Titel:
Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, Verkehrssicherungspflichtverletzung, Elektronisches Dokument, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Vorschäden, Rechtshängigkeit, Sachverständige, Elektronischer Rechtsverkehr, Verkehrserforderliche Sorgfalt, Anerkannte Regeln der Technik, Streitwert, Risikobeurteilung, Allgemeines Lebensrisiko, Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, Haftpflichtprozeß, Schadensersatzpflicht, Benutzung, Kostenentscheidung, Anderweitige Erledigung, Informatorische Anhörung
Schlagworte:
Unbegründete Klage, Verkehrssicherungspflicht, Deliktische Ansprüche, Allgemeines Lebensrisiko, Sachgemäße Nutzung, Risikobeurteilung, Restrisiko
Fundstelle:
BeckRS 2023, 55654
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 38.439,84 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht.
2
Die Beklagte betreibt in ... den ... . Eine Attraktion der Beklagten ist das ... .
3
Bei dem ... handelt es sich um eine Anlage, die aus 3 Röhrenrutschen besteht.
4
Die Rutschen sind über eine Treppe auf den Rutschturm zu erreichen.
5
Rechts neben dem Rutschenaufgang ist ein Hinweisschild mit relevanten Informationen zur Benutzung der Rutsche, sowohl in Schriftform als auch als Piktogramm. Abgesehen vom Einstiegsteil und dem Auslaufteil ist die Rutsche durchgehend überdacht, sodass sich eine Tunnelrutsche ergibt.
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Für das Rutschen ist die Benutzung von Rutschmatten vorgesehen. Die Rutschmatten sind aus einem filzartigen Material hergestellt. Auf der Oberseite sind sie mit einer Kunststofffolie belegt. Die Kunststofffolie dient auch als Nässeschutz, wenn die Rutsche durch Regen oder andere Feuchtigkeit nass sein sollte. Eine Rutschmatte hat eine Länge von etwas mehr als 120 cm und eine Breite von ca. 49 cm. Vorne bildet die Matte einen Fußsack aus, in den die Füße gelegt werden sollen. Zur Stabilisierung des Fußsacks sind zusätzlich zu den normalen Rand netten 2 Bänder angebracht. Ein Mittelband kann zum Festhalten während des Rutschens genutzt werden.
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Die Handhabung der Rutsche und der Rutschmatten wird auf den Hinweisschildern dargestellt.
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Am 29.06.2021 wurde das ... vom ... turnusgemäß überprüft und getestet. Die Prüfung erfolgte entsprechend allen notwendigen Bestimmungen wie die ... sowie die Grundsätze für die Prüfung von fliegenden Bauten (VdTÜV Merkblatt Fördertechnik 1507). Bei der Prüfung ergaben sich laut ... Bericht Probleme bzw. leichte Risse bei den Bauteilen.
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Am 31.08.2021 besuchte der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau ... und seiner damals 6 Jahre alten Tochter den ... . Gegen 15:30 Uhr begab sich der Kläger zusammen mit seiner Tochter zum ... . Er nahm sich eine Rutschmatte und bestieg mit seiner Tochter den Rutschenturm. Oben angekommen entschied sich der Kläger mit seiner Tochter für die gerade verlaufende Röhrenrutsche. Beim Rutschen zog sich der Kläger eine OSG-Luxationsfraktur zu, die eine spätere Operation notwendig machte.
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Mit der Klage verlangte der Kläger von der Beklagten Schmerzensgeld, Heilbehandlungskosten, Fahrtkosten für Arztbesuche und Verdienstausfall wegen einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Ferner verlangte er die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen künftiger Schäden sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten.
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Der Kläger behauptet, er hätte sich mit seiner Tochter auf die Rutschmatte gesetzt und sei ordnungsgemäß losgerutscht. Gleich nach dem Losrutschen, am steilsten Teil der Rutsche, habe sich plötzlich die Rutschmatte verzogen, so dass automatisch der rechte Fuß des Klägers aus dem Teppich gerutscht sei, woraufhin er mit seinem Fuß an der Bande hängen geblieben sei und sich sein Fußgelenk völlig verdreht habe. Es habe regelrecht gekracht und unten angekommen habe er sofort erhebliche Schmerzen verspürt. Aufgrund des örtlichen und zeitlichen Zusammenhangs sei der Unfall für ihn unvermeidbar gewesen.
