Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 16.11.2023 – B 4 K 20.596
Titel:

Freistellungserklärung, Änderung des Anlagentyps einer Windkraftanlage, Klage einer Umweltvereinigung

Normenketten:
UmwRG § 2 Abs. 4 S. 1 Nr. 2
BImSchG § 16 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1
Schlagworte:
Freistellungserklärung, Änderung des Anlagentyps einer Windkraftanlage, Klage einer Umweltvereinigung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 55438

Tenor

1. Die Klage wird hinsichtlich Ziff. 1 abgewiesen.
2. Der Klageantrag unter Ziff. 1 wird abgetrennt und unter dem neuen Az. B 2 K 23.972 fortgeführt.
3. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
4. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.  

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Freistellungserklärung des Landratsamts … (im Folgenden: Landratsamt) bezüglich der Errichtung und des Betriebs dreier Windenergieanlagen im Windpark … Bei dem Kläger handelt es sich um einen eingetragenen Verein, der nach seiner Satzung vorwiegend Ziele des Umweltschutzes fördert. Ihm wurde mit Bescheid vom … die Anerkennung zur Einlegung von Rechtsbehelfen nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) gemäß § 3 UmwRG erteilt.
2
Mit (seit 8. Juni 2020) bestandskräftigem Bescheid vom 12. Dezember 2014 erteilte das Landratsamt der Beigeladenen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von drei Windkraftanlagen auf den Fl.-Nr. … der Gemarkung … (RW 1), Fl.-Nr. … der Gemarkung … (RW 2) und Fl.-Nr. … der Gemarkung … (RW 3) des Typs … 2.5-120 des Herstellers … Hinsichtlich des Genehmigungsumfangs wurden im Bescheid bezüglich der Standorte folgende Angaben gemacht: RW 1, Hochwert 5562554, Fußpunkt über NN 474,5 m, Gesamthöhe 673,5 m; RW 2, Hochwert 5563036, Fußpunkt über NN 456,8 m, Gesamthöhe über NN 655,8 m; RW 3, Hochwert 5563356, Fußpunkt über NN 462,8 m, Gesamthöhe über NN 661,8 m. Aus den Gründen des Bescheids ergeben sich jeweils folgende Kenn- und Betriebsdaten der genehmigten Windenergieanlagen: Nabenhöhe: 139 m; Rotordurchmesser: 120 m; Gesamthöhe der Anlage: 199 m; Nennleistung: 2530 kW; Rotordrehzahl: Variabel von 8 bis 13 U/min; Anzahl Rotorblätter: 3 und max. Schallleistungspegel: 106,0 dB(A). Zum Vorliegen schädlicher Umwelteinwirkungen wurde auf ein Schallgutachten der TÜV … (im Folgenden: TÜV ….) vom 22. Januar 2014 verwiesen, wonach unter Einbeziehung der Vorbelastung die von den Windenergieanlagen ausgehenden Geräusche an allen Immissionsorten die zulässigen Immissionsrichtwerte der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) unterschritten. Ziffer IV. 3.1 des Bescheids enthält eine Bestimmung, wonach die Einhaltung einer tatsächlichen Beschattungsdauer an jedem Immissionsort acht Stunden pro Kalenderjahr und weiterhin 30 Minuten an einem Kalendertag nicht überschreiten dürfe. Dies sei durch eine Abschalteinrichtung der Windenergieanlage zu gewährleisten. Im Übrigen wird auf die Gründe des Bescheids verwiesen.
3
In den Behördenakten zum ursprünglichen Genehmigungsgutachten befinden sich ein Schallgutachten der TÜV … vom 22. Januar 2014 und ein Schattenwurfgutachten der TÜV … vom 18. Februar 2014. Auf den Inhalt beider Gutachten wird Bezug genommen. Im Wesentlichen lassen sich den Gutachten folgende Kennzahlen entnehmen:
Schallgutachten der TÜV … vom 22. Januar 2014

Immissionsort

Zusatzbelastung (Nachtstunden) dB(A)

Zusatzbelastung (Werktage) dB(A)

Zusatzbelastung (Sonn- und Feiertag) dB(A)

A

32,5

32,5

32,5

B

42,5

42,5

42,5

C

37,6

37,6

37,6

D

35,8

35,8

35,8

E

39,6

39,6

39,6

F

39,5

39,5

39,5

G

40,3

40,3

40,3

H

38,7

38,7

38,7

I

38,7

38,7

38,7

J

38,8

38,8

38,8

K

38,1

38,1

38,1

L

33,1

33,1

33,1

M

38,0

38,0

38,0

N

35,1

37,0

38,7

O

32,9

32,9

32,9

P

20,3

32,2

33,9

Q

31,5

33,4

35,1

R

39,1

41,0

42,7

Schattenwurfgutachten der TÜV … vom 18. Februar 2014

Immissionsort

Stunden/Jahr h/a

Max. Stunden/Tag [h/d]

A

0:00

0:00

B

67:11

0:53

C

63:17

0:49

D

45:35

0:42

E

38:19

0:35

F

21:19

0:22

G

11:55

0:21

H

0:00

0:00

I

41:49

0:29

J

44:52

0:28

K

48:17

0:30

L

37:47

0:32

M

55:34

0:37

N

22:27

0:24

O

0:00

0:00

P

22:25

0:23

Q

0:00

0:00

4
Am 10. August 2016 zeigte die Beigeladene die Änderung des Anlagentyps von … 2.5-120 hin zu … 2.75-120 an und beantragte, die Anlage RW 3 (Fl.-Nr. …, Gemarkung ….) um 65 m zu verschieben, um die bestehende Richtfunkstrecke der Vodafone GmbH (entsprechend den Auflagen im Genehmigungsbescheid) nicht zu stören. Ein entsprechender Bauantrag sei am 16. Juni 2016 im Bauamt des Marktes … eingereicht worden.
5
Mit Schreiben vom 6. Oktober 2016 teilte das Landratsamt der Beigeladenen mit, dass die angezeigte Änderung keine Genehmigungspflicht nach § 16 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) auslöse.
6
Am 26. August 2019 zeigte die Beigeladene eine erneute Änderung des Anlagentyps zur Anlage … 120-3000 (im Folgenden: … 120) an.
7
Zur Änderungsbegründung wurde ausgeführt, dass nun die Änderung des Anlagentyps von … 2.75-120 hin zu … 120 beabsichtigt werde. Bei einem Wechsel hin zum Anlagentyp … 120 würde es entsprechend dem Schallgutachten vom 5. Februar 2019 zu einer niedrigeren Schallbelastung aufgrund des niedrigeren und auch dreifach vermessenen Schallleistungspegels (104,8 dB(A) statt 106,0 dB(A)) kommen. Die Immissionswerte würden gleich bleiben oder sich sogar verbessern. Das Schattenwurfgutachten vom 5. Februar 2019 zeige, dass keine Erhöhung der Zusatzbelastung gegeben sei. Dies ergebe sich, unabhängig vom Gutachten, auch bereits aus dem Umstand, dass die Typenprüfung der verschiedenen Anlagentypen jeweils nach der gleichen Prüfnorm (DIBt 2012) erfolgt sei. Zusätzlich werde darauf hingewiesen, dass Turm und Rotorblätter bei der … 2.5-120 und … 2.75-120 sowie der … 120 jeweils vom gleichen Hersteller gefertigt würden. Bei der Änderung von der … 2.5-120 auf die … 2.75-120 habe sich die Höhe des Turms von 134,63 m auf 133,99 m verringert. Dieser Höhenunterschied wäre durch eine geringere Einbindetiefe des Fundaments ausgeglichen worden, sodass die Nabenhöhe letztlich identisch wäre. Analog verhalte es sich bei einem Wechsel von der … 2.75-120 zur … 120.
8
Dem beigefügten Datenblatt, der E-Mail der N. … AG vom 10. September 2018 sowie der Zeichnung der Anlage … 120 lässt sich entnehmen, dass der Anlagentyp … 120 eine Nabenhöhe von 139,8 m, einen Rotordurchmesser von 119,9 m, eine Gesamthöhe von 199,8 m, eine Nennleistung von 3.000 kW, eine Rotordrehzahl von 7 bis 12,75 U/min und einen maximalen Schallleistungspegel von 106,0 dB(A) aufweist. Die größere Naben- und Gesamthöhe von 80 cm könne durch ein Versenken des Fundaments um 80 cm ausgeglichen werden. Hierdurch würde das Fundament anstatt der 1,8 m nur noch 1 m über der Geländeoberkante liegen. Die in der Ausgangsgenehmigung festgesetzten Maximalhöhen über NN von 673,5 m, 655,8 m und 661,8 m könnten hierdurch eingehalten werden.
9
Die Stellungnahme der … vom 18. Dezember 2018 zum Gutachten vom 21. November 2018 weist aus, dass eine Änderung der Nabenhöhe auf 139 m durch eine Fundamentabsenkung an den neu geplanten Windenergieanlagen keinen negativen Einfluss auf die Standorteignung der Anlagen habe. Die gutachterliche Stellungnahme zur Standorteignung nach DIBt 2012 behalte weiterhin ihre Gültigkeit.
10
Aus einem Schreiben des Unternehmens … vom 17. Juli 2019 geht hervor, dass sich die verwendeten Hybridtürme der Typen … 3.0-120 und … 2.75-120 in der äußeren Form und Geometrie nur marginal in geringen Details unterschieden. Die Nabenhöhenanpassung auf 139 m sei sichergestellt und bereits vom TÜV geprüft worden. Hinsichtlich der Rotorblätter würden identische Blätter mit der Bezeichnung … 58.7 vom Hersteller … verwendet, sodass hier keine Unterschiede in der äußeren Bauform bestünden.
11
Das Unternehmen … nahm zur Frage der Hybridtürme mit Schreiben vom 1. August 2019 Stellung und führte aus, dass die Türme der Anlagenhersteller … (2.75 MW mit 120 m Rotorblattdurchmesser) sowie … (3,0 MW mit 120 m Rotorblattdurchmesser) aus demselben Ringbaukasten des modularen Hybridturmsystems … bestünden. Das Lastabtragungsverhalten sei identisch. Beide Türme würden über das gleichermaßen hohe Sicherheitsniveau bzgl. der Standsicherheit verfügen, da beide Türme beim TÜV … vor dem Hintergrund der DIBt RL 2012 geprüft worden seien.
12
Die TÜV … kommt im Schallgutachten vom 5. Februar 2019 zu dem Ergebnis, dass die Immissionsrichtwerte in der neu berechneten Konfiguration unter Berücksichtigung der Vorbelastungen bezüglich der Gesamtbelastung an allen Immissionsorten eingehalten würden. Zudem sind dem Gutachten folgende Kennzahlen zu entnehmen:
Schallgutachten der TÜV … vom 5. Februar 2019

Immissionsort

Zusatzbelastung (Nachtstunden) dB(A)

Zusatzbelastung (Werktage) dB(A)

Zusatzbelastung (Sonn- und Feiertag) dB(A)

A

31,0

31,0

31,0

B

40,7

40,7

40,7

C

36,6

36,6

36,6

D

35,6

35,6

35,6

E

39,6

39,6

39,6

F

39,4

39,4

39,4

G

40,2

40,2

40,2

H

38,0

38,0

38,0

I

37,9

37,9

37,9

J

37,9

37,9

37,9

K

37,0

37,0

37,0

L

31,5

31,5

31,5

M

36,1

36,1

36,1

N

33,3

35,2

36,9

O

31,3

31,3

31,3

P

29,2

31,1

32,8

Q

29,9

31,8

33,5

R

39,0

40,9

42,6

13
Das Schattenwurfgutachten der TÜV … vom 5. Februar 2019 weist aus, dass bei einer maximal möglichen Beschattungsdauer an neun Immissionsorten die Richtwerte überschritten würden. Die tatsächliche Belastung falle höchstwahrscheinlich geringer aus. Es werde eine Schattenabschaltung der richtwertüberschreitenden Windenergieanlage empfohlen. Das Gutachten enthält zudem folgende Werte:
Schattenwurfgutachten der TÜV … vom 5. Februar 2019

Immissionsorte

Stunden/Jahr [h/a]

Max. Stunden/Tag [h/d]

