Titel:
Erstanlegung Bestandsverzeichnis, Widmungsfiktion, Wegstück mit Flurnummer, fehlende Nennung von Flurnummern, Überbrückung von Lücken, hinreichend bestimmter Wegverlauf, öffentliche Bekanntgabe, Auslegungsfrist
Normenkette:
BayStrWG Art. 67
Schlagworte:
Erstanlegung Bestandsverzeichnis, Widmungsfiktion, Wegstück mit Flurnummer, fehlende Nennung von Flurnummern, Überbrückung von Lücken, hinreichend bestimmter Wegverlauf, öffentliche Bekanntgabe, Auslegungsfrist
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 02.12.2024 – 8 ZB 23.1189
Fundstelle:
BeckRS 2023, 54062
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass es sich bei dem Wegegrundstück mit der Fl.-Nr. X. , an das sein Grundstück anliegt, nicht um einen öffentlich gewidmeten Weg handelt.
2
Der öffentliche Feld- und Waldweg „M. Weg“, Fl.-Nr. … Gmkg. … – Anfangspunkt: Ortsausgang bei Haus Nrn. B. und … und Endpunkt: Gemeindegrenze nach KleinM. bei Fl.-Nr. …, Weglänge von km 0.000 bis 1.100 – wurde mit Eintragungsverfügung der Gemeinde … am 26. Februar 1962 in das Bestandsverzeichnis eingetragen. Als Straßenbaulastträger wurden die Eigentümer der Grundstücke mit den Fl.-Nrn. …, …, …, …, …, …, …, …, …, …, …, …, …, …, …, …, …, …, …, … Gmkg. E. , Stgde. … eingetragen. Das Bestandsverzeichnis lag ausweislich des Bekanntmachungstextes in der Zeit vom 10. März 1962 bis 10. April 1962 in der Gemeindekanzlei zur öffentlichen Einsichtnahme aus.
3
Im Zuge der Überarbeitung der Bestandsverzeichnisse wurde der Weg durch Eintragungsverfügung des Marktes L. vom 30. März 2016 aktualisiert, indem die Fl.-Nr. X. mitaufgenommen wurde, die bisher nicht im Bestandsverzeichnis für den M. Weg eingetragen war, auch wenn sie bereits im Zeitpunkt der Ersteintragung existierte. Als Anfangspunkt dieses Weges wurde die Fl.-Nr. … zusammen mit der Fl.-Nr. X. festgehalten. Eine öffentliche Bekanntmachung der Eintragung bzw. eine Zustellung an die Beteiligten erfolgte nicht.
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Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke mit den Fl.-Nrn. … und … und wohnhaft in E. B. , … L. (Fl.-Nr. …. ).
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Aus der Erbhöferolle Blatt 25 für den Erbhof Haus Nr. B. in E. der Bauernfamilie A. aus dem Jahre 1937 ergibt sich, dass zum Hof der Familie A. auch eine gezeichnete Teilfläche des Weges mit der Fl.-Nr. X. gehört. Das Flurstück X. ist mit dem Messungsverzeichnis 50 aus dem Jahr 1910 entstanden. Diese Unterlagen sind im damaligen Dienstgebäude des Vermessungsamts … durch Kriegseinwirkung verbrannt. Ein Auszug aus einer Ergänzungskarte, die den Stand vor 1962 darstellt, zeigt, dass der Weg mit der Fl.Nr. X. als „KleinM. “ bezeichnet ist.
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Aus einem Brief des Beklagten an den Kläger vom 1. September 2000 ergibt sich, dass der Beklagte nach Vorsprache des Klägers und nach Einsicht in das Wegebestandsverzeichnis davon ausging, dass der Weg mit der Fl.-Nr. X. nicht gewidmet ist und es sich um einen Privatweg (Anliegerweg ohne Widmung) handelt.
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Der Kläger stellte anschließend im Jahr 2001 ein Verkehrsschild Zeichen 267 „Durchfahrt verboten“ und „Privatweg für Berechtigte frei“ am Weg auf.
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Auch das Landratsamt … ging von Privatgrund aus, was aus einem Brief des Landratsamts an den Kläger vom 26. Juli 2001 ersichtlich wird. In einem Schreiben des Landratsamts an den Beklagten vom 31. August 2001 wurde diese Auffassung nochmals bestätigt. Das Landratsamt ging nach Überprüfung der straßen- und wegerechtlichen Situation davon aus, dass sich das Aufstellen eines Durchfahrtsverbotsschildes nicht als Verwaltungsakt darstelle, da der streitgegenständliche Weg öffentlich-rechtlich nicht gewidmet sei und auf Privatgrund verlaufe.
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Nach erfolgter Änderung der Eintragungsverfügung wurde der Kläger mit Schreiben des Beklagten vom 28. Mai 2021 aufgefordert, das von ihm angebrachte Verkehrszeichen zu beseitigen, da es sich bei dem streitgegenständlichen Weg um einen öffentlich gewidmeten Weg handele. Komme der Kläger der Aufforderung nicht bis zu dem genannten Zeitpunkt nach, werde die Beseitigung der Beschilderung mit kostenpflichtigem Bescheid angeordnet.
