Titel:
Versagungsgegenklage, Aufstockungsklage, Gasthof, teilweise Ablehnung eines Antrags auf Gewährung der Corona-Überbrückungshilfe, streitige Förderung für Kosten betreffend die Sanierung und Erweiterung der Toilettenanlage sowie betreffend den Sauberlauf - Schmutzfangmatte - des Eingangsbereichs und die Stuhlpolsterung, Maßnahmen nicht primär zur Erfüllung pandemiebedingter Hygienekonzepte und zur Existenzsicherung erforderlich, kein Anspruch auf Gewährung der beantragten Überbrückungshilfe, maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt der Entscheidung der Behörde über den Förderantrag, Nichterfüllung der Vorgaben der Förderrichtlinie gemäß der Verwaltungspraxis, keine Auslegung der Richtlinie durch das Gericht, Plausibilisierung der geübten Verwaltungspraxis, ständige Verwaltungspraxis, keine Relevanz der Förderpraxis in anderen Bundesländern, keine Ermessensfehler oder Willkür, kein atypischer Ausnahmefall, keine sachwidrige Differenzierung, keine Gleichbehandlung im Unrecht, kein Anspruch auf richtlinienwidrige Gewährung der Corona-Überbrückungshilfe, kein Vertrauensschutz durch inoffizielle Positivlisten, kein Vertrauensschutz wegen vorbehaltener Schlussprüfung
Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 5 Satz 1
BayHO Art. 53
GG Art. 3
Richtlinie für die Gewährung der Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 4 – Überbrückungshilfe III Plus – des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 3. August 2021
Schlagworte:
Versagungsgegenklage, Aufstockungsklage, Gasthof, teilweise Ablehnung eines Antrags auf Gewährung der Corona-Überbrückungshilfe, streitige Förderung für Kosten betreffend die Sanierung und Erweiterung der Toilettenanlage sowie betreffend den Sauberlauf - Schmutzfangmatte - des Eingangsbereichs und die Stuhlpolsterung, Maßnahmen nicht primär zur Erfüllung pandemiebedingter Hygienekonzepte und zur Existenzsicherung erforderlich, kein Anspruch auf Gewährung der beantragten Überbrückungshilfe, maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt der Entscheidung der Behörde über den Förderantrag, Nichterfüllung der Vorgaben der Förderrichtlinie gemäß der Verwaltungspraxis, keine Auslegung der Richtlinie durch das Gericht, Plausibilisierung der geübten Verwaltungspraxis, ständige Verwaltungspraxis, keine Relevanz der Förderpraxis in anderen Bundesländern, keine Ermessensfehler oder Willkür, kein atypischer Ausnahmefall, keine sachwidrige Differenzierung, keine Gleichbehandlung im Unrecht, kein Anspruch auf richtlinienwidrige Gewährung der Corona-Überbrückungshilfe, kein Vertrauensschutz durch inoffizielle Positivlisten, kein Vertrauensschutz wegen vorbehaltener Schlussprüfung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 5944
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerin, die einen Gasthof betreibt, begehrt die Erhöhung der bereits gewährten Corona-Überbrückungshilfe III Plus um weitere 30.043,16 EUR für Kosten betreffend die Sanierung und Erweiterung der Toilettenanlage sowie betreffend den Sauberlauf (Schmutzfangmatte) des Eingangsbereichs und die Stuhlpolsterung.
2
Mit Online-Antrag vom 28. März 2022 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Überbrückungshilfe III Plus in Höhe von 76.578,09 EUR. Als Branche gab sie an, Restaurants mit herkömmlicher Bedienung.
3
Mit Bescheid vom 13. September 2022 gewährte die beklagte IHK für München und Oberbayern der Klägerin eine Überbrückungshilfe III Plus als Billigkeitsleistung in Höhe von 46.534,93 EUR gemäß der Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 4 (Überbrückungshilfe III Plus) des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie in der jeweils geltenden Fassung – im Folgenden: Richtlinie Überbrückungshilfe III Plus – für den beantragten Zeitraum (Nr.1). Die Bewilligung der Höhe der Überbrückungshilfe ergehe unter dem Vorbehalt der endgültigen Festsetzung in einem Schlussbescheid (Nr. 2). Der Antrag sowie die unter Nr. 1 genannten Rechtsgrundlagen seien Grundlage dieses Bescheides (Nr. 3). Die Überbrückungshilfe sei zweckgebunden und diene ausschließlich dazu, Unternehmen, Soloselbständigen und selbständigen Angehörigen der freien Berufe eine weitergehende Liquiditätshilfe in Form einer anteiligen Erstattung von betrieblichen Fixkosten zu gewähren und so zu ihrer Existenzsicherung beizutragen (Nr. 4). Im Übrigen werde der Antrag auf Gewährung einer Überbrückungshilfe III Plus in Höhe von 30.043,16 EUR abgelehnt (Nr. 5). Zur Begründung der Teilablehnung ist im Wesentlichen ausgeführt: Die Richtlinie Überbrückungshilfe III Plus benenne in Nummer 3.1 Buchst. a) bis r) die im Rahmen des Programms erstattungsfähigen Kosten abschließend. Bauliche Maßnahmen seien förderfähig, wenn sie der Umsetzung von coronabedingten Hygienekonzepten dienten. Die Kosten müssten angemessen im Verhältnis zu den Zielen sein und primär der Sicherung der Existenz des Unternehmens in der Pandemie dienen. Bei den geltend gemachten Kosten für die Sanierung und Erweiterung der Sanitäranlagen handele es sich nicht um Maßnahmen zur Umsetzung coronabedingter Hygienekonzepte, sondern um allgemeine Sanierungs-, Renovierungs- und Modernisierungsmaßnahmen. Diese Kosten seien nicht erstattungsfähig. Kosten für Hygienemaßnahmen müssten den FAQ entsprechen. Bei den geltend gemachten Kosten für den Sauberlauf des Eingangsbereichs und der Stuhlpolsterung handele es sich nicht um coronabedingte Hygienemaßnahmen, die der Sicherung des Unternehmens in der Pandemie dienten. Es entspreche der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens, den Antrag in Höhe von 30.043,16 EUR abzulehnen. Bei haushaltsrechtlich relevanten Ermessensentscheidungen über die Erteilung und Aufhebung von Bewilligungsbescheiden verpflichte Art. 7 BayHO zur sorgfältigen Beachtung des Gebots der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung der Haushaltsmittel. Gründe, die gegen diese Entscheidung sprächen oder eine Abweichung von der regelmäßigen Entscheidungspraxis begründen würden, seien nicht ersichtlich.
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1. Am 13. Oktober 2022 ließ die Klägerin Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erheben.
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Mit Schriftsatz vom 15. November 2022 ließ die Klägerin zur Klagebegründung unter Vorlage verschiedener Unterlagen im Wesentlichen ausführen: Die Klägerin habe Anfang des Jahres 2021 eine Digitalisierungssowie ein Sicherheits- und Hygienekonzept erstellt, aufgrund dessen sie Investitionen getätigt habe. Die Investitionen seien auch im Vertrauen auf eine Positivliste getätigt worden, welche unter anderem vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag und von verschiedenen Steuerberaterkammern in Umlauf gebracht worden seien. Auf Rückfrage der Beklagten seien auch die Maßnahmen im Toilettenbereich umfassend dargelegt und begründet worden. Der Anspruch auf Gewährung ergebe sich aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund der ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinie Überbrückungshilfe III Plus. Vergleichbare Anträge seien auch in ständiger Verwaltungspraxis positiv beschieden worden. Bei den Maßnahmen im Toilettenbereich handle es sich um bauliche Modernisierungs-, Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen zur Umsetzung eines Hygienekonzepts, welche nach 3.1 Satz 1 Buchst. n) der Richtlinie Überbrückungshilfe III Plus als förderfähige betriebliche Fixkosten anerkannt würden. Auch die Voraussetzungen der FAQ lägen vor. Nach 2.4.14 der FAQ seien förderfähige Kosten auch bauliche Modernisierungs-, Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen bis zu 20.000 Euro pro Monat zur Umsetzung von Hygienekonzepten zur Eindämmung des Infektionsgeschehens. Der Punkt verweise auf den Anhang 3, der vorab klarstelle, dass er nicht abschließend sei. Die dort genannten Voraussetzungen lägen vor. Die Modernisierung der Toiletten/Sanitäreinrichtungen sei anders als die Positivliste des BMWi nicht beispielhaft aufgezählt. Dennoch handele es sich um eine gleichwertige Maßnahme im Sinne des Anhang 3. Es ergebe keinen Sinn, eine Modernisierung der Sanitäranlagen anders zu beurteilen, als beispielsweise die Errichtung von Doppelstrukturen im Indoor-Bereich, um etwa Schlangenbildungen zu verhindern. Aus dem Sinn und Zweck der Maßnahme – namentlich des Gesundheitsschutzes – könne es keinen Unterschied machen, ob eine Sanitäranlage erweitert und nachgerüstet werde – indem man auf kontaktlos aufrüste – oder eine Türschließanlage auf kontaktlos umgerüstet werde, um das Risiko der Ansteckung in Innenräumen zu verringern. Die Umbaumaßnahmen entsprächen auch Nr. 2.4.14 der FAQ. Es handele sich um eine gleichwertige Maßnahme. Die Maßnahmen dienten ausschließlich der Verwirklichung des Hygienekonzeptes. Sie stünden auch im angemessenen Verhältnis zu den Zielen. Die Maßnahmen entsprächen in etwa einem Monatsumsatz im Vergleichszeitraum, so dass man nicht von einer Unverhältnismäßigkeit sprechen könne. Vor allem, da das vornehmliche Ziel die Aufrechterhaltung des geregelten Geschäftsbetriebs darstelle, so wie er sich vor der Pandemie geäußert habe. Die baulichen Modernisierungs- und Umbaumaßnahmen dienten auch primär der Existenzsicherung. Diese seien erforderlich, damit sichergestellt habe werden können, dass der Mindestabstand in den Toiletten eingehalten habe werden können. Ohne diese baulichen Änderungen hätte man die Damentoilette in Gänze sperren müssen. In der Herrentoilette hätte nur ein begrenzter Zugang gewährt werden können. Auch in der Wartezone hätte unter den vorherigen Bedingungen nicht sichergestellt werden können, dass ein ausreichender Mindestabstand vorhanden gewesen sei. Die Räumlichkeiten seien entsprechend gestaltet worden. Ziel sei es gewesen, das Infektionsrisiko so gering wie möglich zu halten. Um die Existenz und den Fortbestand des Betriebs der Klägerin zu gewährleisten, sei die Umbaumaßnahme hinsichtlich des Toilettenbereichs essenziell. Die Umbaumaßnahmen dienten weder dem Abbau eines Investitionsstaus noch anderweitiger gesetzlicher Vorgaben, welche nicht im Zusammenhang mit dem Pandemiegeschehen gestanden hätten. Die Kosten seien ausschließlich pandemiebedingt. Ohne die Vorgaben, welche aufgrund der Pandemie für die Hotel- und Veranstaltungsbetriebe gemacht worden seien, hätte die Klägerin ihre Sanitäreinrichtungen nicht baulich erweitert. Die Maßnahmen basierten auch auf dem Hygienekonzept. Es liege ein Ermessensfehlgebrauch vor. Die Beklagte habe lediglich die Voraussetzungen dargestellt, das Vorbringen der Klägerin nicht gewürdigt und dann in einem Satz festgestellt, dass es sich bei den Kosten für die Umbaumaßnahmen in erster Linie um allgemeine Kosten handele. Sie habe verkannt, dass es sich um förderfähige Kosten im Rahmen der Hygienemaßnahmen gehandelt habe. Damit habe sie auch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen und sich auch ihrer ständigen Verwaltungspraxis widersetzt, so dass die Entscheidung eine willkürliche und uneinheitliche Förderpraxis darstelle. Dies habe zur Folge, dass sich der Schluss aufdränge, dass die Entscheidung auf sachfremden Erwägungen beruhe, da für eine alternative Förderpraxis keine guten Gründe sprächen. Hilfsweise werde beantragt, unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Gerichts die Sache neu zu verbescheiden. Hierbei dürfe nicht verkannt werden, dass zumindest die Umrüstung der Sanitäranlagen auf kontaktlos förderfähige Kosten im Sinne der Nr. 2.4.14 darstellten. Es ergebe keinen Sinn, eine Umrüstung der Türschließanlage auf kontaktlos als förderfähig anzuerkennen, im gleichen Zug aber die Umrüstung der Sanitäranlagen – namentlich des Wasserhahns, des Seifenspenders und des Tuchspenders bzw. Handtrockners – abzulehnen. Dies würde dem Sinn und Zweck der Maßnahmen widersprechen und sei nicht zu rechtfertigen.