A

0:00

0:00

B

54:57

0:53

C

58:03

0:49

D

55:01

0:42

E

36:34

0:34

F

21:17

0:22

G

11:55

0:21

H

0:00

0:00

I

41:49

0:29

J

44:52

0:28

K

48:17

0:30

L

37:46

0:32

M

55:34

0:37

N

22:27

0:24

O

0:00

0:00

P

22:22

0:23

Q

0:00

0:00

14
Aus der immissionsschutztechnischen Stellungnahme des Landratsamts vom 26. August 2019 geht hervor, dass ein Gutachten der TÜV … (gemeint wohl: Schallgutachten vom 5. Februar 2019) vorgelegt worden sei, wonach auf Basis einer Dreifachvermessung ein Schallleistungspegel von 105,0 dB(A) pro Anlage ermittelt wurde und damit keine nachteiligen Umwelteinwirkungen zu erwarten seien. Aufgrund einer unveränderten Anlagengeometrie würden sich bezüglich des Schattenwurfs keine nachteiligen Auswirkungen ergeben.
15
Mit Schreiben vom 27. August 2019 teilte das Landratsamt der Beigeladenen mit, dass durch die Änderung des Anlagentyps (. … 120 statt ursprünglich … 2.75-120) keine nachteiligen Auswirkungen zu erwarten seien, die für die Prüfung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erheblich sein könnten. Eine wesentliche Änderung im Sinne von § 16 Abs. 1 BImSchG liege daher nicht vor, sodass ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren nicht erforderlich sei. Über eine mögliche Baugenehmigungspflicht werde die Bauabteilung in eigener Zuständigkeit entscheiden.
16
Am 10. Juni 2020 erteilte das Landratsamt der Beigeladenen eine Baugenehmigung bezüglich der im Jahr 2016 beantragten Verschiebung der Windkraftanlage RW 3.
17
Am 8. Juli 2020, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag, ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Klage erheben und beantragen,
Der Bescheid/die Bewilligung des Landratsamtes … vom 27.8.2019, Az. …, mit dem der Beigeladenen drei Windenergieanlagen des Typs … 120 auf den Flurstücken Nr. … der Gemarkung … (RW 1), … der Gemarkung … (RW 2) und … der Gemarkung … (RW 3) genehmigt wurde, wird aufgehoben.
18
Zur Begründung der Klage wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass es sich bei den geänderten Anlagen um völlig andere Konstruktionen eines anderen Herstellers, mit anderen Fundamenten, anderen Konstruktionsplänen und Befeuerungsanlagen sowie einer völlig anderen Bauart handele. Es liege je ein Aliud vor, das von der bisherigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht umfasst werde. Ein Vorgehen nach § 15 BImSchG verbiete sich daher. Zusätzliche Umweltbelange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 des Baugesetzbuches (BauGB) seien weder geprüft noch beachtet worden. Daneben würden aus der Änderung andere immissionsschutzrechtliche Belastungen resultieren. Zum einen seien Belange des Naturschutzes und Artenschutzes massiv betroffen. Zum anderen seien die dem Genehmigungsbescheid aus dem Jahr 2015 zugrunde liegenden Betrachtungen und Gutachten veraltet. Des Weiteren verstoße die Genehmigung gegen Art. 82 Abs. 1 i.V.m. Art. 83 Abs. 1 der Bayerischen Bauordnung (BayBO).
19
Mit Bescheid vom 14. Juli 2020 ordnete das Landratsamt, entsprechend dem Antrag der Beigeladenen vom 10. Juli 2020, die sofortige Vollziehung der Freistellungserklärung vom 6. September (gemeint wohl: Oktober) 2016 und vom 27. August 2019 (Änderung des Anlagentyps zu … 120) sowie der gesetzlichen Freigabewirkung vom 16. Dezember 2019 (Änderung der Befeuerung) an.
20
Mit Schriftsatz vom 20. Juli 2020 beantragte der Klägerbevollmächtigte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes den Erlass einer Zwischenverfügung sowie die aufschiebende Wirkung der Klage vom 8. Juli 2020 wiederherzustellen (Az. B 9 S 20.621).
21
Mit Schriftsatz vom 7. August 2020 beantragte die Bevollmächtigte der Beigeladenen,
die Klage abzuweisen.
22
Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 6. August 2020 wurde der Eilantrag abgelehnt (Az. B 9 S 20.621). Auf die Gründe des Beschlusses wird Bezug genommen.
23
Mit Schriftsatz vom 12. September 2020 trug der Klägerbevollmächtigte im Wesentlichen ergänzend vor, der Hersteller … habe am 3. Dezember 2019 ausgeführt, dass der Anlagentyp … 120 in verschiedenen Betriebsmodi gefahren werden könne, die zudem offenbar anhand der maximalen Rotorendrehzahl nicht eindeutig unterscheidbar seien. Indirekt habe der Hersteller bestätigt, dass die Windenergieanlage ohne geeignete Eingriffe in die Regelung den angegebenen Schallleistungspegel nicht einhalte. Er habe aber nicht erläutert, worin sich diese Betriebsmodi unterscheiden. Auch würden verschiedene Turm-Varianten, die offenkundig im Laufe der Zeit beim Anlagentyp … 120 Anwendung gefunden hätten, nicht thematisiert. Wie der Umweltschutzingenieur des Landratsamts … im Parallelverfahren (B 4 K 20.595) zu seiner Einschätzung vom 17. Dezember 2019 komme, bleibe unklar, insbesondere aber, warum aufgrund der Äußerungen des Herstellers der für die Einhaltung der prognostizierten Schallimmissionen notwendige Betriebsmodus garantiert werden sollte. Der für die Schallimmissionsprognose verwendete Schallleistungspegel von 105,0 dB(A) sei dem Gutachter von der Beigeladenen mitgeteilt worden, wie dieser im Schreiben vom 5. Februar 2019 schildere. Selbst eine nur oberflächliche Betrachtung der in diesem Schreiben geschilderten Dreifachvermessung des Anlagentyps … 120 lasse allerdings zahlreiche Ungereimtheiten erkennen. So werde in der Dachzeile des Deckblattes deutlich gemacht, dass hier ein „schalloptimierter Modus 1“ thematisiert werde, bei den verwendeten Einzelmessungen werde für mehrere Windgeschwindigkeitsklassen darauf hingewiesen, dass für belastbare Ergebnisse nicht genügend Messwerte vorlägen und aus der Tabelle 5-1 gehe zudem hervor, dass den drei Prüfberichten unterschiedliche Leistungskurven zugrunde gelegen hätten. Hinsichtlich des Hinweises unter dieser Tabelle führte der Klägerbevollmächtigte weiter aus, dass selbst die Fachleute des beauftragten Unternehmens anhand der Dokumentation der Einzelvermessungen nicht hätten feststellen können, ob diese unter identischen Betriebsbedingungen erfolgt seien, sondern sie seien hierfür auf eine – sehr unspezifische – Auskunft des Herstellers angewiesen gewesen. Zudem falle auf, dass die verwendeten Vermessungen lediglich Windgeschwindigkeiten von 6 bis 10 m/s in 10 m Höhe berücksichtigten. Bei Anwendung der unter dem Punkt „2 Umrechnungsmethode“ vom Gutachter angegebenen Formel und der ebenfalls dort genannten Referenzrauhigkeitslänge von 0,05 m ergäben sich daraus für die Nabenhöhe von 140 m der hier gegenständlichen Anlage Windgeschwindigkeiten zwischen 9,0 und 15,0 m/s. Die Anlaufgeschwindigkeit des Anlagentyps … 120 werde dagegen vom Hersteller mit 3 m/s auf Nabenhöhe angegeben. Da die Daten der Einzelmessungen zudem nicht erkennen ließen, dass der Schallleistungspegel bei einer Windgeschwindigkeit von 6 m/s in 10 m Höhe bereits deutlich unter dem der höheren Windgeschwindigkeiten liege, sei nicht sichergestellt, dass die Vermessungen tatsächlich den lautesten Betriebszustand (TA Lärm Ziffer 6.4) der Windenergieanlagen erfasst hätten. Im Gegenteil werde stattdessen der Schallleistungspegel bei „95% Nennleistung“ hervorgehoben, der für die schalltechnische Beurteilung jedoch irrelevant sei. Deshalb lasse sich feststellen, dass dieses Dokument offenkundig zumindest nicht die Anforderungen an eine den Vorgaben der Fördergesellschaft Windenergie und andere Erneuerbare Energien e.V. (FGW) entsprechende Dreifachvermessung erfülle und somit auch nicht als Basis für das Ansetzen von entsprechend verringerten Unsicherheiten dienen könne. Zudem sei aus dem vorgelegten Dokument nicht erkennbar, ob die vermessenen Anlagen überhaupt mit der hier streitgegenständlichen Anlage identisch seien. Allein die gleichlautende Anlagenbezeichnung des Herstellers sei dafür kein Kriterium. Bemerkenswert sei außerdem, dass die bereits am 4. April 2017 von der … AG in Auftrag gegebene „Ergebniszusammenfassung aus mehreren Einzelmessungen“ zwar am 18. Mai 2018 von der … (im Folgenden: Dreifachvermessung) vorgelegt worden sei, im Dokument „… 120 3.0MW – Technische Daten“ mit Stand vom Februar 2019 aber trotzdem weiterhin ein Schallleistungspegel von 106,4 dB(A) für den leistungsoptimierten Betrieb genannt werde.
24
Auch die auf der Dreifachvermessung aufbauende Schallimmissionsprognose enthalte mehrere weitere Auffälligkeiten: Der Gutachter erläutere nicht, warum er für die Bestandsanlagen … D4-48 lediglich eine Unsicherheit der Vermessung von 0,50 dB ansetze, obwohl für diesen Anlagentyp keine FGWkonforme Dreifachvermessung vorliege, warum er für den Anlagentyp … 2.75-120 eine Unsicherheit der Vermessung von lediglich 1,50 dB ansetze, obwohl für diesen Anlagentyp nach eigener Auskunft lediglich ein vom Anlagenhersteller prognostizierter Schallleistungspegel vorliege und warum er die Unsicherheit des Prognosemodells bei allen drei Anlagetypen mit lediglich 1,15 dB ansetze, obwohl sich aus der DIN ISO 9613-2 unmittelbar eine Unsicherheit von 1,5 dB ergebe (alle Daten in Tabelle 6 der Schallimmissionsprognose). Ebenfalls erkläre der Gutachter nicht, warum er pauschal davon ausgehe, dass die Schallimmissionen der Anlagen keine Tonhaltigkeit aufwiesen, obwohl die Rotorblätter des Anlagentyps … 120 laut Auskunft der Beigeladenen sowie des Herstellers … mit den Rotorblättern des Anlagentyps … 2.75-120 identisch sein sollten. Der Gutachter begründe in der Schallimmissionsprognose nicht, warum er noch in einer im Februar 2019 erstellten Prognose nicht das im September 2017 von der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) beschlossene Interimsverfahren anwende, es werde auf das Schreiben vom 22. Februar 2018 des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz an die Regierungen verwiesen. Bezüglich des Schattenwurfs bringt der Klägerbevollmächtigte vor, dass aus dem Schreiben des Herstellers GE vom 2. August 2016 nicht ersichtlich sei, dass die Anlagentypen … 2.5-120 und … 120 identische Rotorblätter hätten. In diesem Schreiben behaupte das genannte Unternehmen lediglich unsubstantiiert, dass es sich bei den genannten Anlagentypen „um zwei weitestgehend baugleiche Anlagen“ handele. In einer angehängten tabellarischen Gegenüberstellung dieser beiden Anlagetypen werde zum Bauteil „Rotorblatt“ aber angegeben, dass dieses für den Anlagentyp … 2.75-120 modifiziert worden sei, zusammen mit der Anmerkung „Serrations“. Das Schattenschlaggutachten enthalte keine Hinweise darauf, wie die angegebenen Ergebnisse konkret berechnet worden seien. Es würden weder die Eingangswerte erläutert, noch die verwendeten Formeln wiedergegeben. Wie die zuständige Behörde unter diesen Umständen überprüft habe, dass die beiden Anlagentypen bezüglich des periodischen Schattenschlags zu identischen Auswirkungen führten, bleibe ungeklärt. Es folgen Ausführungen zu den Abstandsflächen.
25
Mit Beschluss vom 16. November 2020 wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 6. August 2020 zurück (Az. 22 CS 20.1846). Auf die Gründe des Beschlusses wird Bezug genommen.
26
Mit Schriftsatz vom 23. November 2020 beantragte das Landratsamt für den Beklagten,
die Klage abzuweisen.
27
Zur Begründung wurde auf die Antragserwiderung im Verfahren Az. B 9 S 20.621 und auf die Begründung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. November 2020 (Az. 22 CS 20.1846) verwiesen. Aus der Stellungnahme im Beschwerdeverfahren ergibt sich im Wesentlichen, dass die durch die Änderung des Anlagentyps hervorgerufenen nachteiligen Auswirkungen offensichtlich gering und die Erfüllung der sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ergebenden Anforderungen sichergestellt seien, weshalb eine Genehmigung gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 BImSchG nicht erforderlich sei. Die Einschätzung, dass es zu einer relevanten Verschlechterung der Immissionswerte komme, sei unzutreffend. Vielmehr bleibe der prognostizierte Immissionsrichtwertanteil (IRWA) am Immissionsort E gleich, an allen anderen ergebe sich sogar eine Verringerung von bis zu 1,8 dB(A). Der Abstand zu den IRWA der TA Lärm als Grundlage der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 12. Dezember 2014 werde an 17 der 18 betrachteten Immissionsorten vergrößert. Die mit den Anzeigeunterlagen vorgelegte Dreifachvermessung des Anlagentyps … vom 18. Mai 2018 sei mit „schalloptimierter Modus 1,12,75 rpm“ bezeichnet. Die Vermessung der Anlage für eine Nabenhöhe von 140 m ergebe den – für die Schallimmissionsprognose maßgebenden – maximalen Schallleistungspegel (als Mittelwert der der Anlagen) von 105,0 dB(A) in der Windgeschwindigkeitsklasse 9 m/s bei der Referenzmesshöhe von 10 m (Tabelle 5-8). Im Datenblatt … 120-3.0 vom 12. September 2018 der … AG sei für den „leistungsoptimierten“ Betriebsmodus ebenfalls der Schallleistungspegel von 105,0 dB(A) angegeben. Der Bericht sei mit dem FGW-Konformitätssiegel gekennzeichnet und die in der Dreifachvermessung genannten Messinstitute besäßen nach dem Internetauftritt der FGW alle die FGW-Konformität. Damit seien die Hinweise zum Schallimmissionsschutz bei Windkraftanlagen des LAI beachtet, die wiederum im Windenergie-Erlass vom 1. September 2016 (BayWE) zur Anwendung empfohlen worden seien. Unter Abschnitt IV. 3 des Genehmigungsbescheides vom 12. Dezember 2014 sei festgesetzt, dass die Einhaltung der tatsächlichen Beschattungsdauern durch den Einbau und den Betrieb selbstständig wirkender Schattenwurfabschaltungen mit Strahlungssensoren sicher zu stellen seien. Diese Auflage stelle die Einhaltung der maximal zulässigen Beschattungsdauer von 30 min pro Tag und acht Stunden pro Jahr auch für die geänderte Anlage sicher, weshalb eine Verschlechterung der Schattenwurfimmissionen nicht zu erwarten sei.
28
Mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2020 verwies die Bevollmächtigte der Beigeladenen zur Begründung des Klageabweisungsantrags auf die Stellungnahmen im Eilverfahren (Az. B 9 S 20.621) und die Beschwerdeerwiderung vom 8. Oktober 2020. Durch den Typenwechsel der RW 1, RW 2 und RW 3 würden keine nachteiligen Auswirkungen durch Schallimmissionen hervorgerufen; die Schallimmissionen durch den gewechselten Typ … 120 seien von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 12. Dezember 2014 umfasst. Diese gestatte vom Genehmigungsumfang her gemäß Ziffer IV. 1.2 einen maximalen Schallleistungspegel von 106,0 dB(A). Schalloptimierte Betriebseinschränkungen seien nicht vorgesehen, sodass die Anlagen RW 1, RW 2 und RW 3 mit einem maximalen Schallleistungspegel von 106,0 dB(A) betrieben werden könnten. Dieser Maximalwert von 106,0 dB(A) als Schallleistungspegel sei auch Grundlage für die Einhaltung des Immissionsrichtwertes laut Ziffer IV. 2.1 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Vom Umfang des genehmigten Schallleistungspegels sei auch der Typenwechsel gedeckt; die … 2.75-120 weise einen dreifach vermessenen maximalen Schallleistungspegel von 106,0 dB(A) auf; die … 120 habe ebenso einen dreifach vermessenen maximalen Schallleistungspegel von 104,8 dB(A). Die Werte der Zusatzbelastung würden an den Immissionsorten „A – R“ auch unter Berücksichtigung des verschobenen Standorts der RW 3 geringer, weshalb geringere Schallimmissionen vorlägen. Der Kläger verkenne die Funktion einer FGWkonformen Dreifachvermessung. Der ermittelte Schallleistungspegel der … 120 von 104,8 dB(A) beruhe auf dem Ergebnisbericht der Dreifachvermessung, welche durch die FGWzertifizierte Stelle … (. ….) erstellt worden sei. Grundlage dafür seien drei Messreihen verschiedener Messinstitute gewesen. Zu der Monierung des Klägers, dass die Dreifachvermessung des festgestellten Schallleistungspegels nur einen eingeschränkten Betriebsmodus betreffe und nicht den Vollbetrieb der … 120, sei festzuhalten, dass es erstens auf den Betriebsmodus – ob Vollbetrieb oder eingeschränkter, leistungsreduzierter Betriebsmodus – nicht ankomme, da die zugrunde liegende immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 12. Dezember 2014 von ihrem Umfang her keinen bestimmten Betriebsmodus anordne, sondern gemäß Ziffer IV. 1.2 eine Betriebsweise gestatte, die einen Schallleistungspegel von bis zu maximal 106,0 dB(A) hervorrufen könne. Da die Genehmigung vom 12. Dezember 2014 einen Betrieb mit einem Schallleistungspegel von maximal 106,0 dB(A) gestatte, füge sich der dreifachvermessene Schallleistungspegel der … 120 mit 104,8 dB(A) ein, unabhängig von der Frage des Betriebsmodus. Die vom Hersteller verwendete Bezeichnung des „schalloptimierten Modus 1“ sei insoweit auch nicht missverständlich, da nicht etwa von „eingeschränktem Betriebsmodus“ oder „schallbeschränktem Betriebsmodus“ die Rede sei. Da die … 120 maximal eine Leistung von 12,75 Rotorumdrehungen pro Minute erbringen könne, handele es sich bei dem dreifachvermessenen „schalloptimierten Modus 1 (12.75 rpm)“ um den Vollbetrieb und damit um den maximal möglichen (lautesten) Schallleistungspegel mit 104,8 dB(A). Dies habe der Hersteller … AG nochmals auf Anfrage der Beigeladenen bestätigt. Das Vorbringen des Klägerbevollmächtigten, wonach der Bericht der Dreifachvermessung an Mängeln leide, sei nicht nachvollziehbar. Im Bericht zur Dreifachvermessung würden in der „Tabelle 5-8“ für fünf verschiedene Windgeschwindigkeiten je drei Messreihen aufgeführt. Bei der Windgeschwindigkeit von 6 m/s lägen zwei statt drei Messergebnisse vor. Es bestehe kein Anlass für Zweifel an der Gültigkeit und Belastbarkeit der – durch die FGWzertifizierte Stelle … – hieraus abgeleiteten Ergebnisse und Messreihen. Das Vorliegen von zwei Messergebnissen bei der Windgeschwindigkeit von 6 m/s habe nach Aussage der FGWzertifizierten Stelle … jedoch keinen Einfluss auf die Belastbarkeit und Gültigkeit für die Feststellung der immissionsrelevanten Schallleistung „lautester Betriebszustand (TA-Lärm Ziffer 6.4)“. Die angeblichen Mängel der Dreifachvermessung seien nicht substantiiert. Außerdem werde in der obergerichtlichen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass die Vermessung für 95% der Nennleistung gemäß den FGW-Richtlinien den schallimmissionsschutzrechtlichen Anforderungen genüge. Eine Dreifachvermessung sei eine Typenvermessung und erfolge nicht für jede einzelne zu errichtende Anlage im Voraus, sondern für den Typ … 120. Der Verweis auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 3. April 2019 (Az. 22 CS 19.345) sei falsch, da der Wechsel zwischen Anlagentypen und nicht die konkretisierten Einzelstückanlagen innerhalb eines Anlagentyps thematisiert würden. Soweit angezweifelt werde, dass der Anlagentyp … 120 einen Schallleistungspegel von 104,8 dB(A) habe und auf ein technisches Datenblatt verwiesen werde, in welchem der Schallleistungspegel mit 106,0 dB(A) angegeben werde, so habe sich dies auf die ursprüngliche Einfachvermessung bezogen. Nach Aussage des Herstellers habe dieser versäumt, den Wert entsprechend der Dreifachvermessung auf 104,8 dB(A) anzupassen. Hinsichtlich des Vortrags, dass die TÜV … in der Stellungnahme vom 5. Februar 2019 nicht das Interimsverfahren nach den LAI-Hinweisen zugrunde gelegt habe, sei entgegenzuhalten, dass es um die Frage gehe, ob der gestattete Schallleistungspegel durch den Typenwechsel eingehalten werde und darum, ob sich die Immissionskulisse aufgrund des Typenwechsels im Vergleich zur genehmigten Immissionskulisse nicht nachteilig verändere. Deshalb müsse in der fachgutachterlichen Stellungnahme der TÜV … vom 5. Februar 2019 das gleiche Prognoseverfahren zugrunde gelegt werden, wie bei der Genehmigungserteilung vom 12. Dezember 2014. Zu diesem Zeitpunkt habe es die LAI-Hinweise über die Einführung des Prognoseverfahrens „Interimsverfahren“ noch nicht gegeben. Hinsichtlich des Schattenwurfes sei festzuhalten, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 12. Dezember 2014 als Nebenbestimmung eine maximal zulässige Beschattungsdauer und die Anordnung einer Abschaltautomatik festlege; diese seien auch beim Betrieb der geänderten … 120-Anlage einzuhalten. Zudem sei eine nachteilige Veränderung des periodisch-geworfenen Schattens durch den Wechsel des Anlagentyps nicht zu besorgen, da die Länge und äußere Form der Rotorblätter identisch sei. Mit Blick auf die Standortverschiebung der RW 3 sei davon auszugehen, dass es sich um eine immissionsschutzrechtlich unwesentliche Änderung handele. Es sei jedoch zu bemerken, dass Streitgegenstand der Hauptsache ausweislich der Klage allein die Freistellungserklärung vom 27. August 2019 zum Typenwechsel der RW 1, RW 2 und RW 3 auf eine … 120 sei. Es gehe gerade nicht um die Freistellungserklärung vom 6. September 2016 zur geringen Standortverschiebung der RW 3. Insoweit unterstelle auch das Verwaltungsgericht Bayreuth einen falschen Klagegegenstand. Gleichwohl habe das Verwaltungsgericht Bayreuth zu Recht festgestellt, dass auch trotz der geringfügigen Standortverschiebung der RW 3 gemäß § 15 Abs. 2 BImSchG keine nachteiligen Umweltauswirkungen auf die immissionsschutzrechtlichen Schutzgüter zu besorgen seien. Der verschobene Standort der RW 3 sei von der Gestattungswirkung der bestandskräftig erteilten Genehmigung vom 12. Dezember 2014 umfasst. Durch die angeordnete Nebenbestimmung werde auch mit Blick auf den verschobenen Standort der RW 3 sichergestellt, dass es zu keiner Überschreitung der Schädlichkeitsgrenze von 30 Stunden pro Jahr und 30 Minuten pro Tag durch periodischen Schattenwurf komme.
29
Mit Schriftsatz vom 26. März 2021 stellte der Klägerbevollmächtigte über den bisherigen Antrag hinaus einen zusätzlichen Hilfsantrag und beantragte zuletzt,
1.
Der Bescheid/die Bewilligung des Landratsamts … vom 27.8.2019, Az. …, mit dem der Beigeladenen drei Windenergieanlagen des Typs … 120 auf den Flurstücken Nrn. … der Gemarkung … (RW1), … der Gemarkung … (RW 2) und … der Gemarkung … (RW 3) genehmigt wurde, wird aufgehoben.
2.
Hilfsweise, es wird festgestellt, dass die baurechtlichen Abweichungen des errichteten Anlagentyps nach …-120 3.0MW gegenüber dem mit Bescheid vom 12.12.2014 genehmigten Anlagetyp … 2.5-120 nach Art. 55 BayBO genehmigungspflichtig sind.
30
Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 19. Mai 2021 im Wesentlichen ergänzend ausgeführt, bezüglich der …-Dreifachvermessung sei festzustellen, dass es sich bei den Vorgaben der FGW lediglich um ein privates Regelwerk handele, welches im Gegensatz zu Rechtsnormen oder normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften keine Bindungswirkung für Behörden oder Gerichte entfalte. Selbst als Regelwerk mit Empfehlungscharakter seien die FGW-Richtlinien nur bedingt tauglich, da deren Annahmen durch technische Entwicklungen zumindest teilweise überholt seien. Die Frage nach der rechtlichen Bedeutung der FWG-Richtlinien stelle sich insbesondere dann, wenn diese im Widerspruch zur TA-Lärm stünden, bei der es sich um eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift handele. Die TA-Lärm lege unter Nr. 6.4 fest: „Maßgebend für die Beurteilung der Nacht ist die volle Nachtstunde (z.B. 1.00 bis 2.00 Uhr) mit dem höchsten Beurteilungspegel, zu dem die zu beurteilende Anlage relevant beiträgt.“ Hierzu ergebe sich aus dem Windenergiebuch ab Seite 89 insbesondere, dass der normierte Bereich von 6 bis 10 m/s standardisierter Windgeschwindigkeit somit mitunter nur noch das ganz obere Segment des Leistungsbereichs erfasse, so dass das Schallverhalten beim Anstieg der Leistung nicht mehr in diesem Fenster des Windgeschwindigkeitsbereichs der FGW-Richtlinie liege. Auch für die …-Dreifachvermessung seien drei Anlagenvermessungen verwendet worden, welche jeweils lediglich den von der FGW vorgegebenen Bereich von 6 bis 10 m/s standardisierter Windgeschwindigkeit berücksichtigen würden. Darüber hinaus seien die Einzelvermessungen teilweise mit dem Hinweis versehen: „Da in der vorliegenden Messung gemäß /1/ nicht genügend Messwerte vorliegen, können keine belastbaren Ergebnisse in dieser Binklasse berechnet werden.“ Im vorliegenden Fall würden in der …-Dreifachvermessung folgende Wertepaare aus standardisierter Windgeschwindigkeit und mittlerem Schallleistungspegel angegeben:

Standardisierte Windgeschwindigkeit

6 m/s

7 m/s

8 m/s

9 m/s

10 m/s

Gesamt-Schallleistungspegel

104,5 dB(A)

104,9 dB(A)

104,9 dB(A)

105,0 dB(A)

105,0 dB(A)

31
Bei zunehmender Windgeschwindigkeit nehme also auch der Schallleistungspegel monoton zu. Aus diesen Wertepaaren sei somit nicht sicher erkennbar, dass der Schallleistungspegel oberhalb eines bestimmten Betriebspunktes nicht weiter zunehme oder sogar wieder zurückgehe. Somit sei nicht sichergestellt, dass von diesem Messbereich auch der Betriebszustand mit dem höchsten Schallleistungspegel erfasst worden sei, was aber von der TA-Lärm gefordert werde. Da Angaben zur jeweiligen Nennleistung und/oder Rotordrehzahl fehlten, erfolge auch keine Aussage darüber, ob die vermessene Anlage in diesem Messbereich überhaupt ihre Nennleistung erreiche. Bei FGWkonformen Vermessungen werde (aus nicht nachvollziehbarem Grund) nicht die Windgeschwindigkeit in Nabenhöhe angegeben (obwohl diese als tatsächlicher Messwert vorliegen würde), sondern eine fiktive („standardisierte“) Windgeschwindigkeit in 10 m Höhe. Diese Umrechnung der Windgeschwindigkeit erfolge zudem nicht anhand der tatsächlichen Gegebenheiten des Standortes der vermessenen Anlage, sondern unter Annahme eines logarithmischen Windprofils – und somit einer stabilen Luftschichtung – sowie einer Rauhigkeitslänge von 0,05 m, obwohl diese Rauhigkeitslänge im Umfeld einer Windenergieanlage jedenfalls in Bayern regelmäßig auszuschließen sei. Erst durch die Vorgaben des FGW werde aus einem gemessenen Zusammenhang zwischen Schallleistungspegel und Windgeschwindigkeit auf Nabenhöhe ein fiktiver Zusammenhang aus Schallleistungspegel und „standardisierter Windgeschwindigkeit“. Es bleibe nicht nachvollziehbar, inwiefern die Vorgabe, den Schallleistungspegel maximal für den Betriebszustand zu ermitteln, in dem die Windenergieanlage lediglich 95% ihrer Nennleistung erreiche, eine rechtliche Relevanz haben sollte. Zwar behaupteten der Hersteller, die Beigeladene und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, dass der maximale Schallleistungspegel einer Windenergieanlage bereits bei 95% der Nennleistung der Anlage erreicht werde, jedoch nicht der Autor der Dreifachvermessung. Er schränke darüber hinaus sogar seine Aussage, dass die Windenergieanlage bei Erreichen der Nennleistung auch den maximalen Schallleistungspegel erreiche, mit dem Zusatz „im Allgemeinen“ ein. Die …-Dreifachvermessung enthalte keinerlei Hinweise darauf, bei welcher Geschwindigkeit die drei vermessenen Anlagen je ihre Nennleistung erreichen. Unter Nummer 4 finde sich aber immerhin zu jeder der drei vermessenen Anlagen die Angabe, bei welcher standardisierten Windgeschwindigkeit in 10 m Höhe die jeweilige Anlage 95% der Nennleistung erreiche. Bei Anlage 1 (Nummer 4.1) sei hierfür eine standardisierte Windgeschwindigkeit von 7,56 m/s angegeben und bei den Anlagen 2 (Nummer 4.2) und 3 (Nummer 4.3) jeweils eine standardisierte Windgeschwindigkeit von 7,97 m/s. Demnach sollten bei allen drei Anlagen auch etwa bei einer standardisierten Windgeschwindigkeit von 8 m/s der maximale Schallleistungspegel auftreten. Die Realität sehe aber anders aus, denn keine einzige dieser Anlagen erreiche ihren maximalen Schallleistungspegel bei 95% ihrer Nennleistung. Besonders erstaunlich sei aber, dass zwei der drei Anlagen ein angeblich unmögliches Verhalten zeigten: Der maximal gemessene Schallleistungspegel treffe erst deutlich oberhalb der Windgeschwindigkeit auf, bei der die Anlage 95% ihrer Nennleistung erzeuge. Ob noch höhere Windgeschwindigkeiten auch noch höhere Schallleistungspegel zur Folge hätten, lasse sich anhand der vorhandenen Messdaten zumindest nicht sicher ausschließen. Die unter Nummer 4 angegeben Daten zur standardisierten Windgeschwindigkeit in 10 m Höhe, bei der die jeweilige Anlage 95% der Nennleistung erreiche, lasse sich unter Anwendung der unter Nummer 2 angegebenen Gleichung (1) bei Verwendung der dort ebenfalls angegebenen Rauhigkeitslänge von 0,05 m wieder in die Windgeschwindigkeit auf Nabenhöhe umrechnen.
32
Während die Anlage 1 demnach 95% der Nennleistung (also 2.850 kW) bereits bei einer Windgeschwindigkeit auf Nabenhöhe von 10,70 m/s erreiche, benötigten die Anlagen 2 und 3 immerhin 11,94 m/s auf Nabenhöhe, um ebenfalls 95% der Nennleistung zu erzeugen. Laut den Angaben der …-Dreifachvermessung erzielten die beiden Anlagen mit 140 m Nabenhöhe selbst bei knapp 12,0 m/s auf Nabenhöhe aber erst 95% der Nennleistung. Dies erwecke zumindest den Eindruck, als seien diese Anlagen gezielt so gesteuert worden, dass sie die Nennleistung – und somit den maximalen Schallleistungspegel – erst bei einer deutlich höheren Windgeschwindigkeit erreichen. Eine alternative Leistungskurve, bei der der Anlagentyp … 120 seine Nennleistung tatsächlich erst bei einer Windgeschwindigkeit auf Nabenhöhe von mehr als 13 m/s erreiche, finde sich ebenfalls im Programm WindPro für die Anlage mit der Bezeichnung „… 120 3000 119.9 !O!.wtg“. Allerdings würde selbst nach dieser Leistungskurve die Anlage 95% der Nennleistung bereits bei einer Windgeschwindigkeit auf Nabenhöhe von etwa 11 m/s erzeugen, während die …-Dreifachvermessung diese Leistung bei den Anlagen mit 140 m Nabenhöhe erst für eine Windgeschwindigkeit auf Nabenhöhe von etwa 12 m/s angebe. Bei der hierzu passenden Leistungskurve sei deshalb die Nennleistung – und somit der höchste Schallleistungspegel – frühestens bei einer Windgeschwindigkeit auf Nabenhöhe von 14,5 m/s zu erwarten. Der Autor der …-Dreifachvermessung unterlasse jeglichen Hinweis darauf, worin konkret sich die jeweiligen Leistungskurven unterscheiden. Die Schallimmissionsprognose sei offenkundig fehlerhaft erstellt worden. Die Berechnung verstoße gegen die Vorgaben der TA-Lärm. Zum Zeitpunkt der Erstellung der Schallimmissionsprognose vom 5. Februar 2019 sei das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz bereits gut elf Monate alt gewesen. Dennoch sei die Schallimmissionsprognose weiterhin unter Anwendung des „alternativen Verfahrens“ nach Nummer 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 erstellt worden, ohne Anwendung der in den Nummern A.2.3.1 und A.2.3.4 der TA Lärm vorgeschriebenen Berechnung in Oktaven. Darüber hinaus habe die TÜV … für den Anlagentyp … 120 im Schallgutachten vom 5. Februar 2019 in Tabelle 6 einen „Zuschlag im Sinne der oberen Vertrauensbereichsgrenze“ in Höhe von 1,78 dB angegeben, während für den schalltechnisch nicht vermessenen Anlagentyp … 2.5-120 die Regelung aus Nummer 3.a) der LAI-Hinweise 2016 gelten dürfte. Zusätzlich zu den bereits vorgetragenen Aspekten sei die Schallimmissionsprognose wegen zahlreicher weiterer Fehler nicht als Entscheidungsgrundlage geeignet. Die bereits 2011 in Betrieb genommene Biogasanlage der … im Ortsteil … sei nicht als Vorbelastung berücksichtigt worden. Entgegen den Vorgaben nach Nummer A.2.3.4 der TA Lärm würden Schallreflexionen von der Schallimmissionsprognose nicht thematisiert und nicht berücksichtigt. Es sei aufgrund des komplexen Gebäudes und der baulichen Gegebenheiten auch nicht offensichtlich, dass Schallreflexionen grundsätzlich nicht auftreten könnten. Insbesondere bei den Immissionsorten, die laut vorgelegter Schallimmissionsprognose den nächtlichen Immissionswert nur knapp einhielten, müsse davon ausgegangen werden, dass unter Berücksichtigung von Schallreflexionen stattdessen eine Überschreitung des Immissionsrichtwertes vorliege. Entgegen der Annahme des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs handele es sich bei der Abschalteinrichtung nicht um einen unveränderten Anlagenbestandteil. Im Schattenwurfgutachten der TÜV … vom 5. Februar 2019 finde sich der Hinweis, dass dem Bericht als Anlage eine Beschreibung zur Schattenabschaltung der geplanten Anlagentypen … 120 und … 2.75-120 der jeweiligen Anlagenhersteller beigefügt sei. In diesen beiden Dokumenten würden sowohl das Schattenwurfmodul des ursprünglich genehmigten Anlagentyps beschrieben als auch das hiervon abweichende Schattenwurfmodul, welches stattdessen vom Hersteller … AG eingesetzt werde. Dass der Anlagenwechsel auch Auswirkungen auf die zum Einsatz kommenden wassergefährdenden Stoffe habe, sei naheliegend, weil sich der Aufbau der beiden Anlagen grundlegend unterscheide. Dass es etwa im Brandfall oder einer Havarie einer Windenergieanlage des Typs …120 ausreichen könne, auf die für den Typ … 2.5-120 hinterlegten Sicherheitsdatenblätter zurückgreifen zu können, sei nicht plausibel. Bei entsprechenden Wetterlagen (hohe Luftfeuchtigkeit oder Regen zusammen mit Temperaturen unter dem Gefrierpunkt) könnten sich auf den Rotorblättern von Windenergieanlagen Eisschichten bilden, welche aufgrund ihrer Trägheit bei Rotation des Rotors weggeschleudert würden. Auch bei stillstehendem Rotor könnten sich Eisbrocken lösen. Dies gefährde potentiell Menschen, Tiere und Sachgüter. Bei der Anlage RW 2 befinde sich ein öffentlicher Weg im Abstand von ca. 20 Metern zum Mastmittelpunkt. Dieser Abstand sei deutlich geringer als der Radius des Rotors (60 Meter), weshalb das Rotorblatt bei entsprechender Ausrichtung des Rotors über dem Weg schwebe. Zum Thema Arbeitsschutz seien im Rahmen des Änderungsanzeigeverfahrens keinerlei Unterlagen vorgelegt worden. Dass die Sicherheitshinweise für eine Anlage des Typs … 2.5-120 unverändert auch für einen Typ … 120 gölten, sei nicht plausibel. Die Anlage des Typs … 120 weiche gegenüber der ursprünglich genehmigten Anlage mindestens bezüglich des Fundamentes, des Turms, des Maschinenhauses und der Nabe erheblich ab.
33
Mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2023 erwiderte die Bevollmächtigte der Beigeladenen im Wesentlichen ergänzend, der Kläger habe die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 12. Dezember 2014 mit ihrem bestandskräftigen Genehmigungsinhalt und -umfang als Vergleichsgrundlage für die Bewertung der vorgenommenen Anlagentypänderung hinzunehmen. Durch den Typenwechsel der RW 1, RW 2 und RW 3 seien keine nachteiligen Auswirkungen durch Schallimmissionen zu befürchten. Die Schallimmissionen durch den gewechselten Typ … 120 seien von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 12. Dezember 2014 umfasst; diese gestatte vom Genehmigungsumfang her gemäß ihrer Ziffer IV. 1.2 einen maximalen Schallleistungspegel von 106,0 dB(A). Schalloptimierte Betriebseinschränkungen seien nicht vorgesehen, sodass diese Anlagen nach dem Inhalt der Genehmigung vom 12. Dezember 2014 mit einem maximalen Schallleistungspegel von 106,0 dB(A) betrieben werden können. Vom Umfang dieses genehmigten Schallleistungspegels sei der Typwechsel von einer … 2.5-120 auf eine … 120 gedeckt. Denn die … 120 habe einen dreifach vermessenen maximalen Schallleistungspegel von 105,0 dB(A). Soweit der Kläger in seiner Klagebegründung vom 12. September 2020 vortrage, dass der Schallleistungspegel nicht vom Gutachter der TÜV … selbst ermittelt worden sei oder dem Gutachter nur von der Beigeladenen mitgeteilt worden sei, so verkenne der Kläger zum einen die Funktion einer FGWkonformen Dreifachvermessung. Diese diene dazu, für den Anlagentyp … 120 den Schallleistungspegel fachlich zu belegen. Zum anderen sei es unzutreffend, dass dem TÜV-Gutachter nur von der Beigeladenen der Schallleistungspegel von 105,0 dB(A) mitgeteilt worden sei. Der ermittelte Schallleistungspegel der … 120 von 105 dB(A) beruhe nämlich auf dem Ergebnisbericht der Dreifachvermessung, welche durch die FGWzertifizierte Stelle … erstellt worden sei. Der erstmals in der ergänzenden Klagebegründung vom 19. Mai 2021 erhobene Einwand, die Dreifachvermessung sei zu beanstanden, weil diese anhand der FGWRichtlinie, Teil 1 Rev. 18 von 2008 vorgenommen worden sei, sei nicht nachvollziehbar und stelle die vorliegende Dreifachvermessung nicht substantiiert in Frage; die Anwendung der FGW-Richtlinie sei eine „Soll-Regelung“, sodass die Behörden auch – aber eben auch nur dann – sachgerecht und begründet davon abweichen könnten. Vorliegend habe das Landratsamt aber keine abweichende Forderung gestellt und der Kläger nicht substantiiert aufgezeigt, weshalb diese Entscheidung des Landratsamtes nicht zutreffend bzw. vertretbar sein soll. Das gelte umso mehr vor dem Hintergrund, als es vorliegend um die Bewertung der immissionsseitigen Relevanz der Anlagentypänderung im Vergleich zu dem genehmigten Anlagentyp … 2.5 – 120 gehe und die Vermessung des Schallleistungspegels für den Anlagentyp … 2.5 – 120 ebenfalls nach der FGW-Richtlinie, Teil 1 Rev. 18 erfolgt sei. Der Bericht der Dreifachvermessung leide nicht an Mängeln, weil bei den Einzelmessungen für mehrere Windgeschwindigkeiten ungenügende Messwerte sowie nicht belastbare Ergebnisse vorlägen: Im Bericht zur Dreifachvermessung würden in der „Tabelle 5-8“ für fünf verschiedene Windgeschwindigkeiten jeweils drei Messreihen aufgeführt. Bei der Windgeschwindigkeit von 6 m/s lägen zwei statt drei Messergebnisse vor. Es bestehe dennoch kein Anlass für Zweifel an der Gültigkeit und Belastbarkeit der – durch die FGWzertifizierten Stelle … – hieraus abgeleiteten Ergebnisse und Messreihen. Das Vorliegen von 2 Messergebnissen bei der Windgeschwindigkeit von 6 m/s habe nach Aussage der FGWzertifizierten Stelle … keinen Einfluss auf die Belastbarkeit und Gültigkeit für die Feststellung der immissionsrelevanten Schallleistung „lautester Betriebszustand (TA-Lärm Ziffer 6.4)“, was auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 16. November 2020 entsprechend festgestellt habe. Zum klägerischen Vortrag, bei FGWkonformen Vermessungen werde fehlerhaft eine fiktive „standardisierte“ Windgeschwindigkeit in 10 m Höhe genutzt und nicht die Windgeschwindigkeit in Nabenhöhe, sei zu sagen, dass es zwar dem Grunde nach richtig sei, dass zum damaligen Zeitpunkt der erfolgten drei Messungen Bezugsgröße bei der Vermessung die sog. standardisierte Windgeschwindigkeit in 10 m Höhe gewesen sei. Diesem Umstand werde aber durch die – auch hier erfolgte – Nabenhöhenumrechnung Rechnung getragen. Damit sei die Dreifachvermessung und Erstellung des Messberichtes zum Zeitpunkt ihrer Durchführung bzw. Erstellung nach dem damals geltenden Stand der Technik erstellt worden. Die erst im Nachhinein erfolgte Überarbeitung der DIN 61400-11 mit der aktuell vorliegenden Edition 3.1 habe bei der Durchführung der Dreifachvermessung und der Erstellung des Messberichtes denknotwendig noch nicht berücksichtigt werden können. Auch der Vortrag des Klägers, dass eine Betrachtung von 95% der Nennleistung für die schalltechnische Beurteilung irrelevant sei, sei fehlerhaft. In der obergerichtlichen Rechtsprechung werde davon ausgegangen, dass die Vermessung für 95% der Nennleistung gemäß der FGW-Richtlinie den schallimmissionsschutzrechtlichen Anforderungen genüge. Soweit der Kläger moniere, es sei nicht hinreichend klar, welcher Betriebsmodus vermessen worden sei bzw. ob die einzelnen Messungen jeweils im gleichen Betriebsmodus erfolgt seien, sei dem entgegenzuhalten, dass die in der Ergebniszusammenfassung aus mehreren Einzelmessungen vom 18. Mai 2018 verwendete Bezeichnung „schalloptimierter Modus 1 (12,75)“ dem an anderer Stelle angesprochenen „leistungsoptimierten Betrieb“ bei der