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Mit Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten vom 10. August 2021 ließ der Kläger gegen die Änderung des Bestandsverzeichnisses am 30. März 2016 Klage erheben. Mit Schriftsatz vom 19. November 2021 wurden folgende Anträge gestellt:
1. Es wird festgestellt, dass es sich bei dem Wegegrundstück, Flur-Nr. X. der Gemarkung … nicht um einen öffentlich gewidmeten Weg handelt.
2. Die Beklagte wird verpflichtet, Blatt Nr. … des Bestandsverzeichnisses für öffentliche Feld- und Waldwege der Gemeinde L. zu Nr. … des Straßenzuges entsprechend abzuändern, so dass der öffentliche Feld- und Waldweg das Grundstück Flur-Nr. X. der Gemarkung … nicht mit umfasst.
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Das Feststellungsinteresse des Klägers resultiere aus dem Schreiben des Beklagten vom 28. Mai 2021, in dem dieser aufgefordert wurde, das am streitgegenständlichen Wegegrundstück angebrachte Verkehrszeichen zu beseitigen.
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Bei dem Weg mit der Fl.-Nr. X. handele es sich um einen Privatweg. Das Wegegrundstück habe bereits zum Zeitpunkt der erstmaligen Anlegung des Bestandsverzeichnisses am 2. März 1962 existiert. Der Anfangspunkt „Ortsausgang bei Hausnummer B. und …“ in E. sei so bestimmt, dass sich dieser auf den Beginn des Wegegrundstücks Fl.-Nr. … beziehe. Gegenüber sonstigen, ebenfalls am 2. März 1962 vorgenommenen Eintragungen im Bestandsverzeichnis werde hier als Anfangspunkt nicht eine Hausnummer und eine hierzu gehörende Flurnummer genannt, sondern die weitere Bezeichnung „Ortsausgang bei“. Diese Bezeichnung konkretisiere nur den betroffenen Ortsausgang, da ein Ort über mehrere Ortsausgänge verfüge. Wenn man das Wegegrundstück hätte aufnehmen wollen, so wäre wie bei anderen Eintragungen auch sowohl die Hausnummer als auch die zutreffende Flurnummer eingetragen worden. Ortsausgang sei auch der Beginn des Wegestücks mit der Fl.-Nr. …, da diese die Lagebezeichnung „M. Weg“ habe und die Fl.-Nrn. … und … die Lagebezeichnung „Am M. Weg“ hätten. Demgegenüber hätten die Fl.-Nrn. X. , … und … die Lagebezeichnung „in E. Die Änderung auf Blatt Nr. … des Bestandsverzeichnisses für öffentliche Feld- und Waldwege der Gemeinde zu Nr. … des Straßenzuges sei rechtsfehlerhaft, da die rechtlichen Voraussetzungen für eine Eintragungsverfügung nicht vorlägen.
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Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 24. August 2021,
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Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 27. Dezember 2021 ausgeführt, die Eintragungsverfügung „M. Weg“, Fl.-Nr. … Gem. E. , korrespondiere mit dem entsprechenden Bestandskarteiblatt, das damals angelegt wurde. Selbst als Flurbezeichnung sei dort „M. weg“ angegeben. Das Bestandskarteiblatt weise eine Weglänge von km 0.000 bis 1.100, also 1.100 m auf. Diese Wegelänge könne heute noch mit den Anfangs- und Endpunkten in der Natur nachvollzogen werden. Der „M. Weg“ sei bereits damals in der Hintergrundkarte der Uraufnahme 1808 bis 1864 feststellbar gewesen. Auch der Anfangspunkt Ortsausgang bei Hausnummern B. und … in E. sei feststellbar. In der Karteikarte seien 1.100 m angegeben, die Fl.-Nr. X. habe alleine eine Länge von ca. 128,5 m und damit mehr als 12% der heutigen Länge von 1.050 m. Anfangs- und Endpunkte sowie Längenangabe stimmten überein, es fehle nur die Fl.-Nr. X. Weiterhin sei darauf hinzuweisen, dass bereits in der Eintragungsverfügung 1962 bei den Straßenbaulastträgern vermerkt sei, dass zu diesen u.a. die Eigentümer der Grundstücke mit den Fl.-Nrn. … und … gehörten. Die Fl.-Nr. … sei ein Grundstück des Klägers, welches seinen Hof auf der Fl.-Nr. … umschließe. Das Fehlen einer Fl.-Nr. im Bestandsverzeichnis sei dann unschädlich, wenn der Weg ausreichend bestimmt sei. Der streitgegenständliche Weg sei seit weit mehr als 100 Jahren vorhanden und so auch noch eindeutig in der Natur nachweisbar.
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Unter dem 23. September 2022 entgegnete der Prozessbevollmächtigte des Klägers, den vorgelegten Uraufnahmen 1808 bis 1864 lasse sich zur Frage, ob die Fl.-Nr. X. gewidmet sei, nichts Belastbares entnehmen. Auf der Aufnahme sei lediglich zu erkennen, dass die Wegfläche bereits damals existent gewesen sei. Die Karte zeige, dass der streitgegenständliche Weg einer von drei Zubringern im westlichen Teil von E. gewesen sei und zum M. Weg (Fl.-Nr. …. ), der in nördliche Richtung durch den Weg „von E. nach …“ (Fl.-Nr. …. ) weitergeführt werde, hinführe. So erkläre sich die Verwendung der Bezeichnung „Ortsausgang bei Hausnummer B. und … in E. “, da in der Nähe zwei weitere Ortsausgänge existierten. Auch sei in der Uraufnahme die Bezeichnung „von KleinM. “ enthalten und nicht die Wegbezeichnung „M. Weg“. Die Grundstücke, die an dem Wegstück anlägen, das in Anlage B 2 durch die blauen Pfeile begrenzt sei, trügen die Bezeichnung „in E. “, die Grundstücke weiter westlich hingegen die Bezeichnung „am KleinM. Weg“. Auch werde der Weg nicht bereits seit Jahrhunderten als Kirch- oder Einkaufsweg genutzt. Aus der Eintragungsverfügung ließen sich zudem keine Indizien dafür entnehmen, dass das Wegegrundstück mit der Fl.-Nr. X. habe miteinbezogen werden sollen, da ansonsten auch die Eigentümer der Fl.-Nrn. …, … und … hätten mitaufgenommen werden müssen. Bei der im Bestandsverzeichnis angegebenen Wegelänge handele es sich um eine Circa-Angabe, die bei exakter Anwendung dazu führen würde, dass der Weg sogar über die Fl.-Nr. X. hinaus bis in den Ort reiche, weshalb die Bezeichnung des Anfangspunktes nicht mehr passe. Das Anwesen des Klägers trage den Hausnamen „G. “, weshalb die Wegefläche Fl.-Nr. X. vormals als „G. gasse“ und nicht als „M. Weg“ bezeichnet worden sei. Über Jahrzehnte sei es so gelebt worden, dass das streitgegenständliche Wegegrundstück nicht Teil eines öffentlich gewidmeten Weges sei. Bei Wegebaumaßnahmen an der Fl.-Nr. … sei die Fl.-Nr. X. nicht miteinbezogen worden. Es sei keine Staubfreimachung durch Teerbelag und keine Installation einer Straßenbeleuchtung erfolgt. Vielmehr seien Instandsetzungsarbeiten an dem Weg vom Kläger auf eigene Kosten vorgenommen worden.
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Auf gerichtliche Nachfrage zur Situation der an den streitgegenständlichen Weg angrenzenden Flurstücke im Zeitpunkt der Eintragungsverfügung im Jahre 1962 teilte das Amt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung Bamberg mit, dass das in der Eintragungsverfügung erwähnte Flurstück mit der Fl.-Nr. … eine Teilfläche des Flurstücks mit der Fl.-Nr. … war. Im Messungsverzeichnis Nr. 1 aus dem Jahre 1913 seien die neuen Abschnitte a, b und c aus dem Flurstück Nr. … gebildet worden. Die Teilfläche … liege auf ganzer Länge an dem streitgegenständlichen Weg an (vgl. Kartenbeilage GA Bl. 61). Das Flurstück … sei erst im Jahr 1994 bei einer Zerlegung des Flurstücks … entstanden. Die Summe der damaligen Abschnittsflächen sei identisch mit der Summe der Flächen der aktuellen Flurstücke … und … Die Flurstücke … und … existierten bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Gesamtfläche so wie auch die Grenze zum Flurstück X. bestehe seit damals unverändert (vgl. Karte GA Bl. 62). Auch die Grenzen von Flurstück … zum Weg X. seien unverändert geblieben. Eine Verschmelzung mit dem Flurstück … habe erst im Jahre 1964 stattgefunden. Bei dem Weg mit der Fl.-Nr. X. handele es sich um einen Anliegerweg. Bei allen an den streitgegenständlichen Weg anliegenden Flurstücken (. , …, …, … und …. ) sei im Liegenschaftskataster ein Hierzu-Vermerk eingetragen, der die Zugehörigkeit eines Weganteils zum anliegenden Flurstück nachweise. Der Anliegerweg sei im Messungsverzeichnis 50 des Jahres 1910 infolge Wegausscheidung gebildet worden.
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Mit Gerichtsbescheid vom 21. Februar 2023 hat das Verwaltungsgericht Bayreuth die Klage abgewiesen. Mit Schriftsatz vom 9. März 2023 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mündliche Verhandlung, die am 23. Mai 2023 stattfand.
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Hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
Entscheidungsgründe
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Die Klage bleibt ohne Erfolg und ist deshalb abzuweisen.
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1. Die Klage scheitert nicht bereits an der Zulässigkeit. Der Kläger kann insbesondere für sich ein nach § 43 Abs. 2 VwGO erforderliches berechtigtes Interesse an der Feststellungsklage beanspruchen. Nach allgemeiner Meinung ist ein Interesse berechtigt, wenn es rechtlicher oder schutzwürdiger tatsächlicher, insbesondere wirtschaftlicher oder ideeller Art ist. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Feststellung geeignet erscheint, die Rechtsposition des Klägers zu verbessern (stRspr. BVerwG, B.v. 20.12.2017 – 6 B 14/17 – juris Rn. 13 m.w.N.; Happ in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 16. Aufl. 2022, § 43 Rn. 30). Das berechtigte Interesse des Klägers folgt daraus, dass er anders als der Beklagte von einem Privatweg, mithin von einem nicht öffentlich gewidmeten Wegstück ausgeht. Die Feststellung, dass das streitgegenständliche Wegstück nicht gewidmet ist, würde folglich seine eigene Rechtsposition verbessern.
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2. Die Klage ist jedoch unbegründet, da das Wegestück mit der Fl.-Nr. X. öffentlich als M. Weg gewidmet ist.
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a. Bei dem streitgegenständlichen Weg handelt es sich um einen im Rahmen der Rechtsbereinigung (erstmalige Anlegung der Bestandsverzeichnisse) gemäß Art. 67 Abs. 3 und 4 Bayerisches Straßen- und Wegegesetz (BayStrWG) eingetragenen öffentlichen Feld- und Waldweg, der der Widmungsfiktion des Art. 67 Abs. 4 BayStrWG unterliegt. Demgemäß gilt eine nach Art. 6 Abs. 3 BayStrWG erforderliche Zustimmung als erteilt und die Widmung als verfügt, wenn die Eintragung nach Art. 67 Abs. 3 BayStrWG unanfechtbar wird.
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Der streitgegenständliche öffentliche Feld- und Waldweg wurde mit Eintragungsverfügung vom 26. Februar 1962 in das Bestandsverzeichnis eingetragen. Nach den Bestimmungen des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes vom 11. Juli 1958 und der Ausführungsverordnung vom 21. August 1958 mussten die Gemeinden für die in ihrem Gebiet liegenden Gemeindestraßen und sonstigen öffentlichen Straßen Bestandsverzeichnisse anlegen. Aus diesem Anlass wurde auch der M. Weg in das Bestandsverzeichnis eingetragen.
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Bei der erstmaligen Anlegung der Bestandsverzeichnisse im Zuge der Rechtsbereinigung ab 1. September 1958 (vgl. Art. 80 BayStrWG) ist für die Eigenschaft der streitbefangenen Wegefläche als öffentliche Verkehrsfläche auf die Eintragung im Bestandsverzeichnis für Gemeindestraßen abzustellen. In diesen Fällen liegt in der Eintragung der maßgebliche Verwaltungsakt im Sinn des Art. 35 Satz 2 BayVwVfG (BayVGH, B.v. 15.3.1017 – 8 ZB 15.1610 – juris Rn. 11; U.v. 28.2.2012 – 8 B 11.2934 – BayVBl 2013, 84 Rn. 35, m.w.N.).
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aa. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist als Grundsatz anerkannt, dass die erstmalige Anlegung eines Bestandsverzeichnisses Rechtswirkungen regelmäßig nur für solche Grundstücke entfaltet, deren Flurnummern in der Eintragung genannt sind (BayVGH, B.v. 15.3.2017 – 8 ZB 15.1610 – juris Rn. 11; U.v. 21.4.2016 – 8 B 15.129 – juris Rn. 21, m.w.N.). Gleiches gilt im Übrigen auch für die Widmung einer Straße, so dass in aller Regel nur diejenigen Straßenbestandteile erfasst werden, die sich auf Grundstücken befinden, deren Flurnummer in der Widmungsverfügung bzw. Eintragungsverfügung ausdrücklich aufgeführt sind (BayVGH, B.v. 4.10.2011 – 8 ZB 11.210 – juris Rn. 12; vgl. auch B.v. 9.2.2009 – 8 CS 08.3321 – juris Rn. 14). Dies gilt aber nur für solche Straßen und Wege, für die ein Wegegrundstück mit eigener Flurnummer gebildet ist (BayVGH, U.v. 12.12.2000 – 8 B 99.311 – juris Rn. 40). Bei unklarem Verlauf eines Wegegrundstücks soll dadurch auch ein Hinausgreifen der Widmung auf nicht gewidmetes, also unbelastetes Privateigentum verhindert werden (vgl. BayVGH, B.v. 15.3.2017 – 8 ZB 15.1610 – juris Rn. 11; B.v. 4.10.2011 – 8 ZB 11.210 – juris Rn. 12, m.w.N.; U.v. 15.7.1997 – 8 B 96.1539 – BayVBl 1997, 596). Eine faktische oder konkludente Widmung gibt es nach dem Bayerischen Straßen- und Wegerecht ohnedies nicht (vgl. BayVGH, U.v. 21.4.2016 – 8 B 15.129 – juris Rn. 21, m.w.N.). Werden bei der Eintragung eines Weges im Bestandsverzeichnis bestimmte Flurnummern als Wegefläche angegeben, dann müssen die Eigentümer angrenzender Grundstücke – im Sinne der negativen Publizität des Bestandsverzeichnisses – grundsätzlich nicht damit rechnen, dass die Widmung über die Grenzen der genannten Flurnummern hinausgreift. Dabei ist maßgeblich, ob der belastete Grundstückseigentümer durch die Nennung der betroffenen Flurnummer in der Eintragungsverfügung hinreichend auf seine Betroffenheit hingewiesen wird (Häußler in Zeitler, Bayerisches Straßen und Wegegesetz, Stand September 2021, Art. 67 Rn. 46).
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bb. Dabei lässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof allerdings Ausnahmen in Bezug auf die notwendige Angabe der Flurnummer zu, wenn Verlauf und Umfang eines Wegs eindeutig festliegen, etwa durch eine Beschreibung oder durch die Darstellung in einem Lageplan oder in einer Karte (vgl. BayVGH, B.v. 21.12.2017 – 8 ZB 17.1189 – juris Rn. 20; B.v. 15.3.2017 – 8 ZB 15.1610 – juris Rn. 12; U.v. 28.2.2012 – 8 B 11.2934 – BayVBl 2013, 84 Rn. 47 f.; U.v. 19.3.2002 – 8 B 00.881 – juris Rn. 47 ff.; U.v. 12.12.2000 – 8 B 99.3111 – BayVBl 2001, 468/471 f.; vgl. zur Hinnahme kleinerer Unklarheiten BayVGH, U.v. 19.3.2002 a.a.O. Rn. 42; U.v. 12.12.2000 a.a.O. S. 472). Maßgeblich kann dabei sein, ob Merkmale vorhanden sind, die zwingend auf einen bestimmten Wegeverlauf hindeuten und somit dazu führen, dass „Lücken“ in der Beschreibung überbrückt werden können (vgl. BayVGH, U.v. 19.3.2002 – 8 B 00.881 – juris Rn. 43; vgl. auch U.v. 1.8.1991 – 8 B 89.1929 – BayVBl 1992, 562/563). So hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof eine Ausnahme in einem Fall angenommen, in dem das streitgegenständliche Wegstück nicht im Bestandsverzeichnis erwähnt wurde, jedoch die zwingende Verbindung zwischen zwei gelisteten Wegegrundstücken bildete (vgl. BayVGH, B.v. 15.3.2017- 8 ZB 15.1610 – juris Rn. 12).
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Zwar wurde das Wegstück mit der Fl.-Nr. X. nicht in die Eintragungsverfügung des öffentlichen Feld- und Waldweges M. Weg aufgenommen, es liegen jedoch mehrere Anhaltspunkte vor, die ermöglichen, diese Lücke in der Wegbeschreibung zu überbrücken und den Wegverlauf des M. Wegs – einschließlich des Wegstücks mit der Fl.-Nr. X. – hinreichend bestimmt zu beschreiben. Der Anfangs- und Endpunkt des Weges wurde im Bestandsverzeichnis festgehalten. Ebenso kann anhand der im Bestandsverzeichnis eingetragenen Straßenbaulastträger auf einen bestimmten Wegverlauf geschlossen werden. Dem Bestandsverzeichnis lag zudem eine Karte bei, in der der Wegverlauf des M. Weges mittels roter Markierung dargestellt ist, woraus ersichtlich wird, dass der Weg auch das Wegstück mit der Fl.-Nr. X. erfassen sollte. Auch die Längenangabe des Weges im Bestandsverzeichnis spricht dafür, dass das Wegstück mit der Fl.-Nr. X. erfasst werden sollte. Insofern lässt sich jedenfalls kein überraschendes Hinausgreifen des gewidmeten Weges auf im Bestandsverzeichnis nicht genannte Grundstücke feststellen.
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1) Einen dieser Anhaltspunkte bildet die Beschreibung des Anfangs- und Endpunktes des eingetragenen Weges. So wurde als Anfangspunkt des M. Weges „Ortsausgang bei Haus Nr. B. und …“ angegeben. Das streitgegenständliche Wegstück mit der Fl.-Nr. X. beginnt zwischen dem Haus mit der Nr. … und dem Haus mit der Nr. B. . Der Begriff des Ortsausgangs bezieht sich auf das Ende eines örtlichen Bebauungszusammenhangs. Dieser endete im Zeitpunkt der Ersteintragung bei den Häusern mit der Haus Nr. B. und … und damit am Beginn des streitgegenständlichen Wegstücks mit der Fl.-Nr. X. Dies lässt sich besonders gut an dem vom Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung vorgelegten Kartenmaterial ersehen (vgl. insb. Karten GA Bl. 61 und 62). Dass die Beschreibung „Ortsausgang bei“ auf den Beginn des M. Weges ab der Fl.-Nr. X. hinweist, folgt auch daraus, dass das Wort „bei“ als Lokalpräposition eine unmittelbare räumliche Nähe ausdrückt. „Bei Haus Nr. B. und …“ meint folglich in unmittelbarer räumlicher Nähe zu Haus Nr. B. und …, mithin am Beginn des Wegstücks mit der Fl.-Nr. X. Richtig ist zwar, dass durch die Lagebezeichnung „Ortsausgang bei“ der Ausgang eines Ortes konkretisiert wird; dieser liegt aber aufgrund der angestellten Erwägungen direkt bei den Haus Nrn. B. und … und damit am Beginn des Wegstücks mit der Fl.-Nr. X. Hierfür spricht auch das Argument, dass im Bestandsverzeichnis zusätzlich zu der Lagebezeichnung des Anfangspunktes „Ortsausgang bei Haus Nr. B. und …“ die Konkretisierung „in E. “ eingetragen wurde (vgl. BA Bl. 1). Zu keinem anderen Ergebnis gelangt die Kammer deshalb aufgrund des klägerischen Einwandes, im Liegenschaftskataster sei hinsichtlich der Fl.-Nr. … die Eintragung „der M. Weg“, für die Fl.-Nr. … „von E. nach …“ und für die Fl.-Nr. X. „in E. “ verzeichnet, woraus geschlossen werden müsse, dass das Wegstück mit der Fl.-Nr. X. nicht Bestandteil des „M. Wegs“ sei, da dieses Grundstück noch dem Ortsbereich E. zugeordnet worden sei.