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Der Kläger behauptet, die Rutsche sei im Zeitpunkt des Unfalls nicht verkehrssicher gewesen, da sie nicht dem Stand der Technik entsprochen habe. Die Rutsche sei zum einen konstruktionsbedingt offensichtlich nicht dazu geeignet, dass sie ein Erwachsener zusammen mit seinem Kind gefahrlos benutzen könne. Die Rutschmatte sei für ein gefahrloses Rutschen nicht geeignet. Darüber hinaus sei das an der Rutsche angebrachte Material eine erhebliche Gefahrenquelle, da hierdurch eine Reibung erzeugt werde, sodass es die Rutschmatte verziehe und der Rutschende dadurch die Kontrolle verlieren. Die Kombination der Beschaffenheit der Rutsche und deren Material, zusammen mit dem Material und der Beschaffenheit der Rutschmatte, stelle eine enorme Gefahrenquelle dar, die unzweifelhaft zu vorliegendem Schaden geführt habe. Mithin sei es an dem Tag regnerisch gewesen, sodass die Rutsche und die Teppiche teilweise nass gewesen seien. Unter diesen Umständen habe das ... gesperrt werden müssen oder es hätten zumindest entsprechende Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden müssen in Form von Trocknen der Rutsche und der Matten, entsprechendes anweisendes Aufsichtspersonal oder gar des Sperrens der Rutsche. Der Unfall des Klägers habe sich aufgrund der Verkehrssicherungspflichtverletzung durch die Beklagte ereignet. Die Beklagte habe diesen Unfall alleine verschuldet.
- 1.
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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 8.000 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seiner Rechtshängigkeit zu zahlen.
- 2.
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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 28.839,84 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
- 3.
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Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen künftigen materiellen und immateriellen Schaden aus dem Unfallgeschehen vom 31.08.2021 gegen 15:30 Uhr in dem Freizeitpark ..., zu ersetzen, soweit diese nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
- 4.
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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Nebenkosten außergerichtliche Rechtsanwalt Kosten in Höhe von 887,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.
14
Die Beklagte beantragt
K l a g e a b w e i s u n g.
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Die Beklagte beruft sich – nur vorsorglich – auf das eigene Verschulden des Klägers (§ 254 BGB), welches letztendlich zu den Verletzungen am rechten Knöchel geführt habe.
16
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen ... nebst schriftlicher Ergänzung sowie durch mündliche Anhörung des Sachverständigen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten vom 07.03.2023, die ergänzende schriftliche Stellungnahme vom 02.06.2023 und das Protokoll vom 28.07.2023 Bezug genommen.
17
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 8. 20.11.2022 und 28.07.2023 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unbegründet.
19
Der Kläger hatte gegen die Beklagte keinen Schadensersatzanspruch. Eine Verletzung der Verkehrsversicherungspflicht durch die Beklagte liegt nicht vor.
20
Die Klage ist unbegründet.
21
Die Beklagte hat die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt.
22
Daher hat der Kläger gegen die Beklagte weder vertragliche noch deliktische (§ 823 I BGB) Ansprüche.
23
Die Verletzungen des Klägers beruhen nicht auf einer Verkehssicherungspflichtverletzung der Beklagten. Es hat sich hier vielmehr das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht, das bei der Benutzung einer Freizeiteinrichtung besteht. Zudem liegt eine unsachgemäße Nutzung der Rutsche durch den Kläger vor. Der hat entgegen der Hinweise die Rutsche zusammen mit seine über 6 Jahre alten Tochter genutzt, obwohl die gleichzeitige Nutzung der Rutsche durch einen Erwachsenen und Kind nur zulässig ist, wenn das Kind unter 6 Jahre alt ist.
24
1. Das Gericht ist zunächst davon überzeugt, dass sich der Kläger bei der Nutzung der Rutsche die betreffenden Verletzungen zugezogen hat.
25
a. Die Beklagte hat den Unfallhergang mit Nichtwissen bestritten.
26
b. Der Kläger gab im Rahmen seiner informatorischen Anhörung an, es habe kurz nach dem Losrutschen einen Ruck gegeben. Dadurch sei sein rechter Fuß aus der Rutschmatte gekommen, an die Bande gelangt und dann habe es schon gescheppert. Dadurch habe er sich am rechten Fuß verletzt.
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c. Nach den glaubhaften Schilderungen des Klägers hat das Gericht keinen Zweifel daran, dass sich der Kläger bei der Nutzung des ... der Beklagten die streitgegenständlichen Verletzungen zugezogen hat. Zudem wurde der Kläger unmittelbar nach dem Benutzen der Rutsche notärztlich versorgt.
28
2. Für eine Verkehrssicherungspflicht gilt folgendes:
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a. Wer in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenlage gleich welcher Art für Dritte schafft oder andauern lässt, zum Beispiel durch Öffnen eines Verkehrs, Errichtung bzw. Betrieb einer Anlage oder Übernahme einer Tätigkeit, die mit Gefahren für Rechtsgüter Dritter verbunden ist, hat Rücksicht auf diese Gefährdung zu nehmen und deshalb die allgemeine Rechtspflicht, diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich und ihm zumutbar sind, um die Schädigung Dritter möglichst zu verhindern (Grüneberg/Sprau, BGB, 82. A. § 823 Rz. 46).