maximalen Leistung des Anlagentyps von 12,75 Rotorumdrehungen pro Minute entspreche. Bereits durch den Klammerzusatz (12.75 rpm) in der Ergebniszusammenfassung vom 18. Mai 2018 werde deutlich, dass es sich bei dem vermessenen Betriebsmodus um die maximale Betriebsweise mit 12,75 Rotorumdrehungen pro Minute handele. Der Klammerzusatz in Gestalt „(12.75 rpm)“ beschreibe die Geschwindigkeit der Rotorumdrehungen und damit die exakte Betriebsweise. Da die … 120 maximal 12,75 Rotorumdrehungen pro Minute erbringen könne, handele es sich bei dem dreifachvermessenen „schalloptimierten Modus 1 (12.75 rpm)“ um den Vollbetrieb und damit um den maximal möglichen (also lautesten) Schallleistungspegel der … 120 mit 105,0 dB(A). Dies habe der Hersteller … AG nochmals auf Anfrage der Beigeladenen bestätigt. Das früher im Internet auffindbare technische Datenblatt, in welchem der Schallleistungspegel mit 106,0 dB(A) angegeben war, ziehe diese Feststellung nicht in Zweifel. Denn hierzu sei bereits im Eilverfahren nachvollziehbar dargelegt worden, dass sich dieser Wert auf die ursprüngliche Einfachvermessung bezogen habe und der Hersteller es versäumt hatte, den Wert entsprechend der Dreifachvermessung auf 105,0 dB(A) anzupassen. Ebenso lasse sich aus den mit der ergänzenden Klagebegründung vom 19. Mai 2021 vorgelegten weiteren technischen Datenblättern oder Angaben des Anlagenherstellers nicht auf eine leichte Veränderbarkeit des Schallleistungspegels im leistungsoptimierten Betrieb schließen. Denn soweit sich die Datenblätter und Angaben überhaupt auf den leistungsoptimierten Betrieb bezögen, handele es sich hierbei lediglich um Herstellerangaben, das heißt Werte die vom Hersteller lediglich (vorsorglich) berechnet worden seien. Spätestens mit dem Vorliegen einer Dreifachvermessung des Schallleistungspegels seien aber nicht mehr diese Herstellerangaben für die Bewertung der Schallauswirkungen maßgebend, sondern – jedenfalls in Deutschland – der dreifachvermessene Wert. Hinsichtlich der geltend gemachten Nichtberücksichtigung einer zwischenzeitlich hinzugekommenen Vorbelastung in der Schallprognose verkenne der Kläger erneut den Prüfungsmaßstab für die hier allein in Rede stehende Prüfung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit; eine Änderung der Vorbelastung und eine etwaig damit einhergehende höhere Schallbelastung sei nicht dem Wechsel des Anlagentyps geschuldet. Vielmehr müssten umgekehrt die neu hinzukommenden Anlagen die 2015 genehmigte Anlage als Vorbelastung berücksichtigen. Der – hier allein zu betrachtende – Anlagentypwechsel bewirke auch insoweit keine nachteiligen Umweltauswirkungen in Form von Schallimmissionen. Zudem seien durch den Typenwechsel auch nicht deshalb erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen in Form von Schallimmissionen zu erwarten, da in der Schallprognose keine Zuschläge für Ton- und Impulshaltigkeit vergeben worden seien. Denn auch für den geänderten Anlagentyp gelte nach wie vor die Nebenbestimmung IV. 2.3 aus der Genehmigung von 2014, wonach von der Windkraftanlage ausgehende Geräusche an den maßgeblichen Immissionsorten nicht impuls- oder tonhaltig sein dürften. In der bestandskräftigen Genehmigung vom 12. Dezember 2014 sei in der Nebenbestimmung angeordnet, dass durch eine entsprechende Abschaltautomatik sicherzustellen sei, dass der Schattenwurf aller Windkraftanlagen an den Wohngebäuden in der Umgebung die oben genannte Beschattungsdauer nicht überschreite; der Einbau einer bestimmten Art Schattenwurfabschalteinrichtung oder gar eines bestimmten Herstellers sei hingegen im Genehmigungsbescheid nicht angeordnet. Im Genehmigungsbescheid seien in den Nebenbestimmungen IV. 3.1 und IV. 3.2 zahlreiche weitere Vorgaben zur Programmierung und zu Dokumentationspflichten gemacht worden, die nach wie vor auch unter Berücksichtigung der vorgenommenen Änderung einzuhalten seien. Daher umfasse der Genehmigungsbescheid gleichermaßen eine Schattenwurfeinrichtung jedes anderen Herstellers. Auswirkungen von Schmierstoffen auf das Grundwasser oder den Wasserhaushalt für die Prüfung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG seien nicht erheblich, weil es sich insbesondere nicht um Immissionen im Sinne des § 3 Abs. 2 BImSchG handele.
34
Mit Schriftsatz vom 2. November 2023 äußerte sich das Landratsamt im Wesentlichen ergänzend dahingehend, dass es sich bei der FGW-Richtlinie grundsätzlich um eine von der LAI anerkannte und zulässige Richtlinie für die Beurteilung von Windkraftanlagen nach dem Stand der Technik handele. Auch schon im von Klägerseite zitierten Windenergie-Handbuch von Monika Agatz, 8. Ausgabe, Dezember 2011, werde die FGW-Richtlinie als technische Richtlinie dargestellt, die aufgrund ihres hohen Standards inzwischen umfassende Geltung erlangt habe. Außerdem werde in diesem Handbuch dargelegt, dass die FGWkonformen, standardisierten Messberichte heute eine wichtige Unterlage für Immissionsprognosen und Genehmigungsverfahren seien. Eine Diskussion über die Anwendbarkeit dieser Richtlinie sei für den vorliegenden Fall völlig unerheblich, da es hier nur darum gehe, ob für die Änderungen der Windkraftanlagen eine Anzeige nach § 15 BImSchG ausreichend gewesen sei oder nicht. Für diese Beurteilung müsse der Vergleich mit dem Genehmigungsbescheid und den darin angewandten Beurteilungsgrundlagen gezogen werden, was im vorliegenden Fall auch erfolgt sei. Unabhängig davon betrage der maximale Wert in der Dreifachvermessung der …-Anlagen 105,5 dB(A) (Messung 2 in … bei einer Windgeschwindigkeit in 10 m Höhe von 9 m/s, 95% der Nennleistung sollten bei 7,97 m/s erreicht werden). Es könne deshalb dahingestellt bleiben, ob der gemäß LAI und FGW-Richtlinie zulässige Ansatz eines Schallleistungspegels bei 95% der Nennleistung richtig oder falsch sei, denn auch der tatsächlich gemessene maximale Schallleistungspegel liege immer noch 0,5 dB(A) unter dem genehmigten Schallleistungspegel von 106,0 dB(A). Entscheidend für den maximalen Schallleistungspegel seien Leistung und Drehzahl. An diesen wesentlichen Parametern habe sich jedoch nichts geändert. Geringfügige Änderungen bei den Leistungskurven seien daher nicht von Bedeutung. Eine geänderte Leistungskurve wirke sich höchstens auf die genaue Lage des Maximums des Schallleistungspegels aus, aber nicht auf dessen Höhe. Der Abstand des lärmrelevanten Anlagenteils der Biogasanlage (Motor) zum nächst gelegenen Wohnhaus betrage etwa 100 m, der Abstand der Biogasanlage zu den Immissionsorten, die den Windkraftanlagen am nächsten lägen, betrage mehr als 300 m. Halte die 2010 baurechtlich genehmigte Biogasanlage an ihrem nächstgelegenen Immissionsort nachts einen Wert von 45 dB(A) ein, sei an den für die Windkraftanlagen relevanten Immissionsorten mit nur noch etwa 35 dB(A) oder weniger zu rechnen. Damit leiste die Biogasanlage an den für die Windkraftanlagen bedeutsamen Immissionsorten gemäß TA-Lärm keinen relevanten Beitrag mehr. Hielten die WKA den im Bescheid festgesetzten Schallleistungspegel von 106,0 dB(A) ein, würden an den Immissionsorten folgende Immissionsrichtwertanteile (IRWA) inklusive Unsicherheitszuschlag von 2,66 dB(A) erreicht:
… 10: 38,7dB(A)
… 8: 38,7 dB(A)
… 6: 38,8 dB(A)
… 34: 38,1 dB(A)
35
Die IRWA lägen damit mindestens 6 dB(A) unter dem maximal zulässigen Immissionsrichtwert von 45 dB(A). Gemäß Ziff. 3.2.1 der TA-Lärm dürfe die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage auch bei einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte aufgrund der Vorbelastung aus Gründen des Lärmschutzes nicht versagt werden, wenn der von der Anlage verursachte Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen sei. Das sei in der Regel der Fall, wenn die von der zu beurteilenden Anlage ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte am maßgeblichen Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreite, was hier erfüllt sei. Damit spiele die Biogasanlage weder für die Genehmigung noch für die angezeigte Änderung eine Rolle; wäre die tatsächliche Vorbelastung der Biogasanlage berücksichtigt worden, wären für die Windkraftanlagen noch höhere Werte zulässig gewesen. Zu den fehlenden Zuschlägen für Ton-, Impuls- und/oder Informationshaltigkeit werde auf die Auflagen Ziff. IV. 2.1 und 2.3 im Genehmigungsbescheid verwiesen. Dadurch sei sichergestellt, dass ein Schallleistungspegel von 106,0 dB(A) eingehalten werde und keine ton- oder impulshaltigen Geräusche aufträten. Dies gelte sowohl für die ursprünglich genehmigten Anlagen als auch für die angezeigten, geänderten Anlagen. Auch wenn sich die eingesetzten Schattenwurfabschalteinrichtungen der beiden Anlagentypen unterscheiden könnten, lasse sich daraus noch keine erhebliche Beeinträchtigung ableiten, die gegebenenfalls eine wesentliche Änderung nach § 16 hätte auslösen können. Entscheidend für die Beurteilung, ob eine wesentliche Änderung vorliege, sei die theoretische Schattenwurfberechnung. Hätte die neue Schattenwurfberechnung für weitere Immissionsorte als bisher eine Abschaltautomatik erfordert oder für relevante Immissionsorte eine wesentlich höhere Beschattungsdauer als bisher, so wäre eine Anzeige nach § 15 BImSchG nicht mehr ausreichend gewesen. Dies sei hier aber nicht gegeben. Es habe sich für lediglich einen Immissionsort (IO D, …, ….) eine längere Schattenwurfdauer ergeben und für diesen Immissionsort sei bereits von Anfang an eine Überschreitung der zulässigen Werte festgestellt worden, weshalb hier auch die Schattenwurfabschalteinrichtung vorgesehen sei. Weiterhin stellten die Auflagen unter Ziff. IV. 3.1 und 3.2 des Genehmigungsbescheids einen ausreichenden Schutz der betroffenen Anwohner sicher. Von Seiten des Landratsamts könne schließlich jederzeit der Nachweis über die Wirksamkeit der Schattenwurfabschaltautomatik durch einen unabhängigen Sachverständigen gefordert werden. Es sei zudem nicht ersichtlich, wie der Klägerbevollmächtigte darauf komme, dass im Schattenwurfgutachten nicht alle maßgeblichen Immissionsorte berücksichtigt worden seien. Sowohl im ursprünglichen Schattenwurfgutachten von 2014 sowie dem Addendum von 2016 und dem Addendum von 2019 seien immer an jeder Stelle 17 Immissionsorte betrachtet und berechnet worden. Die einzige Seite auf der nur von 15 Immissionsorten die Rede sei, sei im Ursprungsgutachten von 2014 und dabei gehe es ausschließlich darum, dass offensichtlich „nur“ 15 Immissionsorte besichtigt und zu diesen Fotos aufgenommen worden seien. Es sei nicht so, dass hier nur 15 Immissionsorte berücksichtigt worden seien. Aus dem weiteren Text des Gutachtens ergebe sich eindeutig, dass bei zwei Immissionsorten die Fassaden im Rahmen der Standortbesichtigung nicht einsehbar gewesen seien. Deshalb sei für diese beiden Fälle (um allen möglichen Gegebenheiten gerecht zu werden) ebenfalls der sog. Gewächshausmodus angewandt worden, wie für etliche andere Immissionsorte auch, die mit mehreren Fassaden dem Windpark zugewandt seien. Es sei offensichtlich, dass von nicht einsehbaren Fassaden keine Fotos gemacht werden könnten; der Begriff „besichtigen“ sei nicht gleichzusetzen mit dem Begriff „berücksichtigen“.
36
Mit Schriftsatz vom 9. November 2023 führte der Klägerbevollmächtigte im Wesentlichen ergänzend aus, die Anlagen RE 1, RW 1, RW 2 und RW 3 des Windparks … seien (laut Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur) am 9., 11., 12. bzw. 14. April 2021 in Betrieb genommen worden. Da die Anlagen seit deutlich mehr als sechs Monaten in Betrieb seien und von den beteiligten Landratsämtern zu keiner der vier Anlagen Betriebseinschränkungen aufgrund von Nichteinhaltung von Nebenbestimmungen erlassen worden seien, gehe der Kläger davon aus, dass diese Vermessungen inzwischen durchgeführt worden und dabei die Einhaltung der Immissionsrichtwerte bestätigt worden seien.
37
Auf richterliche Aufforderung hin ergänzte das Landratsamt das bisherige Vorbringen mit Schriftsatz vom 10. November 2023 im Wesentlichen dahingehend, dass es sich bei dem in der rechten Spalte der Tabelle 6 aufgeführten Daten der Zusatzbelastung um die ermittelten Unsicherheiten und nicht um die Zusatzbelastung selbst handele. Die ermittelten Unsicherheiten würden den auf Seite 1 dargestellten Schallleistungspegeln (Lwa) für die Ausbreitungsberechnung bzw. die Ermittlung der zu erwartenden Beurteilungspegel noch zugeschlagen. Die Unsicherheit betrage bei den dreifachvermessenen …-Anlagen 1,78 dB(A), die auf den ermittelten Schallleistungspegel von 105,0 dB(A) aufgeschlagen werde. Für die GE-Anlagen stamme die Unsicherheit von 2,66 dB(A) weiterhin aus der Prognose, die auf den prognostizierten Schallleistungspegel von 106,0 dB(A) aufgeschlagen werde. Grundsätzlich solle gemäß den LAI-Hinweisen zur Erhöhung der Aussagesicherheit der Emissionsdaten ein zusammenfassender Bericht nach den FGW-Vorgaben erstellt werden, der den mittleren Schallleistungspegel mit Serienstreuung eines Anlagentyps für den Bereich einer standardisierten Windgeschwindigkeit von 6 bis 10 m/in 10 m Höhe (bzw. bis zum 95%-Wert der Nennleistung) gemäß prEN50376 (Juli2001) „Declaration of Sound Power Level an Tonalitiy Values of Wind Turbines“ angibt. Das bedeute, der Schallleistungspegel bei 95% der Nennleistung könne herangezogen werden, müsse aber nicht. Im vorliegenden Fall sei er jedenfalls nicht angewandt, sondern eben der mittlere Schallleistungspegel mit Serienstreuung für den Bereich einer standardisierten Windgeschwindigkeit von 6 bis 10 m/s in10 m Höhe. Der maximale Wert, der dabei für die …-Anlagen ermittelt wurde, betrage 105,0 dB(A) bei 9 m/s in 10 m Höhe, mit einer Unsicherheit von 1,78 dB(A). Der für 95% der Nennleistung ermittelte Schallleistungspegel der …-Anlagen betrage nur 104,8 dB(A) und sei damit offensichtlich nicht angewandt worden. Damit sei es im vorliegenden Fall völlig unerheblich, ob die Anlagen ihren maximalen Schallleistungspegel bei 95% der Nennleistung erreichten oder nicht. Zu den angefragten Tabellen wurde ausgeführt, dass die Werte in den beiden rechten Spalten dieser Tabellen den Schalleistungspegel (LWA) bei 95% der Nennleistung darstellten sowie die Windgeschwindigkeit, bei der 95% der Nennleistung erzielt werden. Es werde aber eben nicht dargestellt, dass es sich dabei um den tatsächlich maximalen Schallleistungspegel handele. Die tatsächlichen maximalen Schallleistungspegel ergäben sich aus der Tabelle 5-8 (Seite 11). Der maximale Schalleistungspegel betrage demnach 105,0 dB(A) und genau dieser Wert werde inklusive der Unsicherheit für die Berechnung herangezogen und eben nicht der Schallleistungspegel bei 95% der Nennleistung, der 104,8 dB(A) beträgt.
38
Mit Schriftsatz vom 15. November 2023 legte die Bevollmächtigte der Beigeladenen eine Stellungnahme der TÜV … vom 13. November 2023 zur Unsicherheitsanalyse der Zusatzbelastung … 120 gemäß Tabelle 6 vor, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
39
Hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll vom 16. November 2023 verwiesen und hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die Behördenakte – auch im Verfahren B 9 S 20.621 sowie im Parallelverfahren B 4 K 20.595 und B 9 S 20.598 – Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Entscheidungsgründe

I.
40
Der Klageantrag zu 1. ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
41
1. Die Klage ist hinsichtlich des Klageantrags zu 1 zulässig, insbesondere ist der Kläger gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und Satz 2 i.V.m. § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 UmwRG klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO.
42
a. Gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG kann eine nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigung, ohne eine Verletzung eigener Rechte geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften widerspricht, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können (Nr. 1), und sie geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein (Nr. 2). Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UmwRG muss die Vereinigung bei Rechtsbehelfen gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a bis 6 UmwRG oder gegen deren Unterlassen zudem die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
43
b. Der Anwendungsbereich des UmwRG ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 UmwRG eröffnet. Zwar stellt die Freistellungserklärung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BImSchG keine Zulassungsentscheidung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG dar, jedoch liegt in der Freistellungsbescheinigung der behördliche Verzicht auf das Erfordernis einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 16 BImSchG. Der Kläger kann daher geltend machen, dass im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 UmwRG entgegen geltender Rechtsvorschriften (§ 16 Abs. 1 BImSchG) keine Zulassungsentscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG getroffen wurde (vgl. dazu bereits ausführlich VG Bayreuth, B.v. 12.8.2020 – B 9 S 20.598 – unveröffentlicht, aber den Beteiligten bekannt – S. 19 f. rek. auf BayVGH, B.v. 5.4.2019 – 22 CS 18.2527 u.a. – juris Rn. 61; bestätigt BayVGH, U.v. 7.2.2023 – 22 B 21.2417 – juris Rn. 45).
44
Der Kläger ist eine anerkannte Umweltvereinigung im Sinne des § 3 Abs. 1 UmwRG, die auf der Internetseite des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (https://www.stmuv.bayern.de/themen/naturschutz/organisation/naturschutzvereinigungen/index.htm, Stand: 21.2.2024) auch als solche aufgeführt wird.
45
Indem der Kläger Bedenken und Einwendungen gegen das Vorhaben in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht, insbesondere bezogen auf den vollständigen Wechsel des Anlagentyps erhebt und dadurch Verstöße gegen das Verfahren gemäß §§ 15, 16 BImSchG rügt, macht er geltend, dass die erteilte immissionsschutzrechtliche Freistellungserklärung Rechtsvorschriften widerspricht, die für die Entscheidung von Bedeutung sein könnten, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG.
46
Der Kläger wird durch die ergangene Freistellungserklärung auch in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG). Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG zeigt, dass nach wie vor nicht jeglicher Rechtsverstoß rügefähig ist, sondern eine gewisse Beschränkung vorhanden ist. Gemessen an den satzungsmäßigen Vereinszielen („die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne des § 1, 2 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege [Bundesnaturschutzgesetz] und der Naturschutzgesetze der Bundesländer konsequent verfolgt und verwirklicht werden“) kann der Kläger vorliegend jedenfalls nachteilige Auswirkungen der Windenergieanlagen auf den Artenschutz und das Landschaftsbild geltend machen, die im Rahmen eines nach seiner Auffassung erforderlichen Änderungsgenehmigungsverfahrens gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG Berücksichtigung hätten finden müssen; zudem wird die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften (§§ 15 und 16 BImSchG) geltend gemacht.
47
2. Der Klageantrag zu 1 ist unbegründet, weil die Freistellungserklärung des Landratsamtes vom 27. August 2019 nicht gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für die behördliche Entscheidung von Bedeutung sind. Mangels Verstoßes gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften werden auch keine Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die der Kläger nach seiner Satzung verfolgt (§ 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG). Denn im Vergleich zur ursprünglich erteilten Genehmigung vom 12. Dezember 2014 liegt bei der Änderung des Anlagentyps von … 2.75-120 zu … 120 keine wesentliche Änderung im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG vor.
48
a. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BImSchG hat die zuständige Behörde unverzüglich, nachdem ihr die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage angezeigt wird, zu prüfen, ob die Änderung einer Genehmigung bedarf. Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG einer Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erheblich sein können (wesentliche Änderung). Die Änderung einer genehmigungsbedürftigen Anlage ist daher nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG wesentlich, wenn durch sie die Schutzgüter des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG i.V.m. § 5 BImSchG in rechtserheblicher Weise berührt sein können. Die Anwendbarkeit des § 16 BImSchG hängt entsprechend seinem Wortlaut „können“ nicht davon ab, ob die durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz geschützten Belange tatsächlich berührt sind, sondern ausschließlich davon, ob eine Berührung dieser Belange in Betracht kommt. Wesentlich im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG sind Änderungen bereits immer dann, wenn sie – bezogen auf die Schutzgüter des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG – nach ihrer Art oder nach ihrem Umfang zu einer erneuten Prüfung Anlass geben.
49
Liegt für die Anlage eine Genehmigung vor, dann ist diese der Ausgangspunkt für die Beurteilung, ob und ggf. in welchem Umfang sich die beabsichtigte Maßnahme als Änderung darstellt (vgl. Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: 102. EL September 2023, § 16 BImSchG Rn. 63 m.w.N.). Eine Änderungsanzeige lässt den ursprünglich erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid einschließlich seiner Nebenbestimmungen unberührt und verändert weder seinen Regelungsgehalt noch seinen Gestattungsumfang (vgl. BayVGH, B.v. 17.11.2005 – 22 AS 05.2945 – juris). Schließlich betrifft die mit der Anzeige verbundene Freistellung gerade nur die Genehmigungsbedürftigkeit der Änderung und nicht deren Rechtmäßigkeit (vgl. Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: 102. EL September 2023, § 15 BImSchG Rn. 73; Jarass in Jarass, BImSchG, 14. Auflage 2022, § 15 BImSchG Rn. 38). Maßgeblicher Bezugspunkt ist daher die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 12. Dezember 2014. Nicht relevant ist hingegen die Änderung gemäß der nach § 15 Abs. 1 BImSchG erstatteten Anzeige vom 10. August 2016 und die daraufhin am 6. Oktober 2016 ergangene Freistellungserklärung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 BImSchG. Zu vergleichen sind vorliegend also die Auswirkungen des am 26. August 2019 angezeigten Windenergieanlagetyps … 120 mit denen des ursprünglich genehmigten Typs … 2.5-120.
50
Es genügt für die Ablehnung einer unwesentlichen Änderung bereits, dass die im Bundes-Immissionsschutzgesetz geschützten Belange möglicherweise in rechtserheblicher Weise berührt sein können (vgl. BVerwG, U.v. 15.11.1991 – 4 C 17/88 – juris Rn. 10; Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: 102. EL September 2023, § 16 BImSchG Rn. 71).
51
Wesentlich im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG sind Änderungen bereits dann, wenn sie nach ihrer Art oder nach ihrem Umfang zu einer erneuten Prüfung Anlass geben, wenn also die Genehmigungsfrage erneut aufgeworfen wird (vgl. Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: 102. EL September 2023, § 16 BImSchG Rn. 80 m.w.N.). Nachteilige Auswirkungen fehlen nur dann, wenn sie vernünftigerweise aus der Sicht eines mit den aufgeworfenen technischen Problemen vertrauten Sachkundigen ausgeschlossen werden können. Dabei ist der Maßstab praktischer Vernunft anzulegen. Kann die Behörde bei ihrer Beurteilung im Anzeigeverfahren nach Vorliegen aller Prüfungsunterlagen die Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen nicht ausschließen, so bedarf es weiterer Prüfungen, die dem Genehmigungsverfahren vorbehalten sind. Es kann jedoch nicht ohne weiteres von der Änderung des Windenergieanlagentyps oder der Änderung des Standorts einer Windenergieanlage auf das Vorliegen einer wesentlichen Änderung geschlossen werden (vgl. BayVGH, B.v. 11.8.2016 – 22 CS 16.1052 u.a. – juris Rn. 39, 41; B.v. 3.4.2019 – 22 CS 19.346 u.a. – juris Rn. 26; VG Regensburg, B.v. 21.11.2018 – RN 7 S 18.1756 – juris Rn. 79). Das Kriterium „Anlagentyp“ ist im Zusammenhang mit Windenergieanlagen kein normativ definiertes Kriterium, anhand dessen sich schon ohne Berücksichtigung der hinter einer Typenbezeichnung stehenden technischen Merkmale beurteilen ließe, ob bei Änderungen, beim Austausch von Anlagenteilen oder der ganzen Anlage eine im Sinne von § 16 Abs. 1 BImSchG wesentliche Änderung vorliegt (vgl. BayVGH, B.v. 3.4.2019 – 22 CS 19.346 u.a. – juris Rn. 26). Vielmehr muss im Einzelfall geprüft werden, ob aufgrund der geänderten technischen Daten eine wesentliche Änderung gegeben ist (vgl. BayVGH, B.v. 11.8.2016 – 22 CS 16.1052 u.a. – juris Rn. 41). Zur Beurteilung der wesentlichen Änderung ist das grundsätzlich mögliche Störpotential der Änderung in den Blick zu nehmen. Des Weiteren darf eine Saldierung der Vor- und Nachteile (vgl. § 16 Abs. 2 Satz 2 BImSchG) der Änderung im Rahmen des Anzeigeverfahrens nicht stattfinden, da die Abwägung der Vor- und Nachteile einer Änderungsmaßnahme zumindest eine umfangreiche Prüfung mit einem definitiven Ergebnis voraussetzt. Eine solche Prüfung ist jedoch nicht Sinn und Zweck des Anzeigeverfahrens nach § 15 BImSchG (vgl. Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: 101. EL September 2023, § 16 BImSchG Rn. 83 f.).
52
b. Unter Anwendung dieser Maßgaben führen die Einwendungen des Klägers im Hinblick auf Schallemmissionen und insbesondere die Kritik an der Dreifachvermessung nicht dazu, von einer wesentlichen Änderung im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG auszugehen (dazu unter aa.). Auch unter dem Gesichtspunkt der Schallimmissionen (dazu unter bb.), des periodischen Schattenschlags (dazu unter cc.) und mit Blick auf die zum Einsatz kommenden wassergefährdenden Stoffe (dazu unter dd.) führt die Änderung des Windenergieanlagentyps nicht zu einer wesentlichen Änderung. Im Übrigen ist der Vortrag des Klägers präkludiert (dazu unter ee.).
53
aa. Aufgrund der vorgelegten Prüfunterlagen (§ 15 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 2 BImSchG) ist davon auszugehen, dass durch die Typenänderung keine Schallemmissionen hervorgerufen werden, die sich nicht im Rahmen des nach dem Genehmigungsbescheid vom 12. Dezember 2014 zulässigen Maßes halten würden, weshalb keine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BImSchG vorliegt.
54
In der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 12. Dezember 2014 ist in Ziffer IV. 1.2 ein maximal zulässiger Schallleistungspegel von 106,0 dB(A) pro Anlage festgesetzt. Entsprechend der Dreifachvermessung ist bei der … 120 von einem Schallleistungspegel von 105,0 dB(A) pro Anlage auszugehen. Der Schallleistungspegel ist daher um 1,0 dB(A) geringer als der der bisher genehmigten GE-Anlage. Dementsprechend ergeben sich bezüglich des Schallleistungspegels durch die Änderung des Anlagentyps keine nachteiligen schädlichen Umwelteinwirkungen (§ 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 BImSchG).
55
Die Kritik der Klägerseite an der Dreifachvermessung vom 18. Mai 2018 vermag das Ergebnis der Dreifachvermessung, dass die … 120 einen Schallleistungspegel von 105,0 dB(A) hat, nicht zu erschüttern (vgl. zum Maßstab, wann ein gutachterlich aufgehellter Sachverhalt weiter zu erforschen ist: BVerwG, U.v. 18.6.2003 – 4 A 70/01 – juris Rn. 26). Zum einen bestehen keine durchgreifenden Zweifel an der Anwendung der FGW-Richtlinien (dazu unter aaa.), zum anderen wurde seitens des Landratsamts und der Beigeladenen nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass den Einzelmessungen der Dreifachvermessung ein und derselbe Betriebsmodus zugrunde gelegen hat (dazu unter bbb.). Im Übrigen ist nicht zu beanstanden, dass die drei Anlagenvermessungen jeweils in dem von der FGW vorgegebenen Bereich von 6 bis 10 m/s standardisierter Windgeschwindigkeit gemessen worden sind (dazu unter ccc.).
56
aaa. Soweit der Klägerbevollmächtigte Kritik an der Anwendung der FGW-Richtlinien ausübt, indem er vorträgt, diese seien teilweise bereits überholt und verstießen gegen TA-Lärm Nr. 6.4, um damit – wohl – zum Ausdruck zu bringen, die Dreifachvermessung vom 18. Mai 2018 sei nicht belastbar, kann er damit nicht durchdringen.
57
Wie der Kläger selbst vorträgt, handelt es sich bei den FGW-Richtlinien um ein technisches Regelwerk und nicht etwa normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften. Das Landratsamt wendet diese Vorgaben bei der Prüfung, ob eine wesentliche Änderung im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG vorliegt, nicht an; vielmehr werden diese im vorliegenden Fall vom Gutachtenersteller der Dreifachvermessung vom 18. Mai 2018 angewandt. Der Kläger hat keine Tatsachen dargelegt, die die Anwendung dieser – nach Aussage der Beigeladenen und des Landratsamts in der Praxis üblichen technischen Vorgaben – in Zweifel ziehen. Denn der Kläger beschränkt sich darauf, aus dem Windenergiehandbuch von Monika Agatz zu zitieren, ohne konkret auszuführen, welche angewandten Vorgaben der FGW-Richtlinien dazu führen, dass der dreifach vermessene Schallleistungspegel nicht belastbar ist. Bei dem Windenergiehandbuch handelt es sich um eine Literaturmeinung und keine verbindliche Rechtsansicht. Insbesondere wird im vom Kläger zitierten Windenergiehandbuch selbst ausgeführt, dass es sich bei den FGW-Richtlinien um Soll-Vorschriften handelt, von denen die Behörden sachgerecht und begründet abweichen können. Es sei an den Behörden zu entscheiden, welche Typvermessungsberichte sie als Grundlage für eine Schallimmissionsprognose in einem Genehmigungsverfahren akzeptieren (Agatz, Windenergiehandbuch, 19. Ausgabe, März 2023, S. 110 ff.). Vorliegend hat das Landratsamt nachvollziehbar dargelegt, keine Anhaltspunkte gehabt zu haben, von dieser Soll-Vorschrift abzuweichen.
58
bbb. Der Kläger kritisiert hinsichtlich der Dreifachvermessung vom 18. Mai 2018 im Wesentlichen, es sei nicht hinreichend klar, welcher Betriebsmodus vermessen worden sei bzw. ob die einzelnen Messungen jeweils im gleichen Betriebsmodus erfolgt seien. Insbesondere werde die Fragestellung des Umweltschutzingenieurs vom 14. November 2019, wie die vermessene Betriebsweise sichergestellt werden könne, nicht beantwortet. Der Autor der Mehrfachvermessung hätte vom Auftraggeber Nachweise fordern müssen, die die Behauptung, dass es sich bei den Messungen um denselben Betriebsmodus gehandelt habe, schlüssig belegten. Weil die Leistungskurve den Betriebsmodus einer Windenergieanlage definiere, sei die Leistungskurve des Anlagentyps … 2.5-100 auch zum Bestandteil des Genehmigungsbescheides vom 12. Dezember 2014 gemacht worden.
59
Mit diesem Vortrag kann der Kläger nicht überzeugen. Zwar kam der Umweltingenieur des Landratsamts … im Parallelverfahren (Az. B 4 K 20.595) aufgrund der Unsicherheit über den verwendeten Betriebsmodus am 14. November 2019 zunächst zu dem Ergebnis, dass eine wesentliche Änderung gegeben sei (Bl. 6 der Behördenakte des Änderungsverfahrens im Parallelverfahren B 4 K 20.595). Diese Einschätzung änderte er jedoch, entgegen den Ausführungen des Klägers, mit E-Mail vom 17. Dezember 2019 (Bl. 3 der Behördenakte des Änderungsverfahrens im Parallelverfahren B 4 K 20.595), nachdem das Landratsamt durch das Schreiben der … AG vom 3. Dezember 2019 darüber informiert worden war, dass der leistungsoptimierte Betriebsmodus der … 120 verwendet werde und der Begriff „schalloptimierter Modus“ in den Herstellerangaben historisch bedingt sei (Bl. 5 der Behördenakte des Änderungsverfahrens im Parallelverfahren B 4 K 20.595). Deshalb kam der Umweltingenieur des Landratsamts … nachvollziehbar zum Ergebnis, dass die bestehenden Unklarheiten beseitigt worden seien, ein Schallleistungspegel von 105,0 dB(A) bestätigt werden könne und folglich keine wesentliche Änderung vorliege (Bl. 3 der Behördenakte des Änderungsverfahrens im Parallelverfahren B 4 K 20.595).
60
Wie das Landratsamt zutreffend dargestellt hat, ist die Dreifach-Vermessung des Anlagentyps … 120 vom 18. Mai 2018 mit „schalloptimierte[m] Modus 1,12,75 rpm“ bezeichnet. Die Vermessung der Anlage für eine Nabenhöhe von 140 m ergibt den – für die Schallimmissionsprognose maßgebenden – maximalen Schallleistungspegel (als Mittelwert der drei Anlagen) mit 105,0 dB(A) in der Windgeschwindigkeitsklasse 9 m/s bei der Referenzmesshöhe von 10 m (Tabelle 5-8) (Bl. 58 der Behördenakte der Änderungsanzeige). Damit ist deutlich geworden, dass der gemessene Betriebsmodus „schalloptimierter Modus 1,12,75 rpm“ denjenigen Anlagenbetrieb betrifft, bei dem die stärkste Schallemission, mithin der größte Schallleistungspegel zu erwarten ist. Derselbe – unter den gleichen Bedingungen gegebene – Schallleistungspegel wird im Datenblatt „… 120-3.0“ vom 12. September 2018 der … AG für den „leistungsoptimierten Betrieb“ angegeben. Zu den unterschiedlichen Bezeichnungen der Betriebsweise hat die Beigeladene eine ausreichende Erklärung des Anlagenherstellers vom 25. September 2020 vorgelegt, die die Übereinstimmung mit den Betriebsmodi bestätigt (Bl. 202 der Gerichtsakte). Zudem stellte der Autor der Dreifachvermessung auf Seite 7 der Dreifachvermessung dar, dass eine Garantierklärung des Herstellers vorliege, in der bestätigt worden sei, dass der gleiche Betriebsmodus „schalloptimierter Modus 1 (12,75 rpm)“ bei allen Messungen vorgelegen habe. Die Beigeladene erklärte überzeugend und nachvollziehbar, dass es bereits durch den Klammerzusatz (12,75 rpm) in der Ergebniszusammenfassung vom 18. Mai 2018 deutlich werde, dass es sich bei dem vermessenen Betriebsmodus um die maximale Betriebsweise mit 12,75 Rotorumdrehungen pro Minute handelt. Der Klammerzusatz „(12.75 rpm)“ beschreibe die Geschwindigkeit der Rotorumdrehungen und damit die exakte Betriebsweise. Da die … 120 maximal 12,75 Rotorumdrehungen pro Minute erbringen könne handele es sich bei dem drei-fachvermessenen „schalloptimierten Modus 1 (12.75 rpm)“ um den Vollbetrieb und damit um den maximal möglichen (also lautesten) Schallleistungspegel der … 120 mit 105,0 dB(A). Dies hat sich die Beigeladene nochmals durch den Hersteller … AG mit Schreiben vom 25. September 2020 bestätigen lassen. In diesem Zusammenhang ist die Annahme des Klägers, der Hersteller des streitgegenständlichen Anlagentyps habe in einem Schreiben vom 3. Dezember 2019 bestätigt, dass dieser Typ verschiedene, anhand der maximalen Rotordrehzahl nicht eindeutig unterscheidbare Betriebsmodi habe, nicht belastbar. Diese Herstelleraussage geht im Gegenteil gerade dahin, dass der „offene (leistungsoptimierte)“ Betriebsmodus des Anlagentyps mit dem im Bericht vom 18. Mai 2018 erwähnten „schalloptimierten Betriebsmodus übereinstimmt“ (dazu bereits ausführlich BayVGH, B.v. 16.11.2020 – 22 CS 20.1916 – Rn. 35). Darüber hinaus lässt sich aus den mit der ergänzenden Klagebegründung vom 18. Mai 2021 vorgelegten weiteren technischen Datenblättern oder Angaben des Anlagenherstellers nicht auf eine leichte Veränderbarkeit des Schallleistungspegels im leistungsoptimierten Betrieb schließen. Diesbezüglich hat die Beigeladene überzeugend dargelegt, dass es sich, soweit sich die Datenblätter und Angaben überhaupt auf den leistungsoptimierten Betrieb beziehen, um Herstellerangaben handele, die von ihm (vorsorglich) berechnet worden seien. Spätestens mit dem Vorliegen einer Dreifachvermessung des Schallleistungspegels seien aber nicht mehr diese Herstellerangaben für die Bewertung der Schallauswirkungen maßgebend, sondern – jedenfalls in Deutschland – der dreifachvermessene Wert. Dieser Argumentation ist die Klägerseite im weiteren gerichtlichen Verfahren nicht mehr entgegen getreten. Im Ergebnis hat der Kläger damit keine belastbaren Anhaltspunkte aufgezeigt, die die Aussage des Anlagenherstellers in begründete Zweifel ziehen könnte, dass alle drei Einzelmessungen für den leistungsoptimierten Betriebsmodus mit 12,75 Rotorumdrehungen pro Minute erfolgt sind. Lediglich ergänzend ist zu wiederholen, dass ein Gutachter grundsätzlich nicht daran gehindert ist, bei seiner Bewertung Angaben eines Anlagenherstellers zu berücksichtigen (dazu bereits BayVGH, B.v. 16.11.2020 – 22 CS 20.1846 – Rn. 37).
61
ccc. Entgegen der Auffassung des Klägers kann die Kammer auch keine Fehler der Dreifachvermessung dahingehend erkennen, dass drei Anlagenvermessungen verwendet worden sind, welche jeweils den von der FGW vorgegebenen Bereich von 6 bis 10 m/s standardisierter Windgeschwindigkeit berücksichtigen. Es ist nicht zu beanstanden, dass der maximal zulässige Schallleistungspegel der … 120 bei 105,0 dB(A) festgesetzt wurde und auf Einzelvermessungen beruht, die im Bereich von 6 bis 10 m/s auf 10 m Höhe gemessen wurden.
62
1) Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang moniert, dass die der Dreifachvermessung zugrunde liegenden Einzelmessungen bei der Windgeschwindigkeit 6 m/s zwei statt drei Messergebnisse angäben und dass die Einzelmessungen teilweise mit dem Hinweis „Da in der vorliegenden Messung gemäß /1/ nicht genügend Messwerte vorliegen, können keine belastbaren Ergebnisse in dieser Binklasse berechnet werden.“ versehen seien, ist dies nicht geeignet, das Gutachten der FGWzertifizierten Stelle … zu erschüttern.
63
Denn nach Aussage der … vom 24. September 2020 hat die Tatsache, dass für einzelne Windgeschwindigkeitsklassen in Randbereichen nicht genügend Messwerte vorhanden sind, keinen Einfluss auf die Belastbarkeit und Gültigkeit für die Feststellung der immissionsrelevanten Schallleistung „lautester Betriebszustand (TA-Lärm Ziffer 6.4)“ (Bl. 205 der Gerichtsakte). Insbesondere ist der Fußnote auf Seite 11 der Dreifachvermessung vom 18. Mai 2018 unter Tabelle 5-8 zu entnehmen, dass der Schallleistungspegel für eine Nabenhöhe von 140,0 m bei einer Windgeschwindigkeit von 6 m/s als Mittelwert auf Basis dieser zwei Messungen berechnet worden ist. Der Kläger hat demgegenüber nicht substantiiert dargelegt, dass in diesem Einzelfall eine Berechnung für eine Windgeschwindigkeitsklasse auf der Grundlage von nur zwei (statt drei) Messergebnissen fachlich nicht vertretbar wäre (dazu bereits BayVGH, B.v. 16.11.2020 – 22 CS 20.1846 – Rn. 36).
64
2) Auch mit der Kritik, bei FGWkonformen Vermessungen werde fehlerhaft eine fiktive „standardisierte“ Windgeschwindigkeit in 10 m Höhe genutzt und nicht die Windgeschwindigkeit in Nabenhöhe, vermag er die Dreifachvermessung nicht in Zweifel zu ziehen.
65
Denn der Dreifachvermessung vom 18. Mai 2018 ist unter Ziffer 4 (S. 4 bis 6) zu entnehmen, dass diesem Umstand durch die Nabenhöhenumrechnung Rechnung getragen wird (dazu bereits im Parallelverfahren BayVGH, B.v. 16.11.2020 – 22 CS 20.1846 – Rn. 35; vgl. dazu auch Agatz, Windenergiehandbuch, 2016, S. 70, wonach die FGW-Richtlinie ein Verfahren für die Umrechnung des Schallleistungspegels auf andere Nabenhöhen vorgibt). Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegen getreten. Es kommt insbesondere auch nicht darauf an, dass die Umrechnung des Schallleistungspegels auf andere Nabenhöhen wohl nach der neuen Methodik der FGW-Richtlinie Rev. 19 nicht mehr vorgesehen ist (dazu Agatz, Windenergiehandbuch, 19. Ausgabe, März 2023, S. 437). Denn es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Dreifachvermessung im Zeitpunkt ihrer Erstellung nicht nach dem Stand der Technik erfolgt ist. Dies wurde seitens des Klägers auch nicht vorgetragen.
66
Der Kritik des Klägers, ein möglicher Umrechnungsfehler werde zwar ermittelt, anschließend aber nicht in den als Ergebnis angegebenen Mittelwerten (Tabelle 5-8) berücksichtigt, ist der Ersteller der Dreifachvermessung in der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2023 überzeugend und nachvollziehbar mit der Erklärung, dass die Fehlerbetrachtung in den Richtlinien vorgegeben sei, auf die Nabenhöhenumrechnungen aber keine direkte Anwendung gefunden habe, entgegengetreten (S. 6 des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 16. November 2023).
67
3) Des Weiteren gibt der Kläger zu bedenken, dass die verwendeten Vermessungen lediglich Windgeschwindigkeiten von 6 bis 10 m/s in 10 m Höhe berücksichtigten. Aus der Betrachtung der Wertepaare hinsichtlich der standardisierten Windgeschwindigkeit und dem mittleren Schallleistungspegel ergebe sich, dass der Schallleistungspegel monoton zunehme; es sei somit nicht sicher erkennbar, dass der Schallleistungspegel oberhalb eines bestimmten Betriebspunktes nicht weiter zunehme oder sogar wieder zurückgehe. Somit sei nicht sichergestellt, dass von diesem Messbereich auch der Betriebszustand mit dem höchsten Schallleistungspegel erfasst worden sei, was aber von der TA-Lärm gefordert werde. Da Angaben zur jeweiligen Nennleistung und/oder Rotordrehzahl fehlten, erfolge auch keine Aussage darüber, ob die vermessene Anlage in diesem Messbereich überhaupt ihre Nennleistung erreiche. Folglich sei aufgrund dieser Daten keine ausreichend gesicherte Beurteilung des Schallverhaltens möglich. Die …-Dreifachvermessung enthalte keinerlei Hinweise darauf, bei welcher Geschwindigkeit die drei vermessenen Anlagen je ihre Nennleistung erreichten. Unter Nummer 4 finde sich aber immerhin zu jeder der drei vermessenen Anlagen die Angabe, bei welcher standardisierten Windgeschwindigkeit in 10 m Höhe die jeweilige Anlage 95% der Nennleistung erreiche. Bei Anlage 1 (Nummer 4.1) sei hierfür eine standardisierte Windgeschwindigkeit von 7,56 m/s angegeben und bei den Anlagen 2 (Nummer 4.2) und 3 (Nummer 4.3) jeweils eine standardisierte Windgeschwindigkeit von 7,97 m/s. Demnach sollten bei allen drei Anlagen auch etwa bei einer standardisierten Windgeschwindigkeit von 8 m/s der maximale Schallleistungspegel auftreten. Die Realität sehe aber anders aus, weil sich aus der Einzelmessung 4.1 ein Schallleistungspegel von 105,1 dB(A) bei 8 m/s in 10 m Höhe und ein Schallleistungspegel von 105,3 dB(A) bei 9 m/s in 10 m Höhe ergebe; die Einzelmessung 4.2 zeige einen Schallleistungspegel von 105,1 dB(A) bei 8 m/s in 10 m Höhe und einen Schallleistungspegel von 105,5 dB(A) bei 9 m/s in 10 m Höhe und die Einzelmessung 4.3 zeige einen Schallleistungspegel von 104,5 dB(A) bei 8 m/s in 10 m Höhe und einen Schallleistungspegel von 104,8 dB(A) bei 7 m/s in 10 m Höhe. Damit erreiche keine dieser Anlagen ihren maximalen Schallleistungspegel bei 95% ihrer Nennleistung.
68
Mit diesem Vortrag vermag der Kläger die Dreifachvermessung nicht zu erschüttern. In der Stellungnahme der … vom 24. September 2020 (Bl. 205 der Gerichtsakte) wird ausdrücklich bestätigt, dass die FGW-Richtlinie TR1, Revision 18 einen vermessenen Windgeschwindigkeitsbereich von 6 m/s bis zu 10 m/s bestimmt auf einer Höhe von 10 m vorgebe (bestätigend Agatz, Windenergiehandbuch, 17. Ausgabe, Dezember 2020, S. 88 ff.). Für die Kammer sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die die Tatsache in berechtigte Zweifel ziehen, dass diese Vorgehensweise im Zeitpunkt der Erstellung der Dreifachvermessung nicht dem Stand der Technik entsprochen hätte; dies wird insbesondere auch nicht seitens des Klägers vorgetragen.
69
Das Landratsamt … legte im Parallelverfahren zunächst nachvollziehbar dar, der bei den drei Messungen höchste ermittelte Mittelwert des Schallleistungspegels von 105,0 dB(A) habe bei einer Windgeschwindigkeit von 9 m/s vorgelegen. Damit sei nicht der Schallleistungspegel bei der 95%-igen Nennleistung verwendet worden, der bei einer Windgeschwindigkeit von ca. 8 m/s vorgelegen habe, sondern der Mittelungspegel aus den drei Messungen, der am höchsten gewesen sei (siehe Tabelle 5-8 der Dreifachvermessung). Bei diesem verwendeten höchsten Pegel sei aufgrund der höheren Windgeschwindigkeit von 9 m/s offensichtlich eine höhere Leistung vorhanden. Unter der Seite DECI BEL – Hauptergebnis; Berechnung: MS-1401-005-BY- de_Rev7_Zusatzbelastung Seite 1 (Seitenangabe siehe unten links, Seite folgt 10 Seiten hinter der Dreifachvermessung) könne abgelesen werden, dass ein Schallleistungspegel von 105,0 dB(A) und eine Unsicherheit von 1,8 dB (Zuschlag im Sinne der oberen Vertrauensbereichsgrenze) verwendet worden sei, die zusammen einen für die Berechnung verwendeten LWA von 106,8 dB(A) ergeben. Die Unsicherheit entspreche dem berechneten Wert auf Seite 8 des Gutachtens (Addendum vom 5. Februar 2019) in der Tabelle 6. Das Landratsamt ergänzte diesen Vortrag schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung (vgl. S. 4 des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 16. November 2023) dahingehend, dass gemäß den LAI-Hinweisen zur Erhöhung der Aussagesicherheit der Emissionsdaten ein zusammenfassender Bericht nach technischer Richtlinie (Anmerkung: FGW) erstellt werden solle, der den mittleren Schallleistungspegel mit Serienstreuung eines Anlagentyps für den Bereich einer standardisierten Windgeschwindigkeit von 6 bis 10 m/s in 10 m Höhe (bzw. bis zum 95% Wert der Nennleistung) gemäß prEN50376 (Juli 2001) „Declaration of Sound Power Levelan Tonalitiy Values of Wind Turbines“ angebe. Das bedeute, der Schallleistungspegel bei 95% der Nennleistung könne herangezogen werden, müsse aber nicht. Im hier vorliegenden Fall sei er jedenfalls nicht angewandt worden, sondern der mittlere Schallleistungspegel mit Serienstreuung für den Bereich einer standardisierten Windgeschwindigkeit von 6 bis 10 m/s in 10 m Höhe. Der maximale Wert der dabei für die …-Anlagen ermittelt worden sei, betrage 105,0 dB(A) bei 9 m/s in 10 m Höhe, mit einer Unsicherheit von 1,78 dB(A). Der für 95% der Nennleistung ermittelte Schallleistungspegel der …-Anlagen betrage nur 104,8 dB(A) und sei damit offensichtlich nicht angewandt worden. Damit sei es im vorliegenden Fall völlig unerheblich, ob die Anlagen ihren maximalen Schallleistungspegel bei 95% der Nennleistung erreichten oder nicht.
70
Bei den beiden Werten in den beiden rechten Spalten der Tabellen 4-4 und 4-7 (und wohl auch 4-1) der Dreifachvermessung sei der Schalleistungspegel (LWA) bei 95% der Nennleistung sowie die Windgeschwindigkeit, bei der 95% der Nennleistung erzielt würden, abgebildet. Es werde aber eben nicht dargestellt, dass es sich dabei um den tatsächlich maximalen Schallleistungspegel handele. Die tatsächlichen maximalen Schallleistungspegel ergäben sich aus der Tabelle 5-8 (Seite 11). Der maximale Schalleistungspegel betrage demnach 105,0 dB(A) und genau dieser Wert werde inklusive der Unsicherheit für die Berechnung herangezogen und eben nicht der Schallleistungspegel bei 95% der Nennleistung, der 104,8 dB(A) betrage. Demnach kommt es auf die klägerseits geäußerte Kritik, dass die Anlage ihren maximalen Schallleistungspegel nicht bei 95% der Nennleistung erreiche, nicht an.
