Inhalt

FG Nürnberg, Urteil v. 18.08.2023 – 6 K 230/23
Titel:

Änderung eines Kfz Steuerbescheides

Normenketten:
KraftStG § 3a Abs. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 3
AO § 163, § 227
BGB § 1922
FZV § 13
Schlagworte:
Einspruchsentscheidung, KFZ-Steuerbefreiung, Steuervergünstigung, Schwerbehinderteneigenschaft
Rechtsmittelinstanz:
BFH München vom -- – IV R 16/24
Fundstelle:
BeckRS 2023, 53763

Tenor

1. Der KFZ-Steuerbescheid vom 26.10.2022 betreffend das Fahrzeug … in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.01.2023 wird dahingehend geändert, dass die Kfz-Steuer unter Gewährung einer Befreiung nach § 3a Abs. 1 KraftStG für die Zeit von 15.05.2020 bis 31.01.2022 in Höhe von 0 € festgesetzt wird.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist wegen der zu erstattenden Aufwendungen des Klägers vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Aufwendungen des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Streitig ist die Rechtmäßigkeit des KFZ-Steuerbescheids zuletzt vom 26.10.2022.
2
Das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … war auf den Vater des Klägers, V, zugelassen.
3
Am 21.05.2019 beantragte V. eine Steuerbefreiung nach § 3a Abs. 1 Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) für das Halten des o.g. Fahrzeugs. Daraufhin erließ der Beklagte am 29.05.2019 einen geänderten KFZ-Steuerbescheid, in dem es die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit vom 11.04.2019 bis 16.05.2019 auf 33 € und für die Zeit ab 17.05.2019 jährlich auf 0 € festsetzte.
4
Der Beklagte erläuterte zudem, die Steuerbefreiung nach § 3a Abs. 1 Kraftfahrzeugsteuergesetz [werde] zum 17.05.2019 genehmigt, da bis dahin die Steuerbefreiung für das Fahrzeug Y. gewährt wurde.
5
Am 14.05.2020 verstarb V. Nach Aktenlage war zunächst unklar, wer ihn beerbte (vgl. Schreiben des AG an den Kläger vom 17.09.2020). Mit Schreiben vom 17.09.2020 teilte das AG dem Kläger mit, er sei zum Alleinerben berufen.
6
Nach dem Tod des V. war eine Mitteilung gegenüber der Zulassungsbehörde nicht vorgenommen worden.
7
Zum 01.02.2022 meldete der Kläger das Fahrzeug ab.
8
Der Beklagte erließ daraufhin am 10.02.2022 einen an V. adressierten, nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 KraftStG geänderten Bescheid mit einer Steuerfestsetzung von 0 € für die Zeit von 17.05.2021 bis 31.01.2022.
9
Am 05.08.2022 erließ es einen an V. adressierten, nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 KraftStG geänderten Bescheid mit einer Steuerfestsetzung von 0 € für die Zeit von 17.05.2019 bis 13.05.2020, von 339 € für die Zeit von 14.05.2020 bis 13.05.2021 und 244 € für die Zeit von 14.05.2021 bis 31.01.2022.
10
Ebenfalls am 05.08.2022 erließ es einen an den Kläger adressierten Bescheid als Rechtsnachfolger nach § 45 Abgabenordnung (AO) des verstorbenen V, in dem es die KFZ-Steuer für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … für die Zeit von 14.05.2020 bis 31.01.2022 auf 583 € festsetzte.
11
Der Kläger legte Einspruch ein; er trug vor, als Gesamtrechtsnachfolger nehme er das Recht der Kfz-Steuerbefreiung für Menschen mit Schwerbehinderung für sich in Anspruch. Er erfülle selbst die Merkzeichen „aG“ und „H“ und habe einen Grad der Behinderung von 100%. Er trete als Rechtsnachfolger in alle Rechte und Pflichten des Halters ein.
12
Die Begriffe „Halter“ und „Person, für die ein Fahrzeug zugelassen ist“, würden synonym verwendet. Durch die Gesamtrechtsnachfolge seien Halterrechte und Haltereigenschaft auf ihn übergegangen; aufgrund dessen sei er Halter „ex post“. Laut BFH-Urteil vom 10.02.2021 IV. R 38/19 stehe das Antragsrecht für die Gewährung kraftfahrzeugsteuerrechtlicher Vergünstigungen nach dem Tod des Berechtigten auch seinen Erben zu. Somit sehe der BFH den Gesamtrechtsnachfolger als Halter an, da nach § 3a KraftStG nur Halter das Antragsrecht hätten. Die Steuererleichterung sei als persönliche Vergünstigung zugunsten schwerbehinderter Personen konzipiert. Ab dem Tod seines Vaters sei das Antragsrecht auf Steuerbefreiung auf ihn als Gesamtrechtsnachfolger übergegangen. Da er selbst alle Antragsvoraussetzungen erfülle, nehme er dieses wahr.
13
Die Erbsituation sei nach dem Tod seines Vaters problematisch gewesen. Erst am 17.09.2020 sei er durch das AG vorläufig zum Erben berufen worden; am 18.01.2021 sei seine Erbenstellung durch Schreiben des AG bestätigt worden, so dass er zuvor nicht rechtssicher als Rechtsnachfolger habe auftreten können. Vom Todestag bis zur Bestätigung am 18.01.2021 sei er Halter „ex post“. Die früheste rechtssichere Ummeldung wäre am 19.01.2021 möglich gewesen. Auch wenn es zutreffe, dass er nach dem 18.01.2021 das Fahrzeug hätte ummelden müssen, sei dies nur eine Ordnungswidrigkeit, die seine Haltereigenschaft und damit verbundene Rechte nicht in Frage stelle. Seine Haltereigenschaft ende mit der Abmeldung. Eine Ummeldung auf ihn sei nicht erfolgt, weil er sich den Unterhalt des PKW nicht habe leisten könne, sondern weil er einen PKW nicht ohne Kennzeichen auf öffentlichem Verkehrsgrund abstellen dürfe. Nach dem 18.01.2021 habe er versucht, den PKW zu veräußern, was sich aber bis 31.01.2022 hingezogen habe.
14
Sein Handeln bzw. Unterlassen sei umständehalber erfolgt.
15
Weiter macht der Kläger Billigkeitsgründe geltend und begehrt eine abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO sowie einen Billigkeitserlass nach § 227 AO.
16
Am 26.10.2022 erließ der Beklagte einen an den Kläger als Rechtsnachfolger für den verstorbenen V. adressierten, nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 KraftStG geänderten KFZ-Steuerbescheid, in dem er die Kfz-Steuer wie folgt festsetzte:

Für die Zeit vom 11.04.2019 bis 16.05.2019 auf

33 €

Für die Zeit vom 17.05.2019 bis 14.05.2020 auf

0 €

Für die Zeit vom 15.05.2020 bis 14.05.2021 auf

339 €

Für die Zeit vom 15.05.2021 bis 31.01.2022 auf

243 €

17
Der Beklagte erläuterte:
18
Der Steuerbescheid vom 05.08.2022 war fehlerhaft und wird nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) geändert. Nach § 3a Abs. 1 KraftStG ist von der Steuer befreit das Halten von Kraftfahrzeugen, solange das Fahrzeug auf die schwerbehinderte Person (hier: V) zugelassen ist. Weiterhin müssen bei der Nutzung des Fahrzeugs durch andere Personen die vorgenommenen Fahrten im Zusammenhang mit der Fortbewegung oder der Haushaltsführung der behinderten Person stehen. Dies kann immer nur zu Lebzeiten des Verstorbenen der Fall sein. In der Folge war die gewährte Steuerbefreiung nach § 3a Abs. 1 KraftStG zum Todestag (hier 14.05.2022) und nicht bereits zum Tag vorher zu beenden.
19
Mit Einspruchsentscheidung vom 25.01.2023 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.
20
Der Beklagte stellte klar, dass der an V. adressierte Bescheid vom 10.02.2022 nichtig war.
21
Die Einspruchsentscheidung lautet im Auszug (Seite 6ff) wie folgt.
22
A) Der Ef war als Erbe von V. als Steuerschuldner für die KraftSt in Anspruch zu nehmen.
23
Die Steuerbefreiung nach § 3a Abs. 1 KraftStG, die Herrn V. seit dem 17. Mai 2019 gewährt worden ist, endete mit seinem Tod am 14. Mai 2020, da das Fahrzeug ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zu den begünstigten Zwecken, nämlich der Verwendung des Fahrzeugs zur Fortbewegung oder Haushaltsführung von Herrn V., verwendet werden konnte.
24
Da die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 3a KraftStG mit dem Tod von Herrn V. weggefallen sind, war die KraftSt gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG innerhalb der vierjährigen Festsetzungsfrist der §§ 169f. AO neu festzusetzen. Nachdem das streitgegenständliche Fahrzeug am 1. Februar 2022 abgemeldet wurde, ist die Kraftfahrzeugsteuer im Zeitraum vom 15. Mai 2020 bis zum 31. Januar 2022 in regulärer Höhe entstanden. Weil die vierjährige Festsetzungsfrist für die Kraftfahrzeugsteuer noch nicht abgelaufen war, war die rückwirkende Änderung der Steuerfestsetzung ab dem 15. Mai 2020 möglich.
25
Steuerschuldner ist gemäß § 7 Nr. 1 KraftStG Herr V. , da das Fahrzeug bis zum 1. Februar 2022 für ihn zum Verkehr zugelassen war. Da der Ef der Erbe des verstorbenen V. ist, sind dessen Schulden aus dem Steuerschuldverhältnis im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 BGB, § 45 AO mit seinem Tod auf den Ef. als Erben übergegangen.
26
B) Ein eigener Anspruch des Ef. auf die beantragte Steuerbefreiung nach § 3a KraftStG für das streitgegenständliche Fahrzeug besteht nicht.
27
Nach § 3a KraftStG ist das Halten von Kraftfahrzeugen von der Steuer befreit, „solange die Fahrzeuge für Schwerbehinderte Personen zugelassen sind, die durch einen Ausweis im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder des Artikels 3 des Gesetzes über die unentgeltliche Beförderung Schwerbehinderter im öffentlichen Personenverkehr vom 9. Juli 1979 (BGBl. I S. 989) mit dem Merkzeichen „H“, „BI“ oder „aG“ nachweisen, dass sie hilflos, blind oder außergewöhnlich gehbehindert sind.“ Der Gesetzgeber macht die Steuervergünstigung also u.a. zwingend davon abhängig, dass das Fahrzeug im maßgeblichen Zeitraum auf die Schwerbehinderte Person, die die Steuervergünstigung in Anspruch nehmen will, zugelassen ist. Aufgrund dieser Vorgabe kann selbst ein schwerbehindertes Kind die Steuervergünstigung nach § 3a KraftStG nur in Anspruch nehmen, solange das Fahrzeug auf das minderjährige Kind zugelassen ist. Ein Fahrzeug ist nach den verkehrsrechtlichen Vorschriften für eine natürliche Person zugelassen, wenn ihr von der Zulassungsbehörde ein Kennzeichen für das Fahrzeug zugeteilt oder ausgegeben wurde und ihre Personendaten, wie z. B. Familienname, Geburtsname, Vornamen, Geburtsdatum und Anschrift, in den Fahrzeugregistern der Zulassungsbehörden als „Halterdaten“ zum jeweiligen Fahrzeug erfasst sind (§§ 1, 33 Straßenverkehrsgesetz (StVG)).
28
Im vorliegenden Fall könnte der Ef mit seinem eigenen Schwerbehindertenausweis mit unbefristeter Gültigkeit ab dem 19. Mai 1993, Merkzeichen G, aG, H und einem GdB von 100 die Steuerbefreiung nach § 3a Abs. 1 KraftStG in Anspruch nehmen, wenn das streitgegenständliche Fahrzeug auf ihn zugelassen gewesen wäre. Da der PKW bis zu seiner Abmeldung am 1. Februar 2022 auf den verstorbenen V. und zu keiner Zeit für den Ef zugelassen war, liegen die Voraussetzungen für die begehrte Steuerbefreiung für den Ef im Zeitraum vom 15. Mai 2020 bis zum 31. Januar 2022 nicht vor.
29
Soweit der Ef geltend macht, dass die Steuervergünstigung in § 3a KraftStG voraussetze, dass die Schwerbehinderte Person „Halter“ des Fahrzeugs ist, kann dem nicht gefolgt werden. Nach einhelliger Auffassung ist Fahrzeughalter derjenige, der ein Kraftfahrzeug für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt darüber besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt.
30
Nach dieser Definition mag der Ef. zwar als Erbe von Herrn V. „Halter“ des Fahrzeugs gewesen sein, er war jedoch, wie oben dargestellt, nicht die Person, für die das Fahrzeug zugelassen war, da in den Fahrzeugregistern der Zulassungsbehörden bis zur Abmeldung des Fahrzeugs am 1. Februar 2022 der verstorbene V. mit seinen „Halterdaten“ erfasst war.
31
Verstirbt der Zulassungsinhaber, so ist der Erbe nach § 13 Fahrzeugzulassungsverordnung (FZV) verpflichtet, Änderungen der Halterdaten unverzüglich an die Kfz-Zulassungsbehörde zu melden. Eine Ummeldung auf den Ef als dem neuen Halter erfolgte jedoch zu keiner Zeit. Wenn der Ef dieser Verpflichtung zur unverzüglichen Ummeldung nachgekommen wäre und das Fahrzeug auf den Namen des Ef umgemeldet worden wäre, hätte der Ef selbst ab dem Tag der Ummeldung die Steuerbefreiung nach § 3a Abs. 1 KraftStG auf Antrag in Anspruch nehmen können. Die vorgeschriebene Änderung der Halterdaten bei der Zulassungsbehörde hat der Ef jedoch nicht veranlasst.
32
Dass der Ef. geltend macht, dass seine Rechtsstellung als „Erbe“ von Herrn V. durch das Amtsgericht erst mit Schreiben vom 18. Januar 2021 bestätigt worden sei, ist im vorliegenden Fall unerheblich, da dies keinen Einfluss auf die Tatsache hat, dass das streitgegenständliche Fahrzeug zu keinem Zeitpunkt auf den Ef. zugelassen war.
33
Das Urteil des BFH vom 10. Februar 2021, GZ: IV. R 38/19, auf das der Ef. in seiner Stellungnahme vom 20. November 2022 Bezug nimmt, hat nur die Frage nach dem Antragsrecht des Erben für die Gewährung der Kraftfahrzeugsteuervergünstigung nach § 3a KraftStG für den Schwerbehinderten Erblasser zum Inhalt. Zur Frage, ob der Erbe selbst Anspruch auf die Steuervergünstigung nach § 3a KraftStG aufgrund seiner eigenen Schwerbehinderung hat, auch wenn das Fahrzeug weiterhin auf den Erblasser zugelassen ist, war hier nicht Gegenstand der Entscheidung.
34
Der Kläger hat Klage erhoben und trägt unter Wiederholung des bisherigen Vortrags weiter vor, das Fahrzeug habe nach dem Tode des Erblassers nicht auf diesen zugelassen sein können. Eine Zulassung eines Kfz auf eine nicht mehr existente Person sei nicht möglich, da lediglich auf natürliche sowie juristische Personen eine Zulassung eines Kfz möglich sei. Der Kläger sei jedenfalls in analoger Anwendung der entsprechenden Vorschriften als Inhaber der Zulassung des Fahrzeuges anzusehen. Bei Fortführung dieses Gedankens sei auch die persönliche Eigenschaft des Klägers in Bezug auf die Erfüllung der Voraussetzungen für die Gewährung einer Kraftfahrzeugsteuervergünstigung erfüllt.
35
Er betont erneut, die Haltereigenschaft und die Position der Person, für die das Fahrzeug zugelassen sei, habe der Erblasser vor seinem Tode innegehabt. Beide Positionen seien Vermögensrechtspositionen, da diese an das geldwerte Gut, das vererbte Kfz, direkt gekoppelt seien. Mit dem Eintreten des Todes des Erblassers gingen alle vermögensrechtlichen Beziehungen des Erblassers auf den Erben über. Seit dem 15.05.2020 sei der Kläger durch Universalsukzession als Fahrzeughalter und Person, auf die das Fahrzeug zugelassen ist, zu werten.
36
Er verweist auf eine Definitionsmöglichkeit zu § 31a StVZO: „Halter ist derjenige, der ein Fahrzeug … in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt darüber besitzt … Dies ist derjenige, der die Nutzung aus der Verwendung zieht und die Kosten hierfür aufbringt …“
37
Die Eintragungen in den Papieren ist ein Indiz für die Haltereigenschaft. „… das schließt gleichwohl nicht aus, dass nachträglich infolge einer Änderung der tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Haltereigenschaft … auf einen anderen Verantwortlichen übergehen kann.“
38
Hiernach sei der Kläger als Halter zu werten und gleichzusetzen mit der Person, für die das Fahrzeug zugelassen sei.
39
Auch durch die Formulierung des Steuerschuldners in § 7 KraftStG als „die Person, für die das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist“ sei der Kläger als Person, für die das Fahrzeug zugelassen ist, zu werten.
40
Wenn der Beklagte der Ansicht sei, dass es sich in § 3a Abs. 1 KraftStG bei der Formulierung „für die … Person zugelassen ist“ ausschließlich eine persönliche Eigenschaft handele, die der Kläger nicht habe, dürfte die Formulierung in § 7 KraftStG ebenfalls ausschließlich als persönliche Eigenschaft verstanden werden. Innerhalb des Kraftfahrzeugsteuergesetzes könne ein gleichlautender Begriff, im Fall des Klägers „Person, auf die ein Fahrzeug zugelassen ist“, entweder definitiv sein oder als ein Merkmal „persönlicher Eigenschaft“. Wenn dem Kläger die persönliche Eigenschaft nach § 3a Abs. 1 KraftStG von der Zollbehörde abgesprochen werde, dann sei er nach § 7 KraftStG auch kein Steuerpflichtiger mehr, da gleichlautende Begriffe auch gleich ausgelegt werden müssten.
41
Darüber hinaus sei der Kläger durch § 1922 BGB zum Steuerschuldner geworden Es sei nicht überzeugend, einerseits den Kläger als Rechtsnachfolger unbeschränkt in Anspruch für die Haftung einer Kfz-Steuer in Anspruch zu nehmen, andererseits jedoch dessen persönliche Eigenschaft als Berechtigten zur Gewährung einer Kraftfahrzeugsteuervergünstigung nach § 3a KraftStG außer Acht zu lassen. Während des Zeitraums vom 14.05.2020 bis 31.01.2022 sei auf den Kläger selbst kein Kfz steuervergünstigt zugelassen.
42
Die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer bzw. das Verhalten des Beklagten verstoße gegen den allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben.
43
Der Kläger begehrt sinngemäß, den Kfz-Steuerbescheid vom 05.08.2022 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 26.10.2022 und der Einspruchsentscheidung vom 25.01.2023 dahingehend zu ändern, dass für die Zeit von 15.05.2020 bis 31.01.2022 die Befreiung von der Kfz-Steuer nach § 3a Abs. 1 KraftStG gewährt wird.
44
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
45
Der Beklagte verweist auf die Einspruchsentscheidung und trägt weiter vor, nach den verkehrsrechtlichen Vorschriften sei ein Fahrzeug für eine natürliche Person zum Verkehr zugelassen, wenn ihr von der Zulassungsbehörde ein Kennzeichen für das Fahrzeug zugeteilt oder ausgegeben worden sei und ihre Personendaten in den Fahrzeugregistern der Zulassungsbehörden als „Halterdaten“ zum jeweiligen Fahrzeug erfasst seien (§§ 1, 33 Straßenverkehrsgesetz (StVG)). Diese Person sei dann auch in den Fahrzeugpapieren als Inhaber der Zulassungsbescheinigung ausgewiesen. Versterbe der Zulassungsinhaber, sei der Erbe nach § 13 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) verpflichtet, Änderungen der Halterdaten unverzüglich an die Kfz-Zulassungsbehörde zu melden. Erst mit dieser Ummeldung des Fahrzeugs auf den Erben sei das Fahrzeug auch für diesen zum Verkehr zugelassen. Durch diese Regelung sei eine analoge Anwendung der Vorschriften obsolet.
46
Vorliegend sei das Fahrzeug nach den verkehrsrechtlichen Vorschriften auch über den Tod von V. hinaus während der Dauer der Steuerpflicht vom 11.04.2019 bis zum 31.01.2022 (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG) für V. und nicht für den Kläger zum Verkehr zugelassen gewesen. Eine Ummeldung des Fahrzeugs auf den Kläger sei nie erfolgt.
47
Dass der Kläger gemäß § 45 AO als Gesamtrechtsnachfolger des Verstorbenen für die ausstehende Kraftfahrzeugsteuer als Schuldner der Kraftfahrzeugsteuer in Anspruch genommen worden sei, habe nicht automatisch das Recht des Klägers auf eine Steuervergünstigung nach § 3a KraftStG zur Folge. Mit dem Tod des V., für den das Fahrzeug vom 11.04.2019 bis zum 01.02.2022 zum Verkehr zugelassen gewesen sei und der in der Folge Schuldner der Kraftfahrzeugsteuer nach § 7 Nr. 1 KraftStG sei, seien seine Schulden aus dem Steuerschuldverhältnis im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 BGB, § 45 AO auf den Kläger als Erben übergegangen.
48
Diese Steuerbefreiung nach § 3a Abs. 1 KraftStG könne einer schwerbehinderten Person nur gewährt werden, wenn sie selbst alle Voraussetzungen erfülle, die der Gesetzgeber in § 3a KraftStG vorgesehen habe. Voraussetzung sei u.a., dass das Fahrzeug im Besteuerungszeitraum für die schwerbehinderte Person zugelassen ist bzw. war und sie im gleichen Besteuerungszeitraum noch für kein anderes Fahrzeug die Steuervergünstigung in Anspruch nehme. Zudem müsse das Fahrzeug auch nur im Zusammenhang mit der Fortbewegung oder der Haushaltsführung des schwerbehinderten Menschen benutzt werden. Vorliegend mangelt es an der Zulassung für die schwerbehinderte Person – den Kläger –, auch wenn dieser seine Schwerbehinderung nachgewiesen habe.
49
Ein Verstoß gegen Treu und Glauben liege nicht vor. Der Beklagte habe weder dem ursprünglichen Bewilligungsinhaber, V., noch dem Kläger gegenüber einen Vertrauenstatbestand geschaffen.
50
Es fehle bereits an einem nachhaltigen Verhalten, das einen Vertrauenstatbestand geschaffen haben könnte. Die Steuer sei durch den Beklagten einmalig mit Bescheid vom 29.05.2019, für die Zeit ab 17.05.2019 auf jährlich 0 € festgesetzt worden, nachdem der Halter und damalige Antragsteller, V., die Voraussetzungen für die begehrte Steuerbefreiung nach § 3a Abs. 1 (KraftStG) erfüllt hätte. Die unbefristete Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer sei in § 12 Abs. 1 KraftStG ausdrücklich vorgesehen.
51
Das Fahrzeug habe mit dem Tod des V. ab dem 15.05.2020 nicht mehr zu den begünstigten Zwecken, nämlich der Verwendung des Fahrzeugs zu dessen Fortbewegung oder Haushaltsführung, verwendet werden können, so dass die Voraussetzungen für die gewährte Steuerbefreiung ab diesem Zeitpunkt nicht mehr vorgelegen hätten. Sobald der Beklagte Kenntnis vom Tod erlangt hätte, habe er mit dem angefochtenen Bescheid rückwirkend die Steuerfestsetzung nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG geändert. Da die Kenntniserlangung erst mehrere Monate nach der Abmeldung des Fahrzeugs erfolgt sei, sei dem Beklagten eine frühere Neufestsetzung nicht möglich gewesen. Auch habe der Kläger nicht darauf vertrauen können, dass die V. gewährte Steuerbefreiung auch über dessen Tod hinaus noch gewährt werden konnte.
52
Ebenso habe der Kläger nicht darauf vertrauen können, dass der Beklagte ihm aufgrund der eigenen Schwerbehinderung die Steuervergünstigung nach § 3a KraftStG für das bis zur Abmeldung am 01.02.2022 für den Verstorbenen zum Verkehr zugelassene Fahrzeug gewähren würde, ohne dass dieses für den Kläger zum Verkehr zugelassen ist.
53
Es liege auch keine ausdrückliche Willenserklärung des Beklagten vor, die ein berechtigtes Vertrauen auf ein gleichbleibendes Verhalten begründe. Der Beklagte habe auch Monate nach der Abmeldung des Fahrzeugs zunächst keine Kenntnis über den Tod des V. gehabt. Hätte der Kläger dies dem Beklagten frühzeitig mitgeteilt und sich mit der Frage, ob das geerbte Fahrzeug aufgrund seiner eigenen Schwerbehinderung steuerbefreit bleiben könnte, an den Beklagten gewendet, hätte ihm der Beklagte die Rechtslage dargelegt und ihn auf das Erfordernis der Ummeldung auf seinen eigenen Namen hingewiesen. Der Kläger habe dies jedoch unterlassen.
54
Das Verhalten des Beklagten sei nicht ursächlich für Maßnahmen, Handlungen oder Dispositionen des Klägers.
55
Der Rechtstreit wurde durch Beschluss vom 01.08.2023 auf die Einzelrichterin übertragen.

Entscheidungsgründe

56
Die Klage ist begründet.
57
Der KFZ-Steuerbescheid vom 26.10.2022 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.01.2023 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Kfz-Steuerfestsetzung ist dahingehend zu ändern, dass die Kfz-Steuer unter Gewährung einer Befreiung nach § 3a Abs. 1 KraftStG für die Zeit von 15.05.2020 bis 31.01.2022 in Höhe von 0 € festgesetzt wird (vgl. § 100 Abs. 1 und 2 FGO).
58
Gegenstand des Verfahrens ist der Kfz-Steuerbescheid vom 05.08.2022 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 26.10.2022 und der Einspruchsentscheidung vom 25.01.2023, nicht aber gegenüber V. ergangene Bescheide und etwaige Bescheide gegenüber dem Kläger in Bezug auf begehrte Billigkeitsmaßnahmen.
59
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) unterliegt der Kraftfahrzeugsteuer das Halten von inländischen Fahrzeugen zum Verkehr auf öffentlichen Straßen.
60
Von der Steuer befreit ist das Halten von Kraftfahrzeugen, solange die Fahrzeuge für schwerbehinderte Personen zugelassen sind, die durch einen Ausweis im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder des Artikels 3 des Gesetzes über die unentgeltliche Beförderung Schwerbehinderter im öffentlichen Personenverkehr vom 9. Juli 1979 (BGBl. I S. 989) mit dem Merkzeichen „H“, „BI“ oder „aG“ nachweisen, dass sie hilflos, blind oder außergewöhnlich gehbehindert sind (§ 3a Abs. 1 KraftStG).
61
Die Steuervergünstigung der Absätze 1 und 2 steht den behinderten Personen nur für ein Fahrzeug und nur auf schriftlichen Antrag zu. Sie entfällt, wenn das Fahrzeug zur Beförderung von Gütern (ausgenommen Handgepäck), zur entgeltlichen Beförderung von Personen (ausgenommen die gelegentliche Mitbeförderung) oder durch andere Personen zu Fahrten benutzt wird, die nicht im Zusammenhang mit der Fortbewegung oder der Haushaltsführung der behinderten Personen stehen (§ 3a Abs. 3 Sätze 1 und 2 KraftStG).
62
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG dauert die Steuerpflicht bei einem inländischen Fahrzeug, vorbehaltlich des Absatzes 2, solange das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist, mindestens jedoch einen Monat.
63
Fallen bei einem Fahrzeug die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung weg, so beginnt die Steuerpflicht mit dem Wegfall dieser Voraussetzungen (§ 5 Abs. 2 Satz 1 KraftStG).
64
Steuerschuldner ist bei einem inländischen Fahrzeug die Person, für die das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist (§ 7 Nr. 1 KraftStG).
65
Bei Gesamtrechtsnachfolge gehen die Forderungen und Schulden aus dem Steuerschuldverhältnis auf den Rechtsnachfolger über (§ 45 Abs. 1 Satz 1 AO).
66
Der Kfz-Steuerbescheid zuletzt vom 26.10.2022 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.01.2023 ist rechtswidrig. Es ist über den Tod des V. hinaus von einer Zulassung des Fahrzeugs auf diesen, aber auch vom Fortbestand der Schwerbehinderteneigenschaft und folglich von einem KFZ-Steuerbefreiungstatbestand auszugehen.
67
Der Kläger ist Gesamtrechtsnachfolger des verstorbenen V.
68
Mit dem Tod einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben über (§ 1922 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 AO gehen bei der Gesamtrechtsnachfolge die Forderungen und Schulden aus dem Steuerschuldverhältnis auf den Rechtsnachfolger über. Nach ständiger Rechtsprechung tritt danach der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger in einem umfassenden Sinne sowohl in materieller als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht in die abgabenrechtliche Stellung des Erblassers ein (BFH-Urteil vom 10.02.2021 IV. R 38/19, BFH/NV. 2021, 1037, m.w.N.).
69
Der Bescheid vom 26.10.2022 und die Einspruchsentscheidung vom 25.01.2023 sind zutreffend adressiert.
70
Der Begriff des Haltens ist im KraftStG nicht definiert, so dass § 2 Abs. 2 KraftStG Anwendung findet. Hiernach richten sich die im KraftStG verwendeten Begriffe des Verkehrsrechts nach den geltenden verkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit das KraftStG nichts anderes bestimmt.
71
Nach § 1 Sätze 1 und 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG) müssen Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger, die auf öffentlichen Straßen in Betrieb gesetzt werden sollen, von der zuständigen Behörde (Zulassungsbehörde) zum Verkehr zugelassen sein. Die Zulassung erfolgt auf Antrag des Verfügungsberechtigten des Fahrzeugs bei Vorliegen einer Betriebserlaubnis, Einzelgenehmigung oder EG-Typgenehmigung durch Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens.
72
Die Zulassung erfolgt nach den Vorgaben der §§ 3, 6, 11 und 12 Fahrzeugzulassungsverordnung (FZV).
73
Aus verkehrsrechtlicher Sicht ist Fahrzeughalter diejenige Person, die als Halter in der Zulassungsbescheinigung Teil I (§ 11 FZV) und Teil II (§ 12 FZV) eingetragen ist (so auch Strodthoff, KraftStG Kommentar, § 1 Rz. 25).
74
Nach der Rechtsprechung des BFH wird ein Fahrzeug gehalten, wenn es nach der FZV. „zum Verkehr zugelassen“ worden ist (BFH-Urteile vom 18.04.2012 II R 32/10, BStBl II 2013, 516; vom 14.06.2018 III R 26/16, BFH/NV. 2018, 1203; BFH-Beschluss vom 20.04.2006 VII B 332/05, BFH/NV. 2006, 1519).
75