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2. Die Beklagte ließ mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 16. Dezember 2022 zur Begründung der Klageerwiderung im Wesentlichen ausführen: Die Klägerin sei Inhaberin eines Gasthofes. Sie möchte unter anderem die Kosten für folgende Maßnahmen ersetzt verlangen:
Fixkostenposition
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Maßnahme
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Fördermonat (2021)
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Bl. d. Verwaltungsakte
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Kosten
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Bauliche Modernisierungs-, Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen bis zu 20.000 EUR pro Monat zur Umsetzung von Hygienekonzepten (Fixkostenposition Nr. 14)
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Sanierung/Erweiterung der Toiletten
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August
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Bl. 59-64, Bl. 92
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20.000,00 EUR
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Oktober
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14.395,10 EUR
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Dezember
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12.966,77 EUR
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Ausgaben für Hygienemaßnahmen (Fixkostenposition Nr. 16)
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Sauberlauf Eingangsbereich
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Dezember
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Bl. 92
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815,16 EUR
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Stuhlpolsterung
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Dezember
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Bl. 92
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1.894,90 EUR
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7
Die Klägerin habe keine weitergehende Förderberechtigung. Gemäß Nr. 3.1 Satz 1 n) der Richtlinie Überbrückungshilfe III Plus könne ein antragsberechtigter Antragsteller die Überbrückungshilfe III Plus unter anderem für bauliche Modernisierungs-, Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen bis zu 20.000,00 EUR pro Monat zur Umsetzung von Hygienekonzepten beantragen. Für die Verwaltungspraxis der Beklagten komme es nur auf die offiziellen beispielhaften Aufzählungen in Nr. 2.4 sowie Anhang 3 der FAQ zur „Corona-Überbrückungshilfe III Plus“ des Bundeswirtschafts- und Bundesfinanzministeriums an. Eine Begründung und Einzelfallprüfung sei unabhängig der dort genannten Beispiele in jedem Fall erforderlich. Danach seien etwa Abtrennungen, Trennwände und Umrüstungen von Türschließanlagen auf kontaktlos förderfähig. Hingegen würden in der Verwaltungspraxis der Beklagten solche Maßnahmen, die einen dauerhaften Investitionscharakter aufwiesen und keinen direkten Bezug zur Hygiene aufwiesen, nicht als förderfähig behandelt. Ausgaben für Maßnahmen, deren Notwendigkeit bereits vor der Pandemie angestanden hätte (Beseitigung eines Investitionstauschs), bzw. Maßnahmen, die nicht ursächlich im Zusammenhang mit Vorschriften zur Eindämmung der Corona-Pandemie stünden (z.B. die Sanierung von Sanitäreinrichtungen) seien ebenfalls ausdrücklich nicht förderfähig. Soweit die Klägerin auf eine „Positivliste“ Bezug nehme, sei dies für die Verwaltungspraxis der Beklagten und damit für das hiesige Verfahren nicht relevant. Diese „Positivliste“ sei kein amtliches Dokument. Es sei eine Hilfestellung der Wirtschaftsverbände gewesen. Diese Positivliste sei aber für die Ermessensausübung der Beklagten nicht von Relevanz gewesen. Nach der allein maßgeblichen Verwaltungspraxis der Beklagten sei die Sanierung der Sanitäreinrichtung hingegen nicht förderfähig. Denn es handle sich bei dieser Maßnahme um die Umsetzung allgemeiner Renovierungsarbeiten, die in ständiger Verwaltungspraxis nicht gefördert werden würden. Dass mit diesen Maßnahmen eine relevante Verminderung der Viruslast und Infektionsgefahr verbunden gewesen sei, sei auch nicht ersichtlich. Das von der Klägerin im Verwaltungsverfahren vorgelegte Hygienekonzept verhalte sich zunächst nicht dazu, dass der Toilettenbereich baulich vergrößert werden solle. Auch die Umsetzung eines Hygienekonzepts rechtfertige aber nicht den Umbau des Sanitärbereichs für 47.361,87 EUR. Denn auch in Zeiten einer Pandemie sei es zur Existenzsicherung nicht notwendig, einen Sanitärbereich im Sinne des Infektionsschutzes umzubauen. Schon nach dem Hygienekonzept der Klägerin seien die Gäste dazu verpflichtet gewesen, auf dem Weg zum Toilettenbereich eine Maske zu tragen. Zudem seien auf dem Boden des Gastraums Abstandsmarkierungen angebracht gewesen. Mit der Einhaltung dieser Vorgaben dürfte das Infektionsgeschehen bereits erheblich reduziert gewesen sein. Eine darüber hinausgehende bauliche Erweiterung der Toilette auch für Zeiten nach der Pandemie sei zur Existenzsicherung des Unternehmens hingegen nicht notwendig gewesen. Im Rahmen der Existenzsicherung könnten aufgrund der nur begrenzt zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel nicht jegliche Unannehmlichkeiten, wie sie etwa durch die Wartezeiten vor den Sanitärbereichen entstehen könnten, mit der Überbrückungshilfe III Plus ausgeglichen werden. Auch die Hygienemaßnahmen (Fixkostenposition Nr. 16) seien gemäß Nr. 3.1 Satz 1 p) der Richtlinie Überbrückungshilfe III Plus förderfähig. Erstattungsfähig seien vornehmlich Kosten, die in Folge von Vorschriften zur Eindämmung der Corona-Pandemie (z.B. Corona-Arbeitsschutzverordnung, Home-Office-Pflicht, Maskenpflicht usw.) entstünden bzw. entstanden seien. Nach der Verwaltungspraxis der Beklagten würden hingegen solche Maßnahmen, für die die Corona-Pandemie nicht ursächlich gewesen sei und die nicht primär der Existenzsicherung des Unternehmens in der Pandemie dienten, nicht gefördert. Auch insoweit ziehe die Beklagte zur Bestimmung der Förderfähigkeit die offiziell vom Bundeswirtschaftsministerium und Bundesfinanzministerium herausgegebenen FAQ heran. Den vorgenannten Maßstab entsprächen die Kosten für den Sauberlauf im Eingangsbereich und für die Stuhlpolsterung nicht. Es handle sich um die Ausstattung einer Gastronomie, die unabhängig von der Pandemie vorzuhalten sei und deren Anschaffung nicht pandemiebedingt erforderlich geworden sei. Insbesondere die Anschaffung von Stuhlpolstern sei nicht allein dadurch Bestand eines schlüssigen Hygienekonzepts, dass nach dem Vortrag der Klägerin diese nunmehr abwaschbar seien. Denn auch unabhängig von der Corona-Pandemie seien Hygienevorschriften, insbesondere im Gaststättenbereich, einzuhalten gewesen. Ein Zusammenhang der Umsetzung dieser Maßnahme zur Umsetzung explizit pandemiebedingter Vorschriften sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Dass die Klägerin die streitgegenständlichen Positionen nicht im Rahmen der Richtlinie Überbrückungshilfe III Plus als Fixkosten ersetzt verlangen könne, begründe keine relevanten Ermessensfehler. Insbesondere sei es nicht willkürlich und ohne Sachgrund, die streitgegenständlichen Förderungen auf solche Kosten zu beschränken, die im Zusammenhang mit der Pandemie stünden. Mit der Richtlinie Überbrückungshilfe III Plus, die als außerordentliche Wirtschaftshilfe ausgestaltet sei, sollten diejenigen Unternehmen gefördert werden, die erhebliche Umsatzausfälle aufgrund der Corona-Pandemie erlitten hätten, vgl. Nr. 1 der Richtlinie Überbrückungshilfe III Plus. Dieser Zweck wäre gefährdet, würden auch Kosten ersetzt, die unabhängig von der Pandemie entstanden seien. Das seien für den vorliegend allein relevanten Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG ausreichende Differenzierungsgründe.
8
In der mündlichen Verhandlung am 13. Februar 2023 beantragte die Bevollmächtigte der Klägerin:
I. Die Beklagte wird unter Aufhebung der Nr. 5 des Bescheides der IHK für München und Oberbayern vom 13. September 2022 verpflichtet, die weitere beantragte Überbrückungshilfe in Höhe von 30.043,16 EUR gemäß Antrag vom 28. März 2022 zu gewähren.
II. Hilfsweise wird die Beklagte unter Aufhebung der Nr. 5 des Bescheides der IHK für München und Oberbayern vom 13. September 2022 verpflichtet, über den abgelehnten Teil des Antrags erneut un-ter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
9
Die Beklagtenbevollmächtigte beantragte,
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze samt Anlagen in der Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
11
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
12
Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage (§ 42 Abs. 1 Halbs. 2 Alt. 1 VwGO) bezüglich der noch beantragten Förderung statthaft und auch im Übrigen zulässig.
13
Die Klage ist unbegründet.
14
Der Bescheid der beklagten IHK vom 13. September 2022 ist im streitgegenständlichen Umfang rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
15
Dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer weitergehenden Überbrückungshilfe III Plus in Höhe von 30.043,16 EUR nicht vorliegen, hat die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 13. September 2022, auf dessen Gründe, die sich das Gericht zu eigen macht, zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (§ 117 Abs. 5 VwGO), zutreffend begründet und mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2022 sowie in der mündlichen Verhandlung vertiefend ausführlich in nachvollziehbarer Weise erläutert.
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Das Vorbringen der Klägerin führt zu keiner anderen Beurteilung.
17
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Überbrückungshilfe III Plus in Höhe von weiteren 30.043,16 EUR. Ein solcher Anspruch auf Bewilligung folgt nicht aus der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten auf der Basis der Richtlinie Überbrückungshilfe III Plus. Des Weiteren liegt auch kein atypischer Ausnahmefall vor. Genauso wenig ist der Ausschluss der Klägerin von einer Förderung der von ihr noch geltend gemachten Aufwendungen nach der Richtlinie Überbrückungshilfe III Plus und der Förderpraxis der Beklagten als gleichheitswidriger oder gar willkürlicher Verstoß zu werten.
18
Denn bei Zuwendungen der vorliegenden Art aufgrund von Richtlinien, wie der Richtlinie Überbrückungshilfe III Plus, handelt es sich – wie sich bereits aus der Vorbemerkung Satz 1 erster Spiegelstrich und Satz 2 sowie Nr. 1 Satz 4 der Richtlinie Überbrückungshilfe III Plus ergibt – um eine Billigkeitsleistung nach Art. 53 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO), die ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt wird. Eine explizite Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung der bei der Beklagten beantragten Zuwendung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinie und der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen im billigen pflichtgemäßen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (vgl. Vorbemerkung Satz 2 und Satz 3 der Richtlinie Überbrückungshilfe III sowie Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinie. Förderrichtlinien begründen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Das Gericht ist somit grundsätzlich an den Zuwendungszweck gebunden, wie ihn der Zuwendungsgeber versteht. Für die gerichtliche Prüfung einer Förderung ist deshalb entscheidend, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist (vgl. allgemein BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – BayVBl 2020, 365 – juris Rn. 26; vgl. auch ausführlich VG Würzburg, U.v. 25.5.2020 – W 8 K 19.1546 – juris und B.v. 18.6.2020 – W 8 E 20.736 – juris sowie zuletzt zu Corona-Beihilfen BayVGH, B.v. 14.10.2022 – 22 ZB 22.212 – BeckRS 2022, 31594; B.v. 29.9.2022 – 22 ZB 22.213; B.v. 2.2.2022 – 6 C 21.2701 – juris; Be.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.1889 und 6 ZB 21.2023 – jeweils juris; VG München, U.v. 22.11.2022 – M 31 K 21.6438 – BeckRS 2022, 34340; U.v. 15.11.2022 – M 31 K 21.6097 – juris; B.v. 31.10.2022 – M 31 E 22.5178 – juris; Ue.v. 10.10.2022 – M 31 K 22.661 – BeckRS 2022, 32186; M 31 K 22.27 – juris; M 31 K 22.245 – juris; U.v. 21.9.2022 – M 31 K 21.5244 – juris; U.v. 21.9.2022 – M 31 K 22.423 – juris; U.v. 5.7.2022 – M 21 K 21.1483 – BayVBl. 2022, 717; U.v. 30.5.2022 – M 31 K 21.3379 – juris; U.v. 11.5.2022 – M 31 K 21.4171 – juris; U.v. 26.4.2022 – M 31 K 21.1857 – juris; U.v. 16.12.2021 – M 31 K 21.3624 – juris; U.v. 15.11.2021 – M 31 K 21.2780 – juris; VG Gießen, U.v. 21.11.2022 – 4 K 3039/21.GI – juris; U.v. 29.8.2022 – 4 K 1659/21.GI – juris; VG Bayreuth, G.v. 20.6.2022 – B 8 K 21.1024 – juris; VG Halle, U.v. 25.4.2022 – 4 A 28/22/HAL – BeckRS 2022, 9223; U.v. 8.3.2022 – 4 A 11/22 – juris; VG Trier, U.v. 8.12.2021 – 8 K 2827/21.TR – COVuR 2022, 238 sowie etwa VG Würzburg, U.v. 14.11.2022 – W 8 K 22.1124 – BeckRS 2022, 34296; U.v. 24.10.2022 – W 8 K 21.1263 – juris; U.v. 25.7.2022 – W 8 K 22.289 – juris; U.v. 25.7.2022 – W 8 K 22.577 – BeckRS 2022, 22894; Ue.v. 29.11.2021 – W 8 K 21.585 und W 8 K 21.982 – juris).