71
In der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2023 führten die Umweltschutzingenieure der Landratsämter nachvollziehbar aus, dass jede Anlage ein Maximum im Schallleistungspegel habe und nicht mehrere. Der Umweltschutzingenieur des Landratsamts … ergänzte zu den Auswirkungen der Windgeschwindigkeiten außerhalb des Messbereichs der Dreifachvermessung, dass bei der Anlage auch Messungen mit höheren Windgeschwindigkeiten durchgeführt worden seien, beispielsweise 12 m/s. Diese Messungen hätten bestätigt, dass es eine Abnahme des Schallleistungspegels gebe, nachdem das Maximum bereits im Messbereich erreicht worden sei; er verwies auf Tabelle 5-8 der Dreifachvermessung (S. 3 des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 16. November 2023). Zudem werde die Nennleistung der … 120 von 3 MW laut Umweltschutzingenieur des Landratsamtes … bei 12,75 U/min erreicht. Die Pitch-Steuerung stelle sicher, dass die Zahl der Umdrehungen gleich bleibe, weshalb vom Messbereich auch der Betriebszustand mit dem höchsten Schallleistungspegel erfasst sei (S. 4 des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 16. November 2023; zu pitch-gesteuerten Anlagen, die ihre Drehzahl nach Erreichen der maximalen Nennleistung des Generators trotz steigender Windgeschwindigkeit nicht mehr erhöhen auch OVG NRW, U.v. 5.10.2020 – 8 A 894/17 – juris Rn. 193 und 196; VG Freiburg, B.v. 28.8.2003 – 1 K 820/03 – juris Rn. 34; Agatz, Windenergiehandbuch, 19. Ausgabe, März 2023, S. 118).
72
bb. Weiterhin ist aufgrund der vorgelegten Prüfunterlagen (§ 15 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 2 BImSchG) davon auszugehen, dass durch die Änderung der Windenergieanlage und die Standortänderung der Anlage RW 3 keine Schallimmissionen hervorgerufen werden, die sich nicht im Rahmen des nach dem Genehmigungsbescheid vom 12. Dezember 2014 zulässigen Maßes halten würden, weshalb keine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BImSchG vorliegt.
73
Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 12. September 2020 und vom 19. Mai 2021 vorträgt, das Schallimmissionsgutachten der TÜV … vom 5. Februar 2019 sei fehlerhaft, weil diesem ein veraltetes Berechnungsverfahren zugrunde liege (dazu unter aaa.), keine Zuschläge für Ton, Impuls- und/oder Informationshaltigkeit vergeben worden seien (dazu unter bbb.), fehlerhafte Unsicherheiten angeführt würden (dazu unter ccc.) sowie Vorbelastungen und Schallreflexionen nicht berücksichtig würden (dazu unter ddd), kann er damit nicht durchdringen.
74
Bei Betrachtung der durch die Typenänderung veränderten Schallimmissionswerte fällt auf, dass sich die Zusatzbelastung (Nachtstunden, Werktage, Sonn- und Feiertag) in dB(A) an allen Immissionsorten verbessert und lediglich am Immissionsort E gleich bleibt (vgl. Gutachten der TÜV … vom 22. Januar 2014 und Schallgutachten der TÜV … vom 5. Februar 2019). Die TÜV …kommt daher in ihrem Schallgutachten vom 5. Februar 2019 zu dem Ergebnis, dass die Immissionsrichtwerte in der neu berechneten Konfiguration unter Berücksichtigung der Vorbelastungen bezüglich der Gesamtbelastung an allen Standorten eingehalten werden. Die maßgeblichen Werte der TA Lärm werden daher trotz Anlagenänderung gewahrt. Gegenteiliges wurde von Seiten des Klägers auch nicht vorgetragen. Da die Immissionswerte der TA Lärm dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid vom 12. Dezember 2014 zugrunde gelegt wurden, bewegen sich auch die veränderten Werte im Rahmen des ursprünglich Genehmigten.
75
aaa. Das klägerische Vorbringen, wonach die in der Schallimmissionsprognose vom 5. Februar 2019 vorgenommene Berechnung gegen die Vorgaben der TA-Lärm verstoße, weil sie unter Anwendung des „alternativen Verfahrens“ nach Nummer 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 erstellt worden sei, ohne Anwendung der in den Nummern A.2.3.1 und A.2.3.4 der TA Lärm vorgeschriebenen Berechnung in Oktaven, ist nicht geeignet, das Schallimmissionsgutachten zu erschüttern.
76
Der Kläger macht geltend, dass sich das sogenannte Interimsverfahren, welches die LAI am 20. November 2017 veröffentlicht habe, im Vergleich zu der im Anhang zur TA Lärm (insbesondere A.2.3.4) in Bezug genommenen DIN ISO 9613-2 (sog. „alternatives Verfahren“) besser zur Prognose von Schallimmissionen von Windkraftanlagen eigne und in der Schallimmissionsprognose vom 5. Februar 2019 hätte angewendet werden müssen. Mit Schreiben vom 22. Februar 2018 an die Regierungen habe das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz die zuständigen Behörden angehalten, die überarbeiteten LAI-Hinweise nunmehr als Erkenntnisquelle anzuwenden und das zum Schallleistungspegel zugehörige Oktavbandspektrum aufzunehmen (Anlage K 32). Diesem Einwand ist – wie seitens der Beigeladenen und des Landratsamtes zu Recht mehrfach betont worden ist – entgegenzuhalten, dass zur Beantwortung der Frage, ob eine wesentliche Änderung im immissionsschutzrechtlichen Sinne vorliegt, in der Schallimmissionsprognose betreffend die … 120 das gleiche Berechnungsverfahren wie in der Schallimmissionsprognose betreffend die ursprünglich genehmigte Windenergieanlage anzuwenden ist, um die Immissionskulisse vergleichen zu können (Agatz, Windenergiehandbuch, 19. Ausgabe, März 2023, S. 365). Deshalb hat die TÜV … in den Hinweisen zu der Schallimmissionsprognose vom 5. Februar 2019 angegeben, dass die Berechnungsergebnisse der obigen Tabellen auf Basis des für das Schallgutachten vom 22. Januar 2014 angefertigten Modells berechnet worden sind und dass alle Angaben innerhalb dieses Addendums nur im Zusammenhang mit dem vollständigen Ergebnisbericht vom 22. Januar 2014 gültig sind. Insbesondere ist für die Frage, ob vorliegend in wissenschaftlicher Hinsicht das richtige Schallberechnungsverfahren angewandt worden ist – entgegen der Auffassung der Klägerseite – auf den Zeitpunkt des Erlasses der ursprünglichen – und bestandskräftigen – Genehmigung (12. Juni 2015) als maßgeblicher Zeitpunkt der Behördenentscheidung abzustellen und davon auszugehen, dass (jedenfalls noch) in diesem Zeitpunkt das alternative Verfahren nach der DIN ISO 9613-2 nicht durch neuere Erkenntnisse überholt gewesen ist (vgl. BVerwG, B.v. 13.7.1989 – 7 B 188.88 – juris Rn. 11; NdsOVG, B.v. 8.2.2018 – 12 ME 7/18 – juris Rn. 30 ff.; BayVGH, B.v. 7.5.2018 – 22 ZB 17.2088 – juris Rn. 34).
77
An der Bindungswirkung der TA Lärm als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift hat über Nr. A.2.3.4 des Anhangs zur TA Lärm auch die DIN ISO 9613-2 teil (BayVGH, B.v. 7.5.2018 – 22 ZB 17.2088 – juris Rn. 35; NdsOVG, B.v. 8.2.2018 – 12 ME 7/18 – juris Rn. 29 f.; vgl. OVG SH, B.v. 23.3.2020 – 5 LA 2/19 – juris Rn. 10). Die DIN ISO 9613-2 ist ein Element innerhalb der als Prognoseverfahren (vgl. Nr. A.2.1 des Anhangs zur TA Lärm) gestalteten, in Nr. A.2.3.4 vorgeschriebenen Schallausbreitungsrechnung. Die Bindungswirkung einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift entfällt nach ständiger Rechtsprechung erst dann, wenn die in ihr enthaltenen Aussagen durch Erkenntnisfortschritte in Wissenschaft und Technik überholt sind und sie deshalb den gesetzlichen Anforderungen nicht mehr gerecht werden (statt vieler BVerwG, B.v. 15.2.1988 – 7 B 219/87 – NVwZ 1988, 824/925). Damit verbunden ist aber keine Aussage dahingehend, dass eine derartige Wirkung eines Erkenntnisfortschritts auch in die Vergangenheit zurück wirkt (BayVGH, B.v. 7.5.2018 – 22 ZB 17.2088 – juris Rn. 35 f. m.w.N.). Ändern sich die wissenschaftlich-technischen Erkenntnisse über die Eignung einer Prognosemethode, betreffen diese neuen Erkenntnisse nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs – dessen nachvollziehbarer Argumentation sich die Kammer anschließt – nicht unmittelbar den tatsächlichen Sachverhalt, der der früheren Prognose zugrunde lag, sondern allein die hieraus zu ziehenden Schlussfolgerungen. Vor diesem Hintergrund wäre die (rückwirkende) Anwendung eines anderen technischen Regelwerks („Interimsverfahren“ Fassung 2015-05.1) anstelle des vorgeschriebenen Regelwerks (DIN ISO 9613-2) nicht als bloße Neubewertung eines unveränderten Sachverhalts zu werten. Vielmehr käme die rückwirkende Berücksichtigung eines anderen Schallberechnungsverfahrens der Berücksichtigung einer Rechtsänderung mit Rückwirkung gleich (ausführlich dazu BayVGH, B.v. 7.5.2018 – 22 ZB 17.2088 – juris Rn. 37 f. m.w.N.; zustimmend hinsichtlich der Aussage, dass es sich bei der Anwendung des neuen Berechnungsverfahrens um eine Änderung der Sachlage handelt: VGH BW, B.v. 19.6.2018 – 10 S 186/18 – juris Rn. 11; ferner VG Darmstadt, B.v. 29.3.2018 – 6 L 3548/17 – juris Rn. 173). Bei der im Rahmen einer Drittanfechtungsklage vorzunehmenden Überprüfung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bzw. einer Freistellungserklärung sind nachträgliche Änderungen der Sach- oder Rechtslage zu Lasten des Anlagenbetreibers nicht zu berücksichtigen. Eine solche nachträgliche Änderung zu Lasten der Beigeladenen läge aber bei Anwendung des „Interimsverfahrens“ vor (BayVGH, B.v. 4.4.2023 – 22 ZB 22.1881 – juris Rn. 30 rek. auf BVerwG, B.v. 28.7.2022 – 7 B 15.21 – juris LS 1; B.v. 8.10.2021 – 7 B 1.21 – juris Rn. 9). Lediglich ergänzend ist auszuführen, dass eine Änderung auch (frühestens) mit einer Veröffentlichung durch die LAI am 20. November 2017 eingetreten ist, d.h. über zwei Jahre nach Erteilung der bestandskräftigen Genehmigung, weshalb dieses Verfahren im Jahr 2014 offensichtlich nicht angewendet werden musste bzw. konnte. Darüber hinaus ist im vorliegenden Verfahren gerade nicht zu klären, ob die Bindungswirkung der TA Lärm durch gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse teilweise überholt ist (bezüglich des alternativen Verfahrens nach der DIN ISO 9613-2 und des Interimsverfahrens ausführlich OVG NRW, U.v. 20.4.2022 – 8 A 1575/19 – juris Rn. 111 ff.), weil Maßstab des Prüfungsumfangs vorliegend die ursprüngliche Genehmigung vom 12. Dezember 2014 und das diesbezügliche Schallberechnungsverfahren ist.
78
Soweit der Kläger im weiteren Vortrag anführt, dass vorliegend zufällig doch ein Oktav-Schallleistungspegel bzgl. der … 120 in den Unterlagen zu finden sei (vgl. Tabelle 5-12 der Dreifachvermessung) und sich aus einem Vergleich mit den Oktavbandspektren der … 2.5-120 nicht ergebe, dass erhebliche nachteilige Auswirkungen durch den Anlagenwechsel auszuschließen seien, ändert dies nichts an dem bereits Dargestellten. Insbesondere trägt er nicht vor, dass und inwieweit dies zu einer Überschreitung des im Genehmigungsbescheid vom 12. Dezember 2014 zulässigen Schallimmissionspegels von 106,0 dB(A) führt bzw. dass und inwieweit die Immissionsrichtwerte überschritten werden.
79
Der Kläger führt in diesem Zusammenhang weiter aus, dass die Modellbildung der Ausbreitungsberechnung im Genehmigungsverfahren an sich nicht auf ihre Korrektheit überprüft worden sei. Insoweit ist er erneut darauf zu verweisen, dass die bestandskräftige immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 12. Juni 2015 vorliegend als Grundlage der Frage, ob die Änderung des Anlagentyps zu einer wesentlichen Änderung führt, zugrunde zu legen ist. Soweit der Kläger Einwendungen gegen das diesem vorgelagerte Genehmigungsverfahren erhebt, ist er darauf zu verweisen, dass er seinerzeit gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung hätte vorgehen müssen.
80
Auch die im Auftrag des Klägers durchgeführte Berechnung des Akustikbüros … belegt keine Überschreitung der Immissionsrichtwerte durch die … 120. Nach dem klägerischen Vortrag führe diese Berechnung unter Berücksichtigung der Gesamt-Schallleistungspegel bzw. der Oktavbänder des jeweiligen Anlagentyps zu dem Ergebnis, dass der Beurteilungspegel des Anlagentyps … 120 bei Anwendung der LAI-Hinweise 2016 über dem Beurteilungspegel liege, der sich für den Anlagentyp … 2.75-120 (und … 2.5-120) bei Anwendung der LAI-Hinweise 2005 ergäbe, obwohl der Gesamt-Schallleistungspegel der errichteten … 120 – laut …-Dreifachvermessung – niedriger sei, als der Gesamt-Schallleistungspegel der genehmigten … 2-5.120 (vgl. S. 5 der Berechnung des Akustikbüros …, Anlage K 35). Das Akustikbüro beschreibe unter Nummer 4, dass sich bei Umsetzung der zwischenzeitlich überarbeiteten LAI-Hinweise und Anwendung des NALS-Interimsverfahrens die eigene exemplarische und orientierende Berechnung in Oktavbändern ergebe, dass die Pegel an den Immissionsorten anstiegen. In diesem Fall wäre am Immissionsort R höchstwahrscheinlich eine Überschreitung des Nachtwertes zu erwarten.
81
Dem ist entgegenzuhalten, dass – wie bereits ausführlich dargestellt – das ursprüngliche Berechnungsverfahren für die Frage, ob eine wesentliche Änderung im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG durch den Anlagenwechsel vorliegt, maßgeblich ist und nicht, was sich bei Anwendung eines anderen Berechnungsverfahrens ergeben würde. Eine rechnerische Erhöhung der dargestellten Werte ist demnach der geänderten Berechnungsmethodik, nicht dagegen der Anlagenänderung geschuldet, wie der Kläger im Übrigen selbst in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat (S. 7 des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 16. November 2023). Darüber hinaus basiert die Berechnung des Akustikbüros auf einer vereinfachten Konstellation, die aus einer Windenergieanlage und einem Immissionsort in 1.000 m besteht, womit kein konkreter Bezug zum vorliegenden Verfahren besteht. Zudem zeigt das Berechnungsmodell, dass die Immissionswerte der … 120 bei Anwendung aller drei Verfahren stets unter denen der … 2.75-120 liegen. Dabei kommt es hier ohnehin nur auf einen Vergleich mit der ursprünglich genehmigten … 2.5-120 an. Im Übrigen handelt es sich bei der Aussage, dass „höchstwahrscheinlich“ eine Überschreitung des Nachtwertes am Immissionsort R zu erwarten sei, kein substantiierter Vortrag, sondern reine Spekulation.
82
bbb. Auch der Vortrag des Klägers, in der Schallimmissionsprognose vom 5. Februar 2019 fehle die Begründung des Gutachters, warum kein Zuschlag hinsichtlich Ton- und Impulshaltigkeit anzuwenden sei (S. 2 des TÜV …-Gutachtens vom 5. Februar 2019), kann die Schallimmissionsprognose nicht erschüttern.
83
Zum einen gibt Ziffer IV. 2.3 des Genehmigungsbescheides vom 12. Dezember 2014 vor, dass die Windenergieanlage nicht tonhaltig sein darf; diese bestandskräftige Nebenbestimmung ist auch für den geänderten Anlagentyp … 120 einzuhalten. Zum anderen sind laut der Dreifachvermessung vom 18. Mai 2018 (Tabellen 5.3, 5.4, 5.9 und 5.10) aufgrund der Einzelmessungen keine Zuschläge für Ton- und Impulshaltigkeit erforderlich.
84
Der nachvollziehbaren Erklärung des Landratsamtes, wonach die Probleme der Tonhaltigkeit, die bei einigen GE-Anlagen aufgetreten seien, auf Getriebevibrationen beruhten und bei …-Anlagen nicht zu befürchten seien, weil diese Anlagen keine Getriebe hätten, ist der Kläger nicht mehr entgegengetreten (vgl. bereits BayVGH, B.v. 16.11.2020 – 22 CS 20.1916 – Rn. 43).
85