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Dass mit dieser Beschreibung ein anderer Weg – beispielsweise der mit der Fl.-Nr. … – gemeint gewesen sein könnte, ist fernliegend. So findet weder der Weg mit der Fl.-Nr. … noch das Wegstück mit der Fl.-Nr. … in der Eintragungsverfügung Erwähnung. Des Weiteren ließe sich ein solcher Wegverlauf nicht mit den als Straßenbaulastträger (Anlieger des Weges) eingetragenen Grundstückseigentümern erklären.
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2) Vielmehr kann der Verlauf des streitgegenständlichen Weges, der die Fl.-Nr. X. einschließt, anhand der eingetragenen Eigentümer der anliegenden Grundstücke als Straßenbaulastträger eindeutig bestimmt werden. Dies gilt vor allem im Hinblick auf die Fl.-Nrn. … und … Das Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung hat der Kammer mitgeteilt, dass das in der Eintragungsverfügung erwähnte Flurstück mit der Nr. … eine Teilfläche des Flurstücks mit der Nr. … war. Im Messungsverzeichnis Nr. 1 aus dem Jahre 1913 sind die neuen Abschnitte a, b und c aus dem Flurstück Nr. … gebildet worden. Das Flurstück … ist erst im Jahr 1994 bei einer Zerlegung des Flurstücks … entstanden. Die Summe der damaligen Abschnittsflächen ist identisch mit der Summe der Flächen der aktuellen Flurstücke … und … Die Teilfläche … lag auf ganzer Länge an dem streitgegenständlichen Weg an (vgl. Kartenbeilage GA Bl. 61). Somit lässt sich bereits ausschließlich anhand der eingetragenen Fl.-Nr. … ersehen, dass der eingetragene „M. Weg“ auch den Weg mit der Fl.-Nr. X. erfassen sollte. Hinzu tritt, dass das auf der gegenüberliegenden Seite des Weges mit der Fl.-Nr. X. befindliche Grundstück mit der Fl.-Nr. … ebenfalls als anliegendes Grundstück in der Eintragungsverfügung aus dem Jahre 1962 festgehalten wurde.
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Richtig ist zwar, dass die ebenfalls an den Weg mit der Fl.-Nr. X. anliegenden Grundstücke mit der Fl.-Nrn. … und … nicht in der Eintragungsverfügung enthalten sind. Die Flurstücke … und … existierten zwar bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts und waren damit im Zeitpunkt der Eintragungsverfügung im Jahre 1962 bereits existent. Die fehlende Erwähnung der Fl.-Nrn. lässt sich somit nicht damit erklären, es habe die Flurstücke in dieser Form im maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht gegeben. Die Gesamtfläche der Fl.-Nr. … so wie auch die Grenzen zum Flurstück Nr. X. bestehen seit damals unverändert (vgl. Karte GA Bl. 62). Auch die Grenzen von Flurstück Nr. … zum Weg mit der Fl.-Nr. X. sind unverändert geblieben. Allerdings hat eine Verschmelzung der Fl.-Nr. … mit dem Flurstück Nr. … im Jahre 1964 stattgefunden. Jedenfalls für die fehlende Erwähnung des Grundstücks mit der Fl.-Nr. … kommt aber in Betracht, dass der Eigentümer des Grundstücks mit der Fl.-Nr. … – der Kläger selbst –, der auch Eigentümer des Grundstücks mit der Fl.-Nr. … ist, bereits als Straßenbaulastträger des Grundstücks mit der Fl.-Nr. … in die Eintragungsverfügung aus dem Jahre 1962 aufgenommen worden ist, weshalb keine Notwendigkeit einer zusätzlichen Erwähnung dieses Eigentümers für das Grundstück mit der Fl.-Nr. … notwendig war. Entsprechendes liegt auch für das Grundstück mit der Fl.-Nr. … nahe, da diesbezüglich der Eigentümer des Grundstücks mit der Fl.-Nr. …, das gar nicht an dem streitgegenständlichen Weg anliegt und das zwei Jahre nach der Eintragungsverfügung mit dem Grundstück mit der Fl.-Nr. … zusammengelegt wurde, als Straßenbaulastträger eingetragen war. Da die Eintragungsverfügung lediglich die Straßenbaulastträger und nicht alle an den Weg anliegenden Grundstücke nennt, spricht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich das Fehlen der Fl.-Nr. … damit erklärt, dass der Eigentümer der Fl.-Nr. … auch der Eigentümer der Fl.-Nr. … war und das Grundstück mit der Fl.-Nr. … deshalb – der Situation der Fl.-Nr. … entsprechend – nicht gesondert in die Eintragungsverfügung aufgenommen wurde. Darüber hinaus kann das Fehlen der Fl.-Nrn. … und … ungeachtet der dafür bestehenden Erklärung ohnehin als allenfalls geringfügige Lücke in der Beschreibung des Wegverlaufs nicht ins Gewicht fallen, da jedenfalls durch die Fl.-Nrn. … und … der Verlauf des M. Weges eindeutig feststeht. Für die Kammer lässt sich der M. Weg damit – ungeachtet etwaiger Lücken in der Wegbeschreibung – hinreichend bestimmt beschreiben, was zu dem Ergebnis führt, dass die fehlende Erwähnung des Weges mit der Fl.-Nr. X. unbeachtlich ist, da dieses Flurstück nach der Beschreibung des Wegeverlaufs von den Rechtswirkungen der Eintragungsverfügung zur Anlegung eines Bestandsverzeichnisses erfasst wird.