Hiernach ist Halter des Fahrzeugs V., da auf diesen das Fahrzeug zugelassen ist.
76
Hiervon zu unterscheiden ist die Begriffsbestimmung des Halters im Zusammenhang mit § 7 StVG. Dieser regelt die Haftung des Halters (vgl. die Formulierung des § 7 Abs. 1 StVG: Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen; zur Haftung des Halters bei der Benutzung eines Fahrzeugs durch Dritte vgl. § 7 Abs. 3 StVG).
77
Halter ist hiernach, wer ein solches Fahrzeug (Kraftfahrzeug oder Anhänger) für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die tatsächliche Verfügungsgewalt besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt. Wer danach tatsächlich und wirtschaftlich der eigentlich Verantwortliche für den Einsatz des Kraftfahrzeugs oder Anhängers im Verkehr ist, schafft die von diesem Fahrzeug ausgehenden Gefahren, für die der Halter nach den strengen Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes einstehen soll.
78
Die Haltereigenschaft setzt danach zum einen die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Fahrzeug voraus; die betreffende Person muss also über den Einsatz des Fahrzeugs, mithin über Anlass, Zeit und Zeitpunkt der Fahrten, selbst bestimmen können. Dabei begründet eine nur ganz vorübergehende Fahrzeugnutzung ebenso wenig die Haltereigenschaft, wie (regelmäßig) die lediglich vorübergehende Überlassung eines Fahrzeugs an Dritte die Haltereigenschaft beendet. Der Verlust der Halterstellung tritt allerdings dann ein, wenn die tatsächliche Möglichkeit, den Einsatz des Kraftfahrzeugs zu bestimmen, auf eine nicht nur vorübergehende Zeit entzogen wird (vgl. Laws/Lohmeyer/Vinke in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 7 StVG (Stand: 05.05.2023), Rn. 247 und 248).
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Diesen Halterbegriff hat auch der Kläger bei seiner Argumentation vor Augen.
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Dabei verkennt er jedoch die unterschiedlichen Zielrichtungen der Halterbegriffe. Während der Halterbegriff nach § 7 StVG haftungsrechtliche Gesichtspunkte betrifft und auf tatsächliche Verhältnisse, wie die tatsächliche Verfügungsgewalt abstellt, ist der verkehrsrechtliche Halterbegriff formalisiert und stellt auf denjenigen ab, auf den das Fahrzeug zugelassen ist.
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Das Gericht stimmt den Ausführungen des Beklagten in der Einspruchsentscheidung insofern zu.
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Im Zusammenhang mit der Bestimmung des Steuerschuldners nach § 7 Nr. 1 KraftStG geht die Rechtsprechung (vgl. BFH-Beschluss vom 25.11.2009 II B 105/09, Rz. 7) davon aus, dass sich bereits aus dem Wortlaut der Norm eindeutig ergibt, dass es für die Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung alleine auf diejenige Person ankommt, auf die das betroffene Fahrzeug zugelassen ist. Dabei ist unbeachtlich, ob die Zulassung des Fahrzeugs auf den Namen des Klägers zu Recht oder etwa deshalb zu Unrecht erfolgt ist, weil Eigentümerin des Fahrzeugs seine Ehefrau war. Der steuerrechtliche Tatbestand des Haltens eines Kfz i.S. des § 1 Abs. 1 i.V. m. § 7 Nr. 1 KraftStG ist bereits mit der Zulassung des Kfz erfüllt. Die straßenverkehrsrechtliche Zulassung ist deshalb hinsichtlich der Entscheidung der Kraftfahrzeugzulassungsstelle, ein bestimmtes Fahrzeug für eine bestimmte Person zum Verkehr zuzulassen, Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 Satz 1 der AO, an den sowohl das FA – inzwischen das HZA – als auch die Gerichte gebunden sind.
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Ein Einrücken des Klägers in die Halterstellung seines Rechtsvorgängers scheidet schon aus diesem Grund aus.
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Das Gericht geht daher davon aus, dass V. Halter des Fahrzeugs ist; der steuerrechtliche Tatbestand des Haltens eines Fahrzeugs ist mit der Zulassung zum Verkehr auf öffentlichen Straßen (§§ 3, 6 FZV) erfüllt.
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Auch in diesem Punkt stimmt das Gericht den Ausführungen des Beklagten in der Einspruchsentscheidung zu.
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Diese Zulassung endet nicht automatisch durch den Tod des V. Vielmehr wirkt der Grundlagenbescheid der Zulassungsstelle, die straßenverkehrsrechtliche Zulassung, – anderes ist nicht ersichtlich – postmortal fort bis zur Abmeldung des Fahrzeugs am 01.02.2022 Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 FZV sind Änderungen von Fahrzeug- oder Halterdaten der Zulassungsbehörde zum Zwecke der Änderung der Fahrzeugregister und der Zulassungsbescheinigung unter Vorlage der Zulassungsbescheinigung Teil I und Teil II unverzüglich mitzuteilen; dies betrifft nach Nr. 1 Änderungen von Angaben zum Halter.
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§ 13 Abs. 4 Satz 1, 1. HS FZV. regelt: Tritt ein Wechsel in der Person des Halters ein, hat der bisherige Halter oder Eigentümer dies unverzüglich der Zulassungsbehörde zum Zweck der Änderung der Fahrzeugregister mitzuteilen.
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Die Zuwiderhandlung ist nach § 48 Nr. 12 FZV, § 24 Abse. 1, 3 Nr. 5 StVG, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6a StVG eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis zu 2.000 € bewehrt ist.