ccc. Die Klägerseite zieht die Schallimmissionsprognose vom 5. Februar 2019 durch den Vortrag, der Gutachter erläutere die in Tabelle 6 angeführten Unsicherheiten nicht und die angeführten Unsicherheiten führten zu einer Reduzierung des Unsicherheitszuschlags sowie in der Folge zu einem niedrigeren Beurteilungspegel, nicht in Zweifel. Dazu hat die TÜV … mit Schreiben vom 13. November 2023 (Anlage BG 6) ausführlich und nachvollziehbar dargelegt, dass sich die kombinierte Standardunsicherheit für die Zusatzbelastung aus Teilunsicherheiten zusammensetzt und auf welchen Vorgaben bzw. Überlegungen die Teilunsicherheiten fußen. Diesen Ausführungen ist die Klägerseite – auch in der mündlichen Verhandlung – nicht mehr entgegen getreten. Insbesondere wurde klägerseits auch zu keinem Zeitpunkt substantiiert vorgetragen, dass und inwieweit die – aus seiner Sicht fehlerhaften – Unsicherheiten zu einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte führen.
86
ddd. Der erstmals mit Schriftsatz vom 18. Mai 2021 vorgetragene Einwand betreffend die Schallimmissionsprognose vom 19. Februar 2019, die bereits 2011 in Betrieb genommene Biogasanlage der … im Ortsteil … sei nicht als Vorbelastung berücksichtigt worden, ist nicht innerhalb der zehnwöchigen Frist nach Klageerhebung vorgetragen worden und damit kraft Gesetzes gemäß § 6 Abs. 1 UmwRG präkludiert.
87
Ebenso verhält es sich mit der mit Schriftsatz vom 18. Mai 2021 vorgetragenen Äußerung, entgegen der Vorgaben nach Nummer A.2.3.4 der TA Lärm seien Schallreflexionen von der Schallimmissionsprognose nicht thematisiert und nicht berücksichtigt worden.
88
Gemäß § 6 Satz 1 UmwRG hat eine Person innerhalb einer Frist von zehn Wochen ab Klageerhebung die zur Begründung ihrer Klage gegen eine Entscheidung im Sinn von § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf dieser Frist vorgebracht werden, sind grundsätzlich nur zuzulassen, wenn die Verspätung genügend entschuldigt ist (§ 6 Satz 2 UmwRG i.V.m. § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Die Frist kann nach § 6 Satz 4 UmwRG (nur) dann auf Antrag verlängert werden, wenn die Person in dem vorangegangenen Verwaltungsverfahren keine Möglichkeit der Beteiligung hatte.
89
Der Zweck des § 6 UmwRG besteht darin, zur Straffung des Gerichtsverfahrens beizutragen, indem der Prozessstoff zu einem frühen Zeitpunkt handhabbar gehalten wird (vgl. BT-Drs. 18/12146 S. 16). Deshalb hat der Kläger den Prozessstoff grundsätzlich innerhalb der Begründungsfrist festzulegen. Für das Gericht und die übrigen Beteiligten soll klar und unverwechselbar feststehen, unter welchen tatsächlichen Gesichtspunkten eine behördliche Entscheidung angegriffen wird, was einen späteren lediglich vertiefenden Tatsachenvortrag nicht ausschließt (BayVGH, U.v. 1.12.2022 – 8 A 21.40034 – juris Rn. 34 rek. auf BVerwG, U.v. 27.11.2018 – 9 A 8.17 – juris Rn. 14). Zur Fixierung des Verfahrensstoffs muss der Vortrag ein Mindestmaß an Schlüssigkeit und Substanz aufweisen und dem Gericht einen Eindruck von der Sicht des Klägers auf den jeweiligen Tatsachenkomplex verschaffen (BayVGH, U.v. 1.12.2022 – 8 A 21.40034 – juris Rn. 34 m.w.N.). Die innerprozessuale Präklusion tritt kraft Gesetzes ein und steht nicht zur Disposition des Gerichts (Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand 102. EL September 2023, UmwRG Rn. 72). Ist die Verzögerung nicht unverschuldet, würde die Präklusion nur dann nicht eintreten, wenn es mit geringem Aufwand möglich wäre, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln (§ 6 Satz 3 UmwRG i.V.m. § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO). Diese Ausnahme ist eng auszulegen. Eine Ermittlung des Sachverhalts „mit geringem Aufwand“ kommt nur dort in Betracht, wo die Klagebegründungsobliegenheit auch vor dem Hintergrund des Regelungszwecks einer frühzeitigen Fixierung des Prozessstoffs eine bloße Förmlichkeit darstellt und deshalb die strenge Rechtsfolge der Präklusion nicht rechtfertigt. Wird im Gegensatz zum Regelungszweck durch das fristgerechte Klagevorbringen nicht hinreichend deutlich, unter welchen Gesichtspunkten der Kläger die behördliche Entscheidung angreift, ist keine Ausnahme von der Präklusion zu machen (VGH BW, B.v. 10.11.2022 – 10 S 1312/22 – juris Rn. 47 m.w.N.; BayVGH, B.v. 16.3.2021 – 8 ZB 20.1873 – juris Rn. 17).
90
Unter Anwendung dieser Maßgaben ist die Begründungsfrist nicht eingehalten. Da die Klage am 8. Juli 2020 erhoben worden ist (§ 81 Abs. 1 VwGO), begann die zehnwöchige Ereignisfrist gemäß § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO), § 187 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) am 9. Juli 2020 und endete gemäß § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB am 16. September 2020.
91
Der Kläger hat zwar bei Klageerhebung Kritik an der Schallimmissionsprognose geäußert, Vorbelastungen und Schallreflexionen sind jedoch nicht von der Kritik am Berechnungsverfahren, an den Unsicherheiten und an der Ton- und Impulshaltigkeit erfasst (vgl. OVG NW, B.v. 3.11.2023 – 8 B 1049/23 AK – juris Rn. 75) Deshalb ist der ergänzende Vortrag auch keine Substantiierung des bisherigen Vortrags. Es liegen auch keine Ausnahmen von der Präklusionswirkung gemäß § 6 Satz 2 oder 3 UmwRG vor, weil die Verspätung des Vortrags nicht entschuldigt worden ist und weil das Gericht die Frage der Berücksichtigung etwaiger Vorbelastungen und der Schallreflexionen nicht ohne Mitwirkung der Beteiligten mit geringem Aufwand ermitteln kann.
92
cc. Der Einwand, die Änderung des Windenergieanlagentyps von der … hin zur … 120 führten zu nachteiligen Änderungen des periodischen Schattenschlags, die wiederum eine wesentliche Änderung im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG zur Folge hätte, hat keinen Erfolg.
93
Vergleicht man den genehmigten Anlagentyp … 2.5-120 mit dem angezeigten und geänderten Typen … 120 dahingehend, ob ein vermehrter Schattenwurf durch den Anlagentypwechsel entsteht, so ist festzustellen, dass beide Anlagentypen identische Rotorblätter mit der Bezeichnung … 58.7 und einem Rotordurchmesser von 120 m (bzw. laut Zeichnung des Anlagentyps …119,9 m) haben. Dies geht aus den Schreiben des Unternehmens … vom 2. August 2016 und des Unternehmens … vom 17. Juli 2019 (Bl. 134 der Behördenakte zur Änderungsanzeige im Parallelverfahren B 4 K 20.595) sowie dem die Anlagen vergleichenden Datenblatt (Bl. 19 der Behördenakte zur Änderungsanzeige im Parallelverfahren B 4 K 20.595) hervor. Ausdrücklich bestätigt wird dies auch durch eine ergänzende Stellungnahme der … AG vom 25. September 2020 (Bl. 202 der Gerichtsakte). Es handelt sich nach Aussage der Beigeladenen um Fertigbauteile. Aufgrund der gleichbleibenden Rotorblätter und der jedenfalls gleichbleibenden Gesamthöhe (Ausgleich der unterschiedlichen Turmhöhen über das Fundament, vgl. E-Mail der N. … AG vom 10. September 2018) ist nicht ersichtlich, dass es zu einem vermehrten Schattenwurf allein durch den Typenwechsel kommt. Vielmehr steht das nun verwendete Rotorblatt der … 120 außerdem nach Aussage der Beigeladenen geringer ab als bei dem ursprünglich genehmigten Anlagentyp (Exzentrizität von 6,30 m gegenüber zuvor 7,76 m, vgl. Bl. 129 der Behördenakte zur Änderungsanzeige im Parallelverfahren B 4 K 20.595).
94
Vergleicht man die Beschattungsstunden pro Tag und Jahr an den Immissionsorten A bis Q, die im Schattenwurfgutachten vom 18. Februar 2014 im Hinblick auf den ursprünglichen Anlagentyp ermittelt wurden, mit den Daten aus dem Schattenwurfgutachten vom 5. Februar 2019, welches den neuen Anlagentyp berücksichtigt, ist festzustellen, dass die maximalen Schattenwurfstunden pro Tag durch den Typenwechsel nur am Standort E von 0:35 auf 0:34 Stunden pro Tag verringert wurden, an allen anderen Standorten hingegen gleich geblieben sind. Bezüglich der Schattenwurfstunden pro Jahr haben sich diese an den Standorten B, C, E, F, L und P verringert, am Standort D von 45:35 Stunden pro Jahr auf 55:01 Stunden pro Jahr erhöht und sind im Übrigen gleich geblieben. Zwar ist am Standort D ein erhöhter Schattenwurf zu verzeichnen. Die Steigerung der jährlichen Schattenwurfzeit an einem Standort führt jedoch im Vergleich zur ursprünglich genehmigten Anlage zu keinen nachteiligen immissionsschutzrechtlichen Auswirkungen. Bereits durch den ursprünglich genehmigten Anlagentyp … 2.5-120 wurden die Grenzwerte (acht Stunden pro Kalenderjahr und 30 Minuten an einem Kalendertag bzw. 30 Minuten am Tag und 30 Stunden pro Kalenderjahr) überschritten. Deshalb wurde in der Ziffer IV. 3.1 des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids zur Einhaltung der maximalen Beschattungszeiten die Verwendung einer automatischen Abschalteinrichtung angeordnet. Die Auflage in Ziffer IV. 3.1 des Ausgangsbescheids besteht weiterhin unverändert fort und entfaltet auch für die geänderten Anlagentypen eine bindende Wirkung. Die streitgegenständliche – geänderte – Anlage muss daher eine automatische Abschalteinrichtung enthalten. Hierdurch werden die in der Ziffer IV. 3.1 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung festgesetzten maximalen tatsächlichen Beschattungszeiten von acht Stunden pro Kalenderjahr und 30 Minuten an einem Kalendertag bzw. die astronomisch mögliche Beschattungsdauer von 30 Stunden im Kalenderjahr und 30 Minuten am Tag auch beim Wechsel der Anlagentypen eingehalten. Eine Änderung der ursprünglichen Genehmigung oder die nachträgliche Anordnung einer Nebenbestimmung ist nicht veranlasst. Nachteilige immissionsschutzrechtliche Auswirkungen durch einen erhöhten Schattenwurf sind deshalb ausgeschlossen. Die Klägerseite ist dem auch während des gesamten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht substantiiert entgegengetreten. Es besteht daher keine wesentliche Änderung im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG (so bereits ausführlich BayVGH, B.v. 16.11.2020 – 22 CS 20.1916 – Rn. 45 f.).
95
Soweit der Kläger dieser Argumentation damit entgegentritt, dass sich im Schattenwurfgutachten der TÜV … vom 5. Februar 2019 der Hinweis finde, dass dem Bericht als Anlage eine Beschreibung zur Schattenabschaltung der geplanten Anlagentypen … 120 und … 2.75-120 der jeweiligen Anlagenhersteller beigefügt sei und sich die Schattenwurfmodule des ursprünglich genehmigten Anlagentyps und des geänderten Anlagentyps technisch erheblich unterscheiden würden, was zur Folge habe, dass es sich nicht um einen „unveränderten Anlagenbestandteil“ handele, kann er damit nicht durchdringen. Denn die Nebenbestimmung in Ziffer IV. 3.1 der bestandskräftigen Genehmigung vom 12. Dezember 2014 gibt lediglich vor, dass durch eine Abschaltautomatik sicherzustellen ist, dass der Schattenwurf aller Windkraftanlagen an den Wohngebäuden in der Umgebung die genannte Beschattungsdauer nicht überschreitet. Daneben finden sich in den Nebenbestimmungen der Ziffer IV. 3.2 Vorgaben zu den Programmierungen und Dokumentationspflichten. Eine bestimmte Art der Schattenwurfabschalteinrichtung oder gar ein Hersteller sind nicht vorgeschrieben, was auch nicht zwingend ist, da die Behörde die Einhaltung bestimmter Immissionsrichtwerte unter Angabe des anzuwendenden Beurteilungsverfahrens und der relevanten Immissionsorte vorgegeben hat (vgl. NdsOVG, B.v. 21.12.2007 – 12 ME 299/07 – juris Rn. 13).
96
Der klägerische Einwand, das Schattenwurfgutachten enthalte keine Erläuterung der Eingangswerte und gebe die verwendeten Formeln nicht wieder, vermag das Gutachten nicht zu erschüttern. Denn ausweislich der ersten Seite des Schattenwurfgutachtens der TÜV … vom 5. Februar 2019 handelt es sich – wie beim Schallgutachten vom 5. Februar 2019 – um ein Addendum zum Schattenwurfgutachten vom 18. Februar 2014; die Ergebnisse des Addendums basieren auf dem Gutachten vom 18. Februar 2014 und alle Angaben beruhen auf den Untersuchungsergebnissen des ursprünglichen Gutachtens, welches die entsprechenden Formeln enthält. Auch hinsichtlich der nicht weiter ausgeführten Kritik, es sei nicht erkennbar, ob der angegebene Beschattungsbereich von 1.718 m korrekt berechnet worden sei, ist der Kläger auf das Gutachten vom 18. Februar 2014 und die darin durchgeführten Berechnungen zu verweisen. Insbesondere enthält der Vortrag keinerlei Ausführungen, dass und inwieweit eine möglicherweise veränderte Beschattung zu wesentlichen Nachteilen im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 2 BImSchG führt.
97
Die mit Schriftsatz vom 19. Mai 2021 erstmals angeführte und im Schriftsatz vom 8. November 2023 vorgebrachte Kritik, dass mit den im Schattenwurfgutachten vom 5. Februar 2019 und im Genehmigungsbescheid vom 12. Dezember 2014 angegebenen 15 Immissionsorten nicht alle Immissionsorte im Sinne der WKA-Schattenwurfhinweise erfasst seien, ist präkludiert gem. § 6 Satz 1 UmwRG. Es handelt sich bei der Frage, ob alle Immissionsorte zutreffend ermittelt worden sind, um einen Tatsachenkomplex, der bislang nicht erörtert worden ist und jedenfalls nicht mit geringem Aufwand durch das Gericht zu ermitteln ist. Damit ist der Vortrag insoweit kraft Gesetzes präkludiert (vgl. VGH BW, B.v. 10.11.2022 – 10 S 1312/22 – BeckRS 2022, 39271 – Rn. 45), insbesondere wurde auch keine Entschuldigung der Verspätung vorgetragen.
98
dd. Der Vortrag des Klägers, es sei naheliegend, dass der Anlagenwechsel auch Auswirkungen auf die zum Einsatz kommenden wassergefährdenden Stoffe habe, weil sich der Aufbau der beiden Anlagen grundlegend unterscheide, sich in der Anlage der … 120 im Maschinenträger fünf Getriebe und in den Rotorblättern weitere drei Getriebe befänden, wonach acht Getriebe geschmiert werden müssten, führt nicht zu einer wesentlichen Änderung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Denn Maßstab der Prüfung ist § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG; wassergefährdende Stoffe werden im Rahmen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG geprüft (Dietlein in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand Juni 2023, § 6 BImSchG Rn. 40 f.; vgl. auch BayVGH, B.v. 5.10.2011 – 15 CS 11.1858 – juris Rn. 30).
99
ee. Soweit der Kläger die Freistellungserklärung vom 27. August 2019 als rechtswidrig erachtet, weil die im Genehmigungsbescheid vom 12. Dezember 2014 in Bezug auf Eiswurf, Eisabfall sowie Brand- und Arbeitsschutz enthaltenen Vorgaben nicht auf die Anlage des geänderten Typs … 120 übertragbar seien, ist dieser mit Schriftsatz vom 19. Mai 2018 erstmals vorgetragene Einwand gemäß § 6 Satz 1 UmwRG präkludiert und somit bei der Entscheidung nicht zu berücksichtigen. Es sind keinerlei Ansatzpunkte für Ausnahmen gemäß § 6 Satz 2 und 3 UmwRG dargelegt oder ersichtlich.
100
3. Mit Abweisung des Klageantrags zu 1 ist die Voraussetzung für die innerprozessuale Bedingung des Hilfsantrags eingetreten.
101
Für die baurechtliche Prüfung des im Hilfsantrag angeführten Klagebegehrens ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth (Stand: 1. Juli 2023) die 2. Kammer zuständig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat die Trennung eines eigenen Streitgegenstands zu erfolgen, wenn für die Streitgegenstände gerichtsintern verschiedene Kammern zuständig sind (BVerwG, B.v. 3.5.2016 – 7 C 7.15 – BeckRS 2016, 46226 Rn. 8; Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 93 Rn. 8).
102
Die Abtrennung des Klageantrags zu 2) gemäß § 93 Satz 2 VwGO ist daher sachgerecht.
II.
103
Der Kläger hat als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden dem Kläger auferlegt, da die Beigeladene einen Antrag gestellt hat und damit ein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 162 Abs. 3 i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO).
III.
104
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO.