Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 05.12.2023 – B 5 K 22.232
Titel:

Unfallruhegehalt, Kausalität zwischen Dienstunfall und Dienstunfähigkeit

Normenkette:
BeamtVG § 36 Abs. 1
Schlagworte:
Unfallruhegehalt, Kausalität zwischen Dienstunfall und Dienstunfähigkeit
Fundstelle:
BeckRS 2023, 56643

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Unfallruhegehalt.
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Der am … geborene Kläger stand zuletzt als Kriminalhauptkommissar (Besoldungsgruppe A 12) im Dienst des Beklagten. Er wurde mit Bescheid des Polizeipräsidiums … vom 29.08.2018 mit Ablauf des Monats September 2018 gem. § 21 Nr. 4 i.V.m. § 26 Abs. 1 Satz 1 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) und Art. 66 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) in den Ruhestand versetzt. Aufgrund des Gesundheitszeugnisses des Ärztlichen Dienstes der Bayerischen Polizei vom 04.05.2018 sei bei ihm von einer gesundheitlichen Verfassung auszugehen, die aktuell seine Dienstunfähigkeit begründe und darüber hinaus ausschließe, dass er innerhalb weiterer sechs Monate wieder voll dienstfähig werde.
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Mit Bescheid vom 05.12.2018 setzte das Landesamt für Finanzen die Versorgungsbezüge des Klägers fest. Hierbei wurde ein Versorgungsabschlag in Höhe von 10,80 v.H. angesetzt.
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Die Situation des Klägers im Zusammenhang mit den geltend gemachten Dienstunfällen und Berufserkrankungen stellt sich wie folgt dar:
- Dienstunfall vom 31.05.1983: Schulterluxation links, als unfallfremd eingestuft: Impingementsyndrom, Kalkschulter
- Dienstunfall vom 07.02.1985: Kontusion linkes Kniegelenk – ausgeheilt Juni 1985
– Dienstunfall vom 04.12.1989: Schwellung und Druckschmerz über dem Daumengelenk, Zerrung des ulnaren Seitenbandes rechte Hand – ausgeheilt Juni 1990
– Dienstunfall vom 03.07.1991: Kniegelenkrotationstrauma rechts mit Kniegelenkserguss; Elongation rechtes VKB mit Teilruptur am femoralen Ansatz, Knorpelschädigung Grad I am medialen Femurkondylus in der Ausdehnung von 2 x 1 cm, keine wesentliche Instabilität am Kniegelenk; Komplettruptur des vorderen Kreuzbandes, beginnende Gonarthrose rechts, Innenbandläsion rechts Kniegelenk mit leichter medialer Instabilität
- Dienstunfall vom 28.02.1992: Muskelfaserriss des Musculus soleus am rechten Unterschenkel – ausgeheilt Juli 1992 – Dienstunfall vom 12.12.2000: radiärer Einriss des Innenmeniskushinterhorns mit breiter Lücke sowie zusätzlich Substanzdefekte mit neuen Rissbildungen
- nicht als mittelbare Unfallfolge eingestuft wurden der Tinnitus sowie das cervicocephale Syndrom des Klägers (Schreiben des Landesamtes für Finanzen vom 12.07.2017)
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Mit Schreiben vom 08.02.2019 wandte sich das Landesamt für Finanzen an den Ärztlichen Dienst der Bayerischen Polizei. Nachdem der Kläger die Zuerkennung eines Unfallruhegehaltes begehre, wurde die folgende Frage aufgeworfen:
„Beruht die Ruhestandsversetzung, unter Würdigung der vorliegenden orthopädischen Befundberichte und Gutachten
a) allein oder wesentlich auf den anerkannten Dienstunfällen und wenn ja, welchem oder
b) annähernd gleichwertig auf den anerkannten Dienstunfällen und unfallunabhängigen Faktoren (Vorschädigung, degenerative, anlagebedingte Veränderungen, Krankheitsdispositionen oder andere Erkrankungen u. ä.) oder
c) allein oder wesentlich auf unfallunabhängigen Faktoren?“
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Dies wurde vom Ärztlichen Dienst der Bayerischen Polizei am 06.05.2019 dahingehend beantwortet, dass die führende dienstunfallrechtliche Diagnose die medial betonte Gonarthrose des rechten Kniegelenks sei. Die Körperschäden weiterer Dienstunfälle seien entweder als unfallfremd eingestuft worden [sic!] oder ausgeheilt. Die Ruhestandsversetzung des Beamten gründe sich auf zahlreiche Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates, insbesondere der Wirbelsäule sowie auch auf Erkrankungen aus dem nicht somatischen Fachgebiet. Die dienstunfallbedingte rechtsseitige Gonarthrose mit entsprechenden körperlichen Einschränkungen sei nur ein Teilaspekt der Ruhestandsversetzung, dienstunfallunabhängige Gesundheitsstörungen seien wesentlich für den reduzierten Gesundheitszustand des Klägers verantwortlich.
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Mit Bescheid vom 15.05.2019 stellte das Landesamt für Finanzen daraufhin fest, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Unfallruhegehalt nach Art. 53 des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes (BayBeamtVG) nicht vorlägen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Beamter nur ein Unfallruhegehalt erhalte, wenn er infolge eines Dienstunfalles dienstunfähig geworden und deshalb in den Ruhestand getreten sei. Dabei müssten die Dienstunfälle die rechtlich wesentliche Ursache für die Dienstunfähigkeit gewesen sein. Zur Beurteilung dieser Frage sei eine Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes der Bayerischen Polizei eingeholt worden. Hiernach seien die dienstunfallunabhängigen Gesundheitsstörungen die wesentlichen Ursachen für den reduzierten Gesundheitszustand und damit für die Ruhestandsversetzung des Klägers.
