Inhalt

LArbG München, Urteil v. 25.04.2023 – 7 Sa 604/22
Titel:

Übertragung des Wertguthabens, Ausscheiden des Arbeitnehmers, Beendigung des Arbeitsverhältnisses, Zeitwertkonto, Erwerbsminderungsrente, Entscheidungen des Arbeitsgerichtes, Wiedereinstellungsanspruch, Betriebsrente, sofortige Auszahlung, Auszahlung des Guthabens, Freistellung, Deutsche Rentenversicherung Bund, Revisionsbegründung, Aufhebungsvereinbarung, Volle Erwerbsminderung, Rente wegen Erwerbsminderung, Sozialversicherungsrechtliche, Zurückstellung, für ältere Arbeitnehmer, Des Arbeitnehmers

Schlagworte:
Berufung, Zulässigkeit, Begründetheit, Tarifvertrag, Zeitwertkonto, Auslegungsgrundsätze, Tarifautonomie
Vorinstanz:
ArbG München, Endurteil vom 26.10.2022 – 10 Ca 338/21
Rechtsmittelinstanz:
BAG Erfurt, Urteil vom 01.08.2024 – 6 AZR 191/23
Fundstelle:
BeckRS 2023, 53341

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 26.10.2022 – 10 Ca 338/21 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten noch darüber, ob die Beklagte die Auszahlung eines Zeitwertkontos an den Kläger zurückzustellen hat.
2
Der am 00.00.1966 geborene Kläger war bei der Beklagten seit dem 01.09.1982 zunächst als Auszubildender und im Anschluss daran auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 23.07.1984 als Angestellter mit einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt ca. € 1.980,00 beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat mit Ablauf des 31.03.2021 geendet. Auf das Arbeitsverhältnis fanden die Regelungen der Tarifverträge der B. AG Anwendung.
3
§ 34 des Manteltarifvertrages der B. AG (im Folgenden MTV-B. AG) lautet wie folgt
„Einem besonderen Kündigungsschutz unterliegt ein Arbeitnehmer, wenn er nach Vollendung des fünfzigsten Lebensjahres eine Postdienstzeit von 15 Jahren vollendet hat.“
4
§ 37 MTV der B. AG bestimmt Folgendes:
„Das Arbeitsverhältnis endet nach Zugang des Bescheides des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung zum Bezug einer Altersrente als Vollrente oder einer Rente wegen voller Erwerbsminderung oder des Bescheides des Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung zum Bezug einer Unfallvollrente mit Ablauf des Vormonats des ersten Rentenzahlmonats laut Rentenbescheid.
Erlischt bei dem Arbeitnehmer der Anspruch auf die Betriebsrente, weil die Voraussetzungen zum Bezug dieser Rente nicht mehr vorliegen, ist er auf seinen Antrag unverzüglich und nach Möglichkeit zu gleichwertigen Bedingungen wiedereinzustellen. War dieser Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits von dem besonderen Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer erfasst, ist er zu gleichwertigen Bedingungen wiedereinzustellen.
Der Arbeitnehmer hat den Zugang des Rentenbescheids unverzüglich der zuständigen Stelle anzuzeigen.“
5
§ 10 TV bAV der B. AG hat folgenden Wortlaut:
„Anspruch auf Betriebsrente Z. wegen Erwerbsminderung besteht, wenn der Arbeitnehmer eine volle oder teilweise Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 43 SGB VI) oder eine Unfallvollrente (§ 56 SGB VII) erhält und das Arbeitsverhältnis zur B. AG beendet ist. Der Anspruch endet mit Ablauf des Monats, mit dem die Rente wegen Erwerbsminderung oder die Unfallvollrente wegfällt und nicht durch eine Altersrente ersetzt wird oder in dem der Leistungsempfänger der Betriebsrente verstirbt.“
6
§ 2 Abs. 2 des Tarifvertrages Zeitwertkonto, Nr. 160 bestimmt Folgendes:
„Der Arbeitnehmer kann auf freiwilliger Basis Teile seines Arbeitsentgeltes in das Zeitwertkonto als Wertguthaben einbringen. Die hierauf entfallenden Arbeitgeberbeiträge zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag werden durch die B. AG in das Zeitwertkonto eingebracht. Das Zeitwertkonto wird in Geld geführt.“
7
In § 6 des Tarifvertrages Zeitwertkonto, Nr.160 ist Nachstehendes festgelegt:
„(1) Ab dem Zugang einer Kündigung, der Unterzeichnung einer Aufhebungsvereinbarung, dem Zeitpunkt des Zugangs der behördlichen Feststellung einer Erwerbsminderung sowie dem Zeitpunkt des Todes können keine weiteren Einbringungen in das Wertkonto erfolgen.
