Inhalt

VG München, Urteil v. 03.03.2023 – M 5 K 17.41415
Titel:

Homosexualität nicht glaubhaft gemacht (Asyl - Uganda)

Normenketten:
AsylG § 3, § 4
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1, § 60a Abs. 2 lit. c S. 2
Leitsatz:
Wer die Gefahr politischer Verfolgung wegen seiner behaupteten Homosexualität geltend macht ohne das „innere Ringen“ zwischen der angeblichen sexuellen Veranlagung und den gesellschaftlichen Erwartungen auch nur ansatzweise zum Ausdruck zu bringen, erscheint nicht glaubhaft. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Asylklage, Uganda, Homosexualität (lesbisch), Unglaubhaft, Homosexualität, mangelnde Glaubhaftmachung, ärztliches Attest
Fundstelle:
BeckRS 2023, 5318

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Die 1990 geborene Klägerin ist ugandische Staatsangehörige. Sie reiste nach eigenen Angaben am … März 2016 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am ... Juli 2016 einen unbeschränkten Asylantrag.
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Bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am … März 2017 gab die Klägerin im Wesentlichen an, sie habe Uganda verlassen, da sie homosexuell sei. Der eigene Ehemann habe sie und ihre Freundin im Oktober oder November 2014 beim Sex im Schlafzimmer des Hauses erwischt, in dem die Klägerin mit ihrem damaligen Lebenspartner und ihren Kindern gewohnt habe. Sie vermute, die Haushälterin habe den Ex-Partner der Klägerin telefonisch informiert. Infolgedessen habe dieser die Klägerin so stark geschlagen, dass sie Rückenprobleme bekommen habe und ein Jahr lang bettlägerig gewesen sei. Mit ihren beiden Kindern sei sie zu ihrer Mutter gezogen. Ihr Ehemann habe weiterhin gedroht, sie umzubringen und ihr die gemeinsamen Kinder wegzunehmen. Sie habe ihren Ehemann anzeigen wollen. Die Polizei habe ihr jedoch nicht geholfen. Die Klägerin habe in Uganda ein eigenes Geschäft gehabt, in dem sie Bettlaken verkauft habe. Aufgrund ihrer Verletzungen habe sie diesen Beruf aufgeben müssen.
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Mit Bescheid vom … Mai 2017 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) sowie auf subsidiären Schutz (Nr. 3) als unbegründet ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte die Klagepartei auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde die Abschiebung nach Uganda oder in einen anderen Staat, in den eingereist werden darf oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).
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Mit Schriftsatz vom 24. Mai 2017 hat die Klagepartei Klage erhoben und beantragt,
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1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom … Mai 2017 wird in Ziff. 1 bis 6 aufgehoben.
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2. Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen und ihr die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen, hilfsweise, subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylG zu gewähren, weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
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Zur Begründung wurde auf das Vorbringen der Klägerin im Verwaltungsverfahren verwiesen und ergänzend ausgeführt: Die Klägerin sei seit 2017 in einer Beziehung mit Frau N., der das Bundesamt in ihrem Asylverfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg ein nationales Abschiebungsverbot erteilt habe. Die Klagepartei legt dem Gericht das Protokoll der mündlichen Verhandlung der Frau N. vor dem Verwaltungsgericht Augsburg vom 1. März 2021, einen Screenshot einer Website der Sendung „drehscheibe“ vom 1. Juli 2023 des ZDF vor, in dem es dem Titel nach um den „langen Kampf um Asyl“ der Frau N. geht und in dem auch die Klägerin als ihre Partnerin auf einem Foto gezeigt wird. Weiter übergibt die Klagepartei in der mündlichen Verhandlung einen Bericht der S. Klinik M. … … vom … März 2018, in dem der Klägerin Rückenschmerzen und ISG-Arthrose attestiert wird.
8
Die Beklagte hat die Akte vorgelegt, ohne sich in der Sache zu äußern.
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Mit Beschluss vom 8. Dezember 2022 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen, § 76 Abs. 1 AsylG.
