Inhalt

LG Regensburg, Endurteil v. 04.04.2023 – 23 O 1078/21
Titel:

Datenübermittlung, Gewährung von Akteneinsicht, Akteneinsichtsgesuch, Aktenübersendung, Staatsanwaltschaft, Unterbringungsverfahren, Ermittlungsverfahren, Richterlicher Hinweis, Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Elektronisches Dokument, Einrede der Verjährung, Unmittelbarer Zusammenhang, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Berechtigtes Interesse, Generalstaatsanwaltschaft, Schriftsätze, Datenschutzverletzung, Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, Aktenübermittlung, Verfahrensbevollmächtigter

Schlagworte:
Datenschutzverletzung, Akteneinsicht, Amtshilfe, Persönlichkeitsrecht, Schadensersatzanspruch, Beweislast, Verhältnismäßigkeitsprüfung
Rechtsmittelinstanzen:
OLG Nürnberg, Verfügung vom 11.06.2024 – 4 U 1013/23
OLG Nürnberg, Beschluss vom 05.08.2024 – 4 U 1013/23
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 31.07.2025 – III ZB 82/24
Fundstelle:
BeckRS 2023, 57073

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird bis 20.02.2023 auf 1000,00 € und ab 21.02.2023 auf 25.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Der Kläger macht Schmerzensgeldansprüche geltend aufgrund einer aus seiner Sicht rechtswidrigen Datenübermittlung von Gerichtsakten durch das Amtsgericht …. Bei dem Amtsgericht … waren ab dem Jahr … mehrere familienrechtliche, betreuungsrechtliche und unterbringungsrechtliche Verfahren anhängig, an denen der Kläger beteiligt war. In mehreren dieser Verfahren wurden Gerichtsakten an andere Behörden versandt. Es handelt sich hierbei im Einzelnen um die Verfahren mit den Aktenzeichen
2
Der Kläger trägt vor, es sei durch Aktenübermittlungen der vorgenannten Verfahren an die Staatsanwaltschaft, die Generalstaatsanwaltschaft, die PI… , den Landgerichtspräsidenten sowie an Rechtsanwalt … zu 32 Fällen der Datenschutzverletzung gekommen. Er sei hierdurch zu einem „gläsernen Bürger“ gemacht worden. Aufgrund der Vielzahl der Verstöße sei von bewussten Verstößen auszugehen bzw. davon, dass vorliegend mit gezielter Schädigungsabsicht gehandelt worden sei. Der Kläger trägt vor, er sei von den Aktenübermittlungen jeweils nicht informiert worden, habe infolgedessen auch nicht in eine Aktenübersendung eingewilligt und es sei zu keiner Prüfung der Zulässigkeit der Datenübermittlung von Seiten der akteneinsichtsgewährenden Behörde gekommen. Der Kläger behauptet, er leide hierunter, sei massiv betrübt, verärgert, verunsichert, gereizt und leide auch unter Schlafstörungen. Er macht daher für jeden der von ihm vorgetragenen Fälle der Datenschutzverletzung jeweils einen Betrag in Höhe von 600,-- Euro Schmerzensgeld geltend, insgesamt 19.200,-- Euro.
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Daneben macht der Kläger eine weitere Datenschutzverletzung geltend, diesbezüglich führt er aus, dass das OLG … durch die Erteilung telefonischer Auskünfte des Richters am Oberlandesgericht … gegenüber der Staatsanwaltschaft am 26.02.2020 im Hinblick auf persönliche Daten des Klägers aus dem Verfahren … eine Datenschutzverletzung begangen habe. Im Hinblick auf diesen Verstoß macht der Kläger einen Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 1.800,-- Euro geltend und begründet dies mit der Intensität des Grundrechtseingriffes.
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Schließlich rügt der Kläger eine Datenübermittlung durch das Amtsgericht … an den Presse- und Informationsstab im BMVG am 15.09.2015. Hierbei seien im Zusammenhang mit dem Verfahren Az.: … Daten bezüglich des Klägers vom sachbearbeitenden Richter am Amtsgericht … an die zuständigen Mitarbeiter des BMVG übermittelt worden, auch diese Datenübermittlung sei rechtswidrig gewesen. Für den Kläger, der ehemaliger Offizier und Reserveoffizier war, sei durch diese Übermittlung der Daten eine erhebliche Rufschädigung eingetreten, auch habe er danach keine Einkünfte aus Wehrübungen mehr erzielen können. Der Kläger ist der Ansicht, ihm stünde diesbezüglich ein Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 4.000,-- Euro zu.
5
Der Kläger ist der Ansicht, es sei unerheblich, auf wessen Veranlassung hin die jeweilige ersuchende Behörde um Akteneinsicht gebeten habe. Eine Verjährung sei nicht eingetreten, da er erstmals am 20.07.2020 Akteneinsicht in die Originalakten erhalten habe, die dem Kläger seit 2017 bekannten Mehrfertigungen der Akten hätten erhebliche Abweichungen zu den Originalakten aufgewiesen. Seine damalige Rechtsanwältin habe am 10.02.2016 lediglich Akteneinsicht in das Verfahren … erhalten, am 05.10.2017 sei er zwar auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts … gewesen, die Akten habe er aber nicht eingesehen. Der Kläger meint, Artikel 5 BayDSG sei verfassungswidrig, da er im Widerspruch zum Grundgesetz bzw. zu Artikel 8 EMRK stehe.