Soweit möglich soll in diesen Fällen das Wertguthaben von der Kenntnis der Beendigung bis zum Beendigungszeitpunkt durch Freistellung abgebaut werden.
(2) Kann bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses insbes. auf Grund von Kündigung, Aufhebungsvereinbarung, Erwerbsminderung oder Tod ein Wertguthaben aus zwingenden betrieblichen Gründen bis zum Zeitpunkt der Beendigung nicht mehr oder nicht mehr vollständig für eine Freistellung nicht verwendet werden und macht der Arbeitnehmer von der Möglichkeit der Übertragung des Wertguthabens auf einen neuen Arbeitgeber oder die Deutsche Rentenversicherung Bund keinen Gebrauch, so ist das verbleibende Guthaben unverzüglich nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers an den Arbeitnehmer auszuzahlen. Im Fall seines Todes erfolgt die Auszahlung an dessen Hinterbliebene oder Erben.
(3) Eine Auszahlung des Wertguthabens erfolgt stets nach Anwendung der steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften.“
8
Mit Schreiben vom 30.03.2021 (Bl. 55 d.A.), das der Kläger am 06.04.2021 erhielt, teilte die Beklagte dem Kläger Folgendes mit:
„Sehr geehrter Herr A., laut Bescheid vom 10.03.2021 erhalten Sie eine volle Erwerbsminderungsrente auf Zeit ab dem 01.04.2021, Beginn der laufenden Zahlung.
Ihr Arbeitsverhältnis endet gemäß § 37 Abs. 2 MTV-DP AG nach Zugang des Bescheides des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung zum Bezug einer Altersrente als Vollrente oder einer Rente wegen voller Erwerbsminderung oder des Bescheides des Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung zum Bezug einer Unfallvollrente mit Ablauf des Vormonats des ersten Rentenzahlmonats laut Rentenbescheid. Dabei ist unter Zahlmonat der Monat zu verstehen, in dem Ihre gesetzliche Rente erstmals gezahlt wird.
Die Beendigungsvoraussetzungen sind damit erfüllt, so dass Ihr Arbeitsverhältnis gemäß § 37 Abs. 2 MTV DP mit Ablauf des Monats endet, welcher dem Monat der Aufnahme der tatsächlichen Rentenzahlungen durch den Rentenversicherungsträger vorangeht (mit Ablauf des 31.03.2021). Bitte lesen Sie auch das Beiblatt.“
9
Der Kläger hat nach der oben genannten Tarifbestimmung einen Anspruch auf eine Betriebsrente in Höhe von € 348,45 monatlich und zum 31.12.2020 hatte der Kläger auf seinem für ihn ab dem 01.06.2013 eingerichteten Zeitwertkonto ein Guthaben iHv. € 14.376,76 (brutto) erwirtschaftet.
10
Vor dem Arbeitsgericht hat sich der Kläger zunächst auf eine Unwirksamkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses berufen. Im Berufungsverfahren hat er insoweit seinen Antrag zurückgenommen mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis auf der Grundlage des Schreibens der Beklagten vom 31.03.2021 geendet hat. Weiter hat der Kläger gemeint, die Beklagte müsse ihm die Zurückhaltung der Auszahlung seines Guthabens aus dem Zeitwertkonto aus folgenden Gründen gewähren:
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Das Arbeitsentgeltguthaben aus seinem Zeitwertkonto würde auf seine Erwerbsminderungsrente angerechnet werden, was bei einer Anrechnung in Höhe von 40% von allem, was über € 6.300,00 liege, einem Betrag in Höhe von € 3.230,70 entspreche.
12
Eine Übertragung des Arbeitsentgeltguthabens auf die Deutsche Rentenversicherung sei nicht möglich, da das Entgeltguthaben unter dem Grenzbetrag in Höhe von € 19.740,00 liege.
13
Falls das Zeitwertguthaben ausgezahlt werde, wäre das Zeitwertkonto aufgebraucht, so dass der Kläger nicht, wie beabsichtigt, in der Zeit vor dem Rentenbezug bei vollem Lohnbezug nur noch in Teilzeit arbeiten müsse.
14
Vor dem Arbeitsgericht hat der Kläger, soweit nach seiner teilweisen Rücknahme im Berufungsverfahren für das Verfahren noch von Interesse, beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, das Wertguthaben auf dem Zeitwertkonto des Klägers so lange zurückzustellen, bis dem Kläger entweder eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung, Altersrente oder Unfallvollrente gewährt wird oder der Kläger das Wertguthaben für eine Freistellung verwendet oder der Kläger das Wertguthaben auf einen neuen Arbeitgeber oder die Deutsche Rentenversicherung überträgt.
15
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
16
Die Beklagte hat sich darauf berufen, dass ein Anspruch auf Zurückstellung der Auszahlung des Guthabens aus dem Zeitwertkonto in Ansehung von § 6 Abs. 2 des Tarifvertrages Zeitwertkonto Nr. 160 nicht bestünde.
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Das Arbeitsgericht hat zunächst festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die auflösende Bedingung gemäß § 37 Abs. 2 MTV-B. AG beendet sei. Weiter hat es entschieden, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die begehrte Zurückstellung der Auszahlung seines Guthabens aus seinem Zeitwertkonto habe. Es hat darauf verwiesen, dass nach der eindeutig formulierten und mithin keiner weiteren Auslegung zugänglichen Vorschrift gemäß § 6 Abs. 2 TV Zeitwertkonto Nr. 160 das verbleibende Zeitwertguthaben bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen unverzüglich nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers auszuzahlen sei. Die vom Kläger angeführten Nachteile hätten ausschließlich in Bestimmungen des Sozialversicherungsrechts bzw. in seiner subjektiven Motivationslage gelegen und hätten daher die Wirksamkeit der einschlägigen Tarifbestimmungen nicht beeinflussen können.
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Der Kläger hat gegen dieses Urteil vom 26.10.2022, das ihm am 21.11.2022 zugestellt wurde, mit einem am 16.12.2022 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er mit einem am 20.01.2023 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
19
Der Kläger meint weiterhin, die Beklagte könne verpflichtet werden, die Auszahlung seines Zeitwertkontos zurückzustellen. Das Arbeitsgericht missverstehe den Wortlaut des § 6 Abs. 2 TV Zeitwertkonto, denn der Wortlaut knüpfe für die Auszahlung des Wertguthabens nicht, wie das Arbeitsgericht es tue, an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses beziehungsweise das Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis an, sondern an die fehlende Möglichkeit des Arbeitnehmers, das Wertguthaben für eine Freistellung zukünftig zu verwenden. Dies entspreche auch der gesetzlichen Regelung in § 23 b Abs. 2 SGB IV, wonach ein Störfall nur vorliege, wenn das Wertguthaben nicht mehr für eine Freistellung verwendet werden könne. Wenn lediglich eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Zeit gewährt werde, solle nach Wegfall der lediglich nach Zeit gewährten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit das Arbeitsverhältnis fortgesetzt werden und es liege dann kein Störfall vor, der die besondere Beitragsfälligkeit nach § 23 b Abs. 2 SGB IV auslöse. Aufgrund des Wortlautes und dem Sinn und Zweck von § 6 Abs. 2 TV Zeitwertkonto sei davon auszugehen, dass sich die Tarifvertragsparteien an der gesetzlichen Regelung orientiert hätten und damit trete kein Störfall ein, wenn der Arbeitnehmer eine befristete Erwerbsminderungsrente erhalte, er aber gleichzeitig einen Wiedereinstellungsanspruch habe. Das Arbeitsgericht berücksichtige zudem auch nicht, dass nach § 37 Abs. 2 MTV-B. AG der Kläger wieder zu gleichwertigen Bedingungen einzustellen sei, wenn sein Anspruch auf Betriebsrente erlösche und die Bedingungen seien jedoch nicht gleichwertig, wenn der Kläger nach Erlöschen der Erwerbsminderungsrente zwar wieder eingestellt werde, ihm sein über mehrere Jahre angespartes Zeitwertkonto jedoch nicht mehr zur Verfügung stehe.
20
Der Kläger beantragt zuletzt noch:
Die Beklagte wird verurteilt, das Wertguthaben auf dem Zeitwertkonto des Klägers so lange zurückzustellen, bis dem Kläger entweder eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung, Altersrente oder Unfallvollrente gewährt wird oder der Kläger das Wertguthaben für eine Freistellung verwendet oder der Kläger das Wertguthaben auf einen neuen Arbeitgeber oder die Deutsche Rentenversicherung überträgt.
21
Die Beklagte beantragt
die Zurückweisung der Berufung.
22
Die Beklagte verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Der Kläger verkenne insbesondere, dass etwaige Nachteile, die auf die Bestimmungen des Sozialversicherungsrechts zurückzuführen seien, die Wirksamkeit der Tarifvorschriften im Hinblick auf die finanzielle Abgeltung des aufgebauten Wertguthabens nicht beeinflussen würden. Dass der Kläger im Falle seiner Wiedereinstellung das Zeitwertkonto nicht mehr nutzen könne, beinträchtige seine wirtschaftliche Absicherung jedenfalls nicht. Zusammenfassend handele es sich allenfalls um unbeachtliche Motive des Klägers im Zusammenhang mit der Zurückhaltung der Auszahlung des Zeitwertkontos.
