Inhalt

OLG Bamberg, Endurteil v. 17.05.2023 – 3 U 261/22
Titel:

Nachlaßverbindlichkeiten, Insolvenzverwalter, Dingliche Surrogation, Veräußerung, Nachlassgläubiger, Insolvenzanfechtung, Zugewinnausgleichsanspruch, Berufungsanträge, Insolvenzmasse, Alleinerbschaft, Feststellungsinteresse, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Testamentsvollstreckung, Pflichtteilsanspruch, Klageantrag, Gemeinschaftliches Testament, Erbscheinsverfahren, Nachlassinsolvenzverfahren, Nachlassinsolvenzverwalter, Pflichtteilsrecht

Schlagworte:
Nachlassinsolvenzverfahren, Alleinerbschaft, dingliche Surrogation, Insolvenzanfechtung, Pflichtteilsanspruch, Zugewinnausgleich, Treuhandverhältnis
Vorinstanz:
LG Aschaffenburg vom 27.09.2022 – 61 O 125/21
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Urteil vom 19.12.2024 – IX ZR 119/23
Fundstelle:
BeckRS 2023, 54764

Tenor

1. Die Klägerin ist des Rechtsmittels der Berufung hinsichtlich des Beklagten zu 2) teilweise, und zwar hinsichtlich des Berufungsantrags zu 2) verlustig.
2. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 27.09.2022, Az. 61 O 125/21, zurückgewiesen.
3. Die Klägerin hat die Kosten ihrer Berufung zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Aschaffenburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten jeweils vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110% des von ihr zu vollstreckenden Betrages leisten.
5. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zu der Frage zugelassen, ob im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das nur einer Person vererbten Vermögen der Erlös aus der Veräußerung von Nachlassgegenständen durch den Alleinerben im Wege der dinglichen Surrogation bzw. aufgrund des Willens des Alleinerben, für Rechnung des Nachlasses zu handeln, dem Nachlassvermögen zuzurechnen ist.

Entscheidungsgründe

I.
1
Hinsichtlich des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird gem. § 540 ZPO auf die Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen. Lediglich ergänzend bzw. erläuternd ist auszuführen:
2
Die Parteien streiten um die insolvenzrechtliche Anfechtbarkeit eines Erlöses eines Grundstücksverkaufs und um Schadensersatzansprüche, die aus der Tätigkeit des Beklagten zu 1) als Insolvenzverwalter herrühren.
3
Die Klägerin ist auf Grund eigenhändigen gemeinschaftlichen Testaments vom 11.08.2014 Alleinerbin nach ihrem Vater A., der am … 2016 verstarb. Die Klägerin beantragte in dem daraufhin beim Amtsgericht Aschaffenburg unter dem Aktenzeichen Nachlassakte …/16 eröffneten Nachlassverfahren einen Erbschein, den sie im Laufe des Jahres 2019 auch erhielt.
4
Aus der Ehe des Erblassers mit Frau B. ging neben der Klägerin noch ihr Bruder E. hervor. Nachdem dieser die Wirksamkeit des Testaments in Abrede gestellte hatte, führte die Klägerin mit diesem vor dem Landgericht Aschaffenburg unter dem Aktenzeichen 12 O 106/17 einen Rechtsstreit, der am 18.03.2019 mit einem Vergleich endete. Danach erkannte E. die Erbenstellung der Klägerin an und verzichtete auf Einwendungen hinsichtlich der Wirksamkeit des Testaments. Im Gegenzug verpflichtete sich die Klägerin etwa Anfang des Jahres 2019 zur Zahlung von 90.000,00 €, mit der auch erbrechtliche Ansprüche des E. am einstigen Nachlass der Mutter mit einem Anteil von 20.000,00 € abgegolten werden sollten. Bereits zuvor am 25.11.2018 hatte B. eine Erklärung unterzeichnet, in dem sie auf ihr Pflichtteilsrecht verzichtete.
5
Die Klägerin veräußerte mit notariellem Kaufvertrag vom 21.02.2019 vor dem Notar D. in …, URNr. …/2019, vier zum Nachlass gehörende Eigentumswohnungen in dem Anwesen Y-Straße xx, Gebäude- und Freifläche, Flurnummer …, und Z-Straße …, Gebäude- und Freifläche, Flurnummer …/xx, zum Kaufpreis von 480.000,00 Euro an den Käufer G. (Bl. 46ff.). Unter Ziffer III. 3. a) des Vertrags wurde vereinbart, dass vom Kaufpreis, soweit er nicht zur Ablösung eingetragener Belastungen benötigt werde, ein Teilbetrag von 90.000,00 Euro an E., ausbezahlt werde. Der danach verbleibende Restbetrag sollte gem. Ziffer lII. 3. b) auf ein Anderkonto der Rechtsanwälte H. ausbezahlt werden; ein eigenes Konto besaß die in Vermögensverfall geratene Klägerin zu diesem Zeitpunkt nicht. Tatsächlich wurden 132.320,99 € an die X. L. AG bezahlt, zu deren Gunsten eine Briefgrundschuld eingetragen war. Ebenso wurde der Betrag von 90.000,00 € an E. geleistet. Der Restbetrag von 257.679,01 € ging auf das Anderkonto der Rechtsanwälte H.. Hiervon verrechneten diese zu ihren Gunsten 101.322,99 € für Honorarforderungen, die jedenfalls teilweise in Höhe von 18.766,87 € den Erblasser betrafen. Weitere 33.119,60 € überwiesen die Rechtsanwälte H. mit Einverständnis der Klägerin auf ein eigenes Treuhandkonto. Außerdem wurden von dem genannten Restbetrag noch etwa 12.000,00 € für Nachlassverbindlichkeiten verwendet. Am 14.01.2021 war der auf dem Treuhandkonto vorhandene Erlös vollständig aufgebraucht.
6
Die Klägerin wurde zwischenzeitlich im November 2019 von ihrer bereits seit einiger Zeit unter Betreuung stehenden Mutter, vertreten durch deren Betreuer RA F. auf Zahlung des Pflichtteils aus dem Erbfall ihres Vaters in Anspruch genommen. Dies lehnte die Klägerin ab. Ihre Mutter nahm sie deshalb im Wege einer am 17.12.2019 beim Landgericht Aschaffenburg unter dem Aktenzeichen 61 O 60/20 erhobenen Stufenklage in Anspruch. In diesem Verfahren beantragte die Klägerin und dortige Beklagte, die Beschränkung der Erbenhaftung auf den Nachlass vorzubehalten. Außerdem verlangte die Mutter der Klägerin im Wege der Stufenklage vor dem AG – FamG – Aschaffenburg die Zahlung von Zugewinnausgleich (Az.: 4 F 1029/20). Dort wurde die hiesige Klägerin durch rechtskräftigen Beschluss vom 08.09.2020 zur Auskunftserteilung verpflichtet. Eine Leistungsstufe wurde bislang durch die Mutter der Klägerin nicht aufgerufen.
