Inhalt

OLG München, Beschluss v. 27.11.2023 – 11 W 919/23 e
Titel:

Benutzungsregelung, Höherer Geschäftswert, Verfügungsbeschränkungen, Miteigentumsanteil, Rechtsverhältnis, Auseinandersetzungsausschluss, Derselbe Beurkundungsgegenstand, Aufhebungsausschluß, Ausschluss der Aufhebung, Bewertungsvorschriften, Kostenberechnung, Rechtsbeschwerde, Notarkasse, Kostenordnung, Notarkostenberechnung, Kostenrechtliche, Getrennte Beurkundungen, Beurkundungsvorgang, Belastung, Grundstückswert

Leitsatz:
Der Wortlaut des § 51 Abs. 2 GNotKG („… einer Belastung gemäß § 1010 des Bürgerlichen Gesetzbuchs …“) ist hinsichtlich des Wortes „einer“ numerisch auszulegen. Bei gegenstandsverschiedenen Belastungen wie beispielweise bei einer Verwaltungs- und Benutzungsregelung sowie einem Auseinandersetzungsausschluss betreffend gemeinschaftlich verwalteten im Miteigentum stehenden Grundbesitzes ist daher für jede Belastung als „Wert der Verfügungsbeschränkung“ gemäß § 51 Abs. 2 a.E. GNotKG 30 Prozent des von der Beschränkung betroffenen Gegenstands anzusetzen.
Schlagworte:
Notarkostenberechnung, Geschäftswert, Verwaltungsregelung, Benutzungsregelung, Auseinandersetzungsausschluss, Miteigentümervereinbarung, Verfügungsbeschränkung
Vorinstanz:
LG München I, Beschluss vom 03.07.2023 – 13 OH 10554/21
Fundstelle:
BeckRS 2023, 56142

Tenor

1. In Abänderung des Beschlusses vom 03.07.2023 wird dem Antrag auf Entscheidung gegen die Kostenrechnungen des Notars … vom 22.02.2017, Nrn. A 290/0/1-2017 und A 290/0/2/-2017, insofern stattgegeben, als die 2,0-Gebühr nach Nr. 21100 KV-GNotKG aus einem Geschäftswert von € 5.548.658,70 (statt: € 5.323.658,70) zu erheben ist.
2. Die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten E. und C. S. trägt die Staatskasse.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.
1
Mit Schreiben vom 24.06.2021 beantragte Notar … beim Landgericht München I auf Weisung der Präsidentin des Landgerichts München I vom 14.06.2021 gemäß §§ 130 Abs. 2, 127 GNotKG eine gerichtliche Entscheidung des Landgerichts hinsichtlich einer Bewertungsfrage zum Vorgang URNr. A 290/2017.
2
In dieser Urkunde „Vereinbarung über eine Ausschlagung gegen Abfindung; erbengemeinschaftliche Verwaltungsregelung“ vom 17.02.2017 haben die Erben, Nacherben bzw. (Nach-)Ersatzerben nach dem Testament des am 19.12.2016 verstorbenen Erblassers M.S. sich wechselseitig – teils gegen Abfindung – verpflichtet, das testamentarische Erbe auszuschlagen, sodass gesetzliche Erbfolge eintritt (Ziffer II.). Im Rahmen der Abfindung und Erbauseinandersetzung erhalten die Beteiligten D.S. und K.S. jeweils Grundbesitz, jeweils unter Vorbehalt eines Nießbrauchs sowie Vereinbarung eines bedingten Rückforderungsrechts zu Gunsten von E.S. und C.S. (vgl. Ziffer III.1.-4.). Zudem haben die Beteiligten E.S. und C.S. in Ziffer III.8. hinsichtlich des in Ziffer I.1.a) genannten Grundbesitzes (Wohnhaus in Großhadern) Gemeinschaftsregelungen getroffen, nämlich konkrete Benutzungs- und Verwaltungsregelungen für die Wohnungen im Erd- und Obergeschoss (vgl. Ziffer III.8.a-g) sowie einen beschränkten Ausschluss der Auseinandersetzung des in Ziffer I.1.a) genannten Grundbesitzes (vgl. Ziffer III.8.h). Zum Zwecke der Kostenberechnung veranschlagten die Vertragsteile unter Ziffer VIII.3. den Verkehrswert des vertragsgegenständlichen Grundbesitzes (konkret für die Immobilien: € 750.000,00; € 2.041.658,75; € 2.257.000,00; € 50.000,00). Gegenstand der URNr. A 291/2017 vom 17.02.2017 ist die „Erbschaftsausschlagung“ (Geschäftswert: € 5.228.658,75).
3
Mit Kostenrechnung-Nr. A 290/0/1-2017 vom 17.02.2017 stellte der Notar der Beteiligten E.S. für ihren hälftigen Anteil einen Gesamtbetrag i.H.v. € 9.885,09 in Rechnung. Neben Auslagen nach Nrn. 32001, 32005 sowie 32011 KV-GNotKG rechnete er folgende Beurkundungstatbestände ab: KV 1100 Beurkundung: Veräußerungsvertrag Grundbesitz (Wert: 4.359.969,70 EUR) KV 1201 Beurkundung: Bewilligung/Antrag (Wert: 5.098.658,75 EUR) § 94 (2) Vergleichsberechnung (§§ 46, 97 GNotKG), mithin aus einem Wert von € 5.098.658,75 eine 2,0 Gebühr nach Nr. 21100 KV-GNotKG i.H.v. € 16.530,00.
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Ebenso verfuhr der Notar mit Kostenrechnung-Nr. A 290/0/2-2017 vom 17.02.2017 gegenüber der Beteiligten C.S.
5
In den Kostenrechnungen sind bisher weder die hier streitgegenständlichen Benutzungs- und Verwaltungsvereinbarungen noch der Aufhebungsausschluss bewertet und abgerechnet (vgl. auch Schreiben des Notars vom 03.04.2023).
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Der Notar vertritt hierzu die Auffassung, eine Regelung bzw. eine Miteigentümervereinbarung, die einen Ausschluss der Aufhebung der Gemeinschaft und eine Benutzungsregelung nach § 1010 BGB enthalte, sei nach § 51 Abs. 2 GNotKG nur einmal mit 30 % aus dem Wert der belastenden Anteile zu bewerten. Es handele sich insgesamt nur um eine Anteilsbelastung nach § 1010 BGB, die auch nur als eine Belastung im Grundbuch eingetragen werde. In der Urkunde sei auch nur eine Belastung an jedem Miteigentumsanteil nach § 1010 BGB zur Eintragung bewilligt und vom Grundbuchamt eingetragen worden. Eine andere Behandlung führe zudem zu einem Wertungswiderspruch gegenüber § 50 Nr. 1 und 2 GNotKG.
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Die vom Landgericht beteiligte Notarkasse vertritt hingegen in ihrer Stellungnahme vom 15.12.2022 die Auffassung, sowohl der Ausschluss auf Aufhebung der Gemeinschaft als auch eine Verwaltungs- und Benutzungsregelung nach § 1010 BGB in einer Urkunde, seien, als mehrere Miteigentümervereinbarungen nebeneinander, jeweils gesondert zu bewerten, da die Regelungen verschiedene Gegenstände darstellten.
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Das Landgericht München I hat in seinem Beschluss vom 03.07.2023 den Antrag auf Entscheidung gegen die Kostenberechnungen des Notars … vom 22.02.2017, Kostenrechnung-Nr. A 290/0/1-2017 und Kostenrechnung-Nr. A 290/0/2/-2017, mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die 2,0-Gebühr nach Nr. 21100 KV-GNotKG aus einem Geschäftswert von € 5.323.658.75 zu erheben ist.
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Das Landgericht folgt damit der Auffassung des Notars; die fraglichen Regelungen nach § 1010 BGB (Verwaltungs- und Benutzungsregelungen einerseits und Aufhebungsausschluss andererseits) erhöhten den Geschäftswert um 30 % des Wertes der belasteten Immobilie, im vorliegenden Fall um € 225.000,00. Die 2,0-Gebühr nach Nr. 21100 KV-GNotKG sei daher aus einem Geschäftswert von insgesamt € 5.323.658,75 (€ 5.098.658,75 und € 225.000,00) zu erheben. Es sei auf den Gesetzeswortlaut abzustellen, § 51 Abs. 2 GNotKG spreche generell von „einer“ Belastung. Eine andere Handhabung führe zu einem Wertungswiderspruch zu § 51 Nr. 1 und 2 GNotKG.
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Gegen den Beschluss hat der Notar mit Schreiben vom 21.07.2023, vorgenannter Weisung der Präsidentin des Landgerichts München I entsprechend, Beschwerde eingelegt, der das Landgericht im Beschluss vom 28.07.2023 nicht abgeholfen hat.
II.
11
Die gemäß §§ 129 Abs. 1 GNotKG statthafte und auch form- und fristgerecht (§ 130 Abs. 3 GNot KG i.V.m. §§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 1, 2 FamFG) Beschwerde hat Erfolg.
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In der Beschwerde wie bereits auch in der Anweisung und dem Prüfungsantrag ist zwar nicht ausdrücklich ausgeführt, mit welchem Ergebnis der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt wurde bzw. wird. Dies ergibt sich jedoch aus dem in Bezug genommenen Schreiben der Notarkasse vom 12.05.2021 sowie der Tatsache der Beschwerdeeinlegung gegen den Beschluss des Landgerichts vom 03.07.2023.
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Der Senat folgt letztlich der Notarkasse und legt den Wortlaut des § 51 Abs. 2 GNotKG („… einer Belastung gemäß § 1010 des Bürgerlichen Gesetzbuchs …“) dahingehend aus, dass „eine“ Belastung numerisch auszulegen ist und daher bei gegenstandsverschiedenen Belastungen wie bei der vorliegenden Verwaltungs- bzw. Benutzungsregelung und dem Auseinandersetzungsausschluss der Wert von 30 % gemäß §§ 35, 86 Abs. 2 GNotKG auch mehrmals anzusetzen ist.
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Dementsprechend ist in vorliegender Konstellation dem Antrag auf Entscheidung gegen die streitigen Kostenberechnungen insofern stattzugeben, als die 2,0-Gebühr nach Nr. 2110 KV-GNotKG aus einem höheren Geschäftswert, nämlich von € 5.548.658,70 zu erheben ist.
Im Einzelnen:
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1. Die streitige Bewertungsfrage hinsichtlich der Beurkundung von Regelungen i.S.v. § 1010 BGB („Haben die Miteigentümer eines Grundstücks die Verwaltung und Benutzung geregelt oder das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, für immer oder auf Zeit ausgeschlossen …“) stellt sich insbesondere im Hinblick auf das Verhältnis von § 50 GNotKG zu § 51 GNotKG sowie auf die Abgrenzung von gegenstandsgleichen und gegenstandsverschiedenen Beurkundungsvorgängen.
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1.1. Nach § 50 Nr. 1 GNotKG wird das Verpflichtungsgeschäft mit 10 % bewertet, die dingliche Verfügungsbeschränkung hingegen nach § 51 Abs. 2 GNotKG mit 30 %. § 51 Abs. 2 GNotKG lautet: „Der Wert einer Verfügungsbeschränkung, insbesondere nach den §§ 1365 und 1369 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie einer Belastung gemäß § 1010 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, beträgt 30 % des von der Beschränkung betroffenen Gegenstands.“
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Bei den §§ 50 f. GNotKG handelt es sich um Spezialvorschriften zu der allgemeinen Geschäfts- und Bewertungsvorschrift in § 36 GNotKG. Die Abweichung der Bewertung in § 50 GNotKG bzw. § 51 GNotKG wirkt sich kostenmäßig insbesondere bei getrennter Beurkundung aus.
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1.2. Nach dem Grundsatz in § 35 GNotKG werden in demselben Verfahren mehrere Verfahrensgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. Konkretisierende Regelungen hinsichtlich Notarkosten finden sich in den Vorschriften der §§ 86 Abs. 2, 109-111 GNotKG. Nach § 86 Abs. 1 GNotKG wird ein Beurkundungsgegenstand als das Rechtsverhältnis definiert, auf das sich die Erklärungen beziehen, bei Tatschenbeurkundungen die beurkundete Tatsache oder der beurkundete Vorgang. Nach § 86 Abs. 2 GNotKG stellen mehrere Rechtsverhältnisse, Tatsachen oder Urkunden verschiedene Beurkundungsgegenstände dar, soweit in § 109 GNotKG nicht anderes bestimmt ist. So liegt nach § 109 Abs. 1 GNotKG derselbe Beurkundungsgegenstand vor, wenn Rechtsverhältnisse zueinander in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen und das eine Rechtsverhältnis unmittelbar dem Zweck des anderen Rechtsverhältnisses dient. Davon ist auszugehen, wenn das andere Rechtsverhältnis der Erfüllung, Sicherung oder sonstigen Durchführung des einen Rechtsverhältnisses dient. Der Geschäftswert bestimmt sich dann nach dem Wert des Rechtsverhältnisses, zu dessen Erfüllung, Sicherung oder sonstiger Durchführung die anderen Rechtsverhältnisse dienen.
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Ein solches Abhängigkeitsverhältnis ist bei der vorliegenden Verwaltungs- bzw. Benutzungsregelung und dem Auseinandersetzungsausschluss nicht gegeben. Das Tatbestandsmerkmal „Abhängigkeit“ ist nur bei untergeordneten Rechtsverhältnissen der Fall, welche einer übergeordneten Regelung dienen, ohne insoweit eigene oder darüber hinaus gehende Zwecke zu verfolgen (vgl. BeckOK, Kostenrecht, Dörndorfer/Wendtland/Gerlach/Diehn, 43. Ed., Bachmayer zu § 109 GNotKG, Rn. 14). Auch wenn Verwaltungs- bzw. Benutzungsregelungen meist mit einem Auseinandersetzungsausschluss kombiniert werden, verfolgt der Auseinandersetzungsausschluss einen eigenen Zweck, weil er die Miteigentumsgemeinschaft in Gänze betrifft (s.u.).
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2. Die Vorstellungen des Gesetzgebers stützen ebenfalls die hier vertretene Auffassung:
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Das GNotKG – mithin auch die hier streitgegenständlichen §§ 50 und 51 GNotKG – waren Kernstück des „Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts“ (2. KostMoG), welches zum 01.08.2013 die Kostenordnung ablöste und die in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit von den Gerichten und Notaren zu erhebenden Gebühren neu fasste. Insbesondere wurde die allgemeine Bewertungsvorschrift des § 30 Abs. 1 KostO durch spezielle Bewertungsvorschriften wie die vorgenannten abgelöst.
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Nach der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 17/11471, S. 171) sollte sich durch die neue Regelung in § 51 Abs. 2 GNotKG an der „geltenden Rechtslage“ indes nichts ändern, wonach Verwaltungs- und Benutzungsregelung einerseits sowie ein Aufhebungsausschluss andererseits gegenstandsverschieden sind. Der Gesetzgeber nahm hierbei ausdrücklich auf die Kommentierung in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 18. Aufl., § 30, Rn. 25 Bezug. Dort wird ausgeführt: „Benutzungs- und Verwaltungsregelung. Aufhebungsausschluss. Die Vereinbarung einer Benutzungs- und Verwaltungsregelung und der Ausschluss des Rechtes, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, gemäß § 1010 Abs. 1 BGB sind, auch wenn sie im Rahmen eines Erwerbsvertrages vereinbart werden, gesondert nach § 30 Abs. 1, ggf. nach § 30 Abs. 2 zu bewerten. Dabei haben Verwaltung- und Benutzungsregelung einerseits sowie Aufhebungsausschluss andererseits nicht denselben Gegenstand i.S. des § 44. Ein Aufhebungsausschluss hat dabei wirtschaftlich eine größere Bedeutung als eine Verwaltungs- und Benutzungsregelung. Der Geschäftswert für den Aufhebungsausschluss ist mit 30-40 % des Grundstückswertes anzusetzen, der Wert der Verwaltungs- und Benutzungsregelung mit 10-30 %.“
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In dem in vorgenannter Kommentierung ergänzend in Bezug genommenen Aufsatz von Mümmler in JurBüro 1983, 202 erläutert dieser die kostenrechtliche Betrachtung von Beurkundungen von Benutzungsregelungen und des Ausschlusses der Aufhebung einer Gemeinschaft; dort wird von einem Kaufvertrag ausgegangen, sei es dass Kaufvertrag und Vereinbarung bzw. nur die Verpflichtung zu den beiden vorgenannten Regelungen sowie die Bewilligung und der Antrag auf Eintragung der Belastung des jeweiligen Miteigentumsanteils zugunsten des jeweiligen Miteigentumsanteil in derselben oder in verschiedenen Urkunden beurkundet werden. Danach stellen die beiden Zusatzvereinbarungen zueinander verschiedene Gegenstände dar, einmal die Regelung über die Benutzung des Miteigentumsanteils, zum anderen die Verfügungsbeschränkung hinsichtlich der Miteigentumsgemeinschaft, was kostenrechtlich zu einer Addition der Einzelwerte – jedenfalls damals – führte. Nach den damals geltenden § 39 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 30 Abs. 1 KostO ergab sich ein Betrag von 20 % (dort des Kaufpreises) als angemessen und ausreichend, und zwar sowohl für die Benutzungsregelung als auch den Ausschluss wie auch im Verhältnis zum Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft.
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3. Diese Auffassung, wonach Verwaltungs- und Benutzungsregelung einerseits sowie ein Aufhebungsausschluss andererseits gegenstandsverschieden und deshalb zweimal zu veranschlagen sind, wird überwiegend auch von Rechtsprechung und Literatur zur geltenden Regelung des § 51 Abs. 2 GNotKG weiterhin vertreten; zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat zunächst auf die im Beschluss des Landgerichts zitierten Fundstellen.
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Dementsprechend sind nach § 51 Abs. 2 GNotKG als Wert jeweils 30 % des betroffenen Gegenstands zugrunde zu legen (vgl. Toussaint/Kawell, KostenR, 53. Aufl., § 51 GNotKG, Rn. 9). Lediglich mehrere Verwaltungs- und Benutzungsregelungen in einer Urkunde werden zusammengefasst und nicht separat bewertet, da diese sich kaum voneinander abgrenzen lassen. Sie betreffen vielmehr in der Regel den gesamten Vertragsgegenstand und regeln einheitlich dessen Benutzung, sei es räumlich oder inhaltlich. Im Grundbuch werde dementsprechend auch nur eine Benutzungsregelung eingetragen und das Gesetz spreche von „einer Belastung“ (vgl. Korintenberg/Schwarz, GNotKG, 22. Aufl., § 51, Rn. 38-40). Der Ausschluss auf Aufhebung der Gemeinschaft ist hiervon abzugrenzen.
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Nach Diehn (vgl. „Notarkostenberechnungen“, 8. Aufl. 2022; Kapitel 2, Immobilienrecht, Rnrn. 550 ff.) findet sich z.B. in Überlassungsverträgen i.d.R. eine Kombination aus Benutzungsregelung(en) und Aufhebungsausschluss, meist auch gegenseitige Vorkaufsrechte; diese Regelungen bilden verschiedene Gegenstände und sind daher getrennt zu bewerten; die Werte müssen nach § 35 Abs. 1 GNotKG addiert werden.
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4. Der Senat hält daher an der Gegenstandsverschiedenheit von Benutzungsregelung(en) und Aufhebungsausschluss fest und legt den Wortlaut des § 51 Abs. 2 GNotKG („… einer Belastung gemäß § 1010 des Bürgerlichen Gesetzbuchs …“) dahingehend aus, dass „eine“ Belastung numerisch zu betrachten ist und daher bei gegenstandsverschiedenen, also mehreren, Belastungen der Wert von 30 % – wie hier – auch mehrmals nach §§ 35, 86 Abs. 2 GNotKG anzusetzen ist.
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4.1. Laut Gesetzesbegründung wollte der Gesetzgeber bei Einführung des § 51 GNotKG – unter Beibehaltung der bisherigen Rechtslage gerade für die explizit angesprochene, vorliegende Streitfrage – lediglich gesonderte Regelungen für die Bewertung von schuldrechtlich vereinbarten Verfügungsverboten und dinglich wirkenden Beschränkungen schaffen.
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4.2. Auch der Wortlaut des § 51 Abs. 2, 2. Alt. GNotKG – „einer Belastung gemäß § 1010 des Bürgerlichen Gesetzbuchs“ – spricht nicht zwingend für die Auffassung des Beschwerdeführers. Nach § 1010 BGB sind Regelungen nach Maßgabe der §§ 744 f. BGB, die Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Grundstücks betreffen, ebenso eintragungsfähig wie Vereinbarungen gemäß §§ 749 f. BGB, durch welche die Miteigentümer das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, ausgeschlossen haben. Dieses Nebeneinander der Regelungsmöglichkeiten lässt sich ohne Weiteres damit vereinbaren, dass jeweils eine Belastung, sei es eine Verwaltungs- und Benutzungsregelung, sei es ein Ausschluss der Aufhebung der Gemeinschaft, also eine Verfügungsbeschränkung i.S.v. § 51 Abs. 2 GNotKG, mit 30 % aus dem Wert der belastenden Anteile zu bewerten ist.
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Dem Landgericht ist zwar insoweit beizupflichten, als ein Auslegungsspielraum dahingehend besteht, wonach mit der Formulierung in § 51 Abs. 3 GNotKG – „… einer Belastung gemäß § 1010 des Bürgerlichen Gesetzbuchs …“ – die Tatsache der Belastung nach § 1010 BGB an sich, unabhängig von der konkreten Ausgestaltung, gemeint sein kann.
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Diese Auslegung würde allerdings den Begriff des notariellen Beurkundungsgegenstands i.S.v. § 86 GNotKG aufweichen und damit eine für Gerichte und Notare geltende Bewertungsvorschrift, die lediglich eine Ermessensvorschrift ablösen sollte.
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5. Im Hinblick auf den eingewandten Wertungswiderspruch zwischen § 50 Nr. 1 und 2 GNotKG und § 51 Abs. 1 GNotKG ist mithin zu bedenken, dass der Gesetzgeber laut Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 17/11471, S. 170) bewusst die Beträge 10 %, 20 % und 30 % gewählt hat. So hat er sich etwa bei der 10 %-Regelung in § 50 Nr. 1 GNotKG ausdrücklich an der Rechtsprechung des BayObLG (MittBayNot 1999, 492) orientiert und sich hinsichtlich § 50 Nr. 2 GNotKG mit dem Prozentwert in Bezug auf den Verkehrswert oder einen Rückkaufpreis auseinandergesetzt. Nach der in der Gesetzesbegründung in Bezug genommenen Kommentierung bei Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann soll der Geschäftswert für den Aufhebungsausschluss mit 30-40 % des Grundstückswertes anzusetzen sein, der Wert der Verwaltungs- und Benutzungsregelung hingegen nur mit 10-30 %.
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6. Eine andere Bewertung als der zweimalige Ansatz von 30 % ergibt sich hier auch nicht aus § 51 Abs. 3 GNotKG. Danach kann ein höherer oder niedriger Wert angenommen werden, wenn der nach den Absätzen 1 und 2 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig wäre.
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§ 51 Abs. 3 GNotKG stellt auf eine Unbilligkeit im Einzelfall ab. Die vom Beschwerdeführer hier thematisierte Korrektur aus „standespolitischem Interesse in Zeiten schnell steigender Grundstückspreise“ über diese Vorchrift wäre demgegenüber eine Korrektur aus grundsätzlichen Erwägungen, die nicht nach § 51 Abs. 3 GNotKG erfolgen kann.
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Eine Abweichung vom Regelwert der Absätze 1 und 2 ist – anders als nach der Kostenordnung – nur dann veranlasst, wenn ein Unterschied zum Wert durchschnittlicher Fälle deutlich erkennbar ist. Es handelt es sich um eine restriktiv zu handhabende Ausnahme („nur in außergewöhnlichen Situationen“: Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 4. Aufl., Diehn zu § 51, Rn. 10). Nach Schwarz (vgl. Korintenberg, GNotKG, 22. Aufl., Schwarz zu § 51, Rn. 43) können zum Beispiel sehr umfangreiche Verwaltungs- und Benutzungsregelungen einen Wert von 50-70 % der betreffenden Immobilie rechtfertigen, während eine bloß punktuelle Regelung – zum Beispiel die Räum- und Streupflicht bei einem gemeinsam genutzten Zugang – einen Abschlag auf 5-20 % gestattet.
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Ziffer III.8. der streitgegenständlichen Urkunde – Verwaltungs- und Benutzungsregelungen in Ziffer III.8. a)-g) sowie der Auseinandersetzungsausschluss in Ziffer III.8.h) – geben keinen Anlass zu einer Wertabweichung. Die Kombination von Verwaltungs-/Benutzungsregelungen mit einem Auseinandersetzungsausschluss in einer Urkunde rechtfertigt – jedenfalls nach den vorgenannten Ausführungen zur Auslegung von § 51 Abs. 2 GNotKG – keine Herabsetzung des Wertes für den Ausschluss nach dieser Bestimmung.
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Dementsprechend ist in vorliegender Konstellation dem Antrag auf Entscheidung gegen die streitigen Kostenberechnungen insofern stattzugeben, als die 2,0-Gebühr nach Nr. 2110 KV-GNotKG aus einem Geschäftswert von € 5.548.658,70 zu erheben ist.
III.
38
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 130 Abs. 2 S. 4 GNotKG i.V.m. § 130 Abs. 3 GNotKG, § 84 FamFG.
39
2. Die trotz Wortlauts von § 129 Abs. 2 GNotKG nach § 70 Abs. 1 FamFG zulassungsbedürftige Rechtsbeschwerde (Korintenberg, GNotKG, 22. Aufl., Sikora zu § 129, Rn. 17) ist zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 1 FamFG erfüllt sind. Dieser Zulassungsgrund liegt vor, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (vgl. BeckOK, FamFG, Hahne/Schlögel/Schlünder, 47. Ed. Obermann zu § 70 FamFG, Rn. 16). Dies ist hier der Fall.