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b. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren (BGH NJW 2008, 3775, beck-online). Zu berücksichtigen ist jedoch, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Haftungsbegründend wird eine Gefahr erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden. Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur die Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält. Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren und die den Umständen nach zuzumuten sind (vgl. BGH NJW 2014, 2104 Rn. 9; BGHZ 195, 30 = NJW 2013, 48 Rn. 7, jew. mwN). Kommt es in Fällen, in denen hiernach keine Schutzmaßnahmen getroffen werden mussten, weil eine Gefährdung anderer zwar nicht völlig ausgeschlossen, aber nur unter besonders eigenartigen und entfernter liegenden Umständen zu befürchten war, ausnahmsweise doch einmal zu einem Schaden, so muss der Geschädigte – so hart dies im Einzelfall sein mag – den Schaden selbst tragen (vgl. BGH NJW 2014, 2104 Rn. 9; BGHZ 195, 30 = NJW 2013, 48 Rn. 8, jew. mwN; NJW 2021, 1090 Rn. 9, beck-online.)
31
c. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 II BGB) ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. BGH, VersR 1972, 559 [560] = BeckRS 1972, 30385231; NJW-RR 2003, 1459 = VersR 2003, 1319; NJW 2006, 610 und NJW 2007, 1683 = VersR 2007, 659). Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind (vgl. BGH, VersR 1963, 532; VersR 1967, 801 = BeckRS 1967, 30394646; NJW-RR 2002, 525 = VersR 2002, 247; NJW-RR 2003, 1459 = VersR 2003, 1319; NJW 2006, 610 = VersR 2006, 233; NJW 2006, 2326 = VersR 2006, 1083 [1084] und NJW 2007, 1683 = VersR 2007, 659; BGHNJW 2008, 3775, beck-online).
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d. Der Betreiber einer Sport- und Spielanlage braucht demnach zwar nicht allen denkbaren Gefahren vorzubeugen. Die Verkehrssicherungspflicht erfordert jedoch regelmäßig den Schutz vor Gefahren, die über das übliche Risiko bei der Anlagenbenutzung hinausgehen, vom Benutzer nicht vorhersehbar und für ihn nicht ohne Weiteres erkennbar sind (vgl. BGH, NJW 1978, 1626 = VersR 1978, 739; BGH, NJW 2007, 2549 [2551]; OLG Köln, VersR 2002, 859 [860]; OLG Celle, NJW 2003, 2544 = NZV 2004, 142). Der Umfang der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen richtet sich insbesondere danach, welcher Grad an Sicherheit bei der Art des Spiel- bzw. Sportgeräts und dem Kreis der dafür zugelassenen Benutzer typischerweise erwartet werden kann. Bei einem Spielgerät, das für Kinder (ab vier Jahren) freigegeben ist und ohne besondere Aufsicht benutzt werden konnte, muss ohne ausdrücklichen Hinweis grundsätzlich nicht damit gerechnet werden, dass es bei bestimmungsgemäßer Benutzung zu lebensgefährlichen Verletzungen kommen kann (BGH NJW 2008, 3775, beck-online). Demgegenüber dürfen überschaubare und von vornherein erkennbare Gefahren in Kauf genommen werden (BGH VersR 1978, 739 = NJW 1978, 1629; OLG Hamm VersR 1979, 943 u. ZfSch 1999, 50 = RuS 1999, 23; OLG Köln VersR 1989, 159). Auch können Vorkehrungen gegen jede denkbare, nur entfernt liegende Möglichkeit einer Gefährdung nicht verlangt werden (BGH VersR 1978, 561 = NJW 1978, 1629). Jedoch darf die – vorgeschriebene – sachgemäße Benutzung einer Anlage zumindest nicht mit erheblichen Gefahren verbunden sein (BGH VersR 1962, 825; OLG München VersR 1974, 200; OLG Köln a.a.O.).
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e. Nach der Rechtsprechung muss zwar derjenige, der wie hier durch Eröffnen und Betreiben eines Freizeitparkes eine Gefahrenquelle schafft, alle nach Lage der Verhältnisse notwendigen Vorkehrungen zum Schutz von Kunden treffen. Allerdings muss nicht jeder abstrakten Gefahr durch vorbeugende Maßnahmen begegnet werden, eine absolute Sicherheit kann und muss nicht gewährleistet werden. Haftungsbegründend wird eine Gefahr erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden könnten. Es bedarf dabei nur solcher Sicherungsmaßnahmen, die ein verständiger und umsichtiger und in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für sich ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schaden zu bewahren (LG Frankenthal Urt. v. 24.4.2013 – 2 S 292/12, BeckRS 2013, 16553, beck-online).
34
f. Der Betreiber eines Freizeitparks, der Spiel- und Unterhaltungsgeräte an Parkbesucher gewerblich zur Nutzung überlässt, hat darauf zu achten, dass nur konstruktiv sichere Geräte eingesetzt und dass sie nur für den vom Hersteller vorgesehenen Verwendungszweck genutzt werden. In Bezug auf die Konstruktion der Produkte treffen ihn grundsätzlich keine höheren Verkehrspflichten als den Hersteller, der das entsprechende Produkt in Verkehr gebracht hat. Bei einem Spielgerät, dessen Reiz für den Benutzer darin liegt, seine eigene Geschicklichkeit auszuprobieren, ist keine absolute Sicherheit für die persönliche Integrität zu gewährleisten. Die Verkehrserwartung geht vielmehr lediglich dahin, dass keine unvertretbaren und nicht vorhersehbaren Verletzungsfolgen eintreten, wenn ein Benutzer unter Berücksichtigung des zugelassenen Lebensalters und des vorhandenen Gefahrwissens in Selbstüberschätzung des eigenen Leistungsvermögens zu Fall kommt (OLG Celle NJW 2003, 2544, beck-online).
35
g. Der Hersteller eines Spielgeräts hat in Bezug auf dessen konstruktive Anforderungen regelmäßig die anerkannten Regeln der Technik einzuhalten; damit darf er sich begnügen, soweit diese Regeln nicht hinter der technischen oder wissenschaftlichen Entwicklung und jüngeren Gefahrerkenntnissen herhinken (OLG Celle NJW 2003, 2544, beck-online). Die anerkannten Regeln der Technik entsprechen den Standards des öffentlichen Produktsicherheitsrechts (vgl. § 6 I ProdSG und § 3 I 2 GSG). Überbetriebliche technische Normen, wie unter anderem DIN-Normen, haben die Vermutung für sich, dass diese Regelwerke die anerkannten Regeln der Technik wiedergeben (BGH, VersR 1972, 767 [768]; s. ferner VersR 1971, 741 [742]; Foerste, § 24 Rdnr. 38). Die Wahrung der Sicherheitsstandards derartiger Regelwerke indiziert die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik (OLG Celle NJW 2003, 2544, beck-online).
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h. Besteigt der Besucher eines Freizeitparks Anlagen, deren Nutzung erkennbar eine gewisse Risikobereitschaft voraussetzt, hat er die Folgen einer Verwirklichung des Risikos – abhängig von den Umständen des Einzelfalles – unter Umständen selbst zu tragen (Geigel Haftpflichtprozess/Haag, 28. Aufl. 2020, Kap. 14 Rn. 185).
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3. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ergibt sich keine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten.
38
a. Die im TÜV-Bericht vor dem Unfall festgestellten Mängel betreffen nicht den Bereich der Rutsche, in dem sich der Unfall ereignet hat. Etwaige zum Unfallzeitpunkt noch vorhandene Mängel wären daher nicht für den Unfall des Klägers kausal.
39
b. Nach dem Ergebnis des Gutachtens des Sachverständigen ... liegt keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte vor.
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a. a. Der Sachverständige hat folgende überzeugende Feststellungen, denen sich das Gericht anschließt und die es sich zu eigen macht, getroffen:
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(1) Eine Rutsche als eine einfache Vergnügungsparkanlage nach DIN EN 13814-1:2019-11 kann in ihrer grundlegenden Konstruktion je nach Ausführung mit einer Spielplatzrutsche nach DIN EN 1176-3 verglichen werden. Dies wird in DIN EN 13814:2019-11 festgelegt. Relevante Faktoren sind Höhe, Neigung (Steilheit), Kurvenradien und deren Abschätzung über den Verlauf der Rutsche. Abweichungen von den Anforderungen sind für Rutschen als Vergnügungsparkanlage zulässig. Gegebenenfalls müssen Fahrmittel zur Verfügung gestellt werden. Wesentliche sicherheitsrelevante Merkmale einer Spielplatzrutsche sind u.a. die freie Fallhöhe und die maximale Neigung. Die freie Fallhöhe darf 3 m nicht überschreiten, der maximale Neigungswinkel darf bis zu 60° betragen. Zu beachten ist, dass Spielplatzrutschen zwar hauptsächlich für Kinder geeignet sein müssen, aber auch Erwachsene zu berücksichtigen sind. Fahrmittel wie Rutschmatten sind nicht vorgesehen. Rutschen als Vergnügungsanlagen werden üblicherweise für alle Altersklassen konstruiert, wobei es für Kinder unterhalb eines bestimmten Alters Einschränkungen für die Nutzung geben kann. Häufig ist die Nutzung nur zusammen mit Erwachsenen gestattet. Die betreffende Rutsche hat zwar eine größere Höhe als eine Spielplatzrutsche, sowie eine größere Neigung und muss mit Rutschmatten benutzt werden, kann aber in ihrer Risikowahrnehmung durch die vorgesehenen Nutzer (Kinder älter als 6 Jahre oder Erwachsene) mit Spielplatzrutschen verglichen werden. Höhe und Neigung sind problemlos erkennbar und Kurvenradien nicht vorhanden. Rutschmatten haben entfernt Ähnlichkeit mit Schlitten, Bob Schlitten oder ähnlichen Geräten, sodass die Verwendung von Rutschmatten keine unbekannte Variable darzustellen sollte. Sofern es beim Einstieg in die Rutsche dennoch Bedenken gegen die Nutzung geben sollte, sind auf der Einstiegsplattform noch 2 Alternativen vorhanden, sodass ein Abstieg vom Rutschenturm nicht unbedingt notwendig ist. Die streitgegenständliche Rutsche hat eine freie Fallhöhe von 7,4 m und einen maximalen Neigungswinkel von 60°. Durch die Abdeckung im Laufe der Rutsche ist aber ein Absturz im Verlauf der Rutsche nicht möglich. Hier besteht also kein höheres Risiko. Ein Nutzer (Erwachsener oder Kind älter als 6 Jahre) kann, die Rutsche von unten betrachtet die Neigung und Länge wahrnehmen und somit eine persönliche, individuelle Risikoeinschätzung vornehmen.
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(2) Die nutzbare Rutschenbreite für das Gesäß mit 54 cm ist ausreichend, aber nicht zu groß. Die Rutschmatten bieten mit einer Breite von ca. 49 cm gegen genügend Platz und bei der Rutschen Breite von ca. 54 cm ausreichend Führung beim Rutschen.
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(3) Der Abstand von Seitenschutz zu Seitenschutz der Rutsche beträgt ca. 70 cm, so dass genügend Breite vorhanden ist.
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(4) Das quadratische Profil sorgt dafür, dass die nutzbare Rutschen Breite nicht zu groß ist, aber auch Personen mit breiterer Hüfte rutschen können, mit dem Rutschteppich ausreichend Führung haben, und gleichzeitig noch ausreichend Schulterbreite in der Tunnelrutsche vorhanden ist, sodass die Arme nicht am Körper anlegen müssen, sondern zum Beispiel die Ellenbogen abstehen können, ohne mit dem Seitenschutz zu kollidieren.
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(5) Die notwendigen Hinweise zur Nutzung der Rutsche, die auch die Beschränkung auf Personen über 6 Jahren für die Einzelnutzung bzw. die Nutzung für Personen unter 6 Jahren nur in Begleitung der Erwachsenen sowohl in Textform als auch als Piktogramm benennen, sind vorhanden. Die Hinweistafeln sind sowohl am Fuß des Rutschenturms als auch auf der Einstiegsplattform vorhanden.
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(6) Die Rutschmatten dienen dazu, dass die Rutschenden ausreichend Führung im Rutschenkanal haben und jeder Rutschende eine vergleichbare Geschwindigkeit erreicht. Ein nicht untypisches Fehlverhalten bei Rutschen ist, dass rutschende Personen absichtlich oder unabsichtlich zu langsam rutschen oder anhalten. Durch die Verwendung einer Rutschmatte sind die Möglichkeiten hierzu stark eingeschränkt, insbesondere das unabsichtliche bremsen. Die Rutschmatten sorgen dafür, dass keine Personen in der Tunnelrutsche verbleiben oder zu langsam rutschen, Kollisionen also ausreichend vermieden werden.
47
(7) Nach der Einschätzung des Sachverständigen ist die notwendige Risikobeurteilung der Konstruktion nach DIN EN 13814-1 in Art und Umfang korrekt durchgeführt worden und bei der Rutschen Konstruktion nur ein akzeptables Risiko (Restrisiko) verblieben. Die Risikobeurteilung des Betriebs sieht der Sachverständige ebenfalls als angemessen an. Es wurden die richtigen Entscheidungen im Hinblick auf das ganzheitliche Betriebskonzept getroffen, insbesondere was eine Altersbeschränkung unvorhersehbares Fehlverhalten angeht. Es ergibt sich damit ein annehmbares Restrisiko. Die Restrisiken werden in der Norm DIN EN 1176-1:2017-12, die Grundlage für die Norm DIN EN 1176-3:2017-12 ist in der Einleitung mit „Prellungen, Quetschungen und gelegentlich sogar zu gebrochenen Gliedmaßen“ beschrieben.
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(8) Die notwendigen Inspektionen während des Betriebs gemäß DIN EN 13814-3, Abschnitt 4.3, erfolgen nach den Unterlagen regelmäßig durch eine entsprechend anerkannte Prüfstelle, hier TÜV Süd.
49
(9) Die streitgegenständliche Rutsche hat zwar eine größere Höhe als eine Spielplatzrutsche sowie eine größere Neigung und muss mit Rutschmatten benutzt werden, kann aber in ihrer Risikowahrnehmung durch die vorgesehenen Nutzer (Kinder älter als 6 Jahre oder Erwachsene) mit Spielplatzrutschen verglichen werden. Höhe und Neigung sind problemlos erkennbar und Kurvenradien nicht vorhanden. Rutschmatten haben entferne Ähnlichkeiten mit Schlitten, Bobschlitten oder ähnlichen Geräten, so dass die Verwendung von Rutschmatten keine unbekannte Variable darstellen sollte. Sofern es beim Einstieg in die Rutsche dennoch Bedenken gegen die Nutzung geben sollte, sind auf der Einstiegsplattform noch zwei Alternativen vorhanden, so dass ein Abstieg vom Rutschenturm, nicht unbedingt notwendig ist.
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b. b. Die Konstruktion, der Betrieb und die Überprüfung von Rutschen in einem Freizeitpark, die keine Spielplatzrutschen sind, wird in der Normenreihe DIN EN 13814, Teile 1 bis 3 behandelt.
51
(1) Der Teil „Konstruktion, Bemessung und Herstellung“ legt grundlegende Anforderungen fest, um die Sicherheit bezüglich Entwurf, Berechnung, Herstellung und Aufstellung von dauerhaft installierten Vergnügungsanlagen, die für den Gebrauch durch Personen als Freizeitbeschäftigung vorgesehen sind, wie zB Rutschen, sicherzustellen.
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(2) Der Teil 2 „Betrieb, Instandhaltung und Gebrauch“ legt grundlegende Anforderungen fest, um die sichere Wartung, den sicheren Betrieb, die sichere Inspektion und Prüfung von Fahrgeschäften und Vergnügungsanlagen sicherzustellen.
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(3) Der Teil 3 „Anforderungen an die Überprüfung während Konstruktion, Bemessung, Herstellung, Betrieb und Gebrauch“ legt Anforderungen an notwendige unabhängige Inspektionen von Vergnügungsanlagen, die in Übereinstimmung mit EN 13814-1:2019 und EN 13814-2:2019 konstruiert, hergestellt, in Betrieb genommen und genutzt werden, fest.
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(4) Im Teil 1 der DIN EN 13814-1:2019-11 „Sicherheit von Fahrgeschäften und Vergnüungsanlagen – Teil 1: Konstruktion, Bemessung und Herstellung“ wird in Abschnitt 5.2.9 „Rutschbahnen, Rutschen usw.“ auf die DIN EN 1176-3 „Spielplatzgeräte und Spielplatzböden – Teil 3: Zusätzliche besondere sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren für Rutschen“ verwiesen, deren aktuelle Ausgabe vom Dezember 2017 ist.
55
(5) Grundlage für die DIN EN 1176-3 ist die DIN EN 1176-1:2017-12 „Spielplatzgeräte und Spielplatzböden – Teil 1: Allgemeine sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren“.
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(6) Für einzelne Abmessungen der betreffenden Rutsche wird noch die DIN 33402-2 „Ergonomie Körpermaße des Menschen Teil 2: Werte“ berücksichtigt.
57
(7) In der DIN EN 13814-1 wird eine Risikobeurteilung der Konstruktion und des Betriebs gefordert. Die Risikobeurteilung der Konstruktion wird unter anderem dazu verwendet, die richtige Entscheidung zur Werkstoffauswahl zu treffen. Ziel ist ein akzeptables verbleibendes Risiko (Restrisiko). Die Risikobeurteilung des Betriebs muss verwendet werden, um die richtigen Entscheidungen auf das ganzheitliche Betriebskonzept zu treffen (zB Alters-/Größenbeschränkung, Ein-/Aussteigen von Fahrgästen, vorhersehbares Fehlverhalten usw.), damit sich ein annehmbares Restrisiko aus jeder untersuchten ergibt.
58
(8) Bei der vorliegenden Rutsche handelt es sich um eine Vergnügungsanlage, also um eine Einrichtung, die den gewünschten Vergnügungseffekt oder die gewünschte Unterhaltung herbeiführt, wenn sich eine Person in erster Linie durch sein eigenes Handeln, durch sie hindurch oder auf ihr bewegt.
59
(9) Während des Betriebs der Vergnügungsanlage sind die Faktoren zu berücksichtigen, die die Sicherheit beeinflussen können. Hierzu gehören auch schlechte Witterungsbedingungen (zB starke und böige Winde oder starker Regen, der den Boden aufweichen kann).
60
(10) Sind für die Benutzung von Vergnügungsanlagen wegen schwer einzuschätzender Restrisiken bestimmte Maßnahmen durch die Nutzer zu berücksichtigen, ist darauf hinzuweisen.
61
(11) Eine Rutsche als eine einfache Vergnügungsanlage kann je nach Ausführung mit Spielplatzrutschen nach DIN EN 1176-3 verglichen werden. Relevante Faktoren sind Höhe, Neigung (Steilheit), Kurvenradien und deren Abschätzung über den Verlauf der Rutsche. Abweichungen von den Anforderungen der DIN EN 1176-3 sind für Rutschen als Vergnügungsanlage zulässig. Zu beachten ist, dass Spielplatzrutschen zwar hauptsächlich für Kinder geeignet sein müssen, aber auch Erwachsene zu berücksichtigen sind. Rutschen als Vergnügungsanlagen werden üblicherweise für alle Altersklassen konstruiert, wobei es für Kinder unterhalb eines bestimmten Alters Einschränkungen für die Nutzung geben kann. Häufig ist die Nutzung nur zusammen mit Erwachsenen gestattet.
62
c. c. Die Ausführung der streitgegenständlichen Rutsche entspricht den zugrunde liegenden Normen.
63
(1) Die notwendigen Hinweistafel zur Nutzung der Rutsche sind vorhanden.
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(2) Die Rutschmatten entsprechen den Anforderungen.
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(3) Die notwendige Risikobeurteilung der Konstruktion nach DIN EN 13814-1 ist korrekt durchgeführt worden.
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(4) Das bei der Rutschenkonstruktion verbliebene Restrisiko ist akzeptabel.
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(5) Die Risikobeurteilung des Betriebs ist angemessen. Es wurden die richtigen Entscheidungen im Hinblick auf das ganzheitliche Betriebskonzept getroffen, insbesondere was eine Altersbeschränkung und ein vorhersehbares Fehlverhalten angeht. Damit ergibt sich ein angemessenes Restrisiko.
68
(6) Die notwendigen Inspektionen während des Betriebs nach DIN EN 13814-3, Abschnitt 4.3, erfolgten nach den Unterlagen regelmäßig durch eine entsprechend anerkannte Prüfstelle, nämlich den TÜV Süd.
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(7) In der DIN EN 1176-3:2017-12 gibt es keine Angaben zu einer höchst zulässigen Geschwindigkeit. Dies ist u.a. deshalb schwierig, da keine angaben oder Vermutungen zu der Kleidung oder den Hilfsmitteln zum Rutschen getroffen werden können. Kleidung oder Hilfsmittel zum Rutschen beeinflussen wesentlich die Reibung und damit die erreichbare Höchstgeschwindigkeit. Insofern können auch bei Spielplatzrutschen hohe Geschwindigkeiten erreicht werden. Da der maximale Neigungswinkel bei Spielplatzrutschen bis zu 60° betragen darf, können die Höchstgeschwindigkeiten der streitgegenständlichen Rutsche und einer Spielplatzrutsche identisch sein. Denkbar wäre auch, dass bei einer Spielplatzrutsche sogar höhere Geschwindigkeiten erreicht werden, wenn die Kleidung oder andere Unterlagen eine geringere Reibung haben als die Rutschmatte zur streitgegenständlichen Rutsche. Mit der streitgegenständlichen Rutsche können über einen längeren Zeitraum höhere Geschwindigkeiten als bei einer „äußerlich ähnlichen“ Spielplatzrutsche. Die keine Hangrutsche ist, erreicht werden. Hiermit besteht eine höhere Eintrittswahrscheinlichkeit, dass z.B. ein Fuß hängen bleiben könnte, da die „Einwirkdauer“ der Gefährdung länger ist. Dadurch wird auch das Risiko größer, allerdings nur linear mit der (längeren) Rutschdauer. Das Risiko pro gerutschter Meter bleibt gleich. Im vorliegenden Fall hat sich der Unfall nach den Angaben des Klägers gleich zu Beginn des Rutschens ereignet. Zu Beginn des Rutschens wird eine Höchstgeschwindigkeit noch nicht erreicht. Daher kann eine überhöhte Rutschgeschwindigkeit für den Unfall nicht kausal geworden sein.
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(8) Eine Vergnügungsrutsche kann grundsätzlich auch für die Nutzung von mehr als einer Person gleichzeitig konstruiert werden.
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(9) Bei einer Rutsche kommt es bei einer Nutzung durch eine Person auf die Reife und die Körperbeherrschung an, nicht auf die Körpergröße. Schon kleine Kinder können, ggf. mit Hilfe von Erwachsenen eine Rutsche benutzen. Bei einer Vergnügungsrutsche muss also die Frage gestellt werden, ab welchem Alter Kinder in der Lage sein sollten, eine spezielle Vergnügungsrutsche zu nutzen. Sofern eine Vergnügungsrutsche durch mehr als eine Person genutzt werden soll, kommen zusätzlich noch die Aspekte der Körpermaße und der Notwendigkeit einer Kooperation ins Spiel. Die streitgegenständliche Rutsche darf von einem Erwachsenen und einem Kind unter sechs Jahren gemeinsam genutzt werden. Die relevanten Gesichtspunkte wie Reife, Kognition, Körpermaße, kooperatives Verhalten unter Berücksichtigung der vorhersehbaren Fehlanwendung wurden berücksichtigt.
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d. d. Die vom Kläger behaupteten Pflichtverletzungen haben sich daher nicht bestätigt.
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(1) Die Rutsche entsprach zum Zeitpunkt des Unfalls dem Stand der Technik.
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(2) Die Rutsche ist so konstruiert, dass ein Erwachsener mit einem Kind unter sechs Jahren die Rutsche nutzen kann. Im vorliegenden Fall hat der Kläger die Rutsche mit seiner Tochter genutzt, die bereits älter als sechs Jahre war. Er hat damit die Hinweise zur Nutzung der Rutsche nicht befolgt.
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(3) Das Material der Rutsche stellt keine erhebliche Gefahrenquelle dar, die ein Verziehen des Teppichs und damit einen Kontrollverlust der Rutschenden zur Folge haben könnte.
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(4) Die Kombination der Beschaffenheit der Rutsche und deren Material mit dem Material und der Beschaffenheit des Teppichs stellen keine übermäßige Gefahrenquelle dar. Rutsche und Teppich bzw. Rutschmatte entsprechen dem Stand der Technik.
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(5) Am Tag des Unfalls waren die Wetterbedingungen nicht so, dass ein Sperren des Rutschenparadieses oder andere Maßnahmen geboten waren.
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(6) Die im ...-Bericht vom 29.06.2021 genannten Mängel waren für den Unfall nicht ursächlich. Die dort gerügten Risse und Schweißnähte weisen keine solche Grate oder Erhöhungen auf, die vermuten lassen, dass eine Rutschmatte hänge bleiben kann. Die Schweißnähte sind immer noch ausreichend.
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(7) Auf dem Hinweisschild hinsichtlich der Nutzung wäre die Angabe einer Körpergröße eines Kindes kein sinnvollerer Faktor gewesen als das Alter. Im Gegenteil ist das Alter vorrangig vor der Körpergröße. Bei Vergnügungsrutschen können die Reife, das kognitive Vermögen oder ausreichende Körperbeherrschung für längere und/oder steilere Rutschen fehlen.
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(8) Die Rutsche wurde nach den Anforderungen der DIN EN 1176-3 konstruiert. Damit wird vermutet, dass die Rutsche als ausreichend sicher im Sinne des ProdSG gilt. Die Restrisiken werden durch die zuständigen staatlichen Institutionen als akzeptabel angesehen.
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(9) Die Rutschmatten sind so konstruiert, dass die Füße eines Erwachsenen oder eines Erwachsenen mit einem Kind unter sechs Jahren ausreichend Platz im Fußsack der Rutschmatte finden können. Die Oberseite des Sacks reicht bei korrekter Platzierung der Füße bis über die Mitte des Fußrückens, es sei denn, dass die Füße außerordentlich groß sind. Die Seitenränder des Fußsacks können ebenfalls den größten Teil des Fußes erfassen. Das relativ steife Material sorgt dafür, dass der Fußsack von sich heraus die vorgesehene Form vorgibt. Wenn die Füße korrekt platziert sind, besteht keine von der Rutschmatte ausgehende Gefahr, dass einer oder beide Füße aus der Rutschmatte heraustreten können. Wenn die Beine angezogen werden, können die Füße aus dem Fußsack gelangen. Es liegt dann eine falsche Nutzung vor.
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(10) Die Rutschmatten sind aus filzartigem Material hergestellt. Auf der Oberseite sind sie mit einer Kunststofffolie belegt, die auch als Nässeschutz dient. Das Gesamtmaterial ist so dick, dass eine gewisse Steifigkeit vorhanden und damit die Verformbarkeit gering ist. Auch bei (teil-)nassem/(teil-)feuchtem Zustand wird die Ausrichtung der Rutschmatte nicht beeinflusst.
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(11) Feuchtigkeit beeinflusst die Führung der Füße in der Rutschmatte durch den Fußsack nicht.
85
(12) Der Sachverständige konnte keine Ursache dafür feststellen, dass sich die Rutschmatte auf der Rutschmatte verzogen haben könnte. Der Kläger behauptet, die Rutschmatte habe sich im oberen Bereich gleich nach dem Start verzogen. Sie habe sich eher hinten verzogen, so dass sein Fuß aus dem Sack der Rutschmatte herauskam. Nach den Ausführungen des Sachverständigen ist es eher unwahrscheinlich, dass die Füße aus dem Rutschsack herausrutschen, wenn sie einmal korrekt platziert waren. Da müsste schon der Benutzer die Beine anziehen. Dann kann man mit den Füßen aus dem Fußsack herausrutschen. Durch das Benutzen der Rutschmatte entsteht kein höheres Risioko, mit den Füßen an der Rutschkante hängenzubleiben.
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4. Im Ergebnis hat sich hier das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht, das mit der Nutzung einer Rutsche verbunden ist. Die Verletzung, die der Kläger erlitten hat, liegt nicht außerhalb des annehmbaren Restrisikos bei der Nutzung einer Rutsche.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.