7
Für den Nachlass selbst beantragte die Klägerin am 16.11.2020 beim Amtsgericht -InsolvenzgerichtAschaffenburg die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Sie begründete diesen Antrag damit, dass der Nachlass wegen der Forderungen ihrer Mutter überschuldet und zahlungsunfähig sei. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 23.04.2021 wurde dies unter dem Aktenzeichen …/20 eröffnet und der Beklagte zu 1) als Insolvenzverwalter eingesetzt. Hier wurde sie mit Schreiben vom 29.04.2021 vom Beklagten zu 1) aufgefordert, bis zum 11.05.2021 den auf dem Anderkonto der Rechtsanwälte H. eingegangenen Betrag von 257.679,01 Euro auf ein von ihm eingerichtetes Insolvenzsonderkonto zu überweisen. Des Weiteren schrieb der Beklagte zu 1) in seiner Funktion als Insolvenzverwalter Gläubiger der Klägerin an, die von der Klägerin aus dem Erlös Zahlungen erhalten hatten. Dies betraf zunächst die V., die Kfz-Versicherung der Klägerin, die aufgrund des Schreibens des Beklagten vom 18.05.2021 von der Klägerin an die Versicherung geleistete Beitragszahlungen in Höhe von insgesamt 908,99 Euro an den Insolvenzverwalter und damit zum Nachlass zurückzahlte. Die Krankenversicherung der Klägerin, die K., nahm der Beklagte zu 1) in Höhe von aus dem Erlös bezahlten 11.000,00 Euro in Anspruch. Von dem Freund der Klägerin, M., verlangt der Beklagte den Betrag von 14.700,46 €. Deswegen ist ein weiteres Berufungsverfahren vor dem Senat (Az.: 3 U 250/22) anhängig.
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Das Amtsgericht – Insolvenzgerichtstellte am 26.01.2023 Forderungen zur Tabelle in Höhe von 219.284,08 € fest. Hierunter befanden sich Zugewinnausgleichsansprüche der Mutter der Klägerin von 123.853,11 € und 86.922,50 € zuzüglich Zinsen.
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2. Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, dass zum Zeitpunkt der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens kein Nachlass mehr vorhanden gewesen sei. Dieser habe im Wesentlichen in dem im Februar 2019 veräußerten Immobilien bestanden. Der Erlös aus deren Verkauf habe dazu gedient, um die Darlehensverbindlichkeiten, mit denen das Anwesen belastet gewesen sei, abzulösen und den Vergleich zu regeln, den sie mit E. abgeschlossen habe. Aus dem verbliebenden Betrag von 257.679,09 € habe sie noch bestehende Nachlassverbindlichkeiten abgelöst sowie eigene Verbindlichkeiten getilgt. Daneben habe sie Darlehen bzw. Schenkungen an ihren Freund M. erbracht. Ihre Parteivertreter hätten das auf dem Treuhandkonto hinterlegte Geld nach ihren Wünschen verwendet. Der Erlös sei keine Masse des Nachlassinsolvenzverfahrens, sondern Privateigentum der Klägerin geworden.
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Die Geltendmachung der Pflichtteils- und Zugewinnzahlungen habe die Klägerin überrascht, weil ihre Mutter zuvor hierauf verzichtet habe. Ihre Mutter sei die einzige Gläubigerin im Insolvenzverfahren.
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Erstinstanzlich hat die Klägerin die Auffassung vertreten, dass bei Alleinerben das Gesetz eine dingliche Surrogation nicht vorsehe, weshalb der Kauferlös nicht zur Insolvenzmasse gehöre. Er habe sich vielmehr mit dem Privatvermögen der Klägerin vermischt, das durch den Beschlag im Nachlassinsolvenzverfahren unberührt bleibe. Eine strikte Trennung des Nachlasses vom sonstigen Vermögen der Klägerin zwischen Erbfall und Eröffnung des Insolvenzverfahrens habe es nicht gegeben. Die Klägerin habe auch nicht jeweils klar zum Ausdruck gebracht, für den Nachlass und nicht für das Eigenvermögen handeln zu wollen. Insofern könne auch nicht ausnahmsweise von einem Verbleib des Erlöses in der Nachlassmasse ausgegangen werden. Sie habe stets im Eigeninteresse gehandelt. Der Beklagte sei daher nicht berechtigt, als Insolvenzverwalter die Klägerin in Anspruch zu nehmen.
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Soweit der Beklagte sich an ihre Gläubiger gewandt und Erstattung der Beträge verlangt habe, die sie (die Klägerin) an diese gezahlt habe, habe er rechtswidrig gehandelt und sei zum Schadensersatz verpflichtet. So habe die V. Versicherung den Versicherungsvertrag mit der Klägerin gekündigt. Die Kosten hierfür habe der Beklagte als Schadensersatz zu erstatten. Letztendlich verlange die Klägerin die Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten aus einem Gegenstandswert von 257.679,01 Euro.
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Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
1.
Es wird festgestellt, dass der Kauferlös, den die Klägerin aus dem Verkauf des Anwesens „Z-Straße …, …“ erzielt hat, nicht Bestandteil des Nachlasses des Erblassers A. geworden ist und Verfügungen der Klägerin über diesen Kauferlös damit auch nicht der Insolvenzanfechtung unterliegen.
2.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte der Klägerin auf Ersatz der Schäden haftet, die der Klägerin dadurch entstehen, dass der Beklagte Gläubiger der Klägerin auf Erstattungen von Zahlungen in Anspruch nimmt, die die Klägerin aus dem Erlös des Verkaufs der Immobilie gemäß Ziffer 1 an diese Gläubiger zur Zahlung ihrer Verbindlichkeiten geleistet hat.
3.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 3.865,00 Euro zu zahlen zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab 14.05.2022.
14
Die Beklagten haben erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
15
Die Beklagten haben erstinstanzlich Ziffer 1 des Klageantrags mangels Feststellungsinteresse als unzulässig erachtet. Sie hätten selbst nie behauptet, dass der Erlös aus dem Immobilienverkauf Teil der Insolvenzmasse sei. Dies sei denklogisch nicht möglich, da der Erlös zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung schon vollständig verbraucht gewesen sei. Auch Ziffer 2 des Klageantrages sei mangels Bestimmtheit unzulässig.
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Jedenfalls sei die Klage unbegründet. Zahlungsansprüche im Zusammenhang mit der Veräußerung der zum Nachlass zugehörigen Immobilien seien Bestandteil des Nachlasses geworden. Der Erlös hieraus sei nicht mit dem übrigen Vermögen der Klägerin vermischt worden, da er auf einem Bankkonto der Rechtsanwaltskanzlei H. verblieben sei. Die Immobilie als Nachlassgegenstand sei auch im Interesse des Nachlasses verkauft worden. Die Klägerin selbst habe den Kaufpreis zum Nachlassbestandteil gemacht, nachdem sie hiervon Darlehensverbindlichkeiten abgelöst habe, mit denen das Anwesen noch belastet gewesen sei, und im Rahmen eines den Nachlass betreffenden Abfindungsvergleichs den Bruder ausbezahlt habe.