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Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 03.06.2019 Widerspruch erheben. Zu dessen Begründung wurde mit Schriftsatz vom 02.08.2019 im Wesentlichen ausgeführt, dass die Dienstunfähigkeit des Klägers wesentlich auf dienstunfallbedingten Beschwerden beruhe. Für die Prüfung des Kausalzusammenhanges gelte die Lehre vom Ursachenbegriff der wesentlich mitwirkenden Teilursache. Hätten mehrere Ursachen den Erfolg herbeigeführt, sei wesentlich nur diejenige, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt habe, also bei natürlicher Betrachtungsweise maßgebend und richtungsweisend gewesen sei. Seien mehrere Ursachen gegeben, aber keine dieser Ursachen den anderen gegenüber von überragender Bedeutung, sondern die Ursachen annähernd gleichwertig, gelte die durch den Dienst gesetzte Teilursache als alleinige, wesentliche Ursache im Rechtssinne. In der Stellungnahme des Polizeiärztlichen Dienstes vom 06.05.2019 erfolgten keine näheren Erläuterungen, insbesondere nicht zum Verhältnis von unfallbedingten und nichtunfallbedingten Verursachungsanteilen. Für den Kläger werde diesbezüglich ein Arztbericht von Dr. … vom 28.04.2018 vorgelegt. Nach Benennung der Diagnosen und Ausführungen zum aktuellen Befund werde darin ausgeführt, dass maßgeblich für die Dienstunfähigkeit die erheblich fortgeschrittene Gonarthrose rechts gewesen sei. Weiterhin wird ausgeführt, dass aufgrund der langjährigen Schmerzen durch die Gonarthrose ein sekundäres Schmerzsyndrom mit Erschöpfung eingetreten sei. Aufgrund dieser Umstände sei eine Pensionierung mit Hauptmerkmal sekundärer Gonarthrose anzustreben. Demnach sei auch das Schmerzsyndrom mit Erschöpfung Dienstunfallfolge, was hiermit vorsorglich gemeldet und zur Anerkennung beantragt werde. Aus diesen Ausführungen gehe demnach hervor, dass wesentlich für die Dienstunfähigkeit die Folgen der Dienstunfälle vom 03.07.1991 und 12.12.2000 sein. Verwiesen werde auch auf das in der Akte befindliche ärztliche Attest vom 21.03.2017 (Bl. 429 der Beklagtenakte). In diesem gelange Dr. … zu der Auffassung, dass aus orthopädischer Sicht aufgrund der schweren Gonarthrose rechts die Vollzugsdienstfähigkeit nicht mehr gegeben sei. Ferner werde für den Kläger eine aktuelle Stellungnahme von Dr. … vom 30.07.2019 vorgelegt, in der ausgeführt werde, dass die Gonarthrose mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Pensionierung geführt habe. Den Ausführungen des Polizeiarztes in dessen Stellungnahme sei entgegenzuhalten, dass es nicht nachvollziehbar sei, warum seiner Auffassung nach unfallunabhängige Gesundheitsstörungen wesentlich für den reduzierten Gesundheitszustand des Klägers verantwortlich sein sollen, wenn gleichzeitig gesehen werde, dass die Gonarthrose ein Teilaspekt der Ruhestandsversetzung sei. Es fehle an einer Auseinandersetzung und nachvollziehbaren Begründung, warum bei mehreren Ursachen die dienstunfallunabhängigen Ursachen wesentlich sein sollten. Ein amtsärztliches Gutachten dürfe nicht nur das Untersuchungsergebnis mitteilen, sondern müsse auch die für das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe enthalten. Es müsse sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitende Schlussfolgerungen enthalten. Diese vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätze seien vorliegend übertragbar.
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Mit Schreiben des Landesamtes für Finanzen vom 08.05.2020 wurde der Bevollmächtigte des Klägers dahingehend verständigt, dass der Kläger mit E-Mail vom 05.08.2019 selbst die Erweiterung der anerkannten Dienstunfallfolgen zu den Vorfällen vom 03.07.1991 und 12.12.2000 um eine partielle Reruptur des vorderen Kreuzbandes rechtes Kniegelenk beantragt habe. Dabei nehme er Bezug auf die Ausführungen durch den Radiologen zum MRT-Befundbericht. Nach Auffassung des Landesamts für Finanzen handle es sich dabei um keinen neuen Körperschaden. Im Befund werde ausgeführt, bildmorphologisch liege der Befund einer chronischen Reruptur vor. Nach den Angaben im MRT habe es kurz vorher einen Vorfall gegeben, der entsprechende Veränderungen ausgelöst habe. Es werde um schriftliche, detaillierte Beschreibung des Vorfalls gebeten. Zum Antrag auf Erweiterung der Unfallfolgen um ein sekundäres Schmerzsyndrom mit Erschöpfung werde mitgeteilt, dass es sich hierbei definitionsrechtlich um keinen konkreten Körperschaden handele. Im Gesundheitszeugnis vom 17.11.2017 sei eine Polizeidienstunfähigkeit gerade nicht bestätigt worden. Aufgrund der Ausführungen des Ärztlichen Dienstes der Bayerischen Polizei könne Außendienst ohne wesentliche Gefährdung des Beamten ausgeübt werden. Deshalb sei im vom Bevollmächtigten zitierten Absatz das von diesem weggelassene Wort „formal“ angeführt worden. Zudem seien auch in diesem Zeugnis bei der Beurteilung alle Erkrankungen einbezogen worden. Nähere Ausführungen zum ärztlichen Gesundheitszeugnis vom 17.11.2017 und zum Attest von Dr. … vom 21.03.2017 seien entbehrlich, da zwischenzeitlich eine endgültige Ruhestandsversetzung erfolgt sei und nicht nur eine Einschränkung im Zusammenhang mit dem Vollzugsdienst bestehe. Im Zusammenhang mit der Ruhestandversetzung sei vorab am 02.05.2018 eine weitere Begutachtung in den Räumen des Ärztlichen Dienstes der Bayerischen Polizei erfolgt. In dem Zeugnis vom 04.05.2018 seien alle Erkrankungsbilder in den Blick genommen worden und es sei eine Gesamtbeurteilung erfolgt. Der Bevollmächtigte des Klägers wurde gebeten, ein vorher genanntes Attest des Dr. … vorzulegen. Darüber hinaus wurde er gebeten, gemeinsam mit dem Kläger eine detaillierte schriftliche Aufstellung vorzulegen, wann erstmalig ein solches sekundäres Schmerzsyndrom aufgetreten sei und wann welche Art von Schmerzen sowie Erschöpfungen an welchen Tagen seit diesem ersten Tag des Syndroms aufgetreten seien.
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Mit Schreiben vom 14.08.2020 legte der Bevollmächtigte des Klägers den Arztbericht des Dr. … vom 25.01.2018 vor, aus dem die Diagnose akute Belastungsreaktion mit vorherrschender emotionaler Störung hervorgeht und auf die im Übrigen Bezug genommen wird. Für den Kläger wurde vorgetragen, eine detaillierte Aufstellung hinsichtlich des Auftretens des sekundären Schmerzsyndroms könne kurzfristig nicht erfolgen, da der Kläger hierfür Rücksprache mit seinem Arzt nehmen wolle und die Praxis urlaubsbedingt geschlossen sei. Detaillierte Angaben hierzu fielen dem Kläger schwer, ein Schmerztagebuch sei nicht geführt worden. Eine detaillierte Beschreibung des genannten Vorfalls, der entsprechende Veränderungen ausgelöst habe, könne nicht gegeben werden, da es einen solchen nicht gab und ein solcher im MRT-Bericht vom 23.08.2017 nicht aufgeführt sei.
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Diesbezüglich wies das Landesamt für Finanzen unter dem 24.08.2020 darauf hin, dass der Radiologe unter dem Punkt „klinische Angabe“ ausgeführt habe: „Verdacht auf aktivierte Gonarthrose rechts“. Dementsprechend erfolge dann auch unter Berücksichtigung der klinischen Angabe die Beurteilung. Eine „Aktivierung“ erfolge immer aufgrund eines „Anstoßimpulses“ oder eines „Vorfalles“.