6
Der Kläger machte mit seiner Klage vom 20.05.2021, zugestellt am 28.12.2021 zunächst einen Betrag in Höhe von 1.000,-- Euro nebst Zinsen geltend, mit Schriftsatz vom 20.02.2023, zugestellt am 21.02.2023 erweiterte der Kläger seine Klage und stellt nunmehr folgenden Antrag:
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 25.000,-- Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für 1.000,-- Euro ab Zustellung der Klage zu bezahlen und nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für 24.000,-- Euro seit Zustellung der Klageerhöhung zu bezahlen.
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Der Beklagte beantragt
Klageabweisung.
8
Der Beklagte rügt das klägerische Vorbringen als unsubstantiiert. Insbesondere lägen keine Anhaltspunkte für eine Schädigungsabsicht vor. Die Datenübermittlung zwischen Behörden unterliege dem Erlaubnistatbestand gemäß Artikel 5 Abs. 1 Nr. 1 BayDSG, dieser sei vorliegend auch erfüllt.
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Der Beklagte ist der Ansicht, dass jeweils ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Verfahren gegeben gewesen sei. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass vielfach der Kläger selbst die Beiziehung der Akten beantragt hat. Die Beklagte bestreitet eine Datenübermittlung an die PI… durch das Amtsgericht …, sowie die Datenübermittlung an die Generalstaatsanwaltschaft in dem Verfahren … , die Generalstaatsanwaltschaft und die Staatsanwaltschaft in dem Verfahren und an den Landgerichtspräsidenten in dem Verfahren … am 26.08.2015.
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Im Hinblick auf die Akteneinsicht, die an Rechtsanwalt … gewährt wurde, trägt die Beklagte vor, dass dieser von dem Kläger im Verfahren Az.: … mit einer schriftlichen Vollmacht mandatiert war, darüberhinaus jedoch auch anwaltlich mit der Vertretung des Klägers in den Verfahren … und … betraut worden sei.
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In Bezug auf die Datenübermittlung an das BMVG trägt der Beklagte vor, dass auch insoweit ein berechtigtes Interesse bestanden habe. Der Kläger sei zum Zeitpunkt der Informationsübermittlung zu einer Wehrübung im November 2015 eingeladen worden, im September 2015 sei der Kläger jedoch aus der geschlossenen Abteilung des Bezirkskrankenhauses …, in die er aufgrund einer gerichtlich genehmigten Unterbringung wegen nicht anders abwendbarer Fremdgefahr verbracht worden war, entwichen und befand sich auf der Flucht, so dass zu diesem Zeitpunkt ein erhebliches Gefährdungsrisiko von ihm ausging. Es seien somit erhebliche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland betroffen gewesen, da die Gefahr bestand, dass der Kläger im Rahmen von Wehrübungen Zugang zu Waffen haben würde.
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Der Beklagte ist der Ansicht, dass daher sämtliche Aktenübermittlungen zulässig gewesen seien und großteils vom Kläger selbst veranlasst wurden. Zudem würde keine schwerwiegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts vorliegen und vom Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen und unter Beweis gestellt. Beklagtenseits wird zudem die Einrede der Verjährung geltend gemacht, da die Akten dem Kläger bereits seit Februar 2016 bzw. seit Oktober 2017 bekannt gewesen seien.
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Mit Beschluss vom 07.03.2023 wurde die mündliche Verhandlung geschlossen. Mit Schriftsatz vom 17.03.2023 beantragte der Kläger die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
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Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf sämtliche gewechselte Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet. Dem Kläger steht ein Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
A.
16
Dem Kläger steht weder nach §§ 839, 823 BGB noch nach den datenschutzrechtlichen Vorschriften Art. 82 DS-GVO, Art. 83 BDSG und BayDSG ein Anspruch auf Schadensersatz zu.
17
Einschlägig ist vorliegend das DS-GVO in Verbindung mit Artikel 5 BayDSG, nicht hingegen Art. 83 BDSG. Letzteres wäre als Anspruchsgrundlage für den Fall heranzuziehen, dass das bewilligende Justizorgan im Rahmen der Strafverfolgung gehandelt hat (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG). Vorliegend handelt es sich jedoch bei der die Akteneinsicht gewährenden Behörde, dem Amtsgericht …, nicht um eine Behörde, die im Rahmen der Strafverfolgung tätig geworden ist. Das Bundesdatenschutzgesetz gilt nicht für die Tätigkeit von Landesbehörden im Bereich der Justizverwaltung, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG (Gola/Reif in Gola/Heckmann, BDSG, 13. Aufl. 2019, § 1 Rn. 6). Zu prüfen ist daher ein Anspruch nach Artikel 82 DS-GVO in Verbindung mit Artikel 5 BayDSG.
I.