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Ein Anspruch auf Förderung besteht danach im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis der Beklagten auch positiv verbeschieden werden (BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – BayVBl 2020, 346 – juris Rn. 26).
20
Dabei dürfen Förderrichtlinien nicht – wie Gesetze oder Verordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dienen nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.1889 und 6 ZB 21.2023 – jeweils juris; B.v. 18.5.2020 – 6 ZB 20.438 – juris). Da Richtlinien keine Rechtsnormen sind, unterliegen sie grundsätzlich keiner richterlichen Interpretation. Eine Überprüfung hat sich darauf zu beschränken, ob aufgrund der einschlägigen Förderrichtlinien überhaupt eine Verteilung öffentlicher Mittel vorgenommen werden kann (Vorbehalt des Gesetzes) und bejahendenfalls, ob bei Anwendung der Richtlinien in Einzelfällen, in denen die begehrte Leistung versagt worden ist, der Gleichheitssatz (Art. 3 GG) verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, nicht beachtet worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.1979 – 3 C 111/79 – BVerwGE 58, 45 – juris Rn. 24).
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Bei der rechtlichen Beurteilung staatlicher Fördermaßnahmen, die wie hier nicht auf Rechtsnormen, sondern lediglich auf verwaltungsinternen ermessenslenkenden Vergaberichtlinien beruhen, kommt es damit nicht auf eine objektive Auslegung der Richtlinien an, sondern grundsätzlich nur darauf, wie die ministeriellen Vorgaben von der zuständigen Stelle tatsächlich verstanden und praktiziert worden sind (vgl. BayVGH, U.v. 10.12.2015 – 4 BV 15.1830 – juris Rn. 42 m.w.N.). Der Zuwendungsgeber bestimmt im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens darüber, welche Ausgaben er dem Fördergegenstand zuordnet und wer konkret begünstigt werden soll. Außerdem obliegt ihm allein die Ausgestaltung des Förderverfahrens. Insoweit hat er auch die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften (vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2020 – 6 ZB 20.1652 – juris Rn. 9; B.v. 17.11.2010 – 4 ZB 10.1689 – juris Rn. 19 m.w.N.), so dass es allein darauf ankommt, wie die administrative Binnenvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt wurde (BayVGH, B.v. 20.7.2022 – 22 ZB 21.2777 – juris; Be.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.1889 und 6 ZB 21.2023 – jeweils juris; vgl. auch B.v. 20.7.2022 – 22 ZB 21.2777 – juris Rn. 22; B.v. 22.5.2020 – 6 ZB 20.216 – juris sowie VG München, U.v. 21.9.2022 – M 31 K 22.423 – juris Rn. 24; U.v. 21.9.2022 – M 31 K 21.5244 – juris Rn. 22; siehe auch NdsOVG, U.v. 12.12.2022 – 10 LC 76/21 – juris Rn. 29; U.v. 6.12.2022 – 10 LB 112/21 – juris Rn. 24).
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Es ist allein Sache des Zuwendungsgebers, die Modalitäten einer Förderung festzulegen, seine Richtlinien auszulegen und den Förderzweck zu bestimmen sowie seine Förderpraxis nach seinen Vorstellungen entsprechend auszurichten (vgl. etwa NdsOVG, U.v. 15.9.2022 – 10 LC 151/20 – juris Rn. 41 ff.; U.v. 21.4.2022 – 10 LC 204/20 – juris Rn. 31; U.v. 5.5.2021 – 10 LB 201/20 – NVwZ-RR 2021, 835 – juris Rn. 30; U.v. 24.3.2021 – 10 LC 203/20 – RdL 2021, 251 – juris Rn. 29 ff.; U.v. 3.2.2021 – 10 LC 149/20 – AUR 2021, 98 – juris Rn. 20; BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.1889 und 6 ZB 21.2023 – jeweils juris; B.v. 3.5.2021 – 6 ZB 21.301 – juris Rn. 8; B.v. 14.9.2020 – 6 ZB 20.1652 – juris Rn. 9; jeweils m.w.N.) und auch – sofern nicht willkürlich – zu ändern (OVG NRW, U.v. 22.3.2021 – 14 A 1131/18 – DWW 2021, 186 – juris LS 2 u. Rn. 53).
23
Die Richtlinien setzen Maßstäbe für die Verteilung der staatlichen Hilfen und regeln insoweit die Ermessenshandhabung. Die Ermessensbindung reicht jedoch nur so weit wie die festgestellte tatsächliche ständige Verwaltungspraxis. Die gerichtliche Überprüfung erfolgt nur im Rahmen des § 114 VwGO. Das Gericht hat nicht die Befugnis zu einer eigenständigen oder gar erweiternden Auslegung der Richtlinie (vgl. NdsOVG, U.v. 24.3.2021 – 10 LC 203/20 – RdL 2021, 251 – juris; SaarlOVG, B.v. 28.5.2018 – 2 A 480/17 – NVwZ-RR 2019, 219; OVG SH, U.v. 17.5.2018 – 3 LB 5/15 – juris; OVG NW, B.v. 29.5.2017 – 4 A 516/15 – juris; HessVGH, U.v. 28.6.2012 – 10 A 1481/11 – ZNER 2012, 436).
24
Denn zuwendungsrechtlich kommt es nicht auf eine Auslegung der streitgegenständlichen Zuwendungsrichtlinie in grammatikalischer, systematischer oder teleologischer Hinsicht an (vgl. VG München, U.v. 16.12.2021 – M 31 K 21.3624 – juris Rn. 31). Es kommt weiter nicht darauf an, welche Bedeutung die in der Richtlinie verwendeten Begriffe im Verständnis der Klägerseite oder im allgemeinen Sprachgebrauch (etwa unter Rückgriff auf Wikipedia oder den Duden) üblicherweise haben, sondern allein darauf, ob die dem Ablehnungsbescheid zugrundeliegende Anwendung der Richtlinie dem Verständnis und der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten entspricht (so ausdrücklich BayVGH, B.v. 14.10.2022 – 22 ZB 22.212 – BeckRS 2022, 31594 Rn. 23; B.v. 29.9.2022 – 22 ZB 22.213 – BA Rn. 23; B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.1889 – juris Rn. 20 m.w.N.). Maßgeblich für die Selbstbindung der Verwaltung ist nicht der Wortlaut der Richtlinie Überbrückungshilfe III Plus oder gar der Wortlaut der FAQ usw., sondern ausschließlich das Verständnis des Zuwendungsgebers und die tatsächliche Verwaltungspraxis zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (VGH BW, B.v. 21.10.2021 – 13 S 3017/21 – juris Rn. 33 mit Verweis auf BVerwG, B.v. 11.11.2008 – 7 B 38.08 – juris Rn. 9 f.; SächsOVG, B.v. 1.10.2021 – 6 A 782/19 – juris m.w.N.).
25
Ausgangspunkt ist die ständige Verwaltungspraxis in vergleichbaren Fällen, sofern sie nicht im Einzelfall aus anderen Gründen zu rechtswidrigen Ergebnissen führt. Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle muss bleiben (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 40 Rn. 42 ff.; Schenke/Ruthig in Kopp/Schenke, VwGO 28. Aufl. 2022, § 114 Rn. 41 ff.).
26
Der maßgebliche Zeitpunkt für die Bewertung der Voraussetzungen der Gewährung der Überbrückungshilfe III ist nicht der Zeitpunkt der Antragstellung im Verwaltungsverfahren bei der Behörde und auch nicht der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts. Dem materiellen Recht folgend, das hier vor allem durch die Richtlinie Überbrückungshilfe III Plus und deren Anwendung durch die Beklagte in ständiger Praxis vorgegeben wird, ist vielmehr auf dem Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides abzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2022 – 6 ZB 20.438 – juris m.w.N.), sodass – abgesehen von vertiefenden Erläuterungen – ein neuer Tatsachenvortrag oder die Vorlage neuer Unterlagen im Klageverfahren grundsätzlich irrelevant sind (vgl. VG Weimar, U.v. 17.9.2020 – 8 K 609/20 – juris Rn. 26 sowie VG München, U.v. 22.11.2022 – M 31 K 21.6438 – BeckRS 2022, 34340 Rn. 30; U.v. 15.11.2022 – M 31 K 21.6097 – juris Rn. 34; U.v. 10.10.2022 – M 31 K 22.661 – BeckRS 2022, 32186 Rn. 27; B.v. 25.6.2020 – M 31 K 20.2261 – juris Rn. 19; VG Aachen, U.v. 21.11.2022 – 7 K 2197/20 – juris Rn. 34; siehe auch schon VG Würzburg, U.v. 8.2.2021 – W 8 K 20.1180 – juris Rn. 27 und 50 zur Stichtagsregelung bei Baukindergeld; VG Würzburg, U.v. 26.7.2021 – W 8 K 20.2031 – juris Rn. 21).
27
Im Corona‐Beihilfen – Leitfaden zu Verbundunternehmen (z.B. https://www.stbk-sachsen-anhalt.de/wp-content/uploads/2020/11/StBK-SA_Leitfaden-Corona-Beihilfen-Verbundunternehmen.pdf), der vom Bundesministerium für Wirtschaft für die Überbrückungshilfe I bis III sowie zur November- und Dezemberhilfe am 4. März 2021 veröffentlicht wurde (vgl. https://www.stbk-sachsen-anhalt.de/ueberbrueckungshilfe-i-2/), ist ausdrücklich übergreifend vermerkt, dass im Subventionsrecht auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung der Bewilligungsstelle abzustellen ist. Der Leitfaden, der sich explizit auf die Richtlinien Bayern und Hinweise des Bundes bezieht, wurde zwischen Bund und Ländern abgestimmt und gilt in allen Bundesländern. Bayern, das sich im streitgegenständlichen Corona-Beihilfe-Verfahren gemäß § 47b ZustV durch Beleihung der beklagten IHK als Zuwendungsbehörde (Art. 1 Abs. 2 BayVwVfG) bedient, hat den Leitfaden ausdrücklich seiner Verwaltungspraxis bzgl. Corona-Beihilfen zugrunde gelegt (siehe explizit schon VG Würzburg, U.v. 18.10.2021 – W 8 K 21.716 – juris Rn. 8 und 9 sowie Rn. 33, 36, 39 ff., 56).
28
Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist demnach gemäß der geübten Verwaltungspraxis der beklagten IHK – wie diese in zahlreichen bei Gericht anhängigen Verfahren verlautbart hat – der Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde (vgl. BayVGH, B.v. 2.2.2022 – 6 C 21.2701 – juris Rn. 8 und 10), sodass neuer Tatsachenvortrag und die Vorlage neuer Unterlagen im Klageverfahren irrelevant sind, weil bzw. wenn und soweit die Zuwendungsvoraussetzungen – wie hier – allein aufgrund der bis zur behördlichen Entscheidung eingegangenen Unterlagen bewertet werden. Grundsätzlich liegt es gerade in Zuwendungsverfahren in der Sphäre des Zuwendungsempfängers, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt darzulegen und nachzuweisen (VG Halle, U.v. 25.4.2022 – 4 A 28/22 HAL – BeckRS 2022, 9223 Rn. 25; VG München, U.v. 20.9.2021 – M 31 K 21.2632 – BeckRS 2021, 29655 Rn. 24 und 26 ff.; VG Würzburg, Ue.v. 29.11.2021 – W 8 K 21.585 und W 8 K 21.982 – juris Rn. 38; U.v. 26.7.2021 – W 8 K 20.2031 – juris Rn. 21; VG Weimar, U.v. 29.1.2021 – 8 K 795/20 We – juris Rn. 31; U.v. 17.9.2020 – 8 K 609/20 – juris Rn. 26). Alles, was im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht oder erkennbar war, konnte und musste die Beklagte auch im Rahmen der konkreten Ermessensausübung nicht berücksichtigen, so dass ermessensrelevante Tatsachen, die erstmals im Klageverfahren vorgebracht werden, im Nachhinein keine Berücksichtigung finden können (VG Weimar, U.v. 17.9.2020 – 8 K 609/20 – juris Rn. 25 f. m.w.N.).
