Inhalt

LG München I, Beschluss v. 25.01.2023 – 29 O 13114/21
Titel:

Darlegung eines Schadens als Voraussetzung eines Anspruchs aus Art. 82 Abs. 1 DS-GVO

Normenketten:
DS-GVO Art. 82 Abs. 1
ZPO § 114 Abs. 1
Leitsatz:
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Geltendmachung eines Anspruchs aus Art. 82 Abs. 1 DS-GVO setzt die schlüssige Darlegung eines kausalen Schadens voraus. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Prozesskostenhilfe, Erfolgsaussichten, Schadensersatzanspruch, Datenschutz, Schaden, schlüssige Darlegung
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Beschluss vom 23.03.2023 – 5 W 194/23 e
LG München I, Beschluss vom 26.04.2023 – 29 O 13114/21
Fundstelle:
BeckRS 2023, 5804

Tenor

1. Der Beklagten wird für den ersten Rechtszug mit Wirkung ab Antragstellung Prozesskostenhilfe beschränkt auf die Verteidigung gegen die Klage und den widerklagend im Rahmen der Stufenklage geltend gemachten Auskunftsanspruch bewilligt (§§ 114, 119 Abs. 1 ZPO).
Rechtsanwältin … wird als Prozessbevollmächtigte beigeordnet (§ 121 Abs. 1 ZPO).
Im Übrigen wird der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt (§ 114 ZPO).
Die Bewilligung erfolgt ohne Anordnung von Zahlungen.

Gründe

1
Die beantragte Prozesskostenhilfe war in der ausgesprochenen Form teilweise im genannten Umfang zu bewilligen.
I. Gründe zu wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen
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Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten stellen sich wie folgt dar:
Brutto/Nettoeinkommen
Monatseinkommen netto
nichtselbständige Tätigkeit… €
Kindergeld … €
Gesamt … €

Einkommen:

Hiervon sind abzusetzen: Wohnkosten

… €

Wohnkosten

… €

Summe Besondere Belastungen

- … €

Monatsbelastung aus Mietrückstand

… €

LH M.

… €

SWM

… €

Summe Freibeträge

- … €

Freibetrag

- … €

Summe

- … €

Unterhaltsberechtigte mit eigenem Einkommen
Kind 0-5 Jahre … € abzüglich eigenem Einkommen – … €
Freibetrag – … €
Kind 0-5 Jahre … € abzüglich eigenem Einkommen – … €
Freibetrag – … €
Ehemann … € abzüglich eigenem Einkommen – … €
Freibetrag – … €
Summe – … €
Freibetrag für Erwerbstätige – … €
Verbleibendes einzusetzendes Einkommen: – … €
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Aus dem verbleibenden einzusetzenden Einkommen sind gemäß § 115 ZPO keine Monatsraten aufzubringen.
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Die Beklagte ist nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung aufzubringen.
5
Raten oder Einmalzahlungen aus dem Vermögen oder Einkommen sind der Beklagten nach den getroffenen Feststellungen nicht möglich.
II. Allgemeine Gründe
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Die beabsichtigte Rechtsverfolgung erscheint hinsichtlich des Umfangs der Bewilligung nicht mutwillig und bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg (§§ 114, 119 Abs. 1 ZPO).
7
Die beabsichtigte Rechtsverteidigung erscheint hinsichtlich des Umfangs der Bewilligung nicht mutwillig und bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg (§§ 114, 119 Abs. 1 ZPO).
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1. Die Beklagte hat vorliegend hinsichtlich des mit der Klage verfolgten Darlehensrückzahlungsanspruchs die Aktivlegitimation der Klägerin gerügt. Die dahingehende Rechtsverteidigung der Beklagten bietet ausreichend Aussicht auf Erfolg.
9
Nach Ansicht der Beklagten habe die Klägerin die Forderung gegen die Beklagte bereits vor Klageerhebung auf ein Inkassounternehmen, namentlich die … GmbH, übertragen. Die Klägerin trägt dahingehend vor, dass das Inkassounternehmen lediglich zur außergerichtlichen Forderungseinziehung beauftragt worden sei. Eine Abtretung der Ansprüche habe nicht stattgefunden. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat mit Schriftsatz vom 12.12.2022 Beweis für die fehlende Aktivlegitimation angeboten. Es kommt somit auf das Ergebnis der Beweisaufnahme an.
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2. Hinsichtlich der widerklagend geltendgemachten Stufenklage besteht ebenfalls hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat in aller Regel bereits dann hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO), wenn die Entscheidung von der Beantwortung schwieriger Rechts- oder Tatfragen abhängt. Die Prüfung der Erfolgsaussicht darf nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen (BVerfGE 81, 347 [357ff.] = NJW 1991, 413; BVerfG, NJW 1994, 241 [242], und NJW 2000, 1936 [1937]; Senat, NJW 2002, 3554; BGH, NJW 1998, 82, und NJW 2001, 2262 = MDR 2001, 1007).
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Da vorliegend im Rahmen einer summarischen Prüfung nicht auszuschließen ist, dass es auch auf den von der Klägerin erhobenen Rechtsmissbrauchseinwand gemäß § 242 BGB betreffend den geltend gemachten Auskunftsanspruch ankommt und divergierenden obergerichtlichen Entscheidungen vorliegen Im Übrigen war der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen.
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Die mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe in Aussicht gestellte Erweiterung der Widerklage hinsichtlich eines Schadensersatzanspruchs verspricht keinen Erfolg.
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1. Ein Schadensersatzanspruch ergibt sich vorliegend – entgegen der Ansicht der Beklagten nicht aus Art. 82 Abs. 1 DS-GVO. Abs. 1 begründet einen Anspruch zugunsten der Person, der wegen eines Verstoßes gegen die DS-GVO ein Schaden entstanden ist. Insbesondere muss ein Schaden eingetreten sein, der schlüssig darzulegen ist (vgl. AG Bochum v. 11.3.2019, Az. 65 C 485/18); gleichwohl muss er „erlitten“ (ErwGr 146 S. 6), maW „spürbar“, objektiv nachvollziehbar, von gewissem Gewicht sein (AG Diez v. 7.11.2018, Az. 8 C 130/18), um bloße Unannehmlichkeiten oder Bagatellschäden auszuschließen. Des Weiteren muss der Verstoß für den Schaden kausal sein.
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2. Die Beklagte hat hinsichtlich ihrer Erkrankungen weder für deren Vorliegen, noch hinsichtlich des Kausalitätserfordernisses schlüssig und hinreichend substantiiert vorgetragen. Es wurde klägerseits bestritten, dass die nach Ansicht der Beklagten nicht erteilte Auskunft kausal für wiederkehrende mittelgradige depressive Episoden der Beklagten sein soll (Bl. 44 d.A.). Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat keinen Beweis für ihre Erkrankung angeboten. Die Beklagte legt nicht dar, inwieweit die vermeintlich nicht vollständig erteilte Auskunft sie spürbar in ihrer Persönlichkeit beeinträchtigt hat. Vielmehr geht die Beklagte selbst davon aus, dass die psychische Erkrankung bereits vor der Geltendmachung des Auskunftsanspruches vorlag. So trägt sie vor, dass die Verhaltensweise der Klägerin schon eine Belastung für einen psychisch gesunden Menschen darstellt. Bei einem psychisch kranken Menschen, kann dies aber zu einer Verschlechterung beitragen (Bl. 56 d.A.). Im Übrigen ist die Darlegung einer bloßen Möglichkeit für eine schlüssig behauptete Tatsache nicht ausreichend.