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Der Kläger hat als Gesamtrechtsnachfolger des V. dieser Pflicht gegenüber der Zulassungsstelle zur unverzüglichen Mitteilung des Todes nicht entsprochen. Dies hat („nur“) die Erfüllung eines Bußgeldtatbestands zur Folge, wirkt sich aber nicht auf die Zulassung des Fahrzeugs auf V. aus.
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Das Fahrzeug ist auf eine schwerbehinderte Person zugelassen, die die weiteren Anforderungen des § 3a Abs. 1 KraftStG unstreitig erfüllt; der Schwerbehindertenausweis des V. weist nach den Akten des Beklagten das Merkzeichen aG auf.
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Die Steuerbefreiung nach § 3a Abs. 1 KraftStG steht dem Schwerbehinderten ebenso wie die Steuerermäßigung nach Abs. 2 ausdrücklich selber zu, d.h. das Fahrzeug muss von ihm gehalten, also auf seine Person nach § 3 FZV zugelassen sein (Zens in: Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuerrecht, 138. Lieferung, 6/2023, § 3a KraftStG, Rn. 13).
92
Nach § 152 Abse. 1 und 4 SGB IX stellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB sowie das Vorliegen weiterer gesundheitlicher Merkmale zum Zeitpunkt der Antragstellung oder auch zu einem früheren Zeitpunkt fest. Auf Antrag stellen sie über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den GdB sowie über weitere gesundheitliche Merkmale einen Ausweis aus, der dem Nachweis für die Inanspruchnahme von Leistungen und sonstigen Hilfen für schwerbehinderte Menschen dient (§ 152 Abs. 5 SGB IX).
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Bei dem Feststellungsbescheid nach § 152 Abs. 1 SGB IX handelt es sich hinsichtlich der darin getroffenen Feststellungen über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den GdB sowie über weitere gesundheitliche Merkmale um einen Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 AO, der (u.a.) für den Kraftfahrzeugsteuerbescheid hinsichtlich der darin getroffenen Feststellungen Bindungswirkung entfaltet (BFH-Urteil vom 10.02.2021 IV. R 38/19, BFH/NV. 2021, 1037).
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Im Streitfall ist das Fahrzeug für eine schwerbehinderte Person zugelassen, die den Nachweis der zur Steuerbefreiung führenden Schwerbehinderung durch Vorlage ihres Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen aG geführt hat. Die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft (§ 152 Abse. 1 und 4 SGB IX) ist Grundlagenbescheid. Eine Aufhebung des Grundlagenbescheides ist nicht bekannt. Auch eine „innere Befristung“ auf die Lebzeiten des Schwerbehinderten ist aus dem Sozialrecht nicht ersichtlich.
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Damit sind die Umstände der Schwerbehinderung bis auf weiteres, hier bis zum Ende der Zulassung, zu berücksichtigen.
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Der Umstand, dass der Schwerbehinderte verstorben ist, ändert nach Auffassung des Gerichts nichts an der Anwendung des § 3a Abs. 1 KraftStG: Das Fahrzeug ist nach wie vor auf einen Schwerbehinderten zugelassen; die beiden Grundlagenbescheide – Zulassung und Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – haben entsprechende Bindungswirkung.
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Zwar könnte der Grundlagenbescheid „Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft“ mit dem Tod des schwerbehinderten Menschen nach § 2 SGB IX materiell rechtswidrig werden, jedoch macht dies den Bescheid nicht nichtig; die formale Geltung ist bis zu einer eventuellen Aufhebung des Grundlagenbescheides zu beachten.
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Gründe für das Entfallen der Steuervergünstigung nach § 3a Abs. 3 Satz 2 KraftStG sind nicht erfüllt. Die Beweislast hierfür trägt die Behörde. Eine schädliche Verwendung hat der Beklagte jedoch weder vorgetragen noch nachgewiesen.
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Der Umstand des Todes der schwerbehinderten Person und damit (grundsätzlich) der Wegfall ihrer Fortbewegung und ihrer Haushaltsführung führen nicht zur schädlichen Verwendung. Der Wortlaut des § 3a Abs. 3 Satz 2 KraftStG stellt ausdrücklich auf schädliche Benutzung ab.
100
Das Gericht sieht sich auch mit folgender Überlegung bestätigt: Die Zulassung eines Fahrzeugs auf den Halter gilt wegen ihrer Formalisierung postmortal weiter. Dann erscheint es folgerichtig, auch die Schwerbehinderteneigenschaft ebenso formal weiter zu betrachten und von deren Fortwirkung für den Zeitraum der weiteren postmortalen Zulassung auszugehen.
101
Die Voraussetzungen des § 3a Abs. 3 Satz 1 KraftStG sind unstreitig erfüllt.
102
Ein Anlass, die Steuer nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG aus materiellen Gründen neu festzusetzen, bestand daher nicht. Von einem Wegfall der Steuerbefreiung ist, wie dargestellt, nicht auszugehen.
103
Der Beklagte hatte lediglich einen die Gesamtrechtsnachfolge berücksichtigenden, zutreffend adressierten Bescheid zu erlassen.
104
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 135 Abs. 1, 143 Abs. 1 FGO.