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3) Zudem steht der Wegverlauf eindeutig aufgrund einer Darstellung des Wegverlaufs auf einer Karte fest. In der mündlichen Verhandlung am 23. Mai 2023 erklärte die Sachbearbeiterin des Beklagten, bei der Überarbeitung der Bestandsverzeichnisse die Karte im früheren Karteikartensystem angetackert vorgefunden zu haben. Die Karte mit der Bezeichnung „E. Ortsblatt Nr. DL“ (vgl. BA Bl. 1 f.) zeigt den Verlauf des „M. Wegs“ ab dem Grundstück mit der Fl.-Nr. … über das Wegstück mit der Fl.-Nr. … hinaus auf dem Wegstück mit der Fl.-Nr. X. bis ca. zum Beginn des Grundstücks mit der Fl.-Nr. … durch eine rote Markierung und endet sodann an dieser Stelle aufgrund des Kartenschnitts. Die rote Markierung des Weges erstreckt sich dabei eindeutig auch auf das Wegstück mit der Fl.-Nr. X. , auch wenn sich die Markierung aufgrund des Kartenschnitts nicht auf das ganze Wegstück erstreckt.
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4) Nur ergänzend ist noch auszuführen, dass auch die im Jahre 1962 in das Bestandsverzeichnis eingetragene Wegelänge von 1.100 m für den Wegverlauf unter Einschluss des Wegstücks mit der Fl.-Nr. X. spricht. Unter Heranziehung des im Bestandsverzeichnis angegebenen Anfangs- und Endpunkts – Anfangspunkt: Ortsausgang bei Haus Nr. B. und … und Endpunkt: Gemeindegrenze nach KleinM. bei Fl.-Nr. … – und unter Einbeziehung der Fl.-Nr. X. ergibt sich heute eine Wegelänge von 1.050 m, mithin nur eine Abweichung von der ursprünglichen Wegelänge in Höhe von 50 m. Würde das Wegstück mit der Fl.-Nr. X. bei der Messung des Weges „M. Weg“ weggelassen, so ergäbe sich eine Wegelänge von nur ca. 920 m, mithin eine erhebliche Abweichung von der ursprünglich eingetragenen Wegelänge. Auch wenn es sich bei den Wegelängen nur um Circa-Angaben handeln dürfte, ist den Längenangaben, die in die Richtung weisen, dass das Wegstück mit der Fl.-Nr. X. von der Eintragung in das Bestandsverzeichnis umfasst sein sollte, ein gewisser indizieller Charakter zuzuschreiben.
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b. Der Wirksamkeit der Eintragung des M. Weges in das Bestandsverzeichnis im Jahre 1962 steht insbesondere nicht entgegen, dass das Weggrundstück mit der Fl.-Nr. X. sowie die anliegenden Grundstücke mit den Fl.-Nrn. … und … nicht eingetragen wurden. Hieraus folgt nicht, dass die Eintragung wegen mangelnder Bestimmtheit gem. Art. 44 Abs. 1 VwVfG nichtig ist.
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Die Form und der Inhalt der Eintragungen in die Bestandsverzeichnisse sind in der Verzeichnisverordnung (VerzVO) geregelt. Die dortigen Vorschriften ergänzen das in Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG verankerte Bestimmtheitsgebot. Aus §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 3, 6 Abs. 2 und 4 VerzVO folgt, dass zum Inhalt einer Eintragung insbesondere der Name der Straße, die Nummer des Straßenzugs, die Bestimmung der Straßenklasse und der Baulastträger, Angaben zum Anfangs- und Endpunkt der Straße sowie die Beschreibung des Straßenverlaufs unter Aufzählung der betroffenen Grundstücke (Fl.-Nrn.) und Eigentümer gehören (vgl. Häußler a. a. O., Art. 67, Rn. 32).
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Unvollständige oder falsche Angaben in den Eintragungen, die den Vorschriften der VerzVO nicht entsprechen, sind rechtswidrig. Ein Mangel führt jedoch zur Nichtigkeit i.S.v. Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG, wenn die Eintragung an besonders schwerwiegenden und offensichtlichen Bestimmtheitsmängeln leidet. Die Annahme, dass ein solcher Mangel zum einen gravierend und zum anderen evident ist, steht nach der Rechtsprechung unter engen Voraussetzungen (vgl. nur BayVGH, B.v. 21.11.2012 – 8 ZB 11.2367 – juris Rn. 6; Häußler a.a.O., Art. 67, Rn. 33 m.w.N.). Von der Nichtigkeit der Eintragung ist dann auszugehen, wenn die Eintragung eine einigermaßen genaue Bestimmung des Wegeverlaufs in der Natur nicht zulässt.
