Inhalt

OLG Nürnberg, Beschluss v. 18.09.2023 – 6 U 2642/22
Titel:

Lediglich abweichende Beweiswürdigung des Berufungsführers hindert Bindung an Tatsachenfeststellung nicht

Normenkette:
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
Leitsatz:
Setzt der Berufungsführer im Wesentlichen lediglich eine andere Beweiswürdigung an die Stelle der Beweiswürdigung des Erstgerichts und legt nicht dar, dass dessen Beweiswürdigung nachvollziehbarer Grundlagen entbehrt, es gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen habe oder ihm Verfahrensfehler bei den Tatsachenfeststellungen unterlaufen seien, hindert das die Bindung des Berufungsgerichts gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichts nicht. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beweiswürdigung, Tatsachenfeststellungen, Bindung
Vorinstanz:
LG Nürnberg-Fürth vom 11.08.2022 – 6 O 943/19
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Urteil vom 23.01.2025 – III ZR 371/23
Fundstelle:
BeckRS 2023, 54926

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten zu 2 (Berufungskläger) gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 11.08.2022, Aktenzeichen 6 O 943/19, wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte zu 2 (Berufungskläger) hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte zu 2 (Berufungskläger) kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 265.283,00 € festgesetzt.

Gründe

1
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Hinweis des Senats vom 03.07.2023 sowie auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 11.08.2022 Bezug genommen.
2
Der Beklagte zu 2 beantragt im Berufungsverfahren,
(1) das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 11.08.2022, zum Az. 6 O 943/19, abzuändern und die Klage abzuweisen,
(2) hilfsweise, das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 11.08.2022, Az. 6 O 943/19 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Nürnberg-Fürth zurückzuverweisen.
3
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
4
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 11.08.2022, Aktenzeichen 6 O 943/19, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
5
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 03.07.2023 Bezug genommen.
6
Auch die Ausführungen in der Gegenerklärung geben zu einer Änderung keinen Anlass.
7
Auch in dieser wendet sich der Beklagte zu 2 weiterhin gegen die Tatsachenfeststellung des Landgerichts, wonach dieser sich am Vertrieb der Inhaberschuldverschreibungen der Beklagten zu 1 (P) mit bewusst falschen Angaben beteiligt hat. Auch in der Gegenerklärung stellt der Beklagte zu 2 im Wesentlichen lediglich eine andere Beweiswürdigung an die Stelle der Beweiswürdigung des Landgerichts. Dass dessen Beweiswürdigung nachvollziehbarer Grundlagen entbehrt, es gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen habe oder ihm Verfahrensfehler bei den Tatsachenfeststellungen unterlaufen seien, ist nach wie vor nicht ersichtlich.
8
Was der Beklagte zu 2 nunmehr als schriftliche Erklärung vom 09.07.2023 des Zeugen T gegenüber dem Landgericht Stuttgart ausführt, hindert eine Bindung des Senats gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts nicht. Darauf beispielsweise, dass der Beklagte zu 2 selbst an den Schulungen teilgenommen habe, stellt auch das Landgericht nicht ab.
9
Auch im Hinblick auf die Feststellung des Landgerichts, der Beklagte zu 2 habe gewusst, dass vom Beklagten zu 3 in den Schulungen der Vermittler und gegenüber den Anlegern der Eindruck vermittelt wurde, die Inhaberschuldverschreibungen der P… würden an der Börse gehandelt und es gebe einen tagesaktuellen Kurs, stellt der Beklagte zu 2 mit seiner Gegenerklärung wiederum lediglich eine andere Beweiswürdigung an die Stelle der Beweiswürdigung des Landgerichts. Ob der Beklagte zu 3 mitunter auch im Vertrieb tätige Personen über die Möglichkeit unzureichender Liquidität der von ihm angedachten Rücknahmen informiert hat und sogar darauf hingewiesen hat, dass es zu Engpässen oder gar ausbleibenden Rücknahmen kommen könne, kann dahinstehen, da das Landgericht die tatsächlich gegenüber dem Kläger erfolgten Täuschungshandlungen und den kausalen Irrtum aufgrund der durch das Landgericht selbst erhobenen Zeugen- und Urkundsbeweise und maßgeblich insbesondere auch persönlichen Anhörung des Klägers selbst festgestellt hat (vgl. z.B. Seite 25 des Urteils, Bl. 432 d.A.).
10
Dass das Landgericht eine eigene Würdigung dieser Beweise gänzlich unterlassen habe, liegt daher fern und wird durch den Beklagten zu 2, abgesehen von einem pauschalen Verweis auf Parallelen zu einer Entscheidung des Landgerichts Mannheim auch nicht näher dargelegt.
11
Dass es aus Sicht des Beklagten zu 2 nicht überzeugend sei, dass es dem Kläger, der laut der Gegenerklärung „im Controlling eines Dax-Unternehmens tätig“ war, erschwert worden sei, den auf der Homepage der Gesellschaft abrufbaren Prospekt einzusehen, hindert die Bindung des Senats an die Feststellungen des Landgerichts nicht.
12
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
13
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
14
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.