittsicherheit geriffelt. Falls erforderlich, könnten diese Bereiche auch kurzfristig angepasst werden, allerdings benutze das Ladepersonal ohnehin nur den geteerten Bereich.
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Die Steigung der Tiefgarageneinfahrt betrage lediglich 12,5%. Die Messung der Steigung müsse entlang der natürlichen Gangrichtung erfolgen. Die natürliche Gangrichtung sei tatsächlich diagonal über die Rampe und nicht die kürzeste Strecke vom Abstellraum zum Gehsteig. Eine Messung der Steigung entlang der natürlichen diagonalen Gangrichtung ergebe eine Steigung von lediglich 12,5%.
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Die beanstandete Durchgangshöhe von 1,87 m könne auf eine Höhe von 2 m ausgeweitet werden. Ursprünglich habe die Durchgangshöhe 2 m betragen, allerdings sei 1986 eine Wärmedämmung angebracht worden. Diese Wärmedämmung könne in einer gewissen Breite wieder zurückgebaut werden, um die geforderte Durchgangshöhe zu erreichen.
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Nach einer vorgelegten Berechnung sei die auf der Rampe erforderliche Zugkraft zumutbar und für einen gesunden Menschen seien keine gesundheitlichen Schädigungen zu befürchten.
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Die beanstandete Sockelhöhe von 24 cm sei bereits angepasst und auf eine Höhe von 10 cm verringert worden.
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Alternativen zur Unterbringung der Mülltonnen nach den vorgerichtlichen Vorschlägen der Antragsgegnerin bestünden nicht. Zudem sei es der Antragstellerin angesichts häufiger Abwesenheiten wegen Geschäftsreisen nicht zumutbar, die Tonnen regelmäßig bereitzustellen. Auf die weiteren Ausführungen wird Bezug genommen.
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Zum Rechtlichen wird ausgeführt, die Voraussetzungen für den sogenannten Vollservice mit Abholung der Tonnen durch das Ladepersonal lägen vor. Insbesondere seien die Standplätze der Behälter ohne Unfallgefahr und ohne Behinderung zugänglich. Die Vorschriften zur Unfallverhütung würden erfüllt. Damit fehlte es an den Tatbestandsvoraussetzungen für die Anordnung der Eigenbereitstellung. Insbesondere sei die Rampe nicht zu steil. Bei einer Diagonalmessung entsprechend der natürlichen Gangrichtung liege die Steigung unter 12,5%, sodass eine Ausnahme nach der DGUV Regel 114-601.3.3 grundsätzlich möglich sei. Dies wird weiter ausgeführt. Die Anordnung der Eigenbereitstellung sei damit für die Antragstellerin unzumutbar.
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Aber auch wenn man mit der Antragsgegnerin von einer Steigung von 16-19,5% ausgehe, sei trotzdem wegen der noch zumutbaren Zugkraft keine Gesundheitsschädigung des Ladepersonals zu befürchten.
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Hilfsweise werde ausgeführt, dass jedenfalls die Forderung an die Antragstellerin, die geleerten Tonnen nach der Leerung selbst wieder an Standplatz zu bringen, unverhältnismäßig und damit ermessensfehlerhaft sei. Die geleerten Tonnen hätten annähernd kein Gewicht mehr. Eine gesundheitsgefährdende Belastung des Ladepersonals scheide damit, selbst das Vorliegen einer zu steilen Rampe und einer zu hohen Belastung bei gefüllten Tonnen unterstellt, aus.
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Weiter sei schon fraglich, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung von Nummer 1 des Bescheids überhaupt Wirksamkeit entfalten könne. Dies ergebe sich daraus, dass in Nummer 1 angeordnet werde, dass der Vollservice für das Anwesen zwei Wochen nach Bestandskraft des Bescheids eingestellt werde. Die Bestandskraft des Bescheids sei aber durch die fristgemäße Klageerhebung nicht eingetreten. Die Anordnung des Sofortvollzugs gehe damit wohl ohnehin ins Leere.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Sie verteidigt den angefochtenen Bescheid mit Schriftsatz vom 21. Juni 2022 unter weiteren Ausführungen zu den tatsächlichen Gegebenheiten auf dem Anwesen der Antragstellerin und zu den anzuwendenden Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften.