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Daneben sei die Klägerin aus §§ 1978, 1980 BGB zur Rückerstattung der von ihr verbrauchten Beträge verpflichtet. Sie sei als Erbin verpflichtet gewesen, darauf zu achten, ob die Möglichkeit bestehe, dass sich noch Verbindlichkeiten zeigen könnten. Dies sei hier naheliegend gewesen, da nicht nur die unter Betreuung stehende Mutter selbst Ansprüche geltend machen könne, sondern auch deren Betreuer, der dies auch frühzeitig getan habe. Von einem unerwarteten Bekanntwerden von Verbindlichkeiten könne keine Rede sein, weil der Betreuer bereits Mitte 2019 und damit vor dem vollständigen Verbrauch des Nachlasses mündlich angekündigt habe, Pflichtteils- und Zugewinnausgleichsansprüche geltend zu machen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hätte die Klägerin nicht mehr auf den Nachlass zugreifen und noch vorhandene Restbeträge bis zur abschließenden Klärung der Sach- und Rechtslage separieren müssen.
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Die Verpflichtung zur Rückzahlung treffe auch die übrigen Zahlungsempfänger, soweit sie keine adäquate Gegenleistung an den Nachlass erbracht hätten. Der Anspruch auf Rückzahlung der erhaltenen Zahlungen aus dem Nachlass ergebe sich aus §§ 129, 134, 143 lnsO.
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Die Klägerin habe durch Handeln des Beklagten keinen Schaden erlitten. Sie habe weder einen Schaden noch eine Rechtsgutsverletzung dargelegt. Ein rechtswidriger Vermögensschaden der Klägerin auf Grund des beruflich veranlassten Vorgehens sei nicht denkbar. Sein Verhalten entspreche in sämtlichen Einzelheiten den Vorschriften des Insolvenzrechts und sei somit rechtmäßig.
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3. Das Landgericht hat die Klage ohne Beweisaufnahme abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
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Die Klage sei zulässig, insbesondere seien die Klageanträge hinreichend bestimmt und das Feststellungsinteresse dargetan. Die Klage sei jedoch unbegründet.
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a) Soweit der Beklagte als Insolvenzverwalter auf Schadensersatz in Anspruch genommen werde, erweise sich die Klage bereits aufgrund der fehlenden Passivlegitimation als unbegründet. Ansprüche aus § 60 InsO bzw. §§ 823ff. BGB würden sich gegen den Insolvenzverwalter ohne als Partei kraft Amtes bzw. den Zusatz „über das Vermögen des …“ richten. Dies gelte erst recht für Ansprüche wegen allgemeiner schuldrechtlicher Pflichtverletzung. Lediglich als Privatperson sei der Beklagte passivlegitimiert.
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b) Der Verkaufserlös sei Bestandteil des Nachlasses und der Insolvenzmasse. Verfügungen der Klägerin hierüber würden der Anfechtung unterliegen. Das Verhalten des Beklagten begründe daher weder Ansprüche aus § 60 InsO noch aus § 823 BGB.
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Bei einem Alleinerben finde eine dingliche Surrogation bei rechtsgeschäftlicher Veräußerung eines Nachlassbestandteiles nicht statt. Anderes gelte bei Rechtsgeschäften unmittelbar für Rechnung des Nachlasses; hier sei das Erworbene unmittelbar dem Nachlass zuzurechnen. Dies treffe vorliegend auf die Veräußerung der Immobilien zu. Aus dem Erlös seien eventuelle Pflichtteilsansprüche des E. abgegolten und weitere Nachlassforderungen beglichen worden. Daneben habe eine Überführung des Erlöses in das Privatvermögen der Klägerin nicht stattgefunden.
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Die Klägerin habe den Insolvenzantrag gestellt, um nicht für etwaige Pflichtteils- oder Zugewinnansprüche haften zu müssen. Als Erbin habe sie jedoch Surrogate, die an die Stelle von Erbschaftsgegenständen getreten seien, an den Insolvenzverwalter herauszugeben. Dies gelte auch für Dritte, die aus dem Nachlass etwas ohne äquivalente Gegenleistung erhalten hätten. Aus diesem Grund habe der Beklagte die von der Klägerin als schadensbegründend bezeichneten Maßnahmen zu Recht vorgenommen und die Zahlungen an die Krankenkasse der Klägerin und an ihren Freund angefochten. Diese hätten etwas aus der Insolvenzmasse ohne eine Gegenleistung erlangt.
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c) Ein Anspruch der Klägerin bestehe auch nicht aus der Verletzung allgemeiner Schutzpflichten. Diese könnten der Klägerin zwar auch als Erbin gegen den Nachlass zustehen, dass dieser bereits im Zeitpunkt des Erbfalls bestanden habe, werde nicht behauptet.
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4. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung, die sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens wie folgt begründet:
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Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei der zur Auszahlung gekommene Erlös aus dem Verkauf der Nachlassimmobilie nicht aufgrund eines entsprechenden Willens der Klägerin Teil des Nachlasses geworden. Vielmehr habe die Klägerin den Verkauf ausschließlich für eigene Zwecke verkauft, nämlich zur Erlangung der Erbenstellung unter gleichzeitiger Abgeltung von Pflichtteilsansprüchen ihres Bruders am dereinstigen Nachlass der Mutter. Aufgrund des gemeinschaftlichen Testaments der Eltern habe festgestanden, dass die Klägerin auch Erbin der Mutter werden würde. An die Begleichung von Nachlassverbindlichkeiten des Vaters aus dem Kauferlös habe die Klägerin nicht gedacht. Der Verkaufserlös sei Eigenvermögen der Klägerin geworden. Hieran ändere auch das mit den anwaltlichen Vertretern der Klägerin begründete Treuhandverhältnis nichts. Es habe sich um eine fremdnützige Treuhand gehandelt, bei der Eigentümerin die Treugeberin, hier also die Klägerin sei. Diese sei nicht begründet worden, um den Nachlass umzuschichten, sondern weil ihr eigenes Konto durch Pfändungen blockiert gewesen sei; Vergütungsansprüche der Kanzlei hätten hierbei keine Rolle gespielt. Zutreffend sei jedoch, dass hiervon auch Nachlassverbindlichkeiten getilgt worden seien. Hier habe das Erstgericht jedoch nicht differenziert zwischen der Entscheidung zur Nachlasszugehörigkeit und dem Willen über die Verwendung des Erlöses nach dessen Zahlung. Außerdem habe eine Vermischung des Erlöses mit dem Privatvermögen mit der Verfügung hierüber stattgefunden. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Erbscheinverfahren. Der Erbschein sei nur zur Abwehr von Ansprüchen des E. beantragt worden.
