Inhalt

LG München I, Endurteil v. 26.07.2023 – 18 O 16670/21
Titel:

Reservierungsvereinbarung, Unzulässige Rechtsdienstleistung, Rechtsdienstleistungsgesetz, Architektenleistung, Versäumnisurteil, Generalunternehmervertrag, Nebenleistungen, Postzustellungsurkunde, Leistungsbeschreibung, Elektronisches Dokument, Schriftsätze, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Schluss der mündlichen Verhandlung, Salvatorische Klausel, Ansprüche auf Wertersatz, Geschäftsräume, Bauvorhaben, Streitwert, Elektronischer Rechtsverkehr, Vergütungsanspruch

Schlagworte:
Klagezulässigkeit, Niederlassungsbezug, Rechtsdienstleistung, Vertragsnichtigkeit, Rückzahlungsanspruch, Beweislast, Zustellungswirksamkeit
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Beschluss vom 08.12.2023 – 28 U 3311/23 Bau e
Fundstelle:
BeckRS 2023, 56521

Tenor

1. Das Versäumnisurteil vom 20.01.2022 wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Kläger als Gesamtgläubiger 135.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.01.2022 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 135.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Kläger begehren die Rückzahlung der von ihnen im Rahmen eines mit der Beklagten geschlossenen „Konzeptionsvertrags“ zur Errichtung des Reiheneckhauses 1 in der … geleisteten Vergütung in Höhe von 135.000,00 Euro.
2
Die Kläger sind private Bauherren. Die Beklagte erstellt Wohnkonzepte und projektiert Bauvorhaben. Sie plant auf akquirierten Grundstücken die Errichtung von Bauvorhaben und bietet die Grundstücke zusammen mit den Bauvorhaben zum Verkauf an, wobei die Grundstücke nicht im Eigentum der Beklagten stehen. Der Grundbesitzerwerb der Käufer erfolgt direkt vom Veräußerer, die Vertragsanbahnung, Vertragsbestimmungen etc. erfolgen allerdings über die Beklagte. Die Käufer schlossen zunächst eine Reservierungsvereinbarung und einen Konzeptionsvertrag mit der Beklagten bezüglich der Umsetzung des Bauprojekts. Der Konzeptionsvertrag beinhaltet u.a. die Vermittlung eines Generalunternehmers zur Durchführung des Bauprojekts.
3
Im hier streitgegenständlichen Verfahren annoncierte die Beklagte das streitgegenständliche Bauvorhaben. Die Kläger nahmen mit der Beklagten Kontakt auf. Die Beklagte übersandte am 15.11.2018 das Exposé. Am 23.11.2018 fand ein Termin zur Vorstellung des Bauvorhabens in den Geschäftsräumen der Beklagten in … statt. Dort unterzeichneten die Kläger eine Reservierungsvereinbarung für das Reihenhaus 1 zu einem Kaufpreis von 1.142.000 Euro für Grundstück und Bauleistung. Für die Reservierung wurde eine Vergütung von 10.000 Euro fällig. Am 11.02.2019 übersandte die Beklagte den Konzeptionsvertrag. Am 15.02.2019 unterzeichneten die Kläger den Vertrag in den Räumlichkeiten der Beklagten. Der Verwaltungsrat der Beklagten zeichnete die Vereinbarung am 16.02.2019 gegen.
4
Der Konzeptionsvertrag sieht unter § 3 folgende Vertragsleistungen vor:
„die Architektenleistung: (…)
Vertragsleistungen für Ihr BV:
- Erstellen der Bau-/ Leistungsbeschreibung
- Auflistung Ihrer Sonder- und Ausstattungswünsche und Einarbeitung in die Bau- und Leistungsbeschreibung
- Erstellen eines GU-Vertrags nach gültigem deutschen Vertragsrecht, unter Einbindung der Bau-/ Leistungsbeschreibung, Ihrer Sonder- und Ausstattungswunschlis – te und der baugenehmigungsplanung
(…) die Bauleistung umfasst:
(…) Cotrolling während und nach der Bauzeit (…)
5
Am 21.02.2019 übersandte die Beklagte den Klägern ein Entwurf des notariellen Kaufvertrags und der Teilungserklärung. Am 28.02.2019 teilte die Beklagte den Notartermin mit. Am 09.03.2019 wurde der Notarvertrag in den Räumlichkeiten der Beklagten besprochen.
6
Der Notartermin musste verschoben werden. Am 15.03.2019 teilte die Beklagte einen neuen Notartermin mit. Der finale Kaufvertrag wurde am 26.03.2019 versandt. Am 27.03.2019 fand der Notartermin statt. Anwesend waren die vier Käufer der vier Reihenhäuser, die Verkäufer, Herr … von der Beklagten, Herr … (Sohn des Verwaltungsrats der Beklagten) und ein Mitarbeiter der Maklerfirma … .
7
Erst nach der Beurkundung des notariellen Kaufvertrags übersandte die Beklagte im September 2019 auf Anforderung der Kläger einen auf März 2019 rückdatierten Maklervertrag der … .
8
Der Kaufpreis betrug 662.500 Euro. An die … zahlten die Kläger eine Maklergebühr von 3,57 %, 23.651,25 Euro.
9
In dem Konzeptionsvertrag verpflichtete sich die Beklagte zur Erstellung eines Wohnkonzepts zu einem „Gesamtkaufpreis“ von 490.000 Euro als Festpreis. Auch gehörte zu den Vertragspflichten die Vermittlung eines geeigneten Generalunternehmers und Erstellen eines Generalunternehmervertrags. Ebenso sagte die Beklagte die Bauleitung sowie ein „Controlling“ während und nach der Bauzeit und den Abschluss einer Gewährleistungsversicherung zur Übernahme aller Gewährleistungsansprüche zu.
10
Am 11.03.2020 übersandte die Beklagte einen Generalunternehmervertrag mit der Firma … . Der Vertrag wurde von den Klägern am 09.05.2020 unterzeichnet und von der … am 27.05.2020 gegengezeichnet.
11
Die Kläger behaupten, bei der … handele es sich nicht um einen „geeigneten“ Generalunternehmer. Die Kläger und die anderen drei Bauherrn der Reihenhäuser hätten den Generalunternehmervertrag am 08.02.2021 wegen mangelnder Leistungsfähigkeit außerordentlich kündigen müssen. Die Beklagte habe den Generalunternehmer und seine Subunternehmer entgegen der vertraglichen Vereinbarung nicht überwacht und sich auch nicht um die Bestellung eines neuen Generalunternehmers gekümmert. Auch das vertraglich vereinbarte „Controlling“ habe nicht im erforderlichen Umfang stattgefunden. Kontrollabnahmen durch den TÜV hätten nicht stattgefunden, ebenso wenig die Prüfung und Frage der Einzelrechnungen des Generalunternehmervertrags von einem unabhängigen Sachverständigen. Die zugesagte Baugewährleistungsversicherung der … sei ebenfalls nicht abgeschlossen worden. Letztlich sei das Bauvorhaben so, wie im Konzeptionsvertrag vorgesehen, nämlich mit Garagen und Stellplätzen, nicht genehmigungsfähig gewesen. Vielmehr hätte eine Tiefgarage errichtet werden müssen, was zu Mehrkosten von jeweils 37.500,00 Euro geführt hätte.
12
Die Kläger sind der Ansicht, es läge ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz vor.
13
Die Beklagte habe aktiv unzulässige und unzutreffende Rechtsberatung im Rahmen des Konzeptionsvertrags betrieben, indem sie sich des „Erstellen(s) eines GU-Vertrags nach gültigem deutschen Vertragsrecht“ verpflichtet hätten. Es handele sich um keine reine Nebenleistung.
14
Zudem sei der Konzeptionsvertrag beurkundungspflichtig gewesen, da er mit dem Grundstückserwerb stehen und fallen sollte. Das Rechtsgeschäft sei deshalb sittenwidrig und gemäß § 138 BGB nichtig.
15
Letztlich sei die Rückzahlung auch deshalb begründet, weil die Leistungen nicht erbracht worden seien und die Vertragspflichten damit auch nicht erfüllt seien.
16
Ein Anspruch auf Wertersatz bestehe wegen § 817 S. 2 BGB nicht.
17
Die 18. Zivilkammer des Landgerichts München I hat am 20.01.2022 ein Versäumnisurteil gemäß § 331 Abs. 3 ZPO erlassen, in welchem die Beklagte verurteilt worden ist, an die Kläger gesamtschuldnerisch 135.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.01.2022 zu zahlen. Das Versäumnisurteil ist der Beklagten ausweislich der Postzustellungsurkunde am 28.01.2022 zugestellt worden. Die Beklagte hat mit Anwaltsschriftsatz vom 31.01.2022 – dem Gericht am selben Tag zugegangen – form- und fristgerecht Einspruch eingelegt.
18
Die Kläger beantragen zuletzt,
das Versäumnisurteil vom 20.01.2022 mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass die Verurteilung und Zahlung an die Kläger als Gesamtgläubiger und nicht gesamtschuldnerisch erfolgt.
19
Die Beklagte beantragt,
das Versäumnisurteil vom 20.01.2022 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
20
Die Beklagte behauptet, der Generalunternehmer sei nicht ungeeignet gewesen. Die Kündigung durch die Kläger sei willkürlich gewesen. Die Beklagte habe sich um die Bauüberwachung gekümmert. Die Tiefgarage sei nicht im Leistungsumfang enthalten gewesen und daher zusätzlich zu vergüten.
21
Die Beklagte ist der Ansicht, eine Rechtsdienstleistung läge nicht vor. Jedenfalls handele es sich um eine Nebenleistung, da der Schwerpunkt der Haupttätigkeit auf nichtrechtlichem Gebiet liege, nämlich im Bereich von Architektenleistungen, Bauüberwachung und Controlling.
22
Sie erhebt zudem den Einwand nach § 818 Abs. 2 BGB. Eine Nichtigkeit gemäß § 138 BGB bestehe ebenfalls nicht.
23
Die Parteien haben sich mit Schriftsatz vom 20.04.2023 und 17.05.2023 mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt. Das Gericht hat am 19.05.2023 den entsprechenden Beschluss erlassen.
24
Im Übrigen wird auf die beidseits gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 01.03.2023 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

25
Die Klage ist zulässig und begründet.
I.
26
Der Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 20.01.2022 ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
27
In der Sache hat er jedoch keinen Erfolg.
II.
28
Die Klage ist zulässig. Das Gericht ist gemäß §§ 23, 71 GVG sachlich und gemäß § 21 ZPO örtlich zuständig.
29
Aus Sicht des Gerichts handelt es sich bei der „…“ (Anlage K1), nunmehr wohl „…“ (Anlage K13) um eine Niederlassung der Beklagten.
30
Gemäß § 21 ZPO reicht für die Begründung des besonderen Gerichtsstands der Niederlassung jede auf eine gewisse Dauer errichtete Geschäftsstelle, von der aus Geschäfte geschlossen werden, aus (Patzina / Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020, Rn. 2).
31
Aus Sicht des Gerichts handelt es sich vorliegend bei der … um eine solche Geschäftsstelle der Beklagten. Dass es sich um eine rechtlich selbstständige juristische Person (GmbH) handelt, steht dem nicht entgegen (vgl. Zöller / Vollkommer a.a.O., § 21, Rn. 4 m.w.N.).
32
Die Beklagte selbst gibt an, es handele sich bei der GmbH um ein mit der Beklagten verbundenes Unternehmen. Dies wird auch durch den Internetauftritt der Beklagten bestätigt, in welchem die GmbH als Kontakt der Beklagten angegeben ist. Aus Sicht des Gerichts handelt es sich darüber hinaus bei der nunmehrigen „…“ auch um eine Geschäftsstelle, von der aus Geschäfte geschlossen werden. Dies ergibt sich aus hiesiger Sicht bereits daraus, dass sowohl die Reservierungsvereinbarung (Anlage K3) aus dem Büro der … stammt als auch die Verträge in den Geschäftsräumen in der … geschlossen wurden. Die nunmehrige „…“ hat – trotz ihres offensichtlichen Umzugs – ausweislich des Handelsregisters (wohl noch immer) ihren Sitz in … Damit ist auch der erforderliche Bezug der Klage zu dem Geschäftsbetrieb gegeben.
33
Der besondere Gerichtsstand des § 21 ZPO ist kein ausschließlicher Gerichtsstand. Unter mehreren Gerichtsständen hat der Kläger jedoch die Wahl, § 35 ZPO. Die Kläger haben sich hier der Wahl des Gerichtsstands der Niederlassung bedient (vgl. Schriftsatz der Klageseite vom 17.02.2022, Bl. 32 d.A.).
III.
34
Den Klägern steht ein Anspruch auf Rückzahlung der auf den Konzeptionsvertrag geleisteten 135.000,00 Euro gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zu.
35
1. Die Kläger haben unstreitig 135.000,00 Euro auf ihre Kosten geleistet und dadurch der Beklagten einen Vorteil verschafft.
36
2. Die Beklagte hat 135.000,00 Euro durch die Zahlung der Kläger unstreitig erlangt.
37
3. Die Leistung erfolgte auch ohne Rechtsgrund, denn der Konzeptionsvertrag ist aufgrund eines Verstoßes gegen das RDG (§§ 2, 3, 6 RDG i.V.m. § 134 BGB) unwirksam und nichtig.
38
a. Die Beklagte hat die Erbringung von Rechtsdienstleistungen im Sinne des § 2 RDG gegen Honorar zugesagt. Gemäß § 2 Abs. 1 RDG ist eine Rechtsdienstleistung jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.
39
Maßgeblich für die Auslegung des zwischen den Parteien geschlossenen Konzeptionsvertrag (Anlage K4) ist der objektive Empfängerhorizont gemäß §§ 133, 157 BGB. Orientiert am Wortlaut des Konzeptionsvertrags schuldete die Beklagte ausweislich § 3 unter anderem die Erstellung der Bau-/ Leistungsbeschreibung, das Auflisten der Sonder- und Ausstattungswünsche und die Einarbeitung in die Bau-/ Leistungsbeschreibung sowie die Erstellung eines GU-Vertrags nach gültigem deutschen Vertragsrechts, unter Einbindung der Bau-/ Leistungsbeschreibung, der Sonder- und Ausstattungswunschliste und der Baugenehmigungsplanung.
40
Wie bereits das Landgericht München II in seinem Urteil vom 04.02.2021, Az. 12 O 1041/20 ausführt, durfte „der vernünftige, objektive Empfänger [durfte] die Erklärung der Beklagten auch vor dem Hintergrund des Gesamtprojekts so verstehen, dass die Beklagte für die Bauherren (…) einen auf die konkrete Baumaßnahme zugeschnittenen GU-Vertrag entwerfen werde ebenso wie eine einzelfallbezogene Bauleistungsbeschreibung. Zumal (…) auch Sonderwünsche der Kunden angesprochen werden, durfte der Erwerber davon ausgehen, hier eine individuell auf ihn angepasste Einzellösung erstellt zu erhalten. Das „Erstellen“ eines Vertrags geht dabei – anders als die Beklagte meint – nach dem vernünftigen Empfängerhorizont deutlich über das bloße Eintragen von Namen und Adressen in anderweitig beschaffte Standardformulare hinaus. Der Begriff des „Erstellens“ beinhaltet gerade nicht die käufliche Lieferung von Standardformblättern, die Dritte hergestellt haben, sondern die Anpassung auf den Einzelfall. Die Kläger durften darunter redlicherweise das Herstellen der Vertragsklauseln selbst, d.h. die individuelle Formulierung und Gestaltung von Rechtspositionen gegenüber den künftigen Bauunternehmen erwarten.
41
Das hiesige Gericht teilt die Auslegung und Rechtsauffassung des Landgerichts München II vollumfänglich. Der Begriff der Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 RDG ist durch die oben benannten vertraglich geschuldeten Leistungen erfüllt. Es handelt sich aus Sicht des Gerichts gerade nicht um das bloße Überlassen eines standardisierten Vertragsformulars, sondern um die Anfertigung eines Vertrags(entwurfs), was gerade eine Rechtsdienstleistung darstellt (BGHZ 70, 12, 13 = NJW 1978, 322).
42
Damit hat die Beklagte eine entgeltlich fremde Rechtsangelegenheit besorgt mit dem Ziel, bestimmte Ansprüche der Kläger zu gestalten.
43
b. Bei der von der Beklagten angebotenen Rechtsdienstleistung handelt es sich im vorliegenden Fall auch nicht um eine bloße Nebentätigkeit im Sinne des § 5 RDG.
44
Gemäß § 5 Abs. 1 RDG sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind.
45
Zur Beurteilung, ob es sich bei der streitgegenständlichen Tätigkeit um eine Nebenleistung im Sinne des § 5 RDG handelt, kommt es stets auf den Einzellfall an, wobei erforderlich ist, dass die Rechtsdienstleistung nur eine untergeordnete Bedeutung bei den Vertragspflichten hat und stets in Zusammenhang mit einer anderen Haupttätigkeit steht.
46
i. Nach Ansicht der Beklagten handelt es sich bei der in Frage stehenden Rechtsdienstleistung höchstens um eine zulässige Nebenleistung, wobei die Hauptleistung im Wesentlichen in der Erbringung der Architekturdienstleistungen liege. Es seien umfangreiche Architektenleistungen Vertragsgegenstand, die Rechtsdienstleistungen würden hingegen einen Bruchteil des gesamten Leistungspakets darstellen.
47
Maßgeblich für die Frage, ob im hier streitgegenständlichen Konzeptionsvertrag überhaupt eine Haupttätigkeit vorliegt, mit der die Rechtsdienstleistung in Zusammenhang stehen kann, ist wiederum die Auslegung nach objektiver Empfängersicht, § 133, 157 BGB. Neben der unter dem Oberpunkt „Vertragsleistungen für Ihr BV“ gefassten Leistung des Erstellens eines GU-Vertrags, finden sich unter § 3 des Konzeptionsvertrags (Anlage K4) noch „die Architektenleistung“, „die Bauleitung“ sowie das „Controlling.“ Alle unter § 3 aufgelisteten Leistungen haben einen ähnlichen Umfang, unter jedem Oberpunkt befinden sich verschiedene Spiegelstriche, welche die Leistungen im Einzelnen darstellen. Auf den ersten Blick ergibt sich bereits aufgrund der Aufgliederung der Leistungen in „die Architektenleistung“, „Vertragsleistungen“, „die Bauleistung“ und das „Controlling“ keine erkennbare Haupttätigkeit. Vielmehr scheinen sämtliche Leistungen einer ähnlichen Gewichtung zuzukommen und für sich zu stehen. Zwar könnten die unter dem Oberpunkt „Bauleitung“ umfassten Leistungen grundsätzlich auch unter die Architektenleistungen fallen, so dass eine besondere Gewichtung der Architektenleistungen bestehen würde. Allerdings ist dies nicht geschehen. Die Beklagte hat sich gerade dazu entschieden, die Leistungen aufzugliedern und auf diese Weise ein Gesamtbild dergestalt zu schaffen, dass die vertraglich geschuldeten Leistungen solche der Architektenleistung, der Vertragsleistungen, der Bauleitung und des Controlling sind. Eine Haupttätigkeit, mit welcher die unter dem Oberpunkt „Vertragsleistungen“ geschuldeten Rechtsdienstleistungen in Zusammenhang stehen würde, ist nach objektiver Empfängersicht nicht ersichtlich. Wird die Rechtsdienstleistung jedoch isoliert als gesonderte Dienstleistung angeboten, fehlt es an dem gebotenen Zusammenhang (BGH GRUR 2011, 539 (542); Gaier/Wolf/Göcken/Johnigk Rn. 17).
48
ii. Im Übrigen geht das Gericht hier davon aus, dass die Rechtsdienstleistung keine untergeordnete Bedeutung bei den Vertragspflichten hat. Die Erstellung des GU-Vertrags stellt aus Sicht des Gerichts vielmehr ein zentrales Element der geschuldeten Leistung dar, da die im Anschluss geschuldeten Bauleistungen maßgeblich von ihr abhängen und durch die Vertragsgestaltung die späteren Rechtsverhältnisse mit den ausführenden Unternehmen individuell gestaltet werden (Landgericht München II, Az. 12 O 1041/20). Bei der Vertragspflicht des Erstellens des GU-Vertrags handelt es sich aus Sicht des Gerichts vielmehr um ein Kernstück der Vertragspflichten. Ihr kommt keinesfalls eine untergeordnete Bedeutung zu.
49
iii. Hieran ändert auch nicht, dass, wie es das OLG Koblenz in seinem Beschluss vom 07.05.2020, Az. 3 U 2182/19 entschieden hat, bei der Beurteilung der Frage, ob eine Rechtsdienstleistung eines Architekten nach § 5 Abs. 1 RDG als Nebenleistung zulässig sei, ein großzügiger Maßstab anzulegen sei, weil Architektenleistungen in vielfacher Hinsicht Berührungen zu Rechtsdienstleistungen haben.
50
Aus Sicht des Gerichts ist dieser Grundsatz hier bereits deshalb nicht eins zu eins anwendbar, weil es sich bei der Beklagten nicht um eine reine Architektin handelt, welche sich vertraglich zu der Erbringung von Leistungen nach der HOAI verpflichtet. Vielmehr handelt die Beklagte auch und vor allem als Geschäftsbesorger und verpflichtet sich neben der Erbringung von Planungs- und Überwachungsleistungen losgelöst hiervon eben auch noch dazu, einen GU-Vertrag nach gültigem deutschen Vertragsrecht zu erstellen. Die Beklagte wurde weder selbst als Architektin tätig – so trägt die Beklagte selbst vor, dass sie das Planungsbüro … als Subunternehmen mit der Planung beauftragt hat – noch wurde sie konkret mit den Leistungsphasen der HOAI beauftragt. Die entsprechenden Leistungsphasen finden sich, jedenfalls in ihrer vorgeschriebenen Form, in dem Konzeptionsvertrag nicht. Es handelt sich bei dem Vertrag gerade nicht um einen Architektenvertrag, bei welchem entsprechende rechtliche Prüfungen im Zusammenhang mit der Genehmigungsfähigkeit, der Ausschreibung, der Voraussetzungen für Mängelrechte usw. mit der konkret geschuldeten Architektentätigkeit im Zusammenhang stehen und eine entsprechende Nebenleistung im Sinne des § 5 RDG darstellen könnten (Hirtz/Radunski in: BeckOK RDG, Grunewald/Römermann, 24. Edition, Stand 01.01.2023, § 5, Rn. 79). Vielmehr haben die Parteien einen Konzeptionsvertrag geschlossen, in welchem sich die Beklagte verpflichtet, verschiedenste Leistungen zu erbringen und unter anderem einen Generalunternehmervertrag zu erstellen.
51
c. Die Folge ist die Gesamtnichtigkeit des Konzeptionsvertrags gemäß §§ 3 RDG i.V.m. 134 BGB.
52
Der Vertrag zwischen einem Rechtsuchenden und dem Rechtsdienstleister, dem eine unerlaubten Rechtsdienstleistung zugrunde liegt, ist nach ganz h.M. wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gem. § 134 BGB nichtig (BGH NJW 2020, 208; 2014, 847; 2013, 59; BR-Drs. 623/06, 104).
53
Der Vertrag ist auch dann grundsätzlich im Ganzen nichtig, wenn er zugleich erlaubte Tätigkeiten mit umfasst (BGH NJW 2000, 1560 (1562); 2000, 1333 (1335); OLG Bremen NJW 2012, 81).
54
Aus hiesiger Sicht ändert auch die unter § 9 des Konzeptionsvertrags erfasste salvatorische Klausel nichts an der Gesamtnichtigkeit. Eine salvatorische Klausel kann die dispositive Regelung des § 139 BGB zwar wirksam abbedingen, die Nichtigkeit des gesamten Vertrags tritt jedoch laut Rechtsprechung des BGH dann ein, „wenn die Aufrechterhaltung des Rechtsgeschäfts trotz der salvatorischen Klausel im Einzelfall durch den durch Ver – tragsauslegung zu ermittelnden Parteiwillen nicht mehr getragen wird. Dies kommt insbe – sondere dann in Betracht, wenn nicht nur eine Nebenabrede, sondern eine wesentliche Vertragsbestimmung unwirksam ist und durch die Teilnichtigkeit der Gesamtcharakter des Vertrags verändert würde“ (BGH, Beschluss vom 15.03.2010 – II ZR 84/09 = NJW 2010, 1660, 1661).
55
So liegt es hier. Der Wille der Kläger lässt sich aus Sicht des Gerichts nur so auslegen, dass die Kläger alle versprochenen Leistungen aus einer Hand wollten (vgl. auch Landgericht München II, Urteil vom 04.02.2021, Az. 12 O 1041/20). Der Konzeptionsvertrag sah – wie bereits oben ausgeführt – gerade eine Vielzahl von Leistungen vor, wobei das Erstellen des GU-Vertrags einen essenziellen Vertragsbestandteil darstellte. Für das Gericht ist nicht ersichtlich, dass die Kläger den Vertrag mit der Beklagten geschlossen hätten, wenn die Verpflichtung zur Erstellung des GU-Vertrags nicht enthalten gewesen wäre.
56
d. Auf die Frage der Nichtigkeit gemäß § 138 BGB kommt es damit nicht mehr an.
57
4. Aufgrund der Nichtigkeit des Konzeptionsvertrags steht der Beklagten kein vertraglicher Vergütungsanspruch zu. Ein Anspruch auf Wertersatz besteht jedoch – gleich ob aus GoA oder Bereicherungsrecht – bereits deshalb nicht, weil es der Beklagten trotz Hinweis des Gerichts bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht gelang, ihre erbrachten Leistungen zu substantiieren.
58
a. Das Gericht hat mit Beschluss vom 30.03.2023 darauf hingewiesen, dass bei mehreren Leistungen, die in einem Vertrag vereinbart sind, der Ausschluss des Rückforderungsrechts gemäß § 817 S. 2 BGB für jede Leistung gesondert zu prüfen ist (Grüneberg, BGB, 82. Auflage 2023, § 817, Rn. 16; BGH NJW 62, 1148). Bei Nichtigkeit des gesamten Vertrags bezieht sich § 817 S. 2 BGB nur auf das, was aus den missbilligten Vorgängen geschuldet ist (Grüneberg, BGB, 82. Auflage 2023, § 817, Rn. 16; BGH 75, 299, BGH NJW 2008, 3069, Rn. 26). Die Beklagte wurde in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass ihr daher zwar grundsätzlich ein Anspruch auf Ersatz des Wertes der von ihr tatsächlich erbrachten Leistungen zusteht, sie jedoch ihren Vortrag zu den erbrachten Leistungen sowie der Höhe des entsprechenden Wertes substantiieren müsste.
59
Dies hat sie bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung jedoch nicht in ausreichender Weise getan.
60
b. Der Umfang eines Bereicherungsanspruchs richtet sich nach §§ 818 Abs. 1, 2 BGB und verpflichtet grundsätzlich zur Herausgabe des Erlangten. Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den entsprechenden Wert zu ersetzen. Bei rechtsgrundlos erlangten Werkleistungen bemisst sich der Wert im Sinne des § 818 Abs. 2 BGB nach der üblichen, hilfsweise der angemessenen Vergütung (BGH 36, 321, 323 = NJW 1962, 807). Dies ist auch der Beklagten klar (vgl. Schriftsatz vom 28.02.2022, Bl. 42 d.A.).
61
i. In ihrem Schriftsatz vom 17.05.2023 trägt die Beklagte vor, sie habe nachweislich Planungsleistungen in Höhe von 56.426,98 Euro erbracht, die Berechnung der Statik in Höhe von 17.850,00 Euro, die Entwässerungs- und Energieplanung in Höhe 9.520,00 Euro, die baubegleitende Bauüberwachung inklusive Rechnungsprüfung in Höhe von 35.700,00 Euro sowie die Vertriebsleistung in Höhe von 25.000,00 Euro. Damit habe sie insgesamt Leistungen in Höhe von 144.496,98 Euro erbracht.
62
Die Beklagte möchte diesen Vortrag mit einer Kostenberechnung des Herrn … vom 03.05.2022 (Anlage B3) sowie einer Auftragsbestätigung der Frau … vom 03.05.2022 (Anlage B4) belegen.
63
Tatsächlich ist die von der Beklagten vorgelegte Abrechnung jedoch nicht nachvollziehbar und stimmt mit dem, was vertraglich vereinbart wurde, nicht überein.
64
Vereinbart wurde laut Konzeptionsvertrag (Anlage K4) ein Gesamtkaufpreis von 490.00,00 Euro brutto sowie ein Pauschalhonorar von 150.000,00 Euro. Ausweislich der Berechnung in der Anlage B3 werden Baukosten von 480.000,00 Euro zugrunde gelegt. Woher dieser Betrag kommt, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar. Überdies wird die Berechnung für ein Reihenendhaus mit Tiefgarage aufgestellt. Die Beklagte selbst trägt jedoch vor, dass eine Tiefgarage nicht im Leistungsumfang enthalten war. Im Übrigen sind in dem Konzeptionsvertrag keine Leistungen nach der HOAI beauftragt, so dass sich eine entsprechende Abrechnung für das Gericht nicht erschließt.
65
Bei der Anlage B4 handelt es sich aus Sicht des Gerichts um keine Berechnung, sondern um eine Auftragsbestätigung für ein Bauvorhaben … Reiheneckhaus, aus welcher keinerlei Zusammenhang zu dem hier streitgegenständlichen Bauvorhaben ersichtlich ist.
66
Damit kann die von der Beklagten vorgetragene Berechnung schon nicht als substantiierte Grundlage für die Ermittlung der ortsüblichen Vergütung herangezogen werden.
67
ii. Im Übrigen – und hierauf kommt es aus Sicht des Gerichts insbesondere an – kann Wertersatz nur als Surrogat für das tatsächlich Erlangte verlangt werden. Tatsächlich erlangt werden konnte jedoch nur das, was von der Beklagten auch tatsächlich geleistet wurde. Auch die Beklagte führt in ihrem Schriftsatz vom 28.02.2022 aus, dass die Honorarzahlungen des Auftragsgebers dem Wert der vom Auftragnehmer erbrachten Leistungen gegenüberzustellen ist.
68
Aus diesem Grund hätte die Beklagte – so wie im Hinweisbeschluss vom 30.03.2023 ausgeführt – substantiiert zu den erbrachten Leistungen vortragen müssen. Dies hat sie jedoch nicht getan. Vielmehr erschöpft sich ihr Vortrag darin, pauschal zu behaupten, „umfangreiche Architekten- und Überwachungsleistungen“ erbracht zu haben, ohne dies weiter zu konkretisieren und entsprechende Belege als Beweis anzubieten. So behauptet sie in ihrem Schriftsatz vom 28.02.2022, es sei „die Baugenehmigung erwirkt, Werkplanung und Statik vorbereitet sowie Überwachung durchgeführt“ und „das Erstellen der Entwurfs – planung, das Einreichen und Erstellen des Bauantrags, der Vorplanungsarbeiten, der Er – stellung von Entwässerungsplänen und dem Brandschutznachweisen usw.“ erbracht worden. In ihrem Schriftsatz vom 02.05.2022 schreibt sie von „Architektenleistungen, Pla – nungs-, Überwachungsleistungen und Vermittlungstätigkeiten etc.“
69
Diese offensichtlich nicht abschließenden Aufzählungen und Behauptungen werden jedoch nicht durch die Vorlage entsprechender Unterlagen belegt und bleiben damit im Ergebnis pauschal. Hieran ändern auch die im Schriftsatz vom 10.03.2023 enthaltenen E-Mail-Auszüge nichts. Diese belegen nur rudimentäre Kommunikation und rudimentäres Tätigwerden. Konkrete Leistungsnachweise bzw. eine konkrete Aufstellung sowie entsprechende Verträge und Rechnungen der jeweiligen (behaupteten) Subunternehmer der Beklagten werden nicht vorgelegt. Auch wurde zumindest der behauptete Bauleiter des streitgegenständlichen Bauvorhabens Herr … – wohl unstreitig – irgendwann im Laufe des Bauvorhabens von den Klägern direkt beauftragt. Wann genau wird jedoch nicht vorgetragen, so dass eine Differenzierung zwischen dem Tätigwerden für die Beklagte und einem eventuellen Tätigwerden direkt für die Kläger auch aus den vorgelegten E-Mails nicht möglich ist.
70
Sowohl die Einholung eines Sachverständigengutachtens als auch die Vernehmung von Zeugen wäre auf dieser Grundlage eine reine Ausforschung und daher nicht angezeigt.
71
Im Übrigen ist der Zeuge … ausweislich des Schriftsatzes vom 02.05.2022 ausschließlich zur Vertragsauslegung als Zeuge benannt. Der Satz im Schriftsatz vom 10.03.2023 „Hinzukommen die umfangreichen Leistungen des Zeugen … kann nicht als (taugliches) Beweisangebot ausgelegt werden. Die Vernehmung des … sowie der … als Zeugen wäre gänzliche Ausforschung, da die Berechnungen für das streitgegenständliche Bauvorhaben noch nicht einmal zugrunde gelegt werden können (siehe oben).
72
iii. Die Beklagte bietet erstmalig in ihrem Schriftsatz vom 17.07.2023 – und damit nach Schluss der mündlichen Verhandlung – Herrn … als Zeugen für die Behauptung an, es seien Planungsleistungen für das streitgegenständliche Gebäude erbracht worden. Es handelt sich hierbei um ein neues Verteidigungsmittel, welches gemäß § 296a ZPO verspätet ist und damit keine Berücksichtigung mehr finden kann.
73
5. Die Zinshöhe richtet sich nach § 288 Abs. 1 S. 2 BGB und beträgt fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Zinsbeginn ist der 06.01.2022, da die Klageschrift laut Postzustellungsurkunde am 05.01.2022 zugestellt wurde und die Klage damit am 06.01.2022 rechtshängig wurde.
74
Von einer unwirksamen Zustellung ist in diesem Zusammenhang nicht auszugehen.
75
a. Zwar handelt es sich aus Sicht des Gerichts bei der nunmehrigen „…“ nicht um einen Zustellungsbevollmächtigten im Sinne des § 171 ZPO. Die Beklagte behauptet, der GmbH sei nie eine Empfangsvollmacht erteilt worden. Dies wird von den Klägern auch nicht bestritten.
76
b. Allerdings wurde die Klage wirksam gemäß § 178 ZPO zugestellt.
77
Die Klageschrift wurde ausweislich der Postzustellungsurkunde zum Geschäftsraum der Niederlassung der Beklagten (siehe oben) übergeben versucht.
78
Unter Geschäftsraum im Sinne des § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ist eine Räumlichkeit zu verstehen, die der Zustellungsadressat für seinen Geschäftsbetrieb tatsächlich nutzt und die für den Publikumsverkehr zugänglich ist (Häublein/Müller / Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020, § 178, Rn. 23).
79
Hiervon ist bereits aufgrund der Anlage K3 sowie der unbestrittenen Behauptung der Kläger, die Parteien hätten sowohl die Reservierungsvereinbarung als auch den Konzeptionsvertrag in den damaligen Geschäftsräumen der Beklagten in … unterzeichnet, auszugehen (siehe oben). Das Gericht geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass es sich um die damaligen Geschäftsräume der Niederlassung der Beklagten handelt, da sowohl die Niederlassung als auch die Beklagte selbst im Internet noch immer (unter anderem) unter dieser Anschrift zu finden ist.
80
c. Im Übrigen kommt der Postzustellungsurkunde die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde gemäß §§ 182 Abs. 1 S. 1, 418 BGB zu. Die Beklagte hätte gemäß § 418 Abs. 2 ZPO einen entsprechenden Gegenbeweis vorbringen müssen, wobei der Gegenbeweis erst dann Erfolg hat, wenn das Gericht voll überzeugt ist (BVerfG NJW-RR 2002, 1008; BGH MDR 2017, 839; NJW 2012, 2117; 3378).
81
d. Letztlich wäre ein etwaiger Zustellungsmangel spätestens mit Erhalt der Klageschrift in Form der Akteneinsicht geheilt worden, § 189 ZPO.
IV.
82
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 344 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1 und S. 3 ZPO.
V.
83
Der Streitwert entspricht der klägerischen Begehr, § 3 ZPO.