Titel:
Einlassung des Angeklagten, Freiheitsstrafe, festgestellter Sachverhalt, Kostenentscheidung, Hauptverhandlung, Persönliche Verhältnisse, Beweiswürdigung, Geschädigten, Strafzumessung, Schuldangemessenheit, Bundeszentralregisterauszug, Besonderes öffentliches Interesse, Rechtliche Würdigung, Vorsätzliche Körperverletzung, Verbale Auseinandersetzung, Körperverletzungsdelikte, Kosten des Verfahrens, Geldstrafe, Strafrahmen, Vollstreckung
Normenkette:
StGB § 223 Abs. 1, § 230 Abs. 1
Schlagworte:
Körperverletzung, Beweiswürdigung, Zeugenaussagen, Strafzumessung, Bewährung, Provokation, Strafregisterauszug
Rechtsmittelinstanzen:
LG Augsburg, Urteil vom 24.05.2024 – 9 NBs 203 Js 122905/22
BayObLG, Beschluss vom 14.11.2024 – 206 StRR 388/24
Fundstelle:
BeckRS 2023, 53646
Tenor
1. Der Angeklagte ... ist schuldig der vorsätzlichen Körperverletzung.
2. Er wird zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt.
3. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt.
4. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Entscheidungsgründe
A. Persönliche Verhältnisse
I. Persönliche Lebensumstände
II. Eintragungen aus dem Bundeszentralregister
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Der Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 28.03.2023 enthält 4 Eintragungen:
B. Festgestellter Sachverhalt
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Am 26.05.2022 gegen 04:55 Uhr schlug der Angeklagte vor der Lokalität „K.“ in der ... mit der Faust in das Gesicht des Geschädigten S.
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Der Geschädigte erlitt hierdurch – wie von dem Angeklagten zumindest vorhergesehen und billigend in Kauf genommen – ein Hämatom über dem rechten Auge, sowie Einblutungen in die Lederhaut des Auges.
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Die Staatsanwaltschaft hat aufgrund der Anklageerhebung das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht.
C. Einlassung des Angeklagten
I. Zu den persönlichen Verhältnissen
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Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen auf seinen glaubhaften Angaben sowie auf dem in der Hauptverhandlung verlesenen Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 27.09.2019 (Az: 06 Ds 203 Js 128361/18) i.V.m. dem Urteil des Landgerichts Augsburg vom 02.08.2022 (Az: 09 Ns 203 Js 128361/18) und dem Bundeszentralregisterauszug vom 28.03.2023.
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Der Sachverhalt, welcher unter Ziffer B. festgestellt wurde, ergibt sich teilweise aus der Einlassung des Angeklagten – soweit diesen gefolgt werden konnte – sowie den glaubhaften Angaben der Zeugen G., N., A., H. und dem Zeugen S. 1.
1. Einlassung des Angeklagten
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Der Angeklagte hat sich dahingehend eingelassen, dass er den Geschädigten S. vor dem K. mit weiteren Personen getroffen habe, welche ihn angesprochen hätten. Es habe zunächst eine verbale Auseinandersetzung gegeben und es sei zu einer Rangelei mit den Personen um den Geschädigten gekommen. Nachdem sich diese Auseinandersetzung zunächst gelegt habe, sei er von den Personen beleidigt worden und es seien Affengeräusche gemacht worden. Er habe sich dadurch provoziert gefühlt und habe dem Geschädigten eine Ohrfeige verpasst.
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Soweit der Angeklagte sich dahingehend eingelassen hat, dass er dem Geschädigten eine Ohrfeige verpasste, ist diese Einlassung widerlegt durch die einvernommenen Zeugen.
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Die Zeugin G. schilderte in ihrer Einvernahme, dass sie mit dem Angeklagten, Frau N. und den Freunden des Angeklagten im K. gewesen sei. Auf dem Nachhauseweg sei der Angeklagte von dem Zeugen G. angesprochen worden. Zunächst sei die Unterhaltung normal verlaufen. Im Laufe des Gesprächs habe sodann der Zeuge G. gegenüber dem Angeklagten bemerkt, dass er ein schlechter Spieler sei und ihn provoziert. Bei dieser Auseinandersetzung seien die Personen auch aufeinander los gegangen. Sie habe dann versucht, dass der Angeklagte ins Taxi gehe. Er habe sich dann beim Taxi wieder umgedreht und sei nochmals auf die Gruppe zugegangen. Den Schlag selbst habe sie nicht gesehen. Sie könne nur sagen, dass der Geschädigte S. eigentlich mit der Sache nichts zu tun gehabt habe. Der Provokateur sei vielmehr Herr G. gewesen.
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Die Zeugin N. gab an, dass es vor dem K. zunächst zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen Herrn G. und dem Angeklagten gekommen sei, im Rahmen derer Herr G. den Angeklagten provoziert habe. Es sei dann zu einer Schlägerei gekommen. Als die Zeugin G., der Angeklagte und sie im Taxi gewesen seien, habe Herr G. etwas gerufen, was sie jedoch nicht verstanden habe. Daraufhin sei der Angeklagte wieder aus dem Taxi gestiegen und sei auf Herrn G. zugelaufen. Der Geschädigte S. sei allerdings im Weg gestanden und so habe er den Schlag abbekommen. Sie habe beobachten können, dass der Angeklagte mit der flachen Hand oder der Faust auf das Auge des Geschädigten geschlagen habe.