18
Grundsätzlich stellt die Übermittlung von familien- bzw. betreuungsrechtlichen Verfahrensakten eine Form der Amtshilfe nach Artikel 35 Abs. 1 GG dar (BayObLG, Beschluss vom 06.08.2020, Az.: 1 VA 33/20, Beck RS 202, 18859). Die Offenlegung von in diesen Verfahren regelmäßig enthaltenen persönlichkeitsrelevanten Informationen an verfahrensfremde Dritte, auch an öffentliche Behörden, wiegt dabei für den Betroffenen in der Regel schwer. Regelmäßig von erheblichem Gewicht ist mithin auch der mit einer Informationsweitergabe verbundene Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das dem Einzelnen die Befugnis gibt, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten- zu bestimmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Juni 2018, 2 BvR 1562/17, NJW 2018, 2395 Rn. 44 m. w. N.; Urt. v. 8. Juli 1997, 1 BvR 2111/94 – Stasi-Fragen, Eignungsüberprüfung, BVerfGE 96, 171; Beschluss vom 11. Juni 1991, 1 BvR 239/90 – Offenbarungspflicht, Offenbarung der Entmündigung, Entmündigung, BVerfGE 84, 192 [194, juris Rn. 10 ff.]; Beschluss vom 9. März 1988, 1 BvL 49/86, BVerfGE 78, 77 [84, juris Rn. 26 ff.]; Urt. v. 15. Dezember 1983, 1 BvR 209/83 – Volkszählung, BVerfGE 65, 1 [41 ff., juris Rn. 148 ff.]; BGH, Urt. v. 5. November 2013, VI ZR 304/12, NJW 2014, 768 Rn. 11; BayObLG, Beschluss vom 5. März 2020, 1 VA 63/19, juris Rn. 29; auch Mayer in Kissel/Mayer, GVG, Einleitung Rn. 189 f. und § 12 Rn. 108). Wegen des Gesetzesvorbehalts für Grundrechtseingriffe setzt die Gewährung von Amtshilfe durch die Übermittlung personenbezogener Daten daher einfachgesetzliche Vorschriften voraus, die zum einen das Ersuchen und zum anderen die korrespondierende Übermittlung erlauben. Vorliegend richtet sich die Befugnis der Justizverwaltung zur Übermittlung der betreuungs- und familienrechtlichen Akten an die Staatsanwaltschaft bzw. generell an andere Behörden nach dem durch die datenschutzrechtlichen Vorschriften des BayDSG vorgegebenen Rahmen (BayObLG a.a.O.). Das heißt, bei den hier streitgegenständlichen Übermittlungen von familien- und betreuungsrechtlichen Akten bzw. Aktenbestandteilen handelt es sich um Datenverarbeitungsvorgänge, welche dann zulässig sind, wenn der Erlaubnistatbestand des Artikel 5 Abs. 1 Nr. 1 BayDSG erfüllt ist, da die jeweils um Akteneinsicht ersuchende öffentliche Stelle in den vom Kläger behaupteten Übermittlungsvorgängen die Akten zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben angefordert hat.
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1. Im Hinblick auf die vom Kläger geltend gemachten 32 Fälle der Datenschutzverletzung ist zunächst festzuhalten, dass hierbei zunächst 29 Fälle der Datenübermittlung gerügt werden, bei denen es sich um Akteneinsichtsgesuche anderer Behörden und somit um Amtshilfe nach Artikel 35 Abs. 1 GG, wie oben dargestellt, handelt, so dass jeweils Artikel 5 Abs. 1 Nr. 1 BayDSG zu prüfen ist. Bezüglich zweier Fälle wurde daneben die Datenübermittlung an einen Rechtsanwalt gerügt. Bezüglich eines weiteren Falls der Datenübermittlung fehlt es an einem nachvollziehbaren substantiierten Vortrag, dem Klägervorbringen sind insoweit nur 29 Fälle der Datenübermittlung an Behörden zu entnehmen, ein Fall der gerügten Datenübermittlung, nämlich die Gewährung von Akteneinsicht an die Staatsanwaltschaft … in dem Verfahren … am 25.09.2015, wurde klägerseits zweimal aufgeführt. Im Hinblick auf diese 29 Fälle der Datenverarbeitung besteht ein Anspruch des Klägers nicht, dabei wurde in zehn Fällen eine Datenübermittlung klägerseits nicht substantiiert vorgetragen und unter Beweis gestellt, obwohl diese durch den Beklagten bestritten wurden, in weiteren 19 Fällen war die Datenübermittlung jeweils durch den Erlaubnistatbestand des Artikel 5 Abs. 1 Nr. 1 BayDSG gedeckt und somit zulässig.
2. Im Einzelnen:
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a) Der Kläger hat die bestrittenen Datenübermittlungen an die PI Eggenfelden in den von ihm geltend gemachten fünf Fällen nicht substantiiert vorgetragen und insbesondere nicht ausreichend unter Beweis gestellt. Beklagtenseits wurde bestritten, dass entsprechende Datenübermittlungen an die PI… stattgefunden haben. Klägerseits vorgetragen wurde lediglich, dass im Verfahren … am 27.07.2015 und am 30.07.2015, im Verfahren … am 30.07.2015, im Verfahren … am 10.08.2015 und im Verfahren am 09.09.2015 eine Datenübermittlung an die Polizeiinspektion … erfolgt sein soll. Konkrete Angaben, welche Daten übermittelt wurden, bzw. auf welchen Seiten der jeweiligen Verfahrensakten sich entsprechende Hinweise auf eine Datenübermittlung befinden, erfolgten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht. Erst mit Schriftsatz vom 17.03.2023 übermittelte der Kläger zwei Anlagen KL 15 und KL 16, aus denen sich entsprechende Datenübermittlungen ergeben sollen. Dieses Vorbringen erfolgte jedoch erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 07.03.2023, so dass das entsprechende Vorbringen nach § 296a ZPO unzulässig ist. Unabhängig davon ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen jedoch auch kein Nachweis einer entsprechenden Aktenübermittlung. Nach der vorgelegten Vorgangsauskunft der Anlage KL 15 übergab der Kläger selbst bei der PI … Schreiben des Amtsgerichts … samt einer Stellungnahme der Rechtsanwältin von Frau …. , dieses (ursprünglich an das Amtsgericht gerichtete) Schreiben ist daher in Kopie auch in der polizeilichen Akte enthalten. Im übrigen enthält die Anlage KL 15 lediglich Anschreiben des Amtsgerichts … an den Kläger, mit denen offensichtlich Unterlagen an diesen versandt worden sind. Aus den vorgelegten Unterlagen erschließt sich somit nicht, dass hier eine Aktenübermittlung von Seiten des Amtsgerichts … an die Polizeiinspektion … stattgefunden hätte. Gleiches gilt für die Anlage KL 16, die ein Schreiben eines Rechtsanwalts an die PI … enthält. Diesbezüglich ist nicht nachzuvollziehen, wie sich aus einem Schreiben eines Rechtsanwalts eine Datenübermittlung des Amtsgerichts an die PI … ergeben soll. Somit scheidet ein Anspruch im Hinblick auf die genannten fünf geltend gemachten Fälle der Datenübermittlung an die PI … bereits deshalb aus, weil ein entsprechender Sachverhalt nicht nachgewiesen werden konnte.
