Titel:
Unbegründeter Anspruch eines Arztes auf Überstundenvergütung
Normenketten:
BGB § 611a
TVG § 4a
TV-Ärzte/VKA § 9, § 14
Leitsätze:
Auf die Berufung der Beklagten wurde die Klage auf Überstundenvergütung und -zuschläge abgewiesen, weil der Kläger die Anordnung, Duldung oder Bewilligung behaupteter Überstunden nicht dargestellt hat. (Rn. 73)
1. In einem Überstundenprozess gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Danach hat der Arbeitnehmer, der die Bezahlung von Überstunden fordert, als Anspruchssteller die Darlegungs- und Beweislast für alle Tatsachen, aus denen sich der erhobene Anspruch auf die Überstundenvergütung ergeben soll. Danach genügt zunächst der Vortrag, wann der Arbeitnehmer an welchen Tagen von wann bis wann gearbeitet hat oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereit gehalten hat. (Rn. 79) (redaktioneller Leitsatz)
2. Einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jede (Mehr-)Leistung zu vergüten ist, existiert nicht. Entscheidet sich ein Arbeitnehmer aus freien Stücken ohne jede arbeitgeberseitige Veranlassung zu einer überobligatorischen Leistung, entspricht dies nicht dem vertraglich Vereinbarten und dem Konzept des Arbeitgebers, der den Betriebsablauf gestaltet, weshalb der Arbeitnehmer für eine solche Leistung keine zusätzliche Vergütung erwarten kann. (Rn. 83) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Überstundenvergütung, Darlegungs- und Beweislast, Überstundenzuschläge, Arzt, Arbeitsvertrag, Arbeitsumfang, Normalarbeitszeit, Rahmenzeit, Leistung, Marburger Bund, kommunalen Arbeitgeberverbände
Vorinstanz:
ArbG München, Endurteil vom 26.04.2023 – 38 Ca 3945/22
Fundstelle:
BeckRS 2023, 53531
Tenor
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 26.04.2023, Az.: 38 Ca 3945/22 wird abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
3. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um Überstundenvergütung und Überstundenzuschläge.
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Der Kläger war vom 01.08.1989 bis zum 28.02.2022 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Arzt gemäß dem Arbeitsvertrag vom 28.01.1998 (Bl. 9 ff d.A.) beschäftigt.
3
Kraft beiderseitiger Tarifbindung fand für die Parteien der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA) Anwendung. Die Beklagte, ist als Mitglied im Verband der Kommunalen Arbeitgeberverbände auch an den zwischen dem Verband der Kommunalen Arbeitgeber und der Gewerkschaft ver.di abgeschlossenen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD-K/VKA) gebunden. Inhaltlich überschneiden sich die Tarifverträge in Bezug auf die Berufsgruppe der Ärzte. Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände und der Marburger Bund schlossen eine Schuldrechtliche Vereinbarung zur Tarifsicherung (Bl. 287 ff d.A.) Die Vereinigungen der Kommunalen Arbeitgebervereinigungen und ver.di erklärten, dass sie keine Veranlassung sehen, von der geübten Praxis bezüglich der Tarifverhandlungen und der Tarifvertragsanwendung für Ärztinnen und Ärzte abzuweichen (Bl. 289 ff d.A.).
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Die monatliche Grundvergütung richtete sich nach der Entgeltgruppe II, Stufe 6.
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Im TV-Ärzte/VKA ist unter § 7 eine regelmäßige Arbeitszeit ausschließlich der Pausen von durchschnittlich 40 Stunden wöchentlich geregelt; aus dringenden betrieblichen/dienstlichen Gründen kann auf der Grundlage einer Betriebs-/Dienstvereinbarung im Rahmen des § 7 Abs. 1, 2 und des § 12 ArbZG von den Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes abgewichen werden.
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Gemäß § 9 Abs. 5 und 6 TVÄrzte/VKA gilt Folgendes:
„(5) Überstunden sind die auf Anordnung des Arbeitgebers geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit von vollbeschäftigten Ärztinnen und Ärzten (§ 7 Abs. 1 S. 1) für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen und nicht bis zum Ende der folgenden Kalenderwoche ausgeglichen werden.
(6) Abweichend von Abs. 5 sind nur die Arbeitsstunden Überstunden, die a) im Fall der Festlegung eines Arbeitszeitkorridors nach § 7 Abs. 7 über 45 Stunden oder über die vereinbarte Obergrenze hinaus,
b) im Fall der Einführung einer täglichen Rahmenzeit nach § 7 Abs. 8 außerhalb der Rahmenzeit,
c) im Falle von Wechselschicht oder Schichtarbeit über die im Schichtplan festgelegten täglichen Arbeitsstunden einschließlich der im Schichtplan vorgesehenen Arbeitsstunden, die bezogen auf die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Schichtplanturnus nicht ausgeglichen werden, angeordnet sind.“
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Gemäß § 11 Abs. 1a TV-Ärzte/ VKA gilt:
„Die Ärztin/Der Arzt erhält neben dem Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung Zeitzuschläge. Die Zeitzuschläge betragen – auch bei teilzeitbeschäftigten Ärztinnen und Ärzten – je Stunde für Überstunden 15 v.H. des auf eine Stunde entfallenden Anteils des Tabellenentgelts der Stufe 3 der jeweiligen Entgeltgruppe; bei Ärztinnen und Ärzten gemäß § 16 Buchst. c und d der höchsten tariflichen Stufe.“
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Die Protokollerklärung zu Absatz 1 Satz 1 lautet:
„Bei Überstunden richtet sich das Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung nach der individuellen Stufe der jeweiligen Entgeltgruppe, höchstens jedoch nach der Stufe 4.“
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In § 14 TV-Ärzte/VKA ist geregelt:
„Die Arbeitszeiten der Ärztinnen und Ärzte sind durch elektronische Verfahren oder auf andere Art mit gleicher Genauigkeit so zu erfassen, dass die gesamte Anwesenheit am Arbeitsplatz dokumentiert ist. Dabei gilt die gesamte Anwesenheit der Ärztinnen und Ärzte abzüglich der tatsächlich gewährten Pausen als Arbeitszeit. Eine abweichende Bewertung ist nur bei Nebentätigkeiten zulässig, die keine Dienstaufgaben sind, und bei privaten Tätigkeiten des Arztes/der Ärztin. Die Ärztin/der Arzt hat insbesondere zur Überprüfung der dokumentierten Anwesenheitszeiten nach Satz 1 ein persönliches Einsichtsrechts in die Arbeitszeitdokumentation. Die Einsicht ist unverzüglich zu gewähren.