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Der Zeuge S. konnte ebenfalls bestätigen, dass es anfänglich zu einer Rangelei zwischen dem Angeklagten und seinem Freund, dem Zeugen G. und ihm gekommen sei. Verletzt worden sei jedoch dabei niemand. Der Angeklagte sei bereits mit seinen Freunden bei den Taxis gewesen. Wie genau er verletzt wurde, könne er nicht sagen. Der Angeklagte sei auf ihn losgegangen und dann wisse er, dass sein Auge verletzt gewesen sei und er geblutet habe. Er habe lediglich aus dem Augenwinkel gesehen, dass der Angeklagte auf ihn zugekommen sei. Er habe nicht gesehen, ob der Angeklagte mit seiner Hand oder seinem Fuß zugeschlagen habe. Aufgrund der Verletzungen habe er Kopfschmerzen gehabt, welche 2-3 Wochen angehalten hätten. Bleibende Beschwerden habe er nicht davongetragen.
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Der Zeuge A. gab an, dass es vor dem K. bereits zu einer verbalen Streitigkeit gekommen sei. Ob darüber hinaus es noch zu einer Schlägerei gekommen sei, wisse er nicht mehr. Als der Angeklagte sich zum Taxi begeben habe, habe einer der Jungs Affengeräusche gemacht und einen Affen gestikuliert. Der Angeklagte sei sodann aus dem Taxi gestiegen und auf die Gruppe zugelaufen. Er habe den Geschädigten mit der Faust auf das Auge geschlagen. Der Schlag sei sehr schnell gekommen. Er sei sich sicher, dass der Angeklagte nicht mit dem Fuß zugeschlagen habe. Er habe den Angeklagten festgehalten und ihn weggezogen, um ihn wieder in das Taxi zu bekommen.
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Der Zeuge H. bestätigte die Angaben des Zeugen A.. Dieser gab an, dass es zuvor bereits zu Provokationen von Seiten der Jungs gekommen sei. Der Angeklagte habe, als er bereits fast im Taxi gewesen sei, sich wieder zu den Jungs begeben und habe einem von ihnen mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Er meine, dass es die rechte Hand gewesen sei. Er habe noch gesehen, dass der Geschädigte verletzt worden sei. Er habe im Gesicht geblutet.
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Soweit die weiteren Zeugen G. und I. angaben, dass sie sicher seien, dass der Angeklagte dem Geschädigten S. mit dem Fuß gegen die Schläfe getreten habe, so bestehen erhebliche Zweifel daran, dass sich der Sachverhalt tatsächlich so zugetragen hat. Zugunsten des Angeklagten ist daher davon auszugehen, dass dieser mit der Faust in das Gesicht des Geschädigten S. geschlagen hat.
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Die in Augenschein genommenen Lichtbilder des Geschädigten sind mit einem Faustschlag in Einklang zu bringen. Die Tatsache, dass der Geschädigte S. nach einem Tritt mit dem Fuß gegen die Schläfe stehen blieb, ist schwer vorstellbar.
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Die Verletzungen des Zeugen S. werden bestätigt durch das in der Hauptverhandlung verlesene Attest des Universtitätsklinikums ... vom 26.05.2022.
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Aufgrund des festgestellten Sachverhalts war der Angeklagte wie aus dem Tenor ersichtlich zu verurteilen.
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Der Strafrahmen des § 223 Abs. 1 StGB sieht eine Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe vor.
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Zugunsten des Angeklagten war zu werten, dass der Geschädigte S. keine langwierigen Schädigungen davongetragen hat und der Angeklagte zumindest hinsichtlich einer begangenen Körperverletzungshandlung geständig war. Des Weiteren war zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass es zwischen den Beteiligten bereits anfänglich zu Provokationen gekommen ist.
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Zulasten des Angeklagten war jedoch zu werten, dass er schon mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und er den Angriff auf eine Person verübt hat, welche nicht der Hauptprovokateur war. Des Weiteren ist zu werten, dass der Angeklagte in aggressiver Vorgehensweise die Körperverletzungshandlung begangen hat.
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Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte hielt das Gericht für die unter Ziffer B. festgestellte Tat eine Freiheitsstrafe von 10 Monaten für tat- und schuldangemessen.
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Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe konnte vorliegend zur Bewährung ausgesetzt werden, § 56 Abs. 1 StGB.
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Es ist die erste gegen den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe. Es ist nunmehr auch in Anbetracht der Tatsache, dass er bereits wegen eines Körperverletzungsdelikts durch das Landgericht Augsburg am 02.08.2022 zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, zu erwarten, dass er sich die Verurteilung zur Warnung dienen lässt und künftig keine Straftaten mehr begehen wird.
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Die Kostenentscheidung erfolgt aus den §§ 464, 465 StPO.