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Diesbezüglich war auch kein richterlicher Hinweis nach § 139 ZPO erforderlich. Der entsprechende Sachverhalt wurde beklagtenseits bereits mit Schriftsatz vom 25.02.2022 bestritten. Für den Kläger war daher ersichtlich, dass er insoweit substantiiert vorzutragen und den Sachverhalt unter Beweis zu stellen hatte. Eine Hinweispflicht nach § 139 Abs. 2 besteht nur im Hinblick auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat oder für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien. Ein solcher Fall ist jedoch vorliegend nicht gegeben. Der Gesichtspunkt war von Anfang an zwischen den Parteien streitig, der gewissenhafte und kundige Prozessbevollmächtigte musste daher damit rechnen, dass klägerseits eine ausreichende Substantiierung erforderlich war und der entsprechende Sachverhalt auch unter Beweis gestellt werden musste. Der Kläger hat den Vortrag der Gegenpartei auch zur Kenntnis genommen und sich eingehend damit auseinandergesetzt, was sich aus seinem Schriftsatz vom 20.02.2023 ergibt, in dem er sich ausführlich mit dem Beklagtenvortrag auseinandersetzt. Eines erneuten richterlichen Hinweises bedurfte es daher nicht (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 34. Auflage 2022, § 139, Rdnr. 7).
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b) Ebenso nicht nachgewiesen wurden die klägerseits vorgetragenen Datenübermittlungen im Verfahren … an die Staatsanwaltschaft bzw. an die Generalstaatsanwaltschaft bzw. im Verfahren … an die Generalstaatsanwaltschaft im Jahr 2020. Auch insoweit fehlt es bereits an substantiiertem Vortrag dahingehend, wann genau die entsprechende Datenübermittlung stattgefunden hat bzw. um welche Daten es sich konkret gehandelt haben soll. Auch nachdem diesbezüglich die Datenübermittlung beklagtenseits bestritten wurde, folgten klägerseits keine weiteren konkreten Ausführungen hierzu. Ein Anspruch scheidet daher bereits mangels nachgewiesenem Datentransfer aus.
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c) Gleiches gilt für die beiden klägerseits geltend gemachten Datenschutzverletzungen bei der Übermittlung von Daten in den Verfahren … im Jahr 2020 an die Generalstaatsanwaltschaft und eine Datenübermittlung in dem Verfahren … vom 26.08.2015 an den Präsidenten des Landgerichts …. Auch insofern wurden die Datenübermittlungen beklagtenseits bestritten und vom Kläger nicht ausreichend substantiiert vorgetragen und unter Beweis gestellt.
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3. Im Hinblick auf die 20 Fälle, in denen unstreitig eine Datenübermittlung des Amtsgerichts … an andere Behörden stattgefunden hat, war eine solche Datenübermittlung jeweils zulässig nach Artikel 5 BayDSG. Daher entfällt sowohl ein Anspruch nach Art. 82 DS-GVO, da die Datenverarbeitung zulässig ist, sofern ein Erlaubnistatbestand erfüllt ist (vgl. Art. 6 DS-GVO), als auch ein Anspruch nach § 839 BGB, da es bei einer rechtmäßigen Datenübermittlung an einer Amtspflichtverletzung fehlt.
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Bei Artikel 5 BayDSG handelt es sich um eine taugliche Rechtsgrundlage und kann somit als Erlaubnistatbestand herangezogen werden. Aus Sicht der Kammer bestehen Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit des Artikel 5 BayDSG nicht. Zunächst wurden klägerseits auch keinerlei konkrete Anhaltspunkte vorgetragen, aus denen sich eine entsprechende Verfassungswidrigkeit ergeben würde. Der Umstand, dass andere vom Bayerischen Landtag erlassene Gesetze durch das Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig angesehen wurden, hat für die Frage, ob die vorliegende Vorschrift verfassungsmäßig ist oder nicht, keine Bedeutung.
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Soweit mit Schriftsatz des Klägers vom 17.03.2023 erstmals vorgebracht wurde, die Formulierung des Gesetzestextes sei zu weitreichend, ergibt sich auch hieraus kein ausreichender Anhaltspunkt dafür, dass die Vorschrift gegen die Verfassung verstößt. Insoweit ist der Wortlaut der Vorschrift ohne weiteres einer grundrechtskonformen (ggf. einschränkenden) Auslegung zugänglich, wie auch die vom Kläger vorgelegten Gerichtsentscheidungen beweisen. Eine Verfassungswidrigkeit ist aus der Formulierung der Vorschrift daher nicht abzuleiten.