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Der Beklagte habe durch sein Vorgehen gegen seine Pflichten als Insolvenzverwalter verstoßen. Er wolle diese Gelder zur Masse ziehen, obwohl er wisse, dass es keine Gläubiger gebe. Einzig mögliche Gläubigerin sei die Mutter der Klägerin, diese habe jedoch auf Pflichtteils- und Zugewinnausgleichsansprüche ausdrücklich verzichtet. Das Vorgehen des Beklagten würde außerdem, wie die Klägerin bereits in erster Instanz vorgetragen habe, zu dem Ergebnis führen, dass die Klägerin in Vermögensverfall gerate und ihre Gläubiger ihr Geld verlieren würden. Der Beklagte würde sich aus den eingezogenen Geldern sein Honorar entnehmen und müsse den Rest wieder an die Klägerin auszahlen. Dies könne der Klägerin Recht sein, ihre Gläubiger hätten allerdings ihr Geld verloren. Hiermit habe sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt und deshalb gegen das rechtliche Gehör der Klägerin verstoßen.
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Die Klägerin beantragt zuletzt mit der Maßgabe, dass sich der Berufungsantrag zu Ziffer 2) nur gegen den Beklagten zu 1) richtet:
1. Das Endurteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 27.09.2022. Aktenzeichen 61 O 125/21, hier zugestellt am 27.09.2022, wird abgeändert.
2. Es wird festgestellt, dass der Kauferlös, den die Klägerin aus dem Verkauf des Anwesens „Z-Straße …, …, erzielt hat, nicht Bestandteil des Nachlasses des Erblassers A. geworden ist und Verfügungen der Klägerin über diesen Kauferlös damit auch nicht der Insolvenzanfechtung unterliegen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und 2) der Klägerin auf Ersatz der Schäden haften, die der Klägerin dadurch entstehen, dass der Beklagte zu 1) Gläubiger der Klägerin auf Erstattungen von Zahlungen in Anspruch nimmt, die die Klägerin aus dem Erlös des Verkaufs der Immobilie gemäß Ziffer 1 an diese Gläubiger zur Zahlung ihrer Verbindlichkeiten geleistet hat.
4. Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 3.865,00 Euro zu zahlen zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab 14.05.2022.
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Die Beklagten beantragen,
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
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Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil und tragen vor:
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Die Klageanträge seien weiter unzulässig. Hinsichtlich des Klageantrages zu 1) (Berufungsantrag zu 2)) fehle es an einer Bestimmtheit. Die von der Klägerin hierin angestrebte „Negativbescheinigung“ könne sie im Zivilprozess nicht erreichen. Der Klageantrag zu 2) (Berufungsantrag zu 3)) sei ebenfalls nicht bestimmt genug, weil die Klägerin nicht klarmache, welchen der beiden Beklagten sie mit „der Beklagte“ meine. Der Beklagte zu 2) habe jedenfalls keine Rückzahlungen geltend gemacht. Die Schäden, die der Klägerin entstanden sein sollen, blieben unklar, weshalb es an einem Rechtsschutzinteresse fehle. Im Übrigen sei auf den Vorrang der Leistungsklage hinzuweisen.
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Die Klägerin könne nicht damit gehört werden, dass sie die Nachlassimmobilie ausschließlich für eigene Zwecke verkauft habe. Der Vergleich mit E. gebe nichts für eine Zahlungspflicht gegenüber ihrem Bruder oder Pflichtteilsansprüchen nach ihren Eltern her. Andererseits habe die Klägerin einen Erbschein beantragt mit der Begründung, dass sie diesen zur Erfüllung der noch bestehenden Nachlassverbindlichkeiten benötige. Sie habe betont, dass dies aus Geldern erfolgen solle, die sie nach Verfügungsbefugnis über den Nachlass aus dessen Verkauf erzielen würde. Der Nachlassakte …/16 könnten in großem Umfang Gläubigerschreiben entnommen werden. Die Behauptung, dass der Verkauf nichts mit der Begleichung von Nachlassverbindlichkeiten zu tun gehabt hätte, sei daher falsch. Dies gelte auch für den Vortrag, dass es neben der Mutter der Klägerin keine Nachlassgläubiger gebe. Hierzu sei bereits erstinstanzlich ein Tabellenergebnis vorgelegt worden. Weitere Gläubiger hätten Forderungsanmeldungen angekündigt.
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Das Treuhandverhältnis habe dazu gedient, Vergütungsansprüche der anwaltlichen Vertreter der Klägerin zu realisieren. Diese seien erst mit dem Geldeingang in Höhe von 257.679,01 € fakturiert worden.
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Die verkaufte Immobilie sei Bestandteil des Nachlasses gewesen, der sich aus dem Erlös in seiner Gänze fortgesetzt habe. Dieser müsse der Insolvenzmasse zur Verfügung gestellt werden und dürfe nicht dem privaten Konsum der Klägerin dienen. Die Realisierung dieser Ansprüche gegebenenfalls durch Anfechtungen sei Aufgabe des Insolvenzverwalters.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze ergänzend verwiesen.
II.
38
Die Klägerin hat ihre Berufung ausweislich der Berufungsschrift und der Berufungsbegründung ursprünglich gegen die Abweisung der Klage gegen beide Beklagte gerichtet. Beide Beklagte sind dort namentlich aufgeführt; eine Differenzierung in den ursprünglich angekündigten Berufungsanträgen hat die Klägerin nicht vorgenommen. Eine solche fehlt auch in der Berufungsbegründung selbst, so dass für eine Eingrenzung des Berufungsantrags zu 2) auf den Beklagten zu 1) im Wege der Auslegung kein Raum ist.
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Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat jedoch den Berufungsantrag zu Ziffer 2) ausdrücklich nur in Richtung des Beklagten zu 1) gestellt. Damit hat sie zum Ausdruck gebracht, dass ihre Berufung insoweit nicht (mehr) auf eine Verurteilung des Beklagten zu 2) gerichtet ist. Hierin liegt eine teilweise Berufungsrücknahme mit der Folge, dass hinsichtlich des Berufungsantrags zu 2) ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten zu 2) nicht mehr verfahrensgegenständlich sind. Daher war auszusprechen, dass die Klägerin insoweit des eingelegten Rechtsmittels verlustig geworden ist (§ 516 Abs. 3 S. 1 ZPO).
III.
40
Die Berufung der Klägerin hat im Ergebnis keinen Erfolg
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1. Der Berufungsantrag zu 2) ist zwar zulässig, jedoch unbegründet.
42
a) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein Feststellungsinteresse deshalb zu bejahen, weil der Beklagte zu 1) behauptet, dass der Erlös aus dem Immobilienverkauf in den Nachlass und nicht in das persönliche Vermögen der Klägerin geflossen sei und von der Klägerin deshalb außergerichtlich die Erstattung eines Betrages von 257.679,01 € verlangt und dazu noch ihre Gläubiger in Anspruch genommen hat. Damit stellt der Beklagte zu 1) ein Recht der Klägerin in Frage, an deren Klärung sie ein berechtigtes Interesse hat (BGH NZI 2012, 672 Rn. 8; BGH NZI 2019, 43 Rn. 11). Der Antrag ist auch hinreichend bestimmt. Der Verkaufserlös steht fest; die Klägerin will die Feststellung erreichen, dass dieser ihrem Privatvermögen und nicht dem Nachlass zugeflossen ist und dementsprechend nicht der insolvenzrechtlichen Anfechtung unterliegt.