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Ergänzend dazu legte der Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 26.10.2020 ein Schreiben des Herrn Dr. … vom 16.10.2020 vor, aus dem hervorgeht, das Schreiben des Landesamtes für Finanzen entbehre eines entsprechenden medizinischen Sachverstandes. Es sei diesbezüglich schwierig, mit medizinischen Laien über derartige Begrifflichkeiten zu diskutieren und auch zeitraubend. Die weitere Kommunikation sollte diesbezüglich über den polizeimedizinischen Dienst erfolgen. Eine aktivierte Gonarthrose entstehe durch eine vorbestehende Gonarthrose, die sich, wie in diesem Fall durch eine unfallbedingte Schädigung durch eine VKB-Ruptur ergeben habe. Ein erneutes Unfallereignis sei hierfür nicht notwendig und auch nicht gegeben. Im Weiteren verstehe es sich von selbst, dass durch permanente Schmerzen ein Schmerzsyndrom mit Folgebeschwerden, wie in diesem Fall im Bereich der Wirbelsäule durch Fehlbelastungen ausgebildet werde. Im Vordergrund stehe das Kniegelenk mit seiner unfallbedingten, anerkannten vorderen Kreuzbandruptur und den sich hieraus ergebenden Folgeerscheinungen und Beschwerden.
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Der Ärztliche Dienst der Bayerischen Polizei lehnte einen Untersuchungsauftrag des Landesamts für Finanzen mit Schreiben vom 23.06.2021 wegen pandemiebedingt knapper Personalressourcen ab.
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Daraufhin beauftragte das Landesamt für Finanzen mit Schreiben vom 04.08.2021 Herrn Dr. … mit einer gutachterlichen Nachuntersuchung des Klägers. Um über den Widerspruch sowie die weiteren dienstunfallrechtlichen Ansprüche des Klägers entscheiden zu können, wurde um gutachterliche Stellungnahme zu folgenden Fragen gebeten:
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1. Welche Körperschäden auf orthopädischem Fachgebiet wurden am gutachterlichen Untersuchungstag festgestellt?
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2. Welche der von Ihnen zu Ziffer 1 zu nennende Körperschäden wurden im Sinne der Entstehung
a) allein oder wesentlich durch die beiden Dienstunfallereignisse vom 03.07.1991 (führendes Ereignis) und 12.12.2000 verursacht oder
b) annähernd gleichwertig durch die beiden Unfälle und unfallunabhängige Faktoren (Vorschädigung, degenerative, anlagebedingte Veränderungen, Krankheitsdispositionen u.ä.) verursacht oder
c) allein oder wesentlich durch unfallunabhängige Faktoren (Vorschädigung, degenerative, anlagebedingte Veränderungen, Krankheitsdispositionen u.ä.) verursacht?
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3. Welche der von Ihnen zu Ziffer 1 zu nennenden Körperschäden sind nicht wesentlich durch die beiden Unfälle vom 03.07.1991 (führendes Ereignis) und 12.12.2000 verursacht, da sie bereits vor dem jeweiligen Unfall (evtl. latent) bestanden, wurden jedoch allein oder wesentlich durch die beiden Ereignisse verschlimmert, ggf. in welcher Weise (vorübergehend – hier ist die Dauer der Verschlimmerung anzugeben, dauernd und zwar sachlich abgrenzbar oder richtungsgebend)?
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4. Unter Berücksichtigung Ihrer Vorantworten: Wären die anerkannten Dienstunfallfolgen zu erweitern? Ggf. inwiefern?
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5. Wie hoch ist die ggf. nunmehr wesentlich durch den Dienstunfall bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) seit dem Tag der letzten Untersuchung (= 27.06.2017) einzuschätzen (bitte ggf. gestaffelt angeben)?
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6. Sind wegen der Unfallfolgen weitere Behandlungsmaßnahmen erforderlich und ggf. welche? Für welchen Zeitraum?
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7. Wann wird gegebenenfalls eine weitere Nachuntersuchung vorgeschlagen? Darüber hinaus werde im Rahmen der gutachterlichen Nachuntersuchung insbesondere um ausführliche Stellungnahme zu folgender Frage gebeten:
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8. Ist die bei Herrn … festgestellte dauernde Dienstunfähigkeit wesentlich kausal auf die Dienstunfälle vom 03.07.1991 (führendes Ereignis) und 12.12.2000 zurückzuführen?
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Im Untersuchungsauftrag wurde erläutert, um über die eventuelle Gewährung von Unfallruhegehalt entscheiden zu können, werde um gesamtgutachterliche Stellungnahme gebeten, ob die Folgen der beiden anerkannten Dienstunfälle vom 03.07.1991 und 12.12.2000 zur dauernden Dienstunfähigkeit des Klägers geführt hätten. Sollte eine exakte Aussage hierüber nicht möglich sein, werde gebeten, zusätzlich noch zu der Frage Stellung zu nehmen, ob ausgeschlossen werden könne, dass die Dienstunfähigkeit des Klägers auch ohne die Dienstunfallereignisse vom 03.07.1991 und 12.12.2000 allein aufgrund der dienstunfallunabhängigen Gesundheitsstörungen innerhalb eines Jahres eingetreten wäre, was ggf. als neunte Fragestellung im Gutachten auszuführen sei.
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Im fachorthopädischen Gutachten des Herrn Dr. … vom 08.11.2021, auf das insgesamt Bezug genommen wird (Bl. 520 bis 552 der Beklagtenakte), wurden die gestellten Fragen wie folgt beantwortet:
1. :
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Auf orthopädischem Fachgebiet hätten am gutachterlichen Untersuchungstag (31.08.2021) folgende Körperschäden festgestellt werden können:
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1. Medial und femoropatellar betonte Gonarthrose rechts mit erstgradig vorderer Instabilität bei Zustand nach vorderer Kreuzbandplastik mit chronischer Reruptur und bei Zustand nach Innenmeniskus-Teilresektion.
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2. Degeneratives, lokales, phasenweise pseudoradikuläres und phasenweise cervikocephales HWS-Syndrom bei radiologisch festgestellten Bandscheibenschäden, Osteochondrose, Spondylarthrose und Unkarthrose.
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3. Degeneratives, lokales, phasenweise pseudoischialgiformes Lendenwirbelsäulensyndrom bei radiologisch festgestellten Bandscheibenschäden, Spondylosis deformans, Osteochondrose und Spondylarthrose.
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4. Bewegungseinschränkung Schulter links bei Zustand nach traumatischer Schulterluxation mit rezidivierenden Reluxationen.
2. :
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Folgende Körperschäden seien im Sinne der Entstehung a) allein bzw. wesentlich durch die beiden Unfallereignisse vom 03.07.1991 und 12.12.2000 verursacht worden:
- medial und femoropatellar betonte Gonarthrose rechts mit erstgradiger vorderer Instabilität bei Zustand nach vorderer Kreuzbandplastik mit chronischer Reruptur und bei Zustand nach Innenmeniskus-Teilresektion.
b) entfalle
c) allein bzw. wesentlich durch unfallunabhängige Faktoren seien folgende Körperschäden verursacht worden:
- Degeneratives, lokales, phasenweise pseudoradikuläres und phasenweise cervikocephales HWS-Syndrom bei radiologisch festgestellten Bandscheibenschäden, Osteochondrose, Spondylarthrose und Unkarthrose.