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4. In den vorliegenden 20 Fällen der Datenübermittlung wurden die Akten jeweils zurecht an die aktenanfordernden Behörden zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben übersandt. Dies wurde auch jeweils pflichtgemäß im Sinne des Artikel 5 Abs. 4 S. 3 BayDSG von der ersuchten Stelle des Beklagten, also des Amtsgerichts … , geprüft. Im einzelnen handelt es sich hierbei um die folgenden Fälle:
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4.1: In dem Verfahren Az.: … im Jahr 2020 wurde die Akte nach Prüfung des berechtigten Interesses an die Staatsanwaltschaft … übersandt. Vorausgegangen war ein Antrag vom 18.06.2020 des Verfahrensbevollmächtigten des Klägers auf vorläufige Aussetzung des Verfahrens aufgrund staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsverfahren gegen die Antragstellerin des streitgegenständlichen Verfahrens, die im unmittelbaren Zusammenhang zu dem derzeit anhängigen Verfahren stünden. Ein entsprechender Aussetzungsantrag wurde auch von der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 24.06.2020 gestellt. Das staatsanwaltschaftliche Verfahren, zu dem die Akten beigezogen werden sollten, beruhte also auf Strafanzeigen wegen Betrugs gegen die im streitgegenständlichen familiengerichtlichen Verfahren Beteiligte bzw. ihre Verfahrensbevollmächtigte und standen daher im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Verfahren, in das Akteneinsicht gewährt wurde. Aufgrund der vorausgegangenen Aussetzungsanträge, nach denen dieses Strafverfahren auch als möglicherweise vorgreiflich angesehen wurde, war für die Akteneinsicht gewährende Behörde daher offensichtlich, dass die angeforderte Akte mit dem Verfahren der Staatsanwaltschaft im unmittelbaren Zusammenhang stand und die Akte der Staatsanwaltschaft zur Erfüllung ihrer Aufgaben diente bzw. hierzu angefordert worden war. Die Datenübermittlung war somit zulässig, so dass ein Anspruch des Klägers diesbezüglich ausscheidet.
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4.2: Ähnliches gilt für den Fall der Aktenübermittlung in dem Verfahren Az.: … im Jahr 2020, diesbezüglich beantragte die Staatsanwaltschaft … Akteneinsicht im Hinblick auf ein Ermittlungsverfahren gegen … wegen Betrugs. Bei dieser handelt es sich um die mittlerweile geschiedene Ehefrau des Klägers, die auch Beteiligte an dem streitgegenständlichen familienrechtlichen Verfahren war. Auch hier bestand ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem vom Kläger angezeigten Betrugsvorwurf (der Gegenstand des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens war) und der Bemessung des Unterhalts im Verfahren des Amtsgerichts …, dessen Akten angefordert wurden. Zur Prüfung des vom Kläger erhobenen Vorwurfs und zur Betreibung des vom Kläger selbst angestoßenen Ermittlungsverfahrens war daher eine Akteneinsicht für die Staatsanwaltschaft erforderlich und somit auch zulässig.
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4.3: In dem Verfahren Az.: … wurde aufgrund Verfügung des zuständigen Richters vom 21.08.2015 eine Abschrift des Beschlusses des Betreuungsgerichts über die Einstellung des gegen den Kläger gerichteten Unterbringungsverfahrens an den Präsidenten des Landgerichts … übersandt. Dies erfolgte aufgrund einer Dienstaufsichtsbeschwerde des Klägers gegen den zuständigen Richter. Da die Einstellung des Unterbringungsverfahrens für eine Prüfung der vom Kläger erhobenen Dienstaufsichtsbeschwerde ggf. von Bedeutung war, war auch diese entsprechende Datenübermittlung nach Artikel 5 BayDSG zulässig.
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4.4: Im Hinblick auf die Datenübermittlung am 21.10.2015 an die Staatsanwaltschaft … in den Verfahren … und … erfolgte die Übersendung der Akten aufgrund einer Strafanzeige des Klägers vom 26.08.2015 und des hierauf beruhenden Vorermittlungsverfahrens … gegen den Direktor des Amtsgerichts , den Sachverständigen Dr. … und … den Leiter der Polizeiinspektion …. Die übersandten Betreuungsakten waren zur Verifizierung des vom Kläger angezeigten Sachverhalts erforderlich, so dass die entsprechende Datenübermittlung nach Artikel 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BayDSG auch zulässig war.
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4.5: Auch die Datenübermittlung in dem Verfahren Az.: … vom 18.08.2017 (wobei das Datum die Rückleitung der Akten durch die Staatsanwaltschaft betrifft) war zulässig gemäß Artikel 5 Abs. 1 S. 1 BayDSG. Das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen den Kläger stand im unmittelbaren Zusammenhang mit dienstlichen Handlungen in dem streitgegenständlichen Unterbringungsverfahren ….. Gegenstand des Verfahrens war nämlich ein körperlicher Angriff gegen den im Verfahren zuständigen Betreuungsrichter durch den Kläger, weil der Betreuungsrichter eine Unterbringung im Bezirkskrankenhaus Mainkofen angeordnet hatte.