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Bei einem nachträglichen Ortstermin am 16. Juni 2022 hätten sich die Messungen zur Steigung der Rampe im Wesentlichen bestätigt, teilweise sei sogar eine steilere Steigung ermittelt worden.
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Die Anordnung der Eigenbereitstellung sei nicht unverhältnismäßig oder unzumutbar. Als einzige Alternative, eine ordnungsgemäße Müllabfuhr sicherzustellen, sei die Forderung verblieben, die Antragstellerin habe die Müllbehälter selbst bereitzustellen. Die Antragsgegnerin habe im Vorfeld verschiedene Optionen geprüft und aufgezeigt. Eine Entsorgung unter anderem über Gemeinschaftsbehälter sei von der Antragstellerin bzw. den Nachbarn abgelehnt worden. Verschiedene Alternativstandplätze, welche im Vollservice bedient werden könnten, seien von der Antragstellerin aus unterschiedlichen Gründen abgelehnt worden. Der Transport der Müllbehälter auf die ebene Fläche oberhalb der Rampe verursache der Antragstellerin keinen unverhältnismäßigen Aufwand, da Papier- und Bio-Tonnen jeweils alle zwei Wochen und nur die Restmülltonne einmal pro Woche bereitzustellen seien. Die Antragsgegnerin fordere auch nicht das Verbringen bis zur Straße, sondern lediglich bis ans obere Ende der Rampe. Die zurückzulegende Wegstrecke sei nicht unzumutbar. Bei mehreren Nachbarn der Antragstellerin hätte die bereits praktizierte Eigenbereitstellung keinerlei Schwierigkeiten ergeben. Die Antragstellerin könne auch nicht verlangen, dass das Ladepersonal die leeren Behälter zurück an den Standplatz bringe. Bei einer absteigenden Rampe müsse das Behältergewicht (Hangabtriebskraft) abgefangen werden, was zu einer übermäßigen Krümmung der Lendenwirbelsäule führe.
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Die Antragsgegnerin habe auch bei einem seit Jahrzehnten geleisteten Vollservice keinen Vertrauensschutz auf den Fortbestand des Vollservice geschaffen. Aus einer bisher nicht arbeitsschutzkonformen Praxis könne kein Vertrauensschutz bzw. ein Anspruch auf Beibehaltung des rechtswidrigen Handelns abgeleitet werden. Den gestiegenen Anforderungen an den Arbeitsschutz sei durch Anpassung der bisherigen Praxis Rechnung zu tragen. Auf die weiteren Ausführungen wird Bezug genommen.
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Mit Schriftsatz vom 16. August 2022 vertieft die Antragstellerin ihren Vortrag. Die von der Antragsgegnerin ermittelte Rampensteigung wird weiter bestritten; insbesondere sei bei der Nachmessung am 16. Juni 2022 ein untaugliches Messverfahren angewendet worden. Anstatt der von der Antragsgegnerin selbst festgeschriebenen Messung mit einer Wasserwaage von 1 m Länge sei bei der Nachmessung eine Wasserwaage von nur 60 cm verwendet worden, wodurch das Messergebnis verfälscht würde. Auf den weiteren Vortrag wird Bezug genommen.