29
Denn da die streitige Zuwendung eine freiwillige staatliche Leistung darstellt, ist ihre Gewährung von einer Mitwirkung der Antragstellenden im Rahmen des Zuwendungsantrags, insbesondere von der Mitteilung und Substanziierung zutreffender, zur Identifikation und für die Förderfähigkeit notwendiger Angaben abhängig. Es ist weiter nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte die Angaben der Klagepartei auf ihre Substanziierung und Plausibilität hin geprüft und gegebenenfalls mangels ausreichender Darlegung die begehrte Zuwendung ablehnt (VG München, U.v.20.9.2021 – M 31 K 21.2632 – BeckRS 2021, 29655 Rn. 30 ff. m.w.N; VG Würzburg, Ue.v. 29.11.2021 – W 8 K 21.585 und W 8 K 21.982 – juris Rn. S. 15 f.; U.v. 3.8.2020 – W 8 K 20.743 – juris Rn. 37).
30
Die Anforderung geeigneter Nachweise für die Anspruchsberechtigung nach der Richtlinie ist auch vor dem Hintergrund des Grundsatzes der sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayHO) gerade im Bereich der Leistungsverwaltung sachgerecht und nicht zu beanstanden. Ferner entspricht die Verpflichtung zur Mitwirkung seitens der Antragstellenden allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen, Art. 26 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG (vgl. VG Würzburg, U.v. 26.4.2021 – W 8 K 20.1487 – juris Rn. 31 m.w.N.). In dem Zusammenhang oblag der Klägerin eine substanziierte Darlegungslast schon im Verwaltungsverfahren (vgl. BayVGH, B.v. 20.6.2022 – 22 ZB 21.2777 – juris Rn. 16 und 21). Neues Vorbringen im Klageverfahren – wie hier – ist grundsätzlich nicht mehr (ermessens-)relevant (vgl. auch schon VG Würzburg, U.v. 25.7.2022 – W 8 K 22.577 – BeckRS 2022, 22894 Rn. 28 ff.; U.v. 25.7.2022 – W 8 K 22.289 – juris Rn. 31 ff.).
31
Des Weiteren hängt es nach der von der Beklagten dargelegten richtliniengeleiteten Verwaltungspraxis vom Einzelfall in der jeweiligen Fallkonstellation ab, ob und inwieweit Nachfragen erfolgen, da die Bewilligungsstelle grundsätzlich auf die vom prüfenden Dritten gemachten Angaben vertrauen darf, sofern es keine Anhaltspunkte für Unvollständigkeit oder Fehlerhaftigkeit gibt. Wenn überhaupt eine Nachfrage angezeigt ist, kann aufgrund der massenhaft anfallenden und in kurzer Zeit zu entscheidenden Förderanträge oftmals eine einmalige Nachfrage zur Plausibilisierung auf elektronischem Weg genügen. Aufgrund dessen und aufgrund der Tatsache, dass neben der Überbrückungshilfe III auch andere Hilfsprogramme zur Bewältigung der finanziellen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie aufgelegt wurden, handelt es sich hierbei um ein Massenverfahren, dessen Bewältigung ein gewisses Maß an Standardisierung auf behördlicher Seite erfordert (vgl. auch VG Würzburg, B.v. 13.7.2020 – W 8 E 20.815 – juris Rn. 28 f.). Dabei ist weiterhin zu beachten, dass dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Effektivitäts- und Zügigkeitsgebot (Art. 10 Satz 2 BayVwVfG) bei der administrativen Bewältigung des erheblichen Förderantragsaufkommens im Rahmen der Corona-Beihilfen besondere Bedeutung zukommt; dies gerade auch deswegen, um den Antragstellenden möglichst schnell Rechtssicherheit im Hinblick auf die Erfolgsaussichten ihrer Förderanträge und damit über die (Nicht-)Gewährung von Fördermitteln zu geben (VG München, U.v. 26.4.2022 – M 31 K 21.1857 – juris Rn. 23; U.v. 23.2.2022 – M 31 K 21.418 – juris Rn. 28; U.v. 20.9.2021 – M 31 K 21.2632 – BeckRS 2021, 29655 Rn. 24 und 26 ff. m.w.N.).
32
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat ebenfalls hervorgehoben, dass sich grundsätzlich Aufklärungs- und Beratungspflichten aus Art. 25 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG auf präzisierungsbedürftige Anträge erstrecken, wobei sich die Beratungs- bzw. Aufklärungs- und Belehrungspflichten nach dem jeweiligen Einzelfall richten. Zu beachten ist dabei, dass die möglicherweise erhöhte (verfahrensmäßige) Fürsorgebedürftigkeit eines einzelnen Antragstellenden vorliegend zugunsten der quasi „objektiven“, materiellen/finanziellen Fürsorgebedürftigkeit einer Vielzahl von Antragstellenden, denen ein existenzbedrohender Liquiditätsengpass drohen würde, wenn ihnen nicht zeitnah staatliche Zuwendung in Form von Corona-Soforthilfen gewährt werden, zurückzutreten hat bzw. mit letzteren zum Ausgleich zu bringen ist, zumal die Antragstellenden im Rahmen eines Zuwendungsverfahrens eine letztlich aus § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB resultierende, zur allgemeinen Mitwirkungspflicht (Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG) hinzutretende (erhöhte) Sorgfaltspflicht im Hinblick auf die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben trifft. Die Anforderung an ein effektiv und zügig durchgeführtes Massenverfahren sind dabei nicht zu überspannen (siehe BayVGH, B.v. 20.7.2022 – 22 ZB 21.2777 – juris Rn. 16 und 21).
33
Nach den dargelegten Grundsätzen hat die Klägerin keinen Anspruch auf eine weitergehende Gewährung der begehrten Überbrückungshilfe III Plus. Weder die Richtlinie Überbrückungshilfe III Plus selbst noch ihre Handhabung in ständiger Verwaltungspraxis der Beklagten sind vorliegend zu beanstanden.
34
Mangels gesetzlicher Anspruchsgrundlage steht der Klägerin nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung zu. Bei der dem Gericht gemäß § 114 VwGO nur beschränkt möglichen Überprüfung der Ermessensentscheidung ist der ablehnende Bescheid vom 13. September 2022 nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat insbesondere den Rahmen, der durch die haushaltsrechtliche Zweckbestimmung gezogen wurde, eingehalten, den erheblichen Sachverhalt vollständig und im Ergebnis zutreffend ermittelt und sich bei der eigentlichen Beurteilung an allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe gehalten, insbesondere das Willkürverbot und das Gebot des Vertrauensschutzes nicht verletzt.
35
Die streitgegenständlichen Aufwendungen sind im Rahmen der Überbrückungshilfe III Plus nach der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten aufgrund der Richtlinie Überbrückungshilfe III Plus nicht förderfähig.
36
Beachtlich bei Überbrückungshilfe III Plus sind hier insbesondere:
37
Diese Überbrückungshilfe III Plus ist in Form einer Billigkeitsleistung gemäß § 53 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) bzw. Art. 53 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO) als freiwillige Zahlung zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz zu gewähren, wenn Unternehmen, Soloselbständige und Angehörige der Freien Berufe Coronabedingt erhebliche Umsatzausfälle erleiden. Durch Zahlungen als Beitrag zu den betrieblichen Fixkosten soll ihre wirtschaftliche Existenz gesichert werden.
38
Der Antragsteller kann Überbrückungshilfe III Plus für die folgenden fortlaufenden, im Förderzeitraum anfallenden vertraglich begründeten oder behördlich festgesetzten und nicht einseitig veränderbaren betrieblichen Fixkosten beantragen:
… n) Bauliche Modernisierungs-, Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen bis zu 20.000 Euro pro Monat zur Umsetzung von Hygienekonzepten. Förderfähig sind Kosten, die im Zeitraum Juli 2021 bis Dezember 2021 angefallen sind. Außerdem können unter denselben Voraussetzungen auch Investitionen in Digitalisierung (z. B. Aufbau oder Erweiterung eines Online-Shops, Eintrittskosten bei großen Plattformen) einmalig bis zu 20.000 Euro als erstattungsfähig anerkannt werden.
39
Weiter sind die FAQs zur „Corona-Überbrückungshilfe III Plus“ – Vierte Phase von Juli 2021 bis Dezember 2021 (https://www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de/DE/FAQ/Ubh-IIIP/ueberbrueckungshilfe-iiiplus.html) zu beachten, insbesondere:
40
Förderfähig sind fortlaufende, im Förderzeitraum Juli 2021 bis Dezember 2021 anfallende vertraglich begründete oder behördlich festgesetzte und nicht einseitig veränderbare betriebliche Fixkosten gemäß der folgenden Liste ohne Vorsteuer (ausgenommen Kleinunternehmerinnen beziehungsweise Kleinunternehmer, die auch branchen-spezifischen Besonderheiten Rechnung trägt. Kosten gelten dann als nicht einseitig veränderbar, wenn das zugrunde liegende Vertragsverhältnis nicht innerhalb des Förderzeitraums gekündigt oder im Leistungsumfang reduziert werden kann, ohne das Aufrechterhalten der betrieblichen Tätigkeit zu gefährden.
41
Berücksichtigungsfähig sind ausschließlich solche Verbindlichkeiten, deren vertragliche Fälligkeit im Förderzeitraum liegt (inklusive vertraglich vereinbarte Anzahlungen). Maßgeblich für den Zeitpunkt der vertraglichen Fälligkeit ist ausschließlich der Zeitpunkt, der sich nach der (ersten) Rechnungsstellung ergibt (nicht relevant sind der Zeitpunkt weiterer Zahlungsaufforderungen, der Zeitpunkt der Zahlung oder der Zeitpunkt der Bilanzierung). Die betrieblichen Kosten dürfen jeweils nur einmalig angesetzt werden (nicht unter zwei Ziffern gleichzeitig).
42
Enthält unter anderem Enthält nicht
14. Bauliche Modernisierungs-, Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen bis zu 20.000 Euro pro Monat zur Umsetzung von Hygienekonzepten zur Eindämmung des Infektionsgeschehens.
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Förderfähig sind Kosten, die im Zeitraum Juli 2021 bis Dezember 2021 angefallen sind, sofern sie in der Liste in Anhang 3 enthalten sind. Das Fehlen einer Schlussrechnung zum Zeitpunkt der Antragstellung steht der Erstattungsfähigkeit der Kosten nicht entgegen; eine reine Beauftragung der baulichen Maßnahmen reicht hingegen nicht aus (mindestens Zwischenrechnungen erforderlich).
Die Anschaffung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens ist in jedem Fall nur dann förderfähig, wenn diese zum Zeitpunkt der Schlussabrechnung noch im Unternehmen vorhanden sind. Ist dies nicht der Fall, ist eine Rückzahlung der dafür erhaltenen Förderung fällig.
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- Bauliche Modernisierungs-, Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen, die nicht Bestandteil von Hygienekonzepten sind.
- Maßnahmen, die zur Einhaltung von bereits vor der Pandemie bestehenden gesetzlichen Vorgaben (zum Beispiel allgemeiner Arbeitsschutz) dienen.
- Maßnahmen, die nicht explizit als förderfähig in Anhang 3 aufgeführt sind
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16. Ausgaben für Hygienemaßnahmen
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Anhang 3 enthält eine Liste aller ansetzbarer Kosten.
Zur Berücksichtigung der besonderen Corona-Situation sind Hygienemaßnahmen einschließlich investiver Maßnahmen entgegen der sonst gültigen Vorgaben auch förderfähig, wenn sie nach dem 1. Juli 2021 begründet sind.
- Das Fehlen einer Schlussrechnung zum Zeitpunkt der Antragstellung steht der Erstattungsfähigkeit der Kosten nicht entgegen; eine reine Beauftragung der Maßnahmen reicht hingegen nicht aus (mindestens Zwischenrechnungen erforderlich).
Die Anschaffung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens ist in jedem Fall nur dann förderfähig, wenn diese zum Zeitpunkt der Schlussabrechnung noch im Unternehmen vorhanden sind. Ist dies nicht der Fall, ist eine Rückzahlung der dafür erhaltenen Förderung fällig.
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- Förderfähige Hygienemaßnahmen umfassen nicht variable Kosten für Anschaffungen die nicht ausschließlich Hygienemaßnahmen dienen, zum Beispiel Anmietung zusätzlicher Fahrzeuge bei Reiseunternehmen.
- Hygienemaßnahmen, die bauliche Aspekte beinhalten (diese fallen unter die Regelung nach Nummer 14 und sind ausschließlich dort anzugeben).
- Maßnahmen, die nicht explizit als förderfähig in Anhang 3 aufgeführt sind.