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4.6: Weitere vier Fälle der Datenübermittlung, nämlich die Gewährung von Akteneinsicht in die Verfahren …, und … am 02.09.2015 (beruhend auf dem Akteneinsichtsgesuch vom 01.09.2015) bzw. die Nachsendung weiterer Unterlagen aus dem Verfahren … betrafen ebenfalls eine Strafanzeige des Klägers und ein daraufhin eingeleitetes Vorermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft … (Az.: …). Diese Vorermittlungen richteten sich gegen den Betreuungsrichter Nagel wegen des Vorwurfs der Rechtsbeugung in den streitgegenständlichen Unterbringungs- und Betreuungsverfahren. Diese standen somit in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Verfahren der Staatsanwaltschaft und waren zur Verifizierung des Vorwurfs der Rechtsbeugung gegen den zuständigen Richter erforderlich, so dass die entsprechende Gewährung der Akteneinsicht durch das Amtsgericht … auch berechtigt war. Gleiches gilt für die Datenübermittlung in dem Verfahren … vom 09.09.2015. Dabei handelt es sich lediglich um die Nachsendung des zwischenzeitlichen Neueingangs in diesem Verfahren. Da die Gewährung von Akteneinsicht an die Staatsanwaltschaft … in diesem Fall zulässig war, gilt dies auch für die entsprechende Nachsendung weiterer Unterlagen. Entsprechendes gilt auch für die Übersendung des Ablehnungsbeschlusses vom 01.10.2015 hinsichtlich der Errichtung einer Betreuung an die Staatsanwaltschaft am 12.10.2015. Auch diesbezüglich handelt es sich lediglich um die Nachsendung weiterer Unterlagen im Rahmen einer grundsätzlich zulässigen Gewährung von Akteneinsicht. Entsprechendes gilt auch für die Nachsendung weiterer Unterlagen, die mit Verfügung des zuständigen Richters vom 25.09.2015 in dem Verfahren Az.: … veranlasst wurde.
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4.7: Im Hinblick auf die gerügte Datenübermittlung in dem Verfahren … vom 03.09.2015 betrifft dieses Datum lediglich die Ausführung der vom zuständigen Richter mit Verfügung vom 02.09.2015 bewilligten Akteneinsicht an die Staatsanwaltschaft … im Vorermittlungsverfahren … 104. Insoweit ist ein eigenständiger Tatbestand der Datenübermittlung nicht ersichtlich.
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4.8: Auch die mit Verfügung vom 22.10.2015 angeordnete Übersendung der Verfahrensakten … und … erfolgte aufgrund des Einsichtsgesuchs der Staatsanwaltschaft … vom 21.10.2015, welche aufgrund der Strafanzeige des Klägers Vorermittlungen gegen den Direktor des Amtsgerichts … , den Sachverständigen Dr. … und den Leiter der Polizeiinspektion … eingeleitet hatte. Diese Vorermittlungen waren daher durch den Kläger veranlasst worden. Die betreffenden Betreuungsakten waren zur Verifizierung des vom Kläger angezeigten Sachverhalts erforderlich, eine Aktenübersendung war daher berechtigt.
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4.9: Die Aktenübersendung im Verfahrens … vom 17.02.2017 erfolgte aufgrund eines Einsichtsgesuchs der Staatsanwaltschaft … vom 02.02.2017, welche aufgrund der Strafanzeige des Klägers unter dem Az.: … ein Ermittlungsverfahren wegen Rechtsbeu- gung gegen den Betreuungsrichter Nagel eingeleitet hatte. Da die streitgegenständlichen Betreuungsakten zur Überprüfung des Vorwurfs der Rechtsbeugung gegen den zuständigen Richter in diesem Verfahren erforderlich waren, war die entsprechende Aktenübersendung auch berechtigt.
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4.10: Das Akteneinsichtsgesuch der Staatsanwaltschaft … vom 19.08.2020 in das Verfahren … betraf schließlich eine Anzeige des Klägers gegen seine geschiedene Ehefrau und ein daraufhin eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen Betrugs. Zur Prüfung des vom Kläger erhobenen Vorwurfs des Betrugs und zur Betreibung des vom Kläger angestoßenen Ermittlungsverfahrens war eine Akteneinsicht für die Staatsanwaltschaft für die Erfüllung der ihr obliegenden Aufgaben erforderlich, die Gewährung von Akteneinsicht war daher gemäß Artikel 5 Abs.1 S. 1 Nr. 1 BayDSG zulässig.
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4.11: Im Hinblick auf die am 08.07.2020 erfolgte Datenübermittlung an die Generalstaatsanwaltschaft … in dem Verfahren Az.: … erfolgte das Akteneinsichtsgesuch durch die Generalstaatsanwaltschaft aufgrund einer Beschwerde gegen die Sachbehandlung der Staatsanwaltschaft … im dortigen Ermittlungsverfahren Az.: …. Der als Beschwerdeführer auftretende Kläger stützte seine Beschwerde unter anderem auf Erkenntnisse aus der angeforderten Betreuungsakte. Es bestand daher ein berechtigtes Interesse zur Bewilligung der Akteneinsicht, die Zulässigkeit der Datenübermittlung war somit gegeben.
II.
39
Auch scheidet ein Anspruch des Klägers aufgrund einer rechtswidrigen Datenübermittlung in den Verfahren Az.: … und … am 03.09.2015 an Rechtsanwalt … aus. Bei Rechtsanwalt … handelt es sich um den damaligen Verfahrensbevollmächtigten des Klägers jedenfalls in dem Verfahren Az.: … Insoweit wurde eine schriftliche Vollmacht vorgelegt. Ausweislich des Telefonvermerks von RiinAG (stVDir) … vom 02.09.2015 in dem Verfahren … versicherte Rechtsanwalt … anwaltlich jedoch auch die Vertretung des Klägers bzgl. der Ablehnungsanträge u.a. in den Verfahren …. und … (s. Anlage B4). Daraufhin erfolgte die entsprechende Akteneinsicht. Aufgrund der anwaltlichen Versicherung und Vorlage der schriftlichen Vollmacht im parallel laufenden Verfahren durfte man beklagtenseits zurecht davon ausgehen, dass eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung des Rechtsanwalts … gegeben war.