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Am 24. Februar 2023 fand mündliche Verhandlung statt, in deren Rahmen die Klägerin informatorisch angehört worden ist. Frau N., die angebliche Lebenspartnerin der Klägerin, wurde als Zeugin einvernommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte sowie die Niederschrift vom 24. Februar 2023 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Das Gericht konnte trotz Ausbleiben eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen worden war und in der Ladung darauf hingewiesen worden war, dass bei Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO).
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1. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid stellt sich im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Asylgesetz – AsylG) als rechtmäßig dar und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 und 5 VwGO. Die Klägerin ist nicht asylberechtigt i.S.d. Art. 16a des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (Grundgesetz/GG). Die Klägerin hat zudem keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 AsylG oder auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. Nationale Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen nicht vor. Auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes erweist sich als rechtmäßig (§ 11 AufenthG). Die Klage war daher abzuweisen.
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Das Gericht nimmt auf die zutreffende Begründung des Bundesamtes Bezug, der es folgt (§ 77 Abs. 3 AsylG) und führt lediglich ergänzend aus:
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a) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Aslyberechtigte nach Art. 16a GG sowie auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG. Denn für die Klägerin besteht bei Rückkehr nach Uganda nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verfolgung.
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aa) Der Vortrag der Klägerin ist unglaubhaft. Das gilt insbesondere für ihren Vortrag, sie sei homosexuell und befürchte daher eine Verfolgung bei einer Rückkehr nach Uganda.
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Gerade in einer Gesellschaft wie der in Uganda, die gleichgeschlechtlicher Sexualität ablehnend gegenübersteht, ist das Bewusstwerden der eigenen auch gleichgeschlechtlichen Sexualität ein Schritt, der eine Abweichung der persönlichen sexuellen Orientierung von der gesellschaftlich erwarteten Orientierung bedingt. Das bedeutet eine Distanzierung von den gesellschaftlichen Konventionen, was sich nicht in einem einfachen Erkennen der eigenen abweichenden Orientierung erschöpft, sondern einen Prozess erfordert – gerade in einem eine solche Form der Sexualität ablehnenden Umfeld. Das „innere Ringen“ zwischen den gesellschaftlichen Erwartungen gegenüber seiner sexuellen Veranlagung drängt sich geradezu auf. Zum Zwiespalt zwischen den nach außen erwarteten Konventionen gegenüber der eigenen sexuellen Veranlagung hat die Klägerin nichts vorgetragen, sondern sich auf Allgemeinplätze beschränkt (vgl. hierzu Berlit/Dörig/Storey, ZAR 2016, 332 ff.). Insgesamt ist der Vortrag der Klägerin hierzu vage, detailarm und oberflächlich.
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Auf Frage des Gerichts zu den gesellschaftlichen Konsequenzen einer homosexuellen Beziehung in der homophoben ugandischen Gesellschaft hat die Klägerin nur sehr vage vorgetragen, sie habe keine gute Ehe geführt und anschließend Allgemeinplätze wie „das Leben von Männern und Frauen sei unterschiedlich“, „die Liebe zwischen Frauen sei anders als die zu Männern“ geäußert. Sie und ihre damalige Freundin in Uganda hätten beschlossen, vorzugeben, nur Freunde zu sein und die Beziehung geheim zu halten. Auf mehrmaliges Nachfragen des Gerichts zum Risiko, bei einer Entdeckung der homosexuellen Beziehung die Existenz der Familie aufs Spiel zu setzen, dem inneren Konflikt zwischen der inneren Überzeugung und der gesellschaftlichen Ächtung der Homosexualität und dem Risiko einer (potentiell lebenslangen) Haftstrafe hat die Klägerin äußerst platt vorgetragen, es sei besser gewesen, mit einer Frau eine Beziehung zu haben, da die Beziehung immer intimer und vertrauter gewesen sei als mit einem Mann. Der Konflikt zwischen der inneren Überzeugung und der gesellschaftlichen Ächtung der Homosexualität in Uganda sei für die Klägerin „kein großes Problem“ gewesen, weil ihre Familie nichts von der Beziehung gewusst habe. Ein „inneres Ringen“ oder einen „Zwiespalt“ zwischen den gesellschaftlichen Erwartungen und dem Nachgeben zugunsten ihrer angeblich homosexuellen Veranlagung hat die Klägerin nicht schlüssig und nachvollziehbar vorgetragen. Die Angabe, dass die Klägerin und ihre angebliche Partnerin verliebt waren und ihnen in diesem Moment die möglichen Folgen der homosexuellen Beziehung nicht bewusst waren, wirkt oberflächlich. Angesichts der grundsätzlichen Ablehnung von Homosexualität in Uganda ist das Ausleben dieser Form der Sexualität ein weitreichender Schritt. Eine Abwägung, der eigenen sexuellen Veranlagung dennoch nachzugeben und das damit verbundene Risiko in Kauf zu nehmen, muss nachvollziehbar und schlüssig geschildert werden. Das ist mit den von der Klägerin erfolgten Äußerungen in der mündlichen Verhandlung jedoch nicht erfolgt. Insgesamt hat die Klägerin hierzu trotz mehrmaligem Nachfragen nur oberflächliche Angaben gemacht. Es wirkt platt, wenn die Klägerin hierzu im Kern angibt, sie und ihre damalige Partnerin seien davon ausgegangen, die Beziehung verstecken zu können.