- Degeneratives, lokales, pseudoischialgiformes Lendenwirbelsäulensyndrom bei radiologisch festgestellten Bandscheibenschäden, Spondylosis deformans, Osteochondrose und Spondylarthrose.
- Bewegungseinschränkung Schulter links bei Zustand nach traumatischer Schulterluxation mit rezidivierenden Reluxationen.
3. :
entfalle
4. :
31
Unter Berücksichtigung der Vorantworten seien die bereits anerkannten Dienstunfallfolgen nicht zu erweitern. Hinzuweisen sei lediglich darauf, dass im Rahmen der letzten kernspintomographischen Untersuchung des rechten Kniegelenks in Bezug auf die durchgeführte vordere Kreuzbandplastik eine chronische Reruptur bewertet worden sei. Gegebenenfalls sei diese Befundtatsache als Dienstunfallfolge zu erweitern.
5. :
32
Die nunmehr wesentlich durch den Dienstunfall bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei seit dem Tag der letzten Untersuchung (= 27.06.2017) mit 30 v.H. einzuschätzen. In Bezug auf die Staffelung werde konform gegangen mit der in den Unterlagen ausgeführten Staffelung der MdE zunächst mit 20%, ab 28.07.2008 mit 30%.
6. :
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Wegen der Unfallfolgen erschienen weitere Behandlungsmaßnahmen erforderlich. Zur Aufrechterhaltung der Beweglichkeit des rechten Kniegelenks sei eine krankengymnastische bzw. manualtherapeutische Behandlung indiziert. Darüber hinaus sei entsprechendes Muskeltraining zur Aufrechterhaltung der kniestabilisierenden Muskulatur durchzuführen. Bei Zunahme der degenerativ bedingten Beschwerden des rechten Kniegelenks werde prospektiv die Indikation zu einer endoprothetischen Versorgung gegeben sein, wobei eine solche bereits im dokumentierten Behandlungsverlauf angesprochen worden sei. Wann der Zeitpunkt für eine endoprothetische Versorgung gegeben sei, unterliege der subjektiven Beschwerdesymptomatik und könne nicht sicher vorhergesagt werden.
7. :
34
Eine weitere Nachuntersuchung werde in drei Jahren vorgeschlagen. Sollte in diesem Zeitraum eine endoprothetische Versorgung erfolgen, werde eine Nachuntersuchung ein halbes Jahr nach der Prothesenimplantation vorgeschlagen.
8. :
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Die festgestellte dauernde Dienstunfähigkeit sei nicht wesentlich kausal auf die Dienstunfälle vom 03.07.1991 und 12.12.2000 zurückzuführen. Zur Begründung sei auszuführen, dass der Kläger im Wesentlichen aufgrund von drei Erkrankungskomplexen in den Ruhestand versetzt worden sei: Der erste Komplex bestehe in Form einer Verschleißerkrankung des rechten Kniegelenks nach erlittenem komplexen Kniebinnentrauma. Der zweite Komplex bestehe in Form von wirbelsäulenbedingten Beschwerden, insbesondere im Hals- und Lendenwirbelsäulenbereich bei unfallunabhängig bestehender Fehlstatik der Wirbelsäule und bei aufgetretenen degenerativen Veränderungen insbesondere im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäulenregion. Der dritte Komplex beruhe auf dem nervenärztlichen/psychiatrischen Fachgebiet, weswegen auch eine Zusatzbegutachtung durch Herrn Dr. … indiziert worden sei. Alleine aus diesem nervenärztlichen Gutachten sei ersichtlich, dass der überwiegende Grund aufgrund dieser unfallunabhängigen nervenärztlichen Erkrankung gegeben sei (leicht- bis mittelgradige depressiv geprägte Anpassungsstörung). Dieser Meinung des neurologischen Gutachters könne sich Dr. … vollumfänglich anschließen. Aufgrund der dokumentierten medizinischen Unterlagen sei die Ruhestandsversetzung in erster Linie aufgrund des nervenärztlichen Fachgebiets erfolgt, sekundär aufgrund der orthopädisch/unfallchirurgischen Erkrankungen. In Bezug auf Letztere müsse wiederum differenziert werden zwischen dienstunfallbedingten und nicht dienstunfallbedingten Erkrankungen, wobei naturgemäß die Erkrankung des rechten Kniegelenkes, welche als dienstunfallabhängig zu werten sei, im Vordergrund stehe. Auch er bewerte die Sachlage so, wie sie durch den neurologischen Zusatzgutachter bewertet worden sei. Insofern gehe er konform mit der Wertung, dass etwa ein Anteil von maximal 35% auf die dienstunfallbedingte Kniesymptomatik zurückzuführen sei, ein Anteil von etwa 15% auf die dienstunfallunabhängige Symptomatik im Bereich der Wirbelsäule. Zusammenfassend sei somit auszuführen, dass die Ruhestandversetzung des Klägers überwiegend aufgrund von dienstunfallunabhängigen krankhaften Störungen erfolgt sei, so zum größten Anteil auf Grund der neurologischen Erkrankung sowie zu einem geringen Anteil aufgrund der dienstunfallunabhängigen Wirbelsäulenerkrankung. Insgesamt sei die Ruhestandsversetzung somit zu ca. 65% aufgrund dienstunfallunabhängiger Erkrankungen und nur zu 35% aufgrund der dienstunfallbedingten Erkrankung des rechten Kniegelenkes erfolgt.
9. :
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Aus gutachterlicher Sicht könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Dienstunfähigkeit des Klägers auch ohne die Dienstunfallereignisse vom 03.07.1991 und 12.12.2000 allein aufgrund der dienstunfallunabhängigen Gesundheitsstörungen innerhalb eines Jahres eingetreten wäre.