1. Bei einer außerplanmäßigen Überschreitung der täglichen Höchstarbeitszeit von zehn Stunden haben die Ärztinnen und Ärzte dem Arbeitgeber auf dessen Verlangen den Grund der Überschreitung mitzuteilen.
2. Für die private Veranlassung gemäß Satz 3 trägt der Arbeitgeber nach den allgemeinen Regeln des Arbeitsrechts die Darlegungs- und Beweislast.“
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§ 14 TV-Ärzte/VKA gilt in dieser Fassung seit dem 01.07.2019. Vor dieser Zeit ab 01.05.2010 bis 30.06.2019 enthielt § 14 nur den heutigen Satz 1.
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Der TV-Ärzte/VKA enthält folgende Protokollerklärung zu Abschnitt II, zu welchem die §§ 7 bis 14 zählen:
„Bei In-Kraft-Treten dieses Tarifvertrages bestehende Gleitzeitregelungen bleiben unberührt.“.
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Dieser Text gilt zumindest seit 01.05.2010.
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Der TV-Ärzte/VKA enthält unter § 37 eine Ausschlussfrist, nach der Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen aus.
14
Im Betrieb der Parteien besteht eine Betriebsvereinbarung Zeitwirtschaft vom 01.06.2017 (Bl.152 ff d.A.), abgeschlossen zwischen der Beklagten und dem Gesamtbetriebsrat. Hierin ist unter anderem Folgendes für flexible Arbeitszeitmodelle geregelt:
(1) Die Arbeitszeit ist grundsätzlich durch den Zeitraum von 6:30 Uhr als frühester Beginn und 19:30 Uhr als spätestens Ende der Arbeitszeit begrenzt.
(2) Für Beschäftigte, die unter den Geltungsbereich des TV-Ärzte/VKA fallen, können abweichend von Abs. 1 Satz 1 bis zu 12-stündige tägliche Rahmenzeiten in der Zeit von 6:00 Uhr bis 20:00 Uhr festgelegt werden (s.a. TV-Ärzte/VKA § 7 Abs. 8 Satz 1)
(5) Alle innerhalb der nach Abs. 1 bis Abs. 2 festgelegten Grenzen erfassten Arbeitszeiten sind überstundenzuschlagsfrei. Die innerhalb der vorgenannten Zeit geleisteten zusätzliche Arbeitsstunden müssen längstens innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr ab ihrem Entstehen ausgeglichen werden.“
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Ab 2019 galt in der Abteilung des Klägers grundsätzlich eine Rahmenarbeitszeit von Montag bis Freitag von 8:00 Uhr bis 18:45 Uhr und am Samstag von 8:00 Uhr bis 13:00 Uhr, abweichend hiervon im August 2020 von Montag bis Freitag von 8:30 Uhr bis 17:00 Uhr.
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Der Kläger dokumentierte seine Anwesenheitszeiten elektronisch (Bl. 11 ff d.A). Aus der vom Kläger vorgetragenen Anwesenheitsdokumentation für den Zeitraum 01.07.2019 bis 28.02.2022 (Bl. 3 ff d.A.) ergab sich, dass der Kläger zum Teil sowohl vor Beginn der Rahmenzeit als auch, dass er nach Ende der Rahmenzeit noch anwesend war.
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Anwesenheitszeiten innerhalb der Rahmenzeit wertete die Beklagte als Arbeitszeit, Zeiten außerhalb der Rahmenzeiten erfasste die Beklagte in der Dokumentation, wertete sie jedoch – es sei denn, der Kläger nahm eine nachträgliche Einzelfallmeldung auf Zeitkorrektur vor – nicht als Arbeitszeit.
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Mit Schreiben vom 27.12.2019 (Bl. 81f d.A.) stellte der Kläger den Antrag auf ordnungsgemäße Erfassung der Arbeitszeit gemäß § 14 Satz 2 TV- Ärzte/VKA und machte 8,98 Stunden als Arbeitszeit im Sinne von § 14 Satz 2 TVÄrzte/VKA für die Zeit ab 01. Januar 2019 geltend. Mit Schreiben vom 30.12.2019 (Bl. 83 d.A.) bestätigte die Beklagte, dass der Kläger mit seinem Schreiben zur Geltendmachung nicht gewerteter Zeiten die Ausschlussfrist gemäß § 37 Abs. 1 TV-Ärzte/VKA gewahrt habe. Mit Schreiben vom 19.10.2021 (Bl. 84 d.A.) wandte sich der Kläger erneut mit folgendem Inhalt an die Beklagte:
„Antrag auf ordnungsgemäße Erfassung der Arbeitszeit gemäß § 14 Satz 2 TV-Ärzte/VKA seit 01.01.2019 und auf Vergütung dieser Stunden in Freizeit oder Entgelt für insgesamt 42,78 Stunden.“
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Weiter verwies der Kläger auf sein Schreiben vom 27.12.2019.
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Mit seiner am 04.05.2022 beim Arbeitsgericht München eingegangenen Klage machte der Kläger für 40,61 Stunden Ansprüche auf Zahlung von Überstundenvergütung in Höhe von € 1. 717,43 brutto und Überstundenzuschlägen in Höhe von € 248,40 brutto geltend.
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Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
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Nach dem auf sein Arbeitsverhältnis anzuwendenden TV-Ärzte/VKA seien die dokumentierten Anwesenheitszeiten am Arbeitsplatz grundsätzlich als tarifvertragliche Arbeitszeit zu werten und die geltend gemachten Überstunden mit Zuschlägen zu vergüten.
23
Die Betriebsvereinbarung Zeitwirtschaft weiche in wesentlichen Punkten vom Tarifvertrag ab und sei damit wegen des Verstoßes gegen den Tarifvorrang unwirksam. Der Kläger verweist insoweit auf die Regelung in Ziffer 5.3 der BV „Zeitwirtschaft“. Wesentliche Inhalte zur Wertung der Arbeitszeit würden abweichend von § 14 Satz 2 TV-Ärzte/VKA geregelt, es bestehe jedoch bereits eine abschließende Regelung in § 14 Satz 2 TV-Ärzte/VKA.
24
Die Protokollerklärung zu Abschnitt II beinhalte keine Öffnungsklausel, die vorliegend eine Abweichung zulasse. Die Protokollerklärung sei unverändert seit dem ersten Tarifabschluss im Jahr 2006 im Tarifvertrag enthalten. Die Betriebsvereinbarung Zeitwirtschaft bestehe – unstreitig – erst seit dem 01.06.2017.