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Lebensfremd ist diese Vorstellung insbesondere, da die Klägerin ausgesagt hat, mit ihrer damaligen Partnerin sexuelle Handlungen im Schlafzimmer des Familienheims der Klägerin praktiziert zu haben, in dem sie gemeinsam mit ihrem damaligen Lebenspartner und ihren zwei Kindern gewohnt und noch dazu eine Haushälterin beschäftigt hat. Auch wenn der Lebensgefährte nach Angaben der Klägerin in der Arbeit gewesen sei, liegt eine Entdeckungsgefahr auf der Hand. Denn der Lebensgefährte hat verständlicherweise freien Zutritt zu seinem Haus und kann jederzeit nach Hause kommen. Warum die Klägerin dieses erhebliche Risiko eingegangen sein will, hat sie nicht ansatzweise glaubhaft machen können. Ihre Angabe, dass ihr klar gewesen sei, dass ihr Lebensgefährte in der Arbeit sei und üblicherweise erst gegen Abend zurückkehren würde, ist nicht überzeugend. Der Klägerin sowie deren angeblicher Freundin musste klar gewesen sein, dass sie so leicht entdeckt werden könnten – was dann letztlich auch passiert sei – und es ist nicht nachvollziehbar, dass diese die entsprechenden möglichen Konsequenzen so einfach in Kauf nahmen. Auch der Vorgang der Entdeckung durch den Ehemann sowie die dabei innegehabten Gedanken und Gefühle sind wenig detailliert geschildert. Die Klägerin sowie der damalige Lebenspartner seien in der Situation (lediglich) „überrascht“ gewesen. Weitere Gefühlsregungen oder Gedanken werden auch auf Nachfrage des Gerichts nicht geschildert.
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Im Übrigen hat die Klägerin auch widersprüchliche Angaben über das Asylverfahren hinweg gemacht. So hat die Klägerin in ihrer Anhörung beim Bundesamt angeführt, sie habe einem Mann namens M. dafür, dass er der Klägerin einen Pass und Reisedokumente für die Ausreise nach Deutschland organisiert habe, 8 Millionen Schilling (umgerechnet ca. 3.000 €) bezahlt. Im Rahmen der informatorischen Anhörung am 24. Februar 2023 gab die Klägerin an, sie habe M. kein Geld gegeben. Auf Vorhalt der Vorsitzenden hat die Klägerin ausgesagt, sie habe zu diesem Zeitpunkt nicht gearbeitet und kein Geld gehabt. Bei der Frage, ob eine nicht unwesentliche Summe an Geld zur Ermöglichung der Ausreise nach Deutschland gezahlt wurde oder nicht handelt es sich, auch wenn seit der Ausreise einige Zeit vergangen ist, um einen nicht unwesentlichen Umstand, der auch einige Zeit später erinnerlich sein sollte.