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b) Der vom Beklagten zu 1) gegen die Klägerin außergerichtlich geltend gemachte materiell-rechtliche Anspruch besteht nur dann, wenn der durch den Verkauf des Nachlassgrundstücks erzielte Erlöses der Insolvenzmasse, vorliegend also der Erbmasse (§§ 11 Abs. 2 Nr. 2, 35 Abs. 1 InsO) zugeflossen ist; nur unter dieser Voraussetzung kann der Beklagte zu 1) auch Anfechtungsansprüche gem. §§ 129, 134 InsO für die Insolvenzmasse des Nachlasses geltend machen (Braun/Bauch, 9. Aufl. 2022, InsO § 315 Rn. 5). Dies hat das Landgericht jedenfalls im Ergebnis zu Recht bejaht.
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aa) Zwar ist zunächst die Auffassung der Klägerin zutreffend, dass das Gesetz im Falle der Alleinerbschaft bei Veräußerung eines Nachlassgegenstandes eine dingliche Surrogation zugunsten des Nachlasses nicht vorsieht. Dies ist nach der Vorschrift des § 2041 BGB nur bei einer Mehrheit von Erben der Fall.
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bb) Damit ist eine analoge Anwendung auf den Fall einer Alleinerbschaft nicht ausgeschlossen.
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(1) Zwar mag eine dingliche Surrogation bei Erhebung der Dürftigkeitseinrede gem. § 1990 BGB durch den Erben nicht in Betracht kommen (BGH NJW-RR 1989, 1226), sie ist jedoch bei Testamentsvollstreckung auch bei einer Alleinerbschaft in analoger Anwendung des § 2041 Abs. 1 BGB zu bejahen (allgem. Meinung, s. RGZ 138, 132, 134; BGH NJW 2012, 316 Rn. 4; Staudinger/Löhnig, BGB (2020) § 2041, Rn. 24; BeckOGK/Rißmann/Szalai, 1.3.2023, BGB § 2041 Rn. 22; MüKoBGB/Gergen, 9. Aufl. 2022, BGB § 2041 Rn. 3). Was also der Testamentsvollstrecker durch rechtsgeschäftliche Verfügung mit Mitteln des Nachlasses erwirbt, ist ausschließlich diesem zuzurechnen, selbst wenn ein entsprechender Wille nicht vorhanden ist (BGH NJW 1968, 1824; OLG Hamm, ZEV 2001, 275). Hintergrund hierfür ist, dass aufgrund der Testamentsvollstreckung der Nachlass ein Sondervermögen bildet und daher das ererbte Vermögen und das Eigenvermögen des Erben als getrennte Vermögensmassen behandelt werden (BGH a.a.O.).
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(2) Für den Fall der Nachlassinsolvenz ist die Sachlage vergleichbar. Zwar verschmelzen der Nachlass und das Eigenvermögen des Erben im Zeitpunkt des Erbfalls grundsätzlich zu einer rechtlichen Einheit (BeckOK BGB/Müller-Christmann, 65. Ed. 1.2.2023, BGB § 1922 Rn. 19; Küpper in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Auflage 2022, vor § 1967 Rn. 2). Die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens bewirkt jedoch genau wie bei der Testamentsvollstreckung auch, dass eine Absonderung (“separatio bonorum“) des Nachlassvermögens von dem persönlichen Vermögen des Erben, rückbezogen auf den Zeitpunkt des Erbfalls stattfindet (BGH NJW 1967, 2399; MüKoInsO/Siegmann/Scheuing, 4. Aufl. 2020, InsO § 326 Rn. 2; s. a. BT-Drs. 12/2443, 231). Es soll so weit wie möglich die Rechtslage wiederhergestellt werden, die zur Zeit des Erbfalls bestand (BT-Drs. 12/2443, 231).
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Aus diesem Grund ist nicht einzusehen, dass im Fall der Nachlassinsolvenz eine dingliche Surrogation unter analoger Anwendung der Vorschrift des § 2041 BGB ausgeschlossen sein soll. Die nur pauschal formulierte Ansicht, dass dies nicht erforderlich sei, weil wegen „der amtlichen Anordnung und Überwachung der Fremdverwaltung ein ausreichender Schutz für die Interessen der Erben und Nachlassgläubiger“ bestehe (so Staudinger/Löhnig, BGB (2020) § 2041, Rn. 28; MüKoBGB/Gergen, 9. Aufl. 2022, § 2041 Rn. 4; BeckOGK/Rißmann/Szalai, 1.3.2023, BGB § 2041 Rn. 24), greift zu kurz und wird insbesondere den Interessen der Nachlassgläubiger nicht gerecht. Vielmehr ist die Vorschrift als Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes anzuwenden, soweit ihr Schutz weiter geht als der aus den Vorschriften der §§ 1978 Abs. 2, 1985 Abs. 2 BGB (juris-PK/Schütte, 9. Aufl. 2020, § 2041 Rn. 9; Staudinger/Baldus BGB (2020) § 1978 Rn. 17).
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(3) Spricht also bereits die „separatio bonorum“ für eine Gleichlagerung von Testamentsvollstreckung und Nachlassinsolvenz, erfordert zudem der Schutz der Nachlassgläubiger eine dingliche Surrogation über die analoge Anwendung der Vorschrift des § 2041 Abs. 1 BGB.
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Veräußert der Erbe Nachlassgegenstände, steht im Fall der Nachlassinsolvenz den Gläubigern über die Vorschrift des § 1978 BGB der Zugriff auf das Vermögen des Erben offen (BGH NJW 2014, 391 Rn. 11; BGH NJW-RR 1989, 1226, 1228). Die Möglichkeit, gegen Dritte vorzugehen, die etwas aus dem Nachlass erhalten haben, ist abgesehen von einer deliktsrechtlichen Haftung nur unter den Voraussetzungen der Anfechtungstatbestände der §§ 129ff. InsO gegeben. Dieser reicht jedoch nicht aus, wenn benachteiligende Rechtshandlungen gem. § 129 InsO nur auf das zum Zeitpunkt des Erbfalls vorhandene Vermögen reduziert würde und die Surrogation ausgeschlossen wäre. Eine vom Erben vorgenommene Verwertung von Vermögensgegenständen hätte dann zwingend zur Folge, dass der Erlös hieraus dem eigenen Vermögen des Erben zufließen würde und der Nachlass also entreichert wäre. Die Anfechtbarkeit von nachfolgenden Vermögensverfügungen aus dem Erlangten würde sich also auf die in der Vorschrift des § 145 Abs. 2 InsO genannten Fallgestaltungen reduzieren. Sie hätte dementsprechend zur Voraussetzung, dass bereits die Veräußerung des Nachlassgegenstandes in Gläubigerbenachteiligungsabsicht vorgenommen wurde. Spätere Verfügungen über das Surrogat in Kenntnis der Insolvenzreife des Nachlasses blieben dagegen sanktionslos, ohne dass hierauf die „amtliche Anordnung und Überwachung der Fremdverwaltung“ der Erbmasse Einfluss hätte. De facto hätte daher ein einfacher vom Erben noch ohne Gläubigerbenachteiligungsabsicht vorgenommener „Aktiventausch“ zur Folge, dass den Gläubigern jegliche Anfechtungsmöglichkeit gegen Dritte abgeschnitten wäre und allein das Vermögen des Erben als Haftungsmasse zur Verfügung stünde. Hat dieser das ererbte Vermögen verbraucht und verfügt auch sonst über kein Vermögen, liefen die Ansprüche der Nachlassgläubiger vollständig ins Leere.
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Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zu der gesetzgeberischen Intention des Nachlassinsolvenzverfahrens. Einerseits soll hierdurch dem Erben eine Enthaftung seines persönlichen Vermögens zuteil und seine Haftung für Nachlassverbindlichkeiten auf den Nachlass beschränkt werden (§ 1975 BGB). Gleichzeitig soll aber auch erreicht werden, den Nachlass im Interesse der Nachlassgläubiger von dem sonstigen Vermögen des Erben abzusondern, um ihn vorzugsweise zu ihrer Befriedigung zu verwenden (BGH NJW 2020, 1303 Rn. 22; Uhlenbruck/Lüer/Weidmüller, Insolvenzordnung, 15. Auflage 2019, § 315 Rn. 2), um im Krisenfall insgesamt eine einigermaßen gerechte Verteilung des vom Erblasser hinterlassenen Vermögens zu gewährleisten (MüKoInsO/Siegmann/Scheuing, 4. Aufl. 2020, InsO § 326, vor § 315 Rn. 1). Dieses Ziel wird jedoch nicht erreicht, wenn im Falle der Alleinerbschaft den Nachlassgläubigern über die Anfechtungsvorschriften ein Zugriff auf das Vermögen Dritter nur unter den vorstehend dargestellten erheblichen Einschränkungen gestattet wäre. Es ist nicht einzusehen, dass Personen, die etwas unter Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen der §§ 129ff. InsO aus dem Surrogat eines Vermögensgegenstandes der Erbmasse erhalten haben, dieses zum Nachteil der Nachlassgläubiger behalten könnten.
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(4) Hierfür spricht auch, dass bei einer Mehrheit von Erben der Gesetzgeber den Nachlassgläubigern diesen Schutz gewährt. Nach der Vorschrift des § 2041 BGB fällt hier der Erwerb aus einem Rechtsgeschäft für Rechnung des Nachlasses unmittelbar in den Nachlass und damit bei Eröffnung der Nachlassinsolvenz in die Insolvenzmasse (Döbereiner in Gottwald/Haas, Insolvenzrechts-Handbuch, 6. Auflage 2020, § 112 Rn. 6) und eröffnet so die Möglichkeit, Verfügungen aus dem Surrogat anzufechten. Es gibt keinen sachlichen Grund, Nachlassgläubiger im Fall einer Alleinerbschaft schlechter zu stellen (Staudinger/Dobler (2020) BGB § 1978 Rn. 17).
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cc) Selbst wenn dennoch eine dingliche Surrogation abzulehnen wäre, ist unter Berücksichtigung der bereits vorstehend dargestellten Interessen der Nachlassgläubiger der Begriff des „Nachlasses“ nicht statisch auf das Vermögen des Erblassers im Augenblick des Erbfalles zu sehen. Vielmehr sind insbesondere die rechtsgeschäftlichen Äquivalente, die der Alleinerbe für die veräußerten Nachlassbestandteile erlangt, als zum Nachlass gehörig zu betrachten. Für die Nachlassgläubiger ist nicht die Zusammensetzung des Nachlassvermögens entscheidend, sondern deren Wert (BGHZ 109, 214; Schmidt-Kessel, WM 2003, 2086, 2089 am Beispiel der Veräußerung einer Nachlassimmobilie). Nur so kann erreicht werden, dass der Nachlassinsolvenzverwalter bei Alleinerbschaft genauso viel Masse zur Befriedigung der Nachlassgläubiger erlangen kann, wie diesen bei Miterben, bei Vor- und Nacherbschaft, bei vorangegangenem Erbschaftsbesitz oder bei Testamentsvollstreckung infolge der dinglichen Surrogation zukäme.
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Aus diesen Gründen wird unter den Begriff des Nachlasses alles fallen, „was der Alleinerbe kraft Erbfolge vom Erblasser erlangt hat und was daraus geworden ist“ (Schmidt-Kessel a.a.O.).
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Jedenfalls aber sind hierunter alle Vermögenswerte einzuordnen, die der Erbe durch ein Rechtsgeschäft erlangt hat, dass er wirtschaftlich betrachtet und nach seinem Willen zur Verwaltung des Nachlasses abgeschlossen hat. Ein solches Rechtsgeschäft gilt für Rechnung des Nachlasses abgeschlossen, selbst wenn dies für den Vertragspartner nicht erkennbar ist (RGZ 134, 257, 259; Uhlenbruck/Lüer/Weidmüller, a.a.O. § 315 Rn. 8; MüKoBGB/Küpper, 9. Aufl. 2022, BGB § 1978 Rn. 6; Döbereiner in Gottwald/Haas, a.a.O. § 112 Rn. 5; Nerlich/Römermann/Riering, 44. EL November 2021, InsO § 315 Rn. 30; Böhm in: Bork/Hölzle, Handbuch Insolvenzrecht, Sonderinsolvenzen B.V. Rn. 60; Staudinger/Dobler (2020) BGB § 1978 Rn. 17).
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c) Auf dieser Grundlage ist der Erlös aus dem Verkauf der Immobilien schon im Wege der dinglichen Surrogation analog § 2041 BGB Bestandteil des Nachlasses geworden. Aber auch außerhalb einer dinglichen Surrogation ist der Erlös zum Nachlass gehörig anzusehen, weil die Veräußerung nach dem Willen der Zeugin R. für Rechnung des Nachlasses erfolgt ist. Der Kläger behauptet zwar, dass die Zeugin R. den Kaufpreis allein für sich persönlich habe verwenden wollen. Dies ist jedoch als bloße Schutzbehauptung zu werten und nicht mit ihrem nach außen zutage getretenen Verhalten in Einklang zu bringen.
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aa) Die Klägerin hat bereits die Erteilung des Erbscheins damit begründet, dass sie diesen zur Abwicklung des Nachlasses und der Regelung der Nachlassverbindlichkeiten benötige (Anlage B10, SS vom 10.01.2017, S. 2). Auch im weiteren Verlauf des Erbscheinverfahrens hat die Klägerin vorgetragen, dass ihr durch „eine weitere Verzögerung…ein enormer wirtschaftlicher Schaden drohen“ würde, „weil noch erhebliche Nachlassverbindlichkeiten bestehen würden, zu deren Regulierung die Verwertung des Nachlasses erforderlich“ sei (Anlage B10, SS vom 24.01.2017, S. 3). Dies wiederholt die Klägerin in den Schriftsätzen vom 24.05.2017, 26.10.2017, 19.04.2018, 24.05.2018, 20.03.2019, 09.05.2017, 19.01.2018 und 22.01.2019 (Anlage B10).