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Insofern ist festzuhalten, dass trotz vorhandener Lücken im Bestandsverzeichnis jedenfalls der Anfangs- und Endpunkt des M. Weges hinreichend bestimmt festgelegt wurden (vgl. oben unter 2. a. bb. 1)). Es wurde zudem die Weglänge festgehalten. Der Wegverlauf ergibt sich auch aus den eingetragenen Baulastträgern (vgl. oben unter 2. a. bb. 2)). Außerdem lag der Eintragung eine Karte zugrunde, in der der Wegverlauf mittels roter Markierung dargestellt war.
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c. Auch der Umstand, dass die Eintragungsverfügung dem Kläger nicht individuell bekannt gemacht wurde, führt zu keinem anderen Ergebnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist die öffentliche Bekanntmachung über die Anlegung des Bestandsverzeichnisses nach Art. 67 Abs. 3 Satz 2 BayStrWG allein geeignet, die Eintragung eines Wegs gegenüber betroffenen Anliegern wirksam werden zu lassen (vgl. BayVGH, U.v. 12.12.2000 – 8 B 99.3111 – juris Rn. 42). Insoweit handelt es sich um Art. 41 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG verdrängendes Sonderrecht im Sinne des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG, das – im Einklang mit der seit 1. Januar 1977 geltenden Vorschrift des Art. 41 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG – die öffentliche Bekanntmachung zulässt.
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d. Dem steht insbesondere auch nicht entgegen, dass der Beklagte augenscheinlich die Auslegungsfrist von sechs Monaten gemäß Art. 67 Abs. 3 Satz 2 BayStrWG nicht beachtet hat, da das Bestandsverzeichnis laut Bekanntmachungstext lediglich in der Zeit vom 10. März 1962 bis 10. April 1962 zur öffentlichen Einsichtnahme in der Gemeindekanzlei auslag, mithin nur einen Monat. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat hinsichtlich der Annahme einer Nichtigkeit der Eintragung wegen Verstoßes gegen Art. 67 Abs. 3 BayStrWG wiederholt auf ein Zurückhaltungsgebot der Gerichte hingewiesen, da die Komplexität der Rechtsbereinigung, die vor allem kleinere Gemeinden vor große Herausforderungen gestellt hat, zur Herabsenkung der verschiedenen Anforderungen beim Vollzug des Art. 67 Abs. 3 und 4 BayStrWG und zur Einordnung einzelner Vorschriften als bloße Ordnungsvorschriften zwingt (so bspw. BayVGH, U.v. 28.2.2012 – 8 B 11.2934 – juris LS und Rn. 45). Für die Auslegung als wesentlicher und unverzichtbarer Teil der öffentlichen Bekanntgabe folgt daraus, dass diese, um die Rechtswirksamkeit des Verwaltungsaktes herbeizuführen, jedenfalls durchzuführen ist. Essenziell ist dabei, dass die Auslegung überhaupt stattgefunden hat. Ist hingegen die Bekanntgabe – wie im vorliegenden Fall – eingetreten, wurden die Bestandsverzeichnisse aber nicht die ganzen sechs Monate ausgelegt, so stellt dies einen Verfahrensmangel dar, der nicht stets zur Unwirksamkeit der Bekanntmachung führt (vgl. so auch Häußler in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Stand September 2021, Art. 67 Rn. 31). Entscheidend ist, dass den Betroffenen eine ausreichende Zeit zur Einsichtnahme und Rechtsprüfung zur Verfügung stand, um dem Informationszweck der Auslegung gerecht zu werden. Dies kann für eine Auslegung von etwa einem Monat angenommen werden (BayVGH, U.v. 28.2.2012 – 8 B 11.2934 – juris LS und Rn. 60). Die Nichteinhaltung der Auslegungsfrist begründet allenfalls einen Verfahrensfehler, der die Anfechtbarkeit der Eintragung begründen kann. Die Eintragung ist vorliegend indes unanfechtbar (vgl. so auch BayVGH, U.v. 28.2.2012 – 8 B 11.2934 – juris Rn. 60).
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3. Damit bleibt auch ein etwaiger Leistungsantrag, der auf die Abänderung des Blattes … des Bestandsverzeichnisses für öffentliche Feld- und Waldwege des Marktes L. gerichtet ist, so dass der öffentliche Feld- und Waldweg „M. Weg von E. Richtung KleinM. “ das Grundstück mit der Fl.-Nr. X. nicht erfasst, ohne Erfolg. Da es sich bei dem Wegstück mit der Fl.-Nr. X. um ein öffentlich als „M. Weg“ gewidmetes Teilstück handelt, besteht zu einer Änderung des Bestandsverzeichnisses kein Anlass.
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4. Die gerichtliche Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens trägt.
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5. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung basiert auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 Zivilprozessordnung (ZPO).