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Weiter führte die Klägerin in der Anhörung vor dem Bundesamt aus, der Mann namens M. habe sie in mehrere Krankenhäuser gebracht. In der informatorischen Anhörung am … Februar 2023 gab die Klägerin gegenteilig an, dass M. ihr lediglich Dokumente für die Ausreise beschafft habe, ihr aber im Zusammenhang mit Behandlungen im Krankenhaus nicht geholfen habe.
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Widersprüchlich ist zudem, dass die Klägerin in der informatorischen Anhörung gegenüber dem Gericht angegeben hat, dass ein Mann ihr geholfen habe, ins Krankenhaus zu kommen, als ihr damaliger Lebenspartner sie verprügelt habe. In ihrer Anhörung vor dem Bundesamt hat diese vorgetragen, eine Nachbarin habe sie ins Krankenhaus gebracht.
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Unklar ist auch, ob die Klägerin nach dem geschilderten gewalttätigen Angriff ihres damaligen Lebenspartners zuerst zu einer Freundin und dann zu ihrer Mutter gezogen ist (so in der informatorischen Anhörung) oder sofort zu ihrer Mutter (so in der Anhörung vor dem Bundesamt).
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Schließlich bedingt auch der Vortrag der Klägerin, in Deutschland in einer Beziehung mit einer Frau zu leben, und der gemeinsame Beitrag im deutschen Fernsehen hierüber nichts Anderes. Die Klägerin sowie die Zeugin haben in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass sie sich am M. Hauptbahnhof kennengelernt hätten. Zunächst seien sie nur Freunde gewesen. Aber als die Klägerin nach sechs Monaten freundschaftlicher Beziehung einen Film über homosexuelle Frauen angeschaut habe, habe die Zeugin dies mitbekommen und gefühlt, dass die Klägerin lesbisch sei. Daraufhin hätten sich beiderseitig Gefühle entwickelt. Sie würden sich seitdem regelmäßig besuchen und zeitweise bis zu einen Monat am Stück sehen, meistens in der Wohnung der Klägerin, wo sie ihre Sexualität auch ausleben könnten. Sie würden zusammen spazieren gehen. Die Klägerin würde kochen und die Zeugin hinterher aufräumen. Für die Zukunft sei geplant, zu heiraten und zusammen mit den Kindern der Klägerin und der Zeugin in M. zu leben.
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Diese Angaben sind nicht geeignet, die massiven Umstände, die gegen die Glaubhaftigkeit sprechen, ins Gegenteil zu verkehren. Das Gericht glaubt der Zeugin zwar, dass sie zur Klägerin eine freundschaftliche Beziehung unterhalten hat und noch unterhalten mag. Nicht glaubhaft ist jedoch eine sexuelle Beziehung. Die Klägerin hat das Vorliegen einer sexuellen Beziehung auf explizite Frage der Klägerbevollmächtigten lediglich pauschal bejaht. Auch auf weitere Frage des Gerichts, wie sich die Beziehung der Klägerin zur Zeugin entwickelt habe, hat die Klägerin den Schritt von einer freundschaftlichen zu einer sexuellen Beziehung nicht in nachvollziehbarer Weise geschildert. Auch die Zeugin konnte nicht glaubhaft vermitteln, dass sie eine sexuelle Beziehung mit der Klägerin führt. Auslösendes Ereignis für die Wendung der Beziehung der beiden Frauen von einer freundschaftlichen zu einer sexuellen Beziehung soll ein Moment gewesen sein, in dem die Klägerin mitbekommen habe, dass die Zeugin einen Film über homosexuelle Frauen angesehen habe. Infolgedessen sollen die Frauen Gefühle füreinander entwickelt haben. Dieser Vortrag wirkt platt und auswendig gelernt. Die Schritte des Wandels ihrer Beziehung sind weder von der Klägerin, noch von der Zeugin in nachvollziehbarer Weise dargestellt worden.
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bb) Nach § 145 des Strafgesetzbuches (Penal Code Act, 1950) sind homosexuelle Handlungen sowohl zwischen Männern als auch Frauen unter Strafe gestellt („Geschlechtsverkehr wider die Natur“). Am 24. Februar 2014 unterzeichnete der Präsident Ugandas ein Gesetz, das für gleichgeschlechtliche Handlungen Strafen bis zur Todesstrafe sowie eine Strafbarkeit für „Förderung der Homosexualität“ und die „Unterstützung und Beihilfe zur Homosexualität“ vorgesehen hat (Auskunft von amnesty international vom 30.8.2019 an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof). Dieses Gesetz wurde aber vom Verfassungsgericht im August 2014 für nichtig erklärt (Länderinformationsblatt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Stand 27.9.2017, S. 17). Die Diskussion um die letztlich erfolglose Gesetzesverschärfung 2014/15 sei danach abgeflacht (Auswärtiges Amt vom 2.7.2018 an das BAMF). Eine im Oktober 2019 von Ethik- und Integritätsminister Ugandas angekündigte Einführung der Todesstrafe für einvernehmliche homosexuelle Handlungen wurde wenige Tage später von einem Regierungssprecher dementiert (Auskunft von amnesty international vom 21.10.2019 an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof).
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Die von anderen Verwaltungsgerichten in Bezug auf Homosexuelle in Uganda vertretene Ansicht (vgl. VG Regensburg, U.v. 4.9.2017 – RN 1 K 17.32818 – juris S. 12 m.w.N.), dass insoweit die Voraussetzungen der § 3 ff. AsylG erfüllt wären, kommt für den vorliegenden Fall von vornherein nicht zum Tragen. Denn die Klägerin hat nicht glaubhaft vortragen können, homosexuell zu sein.
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b) Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gem. § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Es sind keine Gesichtspunkte vorgetragen oder ersichtlich, die die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung in Frage stellen könnten.
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Soweit die Klägerin auf gesundheitliche Beschwerden hingewiesen hat (Rückenschmerzen [Lumbalgie] und ISG-Arthralgie bds. [Arthrose im Iliosakralgelenk]), begründet dies kein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot. Zum einen wahrt das Schreiben der S.-Klinik M. nicht die Anforderung an eine – gemäß § 60a Abs. 2c i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG erforderliche – ausreichend substantiierte ärztliche Bescheinigung. Zudem besteht in Uganda eine hinreichende medizinische (Not-)Versorgung, die der Klägerin auch zugänglich sein wird, sodass sie die Einnahme von Schmerzmitteln und die in Anspruch genommene Physiotherapie fortführen können wird. Dementsprechend ist zu vermuten, dass gesundheitliche Gründe einer Abschiebung nicht entgegenstehen.
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Es sind auch keine Anhaltspunkte für das Bestehen eines nationalen Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) vorhanden. Es steht zu erwarten, dass die Klägerin bei einer Rückkehr nach Uganda in der Lage sein wird, ihre elementarsten Bedürfnisse über einen absehbaren Zeitraum zu befriedigen (vgl. BVerwG, U.v. 21.4.2022, 1 C 10.21, juris). Zwar hat die Klägerin bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt angegeben, ihre in Uganda ausgeübte Tätigkeit als Verkäuferin von Bettlaken infolge der durch ihren ehemaligen Lebenspartner zugefügten Verletzungen habe aufgeben müssen. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Asylgesetz – AsylG) ist jedoch davon auszugehen, dass es der Klägerin bei einer Rückkehr nach Uganda möglich sein wird, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Denn die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 24. Februar 2023 vorgetragen, dass sie sich infolge der Behandlungen in Deutschland trotz bestehender Rückenschmerzen in der Lage sehe, zu arbeiten, solange damit keine schwere körperliche Arbeit verbunden sei. Daher erscheint es möglich, dass die Klägerin in Uganda bei einer Rückkehr körperlich nicht stark belastende Tätigkeiten, wie beispielsweise den Verkauf von Bettlaken, ausüben können wird. Da ihr Vortrag unglaubhaft ist, dass sie angeblich lesbisch veranlagt sei, kann sie hierfür auch auf die Hilfe ihrer Familie verwiesen werden.
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c) Auch gegen die Rechtmäßigkeit des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 AufenthG bestehen keine Bedenken.
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Zur weiteren Begründung wird auf den Bescheid des Bundesamtes vom … Mai 2017 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
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2. Die Klägerin hat als unterlegene Beteiligte nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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Nach § 83 b AsylG ist das Verfahren gerichtskostenfrei.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.