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Die Tarifregelung des § 14 S. 2 TV-Ärzte/VKA verstoße nicht gegen höherrangiges Recht und sei nicht unwirksam. Die Auslegung ergebe, dass es sich im Kern um eine Beweislastumkehr bezüglich der Wertung der Arbeitszeit handele. Dies ergebe sich bereits aus dem eindeutigen Wortlaut, aber auch der Sinn und Zweck bestätige dieses Auslegungsergebnis. Durch die elektronische oder anderweitig gleich genaue Dokumentation sollte gewährleistet werden, dass die gesamte Anwesenheitszeit manipulationsfrei erfasst werde und damit die händische Dokumentation, Begründung und Abzeichnung durch Vorgesetzte vermieden werden. Nach der Norm werde vermutet, dass Anwesenheitszeit als Arbeitszeit zu werten sei. Der Arbeitgeber könne diese Vermutung widerlegen.
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Die Norm verstoße weder gegen das Arbeitszeitrecht noch gegen die Arbeitszeitsouveränität des Arbeitgebers. Dieser könne sein Weisungsrecht weiterhin ausüben und Lage und Umfang der vergütungspflichtigen Arbeitszeit steuern.
27
Die Regelung in § 14 TV-Ärzte/VKA verstoße auch nicht gegen das Arbeitszeitgesetz, da keine davon abweichenden Regelungen getroffen würden.
28
Ein innerer Widerspruch zu den tariflichen Gleitzeitregelungen bestehe nicht, weil die Regelung in § 14 TV-Ärzte/VKA ausschließlich Aussagen zur dokumentierten Anwesenheitszeit treffe.
29
Das Entstehen von Überstunden setze nicht zwingend voraus, dass diese ausdrücklich angeordnet, verlangt oder gebilligt würden. Eine ausdrückliche Überstundenanordnung könne nicht erforderlich sein. In vielen Fällen dürfte eine konkludente Anordnung vorliegen, dadurch, dass eine Arbeitsmenge zugewiesen werde, die nur durch zusätzliche Arbeit nach Dienstplanende bewältigt werden könne.
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Der Kläger meint, dass er durch sein Geltendmachungsschreiben vom 27.12.2019 die Ausschlussfrist des Tarifvertrags gewahrt habe. Mit dem Schreiben habe er auch die Vergütung der genannten Stunden geltend gemacht.
31
Ergänzend wird hinsichtlich der Berechnung der Forderung auf die Ausführungen auf Seite 7 der Klage (Bl. 7 d. A.) sowie das erstinstanzliche Vorbringen des Klägers, hier im Einzelnen auf seine Schriftsätze vom 04.05.2022, (Bl. 1 ff. d. A.), vom 07.09.2022 (Bl. 128 ff d.A.) sowie vom 01.03.2023 (Bl. 180 ff. d. A.) nebst Anlagen Bezug genommen.
32
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Euro 1965,83 brutto nebst Zinsen Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
33
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
34
Die Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
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Dem Kläger stehe die geltend gemachte Überstundenvergütung nebst Zuschlägen nicht zu. Der TV-Ärzte/VKA enthalte in der Protokollerklärung zum Abschnitt II eine sogenannte Öffnungsklausel für vorrangige anderweitige Regelungen. Bei der Protokollerklärung handele es sich um eine eigenständige tarifliche Regelung und nicht nur um eine Auslegungshilfe.
36
Vorrangig finde die Betriebsvereinbarung „Zeitwirtschaft“ Anwendung, die auch nicht wegen des Tarifvorranges unwirksam sei, weil es sich um eine ergänzende Regelung i.S.d. § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG handele. Die Betriebsvereinbarung sehe in den Ziffern 5.3 und 8 ein in sich geschlossenes Regelwerk vor, das eine ergänzende Anwendung von § 14 TVÄrzte/VKA überflüssig mache. Durch die Betriebsvereinbarung Zeitwirtschaft werde das Direktionsrecht des Arbeitgebers umrissen. Arbeitszeit sei die Zeit, während der der Arbeitgeber die Arbeit annehme und der Arbeitnehmer vertragsgemäß anbieten könne.
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Die Tarifregelung des § 14 S. 2 und S. 3 TV-Ärzte/VKA verstoße gegen höherrangiges Recht und sei daher unwirksam. Nach dem Wortlaut der Norm „gilt die gesamte Anwesenheitszeit als Arbeitszeit“ handele es sich um die Anordnung einer Fiktion.
38
Die Auslegung des Tarifinhalts ergebe, entgegen der Auffassung des Klägers nicht lediglich eine bloße Darlegungs- und Beweislastregelung, sondern eine Fiktionswirkung hinsichtlich der Arbeitszeit. Nach dem Wortlaut der Regelung werde an die physische Anwesenheit der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz angeknüpft. Damit werde jede Anwesenheit als Arbeitszeit gewertet, unabhängig von der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit. Die Fiktionswirkung beziehe sich auf die Arbeitszeit im vergütungsrechtlichen, im arbeitsschutzrechtlichen sowie im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn. Die Regelung verstoße damit gegen das Arbeitszeitrecht.
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Durch die Fiktionswirkung werde gegen die Arbeitszeitsouveränität, welche der Beklagten aufgrund des Direktionsrechts zustehe, verstoßen. Der jeweilige Arbeitnehmer könne seine Arbeitszeit infolge der tariflichen Regelung vollkommen frei durch seine bloße Anwesenheit steuern, beispielsweise aufgrund einer zeitlich günstigen Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Mit § 106 GewO sei dies nicht vereinbar.
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Weiter sei eine Überschreitung der gesetzlich vorgegebenen Höchstarbeitszeit durch die Regelung möglich. Nach Rechtsprechung und Literatur hätten jedoch die Tarifvertragsparteien sicherzustellen, dass die gesetzlich zulässigen werktäglichen Höchstarbeitszeiten auf einen Durchschnittswert von acht Stunden pro Werktag bzw. 48 Stunden pro Woche zurückgeführt werden können. Dies sei im Fall von § 14 TVÄrzte/VKA nicht möglich. Es liege mithin ein Verstoß gegen § 3 ArbZG vor, die tarifliche Regelung des § 14 S. 2 TV-Ärzte/VKA sei daher nichtig. Da § 14 S. 3 TV-Ärzte/VKA mit der Regelung in § 14 S. 2 in Sachzusammenhang stehe, sei auch § 14 S. 3 TVÄrzte/VKA unwirksam.
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Zudem sei der Tarifvertrag hinsichtlich der tarifvertraglichen Öffnung für Gleitzeitregelungen widersprüchlich und unklar und daher unwirksam, weil die Protokollerklärung unter Abschnitt II anderweitige Gleitzeitregelungen erlaube, diese dann aber durch die Regelung in § 14 TV-Ärzte/VKA unterlaufen werde.
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Die Fiktionswirkung werde durch die Regelung in § 14 Satz 3 TV-Ärzte/VKA bestätigt, weil dort eine Darlegungs- und Beweislastregelung zu Lasten des Arbeitgebers enthalten sei.
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Eine Überstunde entstehe nach den tarifvertraglichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 5 TVÄrzte/VKA. Alleine die Anwesenheit über die aktuelle dienstplanmäßige Arbeitszeit hinaus, bedeute nicht, dass dies auf Anordnung des Arbeitgebers geschehe. Es bedürfe weiterhin eine Weisung des Arbeitgebers, diese Arbeitszeit zu leisten bzw. Umstände, die diese Weisung ersetzen oder obsolet machen, etwa dann, wenn die Überstunden notwendig waren. § 14TV-Ärzte/VKA treffe jedoch keine Regelung dahingehend, dass auch diese Anordnung fingiert werde. Zu diesen Voraussetzungen des § 9 Abs. 5 TVÄrzte/VKA habe der Kläger nichts dargetan. Zu Recht habe die Beklagte angewiesen, dass nach Dienstplanende und außerhalb der Rahmenzeit keine Arbeit mehr zu leisten sei.
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Ein vermeintlicher Anspruch auf Überstundenvergütung sei gemäß Ziffer 5.3 Abs. 5 der BV Zeitwirtschaft i.V.m. § 37 Abs. 1 TV Ärzte/VKA ausgeschlossen. Mit den Schreiben vom 27.12.2019 und 19.10.2021 habe der Kläger die tarifliche Ausschlussfrist für die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche nicht gewahrt. Zum Zeitpunkt der Geltendmachung in 2019 sei noch Freizeitausgleich möglich gewesen. In dem Schreiben von 2021 fehle gleichfalls die ausdrückliche Geltendmachung von Überstundenvergütung, denn er habe nicht die finanzielle Abgeltung der Überstunden, sondern nur die ordnungsgemäße Erfassung der Arbeitszeit verlangt. In jedem Fall sei aber der Anspruch auf Zahlung von Überstundenzuschlägen verfallen.
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Zum erstinstanzlichen Vorbringen der Beklagten wird im Einzelnen auf die Schriftsätze der Beklagten vom 25.07.2022 (Bl. 113 ff. d. A.), vom 10.10.2022 (Bl. 144 ff. d. A.) und vom 03.03.2023 (Bl. 185 ff. d. A.) nebst den jeweiligen Anlagen Bezug genommen.
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Das Arbeitsgericht München hat der Klage mit Endurteil vom 25.04.2023 im Wesentlichen stattgegeben und zur Begründung seiner Entscheidung Folgendes ausgeführt:
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Der Kläger habe einen Anspruch gegen die Beklagte gemäß § 611a Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem TV-Ärzte/VKA auf Zahlung von Überstundenvergütung. Im Überstundenprozess liege grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast beim Arbeitnehmer; er müsse die einzelnen Überstunden im Bestreitensfall mit Datum und Uhrzeit darlegen und beweisen. Weiter müsse er darlegen und beweisen, dass Überstunden angeordnet, geduldet oder gebilligt oder zur Erbringung der vertragsgemäßen Arbeit erforderlich waren. Die Beklagte habe die vom Kläger dargelegten Überstunden in Form der elektronisch erfassten Anwesenheitszeiten nicht bestritten. Der Kläger habe zwar im Einzelnen nicht dargelegt, dass die einzelnen Überstunden angeordnet, geduldet, gebilligt oder aber erforderlich gewesen wären. Gemäß § 14 TV-Ärzte/VKA würden jedoch die Anwesenheitszeiten als Arbeitszeiten gelten. Es handele sich hierbei um eine Darlegungs- und Beweislastumkehr für die Überstundenvergütung. Entgegen der Auffassung der Beklagten stelle die Protokollerklärung zu Abschnitt II keine Öffnungsklausel im Sinne des § 4 Abs. 3 TVG dar, da es zum Zeitpunkt der Protokollerklärung die Betriebsvereinbarung „Zeitwirtschaft“ noch nicht gegeben habe. § 14 TV-Ärzte VKA verstoße nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen das Arbeitszeitgesetz. Nach § 7 ArbZG seien tarifliche Abweichungen von den Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes möglich. Die Regelung schränke zwar das Direktionsrecht des Arbeitgebers gemäß § 106 GewO ein, untersage jedoch das Direktionsrecht nicht grundsätzlich. Es hätte der Beklagten oblegen, darzustellen, dass die Anwesenheitszeiten des Klägers nicht dienstlich, sondern privat veranlasst waren oder auf Nebentätigkeit beruhten; ein entsprechender Vortrag sei nicht erfolgt. Hinsichtlich der klageweise geltend gemachten Überstundenvergütung sei die tarifliche Ausschlussfrist mit dem Geltendmachungsschreiben vom 27.12.2019 eingehalten. Nicht erforderlich sei gewesen, dass der Kläger ausdrücklich die finanzielle Abgeltung der nicht berücksichtigten Überstunden verlangt habe. Der Tarifvertrag regle ausdrücklich, dass wegen desselben Sachverhaltes die einmalige Geltendmachung auch für später fällig werdende Leistungen ausreiche. Die Beklagte habe klar erkennen können, dass der Kläger die Nichtberücksichtigung der Anwesenheitszeiten nicht akzeptieren werde. Eine Angabe der konkreten Überstundenhöhe sei nicht erforderlich gewesen. Der Kläger habe jedoch keinen Anspruch auf Zahlung der eingeklagten Überstundenzuschläge, dieser Anspruch sei aufgrund der Nichteinhaltung der Ausschlussfrist verfallen. Zwar habe sich aus dem Geltendmachungsschreiben erschlossen, dass der Kläger für die nicht berücksichtigten Anwesenheitszeiten Vergütung verlange. Nicht zwingend herauszulesen sei jedoch, dass dafür auch Überstundenzuschläge begehrt werden.
48
Hinsichtlich der Entscheidung des Arbeitsgerichts wird auf Seiten 8 bis 11 (Bl. 208 bis 211 d. A.) des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
49
Gegen dieses der Beklagten am 06.06.2023 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 09.06.2023, beim Landesarbeitsgericht München eingegangen am 14.06.2023, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 06.09.2023, beim Landesarbeitsgericht München am selben Tag eingegangen, innerhalb der bis 06.09.2023 verlängerten Frist begründet. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 09.11.2023, beim Landesarbeitsgericht München eingegangen am selben Tag, in der bis 10.11.2023 verlängerten Berufungsbeantwortungsfrist auf die Berufung erwidert und Anschlussberufung eingelegt.
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Zur Begründung der Berufung trägt die Beklagte im Wesentlichen Folgendes vor:
51
Das Arbeitsgericht habe die Regelung in § 14 TV-Ärzte/VKA fehlerhaft angewendet, da die Auslegung des Tarifinhaltes ihre Grenze im Wortlaut finde und damit keine Regelung zur Darlegungs- und Beweislast darstelle, sondern eine Fiktionswirkung hinsichtlich der Arbeitszeit enthalte. Dies werde unter Heranziehung von § 14 S. 3 TV-Ärzte/VKA bestätigt. Eine Regelung zur Beweislastumkehr hätten die Tarifvertragsparteien hinsichtlich der Ableistung von Überstunden nicht getroffen, dies ergebe sich aus der Regelung in § 9 Abs. 5 TV-Ärzte/VKA. Die Voraussetzungen nach § 9 Abs. 5 TV-Ärzte/VKA lägen jedoch nicht vor.
52
Zutreffend werde vom Erstgericht darauf hingewiesen, dass der Kläger keinen Sachvortrag zur Anordnung von Überstunden durch den Arbeitgeber geleistet habe. Vortrag zur ausdrücklichen oder konkludenten Billigung durch die Beklagte habe der Kläger nicht gehalten. Dass Anwesenheitszeiten nach § 14 Abs. 1 TV-Ärzte/VKA auch angewiesene Überstunden seien, regele § 14 Abs. 1 TV-Ärzte/VKA gerade nicht. Ein Anspruch auf Überstundenvergütung werde hierdurch nicht vermittelt.
53
Die Regelungen in Nr. 5.3 oder 6.2 der Betriebsvereinbarung Zeitwirtschaft dienten dazu, die tägliche Arbeitszeit von 40 Stunden im Jahr einzuhalten. Wären diese Regelungen wegen § 14 TV-Ärzte/VKA unwirksam, hätte die Beklagte keine Möglichkeit mehr, für die Einhaltung der Tarifregelung zu sorgen. Die Betriebsvereinbarung stelle die Weisungslage dar, wie sie sich aus der Mitbestimmung ergebe. Diese würde obsolet, wenn jegliche Anwesenheitszeit als Arbeitszeit im Sinne des § 14 TV-Ärzte/VKA gelten würde. Der Arbeitnehmer könnte der Beklagten auf Grundlage der tariflichen Regelung einseitig Arbeitszeit aufdrängen, diese Arbeitszeit müsste noch nicht einmal arbeitsvertraglich relevante Tätigkeiten beinhalten.
54
Gölte die Anwesenheitszeit als Arbeitszeit, könnten einige der tarifvertraglichen Regelungen, wie beispielsweise die §§ 7, 10 und 12 TV-Ärzte/VKA, nicht mehr angewandt werden. Die Regelung des § 14 TV-Ärzte/VKA verstoße unter anderem gegen die Regelungen in §§ 2, 3 Arbeitszeitgesetz. Eine Ausweitung der täglichen Höchstarbeitszeit sei nur unter bestimmten Voraussetzungen gem. §§ 7, 14 des Arbeitszeitgesetzes zulässig, eine solche Regelung hätten die Tarifpartner mit § 14 TV-Ärzte/VKA nicht getroffen.
55
Weiter meint die Beklagte, dass die Tarifvertragsparteien die Protokollnotiz nicht zeitlich beschränkt hätten; bestehende Betriebsvereinbarungen sollten nicht nachträglich unwirksam gemacht werden. Die Protokollnotiz beziehe sich auf den Abschnitt 2 und nicht auf den TV-Ärzte/VKA insgesamt.
56
Das Erstgericht habe die Frage, ob der TV-Ärzte/VKA überhaupt Anwendung finden könne, nicht beachtet. Im Unternehmen der Beklagten kämen zwei Tarifverträge zur Anwendung zum einen der TVöD-K/VKA und zum anderen der TV-Ärzte/VKA. Der TVöD-K enthalte keine dem § 14 TV-Ärzte/VKA vergleichbare Regelung. Ein derartiger Kollisionsfall sei nach § 4a TVG zu lösen. Die Wirkung trete ipso jure ein, der Durchführung eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens nach § 99 ArbGG bedürfe es nicht. Der Kläger habe keinen Vortrag dazu gehalten, dass es sich bei dem TVÄrzte/VKA um den Mehrheitstarifvertrag handele. Hiervon sei auch nicht auszugehen. Der Verweis des Klägers auf die schuldrechtliche Vereinbarung zur Tarifsicherung zwischen der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und dem Marburger Bund vom 22.Mai 2019 greife nicht, da die Gewerkschaft ver.di und die Beklagte nicht beteiligt worden seien.
57
Zur Berufungsbegründung der Beklagten und ihrer Erwiderung auf die Anschlussberufung des Klägers im Einzelnen wird auf die Schriftsätze vom 06.09.2023 (Bl. 242 ff d.A.) sowie vom 04.12.2023 (Bl. 296 ff d.A.), nebst Anlagen, Bezug genommen.
58
Die Beklagte beantragt,
- 1.
-
Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 26.4.2023, Az. 38 Ca 3945/22 wird abgeändert.
- 2.
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Klage wird abgewiesen.
- 1.
-
Die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
- 2.
-
Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 26.4.2023, Az. 38 Ca 3945/22 wird teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere Euro 248,40 brutto zu zahlen.
- 3.
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Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Anschlussberufung.
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Der Kläger führt hierzu aus, die Berufung der Beklagten sei bereits unzulässig, weil diese nicht ausreichend begründet sei. Darüber hinaus habe das Ausgangsgericht der Klage zu Recht stattgegeben.
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Dem Kläger stehe der Anspruch auf die geltend gemachte Überstundenvergütung zu. Dies ergebe sich aus der tariflichen Regelung des § 14 TV-Ärzte/VKA. Sie stelle im Kern eine Beweislastumkehr dar, wie das Erstgericht zu Recht ausgeführt habe. Die Auslegung der Beklagten dahingehend, dass es sich um eine gesetzliche Fiktion handele, hält der Kläger nicht für plausibel. Bei einer Fiktion würden kraft Anordnung tatsächliche oder rechtliche Umstände als gegeben behandelt, obwohl sie in Wirklichkeit nicht vorlägen. Dies sei nicht widerlegbar. Im Gegensatz dazu habe der Arbeitgeber gemäß § 14 S. 3 TV-Ärzte VKA sehr wohl die Möglichkeit, diese Vermutung zu widerlegen.
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Denklogisch schließe die Tarifregelung mit ein, dass ebenfalls vermutet werde, dass die Anwesenheitszeiten angeordnet, gebilligt oder geduldet würden. Für eine zusätzliche Anordnung von Überstunden bestehe kein Raum.
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Die Argumentation der Beklagten gehe ins Leere, da auch mit der Neufassung des § 14 TV-Ärzte/VKA die tariflichen Arbeitszeitregelungen durchführbar seien. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers bestehe weiterhin und werde nicht durch die Tarifnorm geregelt. Die tarifliche Regelung des § 14 S. 2, 3 TV-Ärzte/VKA wirke sich überhaupt erst nachgelagert aus. Durch die Dienstplangestaltung habe es der Arbeitgeber in der Hand, regelmäßige Arbeitszeit einzuhalten. Ein „Aufdrängen von Arbeit“ sei nicht möglich. Die Beklagte hätte anweisen können, dass der Kläger mit Ende der Rahmenarbeitszeit, seine Arbeit einzustellen und das Krankenhaus zu verlassen habe.
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Auch die Anwendbarkeit der weiteren Tarifregelungen sei im Hinblick auf § 14 TV-Ärzte/VKA ohne Weiteres möglich.
65
Das Ausgangsgericht stelle richtigerweise fest, dass die Regelung des § 14 TV-Ärzte/VKA für sich genommen keinen Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz darstelle. Im Rahmen der Tarifautonomie sei von den Tarifparteien geregelt worden, welche Anwesenheitszeiten als tarifvertragliche Arbeitszeit zu werten seien. Dies wirke sich bewusst auf die vergütungsrechtliche Arbeitszeit aus. Damit werde sichergestellt, dass Überstunden als solche vergütet würden. Von den Tarifvertragsparteien sei demgegenüber der arbeitsschutzrechtliche Arbeitszeitbegriff nach dem Arbeitszeitgesetz nicht geregelt worden. Der Arbeitszeitbegriff nach § 2 ArbZG sei nicht tarifdispositiv. Nicht nachvollziehbar sei die von der Beklagten dargestellte Disposition der Tarifvertragsparteien über den Arbeitszeitbegriff. Die Tarifvertragsparteien hätten keine unwirksame Regelung treffen wollen. An den Stellen des Tarifvertrages, in denen von dem Arbeitszeitgesetz abgewichen werden konnte, sei dies auch ausdrücklich benannt worden. Es sei kein Grund ersichtlich, weshalb die Tarifvertragsparteien die arbeitsschutzrechtliche Arbeitszeit hätten regeln wollen. Einzig in der Protokollerklärung werde auf das Arbeitszeitgesetz Bezug genommen. Die Tarifvertragsparteien hätten nur die tarifvertragliche Arbeitszeit regeln wollen, was unstreitig möglich sei. Vermeintliche, von der Beklagten aufgeworfene arbeitszeitrechtliche Probleme, bestünden, wenn überhaupt, unabhängig von der Regelung des § 14 TV-Ärzte/VKA.
66
Die Protokollerklärung zu Abschnitt II stelle keine Öffnungsklausel dar. Durch die Betriebsvereinbarung Zeitwirtschaft habe nicht von der tariflichen Regelung des § 14 TV-Ärzte/VKA abgewichen werden können. Die Protokollerklärung gelte für „bei Inkrafttreten des Tarifvertrages geltende Gleitzeitregelungen“. Da die BV Zeitwirtschaft erst 2017 verabredet worden sei, finde die Protokollerklärung vorliegend keine Anwendung. Hierfür spreche bereits der eindeutige Wortlaut.
67
Der Kläger meint weiterhin, dass der TV-Ärzte/VKA nicht durch den TVöD-K/VKA verdrängt werde. Es bestehe eine schuldrechtliche Vereinbarung zwischen den Tarifvertragsparteien, die eine Verdrängung ausschließe (schuldrechtliche Vereinbarung zur Tarifsicherung vom 22.05.2019, Bl. 287f d.A.) und die Einigung in der Tarifverhandlung für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen 2023 vom 22.04.2023, (Bl. 389 ff. d.A.), auf die ausdrücklich Bezug genommen wird. Bislang sei auch die Mehrheitsgewerkschaft nicht nach § 99 ArbGG festgestellt, so dass der Arbeitgeber gem. § 4a Abs. 2 S.1 TVG weiterhin an unterschiedliche Tarifverträge gebunden sei.
68
Das Ausgangsgericht habe zu Unrecht nur der Klage auf Überstundenvergütung in Höhe von Euro 1717,43 brutto stattgegeben. Der Kläger meint, ihm stünden auch die Überstundenzuschläge zu. Insoweit wird auf das Vorbringen im Schriftsatz vom 09.11.2023 (Bl. 283 ff d.A.) Bezug genommen.
69
Zur Berufungserwiderung des Klägers und zur Begründung der Anschlussberufung wird im Einzelnen auf den Schriftsatz vom 09.11.2023 nebst Anlagen (Bl. 273 ff. d. A.) Bezug genommen.
70
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.12.2023 (Bl. 315 ff. d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
71
Die statthafte Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg, die Anschlussberufung des Klägers war erfolglos.
72
Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach § 64 Abs. 1, 2b ArbGG statthaft sowie in rechter Form und Frist eingelegt und begründet worden (§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, § 519 Abs. 2 ZPO, § 520 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 66 Abs. 1 S. 1, 2, 5 ArbGG, § 222 ZPO). Die Anschlussberufung des Klägers ist gleichfalls zulässig, weil sie in rechter Form und Frist eingelegt und begründet wurde (§ 524 Abs. 2,3 ZPO).
73
Die Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg, dem Kläger steht kein Anspruch auf Zahlung von Überstundenvergütung in Höhe von € 1717,43 brutto für 40,61 Stunden gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte/VKA in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag § 611a BGB zu. Der Kläger ist seiner Darlegungslast nicht nachgekommen, dass die Leistung der Überstunden durch die Beklagte angeordnet war.
74
1. Auf das Vertragsverhältnis findet aufgrund beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern gemäß § 3 Abs. 1 TVG Anwendung. Der Kläger ist Mitglied des Marburger Bundes, Landesverband Bayern, die Beklagte ist Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes in Bayern. Der TV-Ärzte/VKA wird nicht gemäß § 4a Abs. 2 S. 2 TVG durch den Tarifvertrag TVöD-K/VKA verdrängt.
75
a) Die Beklagte ist aufgrund ihrer Mitgliedschaft im Verein der kommunalen Arbeitgeber auch an den Tarifvertrag TVöD-K/VKA gebunden, den der kommunale Arbeitgeberverband mit der Gewerkschaft ver.di abgeschlossen hat.
76
b) Der Geltungsbereich der beiden Tarifverträge, nämlich der TVöD-K/VKA und der TV-Ärzte/VKA überschneidet sich in Bezug auf die Berufsgruppe der Ärzte.
77
c) Eine inhaltliche Identität der beiden Tarifverträge ist nicht gegeben, da diese sich sowohl was die Eingruppierung, aber auch die Ausgestaltung der Regelung zur Arbeitszeit und den Bereitschaftsdiensten unterscheidet.
78
d) Die betroffenen Tarifvertragsparteien, der Marburger Bund und die Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände haben jedoch mit der schuldrechtlichen Vereinbarung zur Tarifsicherung verabredet, dass, unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BVerfG vom 11.07.2017, 1 BvR 1571/15, die Rechtsfolgen des § 4a TVG nicht eintreten sollen. Die erkennende Kammer schließt sich der Auffassung des BVerfG an, dass die Regelung in § 4a TVG dispositiv ist, da § 4a TVG nur subsidiär zur Anwendung gelangen soll, wenn keinen autonom vereinbarten Auflösungsmechanismen einer Tarifkollision der Vorrang gebührt. Vorliegend haben die Tarifvertragsparteien Regelungen für den Fall der Tarifkollision getroffen. Die Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände und der Marburger Bund haben sich darüber hinaus verpflichtet mit Wirkung ab 01.01.2019 bis 31.12.2025 keinen Antrag nach § 99 ArbGG zu stellen. Die Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände verpflichtete sich darüber hinaus mit sämtlichen Gewerkschaften, deren Tarifverträge sich mit den Tarifverträgen des Marburger Bundes im Sinn von § 4aTVG überschneiden eine gleichartige Vereinbarung zu treffen. Entsprechend legte der Kläger die Einigung in der Tarifverhandlung für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen mit der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände vor, wonach keine Veranlassung gesehen wird, von der geübten Praxis bezüglich der Tarifverhandlungen und der Tarifvertragsanwendung für die Ärzte abzuweichen.
79
2. Im Überstundenprozess gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Danach hat der Arbeitnehmer, der die Bezahlung von Überstunden fordert, als Anspruchssteller die Darlegungs- und Beweislast für alle Tatsachen, aus denen sich der erhobene Anspruch auf die Überstundenvergütung ergeben soll. Danach genügt zunächst der Vortrag, wann der Arbeitnehmer an welchen Tagen von wann bis wann gearbeitet hat oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereit gehalten hat (BAG vom 04.05.2022, 5 AZR 359/21, Rn. 15, zitiert nach Juris). Seiner Darlegungslast auf dieser ersten Stufe genügt der Arbeitnehmer auch, wenn er auf die vom Arbeitgeber aufgezeichneten Arbeitszeitnachweise Bezug nimmt (BAG vom 26.06.2019, 5 AZR 452/18). Darauf muss der Arbeitgeber im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast substantiiert erwidern und im Einzelnen vortragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat, und an welchen Tagen der Arbeitnehmer von wann bis wann diesen Weisungen -nicht – nachgekommen ist. Trägt er hierzu nicht vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gelten die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Arbeitsstunden gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (st. Rspr. des BAG, z.B. 26.06.2019, 5 AZR 452/18 Rn. 39, zitiert nach Juris). Der Arbeitnehmer muss ferner eindeutig vortragen, ob die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet oder zur Erledigung der ihm obliegenden Arbeit notwendig oder vom Arbeitgeber gebilligt oder geduldet worden sind (BAG vom 17.4.2002, 16.5.2012). Danach gilt vorliegend Folgendes:
80
3. Der Kläger hat schriftsätzlich vorgetragen an welchen Tagen und zu welchen Zeiten er in der Zeit vom 01.07.2019 bis 28.02.2022 in der Klinik anwesend war und welche Zeiten die Beklagte nicht als Arbeitszeit gewertet hat. Hierzu hat er seine elektronischen Zeitbuchungen vorgelegt. Die Beklagte hat zu diesem Vorbringen unbestritten ausgeführt, dass es sich hierbei um Zeiten handelt, die daraus resultieren, dass der Kläger ein paar Minuten vor Beginn der Rahmenzeit bereits ein- oder erst nach Ende der Rahmenzeit ausstempelte, ein konkretes Bestreiten erfolgte jedoch nicht.
81
4. Dem Vorbringen des Klägers ist jedoch nicht zu entnehmen, dass er die außerhalb der Rahmenzeit geleisteten Stunden auf Anordnung der Beklagten erbracht hat. Entsprechend der tarifvertraglichen Regelung in § 9 Abs. 6b) TV-Ärzte/VKA sind Überstunden nur diejenigen Stunden, die auf Anordnung des Arbeitgebers, im Fall der Einführung einer täglichen Rahmenzeit nach § 7 Abs. 8, außerhalb der Rahmenzeit angeordnet worden sind.
82
a) Die Beklagte hat mit dem Gesamtbetriebsrat in der Betriebsvereinbarung Zeitwirtschaft unter 5.3 Abs. 1 eine Rahmenarbeitszeit von 6.30 Uhr als frühester Beginn und 19.30 Uhr, als spätestes Ende, definiert. Nach dem Dienstplan F1 wurde die Rahmenarbeitszeit für diese Schicht von 8:00 Uhr bis 18.45 Uhr und für die Wochenend-Visitendienste von 8:00 Uhr bis 13:00 Uhr festgelegt. Der Kläger war, unbestritten, außerhalb der von der Beklagten vorgegebenen Rahmenzeiten anwesend. Die Regelung in der Betriebsvereinbarung Zeitwirtschaft zur Rahmenarbeitszeit ist aufgrund tarifvertraglicher Regelung (§ 7 Abs. 8 TV-Ärzte/VKA) zulässig.