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bb) Der vorbeschriebene Wille der Klägerin, zugunsten des Nachlasses zu handeln, lässt sich weiter daran feststellen, dass ein Teilbetrag des Kaufpreises in Höhe von 132.320,99 € direkt an die X. L. AG gezahlt wurde. Aus der Kaufvertragsurkunde geht hervor, dass im Zeitpunkt der Veräußerung zu deren Gunsten eine Briefgrundschuld in Höhe von 204.516,75 € bestand, wobei sich die Klägerin zur Lastenfreistellung verpflichtet hatte. Die Klägerin hat in der Klageschrift selbst vorgetragen, dass sie den Kaufpreis dazu verwendet hat, um die vom Erblasser begründeten Darlehensverbindlichkeiten abzulösen, mit dem das Anwesen Z-Str. … in … noch belastet war. Hierzu sollte die Zahlung von 132.320,99 € nach einem Schreiben des beurkundenden Notars vom 15.05.2019 dienen.
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Soweit die Klägerin im Schriftsatz vom 09.02.2023 behauptet, dass sie die Darlehensverbindlichkeiten auch über die Mieteinnahmen hätte tilgen können, ist dieser vom Beklagten zu 2) bestrittene Vortrag verspätet und daher gem. § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Im Übrigen ändert dies nichts an dem Verwendungszweck des Verkaufs.
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cc) Der genannte Wille der Klägerin ist auch dem Erbschaftsvertrag vom 21.02.2019 zu entnehmen. Darin war eine Zahlung von 90.000,00 € an E. vereinbart, die in Höhe von 70.000,00 € dem Ausgleich von Pflichtteilsansprüchen und auch insoweit von Nachlassverbindlichkeiten (§ 1967 Abs. 2 BGB) diente.
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dd) Daneben bestanden Verbindlichkeiten des Erblassers bei den Prozessbevollmächtigten der Zeugin in Höhe von wenigstens 18.766,87 €.
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ee) Dass zur Begleichung dieser Verbindlichkeiten zwingend die Veräußerung der im Nachlass befindlichen Immobilien notwendig war und deshalb der Erlös hieraus auch hierfür eingesetzt wurde, lässt sich daraus herleiten, dass die Klägerin in Vermögensverfall geraten und deshalb nicht in der Lage war, die vom Erblasser begründeten Verbindlichkeiten aus eigenem Vermögen zu tilgen. Als einzige Möglichkeit verblieb der Klägerin daher nur die Veräußerung der vom Erblasser ererbten Immobilien. Wirtschaftlich betrachtet und aufgrund der im Nachlassverfahren getätigten Äußerungen der Klägerin handelte es sich daher bei dem Verkauf um ein Rechtsgeschäft, das der Verwaltung des Nachlasses diente.
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d) Nachdem der Antrag der Klägerin dahin lautet, dass festgestellt wird, „dass der Kauferlös, den die Klägerin aus dem Verkauf des Anwesens „Z-Straße …, … erzielt hat, nicht Bestandteil des Nachlasses des Erblassers A. geworden ist und Verfügungen der Klägerin über diesen Kauferlös damit auch nicht der Insolvenzanfechtung unterliegen“, hat der Senat eine Prüfung hinsichtlich weiteren Voraussetzung der Insolvenzanfechtung nicht vorzunehmen. Die Klägerin hat die fehlende Möglichkeit einer Insolvenzanfechtung ausschließlich mit der fehlenden Zugehörigkeit des Erlöses aus dem Verkauf des Anwesens zum Nachlass geknüpft. Sie begehrt daher nicht die Feststellung, dass die Voraussetzungen einer Insolvenzanfechtung auch aus anderen Gründen nicht vorliegen.
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Aus diesem Grund ist unbeachtlich, ob der Vortrag der Klägerin zutrifft, dass eine Gläubigerbenachteiligung deshalb nicht vorliegen soll, weil keine Gläubiger vorhanden seien. Lediglich der Vollständigkeit halber sei hierzu angemerkt, dass sich der von der Klägerin behauptete Verzicht lediglich auf Pflichtteilsansprüche, jedoch nicht auf einen Zugewinnausgleichsanspruch bezieht. Bereits deshalb ist die Behauptung der Klägerin nicht nachvollziehbar. Daneben hat die Klägerin gerade wegen der Pflichtteils- und Zugewinnausgleichsansprüche ihrer Mutter den Insolvenzantrag gestellt. Sie kann sich wegen des Verbots des widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) nicht einerseits die Vorteile einer Beschränkung der Erbenhaftung nach § 1975 BGB für sich in Anspruch nehmen, andererseits die Voraussetzungen für eine Insolvenz in Frage stellen. Im Übrigen scheitert der Einwand der Klägerin daran, dass Zugewinnausgleichsansprüche in Höhe von über 215.000,00 € zur Tabelle festgestellt sind, ohne dass diese durch eine der in § 178 Abs. 1 InsO genannten Personen, auch nicht durch die Klägerin bestritten worden wären. Diese Feststellung entfaltet gem. § 178 Abs. 3 InsO die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils gegenüber dem Insolvenzverwalter und den Nachlassgläubigern. Hieraus folgt, dass im Insolvenzverfahren insoweit ein weiterer Streit über das Bestehen der Forderung und über ihre Teilnahme an der Verteilung ausgeschlossen ist (BGH NZI 2014, 693 Rn. 19). Aus diesem Grund kann die Klägerin nicht damit gehört werden, dass eine festgestellte Forderung tatsächlich nicht besteht und daher auch nicht an der Verteilung teilnehmen darf.
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2. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagten ist nicht gegeben.
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a) Eine Haftung der Beklagten lässt sich nicht aus der Vorschrift des § 60 Abs. 1 InsO herleiten.
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aa) Entgegen der Auffassung des Landgerichts können für einen Anspruch aus dieser Vorschrift sowohl der Beklagte zu 1) als Insolvenzverwalter wie auch der Beklagte zu 2) in Anspruch genommen werden (BGH NZI 2006, 169 Rn. 16; Andres/Leithaus/Andres, 4. Aufl. 2018, InsO §§ 60, 61 Rn. 41; Uhlenbruck/Sinz, 15. Aufl. 2019, InsO § 60 Rn. 112).
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bb) Eine Haftung der Beklagten aus dieser Vorschrift besteht nicht. Hiernach hat der Insolvenzverwalter nur für die Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten einzustehen (Uhlenbruck/Sinz, 15. Aufl. 2019, InsO § 60 Rn. 13; K. Schmidt InsO/Thole, 20. Aufl. 2023, InsO § 60 Rn. 7), die vorliegend nicht verletzt sind.
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Der Insolvenzverwalter ist neben der Gläubigergesamtheit auch gegenüber dem Nachlass verpflichtet, die Insolvenzmasse bestmöglich zu erhalten und zu verwerten (BGH NZI 2015, 849 Rn. 8). Daher ist das schützenswerte Interesse der Klägerin im Nachlassinsolvenzerfahren an ihrer Stellung als Erbin auszurichten und besteht darin, dass der Nachlass in möglichst großem Umfang von seinen Schulden frei wird (BGH NZI 2014, 757 Rn. 8; BeckOK InsR/Desch/Hochdorfer, 30. Ed. 15.1.2023, InsO § 60 Rn. 28). Dieses Interesse der Klägerin wird nicht dadurch in unzulässiger Weise eingeschränkt, dass der Beklagte zu 1) an ihre persönlichen Gläubiger mit Anfechtungsansprüchen herantritt. Dies kann zwar die Belastung ihres eigenen persönlichen Vermögens zur Folge haben, beeinträchtigt sie aber nicht in ihrer Stellung als Erbin im Nachlassinsolvenzverfahren. Gegenüber der Klägerin als Privatperson hat der Beklagte zu 1) nur insoweit Pflichten zu erfüllen, als diese ihm im Interesse der Schuldnerin oder Insolvenz- oder Massegläubiger gegenübertritt (BGH NZI 2016, 580 Rn. 1f. für Organe von Kapitalgesellschaften). Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Deshalb scheitert eine Haftung der Beklagten aus dieser Vorschrift bereits daran, dass gegenüber der Klägerin keine insolvenzspezifische Pflicht besteht, von der Durchsetzung von Anfechtungsansprüchen abzusehen, die die Belastung ihres eigenen persönlichen Vermögens zur Folge haben können.
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cc) Darüber hinaus ist der Insolvenzverwalter verpflichtet, die bestmögliche Befriedigung der Gläubiger zu erreichen (K. Schmidt InsO/Thole, 20. Aufl. 2023, InsO § 60 Rn. 11). Insbesondere hat er Forderungen durch Ausübung des Anfechtungsrechts grundsätzlich geltend zu machen, wenn hinreichende Erfolgsaussicht besteht (BGH NJW 1996, 850; Sinz in Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 15. Auflage 2019, § 60 Rn. 14; K. Schmidt InsO/Thole, 20. Aufl. 2023, InsO § 60 Rn. 16).
71
Nach dieser Maßgabe stellte die Ausübung des Anfechtungsrechts gegenüber Gläubigern der Klägerin keine Pflichtverletzung dar. Wie bereits dargelegt richtet sich die Zulässigkeit einer Anfechtung maßgeblich danach, ob der gesamte erzielte Erlös als Teil des Nachlasses zu betrachten ist, was für die vorliegende Konstellation höchstrichterlich nicht geklärt ist. Es kommt daher bei Anwendung des Rechtsgedankens des § 114 ZPO allein darauf an, dass seitens der Beklagten im Zeitpunkt der Anfechtungserklärung ein vertretbarer Rechtsstandpunkt eingenommen wurde. Nachdem das Vorgehen des Beklagten zu 1) im Einklang mit der herrschenden Meinung stand und nachträglich durch das Urteil des Landgerichts und dieses Urteil eine Bestätigung erfahren hat, ist die Ausübung des Anfechtungsrechts nach dieser Maßgabe also als pflichtgemäß anzusehen.
72
b) Auch ein Anspruch der Klägerin außerhalb der Verletzung von insolvenzrechtlichen Pflichten ist nicht zu erkennen.
73
Grundsätzlich kommt bei Verletzung von nicht spezifisch insolvenzrechtlichen Pflichten eine Haftung nach den allgemeinen Vorschriften in Betracht (BGH NJW 1987, 3133; K. Schmidt InsO/Thole, 20. Aufl. 2023, InsO § 60 Rn. 44). Eine solche Pflichtverletzung hat die Klägerin jedoch nicht aufgezeigt. Insbesondere existiert keine Pflicht des Beklagten zu 1), von der Inanspruchnahme von Gläubigern der Klägerin, deren Forderungen mit Mitteln der Insolvenzmasse getilgt wurden, Abstand zu nehmen. Soweit die Klägerin eine Haftung der Beklagten aus § 826 BGB wegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung behauptet, hat sie die Voraussetzung hierfür nicht ansatzweise dargetan.
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c) Daneben fehlt es an einem Vermögensschaden der Klägerin.
75
Das Vorliegen eines gegebenenfalls zu ersetzende Schaden „ist durch einen Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen Vermögenslage zu ermitteln, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre“ (BGH (NJW 2015, 1373 Rn. 7). Verglichen wird also die tatsächlich eingetretene Vermögenslage mit der hypothetischen Vermögenslage, die ohne das haftungsbegründende Ereignis eingetreten wäre (BeckOK BGB/Johannes W. Flume, 63. Ed. 1.5.2022, BGB § 249 Rn. 37).
76
Eine unberechtigte Anfechtung der Beklagten und eine daraufhin erfolgte Zahlung der Anfechtungsgegner an den Beklagten zu 2) könnten zwar für die Klägerin zur Folge haben, dass sie die hier streitgegenständlichen Verbindlichkeiten noch ein weiteres Mal erfüllen muss. Andererseits wäre die Klägerin ohne eine Anfechtung aus §§ 1978, 667 BGB ohne Rücksicht auf ein Verschulden verpflichtet, sämtliche Beträge, die sie zur Tilgung privater Schulden aus Mitteln des Nachlasses aufgewendet hat, dem Nachlass zu ersetzen (BGH ZEV 2008, 237; MüKoBGB/Küpper, 9. Aufl. 2022, § 1978 Rn. 9). Durch die Zahlung der Anfechtungsgegner ist es dem Beklagten zu 1) verwehrt, diese Ansprüche gegenüber der Klägerin zu verfolgen, so dass sich die Vermögenslage der Klägerin nicht verändern würde. Sie bliebe entweder ihren Gläubigern oder dem Beklagten zu 1) bzw. dem Nachlass gegenüber zur Zahlung verpflichtet.
77
3. Ein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten steht der Klägerin mangels Hauptforderung nicht zu.
IV.
78
1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO.
79
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
80
3. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision zum Bundesgerichtshof (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO) liegen im tenorierten Umfang vor.
81
Soweit der Senat entschieden hat, dass im Falle einer Alleinerbschaft bei der Durchführung eines Nachlassinsolvenzverfahrens der Erlös aus dem Verkauf von Nachlassgegenständen im Wege der dinglichen Surrogation dem Nachlassvermögen zuzurechnen ist bzw. eine Zurechnung bei Verkauf für Rechnung des Nachlasses gemäß dem Willen des Erben erfolgt, ist diese Rechtsfrage nicht geklärt und wird in der Literatur uneinheitlich beantwortet, so dass ein Fall von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
82
Im Übrigen weicht der Senat nicht von der Rechtsprechung des BGH oder anderer Obergerichte ab.