23
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze vom 20.01.2023 (Bl. 183-190 d.A.) und vom 30.03.2023 (Bl. 209-227 d.A.) samt den Anlagen verwiesen. Des Weiteren wird insbesondere zur Prozessgeschichte auf den Inhalt der Gerichtsakte und insbesondere auf die Sitzungsniederschrift vom 25.04.2023 (Bl. 229-232 d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.
24
Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und bei einer großzügigen Betrachtungsweise auch hinreichend begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO).
II.
25
Die Berufung ist aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Kläger die Rückstellung der Auszahlung seines Zeitwertkontos nicht verlangen kann. Zunächst wird hierzu zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts verwiesen. Im Hinblick auf die Berufungsangriffe ist noch das Folgende veranlasst:
26
Der Kläger meint, dass Arbeitsgericht verkenne Sinn und Zweck des § 6 Abs. 2 TV Zeitwertkonto und lege mithin die Norm unzutreffend aus.
27
1. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Dabei sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (st. Rspr., zB BAG, 11.11.2020 – 4 AZR 210/20; 12. 12. 2018 – 4 AZR 147/17).
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2. Bei Anwendung dieser Grundsätze gehen die Berufungsangriffe des Klägers ins Leere. Die einschlägige Tarifnorm ist bereits nach ihrem Wortlaut so klar und unmissverständlich, worauf auch das Arbeitsgerichts zutreffend abgestellt hat, dass sie einer Interpretation und einer weiteren Erforschung nach Sinn und Zweck nicht zugänglich ist.
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a) § 6 Abs. 2 TV Zeitwertkonto legt ua. fest, dass bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses insbes. wegen Erwerbsminderung ein Wertguthaben, das aus zwingenden betrieblichen Gründen bis zum Zeitpunkt der Beendigung nicht mehr oder nicht mehr vollständig für eine Freistellung verwendet werden kann und wenn der Arbeitnehmer von der Möglichkeit der Übertragung des Wertguthabens auf einen neuen Arbeitgeber oder die Deutsche Rentenversicherung Bund keinen Gebrauch macht, dieses Guthaben unverzüglich nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers an den Arbeitnehmer auszuzahlen ist.
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b) Sämtlich Tatbestandsvoraussetzungen der einschlägigen tariflichen Norm sind vorliegend erfüllt. Das Arbeitsverhältnis hat wegen Erwerbsminderung des Klägers mit der Folge des Bezugs einer, wenn auch befristeten, Erwerbsminderungsrente geendet und das Zeitwertkonto des Klägers konnte auch nicht im Rahmen einer Freistellung wegen dessen Arbeitsunfähigkeit verwendet werden und weiter hat der Kläger auch keinen Gebrauch davon gemacht, das Guthaben auf die Deutsche Rentenversicherung zu übertragen.
31
c) Bei dieser Sachlage besteht für die Beklagte nach dem Wortlaut der tarifvertraglichen Norm die unumgängliche Verpflichtung einer unverzüglichen und damit sofortigen Auszahlung des Guthabens. Von dieser Verpflichtung könnte sie nur mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien absehen (vgl. § 4 Abs. 4 Satz 1 TVG). Regelungen zu einem sogenannten Störfall im Sozialversicherungsrecht haben auf die vorliegende tarifvertragliche Norm keinen Einfluss. Letztlich ist es den Tarifvertragsparteien im Rahmen der Tarifautonomie vorbehalten, wie sie einen bestimmten Sachverhalt regeln und eine Auszahlungsverpflichtung wie vorliegend ohne Ausnahmeregeln festzulegen, ist zulässig und verstößt nicht einmal ansatzweise gegen höherrangiges Recht.
32
d) Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er ggf. nach den einschlägigen tariflichen Normen einen Anspruch auf Wiedereinstellung zu den bisherigen Bedingungen hat, denn dies betrifft offenkundig die Hauptleistungspflichten des Arbeitsverhältnisses, insbes. Arbeitszeit und Vergütung, aber nicht das Bestehen oder Nichtbestehen eines Zeitwertkontos zumal der Kläger durch die Auszahlung des Guthabens auch keinen finanziellen Nachteil erleidet.
III.
33
Die Kostenentscheidung erfolgt aus §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO.
IV.
34
Die Kammer hat die Revision zugelassen.