III.
40
Soweit der Kläger Datenübermittlungen an den Presse- und Informationsstab im BMVG in den Verfahren … und … bzw. … am 14.09. und am 28.09.2015 rügt, war die entsprechende Datenübermittlung ebenfalls zulässig. Hierbei wurde durch den zuständigen Betreuungsrichter dem BMVG mit Schreiben vom 14.09.2015 mitgeteilt, dass der Kläger laut Mitteilung der Gemeindeverwaltung … sich dieser gegenüber als Mitarbeiter des militärischen Abschirmdienstes ausgegeben habe und des weiteren, dass der Kläger als Hauptmann der Reserve im Rahmen von Wehrübungen Zugang zu Waffen haben soll. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Kläger der wegen nicht anders abwendbarer Fremdgefahr nach dem Bayerischen Unterbringungsgesetz gerichtlich genehmigten geschlossenen Unterbringung durch Flucht entzogen und war am 03.09.2015 aus der geschlossenen Abteilung des Bezirkskrankenhauses … entwichen. Von ihm ging zu diesem Zeitpunkt ein erhebliches Gefährdungsrisiko aus. Dies zeigte sich auch daran, dass er während der Flucht mit einem Fahrzeug mit gestohlenem Kennzeichen unter anderem am 17.09.2015 dem Richter am Amtsgericht … aufgelauert, ihn bedroht und ihm zwei Ohrfeigen verpasst hatte. Am gleichen Tag bedrohte und beleidigte er telefonisch die Verwaltungsangestellte … im Vorzimmer des Präsidenten des Landgerichts sowie den Polizeibeamten PHK … der Polizeiinspektion … . Es lag daher ein berechtigtes Interesse daran vor, diese Vorgänge dem BMVG mitzuteilen, so dass diese die ihren Richtlinien für die Sicherheitsüberprüfung von Bundeswehrangehörigen entsprechende Prüfung der Zuverlässigkeit des Klägers vornehmen konnten. Zwar lag die Durchführung dieser Sicherheitsüberprüfung in der Zuständigkeit des BMVG, die Mitteilung der entsprechenden Sachverhalte an diese Behörde war jedoch erforderlich, damit diese ordnungsgemäß ihrer öffentlichen Aufgabe nachkommen konnte. Da der Kläger laut Mitteilung des Presse- und Informationsstabes der Bundeswehr vom 28.09.2015 zu einer Wehrübung im November 2015 eingeladen war, waren erhebliche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland betroffen und die Datenübermittlung daher zulässig.
IV.
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Im Hinblick auf die geltend gemachte Datenschutzverletzung durch das Oberlandesgericht … in der Form der telefonischen Ausführungen des Richters am Oberlandesgericht Dr. … gegenüber der Staatsanwaltschaft … scheidet ein Anspruch des Klägers ebenfalls aus.
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Zwar wurde mit Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 06. April 2022 (…) festgestellt, dass die am 26. Februar 2020 getätigte telefonische Äußerung rechtswidrig war. Allerdings lässt sich den Entscheidungsgründen entnehmen, dass lediglich eine formelle Rechtswidrigkeit festgestellt wurde, da der funktional unzuständige Richter im Verfahren tätig geworden ist. Über die materielle Rechtmäßigkeit wurde mit dem Beschluss hingegen nicht entschieden. Unabhängig von der Frage der materiellen Rechtswidrigkeit scheidet jedoch ein Anspruch des Klägers jedenfalls aufgrund einer fehlenden Kausalität hinsichtlich des klägerseits geltend gemachten Schadens durch die telefonische Auskunftserteilung aus. Denn unstreitig wurde später eine Einwilligung zur Akteneinsicht erteilt und eine solche entsprechend auch gewährt. Insofern ist vom Kläger weder vorgetragen noch ersichtlich, wie durch die lediglich vorzeitige telefonische Auskunft ein Schaden beim Kläger entstanden sein kann, wenn ohnehin zu einem späteren Zeitpunkt umfassende Akteneinsicht gewährt wurde. Diesbezüglich scheitert ein Anspruch daher an einer fehlenden kausalen Schadensverursachung.
V.
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Insgesamt war somit in allen vom Kläger geltend gemachten Fällen, in denen erwiesenermaßen tatsächlich eine Datenübermittlung stattgefunden hat, eine solche nach Artikel 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BayDSG gerechtfertigt.
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1. Im Gegensatz zu der klägerseits zitierten Entscheidung des BayObLG, Beschluss vom 06.08.2020, Az.: …, bestand vorliegend, wie ausgeführt, jeweils ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Verfahren, in die Akteneinsicht gewährt wurde, und den jeweiligen Verfahren der akteneinsichtsersuchenden Behörden. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung war daher vorliegend die Erforderlichkeit der Maßnahmen jeweils zu bejahen, weil sich aus diesem unmittelbaren Zusammenhang der Verfahren für die Behörde bei Gewährung der Akteneinsicht erschloss, dass der Inhalt der jeweiligen Akten Informationen geben konnte, die für die Durchführung der Ermittlungs-, Beschwerde- und Disziplinarverfahren jeweils von Bedeutung sein konnten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.01.1970, 1 BvR 13/68, Rn. 26)
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2. Im übrigen scheidet ein Anspruch aus §§ 823, 839 BGB in Verbindung mit Artikel 1, 2 GG schon deshalb aus, weil es an einer Erheblichkeit der Rechtsverletzung fehlt.
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Grundsätzlich ist für die Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts anerkannt, dass es sich um einen Anspruch handelt, der auf den Schutzauftrag aus Artikel 1 und 2 Abs. 1 GG zurück geht. Jedoch begründet nicht jede Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf Geldentschädigung. Die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts erfordert ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts nicht in jedem Fall eine Wiedergutmachung durch Geldentschädigung, sondern nur unter den einschränkenden Voraussetzungen, dass eine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorliegt und die Beeinträchtigung nach der Art der Verletzung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (BGH, Urteil vom 04.11.2004, Az.: 3 ZR 361/03; BVerfG, Beschluss vom 11.11.009, Az.: 1 BVR 2853/08; Sprau in Grüneberg, BGB, 81. Auflage 2021, § 823 BGB, Rdnr. 111).
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Eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers ist vorliegend jedoch weder vorgetragen noch nachgewiesen. So sind die vom Kläger behaupteten Beeinträchtigungen (Verärgerung, Verunsicherung, Schlafstörungen), die an sich nicht besonders schwerwiegend sind, beklagtenseits bestritten und vom Kläger nicht unter Beweis gestellt. Daneben ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass der Kläger den Großteil der Verfahren selbst angestoßen hat, und die Akten nicht an irgendwelche Dritte, sondern lediglich kurzzeitig an andere Behörden überlassen wurden.
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Aus Sicht des Gerichts gilt diese Geringfügigkeitsschwelle auch für einen etwaigen Anspruch aus Artikel 82 DS-GVO. Denn nach dieser Vorschrift besteht ein derartiger Anspruch nur dann, wenn wegen eines Verstoßes gegen die Datenschutzgrundverordnung dem jeweiligen Anspruchsteller ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist. Die bloße Verletzung der Norm als solche reicht hierfür jedoch nicht aus, wenn mit dieser Verletzung keine entsprechenden materiellen oder immateriellen Schäden einhergehen. Das Vorliegen eines Schadens setzt schon der Wortlaut der vorstehend zitierten Schadensersatznorm denknotwendig voraus. Ohne Schaden würde es sich nicht mehr um Schadensersatz, sondern um eine Sanktion bzw. um Strafschadensersatz handeln, was jedoch Artikel 82 DS-GVO gerade nicht vorsieht. Es muss daher das Vorliegen eines Schadens in dem jeweiligen Einzelfall nachgewiesen werden (Generalanwalt beim EuGH Sanchez-Bordona, Schlussantrag vom 06.10.2022 – C 300/21, OGH Österreich, 12.05.21, Az.: 6 Ob 35/21 x, Beck RS 2022, 26562). Ein lediglich befürchteter Schaden ist nicht ausreichend, da dieser nach dem Wortlaut der Norm schon entstanden sein muss. Soweit der Kläger vorliegend einen Schaden behauptet hat, wurde dies beklagtenseits bestritten und vom Kläger nicht unter Beweis gestellt. Auch aus diesem Grund scheitert der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch.
VI.
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Auf die Frage der beklagtenseits eingewandten Verjährung kommt es daher nicht mehr an. Eine solche wäre wohl auch lediglich hinsichtlich des Verfahrens … zu bejahen, diesbezüglich hat der Kläger eingeräumt, dass seiner damaligen Rechtsanwältin am 10.02.2016 Akteneinsicht gewährt wurde. Ab diesem Zeitpunkt war ihm somit die Akte bekannt, unabhängig davon, ob von Seiten der Rechtsanwältin eine speziell auf Datenschutzverletzungen gerichtete Prüfung stattgefunden hat oder nicht, so dass mit Ablauf des Jahres 2019 diesbezügliche Ansprüche auch verjährt wären.
VII.
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Im Hinblick auf den mit Schriftsatz vom 06.03.2023 erfolgten Vortrag kann dieser, unabhängig davon, ob er – wie beklagtenseits gerügt – verspätet erfolgte oder nicht, der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Der Kläger hat dabei ausgeführt, den geltend gemachten Schadensersatzanspruch ergänzend zu begründen mit Übermittlungen von Auszügen der Betreuungsakten des Amtsgerichts … im Verfahren …, und ….. Aus dem diesbezüglichen Vorbringen ist jedoch nicht zu entnehmen, welchen Anspruch er auf den insoweit vorgetragenen Vortrag stützen will. Weitere Fälle der Datenschutzverletzung und hierauf gerichtete Schadensersatzansprüche macht er insoweit nicht geltend. Der diesbezügliche Sachvortrag ist somit ohnehin unsubstantiiert und unerheblich.
VIII.
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Eine Wiedereröffnung des Verfahrens gem. § 156 ZPO, wie vom Kläger mit Schriftsatz vom 17.03.2023 beantragt, ist nicht veranlasst. Diesbezüglich macht der Kläger im Wesentlichen lediglich geltend, dass von Seiten des Gerichts nach § 139 ZPO erforderliche Hinweise nicht erteilt worden seien (§ 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Ein hinreichender Anlass für die Erteilung richterlicher Hinweise hat jedoch – wie bereits unter Ziffer I. 2. a) ausgeführt – nicht bestanden. Andere Wiedereröffnungsgründe sind nicht ersichtlich.
B.
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Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung, die Klage war daher auch insoweit als unbegründet abzuweisen.
C.
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Die Entscheidung zu den Kosten ergibt sich aus § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.