83
b) Erbringt ein Arbeitnehmer Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang, ist der Arbeitgeber zu deren Vergütung nur verpflichtet, wenn er die Leistung von Überstunden veranlasst hat oder sie ihm zumindest zu zurechnen ist. Denn der Arbeitgeber muss sich Leistung und Vergütung von Überstunden nicht aufdrängen lassen, und der Arbeitnehmer kann nicht durch überobligatorische Mehrarbeit seinen Vergütungsanspruch selbst bestimmen (BAG vom 10.04. 2013, 5 AZR 122/12 Rn. 13 zitiert nach Juris). Es ist vielmehr grundsätzlich Sache des Arbeitgebers, im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und seines Direktionsrechts nach § 106 GewO dem Arbeitnehmer in qualitativer und quantitativer Hinsicht die zu erbringende Arbeitsleistung zuzuweisen. Der Arbeitnehmer kann sich nicht über die vertraglichen Vereinbarungen hinaus selbst Arbeit „geben“ und seinen Arbeitsumfang erhöhen. Für die arbeitgeberseitige Veranlassung und Zurechnung als – neben der Überstundenleistung – weitere Voraussetzung eines Anspruches auf Überstundenvergütung müssen Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeiten notwendig gewesen sein (st. Rspr. BAG vom 4.5.2022, 5 AZR 359/21 Rn. 18 zitiert nach Juris). Für diese Voraussetzung trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast. Einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jede (Mehr-)Leistung zu vergüten ist, gibt es nicht (vgl. zur Vergütung von Mehrarbeit BAG 15. November 2018 – 6 AZR 385/17 – Rn. 25; 23. September 2015 – 5 AZR 626/13 – Rn. 21). Entscheidet sich der Arbeitnehmer aus freien Stücken ohne jede arbeitgeberseitige Veranlassung zu einer überobligatorischen Leistung, entspricht dies nicht dem vertraglich Vereinbarten und dem Konzept des Arbeitgebers, der den Betriebsablauf gestaltet, weshalb der Arbeitnehmer für eine solche Leistung keine zusätzliche Vergütung erwarten kann (vgl. BAG 15. November 2018 – 6 AZR 385/17 – Rn. 34).
84
c) Mit dem BAG (BAG vom 04.05.2022, 5 AZR 359/21, Rn. 22) ist von dem Erfordernis der arbeitgeberseitigen Veranlassung und Zurechnung von Überstunden auch nicht wegen der Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union, zur Pflicht des Arbeitgebers zur Einrichtung eines Systems zur Erfassung der täglichen effektiven Arbeitszeit, abzurücken. Die Pflicht zur Messung der Arbeitszeit hat keine Auswirkung auf die Darlegungs- und Beweislast im Überstundenvergütungen.
85
d) Diese allgemeingültigen Grundsätze gelten auch für die tarifvertragliche Regelung in § 9 Abs. 6b TV-Ärzte/VKA, die die ausdrückliche Anordnung fordert.
86
aa) Der Kläger hat jedoch keinen Vortrag dahingehend gehalten, dass die Beklagte Arbeitsstunden außerhalb der Rahmenzeit ausdrücklich oder konkludent angeordnet hat. bb) Für eine ausdrückliche Anordnung von Überstunden hätte der Kläger vortragen müssen, wer wann auf welche Weise wie viele Überstunden angeordnet hat. Hierzu hat der Kläger nichts vorgetragen.
87
cc) Dem Vorbringen des Klägers ist auch nicht zu entnehmen, dass die Beklagte Arbeiten in einem Umfang zugewiesen hat, der unter Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit nur durch Leistung von Überstunden zu bewältigen gewesen wäre. Hierzu hätte der Kläger vorzutragen gehabt, dass ihm zur Erledigung der aufgetragenen Arbeiten der vorgegebene Zeitrahmen nicht ausreichte und er nur durch Leistung von Überstunden außerhalb der Rahmenzeit die aufgetragenen Arbeiten erledigen konnte. Hierzu fehlt jeglicher Tatsachenvortrag. Die bloße Anwesenheit des Klägers begründet keine Vermutung dafür, dass die Überstunden zur Erbringung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen wären (BAG vom 10.04.2013, 5 AZR 122/12, Rn. 17).
88
dd) Für den Kläger streitet auch nicht die Regelung in § 14 TV-Ärzte/VKA, wonach die gesamte Anwesenheit der Ärztinnen und Ärzte abzüglich der tatsächlich gewährten Pausen als Arbeitszeit gilt. Nach der Überschrift der Norm geht es um die Arbeitszeitdokumentation. Nach dem Regelungsinhalt gelten Anwesenheitszeiten als Arbeitszeiten, eine Regelung zur Vergütung enthält § 14 TV-Ärzte / VKA demgegenüber unstreitig nicht. Mit dieser Regelung wird nicht die in § 9 Abs. 5 und 6 TV-Ärzte/VKA vorgegebene Voraussetzung, dass nur die „auf Anordnung des Arbeitgebers geleisteten Arbeitsstunden“ als Überstunden zu behandeln sind, außer Kraft gesetzt. Die Tarifvertragsparteien haben für die Überstunden gerade nicht auf das Erfordernis der Anordnung verzichtet, sondern dieses auch nach Einführung der Regelung in § 14 TV-Ärzte/VKA aufrechterhalten. Es kann mithin offenbleiben, ob, wie der Kläger meint, es sich um eine Beweislastumkehr oder wie die Beklagte meint, eine Fiktion handelt.
89
ee) Auch liegt keine Billigung von Überstunden durch die Beklagte vor. Eine solche würde voraussetzen, dass der Arbeitgeber zu erkennen gibt, mit der schon erfolgten Leistung bestimmter Überstunden einverstanden zu sein. Hierzu fehlt gleichfalls jeglicher Vortrag. Unstreitig hat die Beklagte fünf nachträgliche Meldungen des Klägers auf Zeitkorrektur genehmigt und dem Kläger diese Zeiten gutgeschrieben. Eine darüber hinausgehende Billigung ist durch die Beklagte jedoch nicht erfolgt. Der Kläger hat keinen Vortrag dazu geleistet, aus dem geschlossen werden könnte, dass die Beklagte mit der Erbringung von Überstunden einverstanden ist.
90
ff) Dem Vorbringen des Klägers kann auch nicht entnommen werden, dass die Beklagte die Leistung von Überstunden geduldet hat. Hierzu muss der Arbeitnehmer darlegen, von welchen, wann geleisteten Überstunden, der Arbeitgeber auf welche Weise Kenntnis erlangt haben soll und dass es im Anschluss daran zu einer weiteren Überstundenleistung gekommen ist. Erst nach diesem Vortrag wäre es Sache der Beklagten gewesen, darzulegen, welche Maßnahmen sie zur Unterbindung der von ihr nicht gewollten Überstundenleistung ergriffen hat.
91
5. Mangels Anspruch des Klägers auf Zahlung von Überstundenvergütung steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Zahlung von Überstundenzuschlägen zu. Die Anschlussberufung war daher zurückzuweisen.
92
Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG, § 91 Abs. 1 ZPO.
93
1. Da dem Rechtsstreit über die Klärung der konkreten Rechtsbeziehung der Parteien hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, bestand für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.
94
2. Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht aufgrund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen nach § 72a ArbGG die Parteien hingewiesen werden, zulassen sollte.