Inhalt

OLG München, Beschluss v. 21.02.2023 – 33 U 4439/21
Titel:

Gegenerklärung, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Inverkehrbringen, Aufklärungspflicht, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, Arglistige Täuschung, Abschalteinrichtung, Klagepartei, Kosten des Berufungsverfahrens, Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, Kostenentscheidung, Rechtsmittel, Sicherheitsleistung, Substantiierter Vortrag, Streitwert, Höchstrichterliche Rechtsprechung, Substantiierte Darlegung, Deliktische Haftung, Landgerichte, OLG Düsseldorf

Schlagworte:
Berufung, Schadensersatzanspruch, deliktische Haftung, arglistige Täuschung, Aufklärungspflicht, Kostenentscheidung
Vorinstanz:
LG München I, Urteil vom 10.06.2021 – 20 O 5642/20
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Urteil vom 02.07.2025 – VIa ZR 410/23
Fundstelle:
BeckRS 2023, 56735

Tenor

1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 10.06.2021, Aktenzeichen 20 O 5642/20, wird zurückgewiesen.
2. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klagepartei kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf € 40.000,00 festgesetzt.

Gründe

I.
1
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 10.06.2021 Bezug genommen. Änderungen oder Ergänzungen im Sachverhalt haben sich im Berufungsverfahren nicht ergeben.
2
Die Klagepartei wendet sich mit ihrer Berufung gegen die Abweisung der von ihr geltend gemachten deliktischen Ansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb eines vom „…skandal“ betroffenen Pkw. Sie begehrt wie zuletzt in erster Instanz die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von € 39.050,84 sowie zum Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 2.554,93 jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.05.2020. Auf die Berufungsbegründung vom 13.09.2021 (Bl. 253 ff.) wird verwiesen.
3
Der Senat hat mit Beschluss vom 17.02.2022 (Bl. 329 ff.), der Klagepartei zugestellt am 1.03.2022, darauf hingewiesen, dass er die einstimmige Zurückweisung des Rechtsmittels gemäß § 522 Abs. 2 ZPO beabsichtigt und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
II.
4
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 10.06.2021, Aktenzeichen 20 O 5642/20, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
5
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 17.02.2022 (Bl. 329 ff.) Bezug genommen, dem der Senat in seiner neuen Besetzung vollumfänglich beitritt. Die Gegenerklärung der Klagepartei vom 16.03.2022 (Bl. 343 ff.) führt zu keiner anderen Beurteilung.
6
1. Dies gilt insbesondere für die Wiederholung des Vortrags zur Tätigkeit von … im Bereich „Entwicklung Aggregate“ bei der … AG und der … AG und seiner Berufung in den Vorstand der Beklagten ab Oktober 2012 bis Oktober 2016. Dass sich seine Tätigkeit bei der … AG bis zum Jahr 2009 in irgendeiner Weise auf den hier streitgegenständlichen, im Jahr 2016 als Neuwagen erworbenen … 3,0 Liter V6 Dieselmotor (Euro 6) ausgewirkt hätte, ist hierdurch weiterhin nicht substantiiert dargetan.
7
Soweit die Gegenerklärung erneut auf eine Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II verweist und Teile davon in nicht chronologischer Form auszugsweise wiedergibt, ersetzt dies keinen ordnungsgemäßen Parteivortrag. Es wird auch hierdurch kein Bezug zum streitgegenständlichen Pkw und zur Beklagten deutlich.
8
Die bloße Behauptung, … habe „konkrete Kenntnis von und Vorsatz zur Manipulation gerade auch des streitgegenständlichen Motor-Modells“ gehabt, stellt keinen substantiierten Vortrag dar. Der Berufung gelingt es nach wie vor nicht, die Beteiligung mindestens eines handelnden Repräsentanten der Beklagten an der Entscheidung über die Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung substantiiert darzulegen.
9
2. Soweit die Gegenerklärung meint, schon das Inverkehrbringen eines Pkw mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung führe zu einer deliktischen Haftung, trifft dies nach der bereits in dem Hinweisbeschluss vom 17.02.2022 dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zu. Denn hierdurch wird nicht der Nachweis geführt, dass auch bei der Beklagten eine auf arglistige Täuschung des KBA und letztlich der Fahrzeugerwerber gerichtete Strategieentscheidung getroffen worden wäre oder für die Beklagte handelnde Personen an der von der … AG getroffenen Entscheidung zumindest beteiligt gewesen wären (vgl. BGH, Urteil vom 8.03.2021, VI ZR 505/19, juris Rn. 21).
10
Aus dem von der Gegenerklärung zitierten Urteil des Landgerichts Köln (37 O 92/19) bzw. dem diesem nachfolgenden Urteil des OLG Köln (19 U 107/20) ergibt sich nichts anderes. Denn die vor dem Landgericht noch erfolgreiche dortige Klagepartei hat – wie sich aus dem Urteil des OLG Köln ergibt (19 U 107/20, juris Rn. 5) – ihre Klage gegen die … AG nach Durchführung der mündlichen Berufungsverhandlung zurückgenommen. Die von der Gegenerklärung zitierten Ausführungen des Landgerichts zu einer Mithaftung der hiesigen Beklagten allein aufgrund des Inverkehrbringens eines Pkw haben sich mithin als haltlos erwiesen und keinen Bestand.
11
Ähnliches gilt für das Vorbringen der Gegenerklärung zu einer aus dem Inverkehrbringen resultierenden Aufklärungspflicht der Beklagten unter Bezugnahme auf ein Urteil des OLG Düsseldorf (13 U 81/19). Die Klage, die dem dortigen Urteil zugrunde lag, ist in der Revisionsinstanz zurückgenommen worden (VI ZR 261/20), so dass das Urteil des OLG Düsseldorf gegenstandslos geworden ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.01.2022, VII ZR 491/21, juris Rn. 11). In der Sache hat der Bundesgerichtshof die Beurteilung des OLG Köln (I-15 U 88/20, juris) gebilligt, das – anders als das OLG Düsseldorf – eine derartige Aufklärungspflicht verneint hat (BGH, Urteil vom 12.01.2022, VII ZR 491/21, juris).
12
3. Nach Vorstehendem liegt die von der Gegenerklärung behauptete Divergenz nicht vor.
III.
13
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
14
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit erfolgte gemäß § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
15
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.