Titel:
Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, Erfolgsabhängige Vergütung, Wertsicherungsklausel, Sonderkündigungsrecht, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Rechtswirksamkeit, Teilweise Klagerücknahme, Streitwertbeschlüsse, Schiedsstellenverfahren, Antragsgemäße Festsetzung, Substantiiertes Bestreiten, Klageänderung, Pauschalvergütung, Vertragshilfe, Nutzungsrecht, Abschlagszahlungen, Angemessener Ausgleich, Verwertungsgesellschaften, Rückzahlungsanspruch, Zahlungsantrag
Schlagworte:
Gesamtvertrag, Verwertungsgesellschaft, Pauschalvergütung, Angemessenheit, Vertragsstruktur, Nutzungsvergütung, Verwaltungsvereinfachung
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Urteil vom 22.05.2025 – I ZR 133/23
Fundstelle:
BeckRS 2023, 56613
Tenor
I. Zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht der öffentlichen Wiedergabe von Musikwerken durch Mitgliedstanzschulen des Klägers schließen die Parteien rückwirkend ab dem 01.01.2020 den folgenden Vertrag:
Gesamtvertrag (Pauschalvertrag)
- nachstehend ,,DTIV" genannt -
GEMA Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, rechtsfähiger Verein kraft staatlicher Verleihung, gesetzlich vertreten durch die Vorstandsmitglieder Dr. H.H. , G.O. und L.C. , …
-nachstehend ,,GEMA" genannt -
Die von der GEMA durch diesen Vertrag den teilnehmenden Tanzschulen eingeräumten Nutzungsrechte werden durch Zahlung eines jährlichen Pauschalbetrags abgegolten. Den in diesem Vertrag festgelegten Pauschalbeträgen liegen grundsätzliche Betriebszeiten der teilnehmenden Tanzschulen von jeweils 12 Monaten pro Jahr zugrunde. Behördlich angeordnete Schließzeiten (Pandemie) sind in der jeweiligen Pauschalsumme für die Jahre 2020 und 2021 berücksichtigt und wirken sich ihrem Anteil entsprechend vergütungsmindernd auf den jeweiligen Pauschalbetrag aus. DTIV und GEMA berücksichtigen dies bei der Durchführung und Abwicklung dieses Vertrags.
Die nachfolgenden Regelungen ersetzen die von der Schiedsstelle vorgeschlagene und von den Vertragsparteien angenommene einstweilige Regelung vom 28.10.2020 und gelten in Ergänzung zu dem von den Parteien am 08.08. / 24.08.2017 mit Wirkung vom 01.01.2017 abgeschlossenen Gesamtvertrag (Gesamtvertrag 2017).
Sofern sich die Nutzungsbereiche überschneiden, werden Zahlungen, die die DTIV auf Grundlage des mit der GEMA am 3. / 18.02.2021 für das Jahr 2020 geschlossenen Pauschalvertrags (Vervielfältigung Tonträger) über die Vergütung von Vervielfältigungen zum Zwecke der öffentlichen Wiedergabe in den Tanzschulen an die GEMA geleistet hat, verrechnet.
Vor diesem Hintergrund vereinbaren GEMA und DTIV Folgendes:
Der Vertrag wird mit Wirkung vom 01.01.2020 bis 31.12.2024 geschlossen und verlängert sich automatisch um jeweils ein Jahr, wenn er nicht von einer Partei bis zum 30.11. des jeweils laufenden Jahres schriftlich gekündigt wird.
Die DTIV gewährt der GEMA Vertragshilfe. Die Vertragshilfe besteht darin, dass
- die DTIV der GEMA bis zum 30.04. des laufenden Jahres eine Liste ihrer Mitgliedstanzschulen aushändigt unter gesonderter Nennung, ob die jeweilige Tanzschule am Pauschalvertrag teilnimmt. Folgende Angaben sind zur Bezeichnung der Mitgliedstanzschulen erforderlich:
Name des Inhabers / der Inhaberin, und
Anschrift (bei mehreren Betriebsstätten sämtliche Anschriften);
- die Erfüllung der Aufgaben der GEMA in Wort und Schrift durch geeignete Aufklärungsarbeit erleichtert wird;
- die DTIV die in diesem Vertrag genannten Pflichten zur Neuberechnung der Netto-Pauschalvergütung gemäß Ziffern 3. und 4. erfüllt und die Mitgliedstanzschulen dazu anhält, die dementsprechend geschuldeten Informationen zu Umsatzerlösen beizubringen; und
- die DTIV ihre Hinweispflichten gemäß Ziffern 7. lit. b) und 8 lit. c) erfüllt und ihre nicht am Pauschalvertrag teilnehmenden Mitglieder darauf hinweist, dass diese ihre Musiknutzung direkt bei der GEMA anmelden und nach den jeweils gültigen GEMA-Vergütungssätzen (derzeit WR-Tanz) lizenzieren müssen.
a) Die DTIV zahlt an die GEMA für die den am Pauschalvertrag teilnehmenden Mitgliedstanzschulen eingeräumten urheberrechtlichen Nutzungsrechte folgende Netto-Pauschalvergütungen:
- für das Jahr 2020 eine Pauschale in Höhe von EUR 210.587,13 netto (EUR 315.880,69 netto abzüglich des auf die wegen der Covid-19-Pandemie behördlich angeordneten 4-monatigen Schließzeiten entfallenden Anteils);
- für das Jahr 2021 eine Pauschale in Höhe von EUR 161.166,44 netto (EUR 322.332,89 netto abzüglich des auf die wegen der Covid-19-Pandemie behördlich angeordneten 6-monatigen Schließzeiten entfallenden Anteils);
- für das Jahr 2022 eine Pauschale in Höhe von EUR 378.825,77 netto;
- für das Jahr 2023 eine Pauschale in Höhe von EUR 397.616,54 netto.
Die jährliche Steigerungsrate in dem Zeitraum 2020 bis 2023 basiert auf der veränderten Anzahl an an dem Pauschalvertrag teilnehmenden Mitgliedstanzschulen zuzüglich einer Steigerung des Pauschalbetrages in Höhe von 1,5 Prozent pro Jahr. Für die Folgejahre erhöht sich der Netto-Pauschalbetrag um die von E.STAT ermittelte Inflationsrate des Vorjahres.
Soweit für den Zeitraum 2020 bis 2023 die von E.STAT ermittelte Inflationsrate des Vorjahres über der pauschalen Erhöhung von 1,5 Prozent pro Jahr gelegen haben sollte, hat die DTIV eine Ausgleichszahlung an die GEMA in Höhe des die Steigerung von 1,5 Prozent übersteigenden Anteils zu zahlen. Umgekehrt steht der DTIV ein entsprechender anteiliger Rückzahlungsanspruch zu, wenn die von E.STAT ermittelte Inflationsrate des Vorjahres unter der pauschalen Erhöhung von 1,5 Prozent pro Jahr gelegen haben sollte. Entsprechende Nachzahlungs- bzw. Rückzahlungsansprüche legt die DTIV in entsprechender Anwendung von Ziffer 5 anteilig auf die in dem jeweiligen Jahr teilnehmenden Tanzschulen um.
Die Vergütung der GVL (Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten, Berlin) ist in den o.g. Pauschalbeträgen enthalten.
b) Die Netto-Pauschalvergütung für das Jahr 2025 wird wie folgt neu bestimmt:
Die jährliche Netto-Pauschalvergütung wird auf der Grundlage eines Lizenzsatzes in Höhe von 3,75 Prozent abzüglich eines Gesamtvertragsrabattes in Höhe von 20 Prozent bezogen auf die von den Mitgliedstanzschulen mit Kurshonoraren erwirtschafteten Netto-Umsatzerlöse berechnet.
Die DTIV verpflichtet sich, der GEMA spätestens zum 30.06.2024 die im Jahr 2023 mit Kurshonoraren erzielten Netto-Umsatzerlöse sämtlicher an dem Pauschalvertrag teilnehmenden Mitgliedstanzschulen aufgeschlüsselt nach den einzelnen Tanzschulen mitzuteilen. Die teilnehmenden Mitgliedstanzschulen verpflichten sich dazu, der DTIV spätestens zum 31.05.2024 die von einem Wirtschaftsprüfer testierten mit Kurshonoraren erzielten Netto-Umsatzerlöse mitzuteilen.
Ausgehend von der auf dieser Grundlage für das Jahr 2025 ermittelten Netto-Pauschalvergütung wird der Vertrag dann in entsprechender Anwendung der Regelung gemäß Ziffer 3 lit. a) fortgesetzt.
c) Bereits aufgrund der einstweiligen Regelung der Schiedsstelle vom 28.10.2020 von der DTIV an die GEMA geleistete Zahlungen einschließlich der von der DTIV geleisteten Sicherheit in Höhe von EUR 165.000,00 sind zu verrechnen, ggf. überzahlte Beträge zurückzuerstatten. Zugleich verpflichtet sich die DTIV zur Vornahme gegebenenfalls notwendiger Mitwirkungshandlungen, um der GEMA die uneingeschränkte Verfügungsgewalt über die von der DTIV in Höhe von EUR 165.000,00 gezahlte Sicherheitsleistung zu verschaffen.
d) Die jährliche Pauschalsumme ist in zwei gleichen Raten fällig, zahlbar am 01.02. und am 01.07. eines jeden Jahres; etwaige noch ausstehende Zahlungen oder Erstattungen für die Jahre 2020 bis 2023 sind mit Inkrafttreten des Pauschalvertrages fällig.
a) Die Pauschalen gemäß Ziffer 3 lit. a) für die Jahre 2020 bis 2023 sind auf der Grundlage von 75 teilnehmenden Tanzschulen (2020), 76 teilnehmenden Tanzschulen (2021 und 2022) bzw. 91 teilnehmenden Tanzschulen (2023) ermittelt.
b) Im November eines jeden Jahres werden für dieses Jahr neu hinzugekommene oder ausgeschiedene Mitglieder gemeldet und nachberechnet. Jede Partei hat das Recht, im Falle von Änderungen im Mitgliederbestand des Klägers jeweils im dritten Jahr des auf die Neuberechnung der Jahrespauschale folgenden Jahres eine Neuberechnung entsprechend Ziffer 3 lit. b) zu verlangen (turnusmäßige Neuberechnung). Das Recht auf turnusmäßige Neuberechnung kann erstmals im November 2028 zur Neuberechnung der Jahrespauschale 2030 geltend gemacht werden.
c) Der Vergütungssatz beruht auf dem Rechtebestand der GEMA zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Pauschalvertrags. Bei erheblichen Veränderungen dieses Rechtebestands (über ± 10 Prozent bezogen auf den bei Vertragsschluss geltenden Verteilungsplan der GEMA) wird die Vergütungspauschale entsprechend angepasst. Die GEMA wird die DTIV über entsprechende Änderungen im Rechtebestand unverzüglich informieren. Ergeben sich Erhöhungen von mehr als 15 Prozent, steht der teilnehmenden Mitgliedstanzschule ein fristloses Sonderkündigungsrecht zu, von dem diese bis zum Ablauf des dritten Monats nach der Mitteilung der GEMA durch Erklärung der Kündigung gegenüber der DTIV Gebrauch machen kann. Die DTIV ist in diesem Fall zur Mitteilung gemäß Ziffer 7 lit. b) verpflichtet.
d) Bei Übernahme bzw. Verkauf einer Mitgliedstanzschule (Wechsel) innerhalb des Jahres verpflichtet sich der an diesem Vertrag teilnehmende Tanzschulinhaber, dessen Nachfolger / Nachfolgerin seinerseits zur Teilnahme an diesem Vertrag zu verpflichten.
5. Umlage der Pauschale im Innenverhältnis
Die DTIV verpflichtet sich, die Umlage der Pauschalsumme auf die an diesem Vertrag teilnehmenden Tanzschulen zu wirtschaftlich angemessenen Bedingungen (bezogen auf die Nutzungen je Tanzschule) vorzunehmen. Die Pauschalsumme wird von der DTIV intern so auf die teilnehmenden Tanzschulen umgelegt, dass sich die von der einzelnen Tanzschule zu zahlende Vergütung am jeweiligen Nutzungsumfang orientiert. Anhaltspunkte hierfür sind vor allem die mit Kurshonoraren erzielten Netto-Umsätze und die genutzten Flächen.
Durch Zahlung der Pauschalsummen nach Ziffer 3 lit. a) sind folgende Musiknutzungen der Tanzschulen, die am Pauschalvertrag teilnehmen, abgegolten:
- Mechanische Musikwiedergabe in Tanzkursen und kursergänzenden Veranstaltungen für Tanzschüler
- Musik in der Telefonwarteschleife
- Das Vervielfältigungsrecht für öffentliche Wiedergaben der von den Tanzschulen unterhaltenen Tanzgruppen (auch bei Veranstaltungen Dritter)
- Das Vervielfältigungsrecht für die öffentliche Wiedergabe anlässlich von Tanzlehrerkongressen oder sonstiger Veranstaltungen, die sich vorrangig an Mitglieder der DTIV oder des Berufsverbandes D. T. e.V. (BDT e.V.) richten.
7. Nicht durch Zahlung der Pauschalsumme abgegoltene Musiknutzung
a) Nicht durch Zahlung der Pauschalsummen nach Ziffer 3 lit. a) abgegolten, d.h. gesondert zu vergüten sind folgende Musiknutzungen:
- Veranstaltungen mit Live-Musik
- Veranstaltungen Dritter in den Räumlichkeiten der Tanzschulen
- Veranstaltungen, die außerhalb der Tanzschulräumlichkeiten stattfinden
- Musiknutzungen in Barbereichen und Bistros, die öffentlich zugänglich sowie von der Tanzschule klar abgegrenzt sind und längere Öffnungszeiten aufweisen
- Sonstige Veranstaltungen in den Tanzschulräumlichkeiten, die sich vorrangig an Nicht-Tanzschüler richten
- Musikwiedergabe im Internet auf der tanzschuleigenen Homepage
b) Hinsichtlich der Musiknutzungen gemäß Ziffer 7 lit. a) bleibt es bei den Regelungen des Gesamtvertrags 2017. Die DTIV hat ihre Mitgliedstanzschulen, die nicht am Pauschalvertrag teilnehmen, darauf hinzuweisen, dass diese ihre Musiknutzung direkt bei der GEMA anmelden und nach den jeweils gültigen GEMA-Vergütungssätzen WR-Tanz lizenzieren müssen.
c) Ergänzend zu dem Gesamtvertrag 2017 vereinbaren die DTIV und die GEMA folgendes Lizenzierungsverfahren:
Die Tanzschule meldet der GEMA jährlich den Umsatz des Vorjahrs aus Tanzkursen inklusive der Betriebsstätten und der Auswärtskurse. Die Vollständigkeit und Richtigkeit der Umsätze werden durch einen Steuerberater bestätigt oder über geeignete Belege der Finanzverwaltung nachgewiesen. Aus diesen Umsatzzahlen ermittelt die GEMA entsprechend der tariflichen Vergütungssätze eine Abschlagszahlung für das jeweils laufende Jahr. Diese Abschlagszahlung wird im Folgejahr auf Basis der tatsächlich erzielten Umsätze und der sich hieraus ergebenden tariflichen Vergütung verrechnet.
Veranstaltungen mit Musik (Tanzparties, Abschlussbälle etc.) sind gesondert vor Stattfinden bei der GEMA anzumelden.
Sonstige Musiknutzungen wie Hintergrundmusik auf der Homepage der Tanzschule, Hintergrundmusikbeschallung in Räumen der Tanzschule (Barbereich, Bistro, Lounge Bereich u.a.) sind bei der GEMA anzumelden.
Vervielfältigung von Tonträgern zum Zweck der öffentlichen Wiedergabe in Tanzschulen sind bei der GEMA anzumelden.
c) Die DTIV und die GEMA vereinbaren, dass der Gesamtvertragsnachlass in Höhe von 20% gemäß Ziffer 3 (1) des Gesamtvertrages 2017 (vorbehaltlich einer bestandskräftigen Entscheidung der Schiedsstelle oder der Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften beziehungsweise einer rechtskräftigten gerichtlichen Entscheidung über eine Änderung/Neugestaltung der Gesamtvertragsrabatte, die seitens der GEMA gegenüber ihren Gesamtvertragspartnern eingeräumt werden) nur dann eingeräumt wird, wenn die Tanzschule dieses Lizenzierungsverfahren akzeptiert.
8. Teilnahme am Pauschalvertrag
a) Die Teilnahme am Pauschalvertrag erfolgt durch schriftliche Beitrittserklärung einer Mitgliedstanzschule gegenüber der DTIV, wonach diese die Regelungen des von der DTIV mit der GEMA geschlossenen Pauschalvertrages als rechtsverbindliche Regelung zur Lizenzierung der Musiknutzung im Rahmen des Tanzschulbetriebes akzeptiert.
b) Der schriftlichen Beitrittserklärung hat die teilnehmende Mitgliedstanzschule eine mit der Erklärung verbundene, von ihr auf jeder Seite parafierte Fassung des Pauschalvertrages beizufügen.
c) Die Teilnahme am Pauschalvertrag kann mit einer Frist von drei Monaten zum Jahresende durch schriftliche Erklärung gegenüber dem DTIV beendet werden. Die DTIV ist in diesem Fall zur Mitteilung gemäß Ziffer 7 lit. b) verpflichtet.
9. Schriftform und salvatorische Klausel
Änderungen, Ergänzungen oder die Aufhebung dieses Vertrags bedürfen für ihre Rechtswirksamkeit der Schriftform.
Sollten Bestimmungen dieses Vertrags ganz oder teilweise nicht rechtswirksam oder nicht durchführbar sein oder ihre Rechtswirksamkeit oder Durchführbarkeit später verlieren, so soll hierdurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen des Vertrags nicht berührt werden.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 1/4, die Beklagte 3/4.
IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf EUR 1.391.657,89 festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um die Festsetzung eines Pauschalvertrages betreffend die Vergütung für die öffentliche Wiedergabe von Musikwerken in Tanzschulen rückwirkend für die Zeit ab 01.01.2020.
2
Der Kläger ist ein in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins organisierter Verband, in dem sich etwa 75 Tanzschulen zusammengeschlossen haben.
3
Bei der Beklagten handelt es sich um eine in Deutschland ansässige Verwertungsgesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte. Auf der Grundlage mit Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern geschlossener Berechtigungsverträge sowie mit ausländischen Verwertungsgesellschaften bestehender, gegenseitiger Wahrnehmungsverträge nimmt sie die an Musikwerken bestehenden Urheberrechte wahr.
4
Zwischen den Parteien bestanden in den Jahren 2010 bis einschließlich 2018 jährliche Pauschalverträge für die Nutzung von Musikwerken in Tanzschulen, auf deren Grundlage sich der Kläger verpflichtete, die für das jeweilige Jahr vereinbarte Pauschalsumme an die Beklagte zu bezahlen und die Pauschalsumme auf die an dem Pauschalvertrag teilnehmenden Mitglieder des Klägers verbandsintern umzulegen. Zuletzt vereinbarten die Parteien für das Jahr 2018 einen Pauschalvertrag, auf dessen Grundlage der Kläger verpflichtet war, für eine Gesamtanzahl von 67 teilnehmenden Mitgliedstanzschulen eine Pauschale in Höhe EUR 259.434,46 netto an die Beklagte zu bezahlen. Mit Wirkung vom 01.01.2017 schlossen die Parteien zudem einen bis dato ungekündigten Gesamtvertrag, in dem sich der Kläger zur Gewährung von Vertragshilfe und die Beklagte sich im Gegenzug insbesondere verpflichtete, den Mitgliedern des Klägers einen Rabatt in Höhe von 20 Prozent auf die jeweils gültigen Vergütungssätze zu gewähren.
5
Mit Wirkung ab dem Jahr 2019 verfolgte die Beklagte zunächst den Versuch, hinsichtlich der Vergütung ein Stufenmodell zu etablieren, dessen Bemessungsgrundlage sich nach der Größe der Tanzfläche einer Tanzschule richtet. Im Unterschied zu dem zuvor praktizierten Vergütungsmodell würde der von der einzelnen Tanzschule zu zahlende Vergütungsbeitrag künftig direkt in der Pauschalvereinbarung geregelt. Die einzelnen Mitglieder des Klägers würden aufgrund der individuellen Größe ihrer jeweiligen Tanzfläche einer Stufe und damit einer festen Vergütung zugeordnet. Eine verbandsinterne Umlegung der von dem Kläger bezahlten Pauschalsumme an die einzelnen Mitglieder wäre folglich nicht weiter notwendig. Mit dieser Änderung der Vergütungsstruktur war der Kläger indes nicht einverstanden. Im Januar 2020 stellte der Kläger daher einen Antrag auf Durchführung eines Schiedsverfahrens gemäß § 92 Abs. 1 Nr. 3 VGG. In dem von den Parteien daraufhin unter dem Az. Sch-Urh 02/20 geführten Schiedsstellenverfahren schlug die Schiedsstelle am 28.10.2020 zunächst eine einstweilige Regelung vor, welche von den Parteien einvernehmlich angenommen wurde (Anlage K 1). Am 10.08.2021 legte die Schiedsstelle sodann den folgenden endgültigen Einigungsvorschlag vor, in welchem sie den Parteien den Abschluss eines Gesamtvertrages in der Form eines Pauschalvertrages für den Zeitraum vom 01.01.2020 bis 31.12.2021 vorschlug (Anlage K 2):
Die von der GEMA durch diesen Vertrag eingeräumten Nutzungsrechte werden durch Zahlung eines Pauschalbetrags abgegolten. Den in diesem Vertrag festgelegten Pauschalbeträgen liegen grundsätzliche Betriebszeiten der teilnehmenden Tanzschulen von jeweils 12 Monaten pro Jahr zugrunde. Behördlich angeordnete Schließzeiten (Pandemie) sind in der jeweiligen Pauschalsumme nicht berücksichtigt und wirken sich ihrem Anteil entsprechend vergütungsmindernd auf den jeweiligen Pauschalbetrag aus. DTIV und GEMA berücksichtigen dies bei der Durchführung und Abwicklung dieses Vertrags.
Die nachfolgenden Regelungen ersetzen die von der Schiedsstelle vorgeschlagene und von den Vertragsparteien angenommene einstweilige Regelung vom 28.10.2020.
Sofern sich die Nutzungsbereiche überschneiden, werden Zahlungen, die die DTIV auf Grundlage des mit der GEMA am 3. / 18. Februar 2021 für das Jahr 2020 geschlossenen Pauschalvertrags (Vervielfältigung Tonträger) über die Vergütung von Vervielfältigungen zum Zwecke der öffentlichen Wiedergabe in den Tanzschulen an die GEMA geleistet hat, verrechnet.
Vor diesem Hintergrund vereinbaren GEMA und DTIV Folgendes:
Der Vertrag wird mit Wirkung vom 01.01.2020 bis 31.12.2021 geschlossen und verlängert sich automatisch um ein Jahr, wenn er nicht bis zum 30.11. schriftlich gekündigt wird.
Die DTIV gewährt der GEMA Vertragshilfe. Die Vertragshilfe besteht darin, dass
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die DTIV der GEMA bis zum 30.04. des laufenden Jahres, beginnend mit dem Jahr 2022, eine Liste ihrer Mitgliedstanzschulen aushändigt unter gesonderter Nennung, ob die jeweilige Tanzschule am Pauschalvertrag teilnimmt. Folgende Angaben sind erforderlich:
Name der Tanzschule
Name des Inhabers / der Inhaberin
Anschrift
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die Erfüllung der Aufgaben der GEMA in Wort und Schrift durch geeignete Aufklärungsarbeit erleichtert wird.
Die DTIV zahlt an die GEMA für die nach diesem Vertrag eingeräumten urheberrechtlichen Nutzungsrechte für das Jahr 2020 eine Pauschale in Höhe von 315.880,69 Euro, zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer von zurzeit 7%. Für das Jahr 2021 und die Folgejahre erhöht sich der Pauschalbetrag (netto) um die von E.STAT ermittelte Inflationsrate des Vorjahres, für das Jahr 2021 (0,7% –) auf 322.332,89 Euro.
Bereits aufgrund der einstweiligen Regelung von der DTIV an die GEMA geleistete Zahlungen sind zu verrechnen, ggf. überzahlte Beträge zurückzuerstatten.
Die Vergütung der GVL (Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten, Berlin) ist in dem o.g. Pauschalbetrag enthalten.
Die Pauschalsumme ist in zwei gleichen Raten fällig, zahlbar am 01.02. und am 01.07. eines jeden Jahres; etwaige noch ausstehende Zahlungen oder Erstattungen für die Jahre 2020 und 2021 (Verrechnung) sind mit Vertragsschluss fällig.
Die Pauschale für das Jahr 2020 ist auf der Grundlage von 75 teilnehmenden Tanzschulen und für das Jahr 2021 auf der Grundlage von 76 teilnehmenden Tanzschulen ermittelt. Hierbei werden eventuelle Betriebsstätten gemäß der Regelung, die die Parteien im Gesamtvertrag 2018 getroffen hatten und die im Folgenden noch einmal wiedergegeben wird, berücksichtigt.
[Betriebsstättenregelung, vom Abdruck wurde abgesehen, Details siehe Anlage K 2]
Im November eines jeden Jahres werden für dieses Jahr neu hinzugekommene oder ausgeschiedene Mitglieder gemeldet und nachberechnet oder erstattet.
Bei Übernahme bzw. Verkauf einer Mitgliedstanzschule (Wechsel) innerhalb des Jahres übernimmt der Nachfolger / die Nachfolgerin automatisch die Teilnahme am Pauschalvertrag.
DTIV verpflichtet sich, die Umlage der Pauschalsumme auf die Tanzschulen zu wirtschaftlich angemessenen Bedingungen (bezogen auf die Nutzungen je Tanzschule) vorzunehmen. Die Pauschalsumme wird vom DTIV intern so auf die teilnehmenden Tanzschulen umgelegt, dass sich die von der einzelnen Tanzschule zu zahlende Vergütung am jeweiligen Nutzungsumfang orientiert. Anhaltspunkte hierfür sind vor allem die Umsätze und die genutzten Flächen.
Durch Zahlung der Pauschalsumme sind folgende Musiknutzungen der Tanzschulen, die am Pauschalvertrag teilnehmen, abgegolten:
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Mechanische Musikwiedergabe in Tanzkursen und kursergänzenden Veranstaltungen für Tanzschüler
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Musik in der Telefonwarteschleife
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Das Vervielfältigungsrecht für öffentliche Wiedergaben der von den Tanzschulen unterhaltenen Tanzgruppen (auch bei Veranstaltungen Dritter)
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Das Vervielfältigungsrecht für die öffentliche Wiedergabe anlässlich Tanzlehrerkongress oder sonstiger Veranstaltungen, die sich vorrangig an Mitglieder der DTIV oder des Berufsverbandes D. T. e.V. (BDT e.V.) richten.
6. Nicht durch Zahlung der Pauschalsumme abgegoltene Musiknutzung Nicht durch Zahlung der Pauschalsumme abgegolten, d.h. gesondert zu vergüten sind folgende Musiknutzungen:
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Veranstaltungen mit Live-Musik
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Veranstaltungen Dritter in den Räumlichkeiten der Tanzschulen
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Veranstaltungen, die außerhalb der Tanzschulräumlichkeiten stattfinden
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Musiknutzungen in Barbereichen und Bistros, die öffentlich zugänglich sowie von der Tanzschule klar abgegrenzt sind und längere Öffnungszeiten aufweisen
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Sonstige Veranstaltungen in den Tanzschulräumlichkeiten, die sich vorrangig an Nicht-Tanzschüler richten
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Musikwiedergabe im Internet auf der tanzschuleigenen Homepage
Bei ordnungsgemäßer Einholung der Lizenzen wird den berechtigten Tanzschulen ein Gesamtvertragsnachlass in Höhe von 20% auf die jeweils geltenden GEMA-Vergütungssätze eingeräumt. Dies gilt vorbehaltlich einer bestandskräftigen Entscheidung der Schiedsstelle oder der Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften beziehungsweise einer rechtskräftigten gerichtlichen Entscheidung über eine Änderung/Neugestaltung der Gesamtvertragsrabatte, die seitens der GEMA gegenüber ihren Gesamtvertragspartnern eingeräumt werden.
7. Lizenzierung von Tanzschulen, die nicht an der GEMA-Pauschale teilnehmen
Tanzschulen, die nicht am Pauschalvertrag teilnehmen, müssen ihre Musiknutzung direkt bei der GEMA anmelden und nach den GEMA-Vergütungssätzen WR-Tanz (ab der Fassung des Jahres 2020) lizenzieren.
Hierzu vereinbaren DTIV und GEMA folgendes Lizenzierungsverfahren: Tanzkurse:
Im Fall einer Abrechnung gemäß II.2. des Tarifs WR-Tanz (2020):
Die Tanzschule meldet der GEMA jährlich den Umsatz des Vorjahrs aus Tanzkursen inklusive der Betriebsstätten und der Auswärtskurse. Die Vollständigkeit und Richtigkeit der Umsätze wird durch einen Steuerberater bestätigt oder über geeignete Belege der Finanzverwaltung nachgewiesen. Aus diesen Umsatzzahlen ermittelt die GEMA entsprechend der tariflichen Vergütungssätze eine Abschlagszahlung für das jeweils laufende Jahr. Diese Abschlagszahlung wird im Folgejahr auf Basis der tatsächlich erzielten Umsätze und der sich hieraus ergebenden tariflichen Vergütung verrechnet.
Veranstaltungen mit Musik (Tanzparties, Abschlussbälle etc.) sind gesondert vor Stattfinden bei der GEMA anzumelden.
Sonstige Musiknutzungen wie Musik in der Telefonwarteschleife, Hintergrundmusik auf der Homepage der Tanzschule, Hintergrundmusikbeschallung in Räumen der Tanzschule (Barbereich, Bistro, Lounge Bereich u.a.) sind bei der GEMA anzumelden.
Vervielfältigung von Tonträgern zum Zweck der öffentlichen Wiedergabe in Tanzschulen sind bei der GEMA anzumelden, sofern dies nicht bereits aufgrund des Vertrags zwischen den Parteien vom 03. / 18.02.2021 erfolgt ist.
DTIV und GEMA vereinbaren, dass der Gesamtvertragsnachlass in Höhe von 20% (vorbehaltlich einer bestandskräftigen Entscheidung der Schiedsstelle oder der Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften beziehungsweise einer rechtskräftigten gerichtlichen Entscheidung über eine Änderung/Neugestaltung der Gesamtvertragsrabatte, die seitens der GEMA gegenüber ihren Gesamtvertragspartnern eingeräumt werden) nur dann eingeräumt wird, wenn die Tanzschule dieses Lizenzierungsverfahren akzeptiert.
8. Schriftform und salvatorische Klausel
Änderungen, Ergänzungen oder die Aufhebung dieses Vertrags bedürfen für ihre Rechtswirksamkeit der Schriftform.
Sollten Bestimmungen dieses Vertrags ganz oder teilweise nicht rechtswirksam oder nicht durchführbar sein oder ihre Rechtswirksamkeit oder Durchführbarkeit später verlieren, so soll hierdurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen des Vertrags nicht berührt werden.
6
Gegen den Einigungsvorschlag der Schiedsstelle haben beide Parteien fristgemäß Widerspruch eingelegt.
7
Der Kläger hält den Einigungsvorschlag im Kern für überzeugend, weil dieser der von den Parteien bislang praktizierten Pauschalvertragspraxis entspricht. Diese Praxis habe die Beklagte mit dem Konkurrenzverband des Klägers, S. World e.V., bereits im Jahr 1984 entwickelt und seither praktiziert. Im Verhältnis zum Kläger sei diese Praxis auf Vorschlag der Beklagten hin seit dem Jahr 2010 übernommen worden. Basis der Pauschalvergütung sei der Tarif WKS mit einem Lizenzsatz von 3,75 Prozent gewesen. Die dementsprechend berechnete Jahrespauschale sei dann jährlich um 1,5 Prozent angehoben worden. Der mit Wirkung ab dem 01.01.2017 geschlossenen Gesamtvertrag 2017 gelte parallel für die Mitgliedstanzschulen des Klägers, welche nicht an der Pauschalabrechnung teilnähmen. Die Vertragsbeziehungen zu der Beklagten stünden seit dem Jahr 2017 insoweit auf zwei Beinen.
8
Mit ihrer ab dem Jahr 2019 geplanten Lizenzierung nach einem starren, an der Tanzflächengröße orientierten Stufensystem weiche die Beklagte von dieser langjährig bewährten Praxis ab, ohne hierfür sachlich überzeugende Gründe anführen zu können. Hierdurch würden die Mitglieder des Klägers in besonderem Maße benachteiligt, weil diese vorwiegend im ländlichen Raum ansässig seien und aufgrund der dort günstigeren Pachtzinsen tendenziell über größere Flächen verfügten. Die Tanzflächengröße sei aber kein taugliches Kriterium zur Bestimmung einer angemessenen Vergütung, umso mehr, als die Mitglieder des Klägers eher weniger Tanzschüler haben. Die bloße Tanzflächengröße habe zudem mit der konkreten Musiknutzung in der jeweiligen Tanzschule nichts zu tun. Dass es sich hierbei um die „einfachste und fairste Berechnungsmethode“ handele, sei als Argument von der Schiedsstelle bereits im Rahmen der einstweiligen Regelung vom 28.10.2020 mit der Begründung zurückgewiesen worden, dass mit einer größeren Tanzfläche nicht automatisch auch höhere Umsätze einhergingen.
9
Widerspruch habe der Kläger aber aus dem Grund eingelegt, weil die durch die Corona-Pandemie bedingten Schließzeiten von Tanzschulen zwar in der Präambel als vergütungsmindernd angesprochen sind, aber die sich hieraus ergebenden Reduzierungen der jährlichen Vergütungspauschalen im eigentlichen Vertragstext fehlen. Zudem sei das „Schicksal“ der von dem Kläger in Höhe von EUR 165.000,00 erbrachten Sicherheitsleistung nicht im Vertrag geregelt worden. Darüber hinaus müsse die Vertragslaufzeit an die aktuelle Situation angepasst werden. Es mache keinen Sinn, einen im Zeitpunkt der Entscheidung bereits abgelaufenen Vertrag festzusetzen.
10
Der Höhe nach seien die von dem Kläger zu zahlenden Pauschalen an den Vorgaben der Schiedsstelle aus dem insoweit überzeugend begründeten und in der Sache auch von der Beklagten akzeptierten einstweiligen Regelungsvorschlag vom 28.10.2020 zu orientieren. Für das Jahr 2020 sei bei 75 teilnehmenden Tanzschulen ein Betrag in Höhe von EUR 315.880,69netto angemessen. Dieser entspreche dem letzten zwischen den Parteien für das Jahr 2018 geschlossenen Pauschalvertrag. Für die Jahre 2021 und 2022 ergäben sich eine Erhöhung von jeweils 1,5 Prozent zugrunde gelegt Beträge von EUR 322.332,89 netto bei 76 teilnehmenden Tanzschulen bzw. EUR 378.825,77 netto bei 88 teilnehmenden Tanzschulen. Für das Jahr 2023 sei ein Betrag in Höhe von EUR 397.616,54 netto bei 91 teilnehmenden Tanzschulen angemessen. In den Jahren 2020 und 2021 müssten allerdings jeweils die pandemiebedingten Schließungszeiten in Abzug gebracht werden, da in den entsprechenden Zeiträumen ein Tanzschulbetrieb nicht stattgefunden hat. Daraus ergäben sich für die Jahre 2020 und 2021 abzüglich des Anteils pandemiebedingter Schließungszeiten ein angemessener Gesamtbetrag von EUR 210.587,12 netto bzw. EUR 161.166,44 netto. Die Beklagte selbst betone auf ihrer Homepage, dass die von Nutzern für die Lockdown-Zeiten gezahlten Vergütungen erstattet werden. Ebenfalls müssten die von dem Kläger für die Jahre 2020 und 2021 bereits geleisteten Zahlungen auf die Pauschalen angerechnet werden und im Falle einer Überzahlung zurückerstattet werden.
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Ergänzend zu dem Einigungsvorschlag der Schiedsstelle müsse in dem Vertrag zudem eine Regelung der Umlage der Pauschale im Innenverhältnis aufgenommen worden. Dies entspreche auch der im zuletzt zwischen den Parteien für das Jahr 2018 geschlossenen Pauschalvertrag (Anlage K 3). Dabei habe der Kläger entgegen der anders lautenden Behauptung der Beklagten in der Vergangenheit nicht von jedem Mitglied den jeweils gleich hohen Betrag verlangt, sondern die Pauschalsumme im Innenverhältnis nach vier Umsatzgrößen aufgeteilt, sodass größere Tanzschulen mit höheren Umsatzerlösen mehr bezahlt haben als kleinere Tanzschulen. Dabei sei in Einzelfällen auch die Tanzflächengröße berücksichtigt worden. Diese Angemessenheitsprüfung sei dem Kläger im Innenverhältnis bislang möglich gewesen. Ein Grund, warum dies – wie die Beklagte meine – künftig nicht mehr zulässig sein solle, sei nicht ersichtlich.
12
Soweit Mitgliedstanzschulen des Klägers nicht an dem Pauschalvertrag teilnehmen, müsse eine Lizenzierung nach den dafür vorgesehenen umsatzbasierten GEMA-Vergütungssätzen erfolgen. Dabei sei jedoch nicht der GEMA-Tarif „WR-Tanz“ anzuwenden. Denn dieser Stelle als einzige und ausschließliche Bemessungsgrundlage auf die Größe der Tanzfläche in der jeweiligen Tanzschule ab. Anstatt der Tanzflächengröße hätten jedoch auch andere Kriterien wie etwa die Anzahl der in einer Tanzschule installierten Lautsprecher oder die Wattzahl des Tonverstärkers herangezogen werden können. Richtigerweise sei vielmehr, entsprechend der bisherigen Praxis auf den von den Tanzschulen mit deren Kurshonoraren erzielten Umsatz abzustellen. Die gegenteilige Formulierung in Ziffer 7 des Einigungsvorschlages widerspreche der im Übrigen erfolgten eigenen Begründung der Schiedsstelle, wonach die Tanzflächengröße gerade kein geeignetes Kriterium zur Bemessung der Vergütungshöhe sei. Daher müsse es bei der Regelung aus dem Pauschalvertrag 2018 bleiben.
13
Eine Gleichbehandlungspflicht gegenüber dem Verband S. World bestehe nicht. Insoweit habe auch die Schiedsstelle in ihrem Einigungsvorschlag ausdrücklich betont, dass eine strukturelle Änderung der bislang mit dem Kläger geschlossenen Pauschalverträge nicht mit dem mit dem Verband S. World vereinbarten Stufenmodell gerechtfertigt werden könne.
14
Eine Lizenzierung nach dem bis Ende des Jahres 2022 geltenden Tarif WR-Tanz hätte im Vergleich zu den bislang geschlossenen Pauschalvereinbarungen eine erhebliche Erhöhung der von dem Kläger und seinen Mitgliedern zu zahlenden Vergütung zur Folge. Während etwa im Jahr 2019 bei insgesamt 75 an dem Pauschalvertrag teilnehmenden Tanzschulen eine Vergütung von EUR 4.149,50 pro Tanzschule anfiel, würde diese bei einem relevanten Gesamtumsatz der 75 Tanzschulen von EUR 14.159.700,00 den Tarif WR-Tanz zugrunde gelegt EUR 7.079,85 betragen. Zur Überprüfung des Tarifs WR-Tanz habe der Kläger überdies sowohl eine aufsichtsrechtliche Prüfung durch das Deutsche Patent- und Markenamt angeregt und ein bei der Schiedsstelle unter dem Az. Sch-Urh 01/22 geführtes, weiteres Schiedsverfahren eingeleitet.
15
Allerdings habe die Beklagte – ohne den Kläger über diesen Schritt zu informieren – den Tarif WR-Tanz mit Wirkung ab 01.01.2023 abgeändert und sei zu einer umsatzbasierten Berechnung zurückgekehrt. Demzufolge betrage die Vergütung pro Kurs 4,46 Prozent der erzielten Netto-Kurshonorare des Veranstalters.
16
Das Oberlandesgericht München sei für den Rechtsstreit gemäß §§ 129 Abs. 1, 92 Abs. 1 Nr. 3 VGG zuständig. Bei dem von dem Kläger avisierten Pauschalvertrag handele es sich um einen Gesamtvertrag im Sinne von § 35 VGG. Entscheidend sei nicht die Bezeichnung, sondern der Inhalt der angestrebten Vereinbarung. Der von dem Kläger beantragte Pauschalvertrag führe zu einer administrativen und kostensparenden Vereinfachung der Lizenzierung gegenüber Tanzschulen, weil die Umlage der Pauschalsumme durch den Kläger erfolge. Das Argument, dass ein Pauschalvertrag keinen Gesamtvertrag darstelle, habe die Beklagte zudem erstmalig im Rahmen des vorliegenden Gerichtsverfahrens aufgebracht. Im Rahmen des Schiedsverfahrens sei hiervon keine Rede gewesen.
17
Der Senat hat den Parteien mit Beschluss vom 31.05.2023 einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, den der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2023 mit der Maßgabe, dass die Zahlen gemäß seinem Schriftsatz vom 01.06.2023 für die Jahre 2021 bis 2023 zugrunde gelegt werden, zum Gegenstand seines Antrags gemacht hat.
18
Der Kläger beantragte vor diesem Hintergrund zuletzt:
I. Zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht der öffentlichen Wiedergabe von Musikwerken durch Mitgliedstanzschulen des Klägers schließen die Parteien rückwirkend ab dem 01.01.2020 den folgenden Vertrag:
Gesamtvertrag (Pauschalvertrag)
-nachstehend ,,DTIV“ genannt -
GEMA Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, rechtsfähiger Verein kraft staatlicher Verleihung, gesetzlich vertreten durch die Vorstandsmitglieder Dr. H.H., G.O. und L.C. , …
-nachstehend ,,GEMA“ genannt -
Die von der GEMA durch diesen Vertrag den teilnehmenden Tanzschulen eingeräumten Nutzungsrechte werden durch Zahlung eines jährlichen Pauschalbetrags abgegolten. Den in diesem Vertrag festgelegten Pauschalbeträgen liegen grundsätzliche Betriebszeiten der teilnehmenden Tanzschulen von jeweils 12 Monaten pro Jahr zugrunde. Behördlich angeordnete Schließzeiten (Pandemie) sind in der jeweiligen Pauschalsumme nicht berücksichtigt und wirken sich ihrem Anteil entsprechend vergütungsmindernd auf den jeweiligen Pauschalbetrag aus. DTIV und GEMA berücksichtigen dies bei der Durchführung und Abwicklung dieses Vertrags.
Die nachfolgenden Regelungen ersetzen die von der Schiedsstelle vorgeschlagene und von den Vertragsparteien angenommene einstweilige Regelung vom 28.10.2020 und gelten in Ergänzung zu dem von den Parteien am 08.08./24.08.2017 mit Wirkung vom 01.01.2017 abgeschlossenen Gesamtvertrag (Gesamtvertrag 2017).
Sofern sich die Nutzungsbereiche überschneiden, werden Zahlungen, die die DTIV auf Grundlage des mit der GEMA am 3. / 18. Februar 2021 für das Jahr 2020 geschlossenen Pauschalvertrags (Vervielfältigung Tonträger) über die Vergütung von Vervielfältigungen zum Zwecke der öffentlichen Wiedergabe in den Tanzschulen an die GEMA geleistet hat, verrechnet.
Vor diesem Hintergrund vereinbaren GEMA und DTIV Folgendes:
Der Vertrag wird mit Wirkung vom 01.01.2020 bis 31.12.2024 geschlossen und verlängert sich automatisch um jeweils ein Jahr, wenn er nicht von einer Partei bis zum 30.11. des jeweils laufenden Jahres schriftlich gekündigt wird.
Die DTIV gewährt der GEMA Vertragshilfe. Die Vertragshilfe besteht darin, dass
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-
die DTIV der GEMA bis zum 30.04. des laufenden Jahres eine Liste ihrer Mitgliedstanzschulen aushändigt unter gesonderter Nennung, ob die jeweilige Tanzschule am Pauschalvertrag teilnimmt. Folgende Angaben sind zur Bezeichnung der Mitgliedstanzschulen erforderlich:
Name der Tanzschule,
Name des Inhabers / der Inhaberin, und
Anschrift (bei mehreren Betriebsstätten sämtliche Anschriften).
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-
die Erfüllung der Aufgaben der GEMA in Wort und Schrift durch geeignete Aufklärungsarbeit erleichtert wird.
a) Die DTIV zahlt an die GEMA für die den am Pauschalvertrag teilnehmenden Mitgliedstanzschulen eingeräumten urheberrechtlichen Nutzungsrechte folgende Netto-Pauschalvergütungen:
- -
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für das Jahr 2020 eine Pauschale in Höhe von EUR 210.587,13 netto (EUR 315.880,69 netto abzüglich des auf die wegen der Covid-19-Pandemie behördlich angeordneten 4-monatigen Schließzeiten entfallenden Anteils);
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-
für das Jahr 2021 eine Pauschale in Höhe von EUR 161.166,44 netto (EUR 322.332,89 netto abzüglich des auf die wegen der Covid-19-Pandemie behördlich angeordneten 6-monatigen Schließzeiten entfallenden Anteils);
- -
-
für das Jahr 2022 eine Pauschale in Höhe von EUR 378.825,77 netto;
- -
-
für das Jahr 2023 eine Pauschale in Höhe von EUR 397.616,54 netto.
Die jährliche Steigerungsrate in dem Zeitraum 2020 bis 2023 beträgt 1,5 Prozent pro Jahr. Für die Folgejahre erhöht sich der Netto-Pauschalbetrag um die von E.STAT ermittelte Inflationsrate des Vorjahres.
Die Vergütung der GVL (Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten, Berlin) ist in den o.g. Pauschalbeträgen enthalten.
b) Bereits aufgrund der einstweiligen Regelung der Schiedsstelle vom 28.10.2020 von der DTIV an die GEMA geleistete Zahlungen einschließlich der von der DTIV geleisteten Sicherheit in Höhe von EUR 165.000,00 sind zu verrechnen, ggf. überzahlte Beträge zurückzuerstatten. Zugleich verpflichtet sich die DTIV zur Vornahme gegebenenfalls notwendiger Mitwirkungshandlungen, um der GEMA die uneingeschränkte Verfügungsgewalt über die von der DTIV in Höhe von EUR 165.000,00 gezahlte Sicherheitsleistung zu verschaffen.
c) Die jährliche Pauschalsumme ist in zwei gleichen Raten fällig, zahlbar am 01.02. und am 01.07. eines jeden Jahres; etwaige noch ausstehende Zahlungen oder Erstattungen für die Jahre 2020 bis 2023 sind mit Inkrafttreten des Pauschalvertrages fällig.
a) Die Pauschalen gemäß Ziffer 3 lit. a) für die Jahre 2020 bis 2023 sind auf der Grundlage von 75 teilnehmenden Tanzschulen (2020) bzw. 76 teilnehmenden Tanzschulen (2021) ermittelt.
b) Im November eines jeden Jahres werden für dieses Jahr neu hinzugekommene oder ausgeschiedene Mitglieder gemeldet und nachberechnet.
c) Der Vergütungssatz beruht auf dem Rechtebestand der GEMA zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Pauschalvertrags. Bei erheblichen Veränderungen dieses Rechtebestands (über ± 10 Prozent bezogen auf den bei Vertragsschluss geltenden Verteilungsplan der GEMA) wird die Vergütungspauschale entsprechend angepasst. Die GEMA wird die DTIV über entsprechende Änderungen im Rechtebestand unverzüglich informieren. Ergeben sich Erhöhungen von mehr als 15 Prozent, steht der teilnehmenden Mitgliedstanzschule ein fristloses Sonderkündigungsrecht zu, von dem diese bis zum Ablauf des dritten Monats nach der Mitteilung der GEMA durch Erklärung der Kündigung gegenüber der DTIV Gebrauch machen kann. Die DTIV ist in diesem Fall zur Mitteilung gemäß Ziffer 7 lit. b) verpflichtet.
d) Bei Übernahme bzw. Verkauf einer Mitgliedstanzschule (Wechsel) innerhalb des Jahres verpflichtet sich der an diesem Vertrag teilnehmende Tanzschulinhaber, dessen Nachfolger / Nachfolgerin seinerseits zur Teilnahme an diesem Vertrag zu verpflichten.
5. Umlage der Pauschale im Innenverhältnis
Die DTIV verpflichtet sich, die Umlage der Pauschalsumme auf die an diesem Vertrag teilnehmenden Tanzschulen zu wirtschaftlich angemessenen Bedingungen (bezogen auf die Nutzungen je Tanzschule) vorzunehmen. Die Pauschalsumme wird von der DTIV intern so auf die teilnehmenden Tanzschulen umgelegt, dass sich die von der einzelnen Tanzschule zu zahlende Vergütung am jeweiligen Nutzungsumfang orientiert. Anhaltspunkte hierfür sind vor allem die mit Kurshonoraren erzielten Netto-Umsätze und die genutzten Flächen.
Durch Zahlung der Pauschalsummen nach Ziffer 3 lit. a) sind folgende Musiknutzungen der Tanzschulen, die am Pauschalvertrag teilnehmen, abgegolten:
- -
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Mechanische Musikwiedergabe in Tanzkursen und kursergänzenden Veranstaltungen für Tanzschüler
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Musik in der Telefonwarteschleife
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Das Vervielfältigungsrecht für öffentliche Wiedergaben der von den Tanzschulen unterhaltenen Tanzgruppen (auch bei Veranstaltungen Dritter)
- -
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Das Vervielfältigungsrecht für die öffentliche Wiedergabe anlässlich von Tanzlehrerkongressen oder sonstiger Veranstaltungen, die sich vorrangig an Mitglieder der DTIV oder des Berufsverbandes D.Tanzlehrer e.V. (BDT e.V.) richten.
7. Nicht durch Zahlung der Pauschalsumme abgegoltene Musiknutzung
a) Nicht durch Zahlung der Pauschalsummen nach Ziffer 3 lit. a) abgegolten, d.h. gesondert zu vergüten sind folgende Musiknutzungen:
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Veranstaltungen mit Live-Musik
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Veranstaltungen Dritter in den Räumlichkeiten der Tanzschulen
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Veranstaltungen, die außerhalb der Tanzschulräumlichkeiten stattfinden
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Musiknutzungen in Barbereichen und Bistros, die öffentlich zugänglich sowie von der Tanzschule klar abgegrenzt sind und längere Öffnungszeiten aufweisen
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Sonstige Veranstaltungen in den Tanzschulräumlichkeiten, die sich vorrangig an Nicht-Tanzschüler richten
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Musikwiedergabe im Internet auf der tanzschuleigenen Homepage
b) Hinsichtlich der Musiknutzungen gemäß Ziffer 7 lit. a) bleibt es bei den Regelungen des Gesamtvertrags 2017. Die DTIV hat ihre Mitgliedstanzschulen, die nicht am Pauschalvertrag teilnehmen, darauf hinzuweisen, dass diese ihre Musiknutzung direkt bei der GEMA anmelden und nach den jeweils gültigen GEMA-Vergütungssätzen WR-Tanz lizenzieren müssen.
c) Ergänzend zu dem Gesamtvertrag 2017 vereinbaren die DTIV und die GEMA folgendes Lizenzierungsverfahren:
Die Tanzschule meldet der GEMA jährlich den Umsatz des Vorjahrs aus Tanzkursen inklusive der Betriebsstätten und der Auswärtskurse. Die Vollständigkeit und Richtigkeit der Umsätze werden durch einen Steuerberater bestätigt oder über geeignete Belege der Finanzverwaltung nachgewiesen. Aus diesen Umsatzzahlen ermittelt die GEMA entsprechend der tariflichen Vergütungssätze eine Abschlagszahlung für das jeweils laufende Jahr. Diese Abschlagszahlung wird im Folgejahr auf Basis der tatsächlich erzielten Umsätze und der sich hieraus ergebenden tariflichen Vergütung verrechnet.
Veranstaltungen mit Musik (Tanzparties, Abschlussbälle etc.) sind gesondert vor Stattfinden bei der GEMA anzumelden.
Sonstige Musiknutzungen wie Hintergrundmusik auf der Homepage der Tanzschule, Hintergrundmusikbeschallung in Räumen der Tanzschule (Barbereich, Bistro, Lounge Bereich u.a.) sind bei der GEMA anzumelden.
Vervielfältigung von Tonträgern zum Zweck der öffentlichen Wiedergabe in Tanzschulen sind bei der GEMA anzumelden.
c) Die DTIV und die GEMA vereinbaren, dass der Gesamtvertragsnachlass in Höhe von 20% gemäß Ziffer 3 (1) des Gesamtvertrages 2017 (vorbehaltlich einer bestandskräftigen Entscheidung der Schiedsstelle oder der Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften beziehungsweise einer rechtskräftigten gerichtlichen Entscheidung über eine Änderung/Neugestaltung der Gesamtvertragsrabatte, die seitens der GEMA gegenüber ihren Gesamtvertragspartnern eingeräumt werden) nur dann eingeräumt wird, wenn die Tanzschule dieses Lizenzierungsverfahren akzeptiert.
8. Teilnahme am Pauschalvertrag
a) Die Teilnahme am Pauschalvertrag erfolgt durch schriftliche Beitrittserklärung einer Mitgliedstanzschule gegenüber der DTIV, wonach diese die Regelungen des von der DTIV mit der GEMA geschlossenen Pauschalvertrages als rechtsverbindliche Regelung zur Lizenzierung der Musiknutzung im Rahmen des Tanzschulbetriebes akzeptiert.
b) Der schriftlichen Beitrittserklärung hat die teilnehmende Mitgliedstanzschule eine mit der Erklärung verbundene, von ihr auf jeder Seite parafierte Fassung des Pauschalvertrages beizufügen.
c) Die Teilnahme am Pauschalvertrag kann mit einer Frist von drei Monaten zum Jahresende durch schriftliche Erklärung gegenüber dem DTIV beendet werden. Die DTIV ist in diesem Fall zur Mitteilung gemäß Ziffer 7 lit. b) verpflichtet.
9. Schriftform und salvatorische Klausel
Änderungen, Ergänzungen oder die Aufhebung dieses Vertrags bedürfen für ihre Rechtswirksamkeit der Schriftform.
Sollten Bestimmungen dieses Vertrags ganz oder teilweise nicht rechtswirksam oder nicht durchführbar sein oder ihre Rechtswirksamkeit oder Durchführbarkeit später verlieren, so soll hierdurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen des Vertrags nicht berührt werden.
II. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
19
Die Beklagte beantragte zuletzt:
- 1.
-
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
-
Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht einen Anspruch dem Kläger auf Abschluss einer Pauschalvereinbarung mit der Beklagten annimmt, wird beantragt, eine Pauschalvereinbarung zwischen den Parteien mit dem Inhalt des Anlagenkonvoluts B 6 für die Jahre 2020, 2021, 2022 und 2023 festzusetzen.
20
Die Vertragskonditionen gemäß Anlage B 6 lauten wie folgt:
„

21
Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Klage bereits unzulässig sei. Bei dem von dem Kläger begehrten Pauschalvertrag handele es sich nicht um einen Gesamtvertrag im Sinne von § 35 VGG. Vielmehr handele es sich um eine besondere Administrationsform des Lizenzierungsvorganges, die als Zusatz zu einem Gesamtvertrag in der Form einer Alternative zur Direktlizenzierung vereinbart werden könne. Dass es sich bei der begehrten Pauschalvereinbarung nicht um einen Gesamtvertrag handele, ergebe sich zudem aus der Regelung des § 38 VGG. Denn in einer Pauschalvereinbarung seien keine Vergütungssätze enthalten, die dann als Tarife Geltung beanspruchen könnten. Außerdem zeige bereits die Gesetzesbegründung, dass es sich bei Gesamtverträgen um Rahmenverträge handeln müsse. Dies sei vorliegend aber nicht der Fall. Bei der begehrten Pauschalvereinbarung handele es sich in der Sache um einen von dem Kontrahierungszwang des § 35 VGG nicht erfassten Einzelnutzungsvertrag. Folglich liege keine Gesamtvertragsstreitigkeit gemäß §§ 129 Abs. 1, 92 Abs. 1 Nr. 3 VGG vor, sodass bereits die Zuständigkeit des Oberlandesgericht München nicht gegeben sei.“
22
Zudem sei das Oberlandesgericht auch für die gemäß dem ursprünglichen Klageantrag zu 2. Begehrte Rückgabe der Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 165.000,00 nicht zuständig.
23
Der Kläger habe die Replik vom 23.04.2022 überdies nicht in der gemäß § 130d ZPO vorgeschriebenen elektronischen Form eingereicht, so dass das Vorbringen nicht berücksichtigt werden könne.
24
Da es sich bei dem begehrten Pauschalvertrag nicht um einen Gesamtvertrag im Sinne von § 35 VGG handele, stehe dem Kläger auch kein gesetzlicher Anspruch auf Abschluss einer Pauschalvereinbarung zu. Ohnehin bestehe zwischen den Parteien bereits ein Gesamtvertrag, den diese im Jahr 2017 geschlossen hätten (Anlage B 2). Die Klage sei daher im Hinblick auf den verlangten Vertragsabschluss jedenfalls unbegründet.
25
Dass die Pauschalvereinbarung nur Annexcharakter habe und daher kein Gesamtvertrag sei, zeige sich auch daran, dass die Mitglieder des Klägers die Wahl haben, ob sie ihre Musiknutzungen gemäß dem zwischen den Parteien bestehenden Gesamtvertrag in Verbindung mit dem Tarif WR-Tanz lizenzieren oder ob sie einer wie streitgegenständlichen aber ebenfalls auf dem Tarif WR-Tanz beruhenden Pauschalvereinbarung beitreten, welche vorsieht, dass die Lizenzvergütung zu zwei Fälligkeitszeitpunkten im Jahr zentral über die Nutzervereinigung an die Beklagte gezahlt wird. Die Bestimmung der geschuldeten Vergütung könne auch im Rahmen einer Pauschalvereinbarung nicht losgelöst von den Tarifen der Beklagten erfolgen. Daher seien in den neuen und mit dem Verband S. World mit Wirkung seit dem Jahr 2019 bereits geschlossenen Pauschalvereinbarungen die Regelungen zur individuellen Erfassung der von den einzelnen Tanzschulen geschuldeten Vergütungsbeiträge selbst enthalten.
26
Weil die bis dahin als Bemessungsgrundlage verwendeten Kurshonorare zur Berechnung der erwarteten Einnahmen im Folgejahr als nicht mehr hinreichend konkret erachtet worden seien, habe die Beklagte im Jahr 2018 mit dem Verband S. World vereinbart, künftig die Tanzflächengröße als Bemessungskriterium heranzuziehen. Dementsprechend habe sie zunächst den Versuch unternommen, den Tarif WR-Tanz umzustellen und eine nach der jeweiligen Tanzflächengröße gestaffelte Vergütung zu verlangen. Dabei sei zugleich die Vergütungshöhe auf einen Betrag in Höhe von 3,75 Prozent der erzielten Kurshonorare begrenzt worden, wenn der fragliche Veranstalter auf Antrag den Nachweis erbracht habe, dass die bei Zugrundelegung der Tanzflächengröße tatsächlich zu zahlende Vergütung diesen Betrag übersteigt (Anlage B 4). Damit habe der tanzflächengrößenbasierte Tarif WR-Tanz den seit Jahrzehnten der Höhe nach als angemessen anerkannten Wert von 3,75 Prozent der Kurshonorare mit der einfacheren Vergütungsberechnung nach der Tanzflächengröße kombiniert. Allerdings habe das Deutsche Patent- und Markenamt den tanzflächengrößenbasierten Tarif WR-Tanz mit Schreiben vom 29.08.2022 beanstandet, weil dieser keine rein umsatzbasierte Regelvergütung mehr vorsah. Die Beklagte habe daher von dem tanzflächengrößenbasierten Tarif zwischenzeitlich wieder Abstand genommen und zum 01.01.2023 einen neuen Tarif WR-Tanz veröffentlicht, auf dessen Grundlage die Regelvergütung rein umsatzbasiert ermittelt werde. Der aus Sicht der Beklagten angemessene Regelvergütungssatz betrage 4,46 Prozent der mit den Netto-Kurshonoraren erzielten Umsatzerlöse. Insoweit habe die Beklagte den seit Jahrzehnten durchgesetzten und gesamtvertraglich vereinbarten Vergütungssatz für Tanzschulkurse in Höhe von 3,75 Prozent der Brutto-Einnahmen vergütungsneutral auf 4,46 Prozent angepasst.
27
Dagegen laufe die von dem Kläger begehrte Regelung darauf hinaus, dass die Einnahmen seiner Mitglieder aus den Kurshonoraren der Beklagten nicht gemeldet würden. Wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung betont hat, liege nämlich das Kernproblem gerade darin, keine Einnahmemitteilungen erhalten zu haben, sodass die ursprünglich vereinbarten Pauschale zu einer reinen Schätzung verkommen sei. Eine Lizenzierung ohne jegliche Datenbasis im Wege einer Pauschalvereinbarung könne jedoch nicht verlangt werden. Der Vertragsentwurf des Klägers verstoße zudem gegen den urheberrechtlichen Beteiligungsgrundsatz, wonach der Urheber an der wirtschaftlichen Nutzung seiner Werke angemessen zu beteiligen sei. Zugleich würde die Beklagte zu einem Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 34 Abs. 1 VGG gezwungen, wenn Mitglieder eines Verbandes eine nutzungsunabhängige Pauschale zahlen würden, verbandslose Lizenznehmer aber nutzungsabhängig nach Tarif lizenzieren müssten. Das Fehlen verbindlicher und klarer Parameter zur Verteilung der von einem Mitglied jeweils geschuldeten Vergütung sei von dem Kläger in der Vergangenheit dadurch „missbraucht“ worden, dass von jedem Mitglied ein gleich hoher Vergütungsbetrag eingefordert worden sei.
28
Hinsichtlich der pandemiebedingten Schließzeiten in den Jahren 2020 und 2021 sei die Beklagte aus Kulanz bereit, diese bei der Berechnung der Gesamtvergütung in Ansatz zu bringen. Angemessen sei insoweit ein Abschlag in Höhe von 40,7 Prozent für das Jahr 2020 (Schließzeiten bis Oktober 2020 entsprechend einem Abschlag von 24 Prozent sowie weitere 61 Schließtage im November/Dezember 2020 entsprechend einem weiteren Abschlag von 16,7 Prozent) sowie ein Abschlag von 44 Prozent für das Jahr 2021 (Schließzeiten von Januar bis Mai 2021). Insgesamt habe es 151 Schließtage gegeben, was einer Reduzierung der Gesamtvergütung in Höhe von 41 Prozent entspreche. Entsprechende Abschläge seien auch mit dem Verband S. World vereinbart worden.
29
Schließlich könne der Kläger auch nicht die Rückzahlung der in Höhe von EUR 165.000,00 geleisteten Sicherheit verlangen. Die Vorbehaltszahlung in Geld sei auf den Wunsch des Klägers anstelle der Beibringung einer Bankbürgschaft als Sicherheitsleistung akzeptiert worden. Unabhängig davon, dass das Oberlandesgericht auch insoweit bereits nicht zuständig sei, bestehe aber das Sicherungsinteresse mit Blick auf das anhängige Verfahren fort. Die Beklagte habe aber rein kulanzhalber eine Rücküberweisung in Höhe von EUR 115.000,00 veranlasst, da die Sicherheit wegen der pandemiebedingten Schließzeiten neu berechnet werden müsse.
30
Der Senat hat am 16.06.2023 zur Sache verhandelt. Im Nachgang zur mündlichen Verhandlung hat der Senat auf Wunsch der Parteien einen überarbeiteten Vergleichsvorschlag vorgelegt, den der Kläger mit Schriftsatz vom 08.07.2023 und die Beklagte mit Schriftsatz vom 06.07.2023 abgelehnt haben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 16.06.2023 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
31
Die Klage ist zulässig und in der Sache überwiegend begründet.
32
Die Klage ist zulässig. Insbesondere greifen die von der Beklagten vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Zuständigkeit des erkennenden Senates nicht durch.
33
1. Die Zuständigkeit des Senats ergibt sich auf der Rechtsgrundlage des § 129 Abs. 1 i.V.m. §§ 92 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1, 35 VGG. Demzufolge entscheiden in einem Streitfall, an dem eine Verwertungsgesellschaft beteiligt ist und der den Abschluss oder die Änderung eines Gesamtvertrages betrifft, ausschließlich das für den Sitz der Schiedsstelle zustände Oberlandesgericht im ersten Rechtszug. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
34
a. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Verwertungsgesellschaft.
35
b. Im Streitfall geht es um den Abschluss eines Gesamtvertrages i.S.v. § 35 VGG.
36
aa. Gemäß § 35 VGG ist eine Verwertungsgesellschaft dem Grunde nach verpflichtet, über die von ihr wahrgenommenen Rechte mit Nutzervereinigungen einen Gesamtvertrag zu angemessenen Bedingungen abzuschließen, es sei denn, ein solcher Abschluss ist ihr im Einzelfall, wie etwa bei einer zu geringen Mitgliederzahl der Nutzervereinigung, nicht zuzumuten. Der Begriff des Gesamtvertrags an sich ist dabei nicht gesetzlich definiert. Auch der dem VGG zugrunde liegenden Richtlinie 2014/26/EU über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt (Verwertungsgesellschaften-Richtlinie) lassen sich insoweit keine Vorgaben entnehmen, da die Lizenzierung über Gesamtverträge nicht Gegenstand der Richtlinie ist. Entscheidend ist damit der Regelungszweck, welchen der nationale Gesetzgeber mit der Regelung von Gesamtverträgen verfolgt. Aus der Gesetzesbegründung folgt insoweit, dass Gesamtverträge Teil eines mehrstufigen Vertragskonstrukts bestehend aus einem Rahmenvertrag und darauf aufbauenden Einzelverträgen sind, auf dessen Grundlage eine kollektive Lizenzierung von Nutzungsrechten einer Mehrheit an Rechteinhabern gegenüber einer Nutzervereinigung erfolgt (vgl. BT-Drs. IV/271, S. 17). Dies entspricht auch der in der Literatur vertretenen Interpretation, wonach der Gesamtvertrag ein Rahmenvertrag zwischen einer Verwertungsgesellschaft und einer Nutzervereinigung ist, in dem diese allgemein die Bedingungen vereinbaren, zu denen die Verwertungsgesellschaft in späteren Einzelverträgen mit Mitgliedern der Vereinigung die konkrete Nutzungserlaubnis erteilt. Insofern bindet der Gesamtvertrag zunächst nur die Vereinigung, während deren Mitglieder erst dann gebunden sind, wenn sie Einzelverträge auf Basis des Gesamtvertrags geschlossen haben (Raue, in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 7. Aufl. 2022, § 35 VGG Rn. 5; vgl. auch Gerlach, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 6. Aufl. 2022, § 35 VGG Rn. 4, sowie Freudenberg, in: BeckOK Urheberrecht, Stand: 01.02.2023, § 35 VGG Rn. 18, die insoweit treffend von einem „Opt-in-Pauschalpaket“ sprechen). Darüberhinausgehende formelle Anforderungen an Art und Inhalt einer demgemäß vorausgesetzten mehrstufigen Vertragsstruktur lassen sich insoweit indes weder dem Gesetz noch der Gesetzesbegründung entnehmen. Die vertragsstrukturelle und inhaltliche Ausgestaltung ist vielmehr gesetzlich allein insoweit vorgeschrieben, als die Bedingungen angemessen i.S.v. § 35 VGG sein müssen. Dies wiederum setzt voraus, dass die Bedingungen objektiv und nichtdiskriminierend sind und eine angemessene Vergütung vorsehen, vgl. § 34 VGG. Ob und in welchem Umfang die einzelnen Bedingungen in einem separaten Rahmenvertragsdokument und/oder in einem von den Nutzern gesondert abzuschließenden Einzelvertragsdokument enthalten sind, ist insoweit rechtlich unerheblich. Es mag insoweit in der Praxis häufig vorkommen, dass eine formelle Trennung zwischen entsprechenden Vertragsdokumenten erfolgt und den Gesamtverträgen Muster für die von den Nutzern abzuschließenden Einzelverträge beigefügt werden (vgl. hierzu Senat, Urt. v. 03.03.2023, Az. 38 Sch 61/21 WG; Raue, in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 7. Aufl. 2022, § 35 VGG Rn. 5 a.E.). Gleichermaßen möglich ist es jedoch, dass die relevanten Nutzungsbedingungen unmittelbar in dem Gesamtvertrag enthalten sind und die einzelnen Nutzer diesem durch gesonderte Erklärung beitreten (vgl. die im Urteil des beim Oberlandesgericht München vormals zuständigen Senats vom 11.07.2013, Az. 6 Sch 12/11 WG, BeckRS 2016, 9197, abgedruckten Vertragstexte sowie Schiedsstelle, Einigungsvorschlag vom 30.07.2021, Az. Sch-Urh 08/18). Für das Wesen des Gesamtvertrags als mehrstufiges Vertragskonstrukt macht dies keinen Unterschied. Denn in beiden Varianten schließen zunächst auf der ersten Stufe (der kollektiven Ebene oder Gesamtvertragsstufe) eine Verwertungsgesellschaft und eine Nutzervereinigung einen Vertrag mit bestimmten Bedingungen zur Nutzung der von der Verwertungsgesellschaft verwalteten Rechte, und wird sodann auf der zweiten Stufe (der individuellen Ebene oder Einzelvertragsstufe) das konkrete, individuelle Nutzungsverhältnis begründet.
37
bb. Hiervon ausgehend handelt es sich bei dem von dem Kläger beantragten Pauschalvertrag um einen Gesamtvertrag i.S.v. § 35 VGG. Die Vereinbarung erfolgt zunächst auf der kollektiven Ebene zwischen den Streitparteien (Gesamtvertragsstufe). Auf der zweiten, individuellen Ebene (Einzelvertragsstufe) erfolgt die Mitteilung eines Mitglieds des Klägers gegenüber diesem, an dem Pauschalvertrag teilzunehmen, diesem also beizutreten und damit dessen Regelungen für sich als verbindlich zu akzeptieren. Auch dem Regelungszweck nach findet § 35 VGG auf die vorliegende Fallgestaltung Anwendung. Denn übernimmt die Nutzervereinigung selbst die Zahlungspflicht und die Umlegung der anteiligen Zahlungspflichten auf die einzelnen Nutzer, so wird die Verwertungsgesellschaft gerade in besonderem Maße entlastet, indem sich der Verwaltungsaufwand um die Einziehung der Zahlungen von den einzelnen Nutzern und der entsprechenden Überwachung verringert. Wird aber der mit der gesamtvertragsbasierten Lizenzierung verfolgte Zweck einer Verwaltungsvereinfachung zugunsten der Verwertungsgesellschaften in besonderem Maße erreicht, rechtfertigt dies erst recht die Anwendung des § 35 VGG.
38
Dem kann die Beklagte nicht entgegenhalten, dass diese, von den Parteien in der Vergangenheit auch praktizierte Regelung, von Seiten des Klägers dahingehend missbraucht worden sei, dass eine Umlage der Pauschalzahlung an dessen Mitglieder willkürlich und ohne hinreichende sachliche Differenzierung erfolgt sei. Ungeachtet dessen, dass diese von dem Kläger bestrittene Behauptung weder konkret vorgetragen noch unter Beweis gestellt wurde, fällt die verbandsinterne Umlage der Pauschalzahlung in die alleinige rechtliche Verantwortung des Klägers. Schutzwürdige Interessen der Beklagten sind insoweit nicht berührt. Soweit die Beklagte ihrerseits verpflichtet ist, eine Lizenzierung zu angemessenen Bedingungen sicherzustellen, soll dies über die Regelungen zur pauschalen Erhöhung der Jahrespauschale (Ziffer 3 Absatz 1) und der jährlichen Nachberechnung (Ziffer 4 Absatz 2 des Antrags zu I.) adressiert werden. Das Risiko, dass die einzelnen Nutzer individuell in jeweils angemessener Weise an der Vergütungspflicht beteiligt werden, wird der Beklagten auf der Grundlage der Pauschalvertragsregelung hingegen abgenommen. In dieser Risikoverlagerung liegt aber zugleich der Kern der mit der streitgegenständlichen Regelung erzielten Verwaltungsvereinfachung, die gerade die Anwendung des § 35 VGG rechtfertigt. Schon deswegen kann die beantragte interne Umlage der Kostenpauschale nicht der Qualifikation des streitgegenständlichen Vertrages als Gesamtvertrag entgegenstehen. Ob die beantragte Regelung den Anforderungen hinreichend angemessener Bedingungen entspricht, ist eine nicht im Rahmen der Zulässigkeit zu beurteilende Frage, sondern muss im Rahmen der Billigkeitsprüfung gemäß § 130 VGG beantwortet werden.
39
cc. Darüber hinaus ist der Senat auch unter dem Gesichtspunkt der Änderung eines (bestehenden) Gesamtvertrages gemäß §§ 129 Abs. 1, 92 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2 VGG zuständig. Zwischen den Parteien besteht unstreitig ein unter dem 24.08./08.08.2017 geschlossener Gesamtvertrag. Gleichfalls unstreitig ist, dass den Mitgliedstanzschulen des Klägers die Wahlmöglichkeit offensteht, entweder dem (beantragten) Pauschalvertrag beizutreten oder nach dem einschlägigen Tarif WR-Tanz der Beklagten zu lizenzieren. Der beantragte Pauschalvertrag fügt sich damit in das zwischen den Parteien bestehende Gesamtvertragssystem ein. Soll aber eine hierzu alternative Lizenzierungsmöglichkeit geschaffen werden, geht es dem Kläger letztlich um eine Änderung des bestehenden Gesamtvertrages im Sinne von § 92 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2 VGG.
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2. Das Schiedsstellenverfahren, das gemäß § 128 Abs. 1 VGG dem streitigen gerichtlichen Verfahren vorauszugehen hat, wurde von den Parteien durchgeführt. Gegen den Einigungsvorschlag vom 10.08.2021 haben beide Parteien bei der beim Deutschen Patent- und Markenamt ansässigen Schiedsstelle form- und fristgerecht Widerspruch eingelegt, § 105 Abs. 3 Satz 2 VGG.
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3. Die in der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2023 erfolgte Klageänderung ist sachdienlich und damit zulässig, § 263 Alt. 2 ZPO. Insbesondere ist es sachdienlich, den zunächst als eigenständigen Antrag zu II. geltend gemachten Rückzahlungsanspruch in Höhe von EUR 165.000,00 als Verrechnungsposten im Rahmen des festzusetzenden Gesamtvertrages zu berücksichtigen. Insoweit stellt sich gleichermaßen die in materiellrechtlicher Hinsicht aufgeworfene Frage nach dem Bestehen eines Anspruchs auf Rückerstattung der von dem Kläger in Höhe von EUR 165.000,00 geleisteten Sicherheit. Für den wie bislang gemäß Antrag zu II. der Klageschrift vom 20.10.2021 gestellten Rückzahlungsanspruch wäre der Senat nach §§ 129 Abs. 1, 92 Abs. 1 VGG nicht zuständig, während der Senat über die Verrechnung mit dem entsprechenden Rückerstattungsanspruch im Rahmen der Festsetzung eines Gesamtvertrages gemäß §§ 129 Abs. 1, 92 Abs. 1 Nr. 3 VGG entscheiden kann. Die geänderte Antragsfassung vermeidet daher einen weiteren, gesonderten Prozess über eine Frage, die inzident auch im Rahmen des streitgegenständlichen Verfahrens geklärt werden kann.
42
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der aus dem Tenor ersichtlichen Entscheidung des Senats liegen die nachfolgenden Erwägungen zugrunde. Die übrigen von den Parteien vorgetragenen Argumente wurden vom Senat gewürdigt. Sie führen aber zu keiner abweichenden Entscheidung:
Gemäß § 35 VGG ist die Beklagte als Verwertungsgesellschaft – was zwischen den Parteien insoweit unstreitig ist – verpflichtet, über die von ihr wahrgenommenen Rechte mit dem Kläger als Nutzervereinigung einen Gesamtvertrag zu angemessenen Bedingungen abzuschließen. Den Inhalt der Verträge, insbesondere Art und Höhe der Vergütung, setzt das Oberlandesgericht auf der Rechtsgrundlage des § 130 VGG nach billigem Ermessen für den Zeitraum ab dem 1. Januar des Jahres, in dem der Antrag im Rahmen des dem gerichtlichen Verfahren vorgelagerten Schiedsverfahrens bei der Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes gestellt wurde, fest. Das Gericht hat hierbei eine rechtsgestaltende Entscheidung zu treffen, wobei dem Gericht ein weiter Ermessensspielrau zusteht (BGH, Urt. v. 05.04.2001, Az. I ZR 132/98, GRUR 2001, 1139, 1142 – Gesamtvertrag privater Rundfunk).
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Das dem Gericht in diesem Zusammenhang eingeräumte Ermessen besteht jedoch nicht uneingeschränkt. Soweit die Parteien mit ihren Anträgen den konkreten Vertragsinhalt vorgeben, ist das gerichtliche Ermessen bereits durch die Bindung an die von den Parteien gestellten Anträge gemäß § 308 ZPO begrenzt (BGH, Urt. v. 01.04.2021, Az. I ZR 45/20, GRUR 2021, 1181, 1186 – Tz. 56 – Gesamtvertrag USB-Sticks und Speicherkarten; Raue, in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 7. Aufl. 2022, VGG, § 130 Rn. 1a).
44
Darüber hinaus muss der gerichtlich festgesetzte Gesamtvertrag gemäß den gesetzlichen Vorgaben des § 35 VGG in seiner Gesamtschau angemessene Vertragsbedingungen enthalten und die durch die Verwertung erzielten geldwerten Vorteile oder andere geeignete Faktoren zur Berechnung der für die Verwertung geschuldeten Vergütung berücksichtigen (Raue, in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 7. Aufl. 2022, VGG, § 130 Rn. 1a m.w.N.; Staats, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 6. Aufl. 2022, VGG, § 130 Rn. 4; Reinbothe, in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 6. Aufl. 2020, VGG, § 130 Rn. 4). Die angemessenen Vertragsbedingungen bestimmen sich im Rahmen des gerichtlichen Festsetzungsverfahrens nach §§ 130, 35 VGG nach den gleichen Kriterien, wie sie auch § 34 VGG vorsieht. Die gesamtvertraglichen Regelungen müssen daher insbesondere objektiv und nichtdiskriminierend sein und eine angemessene Vergütung vorsehen (Reinbothe, in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 6. Aufl. 2020, VGG, § 130 Rn. 6). Maßstab der angemessenen Vergütung ist – wie sich insbesondere aus §§ 35, 34 Abs. 1, 39 Abs. 1 VGG ergibt – vor allem eine angemessene finanzielle Beteiligung der Urheber an der wirtschaftlichen Nutzung ihrer Werke. Eine angemessene Vergütungsregelung muss daher sicherstellen, dass die Urheber an den geldwerten Vorteilen der Nutzung entsprechend beteiligt sind. Damit gilt für die Vergütungshöhe der urheberrechtliche Beteiligungsgrundsatz, nach dem der Urheber an jeder wirtschaftlichen Nutzung seiner Werke tunlichst angemessen zu beteiligen ist (EuGH, Urt. v. 25.11.2020, Az. C-372/19, GRUR 2021, 95, 97 ff. Tz. 30, 48 – SABAM; EuGH, Urt. v. 11.12.2008, Rs. C-52/07, GRUR-Int 2009, 316, 317 – Kanal 5; BGH, Urt. v. 25.10.2012, Az. I ZR 162/11, GRUR 2013, 717 Tz. 25 – Covermount). Geht es bei der fraglichen Verwertungshandlung um eine fortlaufende Nutzung geschützter Werke, wird dem Beteiligungsgrundsatz am besten durch eine erfolgsabhängige Vergütung entsprochen (BGH, Urt. v. 07.10.2009, Az. I ZR 38/07, GRUR 2009, 1148 Tz. 23 – Talking to Addison). Obgleich mithin lizenzbasierte Vergütungen bezogen auf die mit der Werknutzung erzielten Umsatzerlöse eine typischerweise angemessene Art der Vergütung darstellen, können von den Urhebern im Einzelfall ausnahmsweise auch Schätzungen, Pauschalierungen und sonstige Vereinfachungen in der Berechnung hinzunehmen sein, die sich aus dem wirtschaftlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit ergeben können (BGH, Urt. v. 03.05.1988, Az. KVR 4/87, GRUR 1988, 782, 783 – GEMA-Wertungsverfahren; Gerlach, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 6. Aufl. 2022, § 39 VGG Rn. 3). Ist etwa die Feststellung der Nutzungsintensität mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden, kann diese auf pauschalierende Art und Weise festgestellt werden. Auch beim Abspielen von Hintergrundmusik in Ladenlokalen kommt eine Pauschalierung der Vergütungshöhe in Betracht, da anderenfalls die Verteilungskosten die Lizenzhöhe übersteigen würden (Gerlach, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 6. Aufl. 2022, § 34 Rn. 4). In Betracht kommt weiter der Abschluss von Pauschalverträgen, mit denen wie etwa gegenüber Rundfunkanstalten zahlreiche Nutzungen für einen bestimmten Zeitraum gestattet werden und unabhängig von der Anzahl der Einzelnutzungen ein Pauschalbetrag zu bezahlen ist (Raue, in: Dreier/Schule, Urheberrechtsgesetz, 7. Aufl. 2022, § 34 VGG Rn. 9 m.w.N.). Darüber hinaus kann eine Pauschalvergütung auch dann angemessen sein, wenn diese bei objektiver Betrachtung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine angemessene Beteiligung am voraussichtlichen Gesamtvertrag der Nutzung gewährleistet (BGH, Urt. v. 07.10.2009, Az. I ZR 38/07, GRUR 2009, 1148 Tz. 24 – Talking to Addison). Entsprechende pauschalierende Vergütungsgestaltungen können indes vor dem Hintergrund des urheberrechtlichen Beteiligungsgrundsatzes nur ausnahmsweise in Betracht kommen (so auch Jacobs, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 07.10.2009, Az. I ZR 38/07, GRUR 2009, 1148, 1155 – Talking to Addison). Ein genereller Anspruch auf Abschluss gesamtvertraglicher Regelungen mit pauschalierender Vergütungsbemessung besteht hingegen nicht. Entscheidend sind insoweit die Umstände des jeweiligen Einzelfalles, vor deren Hintergrund die Vergütung sowohl den Beteiligungsgrundsatz hinreichend berücksichtigen als auch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung wahren muss.
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Angesichts des vor diesem Hintergrund vielfältigen Regelungsbedarfs ist regelmäßig nicht nur ein angemessener Vertragstext denkbar, sondern eine Vielzahl unterschiedlicher Vertragstexte, die jeder für sich genommen angemessen sein können. Nachteile, die sich für eine Partei aus einer bestimmten Regelung ergeben, können durch Vorteile anderer Regelungen ausgeglichen werden und umgekehrt. Je komplexer der Gegenstand eines Gesamtvertrages ist, desto mehr Möglichkeiten sind für einen angemessenen Ausgleich denkbar und desto größer ist das bei der Festsetzung angemessener Vertragsbedingungen bestehende Ermessen (BGH, Urt. v. 05.04.2001, Az. I ZR 132/98, GRUR 2001, 1139, 1142 – Gesamtvertrag privater Rundfunk).
46
Hinsichtlich des von der Schiedsstelle vorgelegten Einigungsvorschlages hat das Oberlandesgericht bei der Festsetzung von Gesamtverträgen gemäß § 130 VGG nicht als Rechtsmittelinstanz zur Überprüfung des Einigungsvorschlags der Schiedsstelle, sondern als erstinstanzliches Gericht nach den Regeln der Zivilprozessordnung und damit in der Sache grundsätzlich unabhängig von dem vorangegangenen Einigungsvorschlag der Schiedsstelle zu entscheiden (BVerfG, Beschl. v. 28.07.2016, Az. 1 BvR 1567/16, BeckRS 2016, 51421 Tz. 9). Gleichwohl ist im Rahmen der Ausübung des gerichtlichen Ermessens anerkannt, dass aufgrund der besonderen Expertise der Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes bei der Bestimmung angemessener Konditionen urheberrechtlicher Gesamtverträge ein von dieser vorgelegter, überzeugend begründeter Einigungsvorschlag eine gewisse Vermutung der Angemessenheit in sich trägt (BGH, Urt. v. 25.10.2012, Az. I ZR 162/11, GRUR 2013, 717, 718 Tz. 18 – Covermount; BGH, Urt. v. 27.10.2011, Az. I ZR 125/10, GRUR 2012, 711, 712 Tz. 18 – Barmen Live; BGH, Urt. v. 27.10.2011, Az. I ZR 175/10, GRUR 2012, 715, 716 Tz. 22 – Bochumer Weihnachtsmarkt). Die Angemessenheit bestimmter Regelungen kann sich darüber hinaus aus einer langjährigen bestehenden Vertragspraxis, wie sie insbesondere durch die in früheren Gesamtverträgen der Parteien über dieselben oder vergleichbare Nutzungen enthaltenen Regelungen geprägt ist, ergeben (vgl. BGH, Urt. v. 01.04.2021, Az. I ZR 45/20, GRUR 2021, 1181, 1185 Tz. 44 – Gesamtvertrag USB-Sticks und Speicherkarten). Eine Indizwirkung kommt weiter in Betracht mit Blick auf Gesamtverträge, welche zeitlich und gegenständlich die auch im Streitfall betroffenen Produkte zum Gegenstand haben (BGH, Urt. v. 18.06.2014, Az. I ZR 215/12, GRUR 2015, 61, 64 Tz. 34 – Gesamtvertrag Tanzschulkurse). Dies gilt insbesondere dann, wenn entsprechende Gesamtverträge zwischen den Parteien oder unter Beteiligung einer der beiden Parteien geschlossen worden sind (BGH, Beschl. v. 04.11.2021, Az. I ZR 138/20, GRUR-RS 2021, 45655 Tz. 22 f.; BGH, Urt. v. 18.06.2014, Az. I ZR 215/12, GRUR 2015, 61, 64 Tz. 34 – Gesamtvertrag Tanzschulkurse). Nach ständiger Rechtsprechung kommt eine Indizwirkung dabei auch gegenüber nicht an dem Vertragsschluss beteiligten Außenseitern in Betracht (BGH, Beschl. v. 04.11.2021, Az. I ZR 138/20, GRUR-RS 2021, 45655 Tz. 14).
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Dem allgemeinen Verbot treuwidriger Rechtsausübung entsprechend kann eine bestehende Vertragspraxis indes nur dann als angemessene Regelung gesamtvertraglich festgesetzt werden, wenn diese redlich ist und mithin die Interessen der Urheber neben den Interessen des Verwerters gleichberechtigt berücksichtigt werden (BGH, Urt. v. 07.10.2009, Az. I ZR 38/07, GRUR 2009, 1148 Tz. 22 – Talking to Addison).
48
Will eine Partei von einer nach diesen Maßstäben als angemessen indizierten Regelung abweichen, muss sie die Angemessenheit ihrerseits substantiiert bestreiten. Liegt ein hinreichend substantiiertes Bestreiten nicht vor, wird das Gericht im Rahmen der Ausübung seines Ermessens in Ermangelung anderweitiger besserer Erkenntnisse regelmäßig von der Angemessenheit der in einem Referenzvertrag enthaltenen Regelungen auszugehen haben (BGH, Beschl. v. 04.11.2021, Az. I ZR 138/20, GRUR-RS 2021, 45655 Tz. 29; BGH, Urt. v. 10.09.2020, Az. I ZR 66/19, GRUR 2021, 604, 605 Tz. 22 – Gesamtvertragsnachlass).
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Diese Erwägungen zu Grunde gelegt sind unter Berücksichtigung des Einigungsvorschlags der Schiedsstelle und nach umfassender Abwägung der von den Parteien vorgebrachten und aus der Akte ersichtlichen Argumenten die aus dem Tenor ersichtlichen Vertragsbedingungen festzusetzen. Soweit die von den Parteien jeweils vorgelegten Regelungsvorschläge übereinstimmen, legt der Senat diese seiner Entscheidung zu Grunde. Diese Vorgehensweise trägt dem Willen des Gesetzgebers Rechnung, dass die Verwertungsgesellschaften und die vergütungspflichtigen Werknutzer vorrangig eine einvernehmliche Regelung über die Bedingungen und insbesondere die Vergütung der Musikverwertung zu treffen haben. Die nachfolgende Begründung nimmt daher allein zu den zwischen den Parteien in Streit stehenden vertraglichen Regelungen Stellung.
50
Dem Antrag des Klägers entsprechend stellt die gesamtvertragliche Festsetzung einer jährlichen Pauschalvergütung die im vorliegenden Fall dem Grunde nach angemessene und in der Sache gerechtfertigte Vergütungsregelung dar (nachfolgend lit. a.). Voraussetzung ist allerdings, dass hinsichtlich der für die Vergangenheit festzusetzenden Pauschalsummen ein echter Inflationsausgleich stattfindet und hinsichtlich der für die Zukunft ab dem Jahr 2025 geschuldeten Pauschalzahlungen eine Neubestimmung anhand des von Mitgliedstanzschulen des Klägers erzielten Vorjahresumsatzes erfolgt (nachfolgend lit. b.).
a. Grundsätzlich zulässiges Pauschalvergütungssystem
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Ein Pauschalvergütungssystem stellt im Bereich der Tanzschulen eine dem Grunde nach angemessener Vergütung der Urheber musikalischer Werke dar. Zwar gebietet der urheberrechtliche Beteiligungsgrundsatz – wie ausgeführt – regelmäßig die Festsetzung einer an den von den Nutzern erzielten Umsatzerlösen zu bemessende Lizenzgebühr. Nach den Umständen des vorliegenden Falles ist aber ausnahmsweise die Festsetzung einer Pauschalvergütung angemessen und gerechtfertigt:
52
aa. Für die von dem Kläger beantragte Pauschalvergütung spricht allem voran die im Bereich von Tanzschulen seit Jahrzehnten etablierte Vertragspraxis. Insoweit berücksichtigt der Senat, dass Pauschalvereinbarungen im Allgemeinen bereits seit dem Jahr 1984 in der Tanzschulbranche üblich sind und im Besonderen auch gegenüber dem Kläger seit dem Jahr 2010 bis einschließlich des Jahres 2018 praktiziert worden sind. Überdies beruhte die seit dem Jahr 2010 zwischen den Parteien bestehende Vertragspraxis – worauf der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2023 unwidersprochen hingewiesen hat – auf einem von der Beklagten selbst vorgeschlagenen und die seitdem gelebte Pauschalvergütungspraxis enthaltenden Vertragsentwurf. Ebenfalls unwidersprochen hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass der ursprüngliche Pauschalbetrag zunächst auf der Grundlage des am Markt durchgesetzten Lizenzsatzes in Höhe von 3,75 Prozent berechnet und dann jährlich um 1,5 Prozent der Vorjahrespauschale erhöht wurde. Vor dem Hintergrund dieser langjährigen und im Ausgangspunkt auf einer lizenzbasierten Berechnung beruhenden Vertragspraxis der Parteien hat auch die Schiedsstelle in ihrem Einigungsvorschlag vom 10.08.2021 zu Recht darauf hingewiesen, dass im Falle einer von den Parteien kontinuierlich und ohne grundsätzliche Abweichungen praktizierten vertraglichen Regelungssystematik regelmäßig keine Veranlassung zur Festsetzung einer grundsätzlich systematisch geänderten Gesamtvertragsstruktur besteht (Anlage K 2, Seite 30 unter Verweis auf Senat, Urt. v. 12.06.2003, Az. 6 WG 4/00, NJOZ 2004, 1605).
53
bb. Die von den Parteien etablierte und von der Schiedsstelle als maßgebliches Indiz für eine angemessene Vergütungsstruktur betrachtete Vertragspraxis ist zudem auch in sachlicher Hinsicht gerechtfertigt und nachvollziehbar. Denn die Feststellung der tatsächlichen Musiknutzung im Rahmen von Tanzkursen ist oftmals mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbunden, weil zum Üben von Tanzschritten zum einen teilweise gar keine Musik, sondern nur bestimmte Taktgeber und zum anderen bestimmte Ausschnitte einzelner Musikstücke mehrfach wiederholt werden, um die entsprechende Schrittfolge einzuüben. Insoweit unterscheidet sich die Nutzung musikalischer Werke im Rahmen von Tanzkursen von konzertanten Aufführungen musikalischer Werke, bei denen verschiedene Musikstücke in bestimmter Reihenfolge und voller Länge zum Zwecke des vorwiegend akustischen Werkgenusses hörbar gemacht werden, während die Musik im Rahmen von Tanzschulen eine maßgeblich rhythmusgebende Funktion hat. Beeinträchtigt aber die fragliche Primärverwertung die betroffenen Werke mithin weniger stark, sind die Anforderungen an die Erfassung der von einem Gesamtvertrag umfassten Nutzungen sowie die Genauigkeit bei der Berechnung der Vergütung weniger hoch (vgl. BGH, Urt. v. 20.03.2013, Az. I ZR 84/11, GRUR 2013, 1220 Tz. 80 – Gesamtvertrag Hochschul-Intranet).
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cc. Hinzu kommt, dass die Berücksichtigung einer langjährigen, in vertragssystematischer Hinsicht kontinuierlichen Vertragspraxis nicht zuletzt dem Willen des Gesetzgebers entspricht, dass die Verwertungsgesellschaften und die vergütungspflichtigen Werknutzer vorrangig eine einvernehmliche Regelung über die Bedingungen und insbesondere die Vergütung der Musikverwertung zu treffen haben. Denn eine langjährig beiderseitig akzeptierte und gelebte Vertragspraxis ist gerade Ausdruck einer im Hinblick auf die Angemessenheit der entsprechenden Vergütung bestehenden Willensübereinstimmung. Haben die Parteien mithin aber eine bestimmte Vertragsstruktur über Jahre hinweg ohne grundlegende systematische Änderungen praktiziert, trägt die hierin zum Ausdruck kommende beiderseitige Akzeptanz die Vermutung der Angemessenheit der entsprechenden Regelung in sich. Dass hingegen Umstände eingetreten sind, aufgrund derer eine Änderung der bestehenden Praxis geboten und die entsprechende Vermutung entkräftet ist, hat die Beklagte weder hinreichend substantiiert vorgetragen, noch sind solche anderweitig ersichtlich. Insbesondere genügt es insoweit nicht, dass die Beklagte die missbräuchliche Vertragspraxis behauptet, weder von dem Kläger noch dem Verband S. World in der Vergangenheit hinreichende Informationen zu den mit Kurshonoraren erzielten Einnahmen von deren Mitgliedern erhalten zu haben. Mit dieser Behauptung ist weder konkret und nachvollziehbar dargelegt, dass und aus welchem Grund die von der Beklagten in der Vergangenheit in langjähriger Praxis akzeptierten Pauschalzahlungen keine angemessene Vergütungshöhe dargestellt haben, noch warum eine angemessene Vergütung ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr sichergestellt war. Mit der seitens der Beklagten gerügten fehlenden Nachvollziehbarkeit der Intensität der auf Seiten der Tanzschulen erfolgten Nutzung musikalischer Werke ist daher nicht das Pauschalvergütungssystem als solches in Frage gestellt, sondern die Frage nach der dem Beteiligungsgrundsatz entsprechenden Höhe der jährlichen Pauschalvergütung aufgeworfen.
55
dd. Schließlich ist das tenorierte und in der Vergangenheit von den Parteien bereits langjährig praktizierte Pauschalvergütungssystem mit erheblichen Verwaltungserleichterungen für die Beklagte verbunden. Denn im Gegensatz zu einer auf Einzelvertragsbasis erfolgenden Abrechnung obliegt es im Rahmen des bei Tanzschulen üblichen Abrechnungssystems dem Kläger als Nutzervereinigung, die Zahlung an die Beklagte zu leisten. Die Beklagte ihrerseits erspart sich folglich den Aufwand für die einzelnen Abrechnungen mit den jeweiligen Mitgliedstanzschulen des Klägers. Damit gehen wiederum Kostenvorteile einher, die sich im Rahmen der von der Beklagten vorzunehmenden Ausschüttungen wiederum mittelbar zugunsten der einzelnen Rechteinhaber auswirken.
b. Einschränkungen zur Höhe der Jahrespauschale
56
Ihrer jeweiligen nominellen Höhe nach bestreitet die Beklagte die von dem Kläger beantragten Vergütungspauschalen für die Jahre 2020 bis 2023 nicht. Der Senat hat diese folglich gemäß § 138 Abs. 3 ZPO der Entscheidung zugrunde zu legen. Soweit die Beklagte jedoch einwendet, dass die Beträge aufgrund fehlender Informationen zu den von den einzelnen Mitgliedstanzschulen mit Kurshonoraren erzielten Netto-Umsatzerlösen nicht nachvollziehbar seien, ist der Einwand berechtigt. Aus dem urheberrechtlichen Beteiligungsgrundsatz folgende Transparenzanforderungen (nachfolgend lit. aa.) bedingen daher die nachfolgend im Einzelnen näher erläuterten ergänzenden Regelungen zur Wertsicherung und Neuberechnung der Vergütungspauschalen (nachfolgend lit. bb.).
57
aa. Im Hinblick auf die damit in der Sache gerügte Nachvollziehbarkeit der Nutzungsintensität ist der Beklagten zuzugeben, dass auch im Rahmen eines wie hier dem Grunde nach zulässigen Pauschalvergütungssystems eine hinreichende Beteiligung der Urheber am wirtschaftlichen Erfolg der Verwertung ihrer Werke sichergestellt sein und bleiben muss. Denn anderenfalls mag die Vergütungsregelung zwar der bestehenden Vertragspraxis entsprechen, ein die beiderseitigen Interessen der Urheber und Verwerter hinreichend berücksichtigender Ausgleich wäre indes nicht gewährleistet, so dass die fragliche Vergütung üblich, aber letztlich nicht redlich wäre (vgl. BGH, Urt. v. 07.10.2009, Az. I ZR 38/07, GRUR 2009, 1148 Tz. 22 – Talking to Addison). Pauschalierte Einmalzahlungen sind daher nur zulässig, wenn sie bei objektiver Betrachtung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine angemessene Beteiligung am voraussichtlichen Gesamtertrag der Nutzung gewährleisten (BGH, Urt. v. 07.10.2009, Az. I ZR 38/07, GRUR 2009, 1148 Tz. 24 – Talking to Addison). Zugleich ist die Beklagte als Verwertungsgesellschaft vorbehaltlich im Lichte der Verhältnismäßigkeit zulässiger Typisierungen und Pauschalierungen verpflichtet, die zur Berechnung der Vergütung erforderlichen Daten der Werknutzung möglichst genau zu erfassen (BGH, Urt. v. 20.03.2013, Az. I ZR 84/11, GRUR 2013, 1220 Tz. 76 – Gesamtvertrag Hochschul-Intranet).
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bb. Diese Maßstäbe zugrunde gelegt, sind unter Berücksichtigung des von der Beklagten geltend gemachten Interesses an einer hinreichenden Nachvollziehbarkeit der Höhe der von dem Kläger zu zahlenden Jahrespauschalen eine an einem echten Inflationsausgleich orientierte Wertsicherungsregelung (nachfolgend Ziffer (1)) sowie eine Neubestimmung der Jahrespauschale ab dem Jahr 2025 geboten (nachfolgend Ziffer (2)). Dabei genügt eine einmalige Neuberechnung der Jahrespauschale den Anforderungen des urheberrechtlichen Beteiligungsgrundsatzes nicht. Vielmehr ist unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Rechteinhaber die Möglichkeit einer turnusmäßigen Neuberechnung vorzusehen (nachfolgend Ziffer (3)). Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war vor der tenorierten Festsetzung nicht geboten (nachfolgend Ziffer (4)).
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(1) Hinsichtlich des Vertragszeitraums der Jahre 2020 bis 2024 stellt das bislang praktizierte Vergütungssystem mit Blick auf die langjährige Branchen- und Vertragspraxis der Parteien eine dem Grunde nach angemessene Vergütungsregelung dar. Eine angemessene Beteiligung an den von den Werknutzern erzielten geldwerten Vorteilen setzt dabei aber voraus, dass sich der jeweilige Netto-Pauschalbetrag des Vorjahres nicht (nur) um den pauschalierten Betrag von 1,5 Prozent, sondern um die von E.STAT ermittelte Inflationsrate des Vorjahres erhöht. Nur so kann eine echte Wertsicherung der von den Parteien im Ausgangspunkt einvernehmlich bestimmten Pauschalgebühr erreicht werden. Die für den streitgegenständlichen Zeitraum 2020 bis 2024 pauschalierte Erhöhung um 1,5 Prozent birgt hingegen insbesondere angesichts der hohen Inflationsraten der Jahre 2022 und 2023 die Gefahr einer nicht ausreichenden Beteiligung der Urheber an den geldwerten Vorteilen der Verwertung ihrer geschützten Werke.
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(2) Hinsichtlich der zukünftig geschuldeten Gebühren hat sich der Kläger lediglich pauschal dahingehend eingelassen, dass die Parteien im Ausgangspunkt ihrer Pauschalvergütungspraxis eine der Höhe nach angemessene Jahresgebühr ermittelt haben. Eine nähere Substantiierung hinsichtlich des Zeitpunkts und der Art und Weise der ursprünglichen Bestimmung der Jahrespauschale ist indes weder schriftlich noch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung erfolgt. Insoweit mag, wenn sich der Bestand an Mitgliedstanzschulen nicht in wesentlichem Umfang ändert, die Angemessenheit über eine wie von den Parteien vereinbarte regelmäßige Erhöhung hinreichend sicherstellen lassen, wenn wie zuvor ausgeführt ein echter Inflationsausgleich gewährleistet wird. Allerdings besteht ein berechtigtes Interesse der Urheber an einer Beteiligung an den von den Nutzern tatsächlich erzielten geldwerten Vorteilen. Dieses berechtigte Interesse geht bei ausnahmsweise zulässigen Pauschalvergütungen dahin, dass zumindest eine hinreichende Rückkoppelung zu dem echten wirtschaftlichen Wert der Verwertung der geschützten Werke gegeben sein muss (vgl. BGH, Urt. v. 07.10.2009, Az. I ZR 38/07, GRUR 2009, 1148, Tz. 24 – Talking to Addison). Jährlich einen Inflationsausgleich berücksichtigende Pauschalen sind mit Blick auf den Beteiligungsgrundsatz zwar aufgrund der damit einhergehenden Wertsicherung weniger bedenklich als pauschale Einmalzahlungen. Dennoch ist zu berücksichtigen, dass es infolge der Mitgliederfluktuation auf Seiten des Klägers zu einer jeweils unterschiedlichen Nutzungsintensität kommen kann. Um daher für den Fall der auch in Zukunft zu erwartenden Mitgliederfluktuation eine entsprechende Rückkoppelung zu den tatsächlich erzielten Umsatzerlösen zu gewährleisten, muss ab einem bestimmten Zeitpunkt eine Überprüfung und Neubestimmung der Pauschalgebühren erfolgen.
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Den entsprechenden Zeitpunkt für eine Neuberechnung der von dem Kläger zu zahlenden Jahrespauschale bestimmt der Senat in Ausübung des ihm nach § 130 VGG zustehenden Ermessens auf das Jahr 2025. Angesichts der langjährigen Branchen- und Vertragspraxis der Parteien ist es der Beklagten und den von ihr repräsentierten Rechteinhabern zumutbar, die im Ausgangspunkt von den Parteien als angemessen erachtete Jahrespauschale unter Berücksichtigung der dargelegten Wertsicherungsklausel, für die bis zum Ende des Jahres 2024 festgesetzte Vertragslaufzeit trotz des zwischenzeitlich wiederholt geänderten Mitgliederbestands des Klägers hinzunehmen. Zugleich bleibt es den Parteien unbenommen, den Vertrag zum Ende des Jahres 2024 zu kündigen und statt der vom Senat festgesetzten Neuberechnung künftig ab dem Jahr 2025 geschuldeter Jahrespauschalen eine alternative Vergütungslösung in den Verhandlungswegen zu suchen.
62
Der Höhe nach ist der ab dem Jahr 2025 neu zu bestimmende jährliche Pauschalbetrag auf der Grundlage eines Lizenzsatzes von 3,75 Prozent zu berechnen. Der entsprechende Prozentsatz ist nach dem insoweit übereinstimmenden Parteivortrag seit Jahren im Bereich von Tanzschulen am Markt durchgesetzt und wurde dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Klägers zufolge auch der ursprünglichen Berechnung der zwischen den Parteien im Jahr 2010 vereinbarten Vergütungspauschale zugrunde gelegt. Die Beklagte hat ihrerseits keine Gründe vorgetragen, warum eine Erhöhung auf einen Lizenzsatz von 4,46 Prozent gerechtfertigt oder geboten ist. Insbesondere ist kein Vortrag zu veränderten Nutzungsgewohnheiten erfolgt. Die Argumentation, dass hiermit lediglich eine Nettobereinigung stattgefunden habe, indem die Umsatzsteuer in Höhe von 19 Prozent dem Lizenzsatz zugeschlagen wurde, greift bereits deswegen nicht durch, weil die Umsatzsteuer bereits in der Vergangenheit nicht zu den für die Berechnung der Urheberrechtsvergütung maßgeblichen geldwerten Vorteilen zu zählen war. Denn bei der Umsatzsteuer handelt es sich um einen bloßen Durchlaufposten, der mithin nicht als geldwerter Vorteil berücksichtigt werden kann (Raue, in: Dreier/Schulze, UrhG, 7. Aufl. 2022, § 39 VGG Rn. 8 m.w.N.; Gerlach, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 6. Aufl. 2022, § 39 VGG Rn. 2).
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Bemessungsgrundlage sind die mit Kurshonoraren erwirtschafteten Netto-Umsatzerlöse, zu denen – worauf der Senat klarstellungshalber ausdrücklich verweist – mit Speisen und Getränken erzielte Umsätze nicht zu zählen sind. Dass Speisen und Getränke nicht zu den für die Vergütungsberechnung relevanten geldwerten Vorteilen der im Rahmen von Tanzkursen erfolgten Musiknutzung zählen, ist zwingende Folge des urhebervergütungsrechtlichen Unmittelbarkeitsgrundsatz. Eine Beteiligung des Urhebers am wirtschaftlichen Erfolg des Verwerters ist gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 VGG insoweit – aber eben auch nur insoweit – geboten, als dessen wirtschaftlicher Erfolg durch die Verwertung des Werks erzielt wurde und damit in unmittelbarem Zusammenhang mit der Nutzung des jeweiligen Schutzgegenstandes steht (Reinbothe, in: Schricker/Loewenheim, 6. Aufl. 2020, VGG, § 39 Rn. 5 a.E.; Gerlach, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 6. Aufl. 2022, VGG, § 39 Rn. 2). Das folglich für die Bestimmung der maßgeblichen Bemessungsgrundlage geltende Unmittelbarkeitserfordernis ist zum einen Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes, dass zivilrechtliche Einstandspflichten zur Vermeidung einer bei rein naturgesetzlicher Äquivalenzbetrachtung unübersehbar ausufernden Haftung durch den Schutzzweck der Norm begrenzt sind und stellt zum anderen die synallagmatische Kehrseite des urheberrechtlichen Zweckübertragungsgrundsatzes dar. Demzufolge überträgt der Urheber im Zweifel keine weitergehenden Rechte, als es der Zweck der fraglichen Vereinbarung unbedingt erfordert. Hierin kommt zum Ausdruck, dass die urheberrechtlichen Befugnisse gleichsam die Tendenz haben, so weit als möglich beim Urheber zurückzubleiben (hierzu Senat, Urt. v. 03.03.2023, Az. 38 Sch 61/21 WG, GRUR-RS 2023, 10903 Tz. 81/82 mit Verweis auf BGH, Urt. v. 22.01.1998, Az. I ZR 189/95, GRUR 1998, 680, 682 – Comic-Übersetzungen; Ohly, in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 6. Aufl. 2020, UrhG, Vor §§ 31 ff. Rn. 55; Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, 7. Aufl. 2022, § 31 Rn. 110 m.w.N.). Hat das Urheberrecht aber die Tendenz, weitestmöglich bei seinem Rechteinhaber zurückzubleiben, dürfen im Rahmen einer zur Einräumung einer Nutzungsbefugnis in einem synallagmatischen Austauschverhältnis stehenden Zahlungspflicht nur die aus eben dieser Nutzung unmittelbar resultierenden Vorteile berücksichtigt werden. Anderenfalls wäre eine dem Gebot der Angemessenheit entsprechende Vertragsparität nicht mehr hinreichend gewahrt (Senat, a.a.O., Tz. 82).
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Entsprechend der berechtigten Forderung der Beklagten ist die Bemessungsgrundlage von Seiten der Nutzer auf einer von einem Wirtschaftsprüfer testierten und damit hinreichend gesicherten Datenbasis nachzuweisen. Ein entsprechendes Nachweisinteresse erachtet der Senat vor dem Hintergrund der der Beklagten obliegenden Pflicht für gerechtfertigt, als die Beklagte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch im Lichte der Verhältnismäßigkeit zulässiger Typisierungen und Pauschalierungen verpflichtet ist, die zur Berechnung der Vergütung erforderlichen Daten der Werknutzung möglichst genau zu erfassen (BGH, Urt. v. 20.03.2013, Az. I ZR 84/11, GRUR 2013, 1220 Tz. 76 – Gesamtvertrag Hochschul-Intranet). Eine im Turnus von fünf Jahren erfolgende Rückkoppelung im Grundsatz zulässiger Jahrespauschalen auf die tatsächlich erwirtschafteten Umsatzerlöse stellt sich insoweit als angemessener Ausgleich der beiderseitigen Interessen dar.
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Dem steht auch der von dem Kläger vorgebrachte Einwand eines ihm nicht zumutbaren Verwaltungsaufwandes nicht entgegen. Zwar ist nachvollziehbar, dass eine jährliche Einzelabrechnung sämtlicher Mitgliedstanzschulen gegenüber der Beklagten mit einem letztlich unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre, weil der Verband als solcher – worauf der Kläger in seinem Schriftsatz vom 08.07.2023 sowie dem beigefügten Schreiben vom 05.07.2023 ausdrücklich hingewiesen hat – für nicht ordnungsgemäße Abrechnungen einzelner Mitglieder haften würde. Eine wie tenorierte Abrechnung in einem Turnus von fünf Jahren erscheint, hingegen im Lichte der wie dargestellten berechtigten Urheberinteressen zumutbar. Denn zum einen gilt die Regelung für eine Neuberechnung künftig geschuldeter Pauschalen und bedeutet keine Verrechnungspflichten für bereits geleistete Zahlungen. Zum anderen ist die von dem Kläger seinen Mitgliedern ermöglichte vereinfachte Abrechnung der Nutzung urheberrechtlich geschützter Musikwerke die Kehrseite der mit der entsprechenden Nutzung zwingend verbundenen Wahrung des urheberrechtlichen Beteiligungsgrundsatzes, welcher das berechtigte Interesse der Beklagten an einer hinreichend konkreten Erfassung des tatsächlichen Nutzungsumfangs einschließt. Diesem Spannungsverhältnis zwischen hinreichender Beteiligung der Rechteinhaber einerseits und der Ermöglichung einer effizienten und nutzerfreundlichen Abrechnung andererseits entspricht aber – auch vom Blickwinkel des Klägers aus betrachtet – ein Fünfjahres-Turnus als ausgewogene und den beiderseitigen Interessen jeweils angemessen Rechnung tragende Kompromisslösung.
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(3) Angesichts des auf fortgesetzte Nutzung musikalischer Werke aus dem Repertoire der Beklagten gerichteten Geschäftsbetriebs der Mitgliedstanzschulen des Klägers muss den Vertragsparteien über die Neuberechnung der Jahrespauschale für das auf den Ablauf des bis Ende des Jahres 2024 benannten Vertragszeitraums folgende Jahr hinaus zudem eine turnusmäßige Neuberechnung künftiger Jahrespauschalen ermöglicht werden. Anderenfalls ist wegen der dem Vortrag des Klägers entsprechenden regelmäßigen Fluktuation seines Bestands an Mitgliedstanzschulen eine angemessene Beteiligung an dem insgesamt mit der Werknutzung erzielten wirtschaftlichen Erfolg nicht hinreichend sichergestellt. Treten dem Kläger neue Tanzschulen bei, besteht die Gefahr einer Unterzahlung zum Nachteil der Rechteinhaber, während in dem Falle, dass bestehende Mitglieder ihre Mitgliedschaft bei dem Kläger kündigen, eine Überzahlung zum Nachteil der Mitglieder des Klägers droht.
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Als angemessener Turnus ist nach dem Dafürhalten des Senats ein Zeitraum von fünf Jahren festzusetzen. Dafür spricht neben dem auf einen Vertragszeitraum von fünf Jahren gerichteten Antrag des Klägers die langjährige Vertragspraxis der Parteien, die für einen Zeitraum von über sieben Jahren auf einer lediglich im Ausgangspunkt einmalig vereinbarten Jahrespauschale beruhte.
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(4) Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung vor Festsetzung der tenorierten Vergütungsregelung war nicht geboten. Zum einen handelt es sich um eine Einschränkung der von dem Kläger beantragten Pauschalvergütung unter Berücksichtigung des von der Beklagten schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung geäußerten Interesses an einer hinreichenden Nachvollziehbarkeit der von den Mitgliedstanzschulen des Klägers erzielten Umsatzerlöse. Zum anderen handelt es sich nach der wie hier festgesetzten Vertragssystematik nur um eine Regelungsoption, deren Inkrafttreten jede Partei durch ordentliche Kündigung zum Ablauf der Vertragslaufzeit Ende des Jahres 2024 vermeiden kann. Die über das Jahr 2024 hinausgehende Regelung ist insoweit nur dem Bemühen um eine möglichst nachhaltige und rechtssichere, den Stand der Vergleichsverhandlungen zwischen den Parteien und deren wechselseitige Interessen berücksichtigende Regelung geschuldet.
2. Anrechnung der Sicherheitsleistung
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Die von dem Kläger auf der Grundlage der einstweiligen Regelung der Schiedsstelle vom 28.10.2020 geleisteten Zahlungen einschließlich der in Höhe von EUR 165.000,00 geleisteten Sicherheit sind gemäß Ziffer 3. lit. c) des tenorierten Vertrages mit den gemäß Ziffer 3. lit. a) geschuldeten Zahlungen zu verrechnen. Es handelt sich insoweit um im Verhältnis der Streitparteien einander geschuldete, auf Zahlung gerichtete und damit gleichartige Ansprüche, § 387 BGB. Aufrechnungsverbote sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Der Höhe nach ist der Betrag von der Beklagten nicht in Frage gestellt worden. Die gemäß Ziffer 3. lit. c) Satz 2 vorgesehenen Mitwirkungshandlungen stellen zudem sicher, dass die Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 165.000,00 zum Zwecke der Erfüllung der vertraglichen Vergütungspflichten verwertet werden kann.
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Entsprechend den gemäß Ziffer 3. lit. b) und Ziffer 4. lit. b) des tenorierten Vertrages festgesetzten Pflichten zur Neuberechnung der Jahrespauschalgebühren war der Katalog an von dem Kläger zu erbringenden Vertragshilfeleistungen zu ergänzen.
4. Umlage der Pauschale im Innenverhältnis
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Die Umlage der an die Beklagte gemäß Ziffer 3. des tenorierten Vertrages zu zahlenden Jahrespauschalen im Innenverhältnis war dem Antrag des Klägers entsprechend festzusetzen. Der Einwand der Beklagten, dass insoweit eine der Nutzungsintensität angemessene Umlage sicherzustellen sei und keine bloße pro Kopf-Aufteilung erfolgen dürfe, steht der Regelung gemäß Ziffer 5. des tenorierten Vertrages nicht entgegen. Das mit Blick auf den urheberrechtlichen Beteiligungsgrundsatz berechtigte Interesse der Beklagten geht dahin, insgesamt dem tatsächlichen Nutzungsumfang entsprechend angemessene Einnahmen zu erzielen und hierzu den tatsächlichen Nutzungsumfang hinreichend genau nachvollziehen zu können. Wie ausgeführt stellt insoweit die tenorierte Pauschalvergütungsregelung kombiniert mit einer Wertsicherungsklausel (Ziffer 3 lit. a.) und einer Neuberechnung der ab dem Jahr 2025 geschuldeten Jahrespauschale (Ziffer 3 lit. b.) sowie einer optionalen turnusmäßigen Neuberechnung (Ziffer 4 lit. b.) den nach dem Dafürhalten des Senats angemessenen Ausgleich zwischen Rechteinhaber- und Nutzerinteressen unter besondere Berücksichtigung der Besonderheiten der Tanzschulbranche und einer hiermit zugunsten der Beklagten zugleich verbundenen Verwaltungsvereinfachung dar. Dagegen ist ein berechtigtes Interesse der Beklagten an einer angemessenen Umlage der Gebühren im Innenverhältnis zwischen Kläger und dessen Mitgliedstanzschulen nicht ersichtlich. Der Beteiligungsgrundsatz gilt – was die Beklagte insoweit verkennt – nur mit Blick auf ihre Verantwortung im Rahmen der von ihr wahrgenommenen Bündelung von Gläubigerinteressen. Die Bündelung der Schuldnerinteressen fällt hingegen in den alleinigen Verantwortungsbereich des Klägers. Ebenso wie daher die Beklagte auf der Gläubigerseite allein für die angemessene Ausschüttung an die einzelnen Urheber verantwortlich ist, fällt auf Schuldnerseite die Umlage der Kosten an die Mitgliedstanzschulen in den alleinigen Verantwortungsbereich des Klägers.
5. Teilnahme am Pauschalvertrag
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Die Teilnahme am Pauschalvertrag gemäß Ziffer 8. des tenorierten Vertrages war antragsgemäß festzusetzen. Die Regelung dient in Verbindung mit Ziffer 7. lit. b) des tenorierten Vertrages der Klarstellung des Verhältnisses der streitgegenständlichen gesamtvertraglichen Regelung zu dem zwischen den Parteien bestehenden Gesamtvertrag 2017.
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Die Vertragsdauer ist antragsgemäß bis zum 31.12.2024 festzusetzen. Eine dementsprechende Vertragsdauer von (zumindest) fünf Jahren erscheint vor dem Hintergrund der langjährigen Vertragspraxis angemessen und im Interesse der Herstellung eines möglichst nachhaltigen Rechtsfriedens im Bereich der Nutzung von Werken der Musik durch Tanzschulen geboten.
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Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Soweit der Kläger den Rückzahlungsanspruch in Höhe von EUR 165.000,00 nicht mehr als selbständigen Zahlungsantrag, sondern als Verrechnungsposten im Rahmen des festzusetzenden Gesamtvertrages, dies aber ohne den zunächst geltend gemachten Zinsanspruch geltend macht, handelt es sich nicht um eine (teilweise) Klagerücknahme, sondern eine – wie ausgeführt – sachdienliche Klageänderung.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 1, Satz 2 ZPO.
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Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugelassen. Die Rechtssache hat mit Blick auf die Angemessenheit der Fortsetzung eines langjährig praktizierten Pauschalvergütungssystems unter den wie hier tenorierten Bedingungen einer Wertsicherung und turnusmäßigen Neuberechnung der Jahrespauschalen grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
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Der Senat setzt den Streitwert auf der Rechtsgrundlage des § 63 Abs. 2 GKG in Ausübung des ihm gemäß § 3 ZPO zustehenden freien Ermessens auf einen Betrag von EUR 1.391.657,89 fest.
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Die klägerseitige Angabe des Streitwerts mit einem Betrag von EUR 485.000,00 ist insoweit untersetzt, als nicht hinreichend berücksichtigt wird, dass der beantragte Vertrag auf wiederkehrende Nutzungen gerichtete Rechte zum Gegenstand hat. Gemäß § 9 ZPO ist der Streitwert in diesem Fall nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezugs zu berechnen. Ausgehend von der für das Jahr 2023 geschuldeten Jahrespauschale in Höhe von EUR 397.616,54 netto ergibt sich der im Streitwertbeschluss festgesetzte Streitwert in Höhe von EUR 1.391.657,89.