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Aus dem zitierten, eingeholten nervenärztlichen Zusatzgutachten des Dr. … vom 29.10.2021, auf das im Übrigen ebenfalls Bezug genommen wird (Bl. 555 bis 576 der Beklagtenakte) geht die folgende Zusammenfassung und Beurteilung hervor:
38
Beim Kläger sei es am 03.07.1991 zu einem Dienstunfall beim Fußballspielen mit Distorsion des rechten Kniegelenks gekommen. Ein weiterer Dienstunfall im rechten Kniegelenk sei unter dem Datum 12.12.2000 dokumentiert, beim Basketballspielen sei es zu einem heftigen Schmerz im rechten Kniegelenk gekommen. In der Folge habe sich eine Kniegelenksarthrose entwickelt, außerdem sei eine vordere Kreuzbandplastik im Mai 2001 durchgeführt worden. Der Kläger sei seinerzeit als Kriminalhauptkommissar in der Kriminalpolizeiinspektion … tätig gewesen. 2015 habe eine Beurteilung angestanden und man habe dem Kläger in Aussicht gestellt, dass er dann stellvertretender Kommissariatsleiter in … werden solle. Die Beurteilung sei aber ungünstig für ihn ausgefallen, er habe nur zehn Punkte erhalten und dagegen Widerspruch eingelegt. Das Ergebnis sei dann auf elf Punkte verbessert worden. Dennoch sei ein anderer Bewerber für den Posten des stellvertretenden Kommissariatsleiters vorgezogen worden. Daraufhin sei es beim Kläger zu deutlichen emotionalen Störungen, Grübelzwängen und Schlafstörungen gekommen. Er habe einen Tinnitus entwickelt. Der Kläger habe sich in nervenärztliche Behandlung begeben und werde noch heute bei Dr. … in … behandelt mit Escitalpram, Opipramol und Quetiapin. Bei der gutachterlichen Untersuchung habe der Kläger einerseits über belastungsabhängige Schmerzen im rechten Kniegelenk, über wechselnde Wirbelsäulenbeschwerden mit Muskelverspannungen und Bewegungsschmerzen im Bereich der Halswirbelsäule und Lendenwirbelsäule und auch gelegentlichen radikulären Ausstrahlungen in Arme und Beine geklagt. Außerdem bestehe die schon beschriebene depressiv geprägte Anpassungsstörung, welche derzeit eher leicht- bis allenfalls mittelgradig sei. Im Beck’schen Depressionsinventar (Selbstbeurteilung) stelle sich der Kläger als eher nicht belangvoll depressiv (acht Punkte) dar. Unter Berücksichtigung der Gesamtsituation sei davon auszugehen, dass bei der Ruhestandsversetzung zum 01.10.2018 die psychische Symptomatik eine ganz wesentliche Rolle gespielt habe. Der Kläger habe sich durch die ungünstige Beurteilung und durch das Übergehen bei der Besetzung des Postens sehr verletzt und gekränkt gefühlt, habe ausgeprägte Schlafstörungen entwickelt, sei antidepressiv behandelt worden und habe einen Tinnitus entwickelt.
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Insgesamt gehe der Gutachter davon aus, dass bei der Ruhestandsversetzung die psychische Symptomatik mindestens mit einem Anteil von 50% zu werten sei, auch wenn jetzt vom Kläger selbst der psychische Anteil an der Ruhestandsversetzung wesentlich geringer gewertet werde. Zu den orthopädischen Problemen sei festzustellen, dass weder die Wirbelsäulenbeschwerden noch die Kniegelenksarthrose rechts zu einer wesentlichen Einschränkung der Alltagsbewältigung führe. Berücksichtige man die Tatsache, dass der Kläger im Wesentlichen einen Schreibtischjob gehabt habe, wäre er aus neurologischer Sicht weder wegen der Wirbelsäulenbeschwerden noch wegen der Kniegelenksbeschwerden vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden. Naturgemäß sei die Einschätzung der Anteile der verschiedenen Krankheitsbilder an der Ruhestandsversetzung schwierig. Der Gutachter gehe davon aus, dass der psychiatrische Anteil mindestens 50% betrage, der Anteil der Kniegelenksbeschwerden maximal 35% und der Rest von 15% gehe zu Lasten der zervikalen Beschwerden.
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Man könne abschließend sagen, dass der Kläger mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden wäre, wenn er bei der Besetzung des Postens des stellvertretenden Kommissariatsleiters in … damals 2015/2016 nicht übergangen worden wäre.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 31.01.2022 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Dies wurde damit begründet, dass die beiden Gutachter die Ruhestandsversetzung überwiegend auf die dienstunfallunabhängigen Erkrankungen zurückgeführt hätten. Nach den einschlägigen Kausaltheorien beruhe die Ruhestandsversetzung nicht auf den Dienstunfällen. Die Ablehnung der Gewährung eines Unfallruhegehaltes sei somit zu Recht erfolgt. Ausweislich der in Rücklauf gekommenen Postzustellungsurkunde wurde der Widerspruchsbescheid dem Bevollmächtigten des Klägers am 05.02.2022 zugestellt.
42
Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 04.03.2022 – bei Gericht in elektronischer Form am selben Tag eingegangen – Klage erheben.
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Mit Schriftsatz vom 11.05.2022 wurde beantragt,
Der Beklagte wird verpflichtet, unter Aufhebung des Bescheides vom 15.05.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2022 Dienstunfallruhegehalt festzusetzen und zu gewähren.
44
Zur Begründung der Klage wurde im Wesentlichen das Vorbringen im Widerspruchsverfahren unter Bezugnahme auf die einschlägigen ärztlichen Bescheinigungen wiederholt. Auch den im Widerspruchsverfahren eingeholten Gutachten widerspreche der Kläger. Er könne sich dem Ergebnis nicht anschließen. Die Gutachten des Dr. … und Dr. … stünden im Gegensatz zur Stellungnahme des Polizeiarztes vom 17.11.2017. Hier sei erstmals die formale Polizeidienstunfähigkeit festgestellt worden, beruhend auf Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates. Diese Erkrankungen ließen den Kläger keine stark wirbelsäulen- oder kniegelenksbelastenden Tätigkeiten ausüben. Es habe somit die Dienstunfähigkeit bereits vor dem Befundbericht des Dr. … vom 25.01.2018 vorgelegen. Das Gutachten des Dr. … widerspreche im Punkt „Zusammenfassung und Beurteilung“ der Begutachtung des Polizeiarztes, der dort anführe, dass vom Kläger auch leichte Tätigkeiten in Teilzeit nicht ausgeführt werden könnten. Dr. … seinerseits sei der Ansicht, dass der Kläger aufgrund seines wesentlichen Schreibtischjobs [weder] wegen der Wirbelsäulenbeschwerden noch der Kniebeschwerden in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden wäre. Der Polizeiarzt führe dagegen aus, dass die fortgeschrittenen Veränderungen des Stütz- und Bewegungsapparates zu anhaltender Beschwerdesymptomatik führten. Auch intensive Therapiemaßnahmen hätten zu keiner Stabilisierung des Gesundheitszustands geführt und es sei in den letzten Monaten eine Verschlimmerung der Beschwerdesymptomatik zu verzeichnen. Bei bereits eingetretener Chronifizierung der Beschwerden und jetzt zusätzlich bestehender nervenärztlicher Erkrankung würden sich die Symptome beider Bereiche gegenseitig verstärken und so zu einem deutlich reduzierten Gesundheitszustand führen. Dr. … führe dagegen aus, dass die psychische Symptomatik eine ganz wesentliche Rolle gespielt habe und bemesse den Anteil mit 50%. Diese Einschätzung übernehme Dr. … in seinem Gutachten vollumfänglich. Nach Ansicht des Klägers seien dies reine Spekulationen des Dr. …, der zu dieser Einschätzung komme, ohne Befunde seitens des behandelnden Arztes angefordert zu haben. Auch beziehe sich die Einschätzung auf einen Zeitpunkt, an dem ihm der psychische Zustand des Klägers gänzlich unbekannt gewesen sei. Dazu passe, dass Dr. … zu Beginn der Begutachtung gegenüber dem Kläger geäußert habe, er wisse gar nicht, was er ihn fragen solle. Das Gespräch habe etwa zehn Minuten gedauert, wohingegen die in seinem Gutachten aufgeführten Zusatzuntersuchungen die wesentliche Zeit des Aufenthaltes in der Praxis in Anspruch genommen hätten.