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Mit Bescheid vom 1. Dezember 2022 änderte die Antragsgegnerin den angefochtenen Bescheid vom 25. März 2022 in Nummer 1 ab. Der Vollservice für das Anwesen der Antragstellerin werde zwei Wochen nach Zustellung dieses Änderungsbescheids eingestellt. Für den Fall der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage werde der Vollservice für das Anwesen zwei Wochen nach Bestandskraft eingestellt. Die Antragstellerin werde verpflichtet, zwei Wochen nach Zustellung dieses Änderungsbescheids bzw. für den Fall der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage zwei Wochen nach Bestandskraft sämtliche Restmüll-, Papier- und Bio-Abfallbehälter des Anwesens auf eigene Veranlassung und Kosten am jeweiligen Abfuhrtag auf der ebenen Fläche oberhalb der Rampe zwischen Straße und Haus so bereitzustellen, dass keine anderen Verkehrsteilnehmer behindert würden. Nach erfolgter Leerung habe die Antragstellerin dafür Sorge zu tragen, dass die Tonnen auf ihr Grundstück zurückgebracht würden. Die sofortige Vollziehung dieses Änderungsbescheids wurde angeordnet.
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Zur Begründung wird ausgeführt, durch den Änderungsbescheid werde der Ausgangsbescheid vom 25. März 2022 nur im Tenor geändert, dessen Begründung gelte unverändert fort. Aufgrund der Formulierung im Ausgangsbescheid, die Verpflichtung zwei Wochen nach Bestandskraft des Bescheids zu erbringen, sei der angeordneter Sofortvollzug bislang ins Leere gelaufen. Der Abfallwirtschaftsbetrieb habe aufgrund der Klageerhebung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht vorerst die Tonnen der Antragstellerin weiter im Vollservice geleert. Da bisher kein Prozessbeginn absehbar sei und die genannten Gefährdungen der Mülllader durch den Wintereinbruch verschärft würden, könne die Fortführung des Vollservice nicht länger verantwortet werden. Die Änderung des Bescheids verfolge den legitimen Zweck, den Arbeits- und Gesundheitsschutz der Mitarbeiter bis zu einer gerichtlichen Entscheidung sicherzustellen. Neben den genannten Gefahren komme nun durch den anstehenden Winter eine erhöhte Glättegefahr und schlechte Lichtverhältnisse als zusätzliche Gefährdungen hinzu. Eine Eigengefährdung der Anwohner könnten diese durch eine Standplatzverlegung ausschließen.
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Die Antragstellerin beantragt zuletzt,
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die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. März 2022 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 1. Dezember 2022 wiederherzustellen.
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Auf die weiteren Ausführungen mit Schriftsatz vom 31. Januar 2023 wird Bezug genommen. Ergänzend wird vorgetragen, dass die Anordnung, die Tonnen an jedem jeweiligen Abholtag bereitzustellen, insoweit unverhältnismäßig sei, als nach dem Wortlaut auch leere Tonnen bereitgestellt werden müssten. Aufgrund längerer geschäftlicher Abwesenheiten der Antragstellerin wie auch der übrigen Hausbewohner und des nur geringen Müllanfalls seien die Tonnen häufig leer oder nur sehr wenig befüllt. Es sei eine überschießende Regelung, wenn auch leere Tonnen bereitgestellt werden müssten.
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Auf weitere Schriftsätze der Beteiligten vom 9. Februar 2023 und vom 15. Februar 2023 wird Bezug genommen, ebenso auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakte.
II.
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Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO bleibt ohne Erfolg.
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1. Der Antrag ist zulässig. Dabei kann dahinstehen, ob der Ausgangsbescheid vom 25. März 2022 sofort vollziehbar war, da zwar die sofortige Vollziehung der Nummer 1 dieses Bescheids angeordnet wurde, allerdings in Nummer 1 des Bescheids eine Vollziehbarkeit erst ab zwei Wochen nach Bestandskraft dieses Bescheides angeordnet wurde, sowohl für die Einstellung des Vollservice wie auch für die Verpflichtung, sämtliche Abfallbehälter ab diesem Zeitpunkt auf eigene Veranlassung und Kosten bereitzustellen. Insoweit liegen widersprüchliche Regelungen vor, sodass eine sofortige Vollziehung wohl ins Leere ging und der ursprüngliche Eilantrag möglicherweise nicht statthaft war.
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Dies hat die Antragsgegnerin jedoch selbst erkannt und mit dem Änderungsbescheid vom 1. Dezember 2022 klargestellt, dass der Sofortvollzug binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Änderungsbescheids greifen soll (sowohl für die Einstellung des Vollservice wie auch für die Bereitstellungsanordnung) bzw. für den Fall der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage zwei Wochen nach Bestandskraft des geänderten Bescheids.
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Damit ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO jedenfalls mit Wirksamwerden des Änderungsbescheids statthaft und auch zulässig.
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2. Der Antrag ist jedoch unbegründet, da nach summarischer Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfes überwiegt.
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Im Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO trifft das Gericht eine eigenständige Ermessensentscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Hierbei hat es abzuwägen zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfes. Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Eilverfahren gebotene, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück.
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So liegt der Fall hier; nach summarischer Prüfung der Erfolgsaussichten des Klageverfahrens wird die Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. März 2022 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 1. Dezember 2022 aller Voraussicht nach erfolglos bleiben. Der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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2.1 Rechtsgrundlage für die getroffenen Anordnungen ist § 11 Abs. 1 i.V.m. § 6 Satzung über die Hausmüllentsorgung der Landeshauptstadt München (Hausmüllentsorgungssatzung) vom 12. Dezember 2001 in der Fassung der letzten Änderung vom 8. September 2021.
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Nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der das Gericht folgt, ist in einem Eilverfahren, in dem nur eine überschlägige Überprüfung der Sach- und Rechtslage stattfinden kann, grundsätzlich von der Gültigkeit einer Norm auszugehen, wenn nicht ausnahmsweise Gründe, die die Annahme der Nichtigkeit rechtfertigen, offen zu Tage treten (BayVGH, B.v. 22.8.2006 – 23 CS 06.1879 – juris Rn. 26 m.w.N.; s. etwa für einen solchen Fall: VG München, B.v. 18.1.2022 -
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M 10 S 21.5527 – juris Rn. 22 ff.).
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Gründe für eine Nichtigkeit der Hausmüllentsorgungssatzung wurden nicht vorgetragen und sind nicht ersichtlich. Das Gericht geht vielmehr in ständiger Rechtsprechung von der Gültigkeit dieser Satzung aus (vgl. U.v. 26.4.2018 – M 10 K 18.24; U.v. 4.2.2016 – M 10 K 15.695 – jeweils juris).
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2.2 Nach § 11 Abs. 1 Hausmüllentsorgungssatzung kann die Antragsgegnerin zur Erfüllung der nach dieser Satzung bestehenden Verpflichtungen nach pflichtgemäßem Ermessen Anordnungen für den Einzelfall erlassen.
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Im vorliegenden Fall ergeben sich die strittigen Verpflichtungen der Antragstellerin aus § 6 Hausmüllentsorgungssatzung. Danach sind die Müll- und Wertstoffbehälter so aufzustellen, dass sie vom Abfuhrpersonal behinderungsfrei und ohne Unfallgefahr auf kürzesten, gut begehbaren und für Behälter befahrbaren Wegen erreicht werden können. Die Antragsgegnerin kann im Einzelfall den Standplatz bestimmen oder, wenn von den Anschlusspflichtigen die in den § 5 und § 6 genannten Voraussetzungen nicht geschaffen werden, die Eigenbereitstellung der Müllbehälter und Wertstoffbehälter verlangen. In diesem Fall haben die Pflichtigen die Müll- und Wertstoffbehälter laufend auf eigene Veranlassung und Kosten am Abfuhrtag vor der Grundstückseinfriedung oder davon abweichend an einem von der Antragsgegnerin vorgegebenen Bereitstellungsplatz so aufzustellen, dass sie ohne Schwierigkeiten und Zeitverlust entleert werden können; nach der Leerung sind sie unverzüglich an ihren gewöhnlichen Standplatz zurückzubringen. Nähere Anforderungen an die Standplätze für die Müll- und Wertstoffbehälter sind in Abs. 3 und 4 geregelt. So müssen nach § 6 Abs. 4 Hausmüllentsorgungssatzung unter anderem die Standplätze der Behälter ohne Unfallgefahr und Behinderung zugänglich sein; die Standplätze und deren Zugänge sind so einzurichten, dass die Einhaltung der Vorschriften zur Unfallverhütung, insbesondere der Müllbeseitigung (DGUV Vorschrift 43/44), der Sammlung und des Transports von Abfall (DGUV Regel 114-601) und der Fahrzeuge (DGUV Vorschrift 70/71) gesichert ist.
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Diese technischen Regeln, auf die die Satzung zulässigerweise verweist (allgemein zur Heranziehbarkeit von technischen Regeln bzw. Unfallverhütungsvorschriften vgl. BayVGH, B.v. 29.10.2018 – 20 ZB 18.957 – juris Rn. 16), sind im Interesse der Arbeitssicherheit der Müllwerker bzw. des Abfuhrpersonals erlassen worden und von der Antragsgegnerin zum Schutz einzuhalten. Dementsprechend können diese Anforderungen auch gegenüber den Anschlusspflichtigen geltend gemacht werden.
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Im angefochtenen Bescheid wurden Verstöße gegen verschiedene Vorschriften zur Unfallverhütung geltend gemacht. Nach überschlägiger Prüfung und nach dem Vortrag der Antragstellerin können wohl verschiedene Verstöße ausgeräumt werden. So kann die möglicherweise unzureichende Beleuchtung problemlos durch einen stärkeren Leuchtkörper ersetzt werden, der Belag der Rampe kann ausgebessert oder erneuert werden, die Durchgangshöhe kann durch teilweises Abtragen der nachträglich aufgebrachten thermischen Isolierung wiederhergestellt werden und der beanstandete Sockel kann baulich entschärft werden; teilweise wurden diese Maßnahmen wohl bereits ergriffen.
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Zentraler Punkt ist für das Gericht aber das Gefälle der Rampe, die von den Müllwerkern zum Hochbringen der Behälter begangen werden muss. Insoweit ist eine bauliche Veränderung durch eine Abflachung der Rampe wohl nicht möglich. Hierzu ist zwischen den Beteiligten strittig, ob das Gefälle der Rampe noch oder zumindest ausnahmsweise hinnehmbar ist, die Rampe ohne eine Gefährdung der Müllwerker mit den vorhandenen Müll- und Wertstoffbehältern genutzt werden kann.
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2.2.1 Grundlegend geht das Gericht davon aus, dass eine Messung der Neigung bzw. des Gefälles senkrecht zwischen der unteren Ebene (Müllraum bzw. Garageneinfahrt) und der oberen Ebene (Privatweg entlang der vorhandenen Reihenhausbebauung) zu erfolgen hat. Der Begriff der Neigung bzw. des Gefälles ist mathematisch-physikalisch so zu verstehen, dass der höchste und der tiefste Punkt zueinander in Relation gebracht werden. Insoweit liegt eine objektive Betrachtung vor, die für die allgemeinen Grenzwerte für Steigungen zugrunde zu legen ist. Eine „diagonale“ Messung oder Berechnung verstößt dagegen.
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Zudem ist in der von der Antragsgegnerin vorgelegten „Technischen Regel für Arbeitsstätten, Verkehrswege, ASR A1.8“, auf die auch in § 6 Abs. 4 Satz 10 Hausmüllentsorgungssatzung verwiesen wird, bei den dort genannten Grenzwerten für maximale Neigungen für unterschiedliche Nutzungsarten von Schrägrampen (Nr. 4.1 Abs. 4 Tab. 1 der Regel) ausdrücklich die zulässige Neigung als „Maximale Längsneigung“ beschrieben, was auch das vorgenannte Verständnis zu Grunde legt.
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Damit kann die Neigung nicht, wie von Antragstellerseite vorgetragen, sozusagen dadurch entschärft werden, dass mit einer Querneigung gearbeitet wird, die den Müllwerkern noch zumutbar sei. Insoweit ginge der objektive Grenzwert verloren, da je nachdem wie viele Kurven oder Serpentinen man rechnerisch einbaut, die Neigung als Vektor von Längs- und Querneigung weiter abnimmt. Damit würde sich jeder Bezugsrahmen verlieren.
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So ist wohl jedem einsichtig, dass man beim Bergsteigen oder Skitourengehen bei starken Steigungen eben nicht geradeaus hochläuft, was sehr anstrengend wäre, sondern mit Kehren und Kurven die tatsächlich zu gehende Neigung verringert, was weniger anstrengend ist. Letztlich bleibt aber die Neigung des Hanges oder der Bergflanke vom Ausgangspunkt bis zum Zielpunkt gemessen jeweils die gleiche.
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Das von Antragstellerseite vorgelegte Rechenwerk kann damit nicht zur Ermittlung einer anderen Neigung herangezogen werden.
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2.2.2 Weiter geht das Gericht davon aus, dass die Rampenneigung entgegen dem Vorbringen der Antragstellerseite zutreffend ermittelt wurde. Zuzugeben ist zwar, dass bei einer weiteren Messung bei dem Ortstermin am 13. Juni 2022 nach dem entsprechenden Vermerk ein Messgerät auf eine 60 cm lange Wasserwaage aufgelegt wurde. Dagegen ist in den Begehungsprotokollformularen zur Bestimmung der Steigung („1. Schritt“) eine Länge von 100 cm zugrunde zu legen, was durch eine Vermaßungs-Grafik am Ende des Protokollformulars weiter ausgeführt ist; danach ist eine Wasserwaage mit 100 cm Länge zu verwenden, die Wasserwaage ist mit einer Seite an der Rampe aufzulegen und waagrecht zu halten, die Höhendifferenz an der anderen Seite wird senkrecht gemessen.
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Bei dem ersten Ortstermin am 16. Februar 2022 wurde aber nach den dem Vermerk beigefügten Fotos diese Messmethode angewandt; auf den Bildern ist die Verwendung einer 100 cm langen Wasserwaage erkennbar. Gegen die Berechnung nach der anzuwendenden Steigungsformel wurden keine Einwände erhoben, sie ist dem Gericht auch mathematisch nachvollziehbar. Die Berechnung ergibt aber damit eine Rampenneigung auf der rechten Seite der Rampe von 19,5% und auf der linken Seite von 16%.
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Letztlich kommt auch die Kontrollmessung am 13. Juni 2022 zu größenordnungsmäßig denselben Werten (19,43% bis 24,93%), auch wenn die Messmethode bzw. die dort zugrunde gelegte Berechnungsformel eine andere ist.
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Die auch nur ausnahmsweise im Einzelfall entsprechend einer Gefährdungsbeurteilung hinzunehmende maximale Steigung von 12,5% wird damit bei weitem überschritten.
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2.3 Die Antragsgegnerin hat ihr Ermessen auch pflichtgemäß dahin ausgeübt, die streitgegenständliche Anordnung der Eigenbereitstellung der Behältnisse – und damit Einstellung des sogenannten Vollservice – zulasten der Antragstellerseite zu erlassen.
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Die Antragsgegnerin hat erkannt, dass ihr für die Anordnung Ermessen zusteht, sie hat auch alle nach Lage der Dinge und der örtlichen Situation einzustellenden Fakten und Interessen berücksichtigt und eine verhältnismäßige Entscheidung getroffen. Zur Erreichung des angestrebten Ziels, ihre Beschäftigten entsprechend der Arbeitssicherheitsbestimmungen vor Gesundheitsgefahren zu schützen, war die getroffene Anordnung geeignet und auch das mildeste Mittel.
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Insoweit wird auf die zutreffenden Ermessensüberlegungen des angefochtenen Bescheids vom 25. März 2022 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 1. Dezember 2022 Bezug genommen. Der Antragstellerseite ist es zuzumuten, selbst für die Bereitstellung der Behälter auf der Fläche oberhalb der Rampe zu sorgen und nach erfolgter Leerung die Behälter zurückzubringen oder zurückbringen zu lassen.
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Insbesondere kann sich die Antragstellerin auch nicht auf Vertrauensschutz dahingehend berufen, dass über einen langen vorherigen Zeitraum tatsächlich die Tonnen von den Beschäftigten der Antragsgegnerin hochgezogen wurden und nicht die Antragstellerin selbst dafür zu sorgen hatte. Die Antragstellerin muss hinnehmen, dass sich Arbeitsschutzvorschriften und Unfallverhütungsvorschriften zum Schutz der Beschäftigten der Antragsgegnerin gegenüber früheren Jahren verschärft haben, also den Arbeitnehmern in ihrer täglichen körperlich belastenden Tätigkeit, die sich in einer Vielzahl von Leerungsvorgängen ständig wiederholt, einen besseren Schutz einräumen.
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Zudem wird der Antragstellerin in Nr. 4 des Bescheids gerade eingeräumt, auch eine andere Entsorgungslösung zu wählen, indem der Tonnenstandplatz aus dem Untergeschoss verlagert wird auf einen ebenerdigen Platz vor dem Haus. Soweit aus den vorgelegten Fotos ersichtlich, ist dies eine durchaus praktikable Möglichkeit, auch wenn dadurch möglicherweise eine gewisse ästhetische Beeinträchtigung des Gesamtbilds des Anwesens verbunden ist. Mittlerweile ist aber ein nicht überdachter Tonnenstandplatz vor den Gebäuden, soweit dort ein geeigneter Platz vorhanden ist, im Stadtbild durchaus häufig anzutreffen. Nach der Äußerung der Antragsgegnerin wird auch bei mehreren angrenzenden Nachbaranwesen diese Lösung anstelle einer Eigenbereitstellung, bei der die Tonnen zu jedem Abholtermin hochgebracht werden müssten, bevorzugt.
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2.4 Der Einwand von Antragstellerseite, nach dem Wortlaut des Bescheids müssten die Tonnen an jedem Abfuhrtag hochgebracht werden, auch wenn die Behälter infolge Urlaub oder sonstiger längerer Abwesenheit nicht genutzt wurden und deshalb leer seien, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Grundanordnung. Diese Regelung wiederholt inhaltlich § 6 Abs. 1 Satz 5 Hausmüllentsorgungssatzung, wonach die Pflichtigen die Müll- und Wertstoffbehälter laufend auf eigene Veranlassung und Kosten am Abfuhrtag vor der Grundstückseinfriedung oder einem von der Antragsgegnerin vorgegebenen Bereitstellungsplatz aufzustellen haben.
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Bei sachgerechter Auslegung ist diese Regelung aber so zu verstehen, dass die Verpflichtung zum regelmäßigen Bereitstellen der Tonnen dann nicht greift, wenn die Tonnen leer sind, also kein Müll oder keine Wertstoffe angefallen sind. So ist in § 6 Abs. 1 Satz 5 Hausmüllentsorgungssatzung weiter geregelt, dass die Behälter so aufzustellen sind, dass sie ohne Schwierigkeiten und Zeitverlust entleert werden können. Dieses Merkmal des „entleert werden“ spricht auch dafür, dass leere Tonne nicht bereitzustellen sind, da diese mangels Inhalt gerade nicht entleert werden könnten. Auch die Müllwerker der Antragsgegnerin würden eine leere Tonne natürlich nicht hochziehen, da es einer Entleerung eben nicht bedarf.
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2.5 Sollte tatsächlich beständig nur sehr wenig Abfall anfallen, sodass eine wöchentliche Müllentsorgung nicht mehr erforderlich wäre, könnte von Antragstellerseite bei der Antragsgegnerin ein Antrag nach § 7 Abs. 2 Hausmüllentsorgungssatzung auf künftig nur noch 14-tägliche Entsorgung gestellt werden.
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3. Damit ist der Antrag mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
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4. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. 1.5 Streitwertkatalog.