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Folgende Digitalisierungs- oder Hygienemaßnahmen sind Maßnahmen unter Ziffer 2.4 Nummer 14, 16 und 17. Diese oder gleichwertige Maßnahmen sind förderfähig, wenn sie den FAQs entsprechen und die Kosten der Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zu den Zielen stehen. Die Maßnahme muss primär der Existenzsicherung des Unternehmens in der Pandemie dienen und darf kein Abbau eines Investitionsstaus sein (das heißt Maßnahmen, die bereits vor Beginn der Pandemie angestanden hätten und durch diese nicht bedingt sind). Ebenso sind Maßnahmen nicht förderfähig, die zur Einhaltung von bereits vor der Pandemie bestehenden gesetzlichen Vorgaben (zum Beispiel allgemeiner Arbeitsschutz) dienen. Förderfähig sind vornehmlich Kosten, die infolge von Vorschriften zur Eindämmung der Corona-Pandemie (zum Beispiel Corona-Arbeitsschutzverordnung, Homeoffice-Pflicht, Maskenpflicht und so weiter) entstehen beziehungsweise entstanden sind. Die Hygienemaßnahmen müssen Teil eines schlüssigen Hygienekonzeptes sein. Eine Begründung und Einzelfallprüfung ist in jedem Fall erforderlich, wenn die geltend gemachten Kosten für Nummer 14, 16 und 17 im Förderzeitraum insgesamt 10.000 Euro überschreiten.
Förderfähige Bauliche Modernisierungs-, Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen gemäß Ziffer 2.4 Nummer 14
- Abtrennungen, Trennwände und Plexiglas
- Absperrungen oder Trennschilder
- Errichtung von Doppelstrukturen im Indoorbereich, um Schlangenbildung im To-Go-Geschäft vorzubeugen (zweite Theke)
- Umstrukturierung des Gastraums im Restaurantbereich zur Einhaltung der Sitzabstände (zum Beispiel Elektroinstallationsarbeiten zur Verlegung von Lampen über den Tischen)
- Umrüstung von Türschließanlagen auf kontaktlos
- Bauliche Erweiterung des Außenbereichs
- Bauliche Maßnahmen zur Nutzung des Außenbereichs bei schlechterem Wetter (beispielsweise Überdachung)
Förderfähige Hygienemaßnahmen beziehungsweise. Maßnahmen zur temporären Verlagerung des Geschäftsbetriebs in Außenbereiche gemäß Ziffer 2.4 Nummer 16
- Anschaffung mobiler Luftreiniger beispielsweise durch Hepafilter oder UVC-Licht
- Nachrüstung bereits bestehender stationärer Luftreiniger beispielsweise durch Hepafilter oder UVC-Licht
- Anschaffung Handtrockner beispielsweise mit Hepafilter oder UVC-Licht
- Anschaffung Dampfreiniger (beispielsweise mit UVC-Licht) zur Oberflächen- und Bodenreinigung
- Anschaffung von Besucher-/Kundenzählgeräten
- Anschaffung mobiler Raumteiler
- Schulung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu Hygienemaßnahmen
- Nichtbauliche Maßnahmen zur Nutzung des Außenbereichs bei schlechterem Wetter (Heizpilz, Sonnenschirm und so weiter.)
- Einmalartikel zur Umsetzung von Hygienemaßnahmen, wie Schnelltests, Desinfektionsmitteln und Schutzmasken.
43
Ausgehend von den vorstehenden zitierten Vorgaben hat die Beklagte unter Heranziehung der Richtlinie Überbrückungshilfe III Plus, die sich in der Sache mit den Vollzugshinweisen für die Gewährung von Corona-Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen deckt, sowie der FAQ zur Überbrückungshilfe III Plus ihre Förderpraxis plausibel begründet (siehe insbesondere ihre vorne auf den S. 7 bis 10 des Tatbestandes im Urteilsabdruck referierten Schriftsatz vom 16. Dezember 2022). Sie hat ihre Verwaltungspraxis konkret dargestellt und nachvollziehbar erläutert (vgl. zu diesem Erfordernis NdsOVG, B.v. 24.10.2022 – 10 LA 93/22 – juris Rn. 10), dass sie die Kosten für die streitgegenständlichen Maßnahmen nicht als förderfähige Kosten ansehe. Zweifel am Vorliegen der von der Beklagtenseite plausibel dargelegten Förderpraxis bestehen nicht (zur „Feststellungslast“ der Beklagtenseite siehe VG Düsseldorf, U.v. 16.1.2023 – 20 K 7275/21 – juris Rn. 42; VG Gelsenkirchen, U.v. 18.11.2022 – 19 K 4392/20 – juris Rn. 48).
44
Das klägerische Vorbringen führt zu keiner anderen Beurteilung.
45
Soweit die Teilablehnung im Bescheid nur kurz begründet wurde, ist die nicht ermessensfehlerhaft, weil zum einen die verfahrensmäßige Bewältigung der Förderanträge den Erfordernissen eines Massenverfahrens geschuldet war und zum anderen die Beklagte ihre Ermessenserwägungen im Klageverfahren gemäß § 114 Satz 2 VwGO in zulässiger Weise ergänzen konnte.
46
Soweit in der Klagebegründung vom 15. November 2022 auf S. 4 pauschal vorgebracht wird, vergleichbare Anträge seien auch in ständiger Verwaltungspraxis positiv beschieden worden, wurde diese Behauptung nicht weiter belegt und rechtfertigt für sich nicht, eine solche gegenläufige Verwaltungspraxis abweichend von der von Beklagtenseite in plausibler Weise angeführten Praxis anzunehmen.
47
Auch wenn es keine zwingende Pflicht der Klageseite geben mag, das Bestehen einer entsprechenden Verwaltungspraxis gewissermaßen durch „Gegenbeispiele“ zu entkräften (so BayVGH, B.v. 21.12.2021 – 12 ZB 20.2694 – juris Rn. 28 „keine Pflicht, … das Bestehen einer entsprechenden Verwaltungspraxis … durch „Gegenbeispiele“ zu entkräften“; a.A. SächsOVG, B.v. 4.8.2022 – 6 A 702/19 – juris Rn. 10 „nur, wenn sie Fälle benennt“), reicht eine – wie hier – schlichte, nicht näher substanziierte gegenteilige Behauptung einer anderen Verwaltungspraxis nicht aus, zumal es – wie bereits ausgeführt – gerade im Falle der Gewährung einer Zuwendung bzw. Billigkeitsleistung in der Sphäre des Leistungsempfängers liegt, das Vorliegen der Fördervoraussetzungen darzulegen und zu beweisen. Dies gilt gleichermaßen, soweit ein Anspruch unter Berufung auf eine Gleichbehandlung eingefordert wird (siehe schon VG Würzburg U.v. 14.11.2022 – 8 K 22.1124 – BeckRS 2022, 34296 Rn. 70 mit Bezug auf VG Halle, U.v. 25.4.2022 – 4 A 28/22 HAL – BeckRS 2022, 9223 Rn. 25.)
48
Letztlich kommt es auf den Einzelfall an, ab welcher Zahl von qualitativ vergleichbaren Abweichungen in anderen Antragsverfahren – die im vorliegenden Fall schon gar nicht aufgezeigt wurden – in Relation zur Gesamtzahl der Fälle eine Duldung der abweichenden Praxis angenommen werden kann (vgl. SächsOVG, B.v. 4.8.2022 – 6 A 702/19 – juris Rn. 10 mit Bezug auf BVerfG, B.v. 12.7.2007 – 1 BvR 1616/03 – juris Rn. 15 „offengelassen“). Umgekehrt bedarf es zur Begründung einer Verwaltungspraxis keiner bestimmten Zahl an Fällen; hierzu kann bereits die Verlautbarung einer geplanten Vorgehensweise durch Verwaltungsvorschrift (antizipierte Verwaltungspraxis) oder eine erste Entscheidung ausreichen, die in Verbindung mit dem Gleichheitssatz grundsätzlich zur Selbstbindung der Verwaltung führt (SächsOVG, B.v. 4.8.2022 – 6 A 702/19 – juris Rn. 10; vgl. auch Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 40 Rn. 60).
49
Der Beklagten obliegt dabei – wie schon dargelegt – allein die Auslegung der Richtlinie Überbrückungshilfe III Plus samt FAQ und die Bestimmung über die konkrete Handhabung im Rahmen ihrer Verwaltungspraxis.
50
Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 8. August 2022 unter anderem plausibel ausgeführt: Dass die Klägerin die streitgegenständlichen Positionen nicht im Rahmen der Überbrückungshilfe III Plus als Fixkosten ersetzt verlangen kann, begründet keinen rechtlich relevanten Ermessensfehler. Insbesondere ist es nicht willkürlich und ohne Sachgrund, die streitgegenständliche Förderung auf solche Kosten zu beschränken, die im Zusammenhang mit der Pandemie stehen. Mit der Überbrückungshilfe III Plus, die als außerordentliche Wirtschaftshilfe ausgestaltet ist, sollen diejenigen Unternehmen gefördert werden, die erhebliche Umsatzausfälle aufgrund der Corona-Pandemie erlitten haben, vgl. Nr. 1 der Richtlinie zur Überbrückungshilfe III Plus. Dieser Zweck wäre gefährdet, würden auch Kosten ersetzt, die unabhängig von der Pandemie entstanden sind. Das sind für den vorliegend allein relevanten Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG ausreichende Differenzierungsgründe.
51
Diese Auffassung zur geübten Verwaltungspraxis steht im Einklang mit der Richtlinie Überbrückungshilfe III Plus (siehe schon VG Würzburg U.v. 14.11.2022 – W 8 K 22.1124 – BeckRS 2022, 34296 Rn. 66 ff.).
52
Der Freistaat Bayern gewährt eine finanzielle Überbrückungshilfe für Unternehmen, die unmittelbar oder mittelbar durch coronabedingte Auflagen oder Schließungen betroffen sind, als Unterstützungsleistung. Die Überbrückungshilfe erfolgt durch teilweise oder vollständige Übernahme der erstattungsfähigen Fixkosten. Die Überbrückungshilfe III Plus ist in Form einer Billigkeitsleistung gemäß Art. 53 BayHO als freiwillige Zahlung zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz zu gewähren, wenn Unternehmen coronabedingt erhebliche Umsatzausfälle erleiden. Durch Zahlungen zur temporären Überbrückung („Überbrückungshilfe“) als Beitrag zu den betrieblichen Fixkosten soll ihre wirtschaftliche Existenz gesichert werden (Vorbemerkung S. 1 und S. 2 sowie Nr. 1 S. 7 und S. 8 der Richtlinie Überbrückungshilfe III Plus).
53
In der rechten Spalte der Liste (Nr. 2.4 Liste Pkt. 14 und 16, rechte Spalte FAQ) sind mit Verweis auf Anhang 3 die nicht förderfähigen Maßnahmen konkretisiert und die Förderfähigkeit der in der mittleren Spalte genannten Aufwendungen weiter einschränkt. Dort ist explizit auf das Erfordernis des primären Zwecks der Maßnahme der Existenzsicherung in der Pandemie bzw. auf eine förderschädliche Notwendigkeit schon vor bzw. unabhängig von der Corona-Pandemie Bezug genommen. Da dem Gericht – wie bereits ausgeführt – eine eigenständige Interpretation verwehrt ist, kommt es nur darauf an, ob eine solches Verständnis und eine darauf basierende Verwaltungspraxis willkürlich ist. Davon ist indes nicht auszugehen, weil die Fördereinschränkungen auf vertretbaren sachgerechten Kriterien beruhen.
54
Die Klägerin beruft sich betreffend die Kosten für die Sanierung und Erweiterung der Toilettenanlage auf ihr Hygienekonzept und die gesonderte Begründung der Maßnahmen im Toilettenbereich. Sie sieht die streitgegenständlichen Maßnahmen im Sanitärbereich als gleichwertig zu den genannten nicht abschließenden Beispielen im Anhang 3 der FAQ an, etwa die Errichtung von Doppelstrukturen im Indoorbereich bzw. Umrüstung auf kontaktlos (förderfähig: „Errichtung von Doppelstrukturen im Indoorbereich, um Schlangenbildung im To-Go-Geschäft vorzubeugen (zweite Theke)“ bzw. „Umrüstung von Türschließanlagen auf kontaktlos“). Aus dem Sinn und Zweck – namentlich Gesundheitsschutz – mache es keinen Unterschied die ganze Sanitäranlage entsprechend zu erweitern, nachzurüsten und auf kontaktlos aufzurüsten, um das Ansteckungsrisiko im Innenräumen zu verringern.
55
Die Klägerin nimmt dabei in der Sache jedoch eine eigene Auslegung der FAQ vor, um nicht zu sagen sogar eine erweiternde Auslegung der zu fördernden Maßnahmen. Eine solche ist aber verwehrt, weil allein auf das Verständnis der Beklagten abzustellen ist. Dabei spielt keine Rolle, dass auch eine weitergehende Förderung – wie von Klägerseite begehrt – möglich oder vielleicht sogar zweckmäßig gewesen wäre, weil ein Absehen von einer weitergehenden Förderung nicht willkürlich ist.
56
Die Vertreter der Beklagtenseite haben in der mündlichen Verhandlung des Weiteren unwidersprochen dargelegt, dass sie auch in anderen Fällen die Umrüstung auf kontaktlos etwa von Handtuchspendern, Seifenspendern oder des Wasserhahns nicht gefördert hätten.
57
Für die Plausibilität der ablehnenden Verwaltungspraxis der Beklagten spricht, dass in der rechten Spalte („Enthält nicht:“) der Liste zu 2.4 der FAQ unter Nr. 14 („Bauliche Modernisierungs-, Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen“) Maßnahmen, die nicht explizit als förderfähig in Anhang 3 aufgeführt sind, gerade von den förderfähigen Kosten ausdrücklich ausgenommen sind. Die Klägerseite bestreitet selbst nicht, dass die Sanierung und Erweiterung der Toiletten im Anhang 3 nicht explizit genannt ist. Auch wenn in der Einleitung zu Anhang 3 allgemein diese „oder gleichwertige“ Maßnahmen förderfähig sein können, verbietet sich eine extensive Auslegung (die ohnehin weder der Klägerin noch dem Gericht zusteht), weil als weitere Voraussetzungen genannt ist, dass die Maßnahmen den FAQ entsprechen und die Kosten in einem angemessenen Verhältnis zu den Zielen stehen sowie weiter primär der Existenzsicherung in der Pandemie dienen müssen und nicht schon vor der Pandemie angestanden haben dürfen.
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Hinzukommt, dass das vorgelegte Hygienekonzept der Klägerin nicht datiert ist, nach seinem Inhalt aber wohl von Februar/März 2022 stammt. Laut Klägerseite soll es Anfang 2021 vorgelegen haben, wobei weder vorgetragen noch sonst bekannt ist, geschweige denn belegt ist, wie dessen Inhalt konkret aussah, sodass die klägerische Aussage unbelegt bleibt, dass die getroffenen Maßnahmen ausschließlich der Verwirklichung des Hygienekonzepts dienten. Nr. 2.4.14 FAQ verlangt indes, dass die baulichen Maßnahmen der Umsetzung von – logischerweise vor Bauplanung und -beginn vorliegenden – Hygienekonzepten zur Eindämmung des Infektionsgeschehens dienen. Auch die gesonderte (nachträgliche) Begründung der Maßnahmen im Toilettenbereich ist undatiert, wurde aber nach ihrem Inhalt offenkundig ebenfalls rückblickend nach Umsetzung der Maßnahmen verfasst.
59
Der Abschluss der Toilettenarbeiten erfolgte außerdem erst im Dezember 2021 (Bl. 92 der Behördenakte; Rechnungen vom 31.12.2021, vgl. Bl. 62 ff.), also nach fast zwei Jahren Pandemie. Zuvor konnte der Betrieb offensichtlich auch ohne Existenzgefährdung laufen. Die Klägerseite erläuterte insofern in der mündlichen Verhandlung, dass die ursprüngliche Damentoilette wegen des schmalen Ganges und der gegenüberliegenden Toilette aufgrund des Begegnungsverkehrs nicht habe genutzt werden können, zumal die Damentoilette selbst zu klein gewesen sei, um mehr als eine Person aufnehmen zu können (jeweils bei Beachtung des Abstandes von 1,5 m). Sie hätten jedoch in der Zeit bis zur Fertigstellung des Umbaus der Toilettenanlage als Alternative eine weitere Toilette nutzen können, die allerdings aufgrund von Stufen für Behinderte nicht geeignet gewesen sei. Im Klagebegründungsschriftsatz ist weiter ausgeführt, dass das vornehmliche Ziel der Maßnahme die Aufrechterhaltung des geregelten Geschäftsbetriebs, so wie er sich vor der Pandemie geäußert habe, gewesen sei.
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Die klägerische Darlegung zeigt indes, dass der umfangreiche Umbau und die Erweiterung der Sanitäranlage nicht zur Existenzsicherung, gerade in der tatsächlich erfolgten Dimension, notwendig gewesen ist. Vielmehr hat es offenkundig andere Möglichkeiten der Überbrückung gegeben. Hinzu kommt, wie auch die Beklagtenseite ausgeführt hat, dass der Infektionsschutz schon aufgrund des Abstandsgebots und der Maskenpflicht Rechnung getragen werden konnte, wobei anzumerken ist, dass das Abstandsgebot ohnehin nur im Rahmen des Möglichen gegolten hat, wie etwa § 1 Satz 2 der 4. BayIfSMV und aller nachfolgenden Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen zeigt („Wo immer möglich, ist ein Mindestabstand zwischen zwei Personen von 1,5 m einzuhalten.“).
61
Des Weiteren ist ein dauerhafter Umbau samt Erweiterung keine temporäre Maßnahme zur Überbrückung, die durch die Überbrückungshilfe gefördert werden soll. Anhang 3 der FAQ verlangt gerade, dass die „Maßnahme primär der Existenzsicherung des Unternehmens in der Pandemie dienen“ muss, also in einem beschränkten Zeitraum. Die Zeitläufe sprechen eher dafür, dass die Investition in die Erweiterung und Sanierung der Toilettenanlage ohnehin fällig gewesen wäre und zeitnah angestanden hätte, und damit für den Abbau eines Investitionsstaus, zumal der konkret vorgenommene Umbau des Sanitärbereichs nach eigenem Bekunden der Klägerin auf einen geregelten Geschäftsbetrieb wie vor der Pandemie ausgelegt und damit über eine temporäre existensichernde Überbrückung hinaus auf Dauer angelegt ist und gerade auch auf die Zeit nach der Pandemie zielt. Die Behauptung, dass die Klägerin die Sanitäreinrichtungen ohne die Vorgaben der Pandemie nicht erweitert hätte, führt für sich zum einen so nicht zu einem Förderanspruch und wirft zum anderen die – vom Gericht gestellte, aber von der Klägerin nicht beantwortete – Frage auf, ob die Erweiterung in gleichem Umfang erfolgt wäre, wenn dafür keinerlei Fördergelder in Aussicht gestanden hätten. Im Gegenteil spricht die weitere Argumentation in der Klagebegründung, dass die Investitionen im Vertrauen auf die Positivliste getätigt worden seien, für die Abhängigkeit der Maßnahmen in ihrem Ausmaß und Umfang von erwarteten Fördergeldern und nicht von deren pandemiebedingten Notwendigkeit zur Existenzsicherung aufgrund von infektionsschutzrechtlichen Erfordernissen.
62
Für die Förderpraxis der Beklagten spricht weiter die Rechtsprechung der Kammer in einem ähnlichen Fall, in dem unter anderem ausgeführt ist (vgl. VG Würzburg, U.v. 6.5.2022 – W 8 K 21.1639 – unveröffentlicht UA S. 14 ff.), dass der Bau einer zusätzlichen Sanitäranlage nicht förderfähig sei. Nach der ständigen Verwaltungspraxis auf der Basis der Richtlinie würden Maßnahmen, die nicht primär der Existenzsicherung in der Pandemie dienten beziehungsweise deren Kosten nicht in einem angemessenen Verhältnis zu den Zielen stünden, dagegen nicht gefördert. Die Kosten dienten nicht der Umsetzung eines schlüssigen Hygienekonzeptes sowie der Existenzsicherung der Klägerin in der Pandemie. Die Maßnahme des Baus einer zusätzlichen Sanitäranlage falle nicht unter die in der Richtlinie bzw. in den FAQ genannten Beispiele förderfähiger Kosten. Diese zeigten vielmehr, dass die Verwaltungspraxis grundsätzlich auf die Bewilligung von Kosten für temporäre Maßnahmen und nicht für auf Dauer angelegte Maßnahmen wie die streitgegenständliche Sanitäranlage gerichtet sei. Es werde jedoch nicht nachvollziehbar begründet, dass der Bau der zusätzlichen Toilettenanlage Bestandteil eines schlüssigen Hygienekonzepts zur Bewältigung der Coronapandemie sei und die Maßnahme primär der Existenzsicherung in der Pandemie diene.
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Soweit die Klägerin Bezug auf eine so genannte Positivliste nimmt, nach der weitere, nicht in die „FAQ“ aufgenommene, Digitalisierungs- und Hygienemaßnahmen förderfähig sein sollen, ist dies für die Verwaltungspraxis der Beklagten und damit für das hiesige Verfahren nicht relevant. Denn es handelt sich bei dieser „Positivliste“ nicht um ein offizielles Dokument des Bundeswirtschafsministeriums. Der Hintergrund dieser und anderer Listen ist, dass zu Beginn des Förderprogramms der Überbrückungshilfe III die in Anhang der FAQ enthaltenen Beispiele noch nicht veröffentlicht gewesen waren. Insofern waren bei den Wirtschaftsverbänden viele Fragen betroffener Unternehmen angekommen, welche konkreten Maßnahmen förderfähig seien. In einer Videokonferenz mit dem Bundeswirtschaftsministerium wurden die auf der Positivliste enthaltenen Beispiele mit den Wirtschaftsverbänden abgestimmt. Sie sollten den prüfenden Dritten in der Anfangsphase der Überbrückungshilfe III zur Orientierung möglicher förderfähiger Maßnahmen dienen. Diese inoffizielle Positivliste ist aber mit der Implementierung der Beispiele im Anhang der FAQ vollständig überholt worden (VG Würzburg, U.v. 24.10.2022 – W 8 K 21.1263 – juris Rn. 64). Zudem war bei den Positivlisten ausdrücklich angemerkt, dass die Listen nur die „möglichen Maßnahmen“ enthielten und eine Veröffentlichung nicht geplant gewesen ist. Die Listen waren zum einen nicht abschließend und zum anderen musste nicht jede dort genannte Maßnahme im konkreten Einzelfall auch gefördert werden (vgl. Schreiben der Bundessteuerberaterkammer vom 20.5.2021; https://www.stbk-sh.de/ueberbrueckungshilfe-iii-positivlisten-fuer-digitalisierungs-und-hygienemassnahmen/). Damit konnten die Listen auch keine anderweitige Verwaltungspraxis begründen (VG Würzburg, U.v. 24.10.2022 – W 8 K 21.1263 – juris Rn. 75).
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Die als Anlage K5 der Klagebegründungsschrift vorgelegte Positivliste enthält zudem selbst den ausdrücklichen Vermerk: Aufnahme in FAQ-Katalog nicht vorgesehen. Listen nicht zur allgemeinen Verwendung gedacht. Infolgedessen konnte sich auch unter dem Gesichtspunkt auf Basis der Positivliste kein schutzwürdiges Vertrauen bilden.
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Soweit die Beklagte die Förderung der Anschaffung des Sauberlaufs (Schmutzfangmatte) des Eingangsbereichs sowie die Erneuerung der Stuhlpolsterung abgelehnt hat, ist dazu in der Klagebegründung nichts weiter ausgeführt. Im vorgelegten Hygienekonzept (von Februar/März 2022) ist lediglich vermerkt, dass sich durch den – bereits erfolgten – Austausch der Sitzoberflächen auf hygienisch abwaschbare Oberflächen die Gefahr einer möglichen Ansteckung auf ein Minimum reduziere.
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Die Beklagte hat dazu nachvollziehbar angemerkt, dass die Kosten für den Sauberlauf im Eingangsbereich und für die Stuhlpolsterung nicht ihren Vorgaben der Richtlinie Überbrückungshilfe III plus und den FAQ entsprächen. Es handle sich um die Ausstattung einer Gastronomie, die unabhängig von der Pandemie vorzuhalten sei und deren Anschaffung nicht pandemiebedingt erforderlich geworden sei. Insbesondere die Anschaffung von Stuhlpolstern sei nicht allein dadurch Bestand eines schlüssigen Hygienekonzepts, dass nach dem Vortrag der Klägerin diese nunmehr abwaschbar seien. Denn auch unabhängig von der Corona-Pandemie seien Hygienevorschriften, insbesondere im Gaststättenbereich, einzuhalten gewesen. Ein Zusammenhang der Umsetzung dieser Maßnahme zur Umsetzung explizit pandemiebedingter Vorschriften sei weder vorgetragen noch ersichtlich.
67
Schon im Verwaltungsverfahren hat die Beklagte (vgl. Nachricht vom 13.7.2022) zudem bezüglich Pos. 16 um Bestätigung gebeten, dass die Maßnahmen zu Existenzsicherung des Unternehmens notwendig sind. Darauf wurde nicht konkret geantwortet, sondern nur auf das Hygienekonzept verwiesen, welches allerdings nur in der vorstehend zitierten späteren Fassung nach Anschaffung der Stuhlposterung vorgelegt wurde, wonach durch Austausch der Sitzoberflächen auf hygienisch abwaschbare Oberflächen sich die Gefahr einer möglichen Ansteckung auf ein Minimum reduziert, ohne aber auf die zwingende pandemiebedingte Notwendigkeit einzugehen. Zwingende Gründe für eine Coronabedingtheit sind auch sonst nicht ersichtlich. Infolgedessen fehlt es an einer primär pandemiebedingten Notwendigkeit zur Existenzsicherung für die Stuhlpolster. Dies gilt erst recht für den Sauberlauf, also eine Schmutzfangmatte bzw. eine Art Fußabtreter im Eingangsbereich.
68
Für die Plausibilität der ablehnenden Verwaltungspraxis der Beklagten spricht auch hier, dass in der rechten Spalte („Enthält nicht:“) der Liste zu 2.4 der FAQ unter Nr. 16 („Ausgaben für Hygienemaßnahmen“) zum einen Kosten für Anschaffungen, die nicht „ausschließlich“ Hygienemaßnahmen dienen, schon für sich nicht förderfähig sind und zum anderen darüber hinaus Maßnahmen, die nicht „explizit“ als förderfähig in Anhang 3 aufgeführt sind, gerade von den förderfähigen Kosten ausdrücklich ausgenommen sind. Die Klägerseite hat zum einen schon nicht den ausschließlichen pandemiebedingten Hygienezweck substanziiert und bestreitet zum anderen selbst nicht, dass die Anschaffung des Sauberlaufs sowie der neuen Stuhlpolsterung im Anhang 3 nicht explizit genannt ist.
69
Soweit die Klägerseite in der mündlichen Verhandlung darauf verwiesen hat, dass im vorherigen Förderzeitraum („Mai“) der Posten Stuhlpolsterung gefördert worden sei, haben die Beklagtenvertreter nachvollziehbar entgegnet, dass daraus ein Anspruch aus Vertrauensschutzgesichtspunkten schon deshalb nicht erwachsen könne, weil auch bei der früheren Förderung ausdrücklich deren Bestand von einer ausdrücklich vorbehaltenen Schlussprüfung abhängig sei und in deren Zusammenhang eine Korrektur und Rückforderung zu prüfen sei.
70
Die Klägerin hat keine letztlich durchgreifenden Argumente vorgebracht, die für eine andere Verwaltungspraxis sprechen und eine andere Beurteilung rechtfertigen würden. Auch soweit die Klägerseite auf erfolgte abweichende Förderungen verweist, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Zum einen reicht die schlichte Behauptung zur Förderung anderer Unternehmen nicht aus, ohne zu konkretisieren, bei welchen vergleichbaren Unternehmen was konkret beantragt und gefördert worden ist. Zum anderen können einzelne Ausreißer in den vorliegenden Massenverfahren für sich nicht eine gegenläufige Verwaltungspraxis begründen, sondern sind – wie die Beklagtenseite auch ausdrücklich betont hat – im Rahmen der Schlussprüfung zu korrigieren.
71
Nach alledem war nach der plausibel dargelegten Förderpraxis die Förderfähigkeit aller streitgegenständlichen Positionen zu verneinen.
72
In der vorliegenden Konstellation ist weiter kein atypischer Ausnahmefall gegeben, der eine abweichende Entscheidung der Beklagten hätte gebieten müssen (vgl. OVG NRW, B.v. 29.5.2017 – 4 A 516/15 – juris; kritisch VG München, U.v. 5.7.2022 – M 21 K 21.1483 – BayVBl. 717, 719/720 – juris Rn. 33 ff.), weil der konkrete Sachverhalt keine außergewöhnlichen Umstände aufweist, die von der Richtlinie und der darauf basierenden Förderpraxis nicht erfasst werden und von solchem Gewicht sind, dass sie eine von der im Regelfall vorgesehenen Rechtsfolge abweichende Behandlung gebieten. Denn die von der Beklagten nach ihrer Verwaltungspraxis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses erfolgte Ablehnung der Förderfähigkeit der streitgegenständlichen Aufwendungen ist keine atypische Besonderheit, die eine abweichende Behandlung gebietet, sondern gängige Praxis in einer typischen Fallkonstellation. Daran ändert sich auch nichts durch das – im Verwaltungsverfahren zwangsläufig nicht zu berücksichtigende – Vorbringen im Klageverfahren. Denn auch dieses Vorbringen konnte nicht zur Überzeugung des Gerichts darlegen, dass die Maßnahmen zum einen nur temporär wegen der Corona-Pandemie angefallen wären und zum anderen als Überbrückung zur Existenzsicherung notwendig gewesen sind. So liegt kein atypischer Ausnahmefall vor, sondern eine Fallgestaltung, die häufiger vorkommt und nach der Ausgestaltung der Förderpraxis und des praktizierten Förderverfahrens gerade nicht gefördert werden soll (vgl. auch schon VG Würzburg, U.v. 24.10.2022 – W 8 K 21.1263 – juris m.w.N.).
73
Des Weiteren ist der Ausschluss der Klägerin von der Förderung auch sonst nicht willkürlich, weil sachgerechte und vertretbare Gründe von der Beklagtenseite vorgebracht wurden.
74
Der Allgemeine Gleichheitssatz gebietet nur, ein gleichheitsgerechtes Verteilungsprogramm zu erstellen und in diesem Rahmen einen Anspruch zu gewähren (NdsOVG, U.v. 6.12.2022 – 10 LB 112/21 – juris Rn. 25; U.v. 3.2.2021 – 10 LC 149/20 – AUR 2021, 98 – juris Rn. 21).
75
Aufgrund des freiwilligen Charakters einer Förderung und dem weiten Ermessen des Förderungsgebers bei der Aufstellung von Förderrichtlinien ist eine entsprechende Nachprüfung der Förderrichtlinien nur im Hinblick auf eine möglicherweise willkürliche Ungleichbehandlung potentieller Förderungsempfänger eröffnet, nicht aber in Form einer Verhältnismäßigkeitsprüfung (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 10 C 1/17 – Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 119 – juris Rn. 15 ff. m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerfG; VG München, U.v. 28.8.2019 – M 31 K 19.203 – juris Rn. 15). Nach der Willkür-Formel des Bundesverfassungsgerichts (seit U.v. 23.10.1951 – 2 BvG 1/51 – BVerfGE 1, 14, 52 – juris LS 18 und Rn. 139; B.v. 19.10.1982 – 1 BvL 39,80 – BVerfGE 61, 138, 147 – juris Rn. 34) ist Willkür dann anzunehmen, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Ungleichbehandlung nicht finden lässt.
76
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet eine gleichmäßige Verwaltungspraxis. Dazu gehört das Verbot einer nicht durch sachliche Unterschiede gerechtfertigten Differenzierung zwischen verschiedenen Sachverhalten bei der Förderung (BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – BayVBl 2020, 346 – juris Rn. 32). Geboten ist so eine bayernweit gleichmäßige und willkürfreie Mittelverteilung. Nicht erlaubt ist eine uneinheitliche und damit objektiv willkürliche Förderpraxis (vgl. BayVGH, U.v. 25.7.2013 – 4 B 13.727 – DVBl 2013, 1402). Auch in der vorliegenden Subventionssituation ist es allein Sache des Richtlinien- bzw. Zuwendungsgebers, den Kreis der Antragsberechtigten und den Kreis der förderfähigen Aufwendungen nach seinem eigenen autonomen Verständnis festzulegen. Dabei steht dem Richtliniengeber frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese zu handhaben, hier vor allem bestimmte Förderungen, die nach der Behördenpraxis nicht als pandemiebedingt zur wirtschaftlichen Existenzsicherung als notwendig angesehen wurden, auszuschließen. Die Willkürgrenze wird selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute Gründe gäbe. Eine Verletzung des Willkürverbots liegt – auch bei Corona-Beihilfen – mithin nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhten (vgl. VG Bayreuth, G.v. 20.6.2022 – B 8 K 21.1024 – juris Rn. 35; VG München, U.v. 11.5.2022 – M 31 K 21.4171 – juris Rn. 23 ff.; U.v. 26.4.2022 – M 31 K 21.1857 – juris Rn. 27 ff.; U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 28; BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 13; NdsOVG, U.v. 24.3.2021 – 10 LC 203/20 – RdL 2021, 251 – juris Rn. 33 ff.; VG Würzburg, U.v. 25.5.2020 – W 8 K 19.1546 – juris Rn. 48; VG Köln, G.v. 17.8.2015 – 16 K 6804/14 – juris; jeweils m.w.N.).
77
Der Zuwendungsgeber hat dabei einen weiten Gestaltungsspielraum, soweit er bei der Förderung nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten vorgeht. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen der öffentlichen Hand in weitem Umfang zu Gebote (SächsOVG, U.v. 24.11.2021 – 6 A 540/19 – juris Rn. 48 ff.; OVG LSA, B.v. 26.4.2021 – 1 L 49/19 – juris Rn.10; NdsOVG, U.v. 6.12.2022 – 10 LB 112/21 – juris Rn. 28; U.v. 15.9.2022 – 10 LC 151/20 – juris Rn. 43; U.v. 24.3.2021 – 10 LC 203/20 – RdL 2021, 251 – juris Rn. 30 ff. und 38; OVG NRW, U.v. 22.3.2021 – 14 A 1131/18 – DWW 2021, 186 – juris Rn. 44; m.w.N.).
78
Der Zuwendungs- und Richtliniengeber ist auch bei Corona-Beihilfen, wie hier bei der Überbrückungshilfe, nicht daran gehindert, im Sinne einer Eingrenzung des Kreises der Zuwendungsempfänger bei der Verteilung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel den Kreis der Begünstigten im Wege einer dem Zweck der Förderung entsprechenden, sachgerechten Abgrenzung auf bestimmte Antragsberechtigte zu beschränken. Denn nur der Zuwendungs- und Richtliniengeber bestimmt im Rahmen des ihm eingeräumten weiten Ermessens bei der Zuwendungsgewährung darüber, welche Ausgaben dem Fördergegenstand zugeordnet werden und wer konkret begünstigt werden soll (vgl. BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 19).
79
Die Beklagte hat im schriftlichen und mündlichen Vorbringen ihrer Bevollmächtigten im Klageverfahren nachvollziehbar dargelegt, dass es nicht willkürlich und ohne Sachgrund sei, die streitgegenständlichen Aufwendungen von der Förderung auszunehmen. Sie hat insbesondere mit Verweis auf die Richtlinie Überbrückungshilfe III Plus angemerkt, dass die Überbrückungshilfe III als außerordentliche Wirtschaftshilfe ausgestaltet sei und diejenigen Unternehmen gefördert werden sollten, die erhebliche Umsatzausfälle aufgrund der Corona-Pandemie erlitten hätten. Dieser Zweck wäre gefährdet, würden auch Positionen ersetzt, die auch unabhängig von der Pandemie entstanden seien. Das seien für den vorliegend allein relevanten Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG ausreichende Differenzierungsgründe.
80
Die Beklagte durfte weitgehend frei auf die von ihr als maßgeblich erachteten Gesichtspunkte zurückgreifen. Denn es ist grundsätzlich die Sache des Richtlinien- und Zuwendungsgebers, ausgeprägt durch seine Verwaltungspraxis, zu entscheiden, welche Merkmale er bei dem Vergleich von Lebenssachverhalten als maßgebend ansieht, um sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln (NdsOVG, U.v. 6.12.2022 – 10 LB 112/21 – juris Rn. 26; U.v. 15.9.2022 – 10 LC 151/20 – juris Rn. 42 f. mit Bezug auf BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 14.7.2011 – 1 BvR 932/10 – juris Rn. 33).
81
Der Gleichheitssatz ist nicht bei jeder Differenzierung verletzt, wenn rechtfertigende Sachgründe vorliegen. Gerade bei der Ordnung von Massenerscheinungen ist es zulässig, zugunsten eines praktikablen Verwaltungsverfahrens im weiten Umfang zu typisieren und generalisieren, auch wenn dies zu Lasten der Einzelfallgerechtigkeit geht, insbesondere wenn es sich um die Gewährung einer Leistung handelt, auf die weder ein verfassungsrechtlicher noch ein einfachgesetzlicher Anspruch besteht (vgl. NdsOVG, U.v. 21.4.2022 – 10 LC 204/20 – juris Rn. 33 und 75). Der Gesetzgeber ist bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, die Vielzahl von Einzelfällen im Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf er grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbotenen Härten gegen Gleichheitsgebote zu verstoßen. Gleiches gilt im Wesentlichen auch für die Bindung der Verwaltung im Bereich der Zuwendungsgewährung. Der Zuwendungsgeber ist daher nicht gehindert, Maßstäbe zur Gewährung einer Förderung nach sachgerechten Kriterien auch typisierend einzugrenzen, und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Mit Blick auf den Zweck und die Voraussetzungen der Zuwendungsgewährung im Rahmen der Überbrückungshilfe, ist dabei festzuhalten, dass die Überbrückungshilfe als Billigkeitsleistung von einer gegebenenfalls erforderlichen Entschädigung oder einem Ausgleich für infektionsschutzrechtliche Maßnahmen deutlich zu unterscheiden ist (VG München, U.v. 11.5.2022 – M 31 K 21.4171 – juris Rn. 33 und 38 m.w.N.).
82
Die Ausgestaltung des Förderverfahrens in Anknüpfung an die Angaben des jeweiligen Antragstellenden im Online-Verfahren dient der Verwaltungsvereinfachung und Verfahrensbeschleunigung und vermeidet aufwendige und längere Prüfungen, die dem Ziel der möglichst schnellen und zeitnahen Bewilligung von Mitteln entgegenstünden. Bei der Gewährung der Corona-Hilfe, wie hier der Überbrückungshilfe III Plus, handelt es sich um ein Massenverfahren, bei dem im Bewilligungsverfahren keine Einzelprüfung in der Tiefe erfolgen kann und es gerade um eine schnelle und effiziente Hilfe für möglichst viele Wirtschaftsteilnehmer gehen soll (vgl. VG Halle, U.v. 8.3.2022 – 4 A 11/22 – juris Rn. 32). Zudem ist es dem Richtlinien- und Zuwendungsgeber nach dem Ziel der Gewährleistung eines möglichst einfachen und effektiven Verwaltungsvollzugs nicht verwehrt, die Förderung und seine Modalitäten entsprechend danach auszurichten (vgl. VG München, U.v. 26.4.2022 – M 31 K 21.1857 – juris Rn. 27 und 32). Die Beklagte darf gerade in Massenverfahren mit einer Vielzahl von Einzelfällen typisieren, generalisieren und pauschalieren, ohne dass dies gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt (VG München, U.v. 11.5.2022 – M 31 K 21.4171 – juris Rn. 33 m.w.N.), auch wenn es zu Lasten der Einzelfallgerechtigkeit gehen mag (NdsOVG, B.v. 2.11.2022 – 10 LA 79/22 – juris Rn. 14).
83
Soweit die Klägerin gleichwohl eine Ungleichbehandlung zwischen sich und anderen sieht, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie gerade gleichbehandelt wird wie andere Betriebe in vergleichbarer Fallkonstellation, die ebenfalls in vergleichbarer Situation nicht gefördert wurden, wie die Beklagte plausibilisiert hat. Das Vorbringen der Klägerin ändert nichts an der Zulässigkeit der typisierenden Regelung, die im zulässigen Rahmen auf eine Weiterdifferenzierung bezogen auf jeden einzelnen Fall verzichtet (vgl. VG München, U.v. 15.11.2021 – M 31 K 21.2780 – juris Rn. 30 ff.). Auch die gravierenden Auswirkungen der Pandemie und der damit verbundenen Einschränkungen trafen die Klägerin zudem nicht allein, sondern eine Vielzahl von Geschäftstreibenden in vergleichbarer Situation.
84
Für den Schluss auf eine willkürliche Fassung oder Handhabung der Förderrichtlinie und der darauf aufbauenden Förderpraxis bestehen keine triftigen Anhaltspunkte. Dass die Beklagte in vergleichbaren Zuwendungsfällen – bewusst abweichend von der eigenen Förderpraxis – anders verfahren wäre, ist nicht zur Überzeugung des Gerichts dargelegt und substanziiert. Ob die von der Klägerin angedeuteten Fälle – abgesehen von Ausreißern (wie die Förderung der Stuhlpolsterung im vorherigen Förderzeitraum) – vergleichbare Fallkonstellationen beinhalteten, konnte nicht überprüft werden, weil die Einzelheiten dem Gericht nicht bekanntgegeben wurden. Demnach stellen die unterschiedlichen Behandlungen einen vertretbaren sachlichen Grund im Blick auf die Verleihung der Förderberechtigung der Klägerin dar. Infolgedessen liegt auch keine Ungleichbehandlung, sondern eine Gleichbehandlung wie in vergleichbaren Förderfällen vor.
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Selbst eine unrichtige, weil richtlinienwidrige Sachbehandlung der Behörde in anderen Einzelfällen wäre unschädlich, weil dadurch keine abweichende Verwaltungspraxis begründet würde (vgl. BayVGH, B.v. 24.8.2021 – 6 ZB 21.972 – juris Rn. 8 u. 10 sowie NdsOVG, U.v. 5.5.2021 – 10 LB 201/20 – NVwZ-RR 2021, 835 – juris LS 1 u. Rn. 31 f. und ausführlich VG Würzburg, Ue.v. 10.5.2021 – W 8 K 20.1659 und W 8 K 20.1864 – jeweils juris Rn. 38 m.w.N.).
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Denn selbst, wenn in einzelnen Fällen andere Empfänger gleichwohl Aufwendungen der streitgegenständlichen Art gefördert bekommen hätten bzw. haben (wie in dem von der Klägerseite aufgeführten Fällen, soweit diese überhaupt vergleichbar sind) und nicht oder (noch) nicht überprüft sowie zur Rückforderung aufgefordert sein sollten, könnte die Klägerin nichts für sich daraus herleiten. Denn die Klägerin kann – selbst bei einer rechtswidrigen Förderung einzelner anderer Personen oder Unternehmen, die die Voraussetzungen der Richtlinien nicht erfüllen – „keine Gleichbehandlung im Unrecht“ für sich beanspruchen (vgl. statt vieler BVerwG, U.v. 26.2.1993 – 8 C 20/92 – BVerwGE 92, 153 – juris Rn. 14 m.w.N.; NdsOVG, U.v. 24.3.2021 – 10 LC 203/20 – RdL 2021, 251 – juris Rn. 37 und 51 f.). Art. 3 Abs. 1 GG begründet keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Verhältnis zu solchen Personen, denen rechtswidrige Vergünstigungen zugewandt bzw. (vorläufig oder endgültig) belassen wurden. Mit einer in Einzelfällen unrichtigen Sachbehandlung hat die Beklagte keine abweichende Verwaltungspraxis konstituiert. Es ist nicht erkennbar, dass der Urheber der Richtlinie eine betreffende Abweichung billigt oder duldet. Dafür bedürfte es einer aus den Umständen des Einzelfalls erkennbar werdenden Absicht, zukünftig vergleichbare Fälle ebenso zu behandeln. Eine solche Praxis setzt dabei bewusst und gewollt einen dauerhaft geänderten Vollzug voraus, der sich aus einer im Nachhinein als fehlerhaft erkannten Rechtsanwendung im Einzelfall gerade nicht ergibt. Eine Abweichung in Einzelfällen ohne rechtfertigenden Grund ist wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes rechtswidrig und begründet keine Änderung der Verwaltungspraxis (NdsOVG, U.v. 24.3.2021 – 10 LC 203/20 – RdL 2021, 251 – juris Rn. 29 f.; U.v. 3.2.2021 – 10 LC 149/20 – AUR 2021, 98 – juris Rn. 42 und 44; VG München, U.v. 23.3.2021 – M 31 K 20.4082 – juris Rn. 42; vgl. auch Aschke in BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, 58. Ed. Stand: 1.1.2023, § 40 Rn. 65 f. m.w.N.) und damit auch keinen Anspruch der Klägerin. Denn die Klägerin kann nicht verlangen, dass die gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz gebundene Beklagte ihr gegenüber gewissermaßen ihren Fehler wiederholt und entsprechend eine rechtswidrige Bewilligung der Förderung ausspricht. Vielmehr wird umgekehrt hinsichtlich der rechtswidrig begünstigten Anderen ein Rücknahmeverfahren zu prüfen sein bzw. im Rahmen eines Schlussbescheids eine Korrektur im gesetzlichen Rahmen zu erfolgen haben (vgl. BayVGH, B.v. 24.8.2021 – 6 ZB 21.972 – juris Rn. 6 ff.; VG Gießen, U.v. 30.8.2021 – 4 K 573/21.GI – juris Rn. 17 ff.; VG Würzburg, U.v. 25.7.2022 – W 8 K 22.289 – juris Rn. 79 und U.v. 25.7.2022 – W 8 K 22.577 – BeckRS 2022, 22894 Rn. 75.; U.v. 21.6.2021 – W 8 K 20.1303 – juris; U.v. 17.5.2021 – W 8 K 20.1561 – juris; Ue. v. 10.5.2021 – W 8 K 20.1659 und W 8 K 20.1864 – jeweils juris Rn. 38). Letzteres hat die Beklagte in bei Gericht anhängigen Klageverfahren wiederholt angekündigt.
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Der Umstand, dass es in diesen Massenverfahren gepaart mit einem schnellen Entscheidungsbedarf auch zu fehlerhaften Zuwendungsentscheidungen, die über das von der Verwaltungspraxis Gedeckte hinausschießen, kommt, ist nachvollziehbar und durchaus realitätsnah. Infolgedessen sind die Förderentscheidungen, teilweise über Abschlagszahlungen, durchweg mit einem Vorläufigkeitsvorbehalt bzw. dem Hinweis auf eine nachherige Prüfung sowie eine mögliche Rückforderung versehen. Derartige Fallkonstellationen zu Rückforderungsbescheiden sind häufig Gegenstand gerichtlicher Verfahren und daher gerichtsbekannt.
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Ein Vergleich der Förderpraxis in den anderen Bundesländern ist im Zusammenhang mit einer Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG nicht anzustellen, da allein die Verwaltungspraxis im Freistaat Bayern – für den die Beklagte gemäß § 47b ZustV als Beliehener handelt – ohne Rücksicht auf die Praxis in anderen Bundesländern und die dortigen Förderleistungen maßgeblich ist (vgl. SächsOVG, U.v. 24.11.2021 – 6 A 540/19 – juris Rn. 24; OVG NRW, B.v. 29.5.2017 – 4 A 516/15 – juris). Die landesrechtlichen Vorgaben zur Gewährung von Zuwendungen sind nur für das jeweilige Bundesland verbindlich, ohne dass es darauf ankommen kann, ob in anderen Bundesländern abweichende Fördervoraussetzungen zur Anwendung gelangen oder in der Vergangenheit gelangt sind. Art. 3 Abs. 1 GG bindet jeden Träger öffentlicher Gewalt allein in dessen Zuständigkeitsbereich. Auf die Förderpraxis anderer Bundesländer mit möglicherweise anderen förderpolitischen Zielsetzungen kann sich ein Kläger bzw. eine Klägerin zur Begründung eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht mit Erfolg berufen. Die föderale Struktur rechtfertigt gerade unterschiedliche Regelungen und Förderungen sowie Schwerpunktsetzungen in einzelnen Bundesländern und damit auch eine abweichende Ausgestaltung der Förderpraxis im Detail (vgl. VG Würzburg, U.v. 21.6.2021 – W 8 K 20.1302 – juris Rn. 48 m.w.N. zur Rspr. sowie Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 40 Rn. 129; Aschke in BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, 58. Ed. Stand: 1.1.2023, § 40 Rn. 69; sowie VG Würzburg, U.v. 25.7.2022 – W 8 K 22.289 – juris Rn. 80 und U.v. 25.7.2022 – W 8 K 22.577 – BeckRS 2022, 22894 Rn. 76.; jeweils m.w.N.).
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Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass die Rüge der Ungleichbehandlung im Vergleich von Bayern zu Fallgestaltungen in anderen Bundesländern nicht durchgreift, weil es maßgeblich auf die einheitliche Förderpraxis innerhalb des Gebietes des Freistaates Bayern ankommt (BayVGH, B.v. 17.3.2022 – 6 ZB 21.2057 – juris Rn. 13 betreffend VG Würzburg, U.v. 21.6.2021 – W 8 K 20.1302 – juris Rn 48; zum Landwirtschaftsrecht).
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Demnach ist festzuhalten, dass die Klägerin keinen weitergehenden Anspruch auf die begehrte Überbrückungshilfe III Plus hatte und hat.
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Der Hilfsantrag war mit Bezug auf die vorstehenden Ausführungen ebenfalls abzulehnen. Da es ausgehend von der plausibel dargelegten geübten Verwaltungspraxis schon an der Erfüllung der erforderlichen Fördervoraussetzungen gemäß der Richtlinie Überbrückungshilfe III Plus fehlt, kommt ein stattgebendes Bescheidungsurteil (bei fehlender Spruchreife) ebenfalls nicht in Betracht.
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Nach alledem war die Klage abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.