45
Mit Schriftsatz vom 07.06.2022 beantragte der Beklagte,
die Klage abzuweisen.
46
Der Kläger habe keinen Anspruch nach Art. 53 BayBeamtVG, da die Dienstunfälle vom 03.07.1991 und 12.12.2000 nicht als rechtlich wesentliche Ursachen für die Versetzung des Klägers in den Ruhestand eingestuft werden könnten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gälten im Dienstunfallrecht grundsätzlich die allgemeinen Beweisgrundsätze. Ließen sich die anspruchsbegründenden Voraussetzungen, zu denen auch der Kausalzusammenhang gehöre, trotz Ausschöpfung aller Mittel nicht klären, gehe dies zu Lasten des Beamten. Zur Feststellung des Ursachenzusammenhangs kämen gem. Nr. 53 i.V.m. Nr. 46.1.6 Satz 3 BayVV-Versorgung lediglich Bedingungen in Betracht, die nicht hinweggedacht werden könnten, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele. Der Gutachter Dr. … habe in seinem Gutachten vom 08.11.2021 festgestellt, dass der Eintritt der Dienstunfähigkeit des Klägers allein aufgrund der dienstunfallunabhängigen Gesundheitsstörungen ohne die Dienstunfallereignisse vom 03.07.1991 und 12.12.2000 aus gutachterlicher Sicht nicht ausgeschlossen werden könne. Aufgrund dieser Feststellung sei bereits ein Ursachenzusammenhang nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit belegt. Doch selbst wenn ein Ursachenzusammenhang belegt werden könnte, wäre nicht belegt, dass die Dienstunfälle rechtlich wesentliche Ursachen der Ruhestandsversetzung gewesen seien. Als rechtlich wesentliche Ursachen kämen nur die Bedingungen in Betracht, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg bei dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hätten. Dr. … stufe in seinem Gutachten den psychiatrischen Anteil an der Ruhestandsversetzung mit mindestens 50% ein. Diese Einschätzung stimme auch mit der Beurteilung der Polizeidienstfähigkeit des Klägers im Gesundheitszeugnis vom 14.11.2017 überein, denn die somatischen, teils dienstunfallbedingten, teils degenerativen Erkrankungen des Klägers hätten laut dem Gesundheitszeugnis keine reine Innendiensttätigkeit des Klägers erfordert. Es sei festgestellt worden, dass der Kläger Außendiensttätigkeiten ohne wesentliche Gefährdung ausüben könne und bei anhaltender Beschwerdesymptomatik eine begrenzte Dienstfähigkeit geeignet sei, eine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand zu vermeiden. Dies belege, dass die somatischen Beschwerden des Klägers nach Einschätzung des Ärztlichen Dienstes der Bayerischen Polizei für dessen Ruhestandsversetzung nicht ausgereicht hätten. Erst das Hinzutreten der nervenärztlichen Erkrankung habe dazu geführt, dass auch leichte körperliche Tätigkeiten in Teilzeit vom Kläger nicht mehr ausgeführt werden könnten. Der Gutachter Dr. … sehe den überwiegenden Grund für die Ruhestandsversetzung des Klägers ebenfalls in dessen unfallunabhängiger nervenärztlicher Erkrankung. Diese Einschätzung spiegle sich auch im Befund des behandelnden Arztes des Klägers, Dr. …, und den Angaben des Klägers wieder. Beim Kläger sei eine akute Belastungsreaktion mit vorherrschender emotionaler Störung diagnostiziert worden, die auf permanente berufliche Konflikte mit persönlicher Benachteiligung zurückzuführen sei. Der Kläger habe im Rahmen seiner Selbsteinschätzung zu den Ursachen der Ruhestandsversetzung als erstes die ab dem Jahr 2016 bestehenden Probleme im Dienst angeführt, als ihm eine Stelle versprochen worden sei, die man dann anderweitig besetzt habe. In der Folge habe er psychische Symptome bekommen und habe die damals stattgefundene schlechte Beurteilung bis heute nicht verdaut. Der Kläger selbst habe als Grund für seine Ruhestandsversetzung an zweiter Stelle die unfallunabhängigen Wirbelsäulenbeschwerden im Lenden- und Halswirbelbereich genannt. Dabei habe er seine ganz schlimmen Beschwerden im Lendenwirbelbereich auf der visuellen Analogskala bei 9 von 10 eingestuft. Dementsprechend habe Dr. … die chronischen Schmerzen in der Anamnese des Arztbriefs vom 25.01.2018 mit den degenerativen Wirbelsäulenbeschwerden in Verbindung gebracht, nicht mit den Kniegelenksbeschwerden. Die unfallbedingten Beschwerden am rechten Kniegelenk seien vom Kläger in der Selbsteinschätzung zur Ursache der Ruhestandsversetzung erst an dritter Stelle genannt worden. Er habe angegeben, keine Ruheschmerzen am rechten Kniegelenk zu haben. Außerdem sei er aktuell in der Lage, ohne gröbere Beschwerden ca. ein bis zwei Kilometer zu gehen. Gegen seine Kniebeschwerden nehme er im Schnitt ein bis zweimal die Woche Diclofenac und betreibe antiphlogistische Maßnahmen wie z.B. durch einen sog. Coolpack. Eine operative Maßnahme am rechten Kniegelenk sei aktuell nicht vorgesehen. Im Gegensatz zu den psychiatrischen Beschwerden und den Beschwerden im Wirbelsäulenbereich seien für die Beschwerden am rechten Kniegelenk also keine regelmäßigen physiotherapeutischen oder ärztlichen Behandlungen angegeben worden. Die beiden Gutachter hätten sich vor Erstellung ihrer Gutachten umfassend mit den Vorbefunden auseinandergesetzt, eigene Befunde erhoben und sämtliche Befunde widerspruchsfrei geschildert. Die gezogene Schlussfolgerung, wonach die dienstunfallbedingten Beschwerden am rechten Kniegelenk für die Ruhestandsversetzung nicht ursächlich bzw. zumindest nicht rechtlich wesentlich ursächlich gewesen seien, erscheine insbesondere angesichts der Selbsteinschätzung des Klägers zu den Ursachen der Ruhestandsversetzung, den aktuellen Behandlungsmaßnahmen und den Angaben des Klägers zur Schmerzintensität nachvollziehbar. Der Kausalzusammenhang zwischen der Ruhestandsversetzung und den als Folge der Dienstunfälle anerkannten Beschwerden sei daher nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen worden.
47
Mit Beschluss der Kammer vom 31.10.2023 wurde angeordnet, durch die Einvernahme von Dr. …, Dr. … sowie des Polizeiarztes, Medizinaldirektor …, als sachverständige Zeugen in der mündlichen Verhandlung Beweis zu erheben.
48
Hinsichtlich der mündlichen Verhandlung vom 05.12.2023 wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
49
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.
50
Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Festsetzung und Gewährung eines Unfallruhegehalts. Der Bescheid vom 15.05.2019 sowie der Widerspruchsbescheid vom 31.01.2022 erweisen sich als rechtmäßig und verletzen den Kläger somit nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
51
Das Gericht nimmt zunächst auf die zutreffende Begründung des Bescheids vom 15.05.2019 sowie des Widerspruchsbescheids vom 31.01.2022 Bezug und sieht insoweit von einer gesonderten Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend hierzu ist zum Klagevorbringen sowie zur Sache noch auszuführen was folgt:
52
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die rechtliche Beurteilung eines Anspruchs auf Gewährung von Unfallruhegehalt ist der Zeitpunkt des Dienstunfalls, nicht derjenige der Zurruhesetzung (BVerwG, U.v. 02.12.2021 – 2 C 36/20 – juris Rn. 17; VGH BW, U.v. 29.08.2023 – 4 S 1605/22 – juris Rn. 24). Demzufolge beurteilt sich der in Rede stehende Anspruch des Klägers nach den Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG), konkret § 36 Abs. 1  BeamtVG in der im Zeitpunkt der Dienstunfälle vom 03.07.1991 und 12.12.2000 geltenden (gleichlautenden) Fassung, die sich jedoch von späteren Fassungen der Norm wie auch von der beklagtenseits herangezogenen landesrechtlichen Vorschrift des Art. 53 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG lediglich sprachlich unterscheidet (vgl. hierzu auch VG Bayreuth, U.v. 15.10.2019 – B 5 K 18.736 – juris Rn. 53).
53
2. Ein Anspruch auf Unfallruhegehalt nach § 36 Abs. 1 BeamtVG besteht, wenn ein Beamter infolge eines Dienstunfalles dienstunfähig geworden und deswegen in den Ruhestand getreten ist.
54
Vorausgesetzt wird damit – jeweils gemessen am Ursachenbegriff des Dienstunfallrechts – ein doppelter Kausalzusammenhang. Ein solcher Zusammenhang muss zum einen zwischen dem Dienstunfall und den Gesundheitsbeeinträchtigungen bestehen, die zu der Bewertung des Dienstherrn geführt haben, dass der betroffene Beamte als dauernd dienstunfähig einzustufen ist. Zum anderen muss ein Kausalzusammenhang auch zwischen dem Dienstunfall und der Zurruhesetzung gegeben sein, und zwar in dem Sinne, dass die Zurruhesetzung ihrerseits auf der dienstunfallbedingten Dienstunfähigkeit beruhen muss (vgl. z.B. OVG NW, B.v. 13.05.2022 – 1 A 1636/20 – juris Rn. 10).
55
Der Kläger wurde mit Wirkung vom 01.10.2018 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Die für die Bewilligung des Unfallruhegehalts zuständige Dienststelle ist an die von der für die Feststellung des Eintritts in den Ruhestand zuständigen Dienststelle getroffene Entscheidung gebunden. Sie kann daher nur noch entscheiden, ob der Dienstunfall für die Dienstunfähigkeit ursächlich gewesen ist (vgl. VG Bayreuth, U.v. 15.10.2019 – B 5 K 18.736 – juris Rn. 69 m.w.N.). Maßgeblich für die Feststellung der – hier allein in Streit stehenden – Ursächlichkeit der dienstunfallbedingten Einschränkungen für die Dienstunfähigkeit ist der Zeitpunkt, zu dem das aktive Beamtenverhältnis sein Ende gefunden hat (vgl. OVG NW, U.v. 24.01.2011 – 1 A 2316/08 – juris Rn. 52; VG München, U.v. 28.03.2023 – M 5 K 20.1668 – juris Rn. 23, VGH BW, U.v. 29.08.2023 – 4 S 1605/22 – juris Rn. 26).
56
Die Ursächlichkeit auf dem Gebiet des Dienstunfallrechts setzt einen spezifischen Ursachenzusammenhang voraus, zu dessen Feststellung es nach der Theorie der wesentlich mitwirkenden Ursache einer wertenden Betrachtung der als Ursachen in Betracht kommenden Umstände bedarf. Danach sind als (Mit-)Ursachen im Rechtssinne nur solche für den eingetretenen Erfolg ursächliche Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) Sinne anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg bei natürlicher Betrachtung zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Haben mehrere Bedingungen beim Eintritt des Erfolgs mitgewirkt, ist jede von ihnen als wesentliche (Mit-)Ursache anzusehen, wenn sie annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Erfolgs hatte. Demgegenüber ist unter mehreren zusammenwirkenden Bedingungen eine als alleinige Ursache im Rechtssinne anzusehen, wenn sie bei natürlicher Betrachtungsweise überragend auf den Eintritt des Erfolgs hingewirkt hat und deswegen den Verursachungsbeitrag der anderen Bedingungen als von nur untergeordneter Bedeutung zurücktreten lässt (vgl. z.B. VG München, U.v. 28.03.2023 – M 5 K 19.3140 – juris Rn. 28 m.w.N.). Für das Vorliegen der Kausalität ist der volle Beweis zu erbringen. Lassen sich die anspruchsbegründenden Voraussetzungen nicht aufklären, geht die Nichterweislichkeit dieser Tatsachen nach allgemeinen Beweisgrundsätzen zu Lasten des Beamten (vgl. VG Würzburg, U.v. 28.03.2023 – W 1 K 22.1896 – juris Rn. 30; BVerwG, B.v. 11.03.1997 – 2 B 127/96 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 31.01.2008 – 14 B 04.73 – juris Rn. 20 f.).
57
Der Beklagte geht vorliegend zu Recht davon aus, dass die dienstunfallbedingten Beeinträchtigungen des Klägers keine zumindest wesentlich mitwirkenden Teilursachen im vorstehenden Sinne waren. Die Kammer kann nach Durchführung der mündlichen Verhandlung nicht mit der erforderlichen Überzeugungsgewissheit feststellen, dass der Kläger infolge seiner anerkannten Dienstunfälle dienstunfähig geworden ist. Insoweit haben die im Widerspruchsverfahren beklagtenseits beauftragten Gutachter Dr. … und Dr. …, an deren Unparteilichkeit und Sachkunde aus Sicht der Kammer kein Zweifel besteht, schlüssig dargelegt, dass mehrere Ursachen zur Ruhestandsversetzung des Klägers geführt haben. Dabei haben sie den psychischen, nicht dienstunfallbedingten Anteil mit mindestens 50%, die – dienstunfallbedingten – Kniegelenkbeschwerden mit maximal 35% und die – wiederum nicht dienstunfallbedingte – Symptomatik im Bereich der Wirbelsäule mit ca. 15% bewertet und sind demgemäß zu der Einschätzung gelangt, dass überwiegend nicht dienstunfallbedingte Beschwerden für die Ruhestandsversetzung ursächlich waren. Dies haben die beiden Gutachter in der mündlichen Verhandlung, als sachverständige Zeugen vernommen, nochmals bestätigt und dem Gericht schlüssig und nachvollziehbar erläutert. In der mündlichen Verhandlung konnte der sachverständige Zeuge Dr. … dabei auch überzeugend darlegen, weswegen sich die Bandscheibenprobleme nicht etwa als mittelbare Folge der – dienstunfallbedingten – Kniebeschwerden darstellen, da ein entsprechender Einfluss auf die Wirbelsäule in wissenschaftlichen Untersuchungen selbst bei Personen mit Beinamputationen nicht habe belegt werden können (Tonträgeraufzeichnung der Vernehmung ab Minute 30:40). Vor diesem Hintergrund kann die Frage offenbleiben, ob die entsprechenden Symptome schon wegen Ablaufs der einschlägigen Fristen bei der Kausalitätsprüfung unberücksichtigt zu bleiben haben (vgl. hierzu VG Würzburg, U.v. 28.03.2023 – W 1 K 22.1896 – juris Rn. 35 m.w.N.).
58
Auch der ebenfalls als sachverständiger Zeuge vernommene Polizeiarzt, Medizinaldirektor …, hat – wie bereits im Verwaltungsverfahren – die Dienstunfähigkeit des Klägers mehreren Faktoren zugeschrieben und im Ergebnis ein deutliches Überwiegen der dienstunfallunabhängigen Ursachen für die Ruhestandsversetzung bekräftigt.
59
Die aus Sicht der Kammer schlüssigen und nachvollziehbaren Aussagen und medizinischen Würdigungen der sachverständigen Zeugen hat der Kläger inhaltlich nicht zu entkräften vermocht. Auch wenn hinsichtlich der prozentualen Angaben der Verursachungsanteile zwischen dem Polizeiarzt einerseits und den sachverständigen Zeugen Dr. … und Dr. … andererseits gewisse Divergenzen vorliegen, gelangen alle übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass die Kniesymptomatik einen deutlich untergeordneten Anteil in Bezug auf die Ruhestandsversetzung ausmacht. Die niedrigere Gewichtung des psychischen Anteils dürfte dabei auch dem Umstand geschuldet sein, dass vonseiten des Polizeiarztes seinerzeit gerade noch keine nervenärztliche Zusatzbegutachtung initiiert worden war, welche die – vom Polizeiarzt wohlgemerkt auch als nicht unerheblich erkannte – psychologische Komponente näher beleuchtet hätte. Zu diesem Komplex hat Dr. … im Rahmen seiner Vernehmung schlüssig dargelegt, wie er zu dem von ihm angenommenen Verursachungsbeitrag der psychischen Beschwerden des Klägers gekommen ist und hat hierbei nachvollziehbar insbesondere auf die – vom Kläger selbst seinerzeit besonders herausgestellte – Personalentscheidung mit folgenden Problemen am Arbeitsplatz abgehoben (Tonträgeraufzeichnung der Vernehmung ab 40:18) sowie auf die erhebliche und komplexe Medikation durch den behandelnden Arzt Dr. … (ab Minute 41:40). Im diesem Zusammenhang hat Dr. … auch klargestellt, dass er den Kläger zwar erst einige Zeit nach der Ruhestandsversetzung begutachtet habe, er jedoch den typischen Verlauf einer psychischen Erkrankung wie der beim Kläger berücksichtigt habe, die sich in der Regel mit zunehmendem zeitlichen Abstand zum belastenden Ereignis abschwäche (ab Minute 46:10).
60
Soweit der Kläger sich auf die medizinische Aussage seines behandelnden Arztes, Dr. …, beruft, wonach die Gonarthrose mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Pensionierung geführt habe (Stellungnahme vom 30.07.2019, Bl. 481 der Beklagtenakte), ergibt sich hieraus nichts anderes. Der sachverständige Zeuge Dr. … hat diese Aussage im Rahmen der Begutachtung zur Kenntnis genommen (S. 19/20 des Gutachtens) und in seine Beurteilung einbezogen. Insoweit hat er in der mündlichen Verhandlung nochmals klargestellt und nachvollziehbar erläutert, dass diese Aussage auf dem rein orthopädischen Fachgebiet nicht falsch sei, jedoch die psychischen Faktoren außer Acht lasse (Tonträgeraufzeichnung der Vernehmung ab Minute 29:30).
61
Was die Stellungnahme des behandelnden Arztes Dr. … anbelangt, sei gerichtlicherseits auch unterstrichen, dass der Beurteilung eines Amtsarztes gegenüber denen des Privatarztes des Klägers grundsätzlich Vorrang einzuräumen ist, da dieser dem Beamten und dem Dienstherrn gleichermaßen fernsteht und gerade kein Näheverhältnis gegeben ist (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 28.11.2016 – 3 ZB 13.1665 – juris Rn. 6). Dies gilt – aus denselben Erwägungen heraus – neben der Beurteilung durch den Polizeiarzt auch für die vom Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten der sachverständigen Zeugen Dr. … und Dr. …
62
3. Vor diesem Hintergrund war auch keine weitere Aufklärung des Sachverhalts durch das Gericht angezeigt. Denn wie bereits hinsichtlich der Ablehnung des in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags ausgeführt (vgl. S. 6 des Sitzungsprotokolls), muss das Gericht ein zusätzliches Gutachten nur dann einholen, wenn die vorhandene Stellungnahme von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, inhaltliche Widersprüche oder fachliche Mängel aufweist oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht (BVerwG, U.v. 05.06.2014 – 2 C 22/13 – juris Rn. 30 f.). Diese Voraussetzungen sind hier indes nicht erfüllt.
63
Ohnehin sprach angesichts der vom Beklagten eingeholten und in der mündlichen Verhandlung nochmals erläuterten Gutachten bereits keine hinreichende Wahrscheinlichkeit (mehr) für die aus Sicht des Klägers unter Beweis zu stellende Tatsache, sodass der Beweisantrag als unsubstantiiert zu bewerten war und eine weitere Sachaufklärungspflicht des Gerichts schon deswegen nicht bestand (vgl. hierzu Dawin/Panzer in Schoch/Schneider, 44. EL März 2023, VwGO, § 86 Rn. 92 ff. m.w.N.). Denn wird eine Behauptung ohne Eingehen auf eine sie entkräftende Argumentation und ohne Vortrag für sie sprechender, greifbarer Anhaltspunkte aufrechterhalten, muss das Gericht dieser Behauptung nicht weiter nachgehen (vgl. BVerwG, U.v. 03.11.2020 – 9 A 12/19 – juris Rn. 702).
64
4. Ist nach alledem nicht davon auszugehen, dass der Kläger infolge eines Dienstunfalls in den Ruhestand versetzt worden ist, liegen die Voraussetzungen für die Festsetzung und Gewährung eines Unfallruhegehalts nicht vor, weswegen die Klage vollumfänglich abzuweisen ist.
II.
65
Die Kostenentscheidung basiert auf § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der Kläger als unterlegener Beteiligter die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.
III.
66
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. § 711 ZPO findet angesichts der allenfalls geringen vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen des Beklagten keine entsprechende Anwendung, zumal dieser eine Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen.